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ID0312519200

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    Deutscher Bundestag 125. Sitzung Bonn, den 29. September 1960 Inhalt: Fragestunde (Drucksachen 2077, zu 2077) Frage des Abg. Leonhard: Finanzhilfe bei Schäden durch Blauschimmelbefall von Tabakpflanzen Schwarz, Bundesminister . . . . . 7235 B Frage des Abg. Leonhard: Behandlungsmethoden bei Blauschimmelbefall Schwarz, Bundesminister . . . . . 7235 C Frage des Abg. Leonhard: Bekämpfung der Blauschimmelkrankheit Schwarz, Bundesminister 7235 C, D, 7236 A, B Leonhard (CDU/CSU) . . 7235 D, 7236 A Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . . 7236 B Frage des Abg. Logemann: Erzeugerpreise für Veredelungsprodukte Schwarz, Bundesminister . . . . . 7236 B Frage des Abg. Rehs: Zusammenlegung der Deutschen Siedlungsbank mit der Deutschen Landesrentenbank Schwarz, Bundesminister 7236 D, 7237 B, C, D, 7238 A Rehs (SPD) 7237 A, B Diekmann (SPD) . . . . . . 7237 C, D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) 7237 D, 7238 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Abtretung von Exerzierplatzgelände in Kornwestheim 7238 A Frage des Abg. Lohmar: Tiefflüge von Düsenjägern über Bielefeld Hopf, Staatssekretär 7238 B Frage des Abg. Lohmar: Werbemethoden der Bundeswehr Hopf, Staatssekretär 7238 D Frage des Abg. Wittrock: Verprügeln von Kameraden in der Bundeswehr Hopf, Staatssekretär 7239 A Frage des Abg. Jahn (Marburg) : Tiefflüge von Düsenjägern über Marburg Hopf, Staatssekretär 7239 B, C Jahn (Marburg) (SPD) 7239 B, C Frage des Abg. Dr. Imle: Studienbewerber an Technischen Hochschulen und Fachschulen nach freiwilligem Wehrdienst Hopf, Staatssekretär 7239 C Frage des Abg. Ritzel: Zuschläge bei Benutzung von Telefonanschlüssen Stücklen, Bundesminister 7240 A Ritzel (SPD) 7240 A Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Vermittlung von Ferngesprächen . . 7240 B Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Uberprüfung der Postverbindungen . . 7240 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1960 Frage des Abg. Blachstein: Telefonanschlüsse in Hamburg-Niendorf Stücklen, Bundesminister 7240 C, D, 7241 A Frau Keilhack (SPD) . . 7240 D, 7241 A Fragen des Abg. Felder: Amtliche Fernsprechbücher Stücklen, Bundesminister 7241 A, B, C, D, 7242 A Felder (SPD) 7241 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . . 7241 C Wittrock (SPD) . . . . 7241 D, 7242 A Frage des Abg. Bading: Handelsspannen bei Obst und Gemüse Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7242 B, D, 7243 A Bading (SPD) . . . . . 7242 D, 7243 A Frage des Abg. Bading: Konjunkturpolitik der Deutschen Bundesbank Dr. Westrick, Staatssekretär . . 7243 B, D Bading (SPD) . . . . . . . . 7243 C, D Frage des Abg. Gewandt: Entwicklung und Fertigung deutscher Flugzeugtypen Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 7244 A Frage des Abg. Dr. Mommer: Zigarettenrauchen und Häufigkeit von Herzinfarkt und Lungenkrebs . . . . 7244 B Frage des Abg. Dr. Kohut: Kunstrum und Kunstarrak Dr. Schröder, Bundesminister . . 7244 B, C Dr. Kohut (FDP) . . . . . . . . 7244 C Frage des Abg. Kreitmeyer Nichtigkeitserklärung des Beförderungsschnittes Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7244 D, 7245 A, B Kreitmeyer (FDP) . . . . . . . 7245 A Fragen des Abg. Ehren: Angestellte des Bundes über 50 Jahre Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7245 C Frage des Abg. Wittrock: Versetzung in den Ruhestand wegen angeblicher Dienstunfähigkeit Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7245 D, 7246 B, C, D Wittrock (SPD) . . . 7245 D, 7246 A, C Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 7246 C Frage des Abg. Wittrock: Inanspruchnahme von Hilfskräften bei Herstellung von Referentenkommentaren Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7246 D, 3247 A, B Wittrock (SPD) 7247 A, B Frage des Abg. Dr. Höck (Salzgitter) : Strafmandatssoll für Verkehrspolizisten Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7247 C Frage des Abg. Logemann: Margarinezusätze Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7247 D Frage des Abg. Dr. Miessner: Inkrafttreten der Besoldungserhöhung für Beamte Dr. Schröder, Bundesminister . . 7248 A, B Brück (CDU/CSU) . . . . . . . 7248 A Frage des Abg. Dr. Miessner: Einmalige Zulage für Bundesbeamte Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7248 C Dr. Miessner (FDP) . . . . . . . 7248 C Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Verwendung eines neuen Emulgators für Margarine Dr. Schröder, Bundesminister 7248 D, 7249 A Frau Dr. Hubert (SPD) 7248 D Frage des Abg. Dr. Kanka: Gastspiel eines Ostberliner Theaters Dr. Schröder, Bundesminister . . . 7249 A Entwurf eines Gesetzes über vordringliche Maßnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung (SPD) (Drucksache 1926) — Erste Beratung —; in Verbindung mit Antrag betr. Lohnfortzahlung an Arbeiter im Krankheitsfalle (SPD) (Drucksache) 1927) Dr. Schellenberg (SPD) . 7249 C, 7270 B Horn (CDU/CSU) . . . 7255 D, 7270 B Dr. Stammberger (FDP) 7258 D Rohde (SPD) 7261 B Weimer (CDU/CSU) 7264 A Geiger (Aalen) (SPD) 7266 A Dr. Atzenroth (FDP) 7268 B Börner (SPD) . . . . . . . . . 7270 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Tarifvertragsgesetzes (FDP) (Drucksache 1563) — Erste Beratung — Dr. Atzenroth (FDP) 7270 D Persönliche Erklärung nach § 35 GO Memmel (CDU/CSU) 7273 D Nächste Sitzung 7274 C Berichtigung 7274 Anlage 7275 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. September 1960 7235 125. Sitzung Bonn, den 29. September 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 15.01 Uhr.
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 124. Sitzung Seite 7187 C Zeile 7 statt „1910": 1919. Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Altmaier * 30. 9. Balkenhol 30. 9. Bals 15. 10. Bauer (Wasserburg) 29. 10. Bauer (Würzburg) * 30. 9. Frau Bennemann 30. 9. Berkhan 30. 9. Bettgenhäuser 30. 9. Birkelbach 30. 9. Fürst von Bismarck * 30. 9. Blachstein * 30. 9. Dr. Böhm 22. 10. Frau Brauksiepe 9. 10. Dr. Bucerius 30. 9. Corterier * 30. 9. Dr. Dahlgrün 30. 9. Demmelmeier 7. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 9. 10. Dowidat 30. 9. Drachsler 30. 9. Draeger 9. 10. Eilers (Oldenburg) 30. 9. Enk 30. 9. Dr. Friedensburg 30. 9. Dr. Furler * 30. 9. Gerns * 30. 9. Dr. Gradl 9. 10. Haage 30. 9. Hahn 30. 9. Dr. Harm * 30. 9. Frau Herklotz 9. 10. Dr. Hesberg 30. 9. Heye 9. 10. Höcherl 9. 10. Höfler * 30. 9. Höhne 30. 9. Frau Dr. Hubert * 30. 9. Jacobs * 30. 9. Jahn (Stuttgart) 30. 9. Jürgensen 31. 10. Keller 30. 9. Dr. Kempfler 9. 10. Dr. Kliesing (Honnef) * 30. 9. Dr. Kopf 9. 10. Krammig 31. 10. Kühlthau 30. 9. Kühn (Köln) * 30. 9. Lermer 15. 10. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 9. Lücker (München) 30. 9. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Maier (Freiburg) 30. 9. Majonica 9. 10. Frau Dr. Maxsein * 30. 9. Dr. Mende* 30. 9. Dr. Menzel 22. 10. Merten 9. 10. Dr. Meyer (Frankfurt) * 30. 9. Mischnick 29. 9. Frau Dr. Pannhoff 29. 9. Paul * 30. 9. Peters 30. 9. Frau Pitz-Savelsberg 30. 9. Pohle 31. 10. Pöhler 29. 9. Dr. Preiß 30. 9. Dr. Preusker 30. 9. Frau Dr. Probst 29. 9. Frau Dr. Rehling * 30. 9. Reitzner 9. 10. Frau Renger * 30. 9. Riedel (Frankfurt) 29. 9. Ruhnke 30. 9. Scharnberg 29. 9. Scheel 30. 9. Dr. Schmid (Frankfurt) 15. 10. Schmidt (Hamburg) 9. 10. Schneider (Bremerhaven) 9. 10. Schneider (Hamburg) 30. 9. Dr. Schneider (Saarbrücken) 4. 10. Schröder (Osterode) 30. 9. Schultz 30. 9. Schütz (München) * 30. 9. Frau Dr. Schwarzhaupt 30. 9. Dr. Seffrin 30. 9. Seidl (Dorfen) * 30. 9. Dr. Serres * 30. 9. Seuffert 30. 9. Spies (Brücken) 29. 9. Stahl 30. 9. Stauch 30. 9. Storch 30. 9. Struve 9. 10. Dr. Vogel 30. 9. Wagner 30. 9. Dr. Wahl * 30. 9. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)* 30. 9. Frau Welter (Aachen) 29. 9. Wienand 9. 10. Frau Wolff 10. 10. Dr. Zimmer * 30. 9. Zoglmann 30. 9. Zühlke 30. 9. * für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Sollte, was nicht zuletzt wegen deis Widerstandes der Ärzte möglich wäre,
    — ein Prophet! —

    (Heiterkeit)

    die Selbstbeteiligung der Versicherten an politischen Widerständen scheitern, dann wird die Einführung des Seelenpauschales ernsthaft zur Diskussion stehen.
    Weiter sagte Herr Dr. Claussen:
    Eine solche Entwicklung würde auf weite Sicht das Ende des freien ärztlichen Berufsstandes bedeuten.
    Das war eine Drohung. Dann fiel das Wort „staatsabträgliche Aktion".
    Auch das Bundesarbeitsministerium blieb nicht untätig. „Zufällig" erfolgte eine Prüfung der Kassenärztlichen Vereinigung, „zufällig" gelangten die Prüfungsberichte in die öffentliche Diskussion. Es hat auch nicht ,an Versuchen seitens des Arbeitsministeriums gefehlt, ,die verschiedenen Gruppen der Ärzte, sagen wir einmal, gegeneinander auszuspielen. Ich darf an die verschiedenen Schriften — „Ärzte fordern Selbstbeteiligung" —, die aus öffentlichen Mitteln finanziert wurden, erinnern.
    Es entstand also ein sehr unerfreuliches Klima im Bereich Arbeitsministerium — Ärzte. Für dieses Klima trägt politisch der Herr Bundesarbeitsminister die Verantwortung.

    (Sehr richtig! bei ,der SPD.)

    Nur auf Grund dieses Klimas ist es erklärlich, daß übereifrige Beamte des Arb'eitsminist'eriums glaubten, im Sinne ihres Herrn Ministers zu handeln, als sie jene sensationelle Pressemitteilung mit der Drohung des Staatsanwalts gegen die Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung herausgaben.
    Damit war der Bogen überspannt worden, so daß sich der Herr Bundeskanzler persönlich um die Angelegenheit 'bemühen mußte. Der Herr Bundeskanzler hat dann all das, was ,als Stilwandel der Sozialpolitik proklamiert wurde, all das, was vom Kabinett zu den neuralgischen Punkten einstimmig beschlossen warden war, und auch das, was die CDU-Fraktion einstimmig an „neuer Konzeption" über die Selbstbeteiligung vorgelegt hatte, vom Tisch gewischt. Es besteht kein Zweifel, daß damit eine Wende in der Auseinandersetzung eingetreten ist, und es besteht wohl auch kein Zweifel darüber, daß die Ärzte einen großen Erfolg erzielt haben.
    Jemand, der an ,der Angelegenheit nicht ganz unbeteiligt ist, hat mir gesagt, diese Entwicklung sei nicht nur eine Rechtfertigung für unser Vorschaltgesetz, sondern sie sei auch ein politischer Erfolg der Opposition in diesem Hause. Wir wollen bescheiden sein

    (Hört! Hört! in der Mitte)

    und uns heute — heute! — mit der Feststellung begnügen, daß die Konzeption der Bundesregierung, soweit sie einen Stilwandel in der Sozialpolitik herbeiführen sollte, seit 'der ersten Lesung des Gesetzes und seit der Vorlage unseres Gesetzentwurfs über vordringliche Maßnahmen gescheitert ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist noch kein Sieg unserer Auffassung, aber eine empfindliche Schlappe für die Bundesregierung.

    (Abg. Pelster: Da irren Sie sich!)

    Meine Damen und Herren, gehen Sie einmal in Versammlungen und zu Ihren Wählern, da werden Sie das besser erfahren!

    (Beifall bei der SPD.)




    Dr. Schellenberg
    Insbesondere haben durch diese Entwicklung — das kann wohl auch keinem Zweifel unterliegen — der Herr Bundesarbeitsminister und alle die Stilwandler eine Niederlage erlitten, von der sie sich jedenfalls in dieser Legislaturperiode nicht mehr erholen werden.

    (Erneuter Beifall bei der SPD. — Abg. Ruf: Warten Sie mal ab! Wer zuletzt lacht, lacht am besten! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Abwarten!)

    Nun hat die CDU-Fraktion zwei Tage vor dieser Beratung den „allerneusten Vorschlag" zur Lösung der neuralgischen Punkte beschlossen. Es ist offensichtlich, daß Zeitpunkt und Inhalt in engem Zusammenhang mit unserem Entwurf und mit den beiden Anträgen ,stehen, die ich begründe. Im Zusammenhang mit diesem „allerneusten Vorschlag" wurde entsprechend einer Äußerung, die der Herr Bundeskanzler schon auf dem CDU-Parteitag in Karlsruhe gemacht hat, erklärt, daß nunmehr die schnelle Verabschiedung dieser neuen Konzeption und des Gesetzes notwendig sei und daß — das ergab sich daraus — ein Vorschaltgesetz, wie wir es vorlegen, überflüssig geworden sei.
    Dieser Auffassung können wir nicht zustimmen. Wer dreimal innerhalb kurzer Zeit zum gleichen Thema unterschiedliche Beschlüsse faßt, kann sich den Fragenkreis nicht gründlich genug überlegt haben.

    (Zustimmung bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Das Gegenteil ist richtig! — Lachen bei der SPD.)

    — Das müssen Sie auch Ihren Wählern sagen!
    Im übrigen, was heißt denn in diesem Stadium der Arbeit der Gesetzgebung: Sie haben allerneuste Grundsätze beschlossen? Wir stehen in der Arbeit der Gesetzgebung. Jetzt müssen Gesetzesformulierungen vorgelegt werden. Dabei werden Sie, meine Damen und Herren von der CDU, noch einige Schwierigkeiten haben. Sie werden eine große Anzahl von Anträgen formulieren müssen, weil nämlich eine Änderung der Grundkonzeption der Regierungsvorlage vielfältige Konsequenzen mit sich bringt.
    Im übrigen darf ich Ihnen heute schon sagen: Es ändern sich, das ist jedermann klar, durch Ihren neuesten Vorschlag auch die finanziellen Grundlagen völlig. Wir dürfen wohl erwarten, daß Sie, wenn Sie uns Ihre formulierten Vorschläge zur Änderung der Regierungsvorlage bringen, die finanziellen Auswirkungen genauso detailliert darlegen, wie wir es im Entwurf unseres Vorschaltgesetzes getan haben.
    Wenn Sie schließlich, meine Damen und Herren, meinen, mit dem allerneuesten Vorschlag „Krankenscheingebühr" — um das Stichwort zu nennen —den Stein der Weisen gefunden zu haben, so muß ich Sie an die Erfahrungen mit der Krankenscheingebühr erinnern, die wohl doch überwiegend negativ sind. Die Krankenscheingebühr wurde 1924 durch Notverordnung eingeführt, 1930 durch Notverordnung geändert, 1933 durch Notverordnung wieder
    geändert und schließlich am Schluß des Krieges abgeschafft; dafür wurde die Arzneikostengebühr erhöht. Zuletzt ist 1956/57 in Baden-Württemberg die Krankenscheingebühr gefallen. Als letztes Land Europas hat Österreich in diesem Jahre die Krankenscheingebühr abgeschafft — aus gutem Grund! Vertreter des Bundesarbeitsministeriums haben wiederholt überzeugende Argumente gegen die Krankenscheingebühr vorgebracht.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wir werden darauf zurückkommen, wenn Sie uns Ihre formulierten Anträge vorlegen.
    Nach den allerneuesten Grundsätzen soll es in Zukunft zwei Klassen von Versicherten geben — wenn ich Ihre Grundsätze recht verstanden habe —, nämlich Krankenschein-Patienten und Kostenerstattungs-Patienten. Ich darf in diesem Zusammenhang nur an die Begründung des Regierungsentwurfs erinnern, in der es zu § 186 heißt, daß ein solches Prinzip dem Grundsatz der gleichen Behandlung der Sozialversicherten widerspreche. Regierungsbegründung! Deshalb nehmen Sie bitte schon heute zur Kenntnis, daß noch nicht das letzte Wort über Ihre allerneueste Konzeption gesprochen ist.
    Und jetzt, meine Damen und Herren, zu der zentralen Frage, die heute vor uns allen steht. Nach Auffassung der Sozialdemokraten müssen nun endlich die Weichen für eine sinnvolle Weiterarbeit an der Krankenversicherung gestellt werden, und die Frage steht: Regelung der vordringlichen Fragen durch ein Vorschaltgesetz, wie wir es einbringen, oder umfassende Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung?
    Herr Kollege Stingl hat vor wenigen Wochen in der Auseinandersetzung mit unserem Vorschaltgesetz erklärt, es müsse eine umfassende Modernisierung des gesamten Krankenversicherungsrechts geschaffen werden. Meine Damen und Herren, seit acht Jahren haben wir das hier in diesem Hause gefordert, seit unserem Antrag im Jahre 1952 auf Einsetzung einer unabhängigen sozialen Studienkommission.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber, meine Damen und Herren, die Frage ist doch die, ob bei dem gegenwärtigen Stand der Dinge eine Modernisierung des gesamten Rechts der Krankenversicherung in dieser Legislaturperiode erreicht werden kann. Der Regierungsentwurf enthält 400 Paragraphen. In internen Beratungen werden Sie höchstens eine Klarheit über 40 Paragraphen, über ein Zehntel des Gesamtkomplexes erreicht haben. Wer meint, meine Damen und Herren, in den „restlichen" 360 Paragraphen würden nur technische Dinge behandelt, der hat sich mit dem Fragenkreis noch nicht eingehend beschäftigt.
    Meine Damen und Herren, wenn man Ihrer Auffassung folgt — Modernisierung des Krankenversicherungsrechts in dieser Legislaturperiode -, dann muß man neben Versicherungspflicht und freiwilliger Versicherung auch die gesamten Leistungen neu regeln. Da gibt es, abgesehen von den Fragen der Kostenbeteiligung, über die Sie sich nun offen-



    Dr. Schellenberg
    bar geeinigt haben, eine ganze Reihe von Problemen, die noch weiter überlegt werden müssen. Beispielsweise wäre erforderlich eine sinnvolle Gestaltung der Vorsorgehilfe und der gesamten Krankenhilfe, Neuregelung der Mutterschaftshilfe oder, um andere Fragen zu nennen, der Zahnbehandlung, des notwendigen Zahnersatzes und all die vielen Themen, die die Mitglieder des Sozialpolitischen Ausschusses kennen.
    In einem Vorschaltgesetz, wie wir es wollen, kann man sich auf die Regelung von vordringlichen Fragen beschränken. Aber wenn man eine Reform durchführen will, dann muß man zwangsläufig sämtliche Vorschriften des Zweiten Buches der Reichsversicherungsordnung, Krankenversicherung, überdenken. Sie können sicher sein, daß wir, wenn an die Neuregelung aller Leistungsfragen herangegangen wird, auch noch einiges dazu zu sagen haben. Ich nenne nur zwei Fragen: Gesundheitssicherung und die wichtige Frage der Rehabilitation, die doch bisher sicher nicht ganz glücklich geregelt ist.
    Bei einer Neuregelung muß — um nur einige Fragen herauszugreifen — unbedingt auch das Krankenhausproblem angepackt werden. Der Pflegesatz, den die Krankenversicherung für 31/2 Millionen Kassenpatienten mit 80 Millionen Pflegetagen zahlt, bildet mit 1,5 Milliarden DM jährlich eine wesentliche finanzielle Grundlage unseres gesamten Krankenhauswesens. Mit der Finanzierung beschäftigen wir uns hier im Hause seit dem Krankenpflegegesetz. Wir haben früher Anträge gestellt, die Bundesregierung möge uns ihre Konzeption über die Krankenhausfinanzierung darlegen. Bisher sind diese Fragen noch nicht einmal innerhalb der Bundesregierung geklärt.
    Ich muß in diesem Zusammenhang an den peinlichen Vorfall auf dem letzten Krankenhaustag erinnern, auf dem der Herr Bundeswirtschaftsminister die Festrede hielt und in seinen Darlegungen etwas völlig anderes sagte als das, was der Herr Bundesarbeitsminister in der Festschrift für die gleiche Veranstaltung ausgeführt hatte. Das zeigt, daß ein solches Problem wie die Krankenhausfinanzierung nicht bei der Neuordnung der Krankenversicherung gewissermaßen nebenbei miterledigt werden kann.
    Eine andere Frage, die geregelt werden muß, wenn man eine Neuordnung in Angriff nimmt, ist die Krankenversicherung der Rentner. Das betrifft immerhin 7 Millionen Rentner. Hier muß doch bei einer Reform eine finanzielle Abgrenzung zwischen Krankenversicherung und Rentenversicherung geschaffen werden: Größenordnung : 11/2 Milliarden DM. Das kann man nicht aus dem Handgelenk regeln.
    Beim Vorschaltgesetz kann man diese Dinge erst einmal weiterlaufen lassen. Aber wenn man eine gesetzliche Neuregelung will, dann muß eine Abgrenzung im finanziellen Bereich, im Leistungsbereich und für den Kreis der versicherten Rentner usw. getroffen werden.
    Ein anderes Problem ist der vertrauensärztliche Dienst. Selbst wenn Sie hierbei von der Regierungsvorlage abgehen und auf die Verschärfung des vertrauensärztlichen Dienstes, die in der öffentlichen Diskussion mit Recht einen großen Widerspruch gefunden hat, verzichten, muß doch bei einer gesetzlichen Neuregelung der Krankenversicherung der vertrauensärztliche Dienst auch organisatorisch geordnet werden. Er liegt heute als Gemeinschaftsaufgabe bei den Trägern der Rentenversicherung, bei der Landesversicherungsanstalt. Wenn eine Neuregelung der Krankenversicherung vorgenommen werden soll, muß doch der Zwischenzustand, der durch die Verordnung von 1934 geschaffen wurde, so oder so beendet werden, auch im Interesse der sozialen Selbstverwaltung der Krankenversicherung und auch der der Rentenversicherung.
    Oder wenn Sie eine Neuregelung vornehmen, dann müssen Sie die §§ 368 ff., das Kassenarztrecht, neu fassen.

    (Abg. Ruf: Wollen wir ja auch!)

    — Ja, meine Damen und Herren, Sie wollen dies, Sie wollen das. Na, ich bin gespannt, wie Sie letztlich wollen. Sie haben sich an dieser Frage schon einmal ,die Finger verbrannt.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Wir sind der Ansicht, daß man sich hinsichtlich des Kassenarztrechts auf das beschränken soll, was sich aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergibt. Das bringt ohnehin vielfältige Probleme, die noch sehr eingehend überlegt werden müssen. Wenn aber Sie eine Neufassung der Vorschriften über das Kassenarztrecht betreiben wollen, dann brechen zwangsläufig wieder alle Probleme auf, die wir 1955 einigermaßen zufriedenstellend geregelt haben. Darüber muß sich jeder klar sein. Und was das bedeutet, das haben die letzten Wochen und Monate nur zu deutlich gezeigt.
    Ich möchte den Katalog abschließen. Vielfältige sonstige Fragen müssen bei einer Neuregelung geordnet werden, beispielsweise Rechte und Pflichten der Selbstverwaltung — da gibt es auch sehr bedenkliche Punkte in dem Regierungsentwurf —, Rechte der Staatsaufsicht, das gesamte Beitragswesen, Verwaltung der Mittel, Höhe der Rücklagen, Besonderheiten der Krankenversicherung der Bergleute, der Seeleute, Krankenversicherung bei Auslandsaufenthalt, das Organisationsrecht, Abgrenzung zwischen Ortskrankenkassen, Betriebskrankenkassen, Innungskrankenkassen, Ersatzkassen. Ein weites Feld von Problemen.
    Bei einem Vorschaltgesetz kann man diese vielschichtigen Fragen erst einmal so lassen, wie sie jetzt geregelt sind, und die Probleme gründlicher durchdenken. Aber wenn man eine Neufassung des Rechts vornimmt, muß man, wie es auch der Regierungsentwurf, jedoch in nicht sinnvoller Weise, versucht hat, diese Dinge anpacken. Allein zu den erwähnten Fragen, völlig unabhängig von der Kostenbeteiligung, liegen über hundert Änderungsanträge des Bundesrats vor. Es liegen ferner Stöße von fundierten Vorschlägen von Organisationen vor. Das alles kann man nicht leichthin abtun.
    Ein Neuregelungsgesetz hat schließlich zwangsläufig Auswirkungen auch auf andere Gesetze. Fünfzehn andere Gesetze will der Regierungsent-



    Dr. Schellenberg
    wurf ändern: Angestelltenversicherungsgesetz, Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, Knappschaftsgesetz, Mutterschutzgesetz, Sozialgerichtsgesetz usw. Eine Fülle von Problemen sind zu lösen, wenn die umfassende Neuregelung gestaltet werden soll.
    Wir sind der Auffassung, daß sachliche Überlegungen dafür sprechen, in dieser Legislaturperiode auf eine umfassende Neuregelung zu verzichten und sich darauf zu beschränken, die vordringlichen Maßnahmen durchzuführen. Meine Damen und Herren, das ist deshalb notwendig, weil die Vorbereitungen für eine umfassende Neugestaltung leider viel zu mangelhaft sind.
    Ich komme nun zu Einzelheiten des Inhalts unseres Gesetzentwurfs; ich kann mich hier deshalb kurz fassen, weil eine schriftliche Begründung unseres Gesetzentwurfs vorliegt. Die sozialdemokratische Fraktion ist der Auffassung, daß, abgesehen von der Änderung der Versicherungspflichtgrenze — die durch die Lohn- und Gehaltsentwicklung bedingt ist — und der Anpassung des Kassenarztrechts an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, vier Maßnahmen noch in dieser Legislaturperiode im Bereich der Krankenversicherung getroffen werden müssen: 1. Vorsorgeleistungen zur Erhaltung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten, 2. wirtschaftliche Sicherung im Krankheitsfall, 3. Beseitigung der Aussteuerung und 4. wirksame Verbesserung der Leistungen der Familienhilfe. Zu diesen Vorschlägen möchte ich einige kurze Erläuterungen geben.
    Zu 1, Vorsorgeleistungen zur Erhaltung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten: Da die Krankenversicherung bisher vorwiegend oder fast ausschließlich Leistungen nach Eintritt der Krankheit gewährt hat, liegen keine allgemeinen Erfahrungen über die Vorsorgehilfe in der Krankenversicherung vor. Wir sind deshalb der Meinung, daß durch das Vorschaltgesetz in dieser Hinsicht vorwiegend Rahmenvorschriften erlassen werden sollten, um der Selbstverwaltung die Möglichkeit zu vielfacher Initiative zu geben. Bis zur Gewinnung von Erfahrungen sollen diese Dinge möglichst frei gestaltet werden. Doch müssen und sollen der Gesetzgeber und die Öffentlichkeit genau über die weitere Entwicklung hinsichtlich der Vorsorgehilfe unterrichtet werden. Deshalb beantragen wir, daß die Bundesregierung alljährlich einen Bericht über die gewonnenen Erfahrungen bei der Vorsorgehilfe und über die Gestaltung der Leistungen vorlegen und gegebenenfalls Vorschläge für eine weitere gesetzliche Regelung machen soll.
    Im einzelnen schlagen wir als Vorsorgemaßnahmen vor: ärztliche, zahnärztliche Vorsorgeuntersuchungen, Vorsorgekuren und ferner die Möglichkeit für die Selbstverwaltung, alle sonstigen Leistungen der Vorsorgehilfe zu gestalten. Damit ist der Selbstverwaltung der größtmögliche Raum für freie Initiative gegeben. Es können Erfahrungen gewonnen werden, dann kann die Vorsorgehilfe durch den Gesetzgeber weiter ausgestaltet werden.
    Der zweite Bereich, der nach unserer Auffassung unbedingt noch in dieser Legislaturperiode geregelt werden muß, betrifft die wirtschaftliche Sicherung im Krankheitsfall. Bereits vor fünf Jahren, im September 1955, haben wir hier einen Gesetzentwurf über die Gleichstellung aller Arbeitnehmer im Krankheitsfall eingebracht. Nach harten Auseinandersetzungen ist im Jahre 1957 das sogenannte Krankengeldzuschußgesetz beschlossen worden. Dadurch wurden wirtschaftliche Verbesserungen im Krankheitsfall erreicht. Aber die große gesellschaftspolitische Aufgabe der Gleichstellung aller Arbeitnehmer harrt immer noch der Lösung.

    (Beifall bei der SPD.)

    Bei der Verabschiedung des Krankengeldzuschußgesetzes haben der damalige Bundesarbeitsminister und der Sprecher der Regierungspartei erklärt, daß das Krankengeldzuschußgesetz unter allen Umständen nur eine vorläufige Regelung sei. Es wurde auf die dritte Legislaturperiode — Neuordnung der Krankenversicherung — verwiesen. Im Regierungsentwurf findet sich aber nichts über die Gleichstellung aller Arbeitnehmer im Krankheitsfall.
    Zu Beginn dieser Legislaturperiode wurde der Aufgabenbereich des Bundesarbeitsministeriums erweitert. Das Ministerium erhielt die anspruchsvolle Bezeichnung „Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung". Bisher hat aber das Ministerium noch nichts getan, um zu einer sinnvolleren Gestaltung der Sozialordnung beizutragen. Der vorgelegte Regierungsentwurf hat eher zur sozialen Unruhe beigetragen. Wie bei kaum einer anderen Frage wäre eine Initiative der Bundesregierung, des Bundesarbeitsministeriums zur Gleichstellung aller Arbeitnehmer im Krankheitsfall geboten gewesen. Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung hätte damit einen wirkungsvollen Beitrag zur Erfüllung seiner Aufgabe leisten können.
    Nachdem uns bisher ein Regierungsentwurf zur Gleichstellung aller Arbeitnehmer nicht vorliegt, ergreifen wir mit dem Antrag Drucksache 1927 die Initiative. Wir beantragen, die Bundesregierung möge unverzüglich einen Gesetzentwurf vorlegen. Wir wählen diesen Weg, damit uns nicht der Vorwurf gemacht wird, bei der Gleichstellung der Arbeitnehmer im Krankheitsfall handle es sich um eine gesellschaftspolitische Frage, die nicht in einem Vorschaltgesetz geregelt werden könne.
    Meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben sich auf zwei Parteitagen im Grundsatz zur Gleichstellung aller Arbeitnehmer im Krankheitsfall bekannt. Wir sprechen deshalb die Erwartung aus, daß Sie sich heute zu unserem Antrag und damit zu Ihren eigenen Parteitagbeschlüssen bekennen und der Regierung den Auftrag geben, einen Gesetzentwurf vorzulegen, damit die Gleichstellung der Arbeitnehmer im Krankheitsfall noch in dieser Legislaturperiode verwirklicht werden kann.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das Bundesarbeitsministerium würde durch eine solche Vorlage die zusätzliche Bezeichnung „und Sozialordnung" besser rechtfertigen als bisher.
    Abgesehen von der gesellschaftspolitischen Aufgabe der Gleichstellung aller Arbeitnehmer müssen — und damit komme ich wieder auf das Vorschaltgesetz zurück — unverzüglich wirksame Maßnah-

    Dr. Schellenberg
    men zur sonstigen Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung im Krankheitsfall getroffen werden. Wir beantragen, durch das Vorschaltgesetz den Zuschuß des Arbeitgebers zum Krankengeld so zu erhöhen, daß Krankengeld und Zuschuß zusammen für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit die Höhe des Nettolohns erreichen.
    Mit großem Interesse haben wir davon Kenntnis genommen, daß gestern — offenbar unter dem Eindruck unserer Initiative, des Bevorstehens der heutigen Aussprache — bei der CDU beschlossen worden ist — einmal hieß es, von den christlichen Arbeitnehmern, einmal hieß es, von den Sozialpolitikern, anscheinend jedenfalls nicht von der gesamten Fraktion —, hinsichtlich der Erhöhung des Zuschusses ebenfalls initiativ zu werden und dafür einzutreten, daß Krankengeld und Zuschuß zusammen im Falle der Arbeitsunfähigkeit die volle Höhe des Nettolohns erreichen. Wir begrüßen diesen Beschluß eines Teiles Ihrer Fraktion oder, wie wir hoffen, vielleicht später der ganzen Fraktion. Aber wir müssen feststellen — das werden Sie uns nicht übelnehmen —, daß das wieder einmal eine Bestätigung dafür ist, daß Sie sich erst dann rühren, wenn wir vorher die Initiative ergriffen haben.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ungeachtet dessen: wir freuen uns, daß diese Dinge nun offenbar endlich vorankommen.

    (Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Memmel: Freuen Sie sich nicht zu früh!)

    In dem Vorschaltgesetz wird ferner von uns beantragt, Krankengeld für die gesamte Dauer der Krankheit ungekürzt weiter zu zahlen. Das ist eine Frage, die sowohl den Bedürfnissen der Arbeiter als auch denen der Angestellten entspricht. Denn in der Regel sind auch die Angestellten nach einer Krankheit von sechs Wochen ebenso schlecht gestellt wie die Arbeiter.
    Ferner beantragen wir, die Karenztage zu beseitigen. Der Regierungsentwurf sah ja in dieser Hinsicht keine Verbesserung der geltenden Regelung, sondern sogar eine Verschlechterung vor.

    (Abg. Memmel: Aber eine dringend notwendige Verschlechterung!)

    — Darüber wird man sich noch unterhalten müssen. Sie können ja bekennen, Herr Kolle Memmel, daß die Karenztage notwendig seien. Heute morgen habe ich in der Presse gelesen, daß die CDU für die Abschaffung der Karenztage sei. Deshalb bin ich betrübt, wenn Sie hier durch einen Zwischenruf bekennen, daß Sie die Regelung der Karenztage für eine notwendige Regelung halten.
    Ich darf Ihnen sagen: für uns Sozialdemokraten ist aber das nicht nur eine wirtschaftliche Frage, sondern die Beseitigung der Karenztage ist für uns ein sozialethisches Anliegen,

    (Beifall bei der SPD)

    denn Karenztage bedeuten eine Diffamierung der Arbeiter.

    (Zurufe von der CDU/CSU. — Rufe: Oho! — Na, na! — Vorsichtig! — Wiederholter Beifall bei der SPD.)

    — Wenn Sie der Auffassung sind, es sei keine Diffamierung, dann sind wir in unserer gesellschaftspolitischen Konzeption sehr weit auseinander.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Ich kann nichts anderes wünschen, als daß Sie das, was Sie hier hinsichtlich der Karenztage bekennen, auch draußen der Bevölkerung sagen.
    Wir halten es für eine sehr schlechte Sache, daß in bezug auf die wirtschaftliche Sicherung im Krankheitsfalle auch hinsichtlich der Karenztage — ich muß es wiederholen — immer noch eine Diffamierung des größten Teiles der arbeitenden Menschen besteht. Die Zeit ist überreif, diesen Zustand zu beenden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun zu der dritten Leistungsfrage, der Beseitigung der Aussteuerung bei Krankengeld und Krankenhauspflege. Die geltenden Vorschriften beruhen auf der überholten Vorstellung, daß die Krankheit ein kurzfristiges Risiko sei. Gerade bei langdauernder Krankheit wird der kranke Mensch — darüber sind wir hoffentlich alle einig — besonders belastet. Wenn auch durch den Regierungsentwurf die Leistungsdauer verlängert wird, so besteht doch nach dem Regierungsentwurf nach Ablauf der verlängerten Frist immer noch eine Aussteuerung. Wir Sozialdemokraten sind grundsätzlich der Auffassung, daß die Aussteuerung beseitigt werden muß. Wir halten das für ein dringendes Anliegen. Deshalb beantragen wir in unserem Vorschaltgesetz, die Aussteuerung bei der Gewährung von Krankengeld und Krankenhauspflege, auf die ein Rechtsanspruch bestehen soll, zu beseitigen.
    Nun wenige Bemerkungen zu der 4. Leistungsfrage, die unseres Erachtens vordringlich geregelt werden muß: die Verbesserung von Leistungen der Familienhilfe. Ehegatten und Kinder sollen grundsätzlich die gleichen Leistungen wie Versicherte erhalten. Die Altersgrenze für Kinder, die in Schuloder Berufsausbildung stehen, soll heraufgesetzt werden. Ferner ist eine Verbesserung der Wochenhilfeleistungen vorgesehen. Wenn die Mutter eine Entbindung im Krankenhaus wünscht, soll ihr eine Krankenhauspflege gewährt werden. Hilfe und Wartung durch Krankenpfleger oder Krankenschwestern hat eine Pflichtleistung zu werden. Die Kasse soll ermächtigt werden, Zuschüsse zu den Kosten einer Hauspflegerin zu gewähren für den Fall, daß die Mutter im Krankenhaus liegt. Schließlich sollen die Vorschriften über die Höhe des Hausgeldes verbessert werden. Das alles sind vordringliche Regelungen.
    Nun wird behauptet, wir hätten uns aus dem Regierungsentwurf die Rosinen für unser Vorschaltgesetz herausgesucht.

    (Lachen und Zustimmung in der Mitte.)

    -- Angesichts des ungenießbaren Teigs, den der Regierungsentwurf darstellt, wäre es immerhin schon eine Leistung, dort Rosinen zu finden.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

    Was sind die Tatsachen? Jeder kann sich darüber unterrichten, daß die Vorschriften über die
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 125. Sitzung. Bonn, Donnerstau den 29. September 1960 7255
    Dr. Schellenberg
    Verbesserung der Leistungen, die wir jetzt beantragen, schon in unserem Gesetzentwurf von 1955 und in unserem Gesetzentwurf über Verbesserungen der Leistungen im Krankheitsfalle aus dem Jahr 1957 enthalten sind. Das ist nicht zu bestreiten. Wer es nachzulesen wünscht, dem will ich gern noch die Drucksachennummern mitteilen: 1704 und 3208 der vorigen Legislaturperiode. Das muß man klarstellen, um einer Legendenbildung zu begegnen.
    Nun zu dem Problem der Finanzierung. Wir haben unserem Entwurf eine ausführliche finanzielle Begründung beigefügt. Bisher habe ich in der öffentlichen Diskussion keinen Einwand gehört, daß unsere Berechnungen falsch seien. Ich darf deshalb wohl annehmen, daß wir in der Größenordnung ungefähr richtig liegen. Nach unserem Entwurf werden die Mehreinnahmen rund 630 Millionen DM im Jahr und die Mehrausgaben — ohne Vorsorgehilfe
    — rund 425 Millionen DM betragen, so daß für die Leistungen der Vorsorgehilfe ein Spielraum für die Selbstverwaltung von rund 200 Millionen DM verbleibt.
    Man sagt, wir machten uns die Finanzierung sehr leicht, indem wir den erforderlichen Aufwand größtenteils auf die Unfallversicherung und auf den Bund verlagerten. Gewiß, Leistungsverbesserungen müssen finanziert werden. Die politisch zu entscheidende Frage ist: von wem? Wir Sozialdemokraten stehen auf dem Standpunkt, daß der Krankenversicherung endlich ein angemessener Kostenersatz für Fremdaufgaben gewährt werden muß. Diese Notwendigkeit kann wohl auch von Ihnen, meine Herren Kollegen von der CDU und der FDP, nicht bestritten werden.

    (Abg. Dr. Stammberger: Tun wir gar nicht!)

    — Na, dann wäre die Finanzierung unseres Gesetzentwurfes gesichert.
    Im Jahre 1958 haben wir einen Antrag auf vollen Kostenersatz eingebracht. Nach den Beratungen im Ausschuß hat das Haus einstimmig beschlossen, die Bundesregierung zu beauftragen, unverzüglich zu prüfen, in welcher Form der Krankenversicherung eine angemessene Erstattung für die Fremdaufgaben gewährt werden kann. Seitdem sind zwei Jahre vergangen. Deshalb ist es wohl angebracht, wenn wir jetzt in unserem Gesetzentwurf über vordringliche Maßnahmen fordern, daß endlich eine Erstattung der Fremdausgaben erfolgt.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Was zählen Sie zu den Fremdausgaben ... !)

    — Herr Dr. Atzenroth, das ist im beschlossenen Antrag genau aufgezählt: es sind sechs oder sieben Punkte. Ich möchte jetzt nicht in eine Spezialdebatte eintreten. Kommen Sie bitte in den Sozialpolitischen Ausschuß; da werden wir das eingehend darlegen.

    (Lachen bei der FDP.)

    Auch über die Einzelheiten der Erstattung werden wir sprechen müssen, wie selbstverständlich auch über die sonstigen Einzelheiten eines Vorschaltgesetzes.
    Entscheidend ist heute folgendes. Es ist sozialpolitisch, gesundheitspolitisch und auch nach den Vorstellungen von wirtschaftlicher Gerechtigkeit besser 'und sinnvoller, Kostenersatz für Fremdausgaben zu gewähren, als eine Kostenbeteiligung einzuführen, die zu Lasten der Krankenversicherten geht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber bevor wir weiter über die Finanzierung des Vorschaltgesetzes durch Kostenerstattung oder über Ihre allerneuesten Vorstellungen in der Frage der Kostenbeteiligung durch Krankenscheingebühr sprechen, muß die zentrale Frage geklärt werden, wie die Arbeit an der Gestaltung der Krankenversicherung weitergehen soll. Meine Damen. und Herren, ich appelliere vor allen Dingen an Sie von der Regierungspartei: Lassen Sie den Gedanken einer Neuregelung der Krankenversicherung in dieser Legislaturperiode fallen.

    (Abg. Pelster: Warum denn?) Daraus kann nichts Sinnvolles mehr werden.


    (Zustimmung bei der SPD.)

    Um es noch einmal zu sagen: Daraus kann deshalb nichts werden, weil die Dinge zu kompliziert, weil die Sache zu verfahren und weil die Vorbereitungen zu schlecht sind.

    (Abg. Memmel: Was würden Sie sagen, wenn wir es täten?)

    — Sie werden sehen, Herr Kollege Memmel, wie die Sache weitergeht und sich festfährt. Vertiefen Sie sich in die Probleme, und Sie werden die Schwierigkeiten erkennen. Meine Damen und Herren, mein Appell an Sie geht dahin: Konzentrieren Sie sich mit uns darauf, die vordringlichen Aufgaben in der Krankenversicherung in dieser Legislaturperiode vernünftig zu regeln. Dann dienen wir, und darum geht es, der Gesundheit der versicherten Bevölkerung.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Der Herr Abgeordnete Schellenberg hat beide Vorlagen begründet. Die Debatte beider Vorlagen wird verbunden. Ich gebe das Wort idem Herrn Abgeordneten Horn.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Peter Horn


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst für die Fraktion der CDU/CSU folgende Erklärung abgeben : Die CDU/CSU-Fraktion erklärt, daß nach ihrer Absicht die Vorlage über die Neuregelung der gesetzlichen Krankenversicherung als Ganzes und mit tunlichster Beschleunigung verabschiedet werden soll.
    Entsprechend den veränderten soziologischen Voraussetzungen ist die Fraktion der Meinung, daß die Frage einer Beteiligung der Versicherten an den Krankheitskosten in einem sozial vertretbaren Maße ein notwendiger Schritt zu einer Reform ist und daher nicht unter dem Gesichtspunkt der Finanzierung der Leistungen der Krankenkassen beurteilt werden sollte.
    Die Fraktion ist der Auffassung, daß für die Pflichtversicherten und darüber hinaus für einen



    Horn
    Teil der freiwillig Versicherten die Selbstbeteiligung in Form einer Krankenscheingebühr durchgeführt werden soll. Weiterhin hält es die Fraktion für zumutbar, unter bestimmten Voraussetzungen bei den freiwillig Weiterversicherten einen ersten Schritt in das Kostenerstattungssystem zu tun.

    (Rufe von der SPD: Hört! Hört! Aha! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Da bei der Entscheidung, in welchem Maße diese Reform durchgeführt werden kann, von maßgeblicher Bedeutung ist, wie die Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle gewährleistet wird, ist die CDU/ CSU-Fraktion der Auffassung, daß gleichzeitig mit der Verabschiedung des Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetzes auch die gesetzlichen Bestimmungen über die finanzielle Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfalle eine Weiterentwicklung in Richtung auf das Ziel einer Angleichung zwischen Angestellten und Arbeitern erfahren soll.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Wie?)

    Das entspricht auch den Beschlüssen von CDU/CSU-Parteigremien, u. a. von CDU-Parteitagen in dieser Frage.
    Hinsichtlich des Arztrechtes vertritt die CDU/ CSU-Fraktion die Auffassung, daß es grundsätzlich bei der bestehenden gesetzlichen Regelung verbleiben soll. Dazu gehört vor allem auch die Aufrechterhaltung der im Kassenarztrecht verankerten Selbstverwaltung, insbesondere mit Bezug auf die Zusammenarbeit von Ärzten und Krankenkassen in den dafür vorgesehenen Ausschüssen. Dabei muß den Folgerungen, die sich aus der Honorierung nach Einzelleistungen und aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Zulassung der Ärzte zu den Krankenkassen ergeben, Rechnung getragen werden. — Soweit, meine Damen und Herren, diese Erklärung der CDU/CSU-Fraktion.
    Bevor ich mich mit den Ausführungen beschäftige, die Herr Kollege Dr. Schellenberg hier soeben gemacht hat, möchte ich bemerken, daß wir bei unserer Debatte unterscheiden zwischen der Reform der Krankenversicherung als solcher und der Frage der Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle im besonderen. Wir. wissen sehr wohl, wie eng diese beiden Fragen miteinander zusammenhängen, und ich sage das jetzt hier nur, weil zum Thema Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle nach mir mein Kollege Weimer sprechen wird.
    Der Herr Kollege Dr. Schellenberg hat in seinen Ausführungen, wie ich ihm bescheinigen möchte, zwar in durchaus sachlicher Weise zu den Dingen Stellung genommen. Es kann ihm auch nicht verübelt werden, wenn er mit Pathos und Energie für seinen Gesetzentwurf hier eintritt. Immerhin, an Selbstbewußtsein bezüglich eigener Initiative der SPD hat er es wahrhaftig nicht fehlen lassen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU. Zurufe von der SPD.)

    Alle Fragen, die Herr Professor Schellenberg in diesem Zusammenhang angesprochen hat, sind auch Gegenstand und Inhalt der Gesetzesvorlage, die den Sozialpolitischen Ausschuß seit längerem beschäftigt. Wenn ich auch jetzt nicht die These vom „Rosinen-aus-dem-Kuchen-Picken" aufnehmen will, so darf ich doch sagen, daß der Inhalt dieses sogenannten Vorschaltgesetzes - selbstverständlich unter Beachtung gewisser Modifikationen oder Ergänzungen — weithin mit dem Leistungsrecht, wie es die Regierungsvorlage vorgesehen hat, übereinstimmt.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Wir werden uns im Ausschuß, was diese Dinge angeht, sehr sachlich über die einzelnen Punkte unterhalten können.
    Trotzdem, meine verehrten Damen und Herren von der Opposition, darf ich vielleicht sagen: Welche Gründe letzten Endes die Einbringung dieses Initiativgesetzentwurfs veranlaßt haben, ist nach meinem Dafürhalten in den Ausführungen des Kollegen Schellenberg nicht bis zum letzten Punkt deutlich geworden. Ich habe vor der großen Parlamentspause in Unterhaltungen mit dem verehrten Herrn Kollegen Schellenberg auch zu diesem Thema eines Vorschaltgesetzes u. a. gesagt: Herr Dr. Schellenberg, es bedarf doch gar nicht dieses Vorschaltgesetzes als eigenen besonderen Gesetzentwurfs, denn Sie hätten durchaus die Möglichkeit, bei der zweiten Lesung dieser Gesetzesvorlage all die einzelnen Fragen, wie Sie sie in Ihrem Gesetzentwurf sehen, anzusprechen, entsprechende Anträge zu stellen oder sich gegen unsere Absichten in dieser Vorlage zu wenden. Das brauchte unsere Beratungen oder den Beginn der zweiten Lesung im Ausschuß in keiner Weise aufzuhalten.
    Ich widerstehe der Versuchung, nun im einzelnen die Erörterungen, die in den Sozialpolitischen Ausschuß gehören, vorwegzunehmen. Deshalb möchte ich mich nicht auf die vielen Einzelfragen, die hier erörtert worden sind, einlassen. Ich kann nur noch einmal erklären: Im wesentlichen, in der Mehrzahl oder in der Hauptsache sind diese einzelnen Punkte sämtlich Gegenstand auch der Regierungsvorlage, und wir können sehr wohl darüber sprechen, wie die Dinge im einzelnen zu machen sind.
    Ich möchte nur einen Punkt ganz kurz berühren. Ich glaube, in der Frage der Vorsorgehilfe oder der Vorsorgekuren könnte man sich durchaus darüber unterhalten, ob man hier, weil im wesentlichen oder jedenfalls zu einem guten Teil Neuland betreten wird, den Organen der Selbstverwaltung in der Krankenversicherung entsprechende Zuständigkeiten einräumen könnte. Ich unterschreibe, was Herr Schellenberg gesagt hat: auch hier müssen erst vernünftige Erfahrungen gesammelt werden. Deshalb werden wir uns im Ausschuß in dieser Frage zweifellos über die sachlichen Dinge, die darinstecken, vernünftig und ruhig unterhalten oder auseinandersetzen können.
    Nun hat Herr Schellenberg mit etwas schmunzelnder Miene den geschichtlichen Ablauf der Ereignisse wiedergegeben und erläutert, wie er sich im Laufe dieses Jahres seit der ersten Lesung entwickelt hat. Lassen Sie mich dazu nur folgendes kurz sagen: Mein Kollege Stingl hat als Sprecher in der ersten Lesung dieses Gesetzentwurfs zu den einzelnen



    Horn
    Fragen Stellung genommen, aber doch an einer Reihe von Punkten gewisse Fragezeichen angebracht oder damals erklärt: Dies oder jenes sind Fragen, über die wir uns auch in unseren eigenen Reihen noch gründlich unterhalten müssen, über die, mit anderen Worten, sehr wohl verschiedene Meinungen vorherrschen können.
    Der Herr Kollege Schellenberg hat vorhin vom sogenannten Stein der Weisen gesprochen. Meine Damen und Herren, ich glaube, in dieser sehr schwierigen und neuralgischen Frage mit all den Dingen, die mit ihr verbunden sind, hat überhaupt niemand den Stein der Weisen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Niemand, ob das nun die Regierung ist — die ist gar nicht so überheblich — oder eine der Fraktionen, kann für sich das Patent oder den Musterschutz für seine Lösung beantragen,

    (Abg. Dr. Stammberger: Sehr richtig!)

    niemand kann sagen, daß er, mit welchen Vorschlägen auch immer, eine Ideallösung oder eine Patentlösung brächte. In jedem Fall bleiben Fragen offen, und in jedem Fall wird es auch bei dieser Neuregelung heißen müssen: In diesen und in jenen Punkten müssen Erfahrungen gesammelt werden, und zur gegebenen Zeit wird man sich über diese oder jene Frage erneut unterhalten können oder sogar unterhalten müssen.
    Meine verehrten Damen und Herren, ich kann an dieser Stelle aber doch nicht unterlassen, ganz kurz wenigstens auf einige Punkte der geschichtlichen Entwicklung und auf die Darstellung dieser Dinge einzugehen. Herr Kollege Dr. Schellenberg hat die Dinge so dargestellt, als ob die ganze Misere, die ganzen Schwierigkeiten, die mit dieser Frage aufgetreten sind, letztlich entweder auf die Bundesregierung — weil sie eine solche Vorlage gemacht habe — oder auf die CDU/CSU-Fraktion zurückgingen, die sich eben Gott weiß wie lange Zeit über schwierige neuralgische Fragen nicht einig geworden sei.

    (Zuruf von der SPD: Da müssen Sie beim Referentenentwurf beginnen! — Weitere Zurufe links.)

    Ich leugne gar nicht, meine Damen und Herren, daß es in diesen Fragen auch in unserem eigenen Kreise Meinungsverschiedenheiten gegeben hat.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Das hat sich inzwischen herumgesprochen!)

    Wenn man der Meinung ist, die ich soeben äußerte, daß sich hier keine Patentlösung finden läßt, dann kann man auch sehr ruhig und sehr sachlich einräumen, daß es keine Schande, erst recht keine Sünde ist, wenn man im Verlauf der Diskussionen und Überlegungen über diese Dinge auch einmal — und wenn es sogar einige Male sein sollte — zu besseren Erkenntnissen kommen kann und dann diesen besseren Kenntnissen auch zu folgen bereit ist. Das ist weder eine Sünde, noch eine Schande.
    Die sozialdemokratische Fraktion und Arm in Arm mit ihr der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Gewerkschaften, haben diese Gesetzesvorlage von allem Anfang an als das innenpolitische Thema Nr. 1 hochgespielt.

    (Zuruf von der SPD: Na, na!)

    Sie haben lange Zeit die ganze Diskussion um diese Fragen an einem Nagel — unter dem Stichwort: Selbstbeteiligung — aufgehängt.

    (Zuruf von der SPD.)

    Ich kenne eine ganze Anzahl von gewerkschaftlichen — sogenannten — Protestveranstaltungen zu dieser Frage. Wie es bei Ihren Referaten draußen vor Ihren Leuten gewesen ist, vermag ich im ganzen nicht so genau zu beurteilen. Aber auch Sie haben diese Auffassung — sozusagen nach der gleichen Melodie — vertreten. Auch Sie haben Ihren Leuten im wesentlichen Ihre Ablehnung der sogenannten Selbstbeteiligung vorgetragen. Lange Zeit sind, insbesondere auch in Gewerkschaftsversammlungen, das Positive, das Gute und die sehr erheblichen Leistungsverbesserungen, die in dieser Vorlage drinstecken, einfach unterschlagen worden;

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    man hat nur auf den eben erwähnten Dingen herumgeritten. Das muß heute bei dieser Gelegenheit auch einmal ausgesprochen werden.
    Wir sind seinerzeit im sozialpolitischen Ausschuß in die Krise gekommen, die Herr Schellenberg vorhin erwähnt hat. Sie haben den Ausschuß verlassen. Hinter diesem Verlassen des Ausschusses staken auch andere Gründe und Überlegungen.

    (Zurufe von der SPD: Na, na! Unerhört!)

    Wir sind damals gefragt worden, wo denn unsere neue Konzeption in diesen Dingen sei. Damals habe ich den Damen und Herren auf ihre wiederholten Fragen gesagt, die Grundkonzeption, von der wir ausgingen, sei die Regierungsvorlage.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Ist sie es immer noch?)

    — Inwieweit wir die Regierungsvorlage durch unsere Anträge ändern werden — ohne dabei die Grundidee oder die Komponenten dieser Konzeption völlig zu leugnen —, werden Sie erfahren, wenn wir die Anträge einbringen.
    An dieser Stelle möchte ich Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, doch noch einmal sehr nachdrücklich sagen: ein echter Grund, damals den Ausschuß auffliegen zu lassen, hat nicht bestanden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Wir hätten die zweite Lesung dieser Vorlage auf Grund der vorliegenden Änderungsanträge sehr wohl beginnen können. Heute sagen Sie, der Beginn der Beratung sei nicht möglich gewesen, weil der gesamte Überblick über alles das, was bei uns überlegt wurde oder überlegt wird, Ihnen noch nicht bekannt und nicht geläufig gewesen sei. Ich wiederhole: wir hätten schon ein ganzes Stück der Vorlage



    Horn
    beraten können. Zu dem Zeitpunkt, zu dem wir an schwierige und neuralgische Punkte gekommen wären, hätten Sie unsere konkreten Vorschläge dazu in der Hand gehabt, und wir hätten die Dinge weiter behandeln können.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Heute wenigstens wollen wir sie haben!)

    — Ich sage Ihnen noch einmal: wir befinden uns hier nicht in der zweiten Lesung im sozialpolitischen Ausschuß. Ich will Ihnen nur kurz und bündig sagen: aus der von mir vorhin abgegebenen Erklärung mögen Sie erkennen und ablesen, in welche Richtung unsere Überlegungen und unsere Änderungsvorschläge gehen. Alles andere wird sich dann bei den Ausschußberatungen finden.
    Der Herr Kollege Schellenberg hat großen Wert darauf gelegt, im einzelnen darzutun, daß wir aus Zeitgründen einfach gar nicht anders könnten, als Ihrem Vorschaltgesetz zu folgen. Dazu kann ich nur folgendes sagen: auch wenn wir dieses Vorschaltgesetz für sich allein und losgelöst von der Regierungsvorlage debattierten, würden wir dabei genauso gründlich und tief in die Einzelfragen und Probleme einsteigen müssen, wie wir es auch bei der Gesetzesvorlage der Regierung tun müssen. Wir würden also wahrscheinlich gar nicht viel gewinnen. Ich gebe zu, daß verschiedene sehr wichtige Detailabschnitte der Vorlage in Ihrem Entwurf nicht angesprochen sind; sie müssen wir außerdem behandeln und verabschieden.
    Herr Dr. Schellenberg hat dann auch im einzelnen die Frage der Finanzierung angesprochen und dargelegt, wie diese in Ihrem Gesetzentwurf geregelt sei. Ich verzichte darauf, jetzt hier auf Ihre Begründung des finanziellen Teils einzugehen, denn das gehört auch in die Erörterung im Ausschuß. Ich will nur etwas dazu bemerken: was im einzelnen zu der Finanzierung zu sagen ist, kann man nicht so einfach und so leicht mit einer Hand hinlegen, wie es die Vorlage der sozialdemokratischen Fraktion tut. Es sollen in einem großen Umfang auch Haushaltsmittel des Bundes beansprucht werden. Das macht es doch erforderlich, darüber sehr eingehende Überlegungen mit der Bundesregierung und mit dem Herrn Bundesfinanzminister anzustellen. Wir werden ohnehin bei der Beratung des Haushalts über solche Dinge sprechen müssen. Wir sind seit Wochen mit dem Herrn Bundesfinanzminister im Gespräch über Leistungen oder Erhöhung von Leistungen des Bundeshaushalts für diese Dinge. Ich hoffe, daß wir diese Gespräche mit gutem Nutzen für die Sache abschließen können.
    Bevor ich diesen Platz verlasse, glaube ich, noch folgendes sagen zu müssen. Herr Dr. Schellenberg hat vorhin in seinen Darstellungen die Dinge etwas ironisiert. Er sagte: Hier Vorlage der Bundesregierung, dann Kompromißvorschlag der CDU/CSU, dann wiederum geänderte Vorschläge, die zu guter Letzt von uns erarbeitet worden seien und die wir jetzt in dieser Vorlage zu verwirklichen beabsichtigten. Ich habe vorhin schon einmal gesagt: wenn jemand im Laufe von Diskussionen und Auseinandersetzungen zu anderen Erkenntnissen kommt und er sich entschließt, nach diesen Erkenntnissen zu
    handeln, dann ehrt ihn das nur. Das ist jedenfalls keine Schande und keine irgendwie abträgliche Angelegenheit. Das möchte ich insbesondere auch mit Bezug auf den Herrn Bundesarbeitsminister sagen. Er ist nun einmal im Verlaufe der Debatten in der Frage der Selbstbeteiligung, in der Frage des Arztrechts usw. zu gewissen Erkenntnissen gekommen.
    Wir haben unsere eigene fraktionsinterne Haltung in diesen Dingen überprüft. Meine verehrten Damen und Herren, wenn es wahr ist — und es bleibt wahr —, daß Politik die Kunst des Möglichen ist,

    (Abg. Dr. Schellenberg: Dann müssen Sie das Vorschaltgesetz annehmen!)

    dann gilt das auch für diese Fragen. Der Herr Bundesarbeitsminister persönlich verdient Anerkennung dafür,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

    daß er zwar der Meinung gewesen ist und wohl auch der Meinung bleibt, daß seine Konzeption, wie er sie uns in der Regierungsvorlage vorgelegt hat, die bessere Lösung wäre — wer kann ihm die Beibehaltung dieser Meinung verargen? niemand! —, daß er dann aber auf Grund der Meinungsniederschläge draußen in der Öffentlichkeit und unter den Beteiligten zu der Erkenntnis gekommen ist

    (Abg. Killat [Unterbach] : Also doch Versichertengemeinschaft!)

    — Herr Killat, Sie können ja gleich hierher kommen —, daß die Kunst des Möglichen hier gebietet, diese neuerlichen Meinungen auch zu akzeptieren. Wenn er dann bereit ist, danach zu handeln — ich wiederhole es —, dann verdient er unsere Anerkennung und auch unseren Dank dafür, daß er auch für andere geeignete Lösungen den Weg frei macht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Damit möchte ich meine Ausführungen an dieser Stelle für heute beenden. Ich darf noch einmal auf die zu Beginn meiner Darlegungen verlesene Erklärung meiner Fraktion verweisen. Wir werden entsprechend dieser Erklärung handeln. Wir haben an Sie, meine verehrten Damen und Herren von der Opposition, auch unsererseits den Appell, daß Sie die Gesamtvorlage in einer vernünftigen Weise zu verabschieden nicht erschweren, sondern mit uns gemeinsam bereit sind, dafür zu sorgen, daß wir aus dieser Gesetzesvorlage, die die Bundesregierung uns vorgelegt hat, eine Lösung erarbeiten, die für alle Beteiligten, für Versicherte, für Ärzte und wer sonst noch an diesen Dingen Interesse hat, zu einem guten und nutzbringenden Ende führt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)