Rede von
Dr.
Werner
Dollinger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Starke zur Umsatzsteuer veranlassen mich, einige Worte zu sprechen. Herr Kollege Starke, wenn Sie in dieser Legislaturperiode dem Finanzausschuß des Deutschen Bundestages angehört hätten, hätten Sie der CDU/CSU sicher nicht so leichtfertig ein Versagen vorgeworfen. Ich möchte hier einmal feststellen, daß Ihre Fraktion bis zu dem Zeitpunkt, da Herr von Kühlmann-Stumm und Herr Imle in das Parlament eingetreten sind, im Finanz- und Steuerausschuß nur sporadisch vertreten war.
Ich glaube, ,daß die Fraktion der FDP im Finanzausschuß mehr versagt hat als die Fraktion der CDU/CSU.
— Das weiß ich nicht.
Nun hat Herr Kollege Starke gesagt, uns fehle der politische Wille. Da haben Sie heute einmal eine ganz andere Platte genommen als sonst. Denn im allgemeinen sagen Sie, wir betrieben hier im Parlament eine Alleinherrschaft. Sie sagen, der politische Wille fehle.
Nach meiner Meinung sollte der politische Wille allein keine Gesetze schaffen. Vielmehr muß man überlegen: Was ist sinnvoll, was ist vernünftig?
— Sachverstand, einverstanden!
Um dazu zu kommen, haben wir einiges getan. Wir haben eine Hartmann-Kommission gehabt — das möchte ich als erstes erwähnen —, die sich sehr eingehend mit ,der Frage der Umsatzsteuerreform beschäftigt hat. Zweitens arbeitet der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium seit Jahren an der Frage der Reform des Umsatzsteuer-
rechts. Er ist, soweit ich weiß, bis heute zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen. Die Technische Kommission beim Bundesfinanzministerium — um die dritte Stelle zu nennen — hat ebenfalls die Frage der Umsatzsteuerreform behandelt und ist zu dem Ergebnis gekommen, man solle es beim alten System belassen.
Aus diesen wenigen Beispielen ersehen Sie schon, welche unterschiedlichen Meinungen herrschen. Das Bundesfinanzministerium hat einen Studienentwurf herausgegeben. Ich glaube, daß dadurch doch eine entscheidende Voraussetzung für eine sinnvolle Diskussion mit dem Ziel geschaffen worden ist, das Umsatzsteuerrecht zu reformieren, ganz gleich, mit welchem System und wodurch.
Schließlich dürfen wir bei der Frage der Umsatzsteuer doch auch eines nicht übersehen: Immerhin beträgt die Einnahme aus der Umsatzsteuer — bei 42 Milliarden DM Steuereinnahmen beim Bund —16,4 Milliarden DM. Ohne Zweifel muß man bei einer solchen Reform vorsichtig vorgehen. Übersehen Sie bitte nicht die Rückwirkungen einer Reform auf die Preise. Übersehen Sie bitte nicht, daß wir in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft hineinwachsen und der Gesichtspunkt der Harmonisierung des europäischen Steuerrechts beachtet werden muß, damit verhindert wird, daß wir hier Vorleistungen erbringen.
Wenn man dies alles zusammenfaßt, kann man, glaube ich, nicht sagen, daß wir hier versagt hätten. Wir haben uns im Gegenteil sehr ernsthaft bemüht und haben doch gerade auch durch steuerliche Maßnahmen ohne Zweifel die Position des Mittelstandes verbessert.
Ich hoffe, daß auch durch die Elfte Novelle zum Umsatzsteuergesetz, die wir in Kürze noch verabschieden werden, bezüglich einer wettbewerbsneutralen Umsatzsteuer eine weitere Verbesserung erzielt wird.
Wir tun dem Mittelstand keinen Gefallen, wenn wir immer nur jammern. Herr Kollege Schmücker hat recht gehabt: zum Mittelstand gehört Optimismus; denn es gehört ein Optimismus dazu, heute ein selbständiger, verantwortlicher Unternehmer zu sein.