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ID0401703800

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    Deutscher Bundestag 17. Sitzung Bonn, den 23. Februar 1962 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 577 A Fragestunde (Drucksache IV/ 199) Frage des Abg. Hörmann (Freiburg) : Wirtschaftliche Lage des Landkreises Freiburg Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 577 B Hörmann (Freiburg) (SPD) . . . 577 D Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses über die Streitsache vor dem Bundesverfassungsgericht: Antrag der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen auf Feststellung der Nichtigkeit des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 (Drucksache IV/ 214) 578 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 25. November 1959 über den Beitritt Griechenlands, Norwegens und Schwedens zu dem Übereinkommen vom 17. April 1950 über Gastarbeitnehmer (Drucksache IV/ 109); Schriftlicher _Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache IV/ 190) — Zweite und dritte Beratung — 578 B Entwurf eines Gesetzes über die in Nizza am 15. Juni 1957 unterzeichnete Fassung des Madrider Abkommens vom 14. April 1891 über die internationale Registrierung von Fabrik- oder Handelsmarken (Drucksache IV/ 101); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache IV/ 193) — Zweite und dritte Beratung — 578 C Entwurf eines Gesetzes über die im Haag am 28. November 1960 unterzeichnete Fassung des Haager Abkommens vom 6. November 1925 über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle (Drucksache IV/ 102); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache IV/ 198) — Zweite und dritte Beratung — 578 D Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Sechzehnten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1961 (Zollkontingente für Zeitungsdruckpapier und Eisen- und Stahlpulver aus Nicht-EWG-Ländern) (Drucksachen IV/ 186, IV/ 195) . . 579 A Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betr. Behandlung von Rechtsverordnungen gemäß § 21 Abs. 6 und § 77 Abs. 5 des Zollgesetzes sowie gemäß § 27 Abs. 2 des Außenwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/ 189, IV/ 196) 579 B Mündlicher Bericht des Außenhandelsausschusses über den Entwurf einer Zehnten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1962 (nicht liberalisierte Waren der Agrarwirtschaft) (Drucksachen IV/ 130, IV/ 205) Bading (SPD) 579 C II Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Februar 1962 Entwurf eines Aktiengesetzes sowie Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Aktiengesetz (Drucksache IV/ 171) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Publizität von Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Konzernen (SPD) (Drucksache IV/ 203) — Erste Beratung — und dem Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Minderheiten in Kapitalgesellschaften (SPD) (Drucksache 1V/204) — Erste Beratung — Dr. Stammberger, Bundesminister . 580 A Dr. Deist (SPD) 584 B Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) . . . . 594 D Dr. Atzenroth (FDP) 598 D Dr. Mommer (SPD) 601 C Entwurf eines Bundesurlaubsgesetzes (CDU/CSU) (Drucksache IV/ 207) — Erste Beratung — Scheppmann (CDU/CSU) 601 D Behrendt (SPD) . . . . . . . 602 D Dürr (FDP) 604 C Brand (Remscheid) (CDU/CSU) . 605 D Nächste Sitzung 606 C Anlagen 607 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Februar 1962 577 17. Sitzung Bonn, den 23. Februar 1962 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Aigner* 23.2. Altmaier 23. 2. Dr. Aschoff* 23. 2. Bazille 23. 2. Berlin 23.2. Birkelbach* 23. 2. Frau Blohm 23. 2. Dr. Brecht 23. 2. Brünen 5. 3 Dr. Bucerius 23. 2. Dr. Burgbacher* 23. 2. Corterier 23. 2. Cramer 23. 2. Dr. Dahlgrün 6. 3. Dr. Deist* 23. 2. Deringer* 23. 2. Dr. Dichgans* 23. 2. Dr. Dittrich 23.2. Drachsler 23. 2. Eisenmann 23. 2. Frau Dr. Elsner* 23.2. Engelbrecht-Greve* 23. 2. Etzel 23.2. Faller* 23. 2. Dr. Dr. h. c. Friedensburg* 23. 2. Dr. Furler* 23. 2. Gedat 23.2. Gehring 23. 2. Gerns 23 .2. D. Dr. Gerstenmaier 28.2. Glombig 14.3. Goldhagen 23.2. Dr. Gradl 23. 2. Haage (München) 23.2. Hahn (Bielefeld)* 23.2. Dr. Heck 23.2. Hirsch 23. 2. Horn 23. 2. Illerhaus* 23.2. Jaksch 23. 2. Kalbitzer* 23. 2. Frau Kalinke 23. 2. Frau Dr. Kiep-Altenloh 23.2. Dr. Kohut 23. 2. Dr. Kreyssig* 23. 2. Kriedemann* 23. 2. Kuntscher 23. 2. Leber 23. 2. Lenz (Brühl)* , 23.2. Lücker (München)* 23.2. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 23. 2. Margulies* 23. 2. Mattick 23.2. Mauk* 23. 2. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) 23. 2. Dr. Menzel 31. 3. Metzger* 23. 2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Michels* 23. 2. Müller (Nordenham) 23. 2. Müller (Remscheid) 27.2. Müller-Hermann* 23. 2. Neubauer 23. 2. Oetzel 7. 4. Ollenhauer 23. 2. Dr.-Ing. Philipp* 23.2. Frau Dr. Probst* 23. 2. Rademacher* 23.2. Reitzner 28. 2. Richarts* 23. 2. Dr. Rieger 10.3. Rollmann 23. 2. Ruland 23. 2. Sänger 23. 2. Schmücker 23. 2. Dr. Schneider 10. 3. Schoettle 23. 2. Seifriz* 23. 2. Seuffert 23. 2. Soetebier 23. 2. Stein 23. 2. Stooß 23. 2. Storch* 23.2. Striebeck 23. 2. Frau Strobel* 23.2. Dr. Tamblé 23. 2. Theis 7. 3. Tobaben 23. 2. Wächter 23. 2. Wehner 23. 2. Weinkamm* 23. 2. Wischnewski* 23. 2. Wullenhaupt 23. 2. Zoglmann 27. 2. Anlage 2 Umdruck 35 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP zur Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung (1. Ausschuß) - Geschäftsordnungsangelegenheiten - über den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP betreffend Behandlung von Rechtsverordnungen gemäß § 21 Abs. 6 und § 77 Abs. 5 des Zollgesetzes sowie gemäß j 27 Abs. 2 des Außenwirtschaftsgesetzes (Drucksachen IV/ 189, IV/ 196). Der Bundestag wolle beschließen: Im Ausschußantrag werden die beiden letzten Sätze gestrichen und durch folgenden Text ersetzt: „Eine Abstimmung findet nur statt, wenn der Ausschuß empfiehlt, von dem Recht des Bundestages gemäß § 27 Abs. 2 Satz 3 des Außenwirtschaftsgesetzes oder gemäß § 77 Abs. 5 Satz 3 des * Für die Teilnahme an einer Tagung des Europäischen Parlaments. 608 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Freitag, den 23. Februar 1962 Zollgesetzes Gebrauch zu machen. Das gleiche gilt, wenn bei Aufruf des Tagesordnungspunktes ein entsprechender Antrag aus der Mitte des Hauses vorliegt. Er bedarf der Unterschrift von mindestens so viel Mitgliedern wie einer Fraktionsstärke entspricht. Für Änderungsanträge gilt § 100 der Geschäftsordnung. Bonn, den 21. Februar 1962 Dr. von Brentano und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dürr und Fraktion Anlage 3 Umdruck 39 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Weber (Koblenz), Dr. Reischl, Dr. Bucher und Genossen zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die in Nizza am 15. Juni 1957 unterzeichnete Fassung des Madrider Abkommens vom 14. April 1891 über die internationale Registrierung von Fabrik- oder Handelsmarken (Drucksachen IV/ 101, IV/ 197). Der Bundestag wolle beschließen: Artikel 2 erhält folgenden Satz 2: Rechtsverordnungen, die auf Grund dieses Gesetzes erlassen werden, gelten im Land Berlin nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes vom 4. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 1). Bonn, den 22. Februar 1962 Dr. Weber (Koblenz) Dr. Reischl Dr. Bucher
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Walter Behrendt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Behandlung unserer Großen Anfrage am gestrigen Tage ging es auch um die Methoden der Arbeits- und Sozialpolitik. Es wurde hier erklärt, daß weiter zügig vorangegangen würde. Wir waren erstaunt, in den Zeitungen und sonstigen Pressemeldungen zu lesen, daß sich die CDU/CSU auch zu einem Bundesurlaubsgesetz — allerdings nach einigen Geburtswehen — durchgerungen hat, das einen Mindesturlaub für Arbeitnehmer festlegt. Der zweimaligen Gesetzesvorlage der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion folgt nun heute der Entwurf der CDU/CSU. Wie vorhin schon Kollege Scheppmann erwähnte, hat bekanntlich die sozialdemokratische Bundestagsfraktion bereits im 3. Deutschen Bundestag am 16. März 1960 und kürzlich erneut am 24. Januar 1962 den Entwurf eines Gesetzes über Mindesturlaub für Arbeitnehmer eingebracht. Der letzte Entwurf wurde dem Ausschuß für Arbeit zur weiteren Beratung überwiesen.
    Anstatt nun im zuständigen Ausschuß für Arbeit an Hand des sozialdemokratischen Gesetzentwurfes in die Sachberatung einzutreten, wurden dessen Verhandlungen blockiert. Warum geschieht das eigentlich? Zunächst sicherlich, weil sich die Koalitionsparteien über ein Bundesurlaubsgesetz nicht einig waren und sind. Das Fehlen der Unterschrift der Freien Demokraten unter diesem Gesetzentwurf beweist das sicherlich. Zum anderen aber auch, weil sich die CDU selbst nicht einig war und es erst recht langwieriger und eigenartig anmutender Beratun-



    Behrendt
    gen bedurft hat, um diese Gesetzesvorlage als Kompromiß zustande zu bringen und heute einzubringen.
    Dieser Gesetzentwurf, ein Kompromiß also, von einer Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion beschlossen, hat in der entscheidenden Frage, der Länge der Mindesturlaubsdauer, zu einem völlig unzureichenden und auch sehr bedenklichen Ergebnis geführt. Ich will zu drei Komplexen des Gesetzentwurfs grundsätzliche Bemerkungen machen, zunächst zu dem Komplex, der die Dauer des Urlaubs betrifft.
    Nach Ihrem Vorschlag soll der Mindesturlaub 15 Werktage betragen. Weiter soll, wie auch vorhin begründet wurde, nach Erreichung des 35. Lebensjahres oder nach fünfjähriger Dauer des Arbeitsverhältnisses beim gleichen Arbeitgeber die Mindestdauer des Urlaubs auf 18 Werktage erhöht werden. Was soll nun eigentlich eine bundesgesetzliche Regelung von 15 Werktagen Mindesturlaub?! Deutlicher konnte die Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion nicht die Tendenz aufzeigen, die in diesem unsinnigen Vorschlag ihren Niederschlag fand.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU. — Abg. Schütz: Ist der Tarifvertrag, den die IG Metall abgeschlossen hat, auch unsinnig?)

    — Aber, aber, warten Sie, ich werde etwas zu den 15 Tagen sagen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist immerhin die größte Gewerkschaft!)

    Rücksichtslos hat man sich hier über die Belange zur Erhaltung der Volksgesundheit hinweggesetzt,

    (Oho-Rufe bei der CDU/CSU)

    die doch bei einer einheitlichen bundesgesetzlichen Regelung Beachtung hätten finden müssen. Rücksichtslos hat man sich auch über die Forderungen der Arbeitsmediziner und anderer Wissenschaftler hinweggesetzt, die doch nach einer gutachtlichen Anhörung — —

    (Abg. Dr. Atzenroth: Sieben Wochen!)

    — Sagen Sie doch nicht unsinnigerweise: sieben Wochen; solche Äußerungen sind doch hier völlig deplaziert. Die Wissenschaftler haben eindeutig gesagt, daß ein dreiwöchiger Urlaub das Minimum dessen ist, was ohne Zweifel erwünscht ist.
    Haben Sie sich wirklich genau überlegt, was 15 Werktage Urlaub in der Praxis bedeuten?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sicher! — Klar!)

    Arbeitnehmer, die mit ihren Ehepartnern und Kindern in den Urlaub fahren wollen, müssen dann in den weitaus meisten Fällen aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, ihren Urlaub bereits nach 14 Tagen abbrechen. Die anderen Tage werden vertan und kommen nicht der Erholung selbst zugute, was eigentlich beim Erholungsurlaub der Fall sein sollte. Das würde darauf hinauslaufen, daß gerade nach der Umstellungszeit von zwei Wochen, wenn in der dritten Woche die eigentliche Erholung anfängt, durch eine solche Regelung eine Unterbrechung eintrit.
    Ihre Regelung greift also rigoros in den Prozeß der beginnenden Erholung ein, und dem eigentlichen Zweck des Urlaubs, nämlich der Wiederherstellung und Erhaltung der Leistungsfähigkeit und der Arbeitskraft wird nicht im mindesten Rechnung getragen. Ich spreche unzweideutig aus, daß wir im Hinblick auf den heutigen Stand der Erkenntnis 18 Tage Urlaub auf die Dauer für zuwenig halten. Wir werden in wenigen Jahren diesem Hohen Hause unsere Forderung auf einen Mindesturlaub von vier Wochen jährlich vorlegen.

    (Abg. Stingl: Das haben wir gar nicht anders erwartet!)

    Nun zu der Steigerung des Urlaubs und Ihrer Treueprämie bei fünfjähriger Betriebszugehörigkeit bei demselben Arbeitgeber! Beachtenswert ist, daß Sie die Erhöhung des Mindesturlaubs auf 18 Tage, wie es Kollege Scheppmann ausgeführt hat, mit einem dringenden sozialpolitischen Anliegen begründen, — beachtenswert im Hinblick auf das 35. Lebensjahr. Begrüßenswert ist Ihr neuer Standpunkt, mit dem Sie unserer bisherigen Auffassung beitreten, daß durch ein Mindesturlaubsgesetz nicht in die Tarifautonomie der Sozialpartner eingegriffen wird. Um so mehr sind wir jetzt darüber erstaunt, daß Sie eine Steigerung des Urlaubs von der Dauer der Zugehörigkeit zum selben Betrieb abhängig machen wollen. Das ist nach unserer Auffassung tatsächlich ein Eingriff in die Tarifautonomie, da viele bestehende Tarifverträge solche Urlaubsregelungen enthalten.

    (Lachen bei der CDU/CSU. — Zurufe von der Mitte: Das ist eine Logik! Kaum begreifbar!)

    — Das haben Sie ja mit der Regelung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit bewiesen!
    Noch unverständlicher wird dieser Teil des Gesetzentwurfs, wenn ich an die Ergebnisse der Untersuchungen des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung über das Urlaubsrecht für Arbeit erinnere. In der amtlichen Bekanntmachung vom 10. Januar 1962 heißt es darüber — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten verlesen —:
    Die Merkmale, nach denen eine Steigerung des Grundurlaubs möglich ist, wurden in annähernd einem Drittel der neu abgeschlossenen Tarifverträge verändert. Dabei läßt sich vor allem ein zunehmendes Gewicht des Merkmals Lebensalter an Stelle des bisher überwiegenden Merkmals Betriebszugehörigkeit feststellen.
    Obwohl der Trend also eindeutig von der Betriebszugehörigkeit wegführt,

    (Abg. Stingl: Steht in unserem Gesetzentwurf das Lebensalter drin!)

    gehen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf zum Teil genau den entgegengesetzten Weg und fallen damit einer gesunden Entwicklung hemmend und rückschrittlich in den Arm.
    Ferner muß noch auf folgendes hingewiesen werden. Junge und beruflich interessierte Menschen, die ihren Arbeitsplatz wegen ihrer beruflichen Fort-



    Behrendt
    entwicklung wechseln, bestrafen Sie durch Ihren Gesetzentwurf, ebenso jene, die nur durch einen Stellenwechsel berufliche Aufstiegschancen wahrnehmen können.
    Geradezu grotesk wird es aber, wenn Arbeitnehmer wie z. B. im Falle der Borgward-Werke ihren Arbeitsplatz verlieren, ohne selbst diesen Arbeitsplatzverlust verhindern zu können. Hier müßten Sie selber spüren, wie ungerecht eine solche Regelung, die von der Dauer der Betriebszugehörigkeit ausgeht, ist. Wenn man der Auffassung ist, daß, wie Sie selber in Ihrer Begründung sagen, die Frage nach der notwendigen Länge des Urlaubs sich nur auf Grund der Arbeitsbelastung des Menschen in der Wirtschaft und, wie .ich hinzufüge, nach dem Stand unserer Volksgesundheit beantworten lasse, kann man doch der Dauer der Betriebszugehörigkeit keinen Einfluß auf die Länge und Notwendigkeit des Urlaubs einräumen. Das sollte doch eigentlich klar sein, Herr Kollege Stingl.

    (Abg. Stingl: Ich bin anderer Meinung! Sie haben mich nicht überzeugt!)

    Weiter möchte ich zu Ihrem Vorschlag über die Urlaubsentgeltberechnung einiges sagen. Ich meine, hier haben Sie ungewollt ein Arbeitsbeschaffungsprogramm mit aufgenommen. Warum, will ich Ihnen sagen. In Ihrer Begründung sagen Sie, daß die beiden Methoden für die Urlaubsentgeltberechnung, nämlich die Berechnung nach einer in der Vergangenheit liegenden Referenzperiode oder nach dem Lohnausfallprinzip, sowohl Vor- wie Nachteile hätten. Sie haben sich für das Lohnausfallprinzip entschieden und verweisen auf das Jugendarbeitsschutzgesetz und das Seemannsgesetz. Das Jugendarbeitsschutzgesetz scheint mir hier eine schlechte Begründung zu sein; denn was ein Jugendlicher verdient, liegt in den weitaus meisten Fällen genau fixiert fest.
    Urlaubsentgeltberechnung ist sicherlich keine Grundsatzfrage. Wir meinen daher — und ich glaube, auch Sie sind dieser Auffassung —, daß wir hier die praktikabelste Lösung suchen sollten. Deshalb sind wir dafür, das Urlaubsentgelt nach dem Arbeitsverdienst zu bemessen, den der Arbeitnehmer in den letzten drei Monaten vor Antritt des Urlaubs durchschnittlich bezogen hat. Ein solches Verfahren hat sich als sehr praktikabel erwiesen, z. B. auch beim Mutterschutzgesetz, beim Arbeiterkrankheitsgesetz, bei der Zahlung von Arbeitslosen- und Krankengeld. Das Lohnausfallprinzip führt nach allen Erfahrungen zu zu vielen Schwierigkeiten, und eine solche Regelung führt unweigerlich und sicherlich ungewollt zu einer ungeheuren Mehrbelastung unserer Arbeitsgerichte. Wir Blauben, das sollte noch einmal gründlich durchdacht werden.
    Zum Schluß will ich die Frage des Inkrafttretens noch kurz anschneiden. Sie haben in Ihrem Entwurf den 1. Januar 1963 vorgesehen. Wir wenden uns mit aller Entschiedenheit gegen diese Verschleppungstaktik.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Unser erster Entwurf datiert vom 11. November 1959, der zweite vom 22. Januar 1962. Bei gutem Willen hätten wir bereits im 3. Deutschen Bundestag eine bundeseinheitliche Mindesturlaubsregelung verabschieden können. Wir meinen, daß es den deutschen Arbeitnehmern nicht zuzumuten ist, durch die Saumseligkeit des Parlaments ein weiteres Jahr um eine gerechte Urlaubsregelung gebracht zu werden.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Der Ausschuß für Arbeit ist in der Lage, in kürzester Teit dem Hohen Hause ein Bundesgesetz über Mindesturlaub für Arbeitnehmer zur Beschlußfassung vorzulegen, das als Tag des Inkrafttretens den 1. Januar 1962 tragen kann. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird alles daransetzen, um zu einer solchen schnellen Regelung zu kommen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dürr.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hermann Dürr


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich, wenn jemand wie der Kollege Behrend in den frühen Nachmittagsstunden des Freitags noch eine so temperamentvolle Rede hält; aber ich glaube, er hat auf seiner Fanfare viel zu grelle Töne ausgestoßen, und in meiner schwäbischen Heimat würde man ihm in aller Freundschaft anraten, er solle doch etwas die Kirche im Dorf lassen. Er hat ein paarmal mit den Worten „unsinnig" um sich geworfen, hat davon gesprochen, man setze sich rücksichtslos über die Belange der Volksgesundheit hinweg, „Verschleppungstaktik", und bei gutem Willen hätte bereits der 3. Deutsche Bundestag dieses Gesetz fertigmachen können. Also unterstellt er dem 3. Deutschen Bundestag bzw. seiner Mehrheit schlechten Willen. Er redete von der Saumseligkeit des Parlaments. Lieber Herr Kollege Behrend, ich hoffe, daß wir nach dieser wohl hauptsächlich aus Gründen der Propaganda so laut tönenden Fanfare im Ausschuß wieder zu ruhigerer Zusammenarbeit kommen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der SPD: Man kann es auch so sagen!)

    Wenn Sie, Herr Kollege Behrendt, behaupteten, daß sich die CDU mit ihrem Entwurf rücksichtslos über die Belange der Volksgesundheit hinwegsetze, was müssen wir Freien Demokraten dann erst für böse Sünder sein, die wir diesem Entwurf nicht einmal beigetreten sind.

    (Abg. Behrendt: Hoffentlich stimmen Sie unserem Entwurf zu!)

    — Wir werden sehen. An jedem Ende einer Legislaturperiode kommt eine Statistik heraus, aus der hervorgeht, wieviel Gesetze dieses Hohe Haus verlassen haben. Wir alle müssen in Versammlungen und in Gesprächen immer wieder zugeben, daß schon etwas Wahres daran ist, wenn man sagt, dieses Haus mache nicht nur Gesetze, die unbedingt nötig seien. Wir sind der Meinung, daß ein Bundes-



    Dürr
    urlaubsgesetz nicht unumgänglich nötig ist. Ich stamme aus der Gegend der Bundesrepublik, der einzigen, die noch keine gesetzliche Urlaubsregelung hat, nämlich aus dem Landkreis Süd-Württemberg-Hohenzollern des Landes Baden-Württemberg, und ich versichere Ihnen, daß mir in mehr als 400 Versammlungen, die ich in den letzten Jahren allein im Landesteil Süd-Württemberg gehalten habe, nicht einziges Mal die Notwendigkeit einer gesetzlichen Urlaubsregelung vorgetragen worden ist. Das scheint mir ein wenig symptomatisch zu sein.

    (Abg. Franzen: Es kommt auf den Personenkreis an, vor dem Sie gesprochen haben!)

    — Es mag in der Stadt Reutlingen in Süd-Württemberg sehr viele Millionäre geben. Aber wenn man etwas mehr als 400 Versammlungen abgehalten hat, kann man die nicht nur vor Millionären gehalten haben; es ist vielmehr auch noch ein anderer Personenkreis dabei, Herr Kollege Franzen.
    Ich will gar nicht auf die Einzelheiten eingehen, die wir natürlich mitberücksichtigen müssen. Der Kollege Scheppmann hat in seiner Rede, die er in der 107. Sitzung des Deutschen Bundestages im März 1960 gehalten hat, mit Recht darauf hingewiesen, daß auch die Urlaubsfrage in ihrem volkswirtschaftlichen Zusammenhang mit Arbeitszeit und Lohn gelöst werden sollte. Hier stellt sich dem Ausschuß eine Aufgabe, die er keineswegs im Tempo eines Kurzstreckenläufers bewältigen kann, wenn er nicht eventuell schwere Fehler machen will. Wir müssen uns auch eines überlegen. Wir haben schon jahrelang eine Hochkonjunktur, und wir müssen immer daran denken, Gesetze zu machen, die nicht allein für Zeiten der Hochkonjunktur geeignet sind und die nicht mehr praktikabel wären, wenn das eintreten sollte, was wir alle nicht hoffen, nämlich ein Abflauen, ein starker Rückgang der Konjunktur.

    (Abg. Jahn: Danach entfällt die Notwendigkeit von Urlaub bei schlechter Konjunktur, oder was meinen Sie damit?)

    — Keineswegs, Herr Kollege, aber Sie haben mit Ihrem Zwischenruf das ausgesprochen falsche Beispiel gewählt. Daß diese Folgerung nicht von mir gezogen wird, ist wohl eine klare Sache; ein ganz klein wenig verstehe ich noch von der Logik. Wir müssen uns auch darüber klar sein, daß wir in der Bundesrepublik gemessen an den übrigen EWG- Ländern die kürzeste Jahresarbeitszeit haben. Über dieses Problem muß ebenfalls im Ausschuß gesprochen werden.
    Ein letztes Wort, lieber Herr Kollege Behrendt, zu Ihrer Schlußfanfare, nämlich zu Ihrer Aufforderung, ein Bundesurlaubsgesetz bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1962 in Kraft treten zu lassen. Im Satz zuvor haben Sie an einem Beispiel dargelegt, was Sie als eine Arbeitsbeschaffung für die Lohnbüros ansehen würden. Das betraf eine andere Sache. Wenn wir Ihrem letzten Vorschlag folgten, ein Bundesurlaubsgesetz bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1962 in Kraft treten zu lassen, wäre das nebenbei ebenfalls eine kräftige Arbeitsbeschaffung für die Lohnbüros, schon deshalb, weil in der Zeit vom 1. Januar 1962 bis heute bereits einige Arbeitnehmer ihren Betrieb gewechselt haben und die Betriebe, aus denen diese Arbeitnehmer ausgeschieden sind, dann noch nachträglich mit erheblichen Schwierigkeiten, mit Abgeltung des Urlaubs usw., belastet würden.
    Ich sage Ihnen dies nur, um darzulegen, daß dieses Gesetz nicht mit dem gewünschten Kurzstreckentempo im Ausschuß fertigberaten werden kann.

    (Abg. Folger: Sind zweieinhalb Jahre eine Kurzstrecke?)

    — Ob zweieinhalb Jahre eine Kurzstrecke sind? Lieber Herr 'Kollege Folger, das hängt doch mit der Diskontinuität der Legislaturperioden zusammen. Aus gutem Grunde ist es eben so, daß mit dem September 1961 die halbfertigen Gesetzentwürfe zugunsten der neu ins Parlament hineinkommenden Kolleginnen und Kollegen als nicht mehr existent gelten. Weitere Einzelheiten bitte ich bei Ihrem rechtskundigen Kollegen Jahn zu erfragen. Er wird Ihnen sagen, daß ich im Grunde schon recht habe.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Jahn: Das werde ich nicht sagen; denn so haben Sie nicht recht! — Abg. Blachstein: Das hat mehr mit der Koalition als mit dem Recht zu tun. — Abg. Jahn: Das würde ich auch sagen!)

    — Ich glaube, lieber Herr Kollege Blachstein, bei diesem Urlaubsgesetz dreht es sich nicht nur um Machtfragen, sondern auch um Zweckmäßigkeitsfragen. Hier hat keine Partei die richtige Ansicht über Zweckmäßigkeit allein gepachtet. Ebenso haben sich ja gestern, als es um die Zweckmäßigkeitsfrage bezüglich des Gewehrs im Schrank ging, die Meinungen der Fraktionen nicht auf einen Nenner bringen lassen.
    Aber hoffen wir, daß wir die Geschichte zu einem einigermaßen guten Ende bringen, wenn es auch nicht so schnell geht, wie es der Kollege Behrendt und seine 'Fraktion gewünscht hätten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)