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ID0312519400

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Metadaten
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    5. Abgeordnete: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 125. Sitzung Bonn, den 29. September 1960 Inhalt: Fragestunde (Drucksachen 2077, zu 2077) Frage des Abg. Leonhard: Finanzhilfe bei Schäden durch Blauschimmelbefall von Tabakpflanzen Schwarz, Bundesminister . . . . . 7235 B Frage des Abg. Leonhard: Behandlungsmethoden bei Blauschimmelbefall Schwarz, Bundesminister . . . . . 7235 C Frage des Abg. Leonhard: Bekämpfung der Blauschimmelkrankheit Schwarz, Bundesminister 7235 C, D, 7236 A, B Leonhard (CDU/CSU) . . 7235 D, 7236 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . . 7236 B Frage des Abg. Logemann: Erzeugerpreise für Veredelungsprodukte Schwarz, Bundesminister . . . . . 7236 B Frage des Abg. Rehs: Zusammenlegung der Deutschen Siedlungsbank mit der Deutschen Landesrentenbank Schwarz, Bundesminister 7236 D, 7237 B, C, D, 7238 A Rehs (SPD) 7237 A, B Diekmann (SPD) . . . . . . 7237 C, D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) 7237 D, 7238 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Abtretung von Exerzierplatzgelände in Kornwestheim 7238 A Frage des Abg. Lohmar: Tiefflüge von Düsenjägern über Bielefeld Hopf, Staatssekretär 7238 B Frage des Abg. Lohmar: Werbemethoden der Bundeswehr Hopf, Staatssekretär 7238 D Frage des Abg. Wittrock: Verprügeln von Kameraden in der Bundeswehr Hopf, Staatssekretär 7239 A Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Tiefflüge von Düsenjägern über Marburg Hopf, Staatssekretär 7239 B, C Jahn (Marburg) (SPD) 7239 B, C Frage des Abg. Dr. Imle: Studienbewerber an Technischen Hochschulen und Fachschulen nach freiwilligem Wehrdienst Hopf, Staatssekretär 7239 C Frage des Abg. Ritzel: Zuschläge bei Benutzung von Telefonanschlüssen Stücklen, Bundesminister 7240 A Ritzel (SPD) 7240 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Vermittlung von Ferngesprächen . . 7240 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Uberprüfung der Postverbindungen . . 7240 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1960 Frage des Abg. Blachstein: Telefonanschlüsse in Hamburg-Niendorf Stücklen, Bundesminister 7240 C, D, 7241 A Frau Keilhack (SPD) . . 7240 D, 7241 A Fragen des Abg. Felder: Amtliche Fernsprechbücher Stücklen, Bundesminister 7241 A, B, C, D, 7242 A Felder (SPD) 7241 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7241 C Wittrock (SPD) . . . . 7241 D, 7242 A Frage des Abg. Bading: Handelsspannen bei Obst und Gemüse Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7242 B, D, 7243 A Bading (SPD) . . . . . 7242 D, 7243 A Frage des Abg. Bading: Konjunkturpolitik der Deutschen Bundesbank Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7243 B, D Bading (SPD) . . . . . . . . 7243 C, D Frage des Abg. Gewandt: Entwicklung und Fertigung deutscher Flugzeugtypen Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 7244 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Zigarettenrauchen und Häufigkeit von Herzinfarkt und Lungenkrebs . . . . 7244 B Frage des Abg. Dr. Kohut: Kunstrum und Kunstarrak Dr. Schröder, Bundesminister . . 7244 B, C Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . . 7244 C Frage des Abg. Kreitmeyer Nichtigkeitserklärung des Beförderungsschnittes Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7244 D, 7245 A, B Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 7245 A Fragen des Abg. Ehren: Angestellte des Bundes über 50 Jahre Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7245 C Frage des Abg. Wittrock: Versetzung in den Ruhestand wegen angeblicher Dienstunfähigkeit Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7245 D, 7246 B, C, D Wittrock (SPD) . . . 7245 D, 7246 A, C Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 7246 C Frage des Abg. Wittrock: Inanspruchnahme von Hilfskräften bei Herstellung von Referentenkommentaren Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7246 D, 3247 A, B Wittrock (SPD) 7247 A, B Frage des Abg. Dr. Höck (Salzgitter) : Strafmandatssoll für Verkehrspolizisten Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7247 C Frage des Abg. Logemann: Margarinezusätze Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7247 D Frage des Abg. Dr. Miessner: Inkrafttreten der Besoldungserhöhung für Beamte Dr. Schröder, Bundesminister . . 7248 A, B Brück (CDU/CSU) . . . . . . . 7248 A Frage des Abg. Dr. Miessner: Einmalige Zulage für Bundesbeamte Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7248 C Dr. Miessner (FDP) . . . . . . . 7248 C Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Verwendung eines neuen Emulgators für Margarine Dr. Schröder, Bundesminister 7248 D, 7249 A Frau Dr. Hubert (SPD) 7248 D Frage des Abg. Dr. Kanka: Gastspiel eines Ostberliner Theaters Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7249 A Entwurf eines Gesetzes über vordringliche Maßnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung (SPD) (Drucksache 1926) — Erste Beratung —; in Verbindung mit Antrag betr. Lohnfortzahlung an Arbeiter im Krankheitsfalle (SPD) (Drucksache) 1927) Dr. Schellenberg (SPD) . 7249 C, 7270 B Horn (CDU/CSU) . . . 7255 D, 7270 B Dr. Stammberger (FDP) 7258 D Rohde (SPD) 7261 B Weimer (CDU/CSU) 7264 A Geiger (Aalen) (SPD) 7266 A Dr. Atzenroth (FDP) 7268 B Börner (SPD) . . . . . . . . . 7270 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Tarifvertragsgesetzes (FDP) (Drucksache 1563) — Erste Beratung — Dr. Atzenroth (FDP) 7270 D Persönliche Erklärung nach § 35 GO Memmel (CDU/CSU) 7273 D Nächste Sitzung 7274 C Berichtigung 7274 Anlage 7275 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1960 7235 125. Sitzung Bonn, den 29. September 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 15.01 Uhr.
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 124. Sitzung Seite 7187 C Zeile 7 statt „1910": 1919. Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Altmaier * 30. 9. Balkenhol 30. 9. Bals 15. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Bauer (Würzburg) * 30. 9. Frau Bennemann 30. 9. Berkhan 30. 9. Bettgenhäuser 30. 9. Birkelbach 30. 9. Fürst von Bismarck * 30. 9. Blachstein * 30. 9. Dr. Böhm 22. 10. Frau Brauksiepe 9. 10. Dr. Bucerius 30. 9. Corterier * 30. 9. Dr. Dahlgrün 30. 9. Demmelmeier 7. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 9. 10. Dowidat 30. 9. Drachsler 30. 9. Draeger 9. 10. Eilers (Oldenburg) 30. 9. Enk 30. 9. Dr. Friedensburg 30. 9. Dr. Furler * 30. 9. Gerns * 30. 9. Dr. Gradl 9. 10. Haage 30. 9. Hahn 30. 9. Dr. Harm * 30. 9. Frau Herklotz 9. 10. Dr. Hesberg 30. 9. Heye 9. 10. Höcherl 9. 10. Höfler * 30. 9. Höhne 30. 9. Frau Dr. Hubert * 30. 9. Jacobs * 30. 9. Jahn (Stuttgart) 30. 9. Jürgensen 31. 10. Keller 30. 9. Dr. Kempfler 9. 10. Dr. Kliesing (Honnef) * 30. 9. Dr. Kopf 9. 10. Krammig 31. 10. Kühlthau 30. 9. Kühn (Köln) * 30. 9. Lermer 15. 10. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 9. Lücker (München) 30. 9. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Maier (Freiburg) 30. 9. Majonica 9. 10. Frau Dr. Maxsein * 30. 9. Dr. Mende* 30. 9. Dr. Menzel 22. 10. Merten 9. 10. Dr. Meyer (Frankfurt) * 30. 9. Mischnick 29. 9. Frau Dr. Pannhoff 29. 9. Paul * 30. 9. Peters 30. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Pohle 31. 10. Pöhler 29. 9. Dr. Preiß 30. 9. Dr. Preusker 30. 9. Frau Dr. Probst 29. 9. Frau Dr. Rehling * 30. 9. Reitzner 9. 10. Frau Renger * 30. 9. Riedel (Frankfurt) 29. 9. Ruhnke 30. 9. Scharnberg 29. 9. Scheel 30. 9. Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 10. Schmidt (Hamburg) 9. 10. Schneider (Bremerhaven) 9. 10. Schneider (Hamburg) 30. 9. Dr. Schneider (Saarbrücken) 4. 10. Schröder (Osterode) 30. 9. Schultz 30. 9. Schütz (München) * 30. 9. Frau Dr. Schwarzhaupt 30. 9. Dr. Seffrin 30. 9. Seidl (Dorfen) * 30. 9. Dr. Serres * 30. 9. Seuffert 30. 9. Spies (Brücken) 29. 9. Stahl 30. 9. Stauch 30. 9. Storch 30. 9. Struve 9. 10. Dr. Vogel 30. 9. Wagner 30. 9. Dr. Wahl * 30. 9. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)* 30. 9. Frau Welter (Aachen) 29. 9. Wienand 9. 10. Frau Wolff 10. 10. Dr. Zimmer * 30. 9. Zoglmann 30. 9. Zühlke 30. 9. * für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Peter Horn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst für die Fraktion der CDU/CSU folgende Erklärung abgeben : Die CDU/CSU-Fraktion erklärt, daß nach ihrer Absicht die Vorlage über die Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung als Ganzes und mit tunlichster Beschleunigung verabschiedet werden soll.
    Entsprechend den veränderten soziologischen Voraussetzungen ist die Fraktion der Meinung, daß die Frage einer Beteiligung der Versicherten an den Krankheitskosten in einem sozial vertretbaren Maße ein notwendiger Schritt zu einer Reform ist und daher nicht unter dem Gesichtspunkt der Finanzierung der Leistungen der Krankenkassen beurteilt werden sollte.
    Die Fraktion ist der Auffassung, daß für die Pflichtversicherten und darüber hinaus für einen



    Horn
    Teil der freiwillig Versicherten die Selbstbeteiligung in Form einer Krankenscheingebühr durchgeführt werden soll. Weiterhin hält es die Fraktion für zumutbar, unter bestimmten Voraussetzungen bei den freiwillig Weiterversicherten einen ersten Schritt in das Kostenerstattungssystem zu tun.

    (Rufe von der SPD: Hört! Hört! Aha! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Da bei der Entscheidung, in welchem Maße diese Reform durchgeführt werden kann, von maßgeblicher Bedeutung ist, wie die Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle gewährleistet wird, ist die CDU/ CSU-Fraktion der Auffassung, daß gleichzeitig mit der Verabschiedung des Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetzes auch die gesetzlichen Bestimmungen über die finanzielle Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle eine Weiterentwicklung in Richtung auf das Ziel einer Angleichung zwischen Angestellten und Arbeitern erfahren soll.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Wie?)

    Das entspricht auch den Beschlüssen von CDU/CSU-Parteigremien, u. a. von CDU-Parteitagen in dieser Frage.
    Hinsichtlich des Arztrechtes vertritt die CDU/ CSU-Fraktion die Auffassung, daß es grundsätzlich bei der bestehenden gesetzlichen Regelung verbleiben soll. Dazu gehört vor allem auch die Aufrechterhaltung der im Kassenarztrecht verankerten Selbstverwaltung, insbesondere mit Bezug auf die Zusammenarbeit von Ärzten und Krankenkassen in den dafür vorgesehenen Ausschüssen. Dabei muß den Folgerungen, die sich aus der Honorierung nach Einzelleistungen und aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Zulassung der Ärzte zu den Krankenkassen ergeben, Rechnung getragen werden. — Soweit, meine Damen und Herren, diese Erklärung der CDU/CSU-Fraktion.
    Bevor ich mich mit den Ausführungen beschäftige, die Herr Kollege Dr. Schellenberg hier soeben gemacht hat, möchte ich bemerken, daß wir bei unserer Debatte unterscheiden zwischen der Reform der Krankenversicherung als solcher und der Frage der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle im besonderen. Wir. wissen sehr wohl, wie eng diese beiden Fragen miteinander zusammenhängen, und ich sage das jetzt hier nur, weil zum Thema Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle nach mir mein Kollege Weimer sprechen wird.
    Der Herr Kollege Dr. Schellenberg hat in seinen Ausführungen, wie ich ihm bescheinigen möchte, zwar in durchaus sachlicher Weise zu den Dingen Stellung genommen. Es kann ihm auch nicht verübelt werden, wenn er mit Pathos und Energie für seinen Gesetzentwurf hier eintritt. Immerhin, an Selbstbewußtsein bezüglich eigener Initiative der SPD hat er es wahrhaftig nicht fehlen lassen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU. Zurufe von der SPD.)

    Alle Fragen, die Herr Professor Schellenberg in diesem Zusammenhang angesprochen hat, sind auch Gegenstand und Inhalt der Gesetzesvorlage, die den Sozialpolitischen Ausschuß seit längerem beschäftigt. Wenn ich auch jetzt nicht die These vom „Rosinen-aus-dem-Kuchen-Picken" aufnehmen will, so darf ich doch sagen, daß der Inhalt dieses sogenannten Vorschaltgesetzes - selbstverständlich unter Beachtung gewisser Modifikationen oder Ergänzungen — weithin mit dem Leistungsrecht, wie es die Regierungsvorlage vorgesehen hat, übereinstimmt.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Wir werden uns im Ausschuß, was diese Dinge angeht, sehr sachlich über die einzelnen Punkte unterhalten können.
    Trotzdem, meine verehrten Damen und Herren von der Opposition, darf ich vielleicht sagen: Welche Gründe letzten Endes die Einbringung dieses Initiativgesetzentwurfs veranlaßt haben, ist nach meinem Dafürhalten in den Ausführungen des Kollegen Schellenberg nicht bis zum letzten Punkt deutlich geworden. Ich habe vor der großen Parlamentspause in Unterhaltungen mit dem verehrten Herrn Kollegen Schellenberg auch zu diesem Thema eines Vorschaltgesetzes u. a. gesagt: Herr Dr. Schellenberg, es bedarf doch gar nicht dieses Vorschaltgesetzes als eigenen besonderen Gesetzentwurfs, denn Sie hätten durchaus die Möglichkeit, bei der zweiten Lesung dieser Gesetzesvorlage all die einzelnen Fragen, wie Sie sie in Ihrem Gesetzentwurf sehen, anzusprechen, entsprechende Anträge zu stellen oder sich gegen unsere Absichten in dieser Vorlage zu wenden. Das brauchte unsere Beratungen oder den Beginn der zweiten Lesung im Ausschuß in keiner Weise aufzuhalten.
    Ich widerstehe der Versuchung, nun im einzelnen die Erörterungen, die in den Sozialpolitischen Ausschuß gehören, vorwegzunehmen. Deshalb möchte ich mich nicht auf die vielen Einzelfragen, die hier erörtert worden sind, einlassen. Ich kann nur noch einmal erklären: Im wesentlichen, in der Mehrzahl oder in der Hauptsache sind diese einzelnen Punkte sämtlich Gegenstand auch der Regierungsvorlage, und wir können sehr wohl darüber sprechen, wie die Dinge im einzelnen zu machen sind.
    Ich möchte nur einen Punkt ganz kurz berühren. Ich glaube, in der Frage der Vorsorgehilfe oder der Vorsorgekuren könnte man sich durchaus darüber unterhalten, ob man hier, weil im wesentlichen oder jedenfalls zu einem guten Teil Neuland betreten wird, den Organen der Selbstverwaltung in der Krankenversicherung entsprechende Zuständigkeiten einräumen könnte. Ich unterschreibe, was Herr Schellenberg gesagt hat: auch hier müssen erst vernünftige Erfahrungen gesammelt werden. Deshalb werden wir uns im Ausschuß in dieser Frage zweifellos über die sachlichen Dinge, die darinstecken, vernünftig und ruhig unterhalten oder auseinandersetzen können.
    Nun hat Herr Schellenberg mit etwas schmunzelnder Miene den geschichtlichen Ablauf der Ereignisse wiedergegeben und erläutert, wie er sich im Laufe dieses Jahres seit der ersten Lesung entwickelt hat. Lassen Sie mich dazu nur folgendes kurz sagen: Mein Kollege Stingl hat als Sprecher in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs zu den einzelnen



    Horn
    Fragen Stellung genommen, aber doch an einer Reihe von Punkten gewisse Fragezeichen angebracht oder damals erklärt: Dies oder jenes sind Fragen, über die wir uns auch in unseren eigenen Reihen noch gründlich unterhalten müssen, über die, mit anderen Worten, sehr wohl verschiedene Meinungen vorherrschen können.
    Der Herr Kollege Schellenberg hat vorhin vom sogenannten Stein der Weisen gesprochen. Meine Damen und Herren, ich glaube, in dieser sehr schwierigen und neuralgischen Frage mit all den Dingen, die mit ihr verbunden sind, hat überhaupt niemand den Stein der Weisen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Niemand, ob das nun die Regierung ist — die ist gar nicht so überheblich — oder eine der Fraktionen, kann für sich das Patent oder den Musterschutz für seine Lösung beantragen,

    (Abg. Dr. Stammberger: Sehr richtig!)

    niemand kann sagen, daß er, mit welchen Vorschlägen auch immer, eine Ideallösung oder eine Patentlösung brächte. In jedem Fall bleiben Fragen offen, und in jedem Fall wird es auch bei dieser Neuregelung heißen müssen: In diesen und in jenen Punkten müssen Erfahrungen gesammelt werden, und zur gegebenen Zeit wird man sich über diese oder jene Frage erneut unterhalten können oder sogar unterhalten müssen.
    Meine verehrten Damen und Herren, ich kann an dieser Stelle aber doch nicht unterlassen, ganz kurz wenigstens auf einige Punkte der geschichtlichen Entwicklung und auf die Darstellung dieser Dinge einzugehen. Herr Kollege Dr. Schellenberg hat die Dinge so dargestellt, als ob die ganze Misere, die ganzen Schwierigkeiten, die mit dieser Frage aufgetreten sind, letztlich entweder auf die Bundesregierung — weil sie eine solche Vorlage gemacht habe — oder auf die CDU/CSU-Fraktion zurückgingen, die sich eben Gott weiß wie lange Zeit über schwierige neuralgische Fragen nicht einig geworden sei.

    (Zuruf von der SPD: Da müssen Sie beim Referentenentwurf beginnen! — Weitere Zurufe links.)

    Ich leugne gar nicht, meine Damen und Herren, daß es in diesen Fragen auch in unserem eigenen Kreise Meinungsverschiedenheiten gegeben hat.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Das hat sich inzwischen herumgesprochen!)

    Wenn man der Meinung ist, die ich soeben äußerte, daß sich hier keine Patentlösung finden läßt, dann kann man auch sehr ruhig und sehr sachlich einräumen, daß es keine Schande, erst recht keine Sünde ist, wenn man im Verlauf der Diskussionen und Überlegungen über diese Dinge auch einmal — und wenn es sogar einige Male sein sollte — zu besseren Erkenntnissen kommen kann und dann diesen besseren Kenntnissen auch zu folgen bereit ist. Das ist weder eine Sünde, noch eine Schande.
    Die sozialdemokratische Fraktion und Arm in Arm mit ihr der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Gewerkschaften, haben diese Gesetzesvorlage von allem Anfang an als das innenpolitische Thema Nr. 1 hochgespielt.

    (Zuruf von der SPD: Na, na!)

    Sie haben lange Zeit die ganze Diskussion um diese Fragen an einem Nagel — unter dem Stichwort: Selbstbeteiligung — aufgehängt.

    (Zuruf von der SPD.)

    Ich kenne eine ganze Anzahl von gewerkschaftlichen — sogenannten — Protestveranstaltungen zu dieser Frage. Wie es bei Ihren Referaten draußen vor Ihren Leuten gewesen ist, vermag ich im ganzen nicht so genau zu beurteilen. Aber auch Sie haben diese Auffassung — sozusagen nach der gleichen Melodie — vertreten. Auch Sie haben Ihren Leuten im wesentlichen Ihre Ablehnung der sogenannten Selbstbeteiligung vorgetragen. Lange Zeit sind, insbesondere auch in Gewerkschaftsversammlungen, das Positive, das Gute und die sehr erheblichen Leistungsverbesserungen, die in dieser Vorlage drinstecken, einfach unterschlagen worden;

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    man hat nur auf den eben erwähnten Dingen herumgeritten. Das muß heute bei dieser Gelegenheit auch einmal ausgesprochen werden.
    Wir sind seinerzeit im sozialpolitischen Ausschuß in die Krise gekommen, die Herr Schellenberg vorhin erwähnt hat. Sie haben den Ausschuß verlassen. Hinter diesem Verlassen des Ausschusses staken auch andere Gründe und Überlegungen.

    (Zurufe von der SPD: Na, na! Unerhört!)

    Wir sind damals gefragt worden, wo denn unsere neue Konzeption in diesen Dingen sei. Damals habe ich den Damen und Herren auf ihre wiederholten Fragen gesagt, die Grundkonzeption, von der wir ausgingen, sei die Regierungsvorlage.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Ist sie es immer noch?)

    — Inwieweit wir die Regierungsvorlage durch unsere Anträge ändern werden — ohne dabei die Grundidee oder die Komponenten dieser Konzeption völlig zu leugnen —, werden Sie erfahren, wenn wir die Anträge einbringen.
    An dieser Stelle möchte ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, doch noch einmal sehr nachdrücklich sagen: ein echter Grund, damals den Ausschuß auffliegen zu lassen, hat nicht bestanden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir hätten die zweite Lesung dieser Vorlage auf Grund der vorliegenden Änderungsanträge sehr wohl beginnen können. Heute sagen Sie, der Beginn der Beratung sei nicht möglich gewesen, weil der gesamte Überblick über alles das, was bei uns überlegt wurde oder überlegt wird, Ihnen noch nicht bekannt und nicht geläufig gewesen sei. Ich wiederhole: wir hätten schon ein ganzes Stück der Vorlage



    Horn
    beraten können. Zu dem Zeitpunkt, zu dem wir an schwierige und neuralgische Punkte gekommen wären, hätten Sie unsere konkreten Vorschläge dazu in der Hand gehabt, und wir hätten die Dinge weiter behandeln können.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Heute wenigstens wollen wir sie haben!)

    — Ich sage Ihnen noch einmal: wir befinden uns hier nicht in der zweiten Lesung im sozialpolitischen Ausschuß. Ich will Ihnen nur kurz und bündig sagen: aus der von mir vorhin abgegebenen Erklärung mögen Sie erkennen und ablesen, in welche Richtung unsere Überlegungen und unsere Änderungsvorschläge gehen. Alles andere wird sich dann bei den Ausschußberatungen finden.
    Der Herr Kollege Schellenberg hat großen Wert darauf gelegt, im einzelnen darzutun, daß wir aus Zeitgründen einfach gar nicht anders könnten, als Ihrem Vorschaltgesetz zu folgen. Dazu kann ich nur folgendes sagen: auch wenn wir dieses Vorschaltgesetz für sich allein und losgelöst von der Regierungsvorlage debattierten, würden wir dabei genauso gründlich und tief in die Einzelfragen und Probleme einsteigen müssen, wie wir es auch bei der Gesetzesvorlage der Regierung tun müssen. Wir würden also wahrscheinlich gar nicht viel gewinnen. Ich gebe zu, daß verschiedene sehr wichtige Detailabschnitte der Vorlage in Ihrem Entwurf nicht angesprochen sind; sie müssen wir außerdem behandeln und verabschieden.
    Herr Dr. Schellenberg hat dann auch im einzelnen die Frage der Finanzierung angesprochen und dargelegt, wie diese in Ihrem Gesetzentwurf geregelt sei. Ich verzichte darauf, jetzt hier auf Ihre Begründung des finanziellen Teils einzugehen, denn das gehört auch in die Erörterung im Ausschuß. Ich will nur etwas dazu bemerken: was im einzelnen zu der Finanzierung zu sagen ist, kann man nicht so einfach und so leicht mit einer Hand hinlegen, wie es die Vorlage der sozialdemokratischen Fraktion tut. Es sollen in einem großen Umfang auch Haushaltsmittel des Bundes beansprucht werden. Das macht es doch erforderlich, darüber sehr eingehende Überlegungen mit der Bundesregierung und mit dem Herrn Bundesfinanzminister anzustellen. Wir werden ohnehin bei der Beratung des Haushalts über solche Dinge sprechen müssen. Wir sind seit Wochen mit dem Herrn Bundesfinanzminister im Gespräch über Leistungen oder Erhöhung von Leistungen des Bundeshaushalts für diese Dinge. Ich hoffe, daß wir diese Gespräche mit gutem Nutzen für die Sache abschließen können.
    Bevor ich diesen Platz verlasse, glaube ich, noch folgendes sagen zu müssen. Herr Dr. Schellenberg hat vorhin in seinen Darstellungen die Dinge etwas ironisiert. Er sagte: Hier Vorlage der Bundesregierung, dann Kompromißvorschlag der CDU/CSU, dann wiederum geänderte Vorschläge, die zu guter Letzt von uns erarbeitet worden seien und die wir jetzt in dieser Vorlage zu verwirklichen beabsichtigten. Ich habe vorhin schon einmal gesagt: wenn jemand im Laufe von Diskussionen und Auseinandersetzungen zu anderen Erkenntnissen kommt und er sich entschließt, nach diesen Erkenntnissen zu
    handeln, dann ehrt ihn das nur. Das ist jedenfalls keine Schande und keine irgendwie abträgliche Angelegenheit. Das möchte ich insbesondere auch mit Bezug auf den Herrn Bundesarbeitsminister sagen. Er ist nun einmal im Verlaufe der Debatten in der Frage der Selbstbeteiligung, in der Frage des Arztrechts usw. zu gewissen Erkenntnissen gekommen.
    Wir haben unsere eigene fraktionsinterne Haltung in diesen Dingen überprüft. Meine verehrten Damen und Herren, wenn es wahr ist — und es bleibt wahr —, daß Politik die Kunst des Möglichen ist,

    (Abg. Dr. Schellenberg: Dann müssen Sie das Vorschaltgesetz annehmen!)

    dann gilt das auch für diese Fragen. Der Herr Bundesarbeitsminister persönlich verdient Anerkennung dafür,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

    daß er zwar der Meinung gewesen ist und wohl auch der Meinung bleibt, daß seine Konzeption, wie er sie uns in der Regierungsvorlage vorgelegt hat, die bessere Lösung wäre — wer kann ihm die Beibehaltung dieser Meinung verargen? niemand! —, daß er dann aber auf Grund der Meinungsniederschläge draußen in der Öffentlichkeit und unter den Beteiligten zu der Erkenntnis gekommen ist

    (Abg. Killat [Unterbach] : Also doch Versichertengemeinschaft!)

    — Herr Killat, Sie können ja gleich hierher kommen —, daß die Kunst des Möglichen hier gebietet, diese neuerlichen Meinungen auch zu akzeptieren. Wenn er dann bereit ist, danach zu handeln — ich wiederhole es —, dann verdient er unsere Anerkennung und auch unseren Dank dafür, daß er auch für andere geeignete Lösungen den Weg frei macht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Damit möchte ich meine Ausführungen an dieser Stelle für heute beenden. Ich darf noch einmal auf die zu Beginn meiner Darlegungen verlesene Erklärung meiner Fraktion verweisen. Wir werden entsprechend dieser Erklärung handeln. Wir haben an Sie, meine verehrten Damen und Herren von der Opposition, auch unsererseits den Appell, daß Sie die Gesamtvorlage in einer vernünftigen Weise zu verabschieden nicht erschweren, sondern mit uns gemeinsam bereit sind, dafür zu sorgen, daß wir aus dieser Gesetzesvorlage, die die Bundesregierung uns vorgelegt hat, eine Lösung erarbeiten, die für alle Beteiligten, für Versicherte, für Ärzte und wer sonst noch an diesen Dingen Interesse hat, zu einem guten und nutzbringenden Ende führt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Stammberger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Stammberger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In vielem, Herr Kollege Horn, stimmen wir mit Ihrer Kritik an dem Entwurf der Sozialdemokratischen Partei und an der Rede des

    Dr. Stammberger
    Herrn Kollegen Schellenberg überein. Aber ich bin der Ansicht, Herr Kollege Horn, Ihre Kritik wäre bedeutend eindrucksvoller gewesen, wenn man wirklich der Meinung hätte sein können, daß es Ihrer Fraktion nun endlich gelungen ist, zu einer gemeinsamen Überzeugung zu kommen. Ich weiß, Sie haben davon gesprochen, und wir haben auch davon in den Zeitungen gelesen. Aber das haben wir in den vergangenen Monaten so oft erlebt, und es ist doch immer wieder etwas dazwischengekommen, wenn wir in den beiden zuständigen Ausschüssen über die Dinge sprechen wollten.
    Ich weiß, Herr Kollege Horn, Sie haben es sehr schwer. Sie erinnern mich immer an den alten Odysseus. Der mußte zwischen Szylla und Charybdis hindurch, und Sie müssen es zwischen Katzer und Kalinke.

    (Große Heiterkeit. — Beifall bei der FDP. — Zurufe von der CDU/CSU: K & K!)

    Aber gegen den Weg, den Sie zu gehen haben, muten mich die Irrfahrten des Odysseus manchmal an wie ein harmloser Sonntagnachmittags-Spaziergang.

    (Heiterkeit.)

    Meine Damen und Herren, ich denke zurück an den 17. Februar 1960. An diesem Tage hatten wir in diesem Hause die erste Lesung des Regierungsentwurfs. Der Herr Arbeitsminister Blank hat damals eine große Rede gehalten, die von Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU/CSU, und teilweise sogar von uns begeistert aufgenommen wurde. Er hat von einem Stilwandel in der Sozialpolitik gesprochen. Frau Kollegin Kalinke hat das dann später dahingehend interpretiert, daß die Sozialversicherung heute einem gewissen Bedeutungswandel unterzogen würde.
    Was ist in diesen Monaten daraus geworden? Es ist durchaus nicht schade, daß der Regierungsentwurf allmählich in der Versenkung verschwindet, aus der er am besten gar nicht erst herausgekommen wäre. Schade ist es lediglich um das viele Geld, das die Bundesregierung sinnlos zum Fenster hinausgeworfen hat, um die Inanspruchnahmegebühr populär zu machen, und zwar noch zu einem Zeitpunkt, als schon längst feststand, daß selbst die eigene Fraktion, die eigene Regierungskoalition ihr hier die Gefolgschaft versagte.
    Was aber ist aus den Grundsätzen geworden, die hier proklamiert worden sind? Was wurde aus den Ideen, die hier entwickelt wurden? Eine generelle Krankenscheingebühr, das ist das Mäuslein, das nun plötzlich hervorzukommen scheint.
    Immerhin, Herr Kollege Horn, eines ist neu: auch Sie haben heute davon gesprochen, daß man sich im Schoße Ihrer Fraktion mit dem Kostenerstattungssystem zu beschäftigen beginnt. Wir Freien Demokraten sind es gewesen, die am 17. Februar hier dieses System als eine zweckmäßige Lösung zur Diskussion gestellt haben, und man hat damals gerade aus den Reihen der Regierungskoalition heftig dagegen polemisiert. Vor allen Dingen war es Frau Kollegin Kalinke, die sehr böse über diese Gedanken war.

    (Abg. Dr. Dittrich: Nicht in Duisburg!)

    — Nun ja, Herr Kollege Dr. Dittrich, Frau Kollegin Kalinke hat inzwischen die Fraktion und vielleicht auch ihre Ansichten über diese Dinge gewechselt

    (Heiterkeit bei der SPD)

    und steht heute diesen Problemen etwas aufgeschlossener gegenüber. Aber, Herr Kollege Horn, da drängt sich mir wieder der Vergleich mit Odysseus auf; der ist ja zum Schluß nach seinen Irrfahrten sicher im Hafen von Ithaka und in den Armen seiner Penelope gelandet. Vielleicht tun Sie es auch einmal bei dem Reformvorschlag der FDP. Sie brauchen dabei mit dem linken Flügel Ihrer Fraktion durchaus nicht zu rüde zu verfahren und ihn gleich umzubringen, wie das Odysseus mit den Freiern seiner Frau getan hat.

    (Heiterkeit.)

    Aber, meine Damen und Herren, die Kostenerstattung ist so, wie sie uns die CDU/CSU-Fraktion in ihren augenblicklichen Beschlüssen vorschlägt, doch nur sehr sorgfältig verpackt. Obligatorisch ist sie eigentlich nur bei einem Einkommen von mehr als 1250 DM monatlich, und bei den freiwillig Weiterversicherten soll sie nur eingeführt werden können, wenn es die Vertreterversammlung der betreffenden Kasse beschließt. Wir konnten im „Spiegel" dieser Woche lesen, daß Herr Kollege Stingl gesagt habe, man werde wohl vergeblich auf einen einzigen solchen Beschluß warten können. Nun, man soll nicht alles glauben, was im „Spiegel" steht, aber selbst wenn es Herr Kollege Stingl nicht gesagt haben sollte: stimmen tut's ganz bestimmt, Herr Kollege Stingl, daß wir beide auf einen einzigen derartigen Beschluß werden warten müssen.
    Aber das ist ja noch nicht einmal alles. Das sind doch letzten Endes — Herr Kollege Schellenberg hat es bereits gesagt — nicht die einzigen Probleme, ,die wir lösen müssen, wenn wir wirklich etwas schaffen wollen, das den Namen Reform der Krankenversicherung mit Recht verdient. Wie ist es z. B., meine Damen und Herren von der CDU/ CSU, mit der Beibehaltung der vielfältig gegliederten Krankenversicherung, der der Regierungsentwurf in seiner jetzigen Form entgegenwirkt? Wie Ist es mit dem beratungsärztlichen Dienst, den der Regierungsentwurf einführen will? Daß Sie das Kassenarztrecht beibehalten wollen, haben wir heute zu unserer Freude gehört. Aber wie stellen Sie sich die Honorierung der ärztlichen Leistung vor? Alle diese Dinge müssen noch geklärt werden.
    Meine Damen und Herren, wir Freien Demokraten haben immer vor den Folgen der Tatsache gewarnt, daß die Bundesregierung diesen Entwurf viel zu spät eingebracht hat, als daß das Parlament noch die Zeit hätte, ihn in dieser Legislaturperiode so gründlich zu beraten, daß er nicht in die hektische Atmosphäre des Wahlkampfes hineingerät, und genau in dieser Situation befinden wir uns jetzt. Wir drohen jetzt in eine Situation hineinzuschlittern, in der eis zu keiner Reform mehr kommt, sondern nur noch zu einem kurzsichtigen und tagespolitisch bedingten Herumbasteln mit einem Blick



    Dr. Stammberger
    auf den Wähler, wie das Kaninchen auf die Schlange. Das Entscheidende bei den Beschlüssen wird dann wahrscheinlich nicht mehr irgendeine gesellschaftspolitische Vorstellung, sondern das Ergebnis der letzten EMNID-Umfrage in Verbindung mit dem Statistischen Jahrbuch sein.

    (Beifall und Heiterkeit bei der FDP.) Davor wollen wir dringend warnen.

    Daß dies so gekommen ist — sagen wir es einmal ganz offen —, zeigt uns doch der SPD-Entwurf. Es muß einmal gesagt werden: Wir kommen nicht um die Tatsache herum — Herr Kollege Horn hat es bereits gesagt —, daß dieser Entwurf eigentlich nichts anderes ist als das Herauspicken der Rosinen aus dem Regierungskuchen, wobei ich Ihnen durchaus zubilligen will, daß Sie einige Korinthen eigener Produktion hinzugefügt haben.

    (Heiterkeit bei der FPD.)

    Meine Damen und Herren, Sie selbst sprechen von einem Vorschaltgesetz. Das zwingt logischerweise zu dem Schluß, daß es auch noch ein Nachschaltgesetz nach den Wahlen geben muß. Und — um bei dem Beispiel des seiner Rosinen beraubten Kuchens zu bleiben in diesem Nachschaltgesetz wird der Teig liegen, an dem im Wahlkampf keiner klebenbleiben möchte. Genau in dieser Situation sind wir jetzt. Das haben wir Ihnen bereits bei der ersten Lesung des Regierungsentwurfs prophezeit.
    Nun die Frage der Finanzierung. Herr Kollege Schellenberg, vieles von dem, was Sie sagen — Entlastung der Krankenkassen von fremden Leistungen —, findet durchaus unseren Beifall. Aber gerade das zeigt uns doch, daß die Zeit zu einer wirklichen Reform der Krankenversicherung noch nicht reif ist, weil einige Dinge dringend der vorherigen Klärung bedürfen.
    Es ist heute so viel und in mancherlei Zusammenhang von einer „zentralen Frage" gesprochen worden. Für uns Freie Demokraten scheint gerade das die zentrale Frage zu sein, und wir sind fest überzeugt, Herr Kollege Horn, daß es zu dieser umfassenden Lösung, wie Sie sie haben wollen, in diesem Bundestag gar nicht kommen kann, weil einige Fragen vorweg geklärt werden müssen.
    Da ist z. B. die Frage der Mutterschaftshilfe. Auch wir Freien Demokraten — es ist mein Freund Mischnick gewesen — haben uns, und zwar bereits am 17. Februar, dafür ausgesprochen und auch im Gesundheitsausschuß dafür gestimmt, daß die Frage der Mutterschaftshilfe durch den Staat gelöst werden muß. Aber ich darf Sie darauf hinweisen, daß dann ein Problem auftaucht, mit dem wir uns werden auseinandersetzen müssen. Solange Sie nämlich die Mutterschaftshilfe aus den Beiträgen finanzieren, können Sie den Kreis der Berechtigten natürlich auf den Kreis der Versicherten beschränken. Nun kann man durchaus den Standpunkt vertreten, es handele sich hier eigentlich um gar kein Krankenversicherungsproblem, sondern um ein familienpolitisches Problem, weshalb wohl auch der Bundesfamilienminister noch nichts dazu gesagt hat.

    (Heiterkeit.) Aus dieser Einstellung heraus kann man den Standpunkt vertreten, sie muß über Staatszuschüsse

    finanziert werden.
    Soweit ganz gut. Aber, meine Damen und Herren, wenn die Allgemeinheit für diese Gelder aufkommen muß, muß man natürlich auch prüfen, ob in den Genuß der Leistungen nicht auch diejenigen Mütter kommen müssen, die nicht von der Krankenversicherung erfaßt sind; denn es ist durchaus nicht so, daß der Kreis der Bevölkerung, der nicht in der sozialen Krankenversicherung ist, nun zu den Vermögenden gehört, bei denen eine solche Hilfe eine unzweckmäßige staatliche Unterstützung wäre, die nicht zu rechtfertigen wäre. Das ist eine Frage, die wir uns sehr genau werden überlegen müssen.
    Wenn wir aber auf diesem Standpunkt stehen, daß das Problem so zu lösen wäre, fehlt es uns an einer gesetzlichen Grundlage. Es erscheint uns ,aus mancherlei Erwägungen — Sie wissen, wir Freien Demokraten haben eine gewisse Abneigung gegen jegliche Einheitsversicherung — unzweckmäßig, dafür Kreise, 'die nicht in der sozialen Krankenversicherung versichert sind, aus diesem Grunde, wenn auch nur auf einem Teilgebiet, mit hineinzunehmen.
    Dann die Frage der Unfallversicherung. Wir sind gleich Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, der Meinung, daß man die Krankenversicherung entlasten muß auf Kosten, wollen wir es ruhig einmal so nennen, der Unfallversicherung. Aber das bedingt, daß man zunächst einmal die Reform der Unfallversicherung fertigstellt, die nun leider, leider durch das Tauziehen um die Krankenversicherungsreform im Ausschuß völlig zum Erliegen gekommen ist.
    Die Frage der Lohnfortzahlung steht, wie Herr Kollege Horn ganz richtig gesagt hat, obwohl beide Probleme etwas Verschiedenes sind, in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Reform der sozialen Krankenversicherung. Auch die neuen Beschlüsse der CDU zeigen das wieder sehr deutlich. Die Frage ist, wie wir dieses Problem regeln. Wir Freien Demokraten haben ja schon zu Beginn der Legislaturperiode einen Antrag eingebracht, der noch heute im Sozialpolitischen Ausschuß liegt, ohne behandelt worden zu sein. Auch Sie, meine Damen und Herren von der SPD, sind sich darüber klar, daß es bei allem gutem Willen natürlich zu erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten für die kleinen und mittleren Betriebe kommen wird. Das zeigt der Antrag, der heute ebenfalls zur Debatte steht. Wir werden uns über die Dinge unterhalten müssen, und zwar meines Erachtens bevor wir an die Reform der Krankenversicherung herangehen.
    Die vierte Frage, die von Bedeutung ist: Wie wird sich nach der Aufhebung der Verhältniszahl durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Entwicklung bei dien Ärzten vollziehen? Es wird mit Recht befürchtet, daß es gebietsweise zu einem Notstand auf dem Gebiet der ärztlichen Versorgung kommen wird, weil kein Kassenarzt mehr bereit st, auf das Land hinauszugehen. Das zeigt sich im Augenblick, wo die alten, bewährten Landärzte
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 125. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 29. September 1960 7261
    Dr. Stammberger
    draußen am Wirken sind, noch nicht. Aber wie wird es einmal ein, wenn der junge Nachwuchs hinausgehen muß? Wird er sich nicht von den Lockungen ,der Städte leiten lassen? Werden die jungen Arzte sich nicht lieber in einer großen oder mittleren Stadt niederlassen, statt nach Niederbayern, in die Eifel oder ein anderes verkehrsfernes Gebiet zu gehen? Das ist eine Frage, die wir heute überhaupt noch nicht zu überblicken vermögen. Auch darüber müssen wir uns Gedanken machen: In welchem Umfang können wir trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts doch noch gewisse Lenkungsmaßnahmen ergreifen?
    In diesem Zusammenhang darf ich auf einen weiteren Antrag verweisen, den die Freie Demokratische Partei im Mai gestellt hat und der leider — trotz unserer Bemühungen — ebenfalls im Sozialpolitischen Ausschuß liegt, ohne behandelt worden zu sein. Er betrifft die Gleichstellung der Zahnärzte mit den Ärzten hinsichtlich der Aufhebung der zweifellos auch hier verfassungswidrigen Verhältniszahl.
    Alle diese Dinge müssen geklärt werden, bevor wir an eine Reform herangehen können, die diesen Namen wirklich verdient. Aus diesem Grunde gehe ich noch weiter als die SPD, die meint, wir sollten nicht mehr an eine große Reform glauben. Ich bin der Meinung, wenn wir diese Punkte klären, die ich aufgezählt habe — wozu noch einige weitere kommen — und in denen wir wohl zu mehr oder weniger übereinstimmenden Ergebnissen kommen könnten, dann sollten wir ruhig den Mut haben, die Krankenversicherungsreform für diese Legislaturperiode aus dem Rennen zu ziehen und uns darauf zu verlassen, daß sie in der nächsten Legislaturperiode durch die neue Bundesregierung, sie mag aussehen, wie sie will, wieder eingebracht wird. Dann ist dem Parlament wirklich Zeit und Ruhe gegeben, und es kann ohne den Blick auf den Wahlkampf, der sich außerhalb dieses Hauses abspielt, eine Entscheidung treffen, die der Bedeutung der sozialen Krankenversicherung gerecht wird.
    Aber Voraussetzung scheint uns zu sein, daß die genannten Punkte vorab geklärt werden. Ich möchte in diesem Zusammenhang Goethe zitieren, der einmal gesagt hat: Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt mit dem Zuknöpfen nicht mehr zu Rande.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP.)