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ID0312523100

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    Deutscher Bundestag 125. Sitzung Bonn, den 29. September 1960 Inhalt: Fragestunde (Drucksachen 2077, zu 2077) Frage des Abg. Leonhard: Finanzhilfe bei Schäden durch Blauschimmelbefall von Tabakpflanzen Schwarz, Bundesminister . . . . . 7235 B Frage des Abg. Leonhard: Behandlungsmethoden bei Blauschimmelbefall Schwarz, Bundesminister . . . . . 7235 C Frage des Abg. Leonhard: Bekämpfung der Blauschimmelkrankheit Schwarz, Bundesminister 7235 C, D, 7236 A, B Leonhard (CDU/CSU) . . 7235 D, 7236 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . . 7236 B Frage des Abg. Logemann: Erzeugerpreise für Veredelungsprodukte Schwarz, Bundesminister . . . . . 7236 B Frage des Abg. Rehs: Zusammenlegung der Deutschen Siedlungsbank mit der Deutschen Landesrentenbank Schwarz, Bundesminister 7236 D, 7237 B, C, D, 7238 A Rehs (SPD) 7237 A, B Diekmann (SPD) . . . . . . 7237 C, D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) 7237 D, 7238 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Abtretung von Exerzierplatzgelände in Kornwestheim 7238 A Frage des Abg. Lohmar: Tiefflüge von Düsenjägern über Bielefeld Hopf, Staatssekretär 7238 B Frage des Abg. Lohmar: Werbemethoden der Bundeswehr Hopf, Staatssekretär 7238 D Frage des Abg. Wittrock: Verprügeln von Kameraden in der Bundeswehr Hopf, Staatssekretär 7239 A Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Tiefflüge von Düsenjägern über Marburg Hopf, Staatssekretär 7239 B, C Jahn (Marburg) (SPD) 7239 B, C Frage des Abg. Dr. Imle: Studienbewerber an Technischen Hochschulen und Fachschulen nach freiwilligem Wehrdienst Hopf, Staatssekretär 7239 C Frage des Abg. Ritzel: Zuschläge bei Benutzung von Telefonanschlüssen Stücklen, Bundesminister 7240 A Ritzel (SPD) 7240 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Vermittlung von Ferngesprächen . . 7240 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Uberprüfung der Postverbindungen . . 7240 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1960 Frage des Abg. Blachstein: Telefonanschlüsse in Hamburg-Niendorf Stücklen, Bundesminister 7240 C, D, 7241 A Frau Keilhack (SPD) . . 7240 D, 7241 A Fragen des Abg. Felder: Amtliche Fernsprechbücher Stücklen, Bundesminister 7241 A, B, C, D, 7242 A Felder (SPD) 7241 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7241 C Wittrock (SPD) . . . . 7241 D, 7242 A Frage des Abg. Bading: Handelsspannen bei Obst und Gemüse Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7242 B, D, 7243 A Bading (SPD) . . . . . 7242 D, 7243 A Frage des Abg. Bading: Konjunkturpolitik der Deutschen Bundesbank Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7243 B, D Bading (SPD) . . . . . . . . 7243 C, D Frage des Abg. Gewandt: Entwicklung und Fertigung deutscher Flugzeugtypen Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 7244 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Zigarettenrauchen und Häufigkeit von Herzinfarkt und Lungenkrebs . . . . 7244 B Frage des Abg. Dr. Kohut: Kunstrum und Kunstarrak Dr. Schröder, Bundesminister . . 7244 B, C Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . . 7244 C Frage des Abg. Kreitmeyer Nichtigkeitserklärung des Beförderungsschnittes Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7244 D, 7245 A, B Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 7245 A Fragen des Abg. Ehren: Angestellte des Bundes über 50 Jahre Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7245 C Frage des Abg. Wittrock: Versetzung in den Ruhestand wegen angeblicher Dienstunfähigkeit Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7245 D, 7246 B, C, D Wittrock (SPD) . . . 7245 D, 7246 A, C Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 7246 C Frage des Abg. Wittrock: Inanspruchnahme von Hilfskräften bei Herstellung von Referentenkommentaren Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7246 D, 3247 A, B Wittrock (SPD) 7247 A, B Frage des Abg. Dr. Höck (Salzgitter) : Strafmandatssoll für Verkehrspolizisten Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7247 C Frage des Abg. Logemann: Margarinezusätze Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7247 D Frage des Abg. Dr. Miessner: Inkrafttreten der Besoldungserhöhung für Beamte Dr. Schröder, Bundesminister . . 7248 A, B Brück (CDU/CSU) . . . . . . . 7248 A Frage des Abg. Dr. Miessner: Einmalige Zulage für Bundesbeamte Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7248 C Dr. Miessner (FDP) . . . . . . . 7248 C Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Verwendung eines neuen Emulgators für Margarine Dr. Schröder, Bundesminister 7248 D, 7249 A Frau Dr. Hubert (SPD) 7248 D Frage des Abg. Dr. Kanka: Gastspiel eines Ostberliner Theaters Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7249 A Entwurf eines Gesetzes über vordringliche Maßnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung (SPD) (Drucksache 1926) — Erste Beratung —; in Verbindung mit Antrag betr. Lohnfortzahlung an Arbeiter im Krankheitsfalle (SPD) (Drucksache) 1927) Dr. Schellenberg (SPD) . 7249 C, 7270 B Horn (CDU/CSU) . . . 7255 D, 7270 B Dr. Stammberger (FDP) 7258 D Rohde (SPD) 7261 B Weimer (CDU/CSU) 7264 A Geiger (Aalen) (SPD) 7266 A Dr. Atzenroth (FDP) 7268 B Börner (SPD) . . . . . . . . . 7270 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Tarifvertragsgesetzes (FDP) (Drucksache 1563) — Erste Beratung — Dr. Atzenroth (FDP) 7270 D Persönliche Erklärung nach § 35 GO Memmel (CDU/CSU) 7273 D Nächste Sitzung 7274 C Berichtigung 7274 Anlage 7275 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1960 7235 125. Sitzung Bonn, den 29. September 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 15.01 Uhr.
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 124. Sitzung Seite 7187 C Zeile 7 statt „1910": 1919. Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Altmaier * 30. 9. Balkenhol 30. 9. Bals 15. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Bauer (Würzburg) * 30. 9. Frau Bennemann 30. 9. Berkhan 30. 9. Bettgenhäuser 30. 9. Birkelbach 30. 9. Fürst von Bismarck * 30. 9. Blachstein * 30. 9. Dr. Böhm 22. 10. Frau Brauksiepe 9. 10. Dr. Bucerius 30. 9. Corterier * 30. 9. Dr. Dahlgrün 30. 9. Demmelmeier 7. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 9. 10. Dowidat 30. 9. Drachsler 30. 9. Draeger 9. 10. Eilers (Oldenburg) 30. 9. Enk 30. 9. Dr. Friedensburg 30. 9. Dr. Furler * 30. 9. Gerns * 30. 9. Dr. Gradl 9. 10. Haage 30. 9. Hahn 30. 9. Dr. Harm * 30. 9. Frau Herklotz 9. 10. Dr. Hesberg 30. 9. Heye 9. 10. Höcherl 9. 10. Höfler * 30. 9. Höhne 30. 9. Frau Dr. Hubert * 30. 9. Jacobs * 30. 9. Jahn (Stuttgart) 30. 9. Jürgensen 31. 10. Keller 30. 9. Dr. Kempfler 9. 10. Dr. Kliesing (Honnef) * 30. 9. Dr. Kopf 9. 10. Krammig 31. 10. Kühlthau 30. 9. Kühn (Köln) * 30. 9. Lermer 15. 10. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 9. Lücker (München) 30. 9. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Maier (Freiburg) 30. 9. Majonica 9. 10. Frau Dr. Maxsein * 30. 9. Dr. Mende* 30. 9. Dr. Menzel 22. 10. Merten 9. 10. Dr. Meyer (Frankfurt) * 30. 9. Mischnick 29. 9. Frau Dr. Pannhoff 29. 9. Paul * 30. 9. Peters 30. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Pohle 31. 10. Pöhler 29. 9. Dr. Preiß 30. 9. Dr. Preusker 30. 9. Frau Dr. Probst 29. 9. Frau Dr. Rehling * 30. 9. Reitzner 9. 10. Frau Renger * 30. 9. Riedel (Frankfurt) 29. 9. Ruhnke 30. 9. Scharnberg 29. 9. Scheel 30. 9. Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 10. Schmidt (Hamburg) 9. 10. Schneider (Bremerhaven) 9. 10. Schneider (Hamburg) 30. 9. Dr. Schneider (Saarbrücken) 4. 10. Schröder (Osterode) 30. 9. Schultz 30. 9. Schütz (München) * 30. 9. Frau Dr. Schwarzhaupt 30. 9. Dr. Seffrin 30. 9. Seidl (Dorfen) * 30. 9. Dr. Serres * 30. 9. Seuffert 30. 9. Spies (Brücken) 29. 9. Stahl 30. 9. Stauch 30. 9. Storch 30. 9. Struve 9. 10. Dr. Vogel 30. 9. Wagner 30. 9. Dr. Wahl * 30. 9. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)* 30. 9. Frau Welter (Aachen) 29. 9. Wienand 9. 10. Frau Wolff 10. 10. Dr. Zimmer * 30. 9. Zoglmann 30. 9. Zühlke 30. 9. * für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Der hier zur Beratung stehende Gesetzentwurf ist erst mit großer Verzögerung auf die Tagesordnung des Bundestages gekommen. Sein Inhalt ist deshalb nicht weniger aktuell. Die Öffentlichkeit hat sich mit unserer Vorlage schon eingehend beschäftigt. Dabei sind irrige Auffassungen über den Inhalt und den Zweck unseres Antrags zutage getreten.
    Deshalb möchte ich vor der eigentlichen Begründung noch einmal die ausdrückliche Erklärung abgeben, daß meine Partei die Tarifautonomie der beiden Tarifpartner voll und ganz bejaht und sie durch diesen Antrag keineswegs in Frage stellen will. Welche Partei sollte denn mit größerer Aufgeschlossenheit einer solchen Tariffreiheit gegenüberstehen als gerade die liberale Partei? Den Einzelpersönlichkeiten weitgehende Rechte zu geben, den Staat auszuschalten, wo er nicht benötigt wird, ist ein echtes liberales Anliegen.
    Wir wollen aber die Autonomie der beiden Partner vor Gefahren bewahren, die ihr sonst bei einer Fehlentwicklung drohen könnten. Ich habe schon früher einmal ausgeführt: dieser Antrag soll den



    Dr. Atzenroth
    Zweck haben, die Tarifpartner an ihre Verpflichtungen für die Allgemeinheit zu erinnern. Ohne in ihre Tarifhoheit einzugreifen, sollen sie veranlaßt werden, alle Möglichkeiten der Aussprache und der Schlichtung auszunutzen. Der äußerste Schritt, nämlich der für die Wirtschaft und für unser ganzes Volk immer verhängnisvolle Arbeitskampf, soll tatsächlich nur der letzte Ausweg sein, wenn alle anderen Mittel der Verständigung versagt haben.
    Ich bin überzeugt, daß diese Gedankengänge nicht nur in diesem Hause, sondern auch in der Öffentlichkeit auf weitgehendes und wachsendes Verständnis stoßen werden. Den Rechten der beiden Tarifpartner stehen selbstverständlich auch Pflichten gegenüber der Allgemeinheit entgegen. Es ist keineswegs so, daß der Staat den beiden Partnern die volle Autonomie überlassen hat. Er hat in ihre Tarifvertragsfreiheit bereits erheblich eingegriffen. Arbeitszeitgesetz, Gesetz über Mitbestimmung, Kündigungsschutzgesetz, Mindesturlaub, Pflicht zur Einstellung von Schwerbeschädigten, Mutterschutzgesetz usw., alles das sind staatliche Eingriffe in die Vertragsautonomie der beiden Gruppen, die wir nicht etwa ablehnen; wir stellen vielmehr nur fest, daß es eben bei uns eine absolute Tariffreiheit zur Zeit nicht gibt.
    Wir alle wissen, daß den Organisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Bundesrepublik Aufgaben übertragen worden sind, die von großer, ja entscheidender Bedeutung für das gesamte Wirtschaftsleben unseres Volkes sind. Dieser Autonomie in einem sehr umfassenden sozialen und wirtschaftlichen Bereich müssen allerdings nach unserer Auffassung auch Pflichten und Verantwortung gegenüber der Gesamtheit entsprechen. Nicht die Arbeitsniederlegung, nicht Streik und Aussperrung sind Zweck und Ziel des Tarifrechts, sondern eine vernünftige und konstruktive Zusammenarbeit, die Sicherung der Arbeitsplätze, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen unter Berücksichtigung des wirtschaftlich Möglichen und Vertretbaren und die Erhaltung des Arbeitsfriedens sind die Aufgaben der Koalitionen. Der Arbeitsfriede soll nicht gestört werden, ehe nicht alle Möglichkeiten, ihn zu erhalten, ausgeschöpft sind. Der Arbeitskampf soll erst die ultima ratio sein. Eben diesem Ziel dient unser Gesetzentwurf, der ein wirksames Schlichtungswesen vorschreibt.
    Ein Abkommen, das im .Jahre 1954 zwischen den Spitzenorganisationen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf dem Margarethenhof abgeschlossen wurde, enthält gemeinschaftliche Empfehlungen für den Abschluß tariflicher Schlichtungsvereinbarungen. Sein Ziel war, das Tätigwerden von tariflichen Schlichtungsstellen nach dem Scheitern von Tarifverhandlungen zu sichern und während dieses Verfahrens eine entsprechende Friedenspflicht zu statuieren.
    Es ist außerordentlich bedauerlich, daß die Entwicklung dieses und des vergangenen Jahres eine Gefährdung des Margarethenhof-Abkommens und seiner begrüßenswerten Absichten gebracht hat.
    Die lohn- und tarifpolitische Entwicklung der letzten Zeit, insbesondere die Entwicklung seit Beginn dieses Jahres, zeigt mit eindringlicher Deutlichkeit, wie notwendig eine Entspannung durch eine Neuregelung des freiwilligen Schlichtungswesens ist. Bei voller Anerkennung des Grundsatzes der autonomen Gestaltung der Lohn- und Arbeitsbedingungen durch freie Tarifpartner hat es sich doch erwiesen, daß in Zeiten der Hochkonjunktur und der Voll- und Überbeschäftigung diese Tarifautonomie offenbar überfordert ist und sich letzten Endes durch die Übersteigerung von Forderungen und Bewilligungen zum Nachteil der Allgemeinheit des Volkes auswirkt.
    Das zeigt am besten eine kritische Betrachtung der Lohnentwicklung dieses Jahres. Zu Beginn des Jahres 1960 hielt sich die allgemeine Lohnentwicklung etwa noch in den Grenzen, die durch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung gesetzt waren. Dann aber folgte eine Steigerung der Lohnerhöhungen bis zu 15%, zum Teil jetzt sogar auf 16 bis 17 %. Hinzu kamen jeweils noch beträchtliche Nebenforderungen, wie die Veränderung der Lohngruppeneinteilungen, der Ortsklassenabstufungen und andere, nicht zuletzt die weitgehenden Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung. Es ist allen Beteiligten klar und wird auch ernstlich nicht von den Gewerkschaften bestritten, daß das Ausmaß dieser rasanten Lohnentwicklung, deren Ende noch gar nicht abzusehen ist, in allen betroffenen Industrie- und Wirtschaftszweigen zwangsläufig mit empfindlichen Preissteigerungen verbunden sein muß, die sich sehr bald in einer spürbaren Erhöhung der Lebenshaltungskosten des ganzen Volkes auswirken werden.
    Wenn man auch im einzelnen vielleicht verschiedener Meinung darüber sein kann, in welchem Umfang diese Lohnerhöhungen von der Kosten- und der Nachfrageseite her zwangsläufig die Preise beeinflussen, so kann doch nicht in Zweifel gezogen werden, daß nach allen volkswirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten diese außergewöhnliche Lohnentwicklung die allgemeine Produktivitätsentwicklung der Wirtschaft weit übersteigt und daher die Stabilität der Kaufkraft der Währung erschüttern muß.
    Die angespannte konjunkturelle und arbeitsmarktpolitische Situation begünstigt diese Entwicklung in weitem Umfange und läßt den Widerstand der Unternehmer gegen Lohnerhöhungen, die durch Preissteigerungen kompensiert werden können, leichter schwinden als früher. Es sollte alles getan werden, um den Gefahren, die diese Entwicklung für die Stabilität unserer Wirtschaft mit sich bringt, im Rahmen des Möglichen und ohne staatlichen Zwang zu begegnen. Wir glauben, daß ein wesentliches und geeignetes Mittel hierzu eine gesetzliche Neuregelung des Schlichtungswesens ist, die getragen ist von dem Grundsatz der freien Schlichtung der autonomen Tarifpartner und der Verantwortung gegenüber der Gesamtheit des Volkes. Unter diesem Gesichtspunkt ist der vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung und Ergänzung des Tarifvertragsgesetzes zu sehen. Wir lassen uns hierbei auch von dem Gedanken leiten, daß nach den in anderen Ländern der westlichen Welt gesammelten Erfahrungen ein ge-

    Dr. Atzenroth
    regeltes Schlichtungswesen ein wesentliches Instrument ist, dem sozialen Frieden im Interesse der Allgemeinheit zu dienen. In diesem Zusammenhang darf ich nur auf die positiven Auswirkungen hinweisen, die mit dem bekannten Friedensabkommen in der Schweiz erzielt worden sind.
    Unser Entwurf sieht im ersten Teil vor, daß die Tarifvertragsparteien in Ausübung ihrer Tarifhoheit und in eigener Zuständigkeit verpflichtet sind, ein tarifliches Schlichtungswesen zu vereinbaren.

    (Zuruf von der SPD: Das haben sie doch alle!)

    — Wenn sie es alle hätten, dann wäre der Gesetzentwurf überflüssig.

    (Zuruf von der SPD: Ist er auch!)

    Er gilt nur für diejenigen, die ein solches Schlichtungswesen nicht haben. Für dieses Verfahren, dessen Regelung im einzelnen den Tarifpartnern überlassen bleibt, gibt der Entwurf nur einige wenige, inhaltlich an sich selbstverständliche Rahmenvorschriften. Die Aufgabe der von den Tarifvertragsparteien zu bildenden Schlichtungsstelle ist es, den Partnern einen Einigungsvorschlag zu unterbreiten.

    (Zuruf von der SPD: Das tun sie doch!)

    — Sie werden nicht gezwungen, einen unparteiischen Vorsitzenden zu bestellen. Sie können die Zusammensetzung des Schlichtungsausschusses in eigener Machtvollkommenheit verschiedenartig gestalten.

    (Zuruf von der SPD: Das machen sie doch alle!)

    — Aber wenn sie es alle hätten, dann brauchten wir den Gesetzentwurf nicht einzubringen. Ich bitte Sie, mir nachzuweisen, daß es alle haben. Aber ich darf doch daran erinnern, daß gerade Ihr Kollege, Herr Brenner, sich vor gar nicht allzu langer Zeit geweigert hat, ein Abkommen zu treffen, in dem ein Schlichtungsverfahren vorgesehen ist.

    (Zuruf von der SPD: Sie haben es alle! — Abg. Stingl: Es gefällt ihnen nicht!)

    Die- Aufgabe der von den Tarifvertragsparteien zu bildenden Schlichtungsstelle ist es, den Partnern einen Einigungsvorschlag zu unterbreiten. Dabei hat sie — und hier liegt einer der Kernpunkte des Gesetzes — „unter Würdigung der von den Parteien vorgetragenen Darlegungen die wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkte des betroffenen Wirtschaftszweiges und die Auswirkungen auf die volkswirtschaftliche Gesamtlage zu berücksichtigen".
    Wir glauben, daß eine solche Würdigung im Sinne der heute immer wieder betonten und gewünschten, leider aber keineswegs erreichten Versachlichung der Lohn- und Tarifpolitik liegt. Das Schlichtungsverfahren gilt nach unserem Entwurf als erschüttert, wenn ein Einigungsvorschlag nicht zustande kommt oder abgelehnt wird. Erst dann sollen Kampfmaßnahmen unter Einhaltung einer kurzen Frist zulässig sein.
    Ich stelle also fest, daß es der Gesetzentwurf in erster Linie den autonomen Tarifparteien überläßt, in eigener Zuständigkeit das Schlichtungsverfahren zu regeln. Erst wenn die Tarifvertragsparteien von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch machen, also keine eigene Vereinbarung über ein Schlichtungsverfahren treffen, kommen subsidiär die Vorschriften zur Anwendung, die ein solches Verfahren gesetzlich regeln.

    (Zuruf: Also doch Zwang!)

    — Nein, kein Zwang, nur die Verpflichtung, selber zu handeln.

    (Zuruf: „Freiwilliger" Zwang!)

    — Der Staat greift erst dann ein, wenn diese Pflicht, zu handeln, verletzt wird. — Aber auch hier haben es die Tarifpartner in der Hand, jederzeit eine eigene Regelung an die Stelle der gesetzlichen Bestimmungen zu setzen. Im übrigen lehnen sich auch solche gesetzlichen Vorschriften des Entwurfs für ein Schlichtungsverfahren eng an die Bestimmungen an, welche die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und der Arbeitgeber in dem sogenannten Margarethenhof-Abkommen vom 17. September 1954 vereinbart haben. Die Spitzenorganisationen dieser beiden Tarifpartner haben eine solche Vereinbarung damals getroffen; sie ist bloß nicht durchgeführt worden. Diese Bestimmungen entsprechen also der seit Jahren bestehenden, zumindest früher gemeinsamen Auffassung der Sozialpartner.
    Wesentlich ist in diesem Zusammenhang und soll daher nochmals betont werden, daß der Entwurf weder bei dem gesetzlichen noch bei dem vereinbarten Schlichtungsverfahren eine Pflicht der Parteien zur Annahme des Einigungsvorschlages vorsieht. Ich möchte dies hier nochmals besonders hervorheben, weil in einer Reihe von Stellungnahmen zu dem Gesetzentwurf die Behauptung wiederkehrt, es solle hier eine Zwangsschlichtung eingeführt werden. Das ist unrichtig. Eine Zwangsschlichtung läge vor, wenn ein von einer oder beiden Parteien nicht angenommener Einigungsvorschlag kraft staatlicher Autorität für verbindlich erklärt werden könnte. Eben dies wünschen wir nicht. Nach unserem Gesetzentwurf bleibt es den Parteien unbenommen, ,den Vorschlag der Schlichtungsstelle anzunehmen oder abzulehnen. Danach sind sie binnen einer bestimmten Frist in ihren Entscheidungen frei und können notfalls Kampfmaßnahmen ergreifen. Es handelt sich auch hier nicht um den Versuch, ein staatliches Schlichtungsverfahren einzuführen; die Aufgabe des Gesetzgebers besteht vielmehr nur darin, den Tarifparteien eine Verfahrensordnung und auch diese im wesentlichen nur hilfsweise zur Verfügung zu stellen.
    Zum Schluß, meine Damen und Herren, darf ich noch ein Argument vortragen, das bisher in der Öffentlichkeit noch nicht erörtert worden ist, das mir aber besonders wichtig zu sein scheint. In unserem Bemühen, einen Beitrag zur Sicherung der Stabilität unserer Wirtschaft und ihrer Aufwärtsent-
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 125. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 29. September 1960 7273
    Dr. Atzenroth
    Wicklung zu leisten, befinden wir uns in der Zielsetzung nicht nur in Übereinstimmung mit der Auffassung und den Verlautbarungen der Bundesregierung sowie des Präsidenten der Deutschen Bundesbank, sondern auch in Übereinstimmung mit der Auffassung der Allgemeinheit, nicht zuletzt der Sparer und Rentner, deren Eigentum von der Gefahr einer schleichenden Geldentwertung ernstlich bedroht wird.
    Mit der Rechtspflicht des Staates, alles ihm Mögliche im Sinne der Erhaltung der Stabilität des Geldwertes unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Eigentums zu tun, haben sich auch sehr maßgebende Juristen und Staatsrechtler befaßt. Ich denke hier vor allem an die sehr eindrucksvollen Ausführungen, die der Senatspräsident Professor Dr. Geiger vom Bundesgerichtshof vor einiger Zeit machte. Er sagte in diesem Zusammenhang:
    Damit stellt sich die Frage nicht nach der Entschädigungspflicht, sondern nach der Pflicht, der Rechtspflicht des Staates, alles ihm Mögliche im Sinne der Erhaltung der Kaufkraftstabilität des Geldes zu tun. Und soweit die anhaltende Verminderung der Kaufkraft der Mark darauf zurückzuführen sein sollte, daß sich die Tarifpartner, also konkret die großen Gewerkschaften und die Unternehmerverbände, auf Kosten des Verbrauchers einigen, indem sie Lohnzugeständnisse machen, die sich im Preis niederschlagen müssen, entsteht die weitere Frage, ob aus der genannten verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzpflicht dem Staat nicht die konkrete Pflicht erwächst, durch Ausbildung geeigneter Mittel der eigentumszerstörenden Wirkung einer gesamtvertraglichen Abrede entgegenzutreten.
    Das ist eine sehr beachtliche Bemerkung eines unserer höchsten Richter, die zumindest einer ernsten Nachprüfung von allen Seiten dieses Hauses, vor allem aber von seiten der Bundesregierung, würdig wäre. Dieser wichtige Gedankengang dieses anerkannten Richters und Verfassungsrechtlers hat sich weitgehend mit unseren eigenen Überlegungen gedeckt. Ich glaube, es könnte richtig und zweckmäßig werden, die Frage nach der Rechtspflicht des Staates, das vorhandene Eigentum zu schützen und eigentumszerstörende Maßnahmen, wie die Geldentwertung, .abzuwehren, einmal ganz grundsätzlich im Rahmen unserer verfassungsrechtlichen Ordnung aufzuwerfen und nachzuprüfen. Jede Fraktion dieses Hauses sollte sich mit dieser Frage beschäftigen.
    Meine Damen und Herren, ich habe mich bemüht, Ihnen die inneren Gedankengänge für die Einbringung dieses zunächst völlig falsch verstandenen Gesetzentwurfs darzulegen.

    (Zuruf von der SPD: Das letzte war deutlich!)

    Dieser Gesetzentwurf soll die große Masse unseres Volkes schützen, aber er soll keinem der Tarifpartner irgendwie entgegentreten. Er ist gedacht zum Schutze der großen Masse unseres Volkes, zur Erhaltung des Eigentums, das der einzelne in seiner Kaufkraft besitzt, und ist gedacht zur Erhaltung der Kaufkraft unseres Geldes. Ich wäre Ihnen sehr dankbar,

    (Zuruf von der SPD: Das haben wir vor zwei Jahren schon mal gehört!)

    wenn Sie mit uns diesen Gesetzentwurf dein Ausschüssen für Arbeit und Wirtschaft überweisen, ihn in diesen Ausschüssen gründlich beraten und dann recht bald in zweiter und dritter Lesung verabschieden würden.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Thomas Dehler
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Der Antrag ist begründet worden. Wir treten in die Aussprache ein. Wortmeldungen liegen nicht vor, erfolgen auch nicht. Ich schließe die erste Beratung. Der Antragsteller hat Überweisung an die Ausschüsse für Arbeit und Wirtschaft beantragt. Vorgesehen war nur Überweisung an den Ausschuß für Arbeit.

(Abg. Dr. Atzenroth: Das ist ein wirtschaftspolitisches Problem!)

Bestehen Bedenken, daß an die beiden Ausschüsse überwiesen wird, an den Ausschuß für Arbeit als federführenden? — Keine Erinnerungen; dann ist so beschlossen.
Herr Abgeordneter Memmel hat das Wort zu einer persönlichen Erklärung nach § 35 der Geschäftsordnung.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Linus Memmel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren, ich will mich ernstlich bessern. Dieses Wort ist jetzt nicht so sehr für Sie gedacht, sondern für die Herren dort unten, weil ich heute gelesen habe, daß ich zu den sogenannten schwierigen Rednern gehöre, wegen meiner schnellen Sprechweise.
    Nun zur Sache: Der Herr Professor Schellenberg hat im Zuge der Debatte gesagt, daß der Regierungsentwurf eine Verschlechterung der geltenden Regelung bedeute. Daraufhin habe ich den Zwischenruf gemacht: „Aber eine dringend notwendige Verschlechterung!" Das hat Herr Professor Schellenberg zum Anlaß genommen, zu sagen, ich sei für die Abschaffung der Karenztage überhaupt. Ich habe das mit der „Verschlechterung" folgendermaßen gemeint: Die gegenwärtige Regelung mit der Bindung der zwei Tage an die 14 Tage Krankheitsdauer ist die schlechteste Regelung, die es überhaupt gibt. Das meinte ich. Ich bin auf jeden Fall für eine Regelung, die entweder die Karenztage ganz abschafft oder immer beibehält. Die geltende Regelung ist jedenfalls die schlechteste, die man sich vorstellen kann. Ich bin für die Beibehal-



    Memmel
    tung mindestens eines Tages — nämlich in der Form, daß am Tag nach der Erkrankung erst die Lohnfortzahlung beginnt.

    (Unruhe und Zurufe.)