Danke sehr, Herr Präsident!
Meine Vorredner haben bereits gesagt, daß die Vorlagen, die von der Regierung und den anderen beiden Parteien gemacht worden sind, darauf ausgehen, Unebenheiten und Verbesserungen, die sich aus der praktischen Anwendung des umfangreichen und daher auch sehr komplizierten Gesetzes ergeben, zu glätten, Unebenheiten, die ja häufig als Ungerechtigkeiten empfunden werden.
Aber in der diesmaligen Regierungsvorlage — wenn ich darüber zunächst sprechen darf — liegt mehr. Mit dem Fortschreiten der Schadensfeststellungen, die im übrigen noch lange nicht abgeschlossen sind, ist eine bessere Übersicht über die den Fonds belastenden Gesamtforderungen möglich, als es vorher war. Erhebliche Reserven zeichnen sich ab. Über diese soll, wie auch die Regierung uns
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hier erklärt hat, verfügt werden. Dazu bieten die Vorlagen die Grundlage für die Beratung.
Für meine Fraktion darf ich aber erklären, daß wir das Hauptgewicht auf eine Anhebung der Hauptentschädigung gelegt zu sehen wünschen. Wir übersehen nicht andere Wünsche für die 13. Novelle. Sie sollen soweit wie nötig und möglich berücksichtigt werden. Aber wir betonen, daß wir diesmal den Schwerpunkt auf die Hauptentschädigung, also die Entschädigung derjenigen legen, die wirkliche Vermögensverluste erlitten haben, also auf die Anhebung der Grundbeträge, die in § 246 des Gesetzes aufgeführt sind.
Ein Beispiel nicht nur für die Berechtigung dieser Forderung, sondern geradezu für ihre Notwendigkeit ergibt die Tabelle des § 246, die ich hier keineswegs vortragen will. Darin sind 58 Schadensgruppen vorgesehen. Ich nehme einmal die mittlere Schadensgruppe, die Schadensgruppe 29. Bei einem Einheitswert von 120 000 DM war bisher eine Entschädigung von 19 600 DM vorgesehen. Die Schadensfeststellung bezieht sich jedoch auf den Einheitswert. Der wirkliche Wert war — und wäre heute — erheblich höher; häufig war er um ein Vielfaches höher.
Die Präambel zum Lastenausgleichsgesetz vom 14. August 1952 besagt, daß dieses Gesetz von Bundestag und Bundesrat beschlossen wurde „in Anerkennung des Anspruchs der durch den Krieg und seine Folgen besonders betroffenen Bevölkerungsteile auf einen die Grundsätze der sozialen Gerechtigkeit und die volkswirtschaftlichen Möglichkeiten berücksichtigenden Ausgleich von Lasten und auf die zur Eingliederung der Geschädigten notwendige Hilfe". Wir haben soeben aus dem Munde des Regierungsvertreters gehört, daß die Pflicht, die sich aus solchen Erwägungen ergibt, ihre Grenzen nicht in persönlicher Opferscheu, sondern in der Belastbarkeit der Volkswirtschaft, der Verteidigung der Freiheit und der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des individuellen Eigentums finden muß. Diese Erklärungen wie auch die ausdrückliche Versicherung des Sprechers der Bundesregierung, daß die Bundesregierung nicht starr an ihrer Vorlage kleben, sondern auch andere Vorschläge auf ihre Realisierbarkeit prüfen wolle, gibt uns die Gewißheit, daß die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit dem Parlament eine optimale Lösung zugunsten der Geschädigten anstrebt.
Es ist nicht meine Aufgabe, hier die Regierungserklärung in weiten Teilen zu zitieren. Ich darf aber doch einige Dinge herausheben. Wir sind der Meinung, daß man neben der Sorge um die Kriegssachgeschädigten und Vertriebenen das große Problem der Sowjetzonenflüchtlinge nicht übersehen darf. Die Sowjetzonenflüchtlinge mit C-Ausweis sollen nach unserer Auffassung in den sozialen Ansprüchen den Vertriebenen und Kriegssachgeschädigten gleichgestellt werden. Unter sozialem Anspruch verstehen wir in diesem Zusammenhang auch den Anspruch auf Hausratshilfe. Wir begrüßen es auch, daß die Bundesregierung Vorschläge für eine Möbelhilfe für Zonenflüchtlinge ohne C-Ausweis bringt. Auch ich finde, wie Frau Kollegin Korspeter, das
Wort „Möbelhilfe" nicht sehr schön; aber es geht um die Sache, nicht um die Bezeichnung.
Die Altersversorgung Selbständiger ist eine weitere große Aufgabe. Der Bundestag hat seinerzeit dankenswerterweise der Regierungsvorlage eines Fremdrentengesetzes zugestimmt. Dadurch wurde eine faire Lösung für die Arbeiter und Angestellten aus den außerdeutschen Vertreibungsgebieten gefunden. Nun warten die ehemals Selbständigen ungeduldig auf eine angemessene Regelung auch für sie. Wir sind uns der Aufgabe, die sich uns da stellt, bewußt.
Bezüglich der verschiedentlich erwähnten Beschleunigung der Auszahlung der Hauptentschädigung gilt das Wort: Doppelt gibt, wer bald gibt. Deshalb darf die Bundesregierung unserer Unterstützung ihrer Bemühung um eine erhebliche Verkürzung der Auszahlungsfristen gewiß sein.
Lassen Sie mich nun zu den beiden anderen Vorlagen, die hier begründet worden sind, noch ein paar Sätze sagen.
Ich möchte meinen Vorrednern dafür danken, daß sie hervorgehoben haben, die Einzelheiten müßten im Ausschuß ausführlich besprochen werden, hier sei nicht der Platz dafür. Ich danke ihnen auch dafür, daß sie, wie ich aus der Art ihres Vortrages entnommen habe — ich glaube mich da nicht zu täuschen —, bereit und entschlossen sind, sich in den Ausschußberatungen dieses ernsten Problems in aller gebotenen Sachlichkeit anzunehmen.
Ich sage nochmals auch, Herr Kollege Zühlke, ein Ja zu Ihren Wünschen auf Beschleunigung der Abwicklung.
Ich sage für die Fraktion auch ein grundsätzliches Ja zum Beginn einer Zinszahlung. Wir vertreten die Auffassung, die Zinszahlung für die Ansprüche soll so schnell als möglichaufgenommen werden. Aber diese Formulienung besagt auch, daß wir uns von Maßnahmen freihalten sollten, die die Abwicklung der Hauptentschädigung zunächst einmal blockieren und eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung, die in einer Vorwegabwicklung der Kleinstschäden liegen würde, verhindern würden.
Meine Damen unid Herren, auch ich darf sagen, daß die Verbesserungen, von denen in den früheren Novellen und auch bei den jetzigen Vorlagen die Rede ist, nicht auf einer wesentlichen Erhöhung der Einnahmen des Fonds beruht zu haben. Wir waren auf die einmal auf den Stichtag vom 20. Juni 1948 fixierte Vermögensabgabe nach dem Einheitswert festgenagelt. Es wind zu prüfen sein, ob das unbedingt so bleiben muß. Aber hier ist nicht der Ort dafür. .
Herr Kollege Zühlke von der sozialdemokratischen Fraktion hat diesen Punkt durch Erwähnung des § 6 erwähnt. Ich darf für meine politischen Freunde sagen, daß wir für die Auffassung, die von der Sozialdemokratischen Partei jetzt vertreten wird, dankbar sind. Denn bisher hatten wir nicht den Eindruck, daß das ihre Auffassung sei. Ich will mich jeder Polemik enthalten, nur daraufhinweisen, daß bis zum vorigen Jahre bei ihr Bemühungen im
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Gange waren, die Beteiligung der Länder an den Leistungen für den Ausgleichsfonds abzuschaffen oder wesentlicheinzuschränken.
Ein Wort gestatten Sie mir noch zu der Vorlage der sozialdemokratischen Fraktion, die dafür eintritt, die Mindestentschädigung — nicht nach dem wirklichen, sondern nach idem Einheitswert — auf 6,511/4 zu sichern. Sie war bisher geringer. Meine Damen und Herren, über diese Erklärung der Sozialdemokratischen Partei freue ich mich aufrichtig;
ich bedaure nur, daß Sie nicht schon vor drei Jahren dieser Auffassung waren,
als ich ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 4. April 1957 genau wie mein Kollege Baron Manteuffel hier an dieser Stelle gestanden habe, um für diese Regelung zu plädieren, der Sie sich in der Abstimmung leider versagt haben. Also vielen Dank! Wir kommen hier in der Zusammenarbeit ein Stück weiter. Ich glaube, daß damit die Voraussetzungen für eine gedeihliche Zusammenarbeit im Ausschuß vorliegen.
Darf ich in dieseln Zusammenhang gleich den Antrag stellen, die Regierungsvorlage an den Ausschuß zu überweisen. Ich nehme an, daß die Kollegen und Kolleginnen damit einverstanden sind, daß ich auch für ihre Vorlagen die Uberweisung an den .Ausschuß empfehle.