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    Deutscher Bundestag 41. Sitzung Bonn, den 12. Oktober 1962 Inhalt: Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Majonica .(CDU/CSU) . . . . . 1747 A Wehner (SPD) . . . . 1751 A, 1784 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 1759 D Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . . 1761 B Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) 1763 D Dr. Schröder, Bundesminister . . 1770 A Erler (SPD) 1773 B Dr. Gradl (CDU/CSU) 1780 C Wacher (CDU/CSU) 1784 B Zur GO Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 1786 C Antrag der Fraktion der SPD betr. Überbrückungszulage für die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes (Drucksache IV/509) 1786 C Nächste Sitzung 1786 D Anlagen 1787 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Oktober 1962 1747 41. Sitzung Bonn, den 12. Oktober 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    *) Siehe Anlage 2 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 3. 11. Arndgen 12. 10. Dr. Arndt (Berlin) 12. 10. Dr. Aschoff 12. 10. Dr. Atzenroth 12. 10. Bading 12. 10. Baier (Mosbach) 12. 10. Bauer (Wasserburg) 26. 10. Bausch 20. 10. Benda 12. 10. Biermann 12. 10. Dr. Birrenbach 16. 10. Dr. h. c. Brauer 12. 10. Brese 12. 10. Burckardt 12. 10. Dr. Burgbacher 12. 10. Dr. Czaja 12. 10. Dopatka 12. 10. Engelbrecht-Greve 12. 10. Figgen 13. 10. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 12. 10. Dr. Frey (Bonn) 12. 10. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Geiger 12. 10. Gerns 12. 10. Gewandt 12. 10. Dr. Gleissner 12. 10. Dr. Götz 12. 10. Günther 12. 10. Dr. Hamm (Kaiserslautern) 12. 10. Dr. Harm (Hamburg) 1. 11. Harnischfeger 12. 10. Heiland 12. 10. Dr. Dr. Heinemann 12. 10. Hellenbrock 12. 10. Dr. Hesberg 12. 10. Hirsch 12. 10. Jacobi (Köln) 12. 10. Jacobs 12. 10. Junghans 12. 10. Dr. Jungmann 12. 10. Killat 12. 10. Dr. Kliesing (Honnef) 12. 10. Dr. Koch 12. 10. Kraus 12. 10. Dr. Kreyssig 12. 10. Kriedemann 12. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 12. 10. Kühn (Bonn) 31. 12. Kuntscher 31. 10. Kurlbaum 12. 10. Lange (Essen) 12. 10. Leber 20. 10. Lenz (Bremerhaven) 12. 10. Lenze (Attendorn) 12. 10. Dr. Löbe 12. 10. Dr. Lähr 12. 10. Lünenstraß 12. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Mälzig 12. 10. Frau Dr. Maxsein 12. 10. Dr. h. C. Menne (Frankfurt) 12. 10. Metzger 12. 10. Michels 12. 10. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 12. 10. Dr. Morgenstern 12. 10. Müller (Nordenham) 12. 10. Müller (Worms) 12. 10. Murr 12. 10. Oetzel 31. 10. Rademacher 31. 10. Ramms 12. 10. Sander 12. 10. Dr. Schäfer 12. 10. Spitzmüller 12. 10. Steinhoff 13. 10. Stooß 12. 10. Storch 12. 10. Striebeck 12. 10. Dr. Freiherr 12. 10. von Vittinghoff-Schell Dr. Wahl 15. 11. Walter 12. 10. Wehking 3. 11. Weigl 12. 10. Werner 12. 10. Dr. Winter 12. 10. Wittmer-Eigenbrodt 31. 10. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen zu dem Antrag der SPD-Fraktion betr. Überbrückungszulage für die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes (Drucksache IV/509). Dreieinhalb Monate nach der Erklärung des Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion, Dr. von Brentano, vom 27. 6. 1962, als die Koalitionsparteien die Beratung des SPD-Antrages auf Zahlung einer Überbrückungszulage für die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes im Jahre 1962 ablehnten, liegt immer noch kein entsprechender Vorschlag der Koalitionsparteien vor. Vielmehr hat die Bundesregierung mehrfach alle Vorschläge auf Zahlung einer Überbrückungszulage abgelehnt. Diese ablehnende Haltung der Bundesregierung und Untätigkeit der Koalition hat verständlicherweise bei der Beamtenschaft starke Verärgerung hervorgerufen, die in dieser Haltung berechtigterweise eine Verletzung der Fürsorgepflicht der Bundesregierung sieht. Es wäre zu bedauern, wenn durch die mangelnde Fürsorgepflicht der Bundesregierung gegenüber den Bundesbeamten eine Berufs- und Staatsverdrossenheit der Beamtenschaft einträten, deren Leistungen der Herr Bundeskanzler erst in seiner Regierungserklärung gewürdigt hat. Es kommt nun darauf an, daß nach den vielen Reden 1788 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Oktober 1962 und zahlreichen zustimmenden Erklärungen gegenüber der Beamtenschaft auch tatsächlich etwas geschieht. Wir glauben, hier mit Recht auf die Ausführungen eines stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU hinweisen zu müssen, der erklärt hat, daß das gute Prinzip des Maßhaltens für die Verbrämung eines schlichten Unrechts herhalten würde, wenn man einem Postschaffner oder Zollassistenten unter Hinweis auf eine sparsame Wirtschaftsführung das verweigern würde, was ein Staatssekretär in Düsseldorf bekommen habe. Die SPD-Fraktion ist der gleichen Auffassung und bittet um schnelle Beratung des Antrages im Ausschuß, damit die Beamtenschaft noch im Oktober mit einer positiven Entscheidung rechnen kann. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Schwarz auf die Zusatzfrage zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt (Gellersen) (Fragestunde der 34. Sitzung vom 14. Juni 1962, Drucksache IV/453, Frage X/2: *) Die Kosten des Gesamtvergleichs lassen sich zur Zeit noch nicht genau feststellen, da es sich um den Abschluß eines Rahmenvergleichs handelt und die Gesamtsumme der einzelnen Forderungen, die sich aus den erhobenen Klagen und den fristgemäß eingelegten Widersprüchen ergeben, der Einfuhr- und Vorratsstelle noch nicht vorliegen; als letzter Anmeldetermin für die spezifizierte Einreichung der Forderungen bei der Einfuhr- und Vorratsstelle ist der 31. Dezember 1962 vereinbart worden. Eine Schätzung der Gesamtforderungen hat einen Höchstbetrag von ca. 50 Mill. DM ergeben. Bei diesen Forderungen handelt es sich, worauf ich besonders hinweisen möchte, um zuviel erhobene Abschöpfungsbeträge (so die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, insbesondere die des Bundesverwaltungsgerichts in den Jahren 1960 und 1961). Diese Beträge brauchen jedoch nach dem Vergleich nur teilweise zurückgezahlt zu werden. Ein Schaden ist deshalb dem Bund durch den Abschluß des Gesamtvergleichs nicht entstanden, zumal die Kläger auf die Zahlung von Zinsen verzichtet haben. Außerdem ist zwischen den Parteien vereinbart worden, daß von der Einfuhr- und Vorratsstelle Gerichtskosten und Anwaltskosten nur in solchen Fällen voll übernommen werden, in denen ein höchstrichterliches Urteil gegen sie ergangen ist, während in allen anderen Vergleichsfällen die Anwaltskosten von jeder Partei selbst und die Gerichtskosten von jeder Partei zur Hälfte getragen werden sollen. Unter diesen Umständen erschien der Abschluß des Gesamtvergleichs, der zwischen den beteiligten Bundesressorts eingehend vorbereitet worden ist, aus Sparsamkeitsgründen nach den Bestimmungen der Reichshaushaltsordnung geboten, und zwar im *) Siehe 34. Sitzung Seite 1430 B Hinblick auf die Einsparung von sonst wahrscheinlich erheblich höheren Bundesmitteln sowie in Anbetracht einer erheblichen Arbeitsentlastung bei der Einfuhr- und Vorratsstelle und den beteiligten Bundesressorts. Die durch die Vielzahl der Prozesse verursachte Mehrbelastung für die Beamten der Bundesressorts und die Dienstangehörigen der Einfuhr- und Vorratsstelle hätte ohne Anstellung von zusätzlichen Kräften weiterhin nicht mehr verantwortet werden können. Eine Durchschrift dieses Schreibens habe ich noch Herrn Abgeordneten Provinzialdirektor i. R. Ritzel mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt, weil auch Herr Ritzel über den Ausgang der gegen die Einfuhr- und Vorratsstelle geführten Rechtsstreitigkeiten und die damit verbundenen Kosten für den Bund unterrichtet sein wollte. Anlage 4 Umdruck 144 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur Erklärung der Bundesregierung vom 9. Oktober 1962 Der Bundestag wolle beschließen: I 1. Der Deutsche Bundestag ist bereit, die in der Regierungserklärung aufgezeigten Maßnahmen zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse nachhaltig zu unterstützen. Insbesondere begrüßt der Deutsche Bundestag eine sparsame Haushaltspolitik, die der Offentlichen Hand die notwendige Zurückhaltung nicht zuletzt auf dem Baumarkt auferlegt hat. 14. Der Deutsche Bundestag erwartet, daß Länder und Gemeinden sich diesen Bemühungen der Bundesregierung anschließen. 15. Der Deutsche Bundestag appelliert eindringlich an die Tarifpartner, durch eine maßvolle und der wirtschaftlichen Situation entsprechenden Haltung bei der Gestaltung von Preisen, Löhnen und Arbeitszeit die Bemühungen der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages zu unterstützen. II 1. Der Bundestag erklärt seine Befriedigung über den Verlauf der Besuche des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers in Frankreich sowie des Präsidenten der Französischen Republik in Deutschland. Er betrachtet die Freundschaft und enge Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland als endgültigen und unverrückbaren Bestandteil. der deutschen Außenpolitik und als wesentlichen Beitrag für ein geeintes Europa. 2. Der Bundestag ist der Überzeugung, daß die noch offenen Probleme bei den Verhandlungen über den Eintritt Großbritanniens in die EWG in einer für alle Beteiligten tragbaren Weise gelöst werden können. Er fordert die Bundesregierung auf, Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Oktober 1962 1789 alles in ihren Kräften stehende zu tun, um dieses Ziel zu erreichen. Die politische Mitwirkung Großbritanniens bei der Schaffung eines geeinten und weltoffenen Europas wird vom Bundestag sehr begrüßt. 3. Der Bundestag hält es für erforderlich, daß nach dem Eintritt Großbritanniens in die EWG von ihren Gremien das Gespräch mit den Vereinigten Staaten über die von Präsident Kennedy vorgeschlagene atlantische Partnerschaft und Interdependenz aufgenommen wird. 4. Der Fortschritt der Menschheit, von der ein großer Teil noch von Hunger und Elend geplagt ist, hat als erste und unerläßliche Voraussetzung die Erhaltung des Weltfriedens. Der Bundestag ist der Auffassung, daß, nachdem in Westeuropa eine dauerhafte Friedensordnung gefunden worden ist, erneut versucht werden muß, auch mit Deutschlands östlichen Nachbarn zu einem wahren Frieden zu gelangen. Das Recht auf Selbstbestimmung, auf nationale Einheit und Freiheit muß dabei für das deutsche Volk ebenso respektiert werden wie für alle anderen Völker. 5. Der Bundestag erklärt seine Entschlossenheit, alles zu unterstützen und alles zu tun, um die Freiheit in Berlin zu wahren. Die Bevölkerung Westberlins darf gewiß sein, daß sie sich auf die Bundesrepublik verlassen kann. Gemeinsam mit den drei westlichen Schutzmächten und mit allen Partnern des westlichen Bündnisses wird die Freiheit in Berlin mit allen Mitteln verteidigt werden, die notwendig sind. Der Bundestag erklärt das im Bewußtsein der Verpflichtung des Grundgesetzes, sich für alle Deutschen verantwortlich zu wissen, gleichgültig in welchem Teil Deutschlands sie leben. Den Landsleuten hinter der Mauer und den Todesstreifen versichert der Bundestag, daß alle Energie eingesetzt werden wird, um endlich auch für sie Menschlichkeit und Selbstbestimmung und für das ganze deutsche Volk Einheit in Frieden und Freiheit zu verwirklichen. 6. Der Bundestag bedauert, daß die sowjetische Politik die Erreichung dieses gerechten Zieles nicht nur erschwert, sondern darüber hinaus eine Verschärfung der internationalen Lage bewirkt hat. Angesichts dieser Lage erwartet der Bundestag von der Bundesregierung, daß sie alle die Maßnahmen ergreift, die für die Sicherheit und Freiheit unseres Volkes erforderlich sind. 7. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, mit ihren Verbündeten in Konsultationen einzutreten mit dem Ziel, seitens des Westens der Sowjetunion den Vorschlag zu machen, entsprechend der Verantwortung der Vier Mächte eine gemeinsame ständige Konferenz zur Lösung der deutschen Frage als Voraussetzung eines dauerhaften Friedens herbeizuführen. Bonn, den 12. Oktober 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Dr. Mende und Fraktion.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Carlo Schmid


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Aber hier handelt es sich um den Bundestag.

    (Sehr .gut! in der Mitte.)

    Hier handelt es sich nicht darum, was man in der Öffentlichkeit — mögen Sie es sein, mag ich es sein — sagt, sondern hier handelt es sich darum, was der Chef der Regierung namens der Bundesregierung sagt, was die Koalitionsparteien dazu sagen und was die Opposition dazu sagt. Das sind sehr offizielle Dinge, bei denen in der außerordentlich gespannten außenpolitischen Lage, in der wir uns befinden, jedes Wort genau überlegt sein muß,

    (Zustimmung bei der SPD)

    das man ausspricht.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Döring.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Döring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Wehner, ich muß doch noch einmal auf den „kleinen Knaur" zurückkommen.

    (Abg. Wehner: Wohl um Tribut zu leisten!)

    Ich tue das allerdings in der Hoffnung, daß ich dann das Podium nicht als „kleiner Brockhaus" verlassen werde.
    Herr Kollege Wehner, Sie 'sind manchmal in Ihren Schlußfolgerungen ein bißchen 'voreilig. Mein Kollege Mende hat gestern den Standpunkt der Freien Demokratischen Partei 'zu den außenpolitischen Problemen dargelegt; er hat auch den Standpunkt unserer Fraktion zu den Problemen der Europapolitik vorgetragen. Ich wäre heute morgen auf diese spezielle Frage nicht mehr zurückgekommen, wenn nicht der Herr Kollege Wehner, der an sich keinen Ausflug in die Vergangenheit machen wollte, im Zusammenhang mit diesen Fragen und im Blick auf die FDP doch einen Ausflug in die Vergangenheit gemacht hätte. Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, daß der Herr Kollege Wehner heute die Haltung der Freien Demokraten gegenüber der EWG vor Jahren in einen Vergleich zur Haltung der Sozialdemokratischen Partei stellt und 'den Freien Demokraten iihre Zurückhaltung in dieser Gründungszeit der EWG vorwirft. Nun, wir geben auch heute noch 'freimütig zu, daß 'wir in dieser Zeit Bedenken dahingehend 'gehabt haben, daß die vorgesehene Konstruktion vielleicht eine endgültige Fixierung sein könnte. Wir geben zu, daß wir Befürchtungen hatten, diese Konstruktion würde vielleicht keine Ausweitung in einem Sinne erfahren, wie Sie ihn bejaht haben und sehr leidenschaftlich — wie ich heute morgen festgestellt habe — wieder bejahen. Aber wir gestehen ein: wir hatten Sorgen. Herr Kollege Wehner, wenn Sie zum Ausdruck bringen wollen, daß die sozialdemokratische Fraktion diese Sorgen niemals geteilt habe, dann können Sie das, glaube ich, vor Ihrer eigenen Fraktion nicht mit ganz gutem Gewissen aussprechen.

    (Zustimmung 'bei der FDP.)

    Nun, meine Damen und Herren, lassen Sie mich etwas sagen, was mich bei den Darlegungen aller Debattenredner gestern und heute sehr bewegt hat. Ich habe empfunden, daß sich durch die Reden aller Sprecher wie ein roter Faden eine tiefe Besorgnis über die Verschärfung der Spannungen in der Welt gezogen hat, eine tiefe Besorgnis über die Entwicklung in Berlin, eine tiefe Besorgnis über das Schicksal unseres Volkes und unserer Nachbarvölker. In diesem Hause sitzen eine ganze Reihe Kollegen, die vieleicht mehr wissen als die Masse von uns, wie groß die 'gleichen Sorgen auch bei unseren Verbündeten sind. Ich 'glaube, die Kollegen Dehler, Gradl und Mattick haben etwas davon gespürt, als sie unlängst gemeinsam mit einem Vertreter des Kuratoriums Unteilbares Deutschland in Washington waren. Der Regierende Bürgermeister von Berlin und noch mehr der Bundesaußenminister mögen von diesen Sorgen noch mehr wissen.
    Bei aller Liebe zur Debatte und bei aller Notwendigkeit des Herausschälens von gegensätzlichen Auffassungen sollte man doch eines nicht verkennen: daß uns alle eine tiefe Enttäuschung erfaßt hat, weil sich Hoffnungen, die wir — vielleicht graduell unterschiedlich — gehegt haben, Hoffnungen auf Entspannung in Europa und in der Welt nicht erfüllt haben.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Deswegen ist es durchaus begreiflich, wenn sich einzelne Kollegen unter uns, wenn sich Gruppen, Fraktionen oder Parteien Gedanken machen, wenn sie nach Möglichkeiten suchen, Vorschläge anzubieten, die vielleicht zu einem Erfolg führen könnten.
    In diesen zwei Tagen sind scharfe Worte über Initiativvorschläge oder Initiativen gefallen. Ich bin aus einem nicht ganz klug geworden. Wenn ich den Kollegen Ollenhauer gestern richtig verstanden habe, dann hat er sich gegen eine generelle Abwertung von Überlegungen zu wenden versucht, die zu Initiativen führen sollen. Aber den Kollegen Wehner habe ich heute morgen wieder so verstanden, er halte das Gerede von Initiativen für Unfug. Mir ist also nicht ganz klar, welche Auffassung die



    Döring (Düsseldorf)

    sozialdemokratische Fraktion zur Methodik in diesem Zusammenhang überhaupt hat.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch etwas sagen. Ich will gar nicht verschweigen, daß sich auch die Freien Demokraten angesprochen gefühlt haben. Selbst wenn ich bei einem Vorschlag oder einer Idee, die einer unserer Kollegen oder eine der Fraktionen entwickelt oder die Regierung vertritt — auch wenn sie mir persönlich nicht gefällt —, selbst wenn ich bei mancher Initiative, die in den vergangenen Jahren empfohlen worden ist, den subjektiven Eindruck habe, daß ihre Verwirklichung gefahrvoll wäre, selbst dann würde ich den Initiatoren immer unterstellen, daß sie bei ihren Überlegungen von den gleichen Motiven getragen sind wie denen, die mich bei meinen Überlegungen bewegen, nämlich von dem Wunsch, einen gedanklichen Beitrag zur Lösung der schwierigen, gefahrvollen nationalen und weltpolitischen Probleme zu leisten. Wenn ich jemandem in diesem Hause ein anderes als ein derart ehrenhaftes Motiv unterstellte, müßte ich gleichzeitig aussprechen, daß der Betreffende nicht in dieses Haus gehört.
    Initiativen aus Geschäftigkeit mag es geben und mag es gegeben haben. Aber ich glaube, derartige Initiativen sind mit der meist deutlich erkennbaren Mentalität ihrer Verfechter gerichtet oder erledigen sich von selbst.
    Aus der Besorgnis um die Erhaltung des Friedens, die aus den Beiträgen aller Sprecher geklungen ist, ergeben sich Konsequenzen für die Politik der Bundesregierung. Eine selbstverständliche Konsequenz ist zunächst einmal, daß die Bundesregierung keine Politik treiben kann und wird, die etwa eine Verschärfung der ohnehin vorhandenen Spannungen bewirkt. Es ergibt sich die klare Konsequenz, daß die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten nur eine Politik der Entspannung begünstigen kann. Eine Politik, die der Entspannung dienen soll — man muß das, um nicht mißverstanden zu werden, immer hinzufügen —, ist nicht etwa gleichzusetzen mit einer Politik der militärischen Sorglosigkeit. Es ist angesichts der politischen Praxis der Sowjetunion und angesichts der brutalen aggressiven Maßnahmen des Ulbrichts-Regimes besonders notwendig, sich keiner militärischen Sorglosigkeit hinzugeben. Wenn wir uns trotz allem und — ich möchte noch einmal auf das zurückkommen, was der Kollege Wehner heute morgen sagte — trotz der Diffamierungen durch den Sowjetblock, denen wir ständig ausgesetzt sind, um politische Konsequenzen mit dem Ziel, der Entspannung zu dienen, bemühen, dann ist das angesichts der Hetzkampagne eben mehr als eine bloße Demonstration des guten Willens.
    Es wäre aber ein verhängnisvoller Irrtum in den Reihen des Sowjetblocks, wenn man unsere Bemühungen oder wenn man Beiträge der Bundesregierung zu einer Politik .der Entspannung als ein Zeichen der Furcht oder Schwäche auslegen wollte. Gestatten Sie mir eine Bemerkung zu einem Problem, das ich in diesem Zusammenhang erwähnen möchte und das mich gerade in den letzten Wochen sehr bewegt hat. Ich glaube, daß das psychologisch Gefahrvollste der Glaube in Ost und West ist, der jeweilige Gegner könne und wolle angesichts atomarer Waffenwirkungen letztlich einen Krieg ja doch nicht führen. Dieser beiderseitige Glaube birgt die große Gefahr in sich, daß man, wenn ich so sagen darf, in dem großen politischen Pokerspiel einmal überreizt und daß das Prestige des einen oder anderen so berührt wird, daß ein militärischer Konflikt eine zwangsläufige Folge ist.
    Heute morgen ist — direkt oder indirekt — die Frage gestellt worden, welche Vorstellungen denn die Regierung bzw. die Fraktionen bewegen, die diese Regierung tragen. Kollege Ollenhauer hat gestern in seiner Rede speziell im Blick auf diese Frage festgestellt, die Regierung zeige ein hohes Maß an Uneinigkeit oder die Koalition zeige dieses Maß an Uneinigkeit; Ich glaube, über die Ziele, die man erreichen möchte, kann es gar keine Uneinigkeit geben, weder zwischen den Koalitionspartnern noch in der Regierung. Ich möchte auch sagen: es kann im Blick auf die Ziele auch keine Uneinigkeit mit der Opposition geben.
    Selbstverständlich wollen wir alle den Frieden erhalten; selbstverständlich wollen wir Freiheit bewahren und Freiheit schaffen; selbstverständlich haben wir alle gemeinsam als Ziel die Einheit unseres Volkes. Aber ich glaube, die Gemeinsamkeit in den Zielen ist letztlich noch nicht das allein Entscheidende. Sehr viel schwieriger wird es, wenn man sich darüber unterhalten und einigen muß, welche Wege eingeschlagen und welche Methoden gewählt werden sollen, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Über Wege und Methoden gibt es wohl nicht nur innerhalb von Regierungskoalitionen, sondern auch innerhalb jeder Partei unterschiedliche, vielleicht manchmal sogar sehr unterschiedliche Vorstellungen. Hier kann ich nur sagen, Herr Kollege Ollenhauer: wenn es an die Frage geht, auf welchen Wegen, mit welchen Methoden man die gesetzten Ziele verfolgen soll, kann auch die Sozialdemokratische Partei ein Lied davon singen, wie heftig man über solche Probleme streiten und verschiedener Meinung sein kann. Ich glaube, Herr Kollege Ollenhauer, diese Situation wäre nicht anders, wenn die Sozaldemokratische Partei in einer Regierungskoalition mit der CDU säße; sie wäre auch nicht anders, wenn die Sozialdemokratische Partei in einer Koalition mit der FDP wäre. Entscheidend ist doch, daß man in einer Koalition — und das ist bewiesen — den Willen zu einer gemeinsamen Formel für die Methoden und auch für die Wege zur Erreichung der gesteckten Ziele hat. Vielleicht wird das nur von Etappe zu Etappe möglich sein.
    Es sind Wege zu den gesetzten Zielen aufgezeigt, nicht nur von der Regierungskoalition; der Bundestag selbst hat — in einigen Fällen sogar einstimmig — gewisse Wege zur Erreichung der Ziele aufgezeigt. Die Koalition bejaht nicht grundsätzlich etwa ein ein rezeptives Verhalten gegenüber der sowjetischen Politik und wird sich selbstverständlich bemühen, die Initiative für die Deutschlandpolitik gemeinsam mit ihren Verbündeten zu gewinnen. Die Frage wird immer sein, wo und zu welchem Zeitpunkt sich Ansatzmöglichkeiten für eine Gewinnung der Initiative bieten.
    Deutscher Bundestag —j 4. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Oktober 1962 1763
    Döring (Düsseldorf)

    Ein Weg ist vom Plenum dieses Hauses in der Berlin-Entschließung vom 1. Oktober 1958, die gestern erwähnt wurde, aufgezeigt. In ihr ist der Wille des Bundestages zum Ausdruck gebracht — an dem selbstverständlich auch die Regierung ihre Politik orientieren wird und muß —, alle Bestrebungen zu unterstützen, die zu einer Entspannung führen können, die uns auf dem Wege zur Lösung unserer nationalen Probleme helfen können.
    Eine Auffassung des Bundestages zu einem anderen Problem ist in der Empfehlung vom 14. Juni 1961 aufgezeigt, die sich mit der Konsolidierung des Verhältnisses der Bundesrepublik zu den osteuropäischen Staaten befaßt. Wenn sich Erfolge auf diesem Gebiet erzielen lassen, werden sie ein wesentlicher Schritt auf dem Wege zur Entspannung. sein.
    Ich erwähne weiter die Erklärung des Herrn Bundestagspräsidenten vom 30. Juni 1961, die hier ja oft genug zitiert worden ist, daß es nämlich unser aller Ziel sein müsse, in Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten Klarheit über den politischen und militärischen Status eines Gesamtdeutschland zu schaffen. Ich habe oft den Eindruck gehabt, daß sich der eine oder der andere diese Erklärung des Bundestagspräsidenten nicht mehr so gern in die Erinnerung zurückgerufen hat, und zwar aus einem Grunde, der nach meiner Überzeugung gar nicht stichhaltig ist, weil er vielleicht glaubte, daß diese Formel als eine Neutralisierungsformel ausgelegt werden könnte. Nun, meine Damen und Herren, in keiner Fraktion dieses Hauses wird jemand daran glauben, daß eine Neutralisierung Deutschlands zwischen zwei ideologisch fest umrissenen kontroversen Blöcken möglich wäre. Jeder weiß, daß sich ein militärischer und politischer Status Gesamtdeutschlands nur in einem größeren Rahmen finden lassen kann, nämlich im Rahmen einer Veränderung der politischen und militärischen Verhältnisse in Europa. Eine Veränderung dieser politischen und militärischen Verhältnisse in Europa ist aber unlöslich an eine weltweite politische Entspannung gebunden.
    Das heißt nicht, daß man sich etwa darauf beschränken könnte, auf besseres politisches Wetter zu warten. Wir haben zu jeder Zeit einen Beitrag zur, Lösung dieser Probleme zu leisten, und wenn es nur ein gedanklicher Beitrag ist. Der erste, den wir aber hier im einzelnen zweckmäßigerweise nicht diskutieren sollten — das haben alle Fraktionen so gesehen —, betrifft die Verbesserung unseres Verhältnisses zu unseren östlichen Nachbarn. Es wird vielleicht im Verlaufe dieser Debatte noch deutlicher zum Ausdruck kommen, daß es auch der Auffassung der Koalition entspricht, wenn wir dadurch einen Beitrag zur Entspannung zu leisten suchen, daß wir nach Konsultationen mit unseren Verbündeten die Diskussion über die deutsche Frage zwischen den Großmächten wieder in Gang bringen mit dem Ziel, zu einer ständigen Beratung des deutschen Problems zu gelangen, das das Berliner Problem einschließt. Selbstverständlich verfolgen wir das Ziel, an das Ende einer ständigen Deutschland-Konferenz einen wahren Frieden zu setzen, der nur dann gesichert sein wird, wenn uns Freiheit und Einheit gewährt sind. (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Dehler)

    Ich glaube, auch die Oppositionsfraktion wird das ernsthafte Bemühen des Bundesaußenministers nicht in Frage stellen können, das sich schon sehr deutlich wieder zeigen wird, wenn er die Auffassung der Bundesregierung in den nächsten Tagen in Washington vertreten wird.
    In dieser Debatte ist auch das Wort von der Gemeinsamkeit gefallen. Gemeinsamkeit in der Behandlung außenpolitischer Fragen ist oft gefordert worden, auch von der Fraktion der Freien Demokratischen Partei. Ich habe immer Zweifel gehabt, ob es eine absolute Gemeinsamkeit in diesen außenpolitischen Fragen jemals geben kann. Aber eine Gemeinsamkeit kann es immer geben: die Gemeinsamkeit des guten Willens, trotz unterschiedlicher und gegensätzlicher Auffassung über Wege und Methoden in der Außenpolitik uns gegenseitig auf jeden Fall die gemeinsamen Motive zu unterstellen, die uns alle bewegen, das Bestreben, den Frieden zu erhalten, der Wille, einen politischen Beitrag zur Erringung der Freiheit aller in Unfreiheit Lebenden zu leisten, der Wille zur Einheit unserer Nation und letztlich die gemeinsame Liebe zu unserem Volk.

    (Beifall bei der FDP.)