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ID0402018200

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    Deutscher Bundestag 20. Sitzung Bonn, den 15. März 1962 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wehrsoldgesetzes (CDU/CSU, FDP) (Drucksache IV/248) — Erste Beratung — 699 B Fragestunde (Drucksache IV/239) Frage des Abg. Varelmann: Darlehen an Wirtschaftsbetriebe zur regionalen Wirtschaftsförderung Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 699 C, 700 A, B Varelmann (CDU/CSU) . . . . 700 A, B Fragen des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Sicherheitsvorkehrungen bei Banken und Sparkassen Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 700 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 700 D Frage des Abg. Ertl: Bodenvorratskäufe der Städte Dr. Westrick, Staatssekretär . . 700 D, 701 A, B, C, D Ertl (FDP) 701 A Dr. Brecht (SPD) 701 C Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 701 D Frage des Abg. Jacobi (Köln):: Energie-Enquete Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 701 D, 702 B Jakobi (Köln) (SPD) 702 A, B Fragen der Abg. Dröscher und Schultz: Verordnung der französischen Regierung betr. die Neupflanzung von Weinbergen zur Herstellung von „Cognac" Schwarz, Bundesminister . . . 702 B, C, D, 703 A Dröscher (SPD) ........702 D Schultz (FDP) .........703 A Frage des Abg. Dröscher: Lieferprämie für Roggen Schwarz, Bundesminister . . . . 703 B, D Dröscher (SPD) 703 D Frage des Abg. Ertl: Einfuhr von Getreide Schwarz, Bundesminister . . 704 A, B, C Ertl (FDP) 704 B Wächter (FDP) . . . . . . . 704 B II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1962 Frage des Abg. Dürr: Pflichtjahr für Mädchen Blank, Bundesminister 704 C, D Dürr (FDP) 704 D Frau Welter (Aachen) (CDU/CSU) 704 D Frage des Abg. Wittrock: Gleiche Lohnzahlung für Männer und Frauen gemäß Art. 119 des EWG-Vertrages Blank, Bundesminister . . 705 A, B, C, D, 306 A, B, C Wittrock (SPD) 705 A, C Frau Dr. Elsner (SPD) . . 705 D, 706 A Jahn (SPD) 706 B Büttner (SPD) 706 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 706 B Frage des Abg. Dröscher: Dauer der Verfahren bei den Sozialgerichten Blank, Bundesminister 706 C, D 707 A, B Dröscher (SPD) 706 D Fritsch (SPD) 707 A Frage des Abg. Jahn: Äußerung des Staatssekretärs Dr. Claussen über die Zahl der Beamten des Bundessozialgerichts Blank, Bundesminister . . . . . 707 B, C Jahn (SPD) 707 C Frage des Abg. Dr. Stoltenberg: Verbindungsstraße zwischen Schleswig und dem Truppenübungsplatz Langsee Hopf, Staatssekretär 707 D Frage des Abg. Dr. Stoltenberg: Schäden durch Benutzung von Gemeindewegen im Umkreis des Truppenübungsplatzes Langsee Hopf, Staatssekretär 708 A Frage des Abg. Dr. Stoltenberg: Zugang von der E 3 zum Truppenübungsplatz bei Idstedt Hopf, Staatssekretär 708 A Frage des Abg. Seuffert: Veteranen der Blauen Division als Gäste der Bundesmarine in Barcelona Hopf, Staatssekretär 708 B Frage des Abg. Schmidt (Würgendorf) : Einrichtung eines Verkehrsflughafens „Lipperhöhe" Hopf, Staatssekretär . . . 708 B, C, D Schmidt (Würgendorf) (SPD) . 708 C, D Frage des Abg. Wacher: Vorräte der Bundeswehr an Gerät und Material Hopf, Staatssekretär 708 D Frage des Abg. Dr. Mommer: Gehwege an Bundesstraßen im Nachbarortsverkehr Dr. Seiermann, Staatssekretär 709 A, C, D Dr. Mommer (SPD) 709 B Frage des Abg. Regling: Äußerung des Bundesverkehrsministers über die Hilfe für Kommunen Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 709 D, 710 A Regling (SPD) 709 D Frage des Abg. Schmidt (Würgendorf) : Verkehrsunfälle auf der Bundesstraße 54 Dr. Seiermann, Staatssekretär . . 710 B, C Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . . 710 C Frage des Abg. Müller (Nordenham) : Schilder an der B 212 und der B 69/211 Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 710 C, 711 A Müller (Nordenham) (SPD) . . . . 711 A Wächter (FDP) . . . . . . . . 311 B Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Tragung des Impfrisikos bei Schutzimpfungen Frau Dr. Schwarzhaupt, Bundesminister 711 C, D Frau Dr. Hubert (SPD) 711 C Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Entwicklung von Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik (Drucksache IV/154); verbunden mit Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1962 III Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Drucksache IV/158) und Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. kulturpolitische Aufgaben des Bundes (Drucksache IV/233) Dr. Martin (CDU/CSU) 712 A Lohmar (SPD) . . . . 715 D, 753 B Dr. Hellige (FDP) 721 D Höcherl, Bundesminister . 726 A, 754 B Dr. Süsterhenn (CDU/CSU) . . . . 737 B Dr. Frede (SPD) 740 D Frau Funcke (Hagen) (FDP) . . • 745 A Sänger (SPD) 749 A Frau D. Maxsein (CDU/CSU) . . 751 C Nächste Sitzung 755 C Anlagen 757 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1962 699 20. Sitzung Bonn, den 15. März 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Arendt (Wattenscheid) 15. 3. Dr. Arnold 16. 3. Dr. Atzenroth 23. 3. Dr. Dr. h. c. Baade 13. 4. Dr. Barzel 16. 3. Bergmann 15. 3. Berlin 23. 3. Dr. Birrenbach 16. 3. Fürst von Bismarck 15. 3. Brand 15. 3. Corterier 15. 3. Grainer 12.4. Dr. Danz 15. 3. Deringer 15. 3. Dr. Dichgans 15. 3. Drachsler 15. 3. Engelbrecht-Greve 15. 3. Dr. Eppler 16. 3. Dr. Furler 16. 3. Geiger 16. 3. Glombig 16. 3. Hahn (Bielefeld) 16. 3. Dr. Hesberg 6.4. Illerhaus 15.3. Iven (Düren) 15.3. Frau Jacobi (Marl) 16. 3. Killat 15. 3. Klein (Saarbrücken) 15. 3. Dr. Kohut 20.3. Kraus 16. 3. Dr. Kreyssig 15. 3. Krüger 31. 3. Kühn ,(Hildesheim) 16. 3. Leber 15. 3. Lenz (Bremerhaven) 16. 3. Lenz (Brühl) 15. 3. Lenze ,(Attendorn) 15. 3. Liehr (Berlin) 16. 3. Dr. Löbe 16. 3. Dr. Löhr 14.4. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 16. 3. Dr. Menzel 31. 3. Michels 15.3. Dr. Miessner 31. 3. Müller (Remscheid) 15. 3. Dr. Müller-Emmert 16. 3. Neumann (Allensbach) 16. 3. Oetzel 7. 4. Dr. h. c. Pferdmenges 23. 3. Dr. Philipp 15. 3. Pöhler 16. 3. Ramms 15. 3. Dr. Reinhard 16. 3. Reitzner 31. 3. Riedel (Frankfurt) 31. 3. Scheppmann 15. 3. Schlick 14. 4. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 3. Dr. Schneider 26. 3. Schütz 15. 3. Seifriz 16. 3. Dr. Sinn 16. 3. Stein 15. 3. Steinhoff 16. 3. Storch 15. 3. Stooß 15. 3. Striebeck 23. 3. Theis 15. 3. Verhoeven 16. 3. Walter 15. 3. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 23. 3. Weinkamm 16. 3. Wullenhaupt 16. 3. b) Urlaubsanträge Spitzmüller 15. 5. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Herrn Staatssekretärs Dr. Hettlage auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Riedel (Frankfurt) (Fragestunde der 19. Sitzung vom 14. März 1962, Drucksache IV/239, Frage V/1): Wie werden sich die Einnahmen aus der Grundsteuer in den nächsten Jahren unter dem Gesichtspunkt der auslaufenden Begünstigungen entwickeln? Die 10jährige Grundsteuerbefreiung für neue Wohnungen nach § 7 und § 92 des II. Wohnungsbaugesetzes hat im Jahre 1961 bei der Grundsteuer zu einer Minderung des Grundsteueraufkommens um etwa 420 Mio DM geführt. In dem. Grundsteueraufkommen des Jahres 1961 mit insgesamt 1720 Mio DM ist ein Teilbetrag von 30 Mio DM enthalten, der darauf zurückzuführen ist, daß die Grundsteuerbefreiung für Neubauten aus dem Jahre 1951 fortgefallen ist. In den kommenden Jahren ist mit einem weiteren Zuwachs des Grundsteueraufkommens wegen der ausgelaufenen 10-Jahresfrist urn jährlich etwa 35 Mio DM und ab 1965 um jährlich etwa 40 bis 45 Mio DM zu rechnen. Anlage 3 Umdruck 43 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Drucksache IV/158). 758 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 20. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 15. März 1962 Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. gemeinsam mit dem Berliner Senat und den Regierungen der anderen Länder in der Bundesrepublik dafür zu sorgen, daß Berlin eine der geistigen und kulturellen Metropolen der freien Welt bleibt, seine Aufgabe als Hauptstadt Deutschlands erfüllen und seine freiheitliche Lebensform bewahren und gestalten kann. Dazu ist notwendig der Ausbau aller Bildungseinrichtungen der Stadt von den allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen bis zu den Universitäten, Hochschulen, Forschungsinstituten und den Institutionen der Erwachsenenbildung. Die Städtischen Bühnen und andere künstlerische Einrichtungen Berlins müssen gefördert werden. Ein Zentrum für die pädagogische Forschung sollte in Berlin gegründet werden. Kulturelle Institutionen internationalen Charakters, vor allem neue Einrichtungen der UNESCO, können in Berlin eine Stätte für eine weltoffene Arbeit finden; 2. eine wirksame organisatorische und sachliche Koordinierung aller Maßnahmen zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung sicherzustellen, der Wissenschaftsförderung den ihr gebührenden institutionellen und politischen Rang im Rahmen der allgemeinen Staatspolitik zu geben und die Zusammenarbeit mit den Ländern und den Gremien der Wissenschaftler im Wissenschaftsrat, in der Deutschen Forschungsgemeinschaft und in der Max-Planck-Gesellschaft zu vertiefen; 3. unverzüglich ein Rahmengesetz über die Förderung der wissenschaftlichen Forschung nach Artikel 74 Nr. 13 GG vorzulegen; 4. Forschungsvorhaben, soweit sie sich dazu eignen, in enger Zusammenarbeit mit Institutionen der Universitäten und Hochschulen durchzuführen und dabei die Freiheit der Forschung zu wahren. Bonn, den 14. März 1962 Ollenhauer und Fraktion Anlage 4 Umdruck 44 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betreffend Entwicklung von Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik (Drucksache IV/154) und zur Großen Anfrage der Fraktion der FDP betreffend kulturpolitische Aufgaben des Bundes (Drucksache IV/233). Der Deutsche Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. ein Programm der Sozial- und Bildungshilfe für die Entwicklungsländer dem Bundestag vorzulegen; 2. in Beratung mit den Bundesländern, Universitäten und sonstigen beteiligten Institutionen ein sich auf mehrere Jahre erstreckendes Programm zu einer psychologisch angepaßten Unterbringung ausländischer Studenten, Praktikanten usw. auszuarbeiten und dem Bundestag vorzulegen; 3. in Zusammenarbeit mit den Bundesländern und anderen beteiligten Institutionen die soziale und berufliche Stellung desjenigen deutschen Personenkreises zu sichern, der im Rahmen der Entwicklungshilfe für längere Zeit im Ausland tätig ist; 4. geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine möglichst systematische Vorbereitung der für eine Tätigkeit in den Entwicklungsländern in Frage kommenden deutschen Personen auf deren Aufgaben sicherzustellen und dabei auch einen qualifizierten Nachwuchs heranzubilden; 5. in Zusammenarbeit mit den Bundesländern die Frage zu überprüfen, inwieweit es möglich ist, die wissenschaftliche Behandlung des Problems der Entwicklungsländer und der Entwicklungshilfe besser als bisher zu fundieren und zu koordinieren. Bonn, den 15. März 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Anlage 5 Umdruck 45 Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP zur Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betreffend Entwicklung von Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik (Drucksache IV/154) und zur Großen Anfrage der Fraktion der FDP betreffend kulturpolitische Aufgaben des Bundes (Drucksache IV/233). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. den Ausbau und die Errichtung wissenschaftlicher Einrichtungen mit internationalem Rang in Berlin zu unterstützen und Kultureinrichtungen internationaler Träger in Berlin zu fördern, 2. die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß jeder Studierende an deutschen Hochschulen die Möglichkeit erhält, wenigstens ein Semester an Berliner Hochschulen zu studieren. Bonn, den 15. März 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Dr. Bucher und Fraktion
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    Rede von Dr. Berthold Martin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Dringlichkeit der Anfrage an die Bundesregierung, die wir heute hier behandeln, kann ernstlich kein Zweifel bestehen. Die Öffentlichkeit wünscht eine Erklärung über die Leistungsfähigkeit des Bildungswesens und der wissenschaftlichen Einrichtungen in der Bundesrepublik.
    Kulturpolitik ist heute eng mit wirtschaftlichen, sozialen und außenpolitischen Fragen verbunden. Sie ist so sehr eine Frage des Eigenbewußtseins des modernen Staates, daß es wohl keinen entwickelten Staat in der gegenwärtigen Welt gibt, der 'darauf verzichtet, kulturpolitisch wirksam zu werden. Er kann auch nicht darauf verzichten, wenn er seine Existenz in dem weltweiten Kampf zwischen der freiheitlichen Gesellschaft und dem Kommunismus verteidigen will. Der Wettbewerb der Wissenschaften im großen internationalen Zusammenhang gewinnt um so mehr an Bedeutung, als die großen Armeen sich etwa gleichstark in lähmender Unbeweglichkeit gegenüberstehen, während sich die eigentliche Weltauseinandersetzung offenbar in einen Wettlauf der noch beweglich seienden Wissenschaftssysteme hinein verlagert. Ich habe keinen Zweifel darüber, daß dabei die freie, nicht dirigierte Wissenschaft — und nur sie ist Wissenschaft im eigentlichen Sinne des Wortes — den Sieg davontragen wird.
    Unsere Anfrage zielt nicht primär auf eine Klärung des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern ab, etwa im Sinne von Kompetenzerweiterungen des Bundes, Verminderung der Aufgaben der Länder oder ähnlichem. Wir sind nicht der Auffassung, daß der Bund im Bereich der Kulturpolitik eine Verfassungsänderung .anstreben sollte. Wir sind nicht der Meinung, daß der Bund in irgendeiner Weise versuchen sollte, in die Verwaltung der Länder einzugreifen. Wir sind nicht der Auffassung, daß eine starre Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern die Zusammenarbeit zwischen beiden, die sich im großen und ganzen glücklich entwickelt hat, fördern könnte. Im Gegenteil: die wachsende Interdependenz von Wissenschaft, Wirtschaft, Technik und Gesellschaftspolitik macht eher ein elastisches System der Zusammenarbeit notwendig, das in der Lage ist, neue, nicht nur über die Länder, sondern über die Bundesrepublik hinausgreifende Aufgaben, wie Atomforschung, Weltraumfahrt, Bildungshilfe und Kulturpolitik im Ausland, zu bewältigen.
    Wir sind aber der Auffassung, daß der Bund mehr und besser als bisher die Voraussetzungen einer Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern und zwischen der Bundesrepublik und den Partnern in der EWG, der WEU und der NATO auf seiner Seite klären muß. Der Bund muß seine Tätigkeit auf kulturpolitischem Gebiet intensivieren und mehr als bisher koordinieren; das heißt, er muß diese Tätigkeit wirksam zusammenfassen.
    Wenn man die Probleme allgemein formuliert, wie ich es bisher getan habe, kann man der Zustimmung gewiß sein. Sobald konkrete Lösungen angestrebt werden, beginnen die Differenzen.
    Die Opposition hat zuletzt am 8. und 9. März in München den Vorschlag gemacht, durch Ausbau ,der Kultusministerkonferenz die Kulturpolitik der Länder stärker als bisher zu koordinieren. Herr von Knoeringen, der Sprecher der SPD, hat gefordert, die Ständige Konferenz der Kultusminister in Richtung einer Behörde zu entwickeln. Auf nichts anderes läuft sein Vorschlag hinaus, mit dem Votum der Kultusminister auch die Landesregierung zur Einbringung eines Gesetzes zu verpflichten. Ohne Zweifel gibt es im Bundesstaat drei Rechtsquellen: das Bundesrecht, das Landesrecht und gemeinsames Recht aus Verträgen zwischen dem Bund und den einzelnen Ländern. Der Knoeringensche Vorschlag hat etwas anderes im Auge. Er will zentrale Länderinstanzen auf Bundesebene schaffen und leistet 'damit dem Föderalismus einen schlechten Dienst. Wenn wir die Eigenständigkeit der Länder in der Kulturverwaltung nachdrücklich anerkennen, dann würden wir unsere eigene Überzeugung aushöhlen, wenn wir eine Zentralisierung der Länder in einer eigenen Gemeinschaft auf Bundesebene, die in der Versfassung eben nicht vorgesehen ist, bejahen würden. Zu Recht hat sich bislang die Kultusministerkonferenz nicht als zentrale Behörde mit Weisungsbefugnis gegenüber den Landesregierungen verstanden, sondern als eine Stelle, die dem Austausch, dem Gespräch, der Dokumentation und der Abgleichung der kulturpolitischen Vorhaben diente.
    Es ist außerdem vorgeschlagen worden, zur Beratung der Kultusministerkonferenz einen aus 25 Persönlichkeiten des öffentlichen und kulturellen Lebens bestehenden Kulturrat einzurichten, der von den Ministerpräsidenten der Länder berufen werden soll. Dieser Lösungsvorschlag ist inspiriert von dem Erfolg des Wissenschaftsrates. Aber die Analogie versagt, weil sich außer dem Hochschulwesen kein Gebiet der Kulturpolitik so klar isolieren läßt und weil die Empfehlungen des Wissenschaftsrates auf eine Reform im eigentlichen Sinne des Wortes verzichteten und deshalb nicht Gefahr liefen, im Pluralismus der Bildungsinteressen zerrieben zu werden. Das ist in keiner Weise eine Kritik am Wissenschaftsrat; im Gegenteil, wir bejahen seine Meinung, daß der Kern der Unversitäten gesund ist und es sich nicht um eine Revolution, sondern um die Anpassung eines gültigen Prinzips handelt.
    Der Kulturrat würde nicht wie der Wissenschaftsrat nach unserer Meinung zur Umsetzung in politische Entscheidungen führen, sondern das Schicksal der Empfehlungen des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen erleiden. Wir versprechen uns nicht allzuviel von der Einrichtung eines deutschen Kulturrates, der außerhalb des parlamentarischen Systems ohne politische Kompetenz arbeiten müßte. Man sollte sich darüber klar sein, daß bei aller Vorsicht und Selbstbeschränkung, mit der der Staat der Kultur gegenübertreten sollte, eine erfolgreiche Kulturpolitik nur dann gewährleistet ist, wenn Parlament, Regierung und Verwal-



    Dr. Martin
    tung selbst kulturpolitisch leistungsfähig sind, wenn die Kulturpolitik im Rahmen der etablierten politischen Organisation unseres Bundesstaates geschieht.
    Wir sehen also keinen fruchtbaren Weg darin, daß die Länder selbst ihre kulturpolitische Tätigkeit auf Bundesebene zentralisieren, oder darin, daß man für alle wichtigen kulturpolitischen Fragen zentrale Instanzen schafft, die außerhalb des staatlichen Organismus stehen sollen. Umgekehrt aber lassen sich die Bedenken, die gegen eine Zusammenfassung und gegen eine straffere Organisation der Tätigkeit des Bundes bestehen, leicht zerstreuen. Eingriffe der Bundesverwaltung in die Schul- und Hochschulverwaltungen der Länder sind nicht nur verfassungsrechtlich unmöglich; sie widersprächen auch den eigentlichen kulturpolitischen Interessen des Bundes, die nicht darauf gerichtet sein können, legitime Aufgaben der Länder zu übernehmen, sondern die Aufgaben, die außerhalb der traditionellen Aufgaben der Länder liegen.
    Das betrifft zunächst die Wissenschaftsförderung, die der Bund in seinem Bereich zusammenfassen kann und muß und bei der gewisse zentrale Gesichtspunkte unvermeidlich sind. Das betrifft eine Reihe von Wissenschaftsgebieten, deren Förderung von den einzelnen Ländern nicht allein oder nicht weitgehend genug betrieben werden kann. Das betrifft die wachsende internationale Verflechtung auf diesem Gebiet, wenn wir etwa an die Aufgaben in der europäischen Integration und die Bildungsarbeit in der Entwicklungshilfe denken.
    Zu einem gewissen Teil können solche Aufgaben von wissenschaftlichen Institutionen wahrgenommen werden, und in jedem Fall wird gerade dabei die Zusammenarbeit mit den Ländern notwendig bleiben. Aber es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der Bund selbst mehr als bisher für diese Zwecke eine geschulte Beamtenschaft braucht, daß der Bundestag selbst sich mit diesen Fragen mehr als bisher beschäftigen muß, daß die Bundesregierung bei ihren politischen Entscheidungen diesen zum Teil unerhört wichtigen Fragen Rechnung tragen und entsprechend auf solche Entscheidungen vorbereitet werden muß.
    Die Länder selbst müssen an einer solchen Weiterentwicklung interessiert sein, weil es ihnen durch die Zusammenarbeit mit dem Bund ermöglicht wird, ihren kulturellen Beitrag in die außenpolitischen Bemühungen des Bundes einzubringen. Die politische Union, wie sie im Fouchet-Plan angestrebt wird, stellt uns schon in allernächster Zeit vor kulturpolitische Aufgaben von erheblichem Umfang.

    (Abg. Frau Geisendörfer: Sehr richtig!)

    In diesem Sinne und deshalb fragen wir die Bundesregierung nach den bisher getroffenen und für die Zukunft geplanten Maßnahmen, um die Entwicklung von Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik den nationalen und internationalen Erfordernissen anzupassen.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf eine geschichtliche Erfahrung der deutschen Kulturpolitik hinweisen. Seit der Gründung des Deutschen
    Reichs gibt es kaum eine große kulturpolitische Neuerung, die sich nicht aus ,dem Verhältnis Preußens zum Reich erklären ließe. Das gilt für die Gründung .der Wissenschaftlichen Reichsanstalten, das gilt für die Gründung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, für die Universitätsreform und überhaupt für die Hochschulreform und die Schulreform der Weimarer Republik. An Stelle dieser in mancher Hinsicht sicherlich auch unglücklichen Verbindung Preußens mit dem Reich müßte heute eine enge Verbindung zwischen Bund und Ländern treten. Diese Zusammenarbeit kann von .den Ländern nicht unter dem Gesichtspunkt der Abwehr, der Ängstlichkeit und des Mißtrauens betrachtet werden. Sie muß vielmehr von der Erkenntnis ausgehen, daß der Bund die Länder unterstützt, wie die Länder den Bund unterstützen.
    Von einem modernen Verständnis der Kulturpolitik her ist die Zeit vorbei, wo sie .der klassische Gegenstand des Konflikts zwischen Zentralismus und Föderalismus war. Vom modernen Verständnis der Kulturpolitik her ist auch die Zeit vorbei, wo sie ein klassischer Gegenstand ,des Konflikts zwischen Staat und Kirche, allgemein gesprochen: ein pluralistischer Konfliktsfall bleiben darf. Die großen Gruppen unserer Gesellschaft haben ihr Recht, an der Kulturpolitik mitzuwirken, längst erkämpft. Die notwendigen Kompromisse sind, jedenfalls für das Verständnis der CDU, stabilisiert. Die Reibungen, die heute noch bestehen, sollten allmählich verschwinden; denn die großen Aufgaben, die heute zu lösen sind, liegen nicht mehr im Bereich pluralistischer Kämpfe, im Gegenteil, sie erfordern die Zusammenarbeit aller Kräfte der Gesellschaft mit dem Staat. In bezug auf die Förderung der Wissenschaft und der Universitäten wird ,das niemand bestreiten. Es gilt aber auch für das Bildungswesen in seiner ganzen Breite.
    Dieses Bildungswesen ist im Zeichen der Demokratisierung, der Entwicklung zur Industriegesellschaft, der legitimen Autonomie der großen Gruppen der Allmacht des Staates längst entwachsen. Ich brauche hier nur auf die ausgedehnte Erwachsenenbildung, auf das Weiterbildungswesen in Wirtschaft und Gesellschaft, auf das Gebiet der Berufserziehung hinzuweisen. Der Staat kann nicht mehr das Recht beanspruchen, alle diese Einrichtungen des Bildungswesens seiner Exekutive zu unterwerfen. Aber gerade deshalb, weil unser Bildungswesen diese Ausdehnung gewonnen hat, ist es notwendig, daß der demokratische Staat sich dieses Bildungswesens bewußt ist, daß er einen systematischen Überblick darüber gewinnt, daß er weiß, welche Bedeutung diese vielfältigen Einrichtungen für sein inneres Leben, aber auch für seine auswärtigen Beziehungen haben. Gerade .die Erwachsenenbildung oder die Berufserziehung ,der Wirtschaft haben eindringliche Beispiele für die Bedeutung solcher Bildungseinrichtungen für unsere Entwicklungshilfe oder für die Mitarbeit in internationalen Organisationen gegeben. Der Staat — und zwar der Bund ebenso wie die Länder — muß diese Einrichtungen fördern, auch wenn sie beide verwaltungsmäßig nur begrenzt zuständig sind.



    Dr. Martin
    Die Bundesregierung selbst kann ihre Funktion nur ausüben, wenn sie eine verläßliche Übersicht über das Bildungswesen in seiner Gesamtheit hat. Die Methode ,der Bildungsstatistik, wie sie in unserem Lande geübt wird, erscheint mir nicht ausreichend. Es muß eine Stelle bei ,der Regierung geben, die die wirtschaftliche, soziale, rechtliche und internationale Entwicklung unter .dem Gesichtspunkt untersucht und beobachtet, welche Aufgaben kulturpolitischer Art zu lösen sind. Es ist heute möglich, mit erheblicher Exaktheit die Bedürfnisse eines Volkes weit vorauszuberechnen.
    Für Bund und Länder ist es in gleichem Maße wichtig, auf Grund von exakten Unterlagen vorausschauend zu denken. Man muß sich einmal klarmachen, daß ,die wirtschaftlichen und technischen Leistungen des Jahres 1990 bereits weitgehend festgelegt sind — durch das Maß von Bildung und Ausbildung, die unsere heutigen Bildungseinrichtungen zu geben vermögen. In diesem Sinne gilt der Satz: die großen Geschehnisse, die die Zukunft bestimmen, haben sich bereits vollzogen — unwiderruflich.
    Über .den Zusammenhang zwischen wirtschaftlichsozialem Fortschritt und Wissenschaft noch ein Wort! Das 20. Jahrhundert hat wirtschaftlich Fortschritte ohnegleichen gebracht. Sie sind möglich geworden, weil wir viel mehr Kenntnisse haben. Eine amerikanische Analyse erinnert daran, daß die rasche wirtschaftliche Erholung Deutschlands nach dem Kriege unmöglich gewesen wäre ohne ein Reservoir von Kenntnissen und Fertigkeiten. Ebenso ist für die Entwicklungsländer entscheidend, ob es
    gelingt, ihnen auf dem Wege der Bildungshilfe die Voraussetzungen für wirtschaftliches Wachstum zu liefern. Denn Kapitalhilfe ohne Bildungsbemühungen würde ins Leere gehen.
    Im Hinblick auf unser Bildungswesen möchte ich den Zusammenhang von Wissenschaft, Bildung, Ausbildung und wirtschaftlichem Wachstum noch einmal präzisieren, weil sich daraus die Frage an die Regierung deutlicher ergibt. Ich wähle dazu ein Beispiel: die Beispiele ließen sich beliebig vermehren.
    Cäcilie Quetsch hat in einer ihrer Arbeiten die zahlenmäßige Entwicklung des Hochschulbesuches in den letzten 50 Jahren, die Industrieproduktion je Einwohner und den Anteil der Studierenden in der Zeit von 1908 bis 1950 miteinander verglichen. Dabei ergab sich ein deutlicher paralleler Verlauf, der nur durch die beiden Weltkriege unterbrochen war. Zwischen wirtschaflichem Wachstum und Hochschulbesuch besteht eine Korrelation. So ergibt sich, wenn man den Anfang und das Ende der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts vergleicht, eine Verdreifachung des Einkommens je Kopf der Bevölkerung, aber auch eine Verdreifachung der Zahl der Studenten.
    Dabei handelt es sich nicht etwa um eine Entwicklung, die auf Deutschland beschränkt ist, sondern um eine Entwicklung, die allen Industriestaaten gemeinsam ist. In Deutschland hat man auf das rasche Anwachsen der Studentenzahlen einseitig vom Bildungsbegriff her und teilweise emotional reagiert. Es ist aber notwendig, nüchterne Konsequenzen aus dem Tatbestand zu ziehen; diese sind, daß mit dem weiteren Wachstum der Wirtschaft und damit des Einkommens pro Kopf der Bevölkerung die Studentenzahl etwa parallel wachsen wird.
    Gerade jetzt haben wir in Bestätigung dieser Analysen den Bericht einer Washingtoner Konferenz aus dem Oktober 1961 bekommen, der sich mit dieser Frage beschäftigt. Dort findet sich eine Analyse von Edding, der für das Jahr 1980 eine Studentenzahl von etwa 350 000 in der Bundesrepublik für höchstwahrscheinlich hält. Das bedeutet, daß nicht drei bis vier Universitäten und etwa sieben medizinische Akademien und eine Technische Hochschule notwendig sind, wie die Empfehlungen des Wissenschaftsrates besagen, sondern weitaus mehr.
    Ist die Bundesregierung sich dieser Tatsache bewußt, und wie gedenkt sie finanziell und administrativ damit fertig zu werden? Denkt die Regierung daran, in Ausschöpfung des Art. 74 Nr. 13 des Grundgesetzes ein Gesetz zur Förderung der Forschung zu erlassen? Mit einem solchen Gesetz wäre es möglich, ,die Zusammenarbeit mit den Ländern und Wissenschaftsorganisationen auf Dauer anzulegen. Die Wissenschaftsförderung des Bundes muß ein ständiger Bestandteil der gesamten Kulturpolitik sein, wobei sorgfältig darauf zu achten ist, daß die vorhandenen Institutionen nicht angetastet werden. Der Wissenschaftsrat, die Max-Planck-Gesellschaft, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Studienförderung dürfen nicht immer wieder neu diskutiert werden. Sie bezeichnen markante Fortschritte der deutschen Kulturpolitik und sind das Ergebnis einer unvoreingenommenen Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern.
    Denkbar ist bei der Formulierung eines Bundesgesetzes über die Forschungsförderung auch die Festlegung einer Berichtspflicht der Bundesregierung für jedes Jahr, um auch dem Bundestag Gelegenheit zu geben, den Fortgang der Wissenschaftsförderung zu beobachten rund die Wissenschaftsförderung selbst und die Sorge um die Wissenschaftsförderung zu einem festen Bestandteil des öffentlichen Bewußtseins zu machen. Die Fassung eines solchen Gesetzes könnte ,der Anlaß sein, die Zuständigkeiten weiter zu präzisieren: für welche Materien der Bund und für welche die Länder zuständig sind.
    Die Rolle, die die Kulturpolitik in den auswärtigen Beziehungen spielt, macht die Frage ,der nationalen Repräsentation dringend. Es ist notwendig, daß sich Innenminister, Außenminister und die Kultusminister der Länder eine Form schaffen, die dem legitimen Bedürfnis nach Darstellung des Ganzen Rechnung trägt und die Bundesrepublik für den kulturellen Bereich noch besser kontaktfähig mit anderen Staaten macht.
    Schließlich muß gefragt werden, welche Möglichkeiten die Bundesregierung sieht, um die verwaltungsmäßigen und personellen Voraussetzungen für eine wirksame Kulturpolitik zu schaffen. Kulturpolitik hängt in stärkstem Maße vom Rang der Kulturverwaltung ab. Die Leistungen der deutschen Kulturpolitik im 19. Jahrhundert beruhten auf einem außerordentlichen Leistungsgrad der mit Kulturfra-



    Dr. Martin
    gen befaßten Beamten, die, administrativ sicher, zugleich die Fähigkeit besaßen, den geistigen Dingen ihre politisch wirksame Form zu geben.
    Nehmen wir einmal an, es gelänge, die Leistungsfähigkeit von Wissenschaft und Forschung so zu steigern, wie es angesichts der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung notwendig erscheint: Hätte die Kulturpolitik dann ihre Aufgabe erfüllt oder würde sich nicht vielmehr dann mit unausweichlicher Dringlichkeit die Frage melden, die sich schon Sokrates angesichts der technischen Möglichkeiten seiner Zeit gestellt hat? Er fragte: Zu was dient die Schiffsbaukunst, wenn man nicht navigieren kann? Zu was dient ,die Nautik, wenn man nicht weiß, wohin man fahren soll? Zu was dient die Geographie, wenn man nicht weiß, was man am anderen Ende der Erde — oder um für uns fortzufahren: am Ende unseres Sonnensystems — tun soll?
    Deshalb hat unsere Anfrage auch einen anderen, einen fundamentalen Grund. Wir nennen uns mit vollem Bewußtsein eine christliche Partei. Eine solche Partei kann nicht anders, als sich durch klare kulturpolitische Auffassungen, durch eine starke Konzentration auf dem Gebiet der Kulturpolitik zu legitimieren. Sie müssen zugestehen, daß Bund und Länder in ,den Jahren des Wiederaufbaus diese Frage haben zurücktreten lassen müssen. Jetzt aber ist es Zeit dazu, und ich stehe nicht an zu sagen: es ist höchste Zeit. Denn es geht nicht nur um die Förderung von Technologie und Naturwissenschaft, nicht nur um den materiellen Wettlauf mit dem sowjetischen System und darum, unsere Wettbewerbsfähigkeit in der gesamten Welt zu halten. Es geht nicht nur um die Verzahnung von Forschung, Wirtschaft, sozialem Leben, es geht darum, ob die Bundesrepublik die geistigen Prinzipien, denen Staat und Gesellschaft letztlich folgen müssen, in der Kulturpolitik zum Ausdruck bringen kann.
    Jahrzehntelang war diese Frage deshalb so schwer zu beantworten, weil die Kulturpolitik sich nur mühsam aus dem Schatten des Kulturkampfes lösen konnte. Wenn in der CDU ein alter Gegensatz auf dem Gebiet der Kulturpolitik durch ein neues Prinzip der Einheit überwunden worden ist, so heißt das zugleich, daß ,die CDU die Aufgabe hat, diese politische Einsicht auf diesem Gebiet auch zu verwirklichen. Das berührt nicht die Eigenständigkeit der Konfessionen und ihre spezifischen Öffentlichkeitsansprüche.
    Die CDU muß ihre Kulturpolitik auf das Bildungswesen in seiner Gesamtheit richten, wenn sie christliche Prinzipien darin zum Ausdruck bringen will. Kulturpolitik darf nicht dazu führen, daß mit der Förderung der Technologie und der pragmatischen Wissenschaft der Mensch immer mehr zum Objekt ihrer Ergebnisse, ihrer Vorteile und ihrer Nachteile wird, sondern sich in die Lage versetzen kann, diese Welt als Mensch — und zwar im christlichen Verständnis des Menschen — zu beherrschen. Das ist eine außerordentlich schwierige Aufgabe, wenn wir an die Macht des technischen Erlebnisses, an die Wissenschaftsgläubigkeit, an die überwältigenden Ergebnisse der modernen Naturwissenschaft denken.
    Konkret heißt das, daß wir darauf achten müssen, die Geistenswissenschaften mit derselben Intensität zu fördern wie Naturwissenschaft und Technologie, daß wir Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen wissenschaftlichen Sachbereichen schaffen müssen, daß die materiellen Bedingungen so sind, daß nicht die Begabungen in Qualität und Quantität auf das Gebiet abwandern, das die meisten Erfolge nach außen hin abwirft. Glauben wir nicht, das seien lediglich Prinzipienfragen. Sie betreffen ganz konkret den Aufbau der Ingenieurschulen, der neu zu errichtenden höheren Wirtschaftsfachschulen, sie betreffen den Unterricht in den Berufsschulen ebenso wie das Studium an der Universität. Es ist leicht, zu sagen, daß das eine Aufgabe ist, die unsere Gesellschaft als Ganzes betrifft, nicht eine Kompetenz darstellt, über die sich Bund und Länder streiten können.
    Ich komme zum Schluß der Begründung unserer Großen Anfrage. Unsere heutige Analyse der Situation zeigt zwingend, wie ich meine, daß wir zu folgenden Feststellungen kommen müssen. Erstens: Regierung und Parlament müssen sich in stärkerer Weise als bisher der lebensnotwendigen Bedeutung der kulturpolitischen Fragen bewußt werden und daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen. Zweitens: Zu den vordringlichen Konsequenzen in dieser Hinsicht gehört eine klare Organisationsvorstellung, die dem Bund ein solides rechtliches Fundament für seine Maßnahmen gibt, die ihm die Koordinierung im Bundesbereich ermöglicht und klare Verhältnisse zwischen Bund und Ländern schafft. Drittens: Personalbestand und finanzielle Mittel müssen für diese Aufgaben beim Bund in ausreichender Weise und auf die Dauer bereitgehalten werden. Viertens: Erforderlich ist die Bereitstellung von ausreichenden Unterlagen beim Bund, die eine vorausschauende verantwortliche Planung ermöglichen. Zu dieser Materie, insbesondere zur Entwicklungshilfe, werden wir im einzelnen Resolutionen vorlegen. Die CDU/CSU-Fraktion erwartet, daß die Antwort der Regierung auf ihre Anfrage darüber Aufschluß bringt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Lohmar.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ulrich Lohmar


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat an den Anfang ihrer Großen Anfrage die Frage gestellt, was die Bundesregierung zu tun bereit ist, um Berlin, unsere Hauptstadt, zu einem kulturellen und wissenschaftlichen Zentrum auszubauen. Ich hatte gehofft, daß die sehr vage Formulierung der Großen Anfrage der Christlich-Demokratischen und der Christlich-Sozialen Union genügend Raum lassen würde, um in die Begründung dieser Anfrage wenigstens einen Satz auch über die Frage Berlin einzufügen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Es tut mir leid, daß das nicht geschehen ist.
    Unmittelbar nach dem 13. August, der einen Zustand, welcher sich in Berlin seit langem abgezeichnet hatte, stärker noch als vorher in das Bewußtsein



    Lohmar
    von uns allen rückte, hat der Regierende Bürgermeister dieser Stadt die Anregung zur Diskussion gestellt, Berlin zu einem kulturellen und wissenschaftlichen Zentrum auszugestalten. Wir möchten dem Herrn Bundesinnenminister, der heute die Vertretung der Regierung übernommen hat, Gelegenheit geben, dazu seine Auffassungen darzulegen. Er hat uns von sich aus zu einer ganzen Reihe anderer politischer Fragen seine Auffassungen wissen lassen, beispielsweise zum Fortgang der Beratungen über die Notstandsgesetzgebung. Aber, Herr Minister, auch bei der Frage des Ausbaues Berlins zu einem Zentrum der Kultur und der Wissenschaft handelt es sich um einen „Notstand" in einem spezifischen Sinne. Es wäre nützlich und gut, wenn Sie dieser Frage die gleiche Aufmerksamkeit zuteil werden ließen wie anderen Projekten, die Sie mit Vorrang behandeln.

    (Abg. Dr. Heck: Was sollen denn diese spitzfindigen Bemerkungen?)

    Bund und Länder werden in der Hilfe für Berlin gemeinsam ans Werk gehen müssen. Ich darf Ihnen einige Gedanken vortragen, die hinsichtlich des Zusammenwirkens von Bund und Ländern bei der Berlin-Hilfe in den Gesprächen über die konkrete Form einer solchen Hilfe in den nächsten Wochen und Monaten zu beachten sein werden. Es heißt in einer nichtoffiziellen Berliner Denkschrift dazu, das Prinzip des Kulturföderalismus sei zu bejahen, auch in dieser Zusammenarbeit; aber der Grundgedanke des Föderalismus sei in erster Linie gewesen, daß die Länder die Möglichkeit haben sollen, ihre aus der Tradition fortenwickelte kulturelle Eigenart zu pflegen und zu fördern. In der Tat, heißt es weiter, verdanke Deutschland seinen großen Reichtum im Gebiet des Künstlerischen mit der Vielfalt bedeutender Theater- und Opernensembles, Orchestern, Museen usw. der auf diesem Prinzip gegründeten kulturellen Pflege des Künstlerischen in jedem Lande, eine Buntheit, die in anderen Ländern Westeuropas kaum ihresgleichen finde.
    Was aber, so wird gefragt, heißt das für Berlin? Die kulturelle Eigenart dieser Stadt ist nicht im isolierten und auf sich gestellten Stadtstaat zu verwirklichen und weiterzuentwickeln. Deshalb geht es darum, wie Berlin die kulturellen Aufgaben, die ihm von seiner Geschichte gestellt sind, erfüllen kann, wie es die kulturellen Möglichkeiten einer Metropole bewahren und weiter gestalten kann. Damit wird Berlin zwangsläufig stärker in die Zusammenarbeit mit dem Bund einbezogen, als das im Verhältnis des Bundes zu den übrigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland der Fall sein mag. Diese Betrachtungsweise führt zu der Erkenntnis, daß es nicht damit getan ist, in irgendeiner Form Bundesmittel nach Berlin fließen zu lassen auch zur Stärkung seiner kulturellen Einrichtungen, sondern daß darüber hinaus Berlins kulturelle Bedeutung für ganz Deutschland der Institutionalisierung bedarf.
    Ich freue mich darüber, daß nicht nur der Bundestag heute diese Probleme behandelt, sondern daß sich auch einige Länder — so Baden-Württemberg - bereits mit den Möglichkeiten einer Zusammenarbeit in dieser Frage befaßt haben und dabei zu
    interessanten und sicherlich begrüßenswerten Anregungen gekommen sind.
    Es handelt sich bei der Hilfe für Berlin in seinen kulturellen Möglichkeiten zunächst darum, Institutionen wie etwa die Freie Universität, die Technische Universität, die Pädagogische Hochschule, die Hochschule für bildende Künste, die Hochschule für Musik, das Hahn-Meitner-Institut für Kernforschung, die Versuchsanstalt für Wasserbau und Schiffbau, die Deutsche Oper, das Schiller-Theater, das Schloßpark-Theater, die Galerie des Zwanzigsten Jahrhunderts, das Charlottenburger Schloß, das Berliner Philharmonische Orchester und das RadioSinfonie-Orchester Berlin zu fördern — um nur einige Beispiele dafür zu nennen. Man wird weiter überlegen müssen, ob nicht das in Aussicht stehende Zentrum für die pädagogische Forschung nach Berlin verlegt werden kann; es würde dort eine gute Stätte für seine Tätigkeit finden können.
    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion hat auch einen Vorschlag aufgenommen, der aus Kreisen des Berliner Senats kommt und der anregt, daß neue Institutionen im Rahmen der UNESCO in Berlin angesiedelt werden, und ihnen dort Raum für eine weltoffene Arbeit zu geben.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf das verweisen, was in der publizistischen Erörterung etwa von Eugen Kogon in der Zeitschrift „Atomzeitalter" oder von Robert Jungk vor der Evangelischen Akademie in Berlin zu diesem Thema gesagt worden ist. Ich wäre froh, wenn wir bei dieser Debatte darüber einig sein könnten, daß es sich bei dem Ausbau Berlins zu einem wissenschaftlichen und kulturellen Zentrum nicht um das handeln kann, was die Berliner eine „Zitterprämie" nennen,

    (Zustimmung bei der SPD)

    also nicht um eine neue Form des Notopfers, sondern daß es sich handeln muß um eine großzügige Kooperation zwischen Bund, Berlin und den übrigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland zusammen mit unseren politischen Freunden in der Welt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, man soll Begründungen von Großen Anfragen nicht über Gebühr ausdehnen. Ich bitte Sie um Verständnis, wenn ich mich jetzt auf den Punkt 2 unserer Großen Anfrage konzentriere. Er betrifft die Koordinierung der Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Ich darf Ihnen in Erinnerung rufen, daß wir im letzten Haushalt für Aufgaben der Wissenschaft und Forschung beim Auswärtigen Amt 30 Millionen DM, beim Bundesministerium des Innern 360 Millionen DM, beim Bundeswirtschaftsministerium 52 Millionen DM, beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 47 Millionen DM, beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 1 Million DM, beim Bundesverkehrsministerium 30 Millionen DM, beim Bundesverteidigungsministerium 300 Millionen DM, beim Bundesschatzministerium 7,5 Millionen DM, beim Bundesministerium für Familien und Jugendfragen 16 Millionen DM und beim Bundesministerium für Atomkernenergie 160 Millionen DM gehabt haben.



    Lohmar
    Man ersieht daraus zweierlei: Erstens, welchen Umfang die Förderung der wissenschaftlichen Forschung im Rahmen der Tätigkeit der einzelnen Bundesressorts — Gott sei Dank — gewonnen hat; zweitens aber, daß diese Arbeit offensichtlich nach wie vor durch ein mehr oder minder beziehungsloses Nebeneinander gekennzeichnet ist.
    Nun hat der Herr Bundesinnenminister in einem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung" am 13. Februar dieses Jahres gemeint, daß der Sachverstand auch in der Förderung der wissenschaftlichen Forschung wohl am ehesten bei den Fachressorts der Bundesregierung zu vermuten sei. Herr Minister, ich teile diese optimistische Einschätzung nicht und möchte mich bei dieser Ansicht etwa auf eine Stellungnahme des Gesprächskreises „Wissenschaft und Wirtschaft" beziehen. Es heißt darin — ich darf mit der freundlichen Genehmigung des Herrn Präsidenten einige Sätze zitieren —:
    Bei vielen dieser staatlichen Forschungsinstitute hat jedoch die Entwicklung zwangsläufig die Übernahme staatlicher Verwaltungs- und Überwachungsaufgaben mit sich gebracht, so daß ihre Tätigkeit sich nicht selten zum Nachteil eigentlicher Forschung weitgehend in wissenschaftlicher Routinearbeit erschöpfen muß. Daraus resultierend wird heute in den Haushaltsplänen staatlicher Forschungspflege und -förderung viel zu hoch zugeschrieben, was rein staatliche Verwaltungspflichten finanzieren muß und damit die eigentlich der Forschung zugedachten Mittel mindert.
    Herr Bundesminister, in der Stellungnahme des Bundesrechnungshofes aus dem vergangenen Jahr — Drucksache 2751 — können Sie einen ähnlichen Hinweis finden. Es heißt dort:
    Der Bundesrechnungshof hat daher dem Bundesminister des Innern vorgeschlagen, die Mittel für Zuwendungen im Haushaltsplan nach einer neuen, vom Gegenstand ausgehenden Ordnung anzufordern. Dies würde auch einen zuverlässigen Gesamtüberblick vermitteln.
    Die Neuordnung soll auch ermöglichen, in den Fällen, in denen verschiedene Einrichtungen unter der Zuständigkeit mehrerer Ressorts verwandte Gebiete bearbeiten, Schwerpunkte zu bilden und so einer Aufsplitterung der Mittel entgegenzuwirken. Insbesondere könnten Bewilligungen mehrerer Ressorts für einen und denselben Zweck leichter vermieden werden.
    Der Bundesminister hat der Anregung des Bundesrechnungshofes grundsätzlich zugestimmt und mit Vorarbeiten für eine Neuordnung begonnen; sie kann frühestens im Haushaltsplan 1962 verwirklicht werden.
    Nun, meine Damen und Herren, wir haben weder vom Stand der Vorarbeiten noch von etwaigen Verwirklichungen im Rahmen des Haushaltsplanes in diesem Jahr etwas gemerkt. Vielleicht ist der Minister so liebenswürdig, uns zu sagen, ob, wann und in welcher Weise er diese Anregungen des Bundesrechnungshofes aufgreifen will. Wir haben einen bescheidenen Anfang in dieser Richtung insofern zu
    verzeichnen, als die Federführung in Fragen der Weltraumforschung, der Raumfahrtforschung und der Raumfahrttechnik auf den Bundesatomminister übergegangen ist, ein erster Schritt in der von uns skizzierten und gewünschten Richtung. Vielleicht lassen sich diesem Schritt weitere anschließen.
    Erlauben Sie mir nun, ein paar Bemerkungen zu einigen Gedanken zu machen, .die in der Begründung der Großen Anfrage der CDU/CSU .der Kollege Dr. Martin geäußert hat. Zunächst die Frage: Wie kann man zu einer wirksameren Repräsentanz der Wissenschaftspolitik im Rahmen der allgemeinen Staatspolitik kommen? Es tut mir leid, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, in Ihre Erinnerung zurückrufen zu müssen, wie denn in den letzten Monaten .der Gang der Diskussion zu dieser Frage gewesen ist. Sie haben im Herbst eine Bundesregierung gebildet, bei der es manche überflüssige Ministerien verstanden haben, ihre weitere Existenz zu sichern.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Beispiele! — Welches ist denn überflüssig, Herr Lohmar?)

    — Aber ich bitte Sie, wir sprechen doch jetzt über Kulturpolitik.

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Nun gut, wir können gleich eines nennen: das Bundesratsministerium. Glauben Sie im Ernst, daß das noch eine Funktion hat?

    (Beifall bei der SPD.)

    Andere Ministerien, meine Damen und Herren,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Welche?)

    sind aus rein koalitionspolitischen Gründen hinzuaddiert worden. Es hat acht Tage nach der Bundestagswahl eine Diskussion in der deutschen Presse gegeben, ob man denn nicht erwägen könnte, auch ein Ministerium zur Förderung von Wissenschaft und Forschung einzurichten. Aber das paßte nicht in die Koalitionsüberlegungen. Man konnte sich dazu offenbar nicht entschließen, wahrscheinlich, weil ein reiner Parteimann in ein solches Ministerium nicht recht hineingepaßt hätte.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, es gibt auch dazu Anregungen. So hat z. B. der Stifterverband vorgeschlagen, man möge doch wenigstens ein Staatssekretariat für diese Aufgaben schaffen. Die Bundesregierung hat sich seit ihrer Bildung zu all diesen Anregungen nicht geäußert, aber sie vergießt hier Krokodilstränen über die mangelnde Zusammenarbeit.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das, meine Damen und Herren, verstehe ich nicht. Wie ist es denn dazu gekommen? Doch dadurch, daß wir durch Ihr Bestreben, ein Regierungsfernsehen auf die Beine zu stellen, das Fernsehurteil bekamen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sonst wären wir nie in diese schwierige Situation hineingekommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da haben Sie den ältesten „Türken" ausgegraben!)




    Lohmar
    — Aber ich bitte Sie, Herr Heck ist doch federführend gewesen. Er weiß doch, welches Herzblut die CDU im letzten Bundestag an dieses Projekt verspritzt hat.

    (Erneuter Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Nun, als das Urteil vorlag, war die Situation zwischen Bund und Ländern komplizierter geworden.
    Meine Damen und Herren, die Fraktion der FDP war so freundlich, uns in ihrer Großen Anfrage daran zu erinnern, daß der Bundestag mit Beschluß vom 1. Juli 1960 die Bundesregierung einstimmig beauftragt hatte, zu dem heute von Dr. Martin geforderten Übereinkommen mit den Ländern zu gelangen. Ich frage mich: Warum hat die Bundesregierung in dem Jahr, in dem die dritte Bundesregierung noch amtierte, nicht mehr getan, um hier zu einem brauchbaren Ergebnis zu kommen? Wo liegt die Verantwortung dafür, daß der Bundestag nicht einmal eine Ubersicht über den Stand der Verhandlungen bekommen hat? Ich bin froh, daß die Freien Demokraten diese Frage im Rahmen dieser Debatte noch einmal zur Diskussion gestellt haben.
    Herr Dr. Martin, Sie haben gegen die Ergebnisse der Länderkonferenz der Sozialdemokraten in München polemisiert. Ich habe zunächst mit Interesse zur Kenntnis genommen, daß Sie uns zwar gesagt haben, was Sie an diesen in München gemachten Vorschlägen für falsch halten. Sie haben aber nicht gesagt, wie Sie es anders und besser machen wollen. Darüber können wir vielleicht noch sprechen.
    Ich möchte nur eins zurechtrücken: Es ging der „Opposition" — wie sie von Herrn Martin etwas vereinfachend dargestellt worden ist; in München waren immerhin auch Senatoren und Minister sozialdemokratisch geführter Landesregierungen anwesend, die man nicht so ohne weiteres unter den Begriff „Opposition" subsumieren kann; das nur nebenbei —

    (Zurufe von der Mitte)

    nicht um den Aufbau einer dritten Instanz zwischen Bund und Ländern, sondern uns geht es darum, die Zusammenarbeit der Länder in der Kulturpolitik möglichst wirksam zu gestalten, die Länder institutionell zu veranlassen, ihre Zusammenarbeit enger zu gestalten, als es bisher der Fall war.
    Man kann darüber streiten, meine Damen und Herren, ob man mit einer Handbewegung eine Institution wie den Deutschen Ausschuß für das Erziehungs- und Bildungswesen, der auf Beschluß dieses Hohen Hauses ins Leben gerufen worden ist, als Beispiel dafür anführen kann, .daß ein von uns angeregter Kulturrat von vornherein aussichtslos und nicht förderlich sei. Ich möchte mich gegen eine solche vereinfachte Darstellung wenden, aber vielleicht kann der Herr Kollege Stoltenberg mit der Zwischenfrage, die er stellen will, zur Klärung der Sache beitragen.