Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Finanzausschuß hat die Frage, ob eine Senkung des Beimischungssatzes von 50 auf 25 vom Hundert richtig sei oder ob es auf Grund der tatsächlichen Lage nicht klüger sei, von vornherein eine Senkung auf' 20 vom Hundert vorzusehen, eine Rolle gespielt. Ich möchte mich nur auf diesen einen Punkt aus der Diskussion des Finanzausschusses beschränken.
Wenn man von der Rohstoffversorgungslage der deutschen Rauchtabakindustrie aus die Dinge betrachtet, stellt sich heraus, daß nach Angaben des zuständigen Fachverbandes bei einer Senkung der Beimischung auf 25 vom Hundert — beginnend am 1. März dieses Jahres — die Bestände an inländischem Rohtabak bis zum 1. Juni 1962 ausreichen würden. Das Bundesfinanzministerium hat in seiner Bestandsberechnung noch Rohtabakmengen eingesetzt, die sich zur Zeit beim Handel befinden und von denen die einschlägige Industrie behauptet, sie seien als Schneidegut nicht brauchbar. Unter Einrechnung dieser Bestände kommt man dazu, daß die Bestände insgesamt bis ungefähr Oktober 1962 ausreichten.
Wir dürfen wohl unterstellen, daß die einschlägige Industrie wissen muß, ob der Rohtabak für ihre Verarbeitung geeignet ist oder nicht, es jedenfalls besser wissen muß als ein Ministerium in Bonn. Wenn man das unterstellt, kann man nur vor einer Rohstoffversorgung bis zum 1. Juni 1962 sprechen. Bei dieser Berechnung der Rohstoffversorgung wurden die Bestände bei allen Rauchtabak herstellenden Betrieben zusammengerechnet. Betrachtet man nun einmal die Versorgungslage bei einzelnen Betrieben, so stellt sich folgendes heraus. Die beiden bedeutendsten Unternehmen auf diesem Sektor haben nur einen Vorrat, der bis etwa Ende dieses Jahres ausreichen würde. Diese beiden Unternehmen stellen aber 65 v. H. des feingeschnittenen Rauchtabaks unter Beimischung von inländischem Rohtabak her. Das war auch der Grund für den Finanzausschuß, eine Ermächtigung in das Gesetz einzubauen, die vorsieht, daß eine Senkung auf 15 v. H. erfolgen kann, wenn die Versorgungslage das zwingend erheischt. Zugleich hat der Finanzausschuß auf der anderen Seite gesagt: Für den Fall, daß die Versorgungslage sich aber wesentlich bessern sollte, wollen wir auch die Möglichkeit in das Gesetz einbauen, von der Senkung auf 15 v. H. wieder auf 35 v. H. heraufzugehen.
Nun, die Ernte aus dem Jahre 1960, die ja, durch den Blauschimmel befallen, sehr beeinträchtigt worden war, ist eingebracht, ist bereits auf den Einschreibungen verkauft und befindet sich zur Zeit in der Verwiegung. Wenn man der Bestandsberechnung die Einschreibungsergebnisse zugrunde legt, so kommt
man auf die Bestandsreichweite, die ich genannt habe. Das heißt mit anderen Worten: Die Tabakbauern sind von einer solchen Maßnahme, der Senkung der Beimischung von 25 auf 20 v. H. für das Erntejahr 1960, überhaupt nicht betroffen. Wenn die Ernte 1961 gut ausfiele — was wir alle hoffen wollen —, dann würde der nahtlose Anschluß an die Vorräte sichergestellt werden können; denn Tabake neuer Ernte 1961 werden vermutlich mit ihrem Hauptanteil ab 1. März 1962 zur Verfügung stehen.
Meine Damen und Herren, bedenken Sie bitte, daß die Rauchtabak herstellende Industrie eine Markenartikelindustrie ist, daß sie also dafür sorgen muß, ein Erzeugnis von gleichbleibender Qualität anzubieten. Dann muß sie aber auch über gewisse Vorräte verfügen, damit sie bei Ausgang einer Mischungssorte diese durch andere, neu hereingekommene Tabake ersetzen kann. Es ist eine ausgemachte Sache, daß in dieser Branche eine Bevorratung von mindestens vier bis sechs Monaten über den neuen Erntetermin hinaus notwendig ist. Zum Vergleich darf ich darauf hinweisen, daß die Zigarettenindustrie, die schwarze Zigaretten herstellt, über Rohtabakbestände geeigneter Provenienz von fast zwei Jahren verfügt. Wenn Sie all das berücksichtigen, scheint es nicht sinnvoll zu sein, jetzt eine Senkung des Satzes auf 25 v. H. vorzunehmen in dem Bewußtsein, daß die Regierung Ende dieses Jahres von ihrer Ermächtigung Gebrauch machen muß, dann auf 15 v. H. herunterzugehen. Dann scheint es mir richtiger zu sein, daß dieses Haus sich dazu entschließt, aus ,der Versorgungslage den richtigen Schluß zu ziehen und von vornherein eine Senkung auf 20 v. H. vorzunehmen.
Was hätte das für die Rauchtabakindustrie für eine Bedeutung? Meine Damen und Herren, wenn die Mischungen um 50 v. H. Inlandstabak entlastet werden, werden alle Betriebe neue Mischungen machen müssen. Sie werden außerdem wahrscheinlich mit neuen Fabrikaten auf den Markt kommen. Sie werden dafür Reklameaufwand treiben müssen. Sie werden sich neue Packungszuschnitte anfertigen lassen müssen usw. Wenn die Rauchtabakindustrie, die durch die überstarke Konkurrenz der Zigarette sowieso schwer notleidend ist, in diesem Jahre noch einmal gezwungen sein sollte, neue Mischungen herauszubringen, vielleicht neue Packungen, vielleicht neue Marken zu schaffen, dann ist das eine Zumutung, die wir meines Erachtens nicht verantworten können. Denn diese Industrie, die in ihren wesentlichen Teilen sehr notleidend ist, hat einfach nicht das Geld, als daß sie sich solche Experimente erlauben könnte.
Insbesondere von Freunden, die den tabakbauenden Kreisen nahestehen, ist gesagt worden: Es muß sichergestellt werden, daß die Ernte 1961 von der Industrie auf alle Fälle aufgenommen wird. Bei der Versorgungslage der Industrie bleibt ihr überhaupt nichts anderes übrig als allen brauchbaren inländischen Rohtabak aus der Ernte 1961 aufzukaufen. Diese Angelegenheit hat überhaupt nichts mehr mit den Tabakbauern zu tun, weil diese ihre Ernte verkauft haben und mit Sicherheit damit rechnen können, daß sie auch ihre Ernte 1961 verkaufen werden. Ist die Versorgungslage so, meine Damen
Krammig
und Herren, wie ich sie Ihnen dargestellt habe, dann sollten wir auch den Mut haben, daraus die Konsequenzen zu ziehen und von vornherein auf den Satz zu senken, der sich aus dieser Versorgungslage ergibt.
Deswegen bitte ich Sie, dem Antrag auf Umdruck 742 Ihre Zustimmung zu geben.