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ID0404101600

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    Deutscher Bundestag 41. Sitzung Bonn, den 12. Oktober 1962 Inhalt: Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Majonica .(CDU/CSU) . . . . . 1747 A Wehner (SPD) . . . . 1751 A, 1784 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . . 1759 D Döring (Düsseldorf) (FDP) . . . . 1761 B Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) 1763 D Dr. Schröder, Bundesminister . . 1770 A Erler (SPD) 1773 B Dr. Gradl (CDU/CSU) 1780 C Wacher (CDU/CSU) 1784 B Zur GO Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 1786 C Antrag der Fraktion der SPD betr. Überbrückungszulage für die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes (Drucksache IV/509) 1786 C Nächste Sitzung 1786 D Anlagen 1787 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Oktober 1962 1747 41. Sitzung Bonn, den 12. Oktober 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    *) Siehe Anlage 2 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 3. 11. Arndgen 12. 10. Dr. Arndt (Berlin) 12. 10. Dr. Aschoff 12. 10. Dr. Atzenroth 12. 10. Bading 12. 10. Baier (Mosbach) 12. 10. Bauer (Wasserburg) 26. 10. Bausch 20. 10. Benda 12. 10. Biermann 12. 10. Dr. Birrenbach 16. 10. Dr. h. c. Brauer 12. 10. Brese 12. 10. Burckardt 12. 10. Dr. Burgbacher 12. 10. Dr. Czaja 12. 10. Dopatka 12. 10. Engelbrecht-Greve 12. 10. Figgen 13. 10. Frau Dr. Flitz (Wilhelmshaven) 12. 10. Dr. Frey (Bonn) 12. 10. Dr. Dr. h. c. Friedensburg 28. 11. Geiger 12. 10. Gerns 12. 10. Gewandt 12. 10. Dr. Gleissner 12. 10. Dr. Götz 12. 10. Günther 12. 10. Dr. Hamm (Kaiserslautern) 12. 10. Dr. Harm (Hamburg) 1. 11. Harnischfeger 12. 10. Heiland 12. 10. Dr. Dr. Heinemann 12. 10. Hellenbrock 12. 10. Dr. Hesberg 12. 10. Hirsch 12. 10. Jacobi (Köln) 12. 10. Jacobs 12. 10. Junghans 12. 10. Dr. Jungmann 12. 10. Killat 12. 10. Dr. Kliesing (Honnef) 12. 10. Dr. Koch 12. 10. Kraus 12. 10. Dr. Kreyssig 12. 10. Kriedemann 12. 10. Freiherr von Kühlmann-Stumm 12. 10. Kühn (Bonn) 31. 12. Kuntscher 31. 10. Kurlbaum 12. 10. Lange (Essen) 12. 10. Leber 20. 10. Lenz (Bremerhaven) 12. 10. Lenze (Attendorn) 12. 10. Dr. Löbe 12. 10. Dr. Lähr 12. 10. Lünenstraß 12. 10. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Mälzig 12. 10. Frau Dr. Maxsein 12. 10. Dr. h. C. Menne (Frankfurt) 12. 10. Metzger 12. 10. Michels 12. 10. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 12. 10. Dr. Morgenstern 12. 10. Müller (Nordenham) 12. 10. Müller (Worms) 12. 10. Murr 12. 10. Oetzel 31. 10. Rademacher 31. 10. Ramms 12. 10. Sander 12. 10. Dr. Schäfer 12. 10. Spitzmüller 12. 10. Steinhoff 13. 10. Stooß 12. 10. Storch 12. 10. Striebeck 12. 10. Dr. Freiherr 12. 10. von Vittinghoff-Schell Dr. Wahl 15. 11. Walter 12. 10. Wehking 3. 11. Weigl 12. 10. Werner 12. 10. Dr. Winter 12. 10. Wittmer-Eigenbrodt 31. 10. Anlage 2 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Schmitt-Vockenhausen zu dem Antrag der SPD-Fraktion betr. Überbrückungszulage für die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes (Drucksache IV/509). Dreieinhalb Monate nach der Erklärung des Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion, Dr. von Brentano, vom 27. 6. 1962, als die Koalitionsparteien die Beratung des SPD-Antrages auf Zahlung einer Überbrückungszulage für die Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes im Jahre 1962 ablehnten, liegt immer noch kein entsprechender Vorschlag der Koalitionsparteien vor. Vielmehr hat die Bundesregierung mehrfach alle Vorschläge auf Zahlung einer Überbrückungszulage abgelehnt. Diese ablehnende Haltung der Bundesregierung und Untätigkeit der Koalition hat verständlicherweise bei der Beamtenschaft starke Verärgerung hervorgerufen, die in dieser Haltung berechtigterweise eine Verletzung der Fürsorgepflicht der Bundesregierung sieht. Es wäre zu bedauern, wenn durch die mangelnde Fürsorgepflicht der Bundesregierung gegenüber den Bundesbeamten eine Berufs- und Staatsverdrossenheit der Beamtenschaft einträten, deren Leistungen der Herr Bundeskanzler erst in seiner Regierungserklärung gewürdigt hat. Es kommt nun darauf an, daß nach den vielen Reden 1788 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Oktober 1962 und zahlreichen zustimmenden Erklärungen gegenüber der Beamtenschaft auch tatsächlich etwas geschieht. Wir glauben, hier mit Recht auf die Ausführungen eines stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der CDU hinweisen zu müssen, der erklärt hat, daß das gute Prinzip des Maßhaltens für die Verbrämung eines schlichten Unrechts herhalten würde, wenn man einem Postschaffner oder Zollassistenten unter Hinweis auf eine sparsame Wirtschaftsführung das verweigern würde, was ein Staatssekretär in Düsseldorf bekommen habe. Die SPD-Fraktion ist der gleichen Auffassung und bittet um schnelle Beratung des Antrages im Ausschuß, damit die Beamtenschaft noch im Oktober mit einer positiven Entscheidung rechnen kann. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Herrn Bundesministers Schwarz auf die Zusatzfrage zu der Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Dr. Schmidt (Gellersen) (Fragestunde der 34. Sitzung vom 14. Juni 1962, Drucksache IV/453, Frage X/2: *) Die Kosten des Gesamtvergleichs lassen sich zur Zeit noch nicht genau feststellen, da es sich um den Abschluß eines Rahmenvergleichs handelt und die Gesamtsumme der einzelnen Forderungen, die sich aus den erhobenen Klagen und den fristgemäß eingelegten Widersprüchen ergeben, der Einfuhr- und Vorratsstelle noch nicht vorliegen; als letzter Anmeldetermin für die spezifizierte Einreichung der Forderungen bei der Einfuhr- und Vorratsstelle ist der 31. Dezember 1962 vereinbart worden. Eine Schätzung der Gesamtforderungen hat einen Höchstbetrag von ca. 50 Mill. DM ergeben. Bei diesen Forderungen handelt es sich, worauf ich besonders hinweisen möchte, um zuviel erhobene Abschöpfungsbeträge (so die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, insbesondere die des Bundesverwaltungsgerichts in den Jahren 1960 und 1961). Diese Beträge brauchen jedoch nach dem Vergleich nur teilweise zurückgezahlt zu werden. Ein Schaden ist deshalb dem Bund durch den Abschluß des Gesamtvergleichs nicht entstanden, zumal die Kläger auf die Zahlung von Zinsen verzichtet haben. Außerdem ist zwischen den Parteien vereinbart worden, daß von der Einfuhr- und Vorratsstelle Gerichtskosten und Anwaltskosten nur in solchen Fällen voll übernommen werden, in denen ein höchstrichterliches Urteil gegen sie ergangen ist, während in allen anderen Vergleichsfällen die Anwaltskosten von jeder Partei selbst und die Gerichtskosten von jeder Partei zur Hälfte getragen werden sollen. Unter diesen Umständen erschien der Abschluß des Gesamtvergleichs, der zwischen den beteiligten Bundesressorts eingehend vorbereitet worden ist, aus Sparsamkeitsgründen nach den Bestimmungen der Reichshaushaltsordnung geboten, und zwar im *) Siehe 34. Sitzung Seite 1430 B Hinblick auf die Einsparung von sonst wahrscheinlich erheblich höheren Bundesmitteln sowie in Anbetracht einer erheblichen Arbeitsentlastung bei der Einfuhr- und Vorratsstelle und den beteiligten Bundesressorts. Die durch die Vielzahl der Prozesse verursachte Mehrbelastung für die Beamten der Bundesressorts und die Dienstangehörigen der Einfuhr- und Vorratsstelle hätte ohne Anstellung von zusätzlichen Kräften weiterhin nicht mehr verantwortet werden können. Eine Durchschrift dieses Schreibens habe ich noch Herrn Abgeordneten Provinzialdirektor i. R. Ritzel mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt, weil auch Herr Ritzel über den Ausgang der gegen die Einfuhr- und Vorratsstelle geführten Rechtsstreitigkeiten und die damit verbundenen Kosten für den Bund unterrichtet sein wollte. Anlage 4 Umdruck 144 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/ CSU, FDP zur Erklärung der Bundesregierung vom 9. Oktober 1962 Der Bundestag wolle beschließen: I 1. Der Deutsche Bundestag ist bereit, die in der Regierungserklärung aufgezeigten Maßnahmen zur Stabilisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse nachhaltig zu unterstützen. Insbesondere begrüßt der Deutsche Bundestag eine sparsame Haushaltspolitik, die der Offentlichen Hand die notwendige Zurückhaltung nicht zuletzt auf dem Baumarkt auferlegt hat. 14. Der Deutsche Bundestag erwartet, daß Länder und Gemeinden sich diesen Bemühungen der Bundesregierung anschließen. 15. Der Deutsche Bundestag appelliert eindringlich an die Tarifpartner, durch eine maßvolle und der wirtschaftlichen Situation entsprechenden Haltung bei der Gestaltung von Preisen, Löhnen und Arbeitszeit die Bemühungen der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages zu unterstützen. II 1. Der Bundestag erklärt seine Befriedigung über den Verlauf der Besuche des Bundespräsidenten und des Bundeskanzlers in Frankreich sowie des Präsidenten der Französischen Republik in Deutschland. Er betrachtet die Freundschaft und enge Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland als endgültigen und unverrückbaren Bestandteil. der deutschen Außenpolitik und als wesentlichen Beitrag für ein geeintes Europa. 2. Der Bundestag ist der Überzeugung, daß die noch offenen Probleme bei den Verhandlungen über den Eintritt Großbritanniens in die EWG in einer für alle Beteiligten tragbaren Weise gelöst werden können. Er fordert die Bundesregierung auf, Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 41. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Oktober 1962 1789 alles in ihren Kräften stehende zu tun, um dieses Ziel zu erreichen. Die politische Mitwirkung Großbritanniens bei der Schaffung eines geeinten und weltoffenen Europas wird vom Bundestag sehr begrüßt. 3. Der Bundestag hält es für erforderlich, daß nach dem Eintritt Großbritanniens in die EWG von ihren Gremien das Gespräch mit den Vereinigten Staaten über die von Präsident Kennedy vorgeschlagene atlantische Partnerschaft und Interdependenz aufgenommen wird. 4. Der Fortschritt der Menschheit, von der ein großer Teil noch von Hunger und Elend geplagt ist, hat als erste und unerläßliche Voraussetzung die Erhaltung des Weltfriedens. Der Bundestag ist der Auffassung, daß, nachdem in Westeuropa eine dauerhafte Friedensordnung gefunden worden ist, erneut versucht werden muß, auch mit Deutschlands östlichen Nachbarn zu einem wahren Frieden zu gelangen. Das Recht auf Selbstbestimmung, auf nationale Einheit und Freiheit muß dabei für das deutsche Volk ebenso respektiert werden wie für alle anderen Völker. 5. Der Bundestag erklärt seine Entschlossenheit, alles zu unterstützen und alles zu tun, um die Freiheit in Berlin zu wahren. Die Bevölkerung Westberlins darf gewiß sein, daß sie sich auf die Bundesrepublik verlassen kann. Gemeinsam mit den drei westlichen Schutzmächten und mit allen Partnern des westlichen Bündnisses wird die Freiheit in Berlin mit allen Mitteln verteidigt werden, die notwendig sind. Der Bundestag erklärt das im Bewußtsein der Verpflichtung des Grundgesetzes, sich für alle Deutschen verantwortlich zu wissen, gleichgültig in welchem Teil Deutschlands sie leben. Den Landsleuten hinter der Mauer und den Todesstreifen versichert der Bundestag, daß alle Energie eingesetzt werden wird, um endlich auch für sie Menschlichkeit und Selbstbestimmung und für das ganze deutsche Volk Einheit in Frieden und Freiheit zu verwirklichen. 6. Der Bundestag bedauert, daß die sowjetische Politik die Erreichung dieses gerechten Zieles nicht nur erschwert, sondern darüber hinaus eine Verschärfung der internationalen Lage bewirkt hat. Angesichts dieser Lage erwartet der Bundestag von der Bundesregierung, daß sie alle die Maßnahmen ergreift, die für die Sicherheit und Freiheit unseres Volkes erforderlich sind. 7. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf, mit ihren Verbündeten in Konsultationen einzutreten mit dem Ziel, seitens des Westens der Sowjetunion den Vorschlag zu machen, entsprechend der Verantwortung der Vier Mächte eine gemeinsame ständige Konferenz zur Lösung der deutschen Frage als Voraussetzung eines dauerhaften Friedens herbeizuführen. Bonn, den 12. Oktober 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Dr. Mende und Fraktion.
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    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Natürlich bin ich dieser Auffassung. Es wäre ja auch ganz dumm, wenn ich sozusagen blind wäre und nicht verschiedene Richtungen erkennen könnte, und daß es Dynamik nach verschiedenen Richtungen gibt, — — aber Sie werden dann ja erklären, daß Sie damit eine bestimmte Richtung nicht meinen, die auch in Ihrer Koalition sitzt. Das ist jedoch nicht meine Sache, sondern Ihre Sache.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Das ist mir klar. Das ist es eben, was unsere Lage nicht einfacher macht. Wir sind ohne das Koalitionspapier. Wir haben es nie gesehen. Bei Ihnen gibt es welche, die sagen, sie hätten es auch nicht gesehen. Andere wieder wollten es gar nicht einmal sehen.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Wieder andere sagen, das sei das Kernstück, dieses Koalitionspapier, die Sache mit den Friedensverhandlungen. Wenn gestern mein Freund Ollenhauer gesagt hat, jetzt mache er diesen Vorschlag nicht,



    Wehner
    und das heute freudig begrüßt worden ist, so ist das eine Erleichterung für Sie, aber doch nicht für Ihren Koalitionspartner, der das für ein Kernstück der Abmachungen hält. Also da sitzen Sie in der Bredouille und nicht wir.
    Im übrigen: wie ist es damals gewesen? Vor gut einem Jahr hat Willy Brandt in einer Rede in Dortmund — es war der 8. September; wer das hört, weiß sofort: es war noch kurz vor den Wahlen, aber leider nach der schrecklichen Mauer — diese Fragen so erörtert: Wenn eine Regierung unter sozialdemokratischer Führung gebildet werden würde — was ja nicht zustande gekommen ist — —

    (Zuruf von der Mitte: Gott sei Dank!)

    — Sie sagen „Gott sei Dank" ; nun gut, kommt es das nächste Mal, dann kommt es viel schlimmer, als wenn es diesmal so gekommen wäre.

    (Heiterkeit bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: Für wen?)

    — Für Sie! Doch nicht für die, die reinkommen, sondern für die, die etwas abgeben müssen.

    (Beifall bei der SPD.) Willy Brandt kündigte damals an:

    Im engsten Einvernehmen mit unseren westlichen Verbündeten werden wir die Grundsätze eines Friedensvertrages für ganz Deutschland ausarbeiten, der dazu beitragen soll, daß der Westen wieder das Gesetz des politischen und diplomatischen Handelns in seine Hände bekommt. Diese Grundsätze eines Friedensvertrages können später die westliche Verhandlungsgrundlage bei einer allgemeinen Friedenskonferenz bilden.
    Damals gab es noch eine Äußerung des amerikanischen Präsidenten vom Juli, die sich inzwischen nicht wiederholt hat, daß man nämlich, wenn der andere drüben fortgesetzt mit einer großen Konferenz der Kriegsgegner drohen zu können glaube, ja einmal sagen könne: Wenn du sie machst, dann werden sich dort auch alle diejenigen melden, die für einen Friedensvertrag mit ,Deutschland und nicht für ein Teilungsdiktat gegen Deutschland sind. — Nun, ist das vielleicht schlecht? Das ist doch eine Sache, über die man reden kann. Im Moment kann man darüber wieder nicht reden; aber setzen wir einmal den Fall, wir stünden vor einer solchen Lage. Dann müßten wir uns ja verständigen und dürften uns nicht einfach nur für gebunden halten. Es gibt ja auch in Ihren Reihen den einen oder anderen Vorschlag, in dieser Richtung sich etwas weniger Schwierigkeiten zu machen, z. B. hinsichtlich der Möglichkeit, mit den Westmächten zusammen Grundlagen oder Grundüberlegungen — das können ja keine Grundlagen sein, also Grundüberlegungen
    — für einen Friedensvertrag und auch die Prozedur anzustellen.
    Wir sind in einer schwierigeren Lage als Sie — lassen Sie uns doch offen miteinander reden —: wir kennen nicht jene Punkte, die z. B. Herr von Brentano noch aus seiner Außenministerzeit und auch mancher von 'Ihnen wahrscheinlich kennt, weil er damals für würdig befunden wurde, informiert zu werden; wir nicht, natürlich, aber das schadet ja nicht. Da gab es also Punkte, von denen uns der damalige Außenminister gesagt hat, sie würden in der letzten Phase der Konferenz noch eine Rolle spielen. Wir hatten gedacht: Das wird ganz gut sein.
    — Die Konferenz ist damals ja an einem anderen Punkt auseinandergegangen, als man in Verhandlungen über Berlin kam. Sie wissen das alle. Aber die Punkte sind nie auf den Tisch gelegt worden. Wir haben sie auch nie gesehen. Vielleicht ist das für Sie, die Sie die Punkte kennen, weniger ein Problem als für uns, die wir sie nicht kennen und wissen müssen: Wenn es soweit ist, holen Sie die Punkte heraus, und dann werden alle staunen — kann ja sein, daß es so ist —, ich würde Sie beneiden, und ich würde zufrieden sein, wenn wir dann auch mitstaunen könnten. Nur, diejenigen, die die Punkte nicht kennen — und das sind wir; wir sind in dieser Beziehung also etwas unterernährt —, wir machen uns auch gern unsere Gedanken, was man machen könnte, wenn man in solch eine Lage kommt. Das ist — nicht mehr, aber auch nicht weniger —, was wir dazu angebracht haben.
    Diese Darlegungen, Herr Majonica, ,ob man die Russen überstimmen oder nicht überstimmen kann, fortgesetzt zu wiederholen, lohnt sich doch nicht. Solche Dinge habe ich schon so oft gelesen und .gehört. Die sind auch einfach nicht aus der Welt zu schaffen. Nur kann das allein doch selbstverständlich nicht unsere Haltung zu der Feststellung bestimmen, daß wir Ursache haben und auch Gelegenheit nehmen müssen, in der ganzen Welt bei allen befreundeten Regierungen, auch bei solchen, die wir nicht zu den befreundeten rechnen dürfen, sondern die sich als neutral in dem Sinne bezeichnen, daß sie nicht in den sogenannten Ost-West-Konflikt hineingezogen werden wollen, nicht Partei ergreifen wollen, deutlich zu machen: Die Bundesrepublik Deutschland will eine Friedensregelung, sie will einen Friedensvertrag; darin ist sie sich einig. Aber was sie nicht will, ist ein Teilungsdiktat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das, was der andere will, ist ein Teilungsdiktat. — Bitte, das ist doch eine Grundlage, wenn wir uns da einig werden.

    (Abg. Majonica: Herr Kollege Wehner, ich habe mir erlaubt, auszuführen, daß wir für einen Friedensvertrag sind, nur mit einem Deutschland!)

    — Sicher, da brauchen wir gar keinen Unterschied zu machen. Mir kommt es hier auf die berühmte Flexibilität an, wie man sich in den Stürmen verhalten wird, um dazu zu kommen, daß auch die anderen wissen, daß wir so sind, wie wir selber meinen, daß wir sind, und nicht anders.
    Ich brauche Ihnen ja nicht vorzulesen, was in der letzten Woche wieder an Scheußlichkeiten über die angeblichen Absichten der Bundesregierung und der ganzen Bundesrepublik in den offiziellen sowjetischen Zeitschriften und Zeitungen aller Sprachen veröffentlicht worden ist, tolle Sachen. Das ist einfach für die Leute in den entfernten Erdteilen und in anderen Ländern. Es ist aber gar nicht so weit entfernt, wo das schon anfängt zu wirken. Das



    Wehner
    ist so, als ob hier sozusagen Hitler redivivus sei. Das ist eine unglaubliche Art, in der man die Bundesrepublik in solch einen Giftnebel einhüllen und damit isolieren zu können glaubt. Es bedarf doch einer Anstrengung, die wir gemeinsam machen müssen, um das wegzukriegen. Das können Sie doch nicht bestreiten!

    (Allseitiger Beifall.)

    Ich habe auch bei aller Bitterkeit, die hier aufgekommen ist, den Eindruck, daß es — jedenfalls in bezug auf das, was da, wenn nicht heute, so übermorgen, von uns endlich gemacht werden muß — drei Sätze in der Regierungserklärung gibt, die von uns aufgegriffen und umgekehrt auch zu entsprechenden Fragen an die Regierung positiv verwendet werden können. Ich meine die Sätze:
    Die kommunistische Berlin- und Deutschland-Politik basiert auf der Hoffnung, daß die Deutschen infolge der ständigen Bedrohungen eines Tages resignieren.
    Das ist sicher so.
    Wir haben dafür zu sorgen,
    — erklärt der Bundeskanzler weiter in seiner Regierungserklärung —
    daß sich diese Hoffnung nicht erfüllt.
    Das ist genau das, was wir tatsächlich vor allem zu tun haben. — Dann wird gesagt:
    Hierin erblickt die Bundesregierung ihren wichtigsten Auftrag, und sie rechnet dabei fest auf Ihre Unterstützung.
    Damit sind die Abgeordneten, ist der Bundestag gemeint. Wenn wir damit einverstanden sind und wenn wir die Leute sind, mit deren Unterstützung die Bundesregierung rechnet, müssen wir auch — und wollen wir auch — die Regierung, was wir auch sonst von ihr denken, in diesem Punkte unterstützen, wenn sie das als ihren wichtigsten Auftrag bezeichnet. — Nun, da bitte ich Sie noch einmal: sehen Sie sich die Vorschläge meines Freundes Erich Ollenhauer zur Methode an, und Sie werden finden: das gibt einige — nicht Notausgangstüren für unsere Lage, sondern das gibt einige Türen, wo man zu gewissen Beratungen über Schritte kommen kann auf der vorhandenen Basis; und das wäre schon der Mühe wert, das zu versuchen.
    Der Bundeskanzler hat erklärt, und das hat inzwischen auch seine Wellen geschlagen, die Leute schreiben darüber und reden darüber — „Was ist gemeint? So oder so?"; überwiegend sagt man, es sei ganz positiv zu werten —, und zwar, wie er sagt, erneut erklärt, daß die Bundesregierung bereit sei, über vieles mit sich reden zu lassen, wenn unsere Brüder in der Zone ihr Leben so einrichten könnten, wie sie es wollen; menschliche Überlegungen spielten hier für uns eine noch größere Rolle als nationale. Ich habe schon ehrenwerte Kollegen gehört, die hinsichtlich der Wortwahl bestimmte Skepsis ausdrückten; aber ich nehme das alles in allem und sage: was damit gemeint ist, das wird wohl jeder versuchen zu unterstützen.
    Der Bundeskanzler hat einige Zeit vorher in der vorhin von mir genannten berühmten Zeitschrift „Foreign Affairs" geschrieben:
    Das Berlin-Problem ist, wie das Deutschland-Problem überhaupt, letztlich eine menschliche Frage. Deshalb liegt hier auch der Ansatzpunkt für eine Lösung. Wenn unseren Landsleuten in der sowjetisch besetzten Zone ein menschenwürdiges Dasein, wenigstens ein gewisses Maß an Freiheit und Selbstbestimmung gewährt wird, werden wir über vieles mit uns reden lassen können.
    Ich weiß es nicht, und es steht mir nicht an, jetzt hier den Bundeskanzler zu fragen, worüber er dann mit sich reden lassen wolle; das wäre unziemlich. Nur muß ich andererseits sagen: wenn der Bundeskanzler es für richtig hält und für wahrscheinlich auch nützlich hält, jetzt schon zu wiederholten Malen öffentlich erkennen zu lassen, daß wir „über vieles mit uns reden lassen würden, wenn ... ", dann wird er ja wohl auch die Konsequenz bedacht haben, daß andere fragen: „Ja, worüber wird er denn wohl mit sich reden lassen?"; und dann wird er wohl auch die andere Konsequenz bedacht haben oder, wenn nicht, noch bedenken, daß dann diejenigen, an deren Adresse das vielleicht gerichtet ist, nämlich die im Osten, die unsere Landsleute in der Gewalt haben, ihrerseits wissen möchten, worüber er oder wir mit uns reden lassen würden. Wenn man das sehr lange macht, kann das, was darin an Positivem liegt, leicht in ein beinahe Gegenteil umschlagen. Ich sage nicht, daß man es nicht machen soll; ich meine nur, man muß sich auch der Konsequenzen bewußt sein, die sich daraus ergeben: „Was ist dann, und was kann damit gemeint sein?" Ich meine das durchaus positiv.
    Daß wir nicht an der Forderung: „Selbstbestimmung für alle Deutschen" rütteln lassen wollen und können, weil das die Selbstaufgabe wäre, und daß es in Wirklichkeit unser Beitrag zur Erringung der Freiheit derer, die in der Unfreiheit leben müssen, ist, daß wir sagen: „Deutschland wiedervereinigen auf der Basis des Rechtes der Selbstbestimmung für alle Deutschen, so wie man es anderen Völkern auch gewährt", das ist auch klar. Man kann nicht das, was man also vielleicht unter Weglassung der Formel „Wiedervereinigung" glaubt leichter anbringen zu können, in Wirklichkeit damit erreichen; denn das wäre dann ein Messer nicht nur ohne Heft, sondern auch ohne Klinge; und Sie wissen, was das dann für ein Messer ist. Es ist ja nicht nur ein Rechtstitel, den wir in Anspruch nehmen, wenn wir von der Wiedervereinigung in gesicherter Freiheit sprechen; und da sind wir uns einig. Wenn wir aber — und ich billige das, ich finde, das ist ein guter Gedanke ,nur muß man genau seine Grenzen kennen — sagen, wir wären bereit, über vieles mit uns reden zu lassen, dann muß man wahrscheinlich allmählich sogar auf die Weise, die von der Bundesregierung für richtig gehalten wird — da kann man ihr nicht hineinreden — erkennbar machen, worüber man bereit wäre, mit sich reden zu lassen; andeutungsweise. Wenn man das überhaupt nicht tut, meine Damen und Herren, werden andere fort-

    Wehner
    gesetzt bestimmen, worüber wir eigentlich mit uns reden lassen sollten;

    (Beifall bei der SPD)

    und dann ginge es Ihnen so wie uns mit dem Deutschlandplan — worüber Sie sich gefreut haben; wir würden uns nicht freuen —; da würden andere bestimmen, was sie aus einer solchen Formel machen.

    (Abg. Majonica: Wer hat gesagt, daß wir uns damals über den Deutschlandplan gefreut haben? Wir waren damals entsetzt! Dieser Plan' hätte Ulbricht zur zentralen Figur in Deutschland gemacht!)

    — Halten Sie auf! Fangen Sie damit nicht wieder an! Der Ulbricht hat genau gesagt, was er davon hält: das sei der Plan, die Macht der westdeutschen imperialistischen Monopole auch auf die DDR zu erstrecken. So war Ulbrichts erste, 14 Tage lange Reaktion, bis er versucht hat, damit Diversions-arbeit zu machen. Das hatte gar nichts mit dem Plan zu tun, sondern nur mit dem Versuch, wie ich es damals sagte, den Sozialdemokraten so lange gewisse Steine in die Schuhe zu drücken, bis sie der Schuh drückt.

    (Heiterkeit.)

    Darum ging es.
    Die ganze Frage, von der der Bundeskanzler sagte: sie ist letztlich eine menschliche Frage, ein menschliches Problem, hat der Regierende Bürgermeister von Berlin in einem Vortrag, den er jetzt vor der Harvard-Universität gehalten hat, so ausgedrückt — und ich finde, da berührt sich etwas, nur muß man versuchen, es Gestalt gewinnen zu lassen —, daß er erklärte, für ihn sei das entscheidende Ergebnis des letzten Jahres gewesen:
    Wir haben in Berlin zwar objektiv einen Sieg errungen,
    — womit er meinte: weil Chruschtschow nicht den Zusammenbruch und die Panik der Bevölkerung Westberlins mit dieser schrecklichen Tat erzielt hat. —
    Den Preis aber müssen jene bezahlen, die unsere besten Freunde sind und denen wir jahrelang geholfen haben: die Menschen jenseits der Mauer oder richtiger: die auseinandergerissenen Familien auf beiden Seiten der Mauer.
    — Die müssen ihn bezahlen! —
    Es war ein kostspieliger Sieg für uns und eine Niederlage der Sowjets, über die wir nicht froh werden können. Mit der Mauer in Berlin kann sich der Westen auf die Dauer nicht abfinden. Die Lösung der deutschen Frage auf dem Boden des Selbstbestimmungsrechts muß auf der Tagesordnung bleiben. Aber sie bleibt eingebettet in den allgemeinen Ost-West-Konflikt; darum ist ihre Lösung nicht von heute auf morgen zu erwarten. Ein Modus vivendi in der Berlin-Frage bleibt erstrebenswert, ohne den Zusamenhang mit den umfassenderen Problemen aus dem Auge zu verlieren.
    Herr von Brentano, Sie haben kürzlich Fragen an Willy Brandt gestellt. Machen Sie es sich bitte nicht leichter, als es in Wirklichkeit ist. Da sind ja in
    Wirklichkeit auch Fragen an Sie selbst, da sind Fragen an uns alle, Fragen, für deren Erörterung in einem Stadium, wo die Erörterungen noch nicht ausgereift sein können, es vielleicht engerer, intimerer Möglichkeiten bedurfte, um weiterzukommen. Ich bin froh, daß in der Ergänzung, als die ich, ohne damit etwas ironisieren zu wollen, die Ausführungen des Herrn Bundesministers des Auswärtigen zur Regierungserklärung bezeichnet habe, so oft und so positiv das deutsche Memorandum vom 21. Februar dieses Jahres erwähnt worden ist, jene Antwort auf das sowjetische vom 27. Dezember. Das macht mir Hoffnung, daß dieses Memorandum jetzt vielleicht nutzbar gemacht wird für politische Überlegungen; denn es war ja eine gute Arbeit. Nur ist es damals so schnell „überkrollt" worden.

    (Heiterkeit.)

    Ich will Sie nicht piesacken in dieser Frage und nicht etwas sagen, was sich mir manchmal etwas zu verallgemeinernd auf die Zunge drängt — an ihren Botschaftern sollt ihr sie erkennen —, weil das ungerecht gegen die anderen Botschafter und auch ungerecht gegen die Bundesregierung wäre. Da haben Sie recht. Aber Sie sehen doch, was es da für Luft, für Löcher gibt. Das ist wie mit einem Gummisack: auf einmal pfeift's an irgendeiner Stelle heraus.

    (Heiterkeit links.)

    So auch hier, und das ganze Memorandum war weg. Es war also überpudert. Jetzt ist es wieder herausgeholt worden. Der Herr Bundesminister des Auswärtigen hat es jetzt wieder zu etwas gemacht, mit dem man rechnen kann, und ich habe es mir auch gleich noch einmal genau angeguckt. Darin sind schöne Möglichkeiten, aber auch harte Verpflichtungen, auch in der Frage der Initiative, sich für weitere Entwicklungen in der Diskussion über den Friedensvertrag zu wappnen, was ja wohl gar nicht so einfach ist.
    Das alles, glaube ich, ist bei allen Schwierigkeiten unserer Situation etwas, was positiv gewertet werden kann. Es wird von Ihnen wohl auch positiv gewertet werden, daß ich damit zunächst schließe und die weiteren Runden der Debatte anderen überlasse. Wir werden uns ja vielleicht noch einmal sprechen können. Ich danke Ihnen für Ihre Geduld.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Herr Kollege Deist hat in seiner gestrigen Rede davon gesprochen, welche Bedeutung die Gewerkschaften hätten, und er hat sich darüber beschwert, daß das Klima, das zwischen den Gewerkschaften und uns bestehe, nicht richtig sei. Ich erkenne die Bedeutung der Gewerkschaften vollkommen an. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich vom „Kleinen Knaur", den wir eben gehört haben, auf sachliche Dinge zurückkommen.

    (Unruhe bei der SPD. — Abg. Erler: Armer Konrad! — Weitere Zurufe.)




    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    Meine Damen und Herren, ich möchte gerade bei Beginn einer neuen Periode unserer wirtschaftlichen Entwicklung mit den Gewerkschaften konform gehen. Deswegen habe ich im Laufe des Juli und August vier Besprechungen mit den verschiedenen Gewerkschaften in ganz kleinem Kreise abgehalten. Ich habe ihnen auseinandergesetzt, wie sich die wirtschaftliche Lage voraussichtlich gestalten wird, und habe sie um ihre Mithilfe dabei gebeten. Ich bin von einigen der Organisationen, mit denen ich gesprochen habe, enttäuscht gewesen, von anderen nicht. Nun, meine Damen und Herren, wir werden jetzt abwarten müssen, wie sich die Dinge weiter entwickeln; aber ich bitte Sie und die ganze Öffentlichkeit sehr, den Willen der Bundesregierung, wie er in der Regierungserklärung niedergelegt ist, nicht leicht zu nehmen. Nach unserer Überzeugung handelt es sich um den Anfang einer neuen Epoche in der wirtschaftlichen Entwicklung. Davon müssen wir Kenntnis nehmen, und wir müssen unser Handeln dementsprechend einrichten.
    Meine Damen und Herren, gestern hat Herr Kollege Ollenhauer folgendes gesagt:
    Aber warum haben Sie, Herr Bundeskanzler, nicht hinzugefügt, daß wir die Größe des Risikos kennen, das die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten eingegangen sind, und daß wir, die Bundesrepublik, bereit sind, dieses Risiko mit allen Konsequenzen zu teilen?
    Meine Damen und Herren, wenn ich hier bei einer Gelegenheit, wie sie diese Diskussion darstellt, von dem Leiter der Opposition eine solche Frage gestellt bekomme, dann liegt dem doch wohl zugrunde, daß er der Auffassung ist, daß wir nicht bereit seien, dieses Risiko in vollem Umfange zu teilen. Und das hat mich aufrichtig empört,

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    daß dem Bundeskanzler als Sprecher dieser Bundesregierung — der Bundesregierung, die die ganzen Beziehungen zu den Vereinigten Staaten, zu den NATO-Partnern, zu allen geknüpft hat — hier im Bundestag öffentlich eine solche Frage gestellt wird, in der dieser Zweifel steckt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, jeder, der diese Dinge objektiv betrachtet und der die Entwicklung der vergangenen Jahre kennt — Herr Majonica hat eben darauf hingewiesen —, der wird mit mir fühlen.
    Meine Damen und Herren, Sie wissen, daß vor einigen Monaten zwischen der Administration der Vereinigten Staaten und uns eine gewisse Wolke vorhanden war. Aber es handelte sich dabei niemals darum, daß wir nicht bereit seien, das ganze Risiko auf uns zu nehmen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich möchte Ihnen hier sagen, daß ich bei meiner letzten Anwesenheit in den Vereinigten Staaten Herrn Präsidenten Kennedy das in einem Gespräch wörtlich erklärt habe.
    Meine Damen und Herren, was mich gestern wirklich entsetzt hat, als der Vorsitzende der Opposition, gerade — ich habe das eingangs gesagt —
    Herr Ollenhauer, den ich doch als einen Politiker kenne, der maßzuhalten versteht,

    (Lachen bei der SPD)

    glaubte eine solche Frage stellen zu müssen, — sehen Sie, meine Damen und Herren, das ist ja doch die Unterstützung des Denkens des Herrn Chruschtschow,

    (lebhafter Widerspruch bei der SPD — wiederholte Pfui-Rufe — Glocke des Präsidenten — Zuruf von der SPD: Das kann man doch nicht ernst nehmen!)

    von der Herr Wehner eben in anderem Zusammenhang gesprochen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn gerade Herr Wehner hat doch eben — sehr mit Recht, nach meiner Meinung — ausgeführt, daß die sowjetrussische Politik, insbesondere die Politik Chruschtschows, davon lebe, daß sie die Hoffnung habe, der Westen werde nicht einig sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Darum glaube ich, jede Partei in diesem Saale, gleichgültig ob sie der Regierungskoalition angehört oder ob sie der Opposition angehört, muß mit uns darin übereinstimmen, daß wir sehr vorsichtig sind in allem, was wir sagen,

    (lebhafte Zustimmung bei der SPD und Beifall bei der CDU/CSU)

    damit nicht der Russe, damit nicht Sowjetrußland weiter die von der Hoffnung getragene Politik treibt, daß der Westen schließlich nicht zusammenhalten werde.
    Meine Damen und Herren, Herr Kollege Wehner hat von so vielem gesprochen, daß man nicht auf alles eingehen kann. Ich beabsichtige es auch nicht zu tun, zumal der Bundesaußenminister zurück ist und auch noch sprechen wird.

    (Hört! Hört! bei der SPD. — Heiterkeit.)

    Aber eines möchte ich doch noch sagen. Ich habe es nicht für richtig gehalten, daß Herr Wehner von dem Gedanken eines deutsch-französischen Übergewichts gesprochen hat. Das ist auch eine Wendung, die nicht gut ist. Es gibt kein deutsch-französisches Übergewicht.

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Genau das hat er gesagt! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    - Bitte, lesen Sie genau nach, und dann werden Sie finden, verehrter Herr Präsident, daß man, wie bei der ganzen Rede Herrn Wehners, sowohl so als auch so daraus Schlüsse ziehen kann.

    (Große Heiterkeit und Beifall bei der CDU/ CSU. — Lachen und Zurufe von der SPD. — Unruhe.)

    Als Herr Kollege Wehner eben gesprochen hat, da habe ich mir gedacht: Gott sei Dank, daß du nicht Journalist bist und nun deiner Zeitung angeben mußt, was er gesagt hat.

    (Erneute Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Lachen und Zurufe von der SPD. — Abg. Wehner: Bei Ihnen ist das auch einfacher!)




    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    Ich komme noch einmal zurück auf das angebliche französisch-deutsche Übergewicht. Ich möchte Ihnen und allen Deutschen draußen und auch allen Nichtdeutschen draußen nur das eine sagen: Wie sähe es dann mit der Politik des freien Westens, wie sähe es mit der europäischen Politik aus, wenn der Gegensatz zwischen Frankreich und Deutschland weiterbestanden hätte?

    (Beifall bei den Regierungsparteien. —Abg. Matzner: Das ist doch eine Binsenwahrheit! - Weitere Zurufe von der SPD.).

    — Ich freue mich, daß Sie das bejahen.

    (Erneute Zurufe von der SPD. — Abg. Wehner: Das ist doch klar! Wir können Ihnen doch auch mal eine 'Freude machen!)

    Ich weiß, daß gerade Herr Kollege Carlo Schmid neulich in einer Rede sehr nachdrücklich 'denselben Gedanken ausgesprochen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Sicher! Mein ganzes Leben lang!)