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    Deutscher Bundestag 115. Sitzung Bonn, den 19. Mai 1960 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes, des Körperschaftsteuergesetzes, des Gewerbesteuergesetzes und des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (Steueränderungsgesetz 1960) (Drucksache 1811) — Erste Beratung — Etzel, Bundesminister 6519 B Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 6524 A Seuffert (SPD) . . . . 6527 D, 6537 D Dr. Atzenroth (FDP) . . . . . . 6531 A Etzel (CDU/CSU) . . . 6531 B, 6537 B, 6538 A, 6546 C Dr. Miessner (FDP) . . . . . . . 6533 A Leber (SPD) . . . . . . . . . 6535 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 6542 C Dr. Starke (FDP) 6544 C Entwurf eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank (Drucksache 533); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 1311, zu 1311) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Seume (SPD) . . . 6548 B, 6557 B Dr. Lindenberg (CDU/CSU) . . . . 6550 C Entwurf eines Gesetzes über die Anmeldung von Anteilscheinen der Deutschen Reichsbank (SPD) (Drucksache 823); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 1312, zu 1312) — Zweite Beratung — Seuffert (SPD) 6555 B Dr. Lindenberg (CDU/CSU) . . . 6556 D Fragestunde (Drucksache 1846) Frage des Abg. Dürr: Hinweise an den Grenzübergängen auf besondere deutsche Verkehrsvorschriften Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 6553 D Frage des Abg. Leicht: Stand der Planung des Ausbaues der B 10 von Karlsruhe bis Zweibrücken Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 6554 A Frage des Abg. Walter: Gefährliche Ortsdurchfahrten der B 83 Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 6554 B Frage des Abg. Walter: Stand der Planung des Baues einer Anschlußstelle Ostheim der Bundesautobahn Frankfurt–Kassel Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 6554 C Frage des Abg. Schmitt-Vockenhausen: Erlaß einer Rechtsverordnung gemäß § 32 Nr. 1 des Luftverkehrsgesetzes Dr. Seiermann, Staatssekretär . . . 6554 D Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksache 317); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 1816) — Zweite Beratung — Jahn (Stuttgart) (CDU/CSU) . . . 6558 A Odenthal (SPD) . . . . 6560 A, 6569 D Frau Dr. Bleyler (CDU/CSU) . . . 6562 C, 6598 B Behrendt (SPD) . . . . 6563 C, 6568 C, 6583 C, 6601 D, 6604 A Dürr (FDP) . . . 6563 D, 6590 B, 6595 A, 6595 D, 6598 D, 6604 D Frehsee (SPD) . . . . 6564 C, 6574 C Franzen (CDU/CSU) . . 6565 B, 6568 A, 6592 D, 6605 D Metter (SPD) . . . . . . . . . 6565 C Storch (CDU/CSU) . . . 6566 B, 6569 A Wischnewski (SPD) . . . 6566 C, 6588 B Memmel (CDU/CSU) . . 6567 C, 6574 A, 6593 B, 6596 A, 6603 C, 6612 D Scharnowski (SPD) 6568 D Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) . 6571 A, 6582 C Lang (München) (CDU/CSU) . . 6571 D, 6605 A Kemmer (CDU/CSU) 6572 B Jahn (Marburg) (SPD) 6572 B Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) 6572 C Dr. Stammberger (FDP) 6573 A, 6609 C Mischnick (FDP) . . . . . . . . 6573 D Tobaben (DP) . . 6579 B, 6588 A, 6600 B Hesemann (CDU/CSU) 6580 B Könen (Düsseldorf) (SPD) . . . 6583 A Frau Dr. Pannhoff (CDU/CSU) . . 6584 C, 6607 D Scheppmann (CDU/CSU) . 6589 D, 6600 D Hufnagel (SPD) 6592 B Folger (SPD) 6593 D Vogt (CDU/CSU) 6596 C Ludwig (SPD) . . . . . 6597 A, 6610 D Spitzmüller (FDP) 6597 C Frau Schanzenbach (SPD) . . . 6599 A Frau Rudoll (SPD) 6599 D, 6601 A, 6612 B Diebäcker (CDU/CSU) 6602 A Frau Kipp-Kaule (SPD) . . . . . 6606 A Frau Dr. Hubert (SPD) . . . . . 6606 D Dr. Bucher (FDP) 6611 B Varelmann (CDU/CSU) . . . . . 6612 A Erklärung nach § 36 GO Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 6613 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 6613 D Anlagen 6615 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1960 6519 115. Sitzung Bonn, den 19. Mai 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 114. Sitzung Seite 6489 C Spalte 1 Zeile 17 statt „Berger": Dr. Bergmeyer. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Altmaier 31. 5. Auge 31. 5. Dr. Bärsch 20. 5. Bauer (Wasserburg) 20. 5. Bazille 20. 5. Dr. Becker (Hersfeld) 31. 5. Frau Berger-Heise 20. 5. Dr. Birrenbach 19. 5. Blachstein 28. 5. Brüns 2. 7. Dr. Dittrich 31, 5. Dopatka 28. 5. Dröscher 31. 5. Eberhard 20. 6. Dr. Eckhardt 20. 5. Erler 28. 5. Dr. Frey 19. 5. Gedat 20. 5. Geiger (München) 20. 5. Dr. Görgen 28. 5. Dr. Greve 28. 5. Dr. Dr. Heinemann 20. 5. Dr. Graf Henckel 28. 5. Frau Herklotz 19. 5. Holla 28. 5. Hoogen 20. 5. Horn 19. 5. Dr. Hoven 20. 5. Jahn (Frankfurt) 2. 7. Jaksch 28. 5. Katzer 18. 6. Frau Klemmert 1. 7. Köhler 28. 5. Kraft 28. 5. Dr. Kreyssig 20. 5. Krüger (Olpe) 19. 5. Kühlthau 19. 5. Dr. Löhr 19. 5. Lücker (München) 20. 5. Maier (Freiburg) 2. 7. Margulies 20. 5. Dr. Meyer (Frankfurt) 28. 5. Pelster 18. 6. Dr. h. c. Pferdmenges 9. 6. Pöhler 20. 5. Ramms 20. 5. Rasch 28. 5. Rasner 28. 5. Rehs 20. 5. Dr. Ripken 31. 5. Ritzel 28. 5. Sander 2. 7. Scheel 20. 5. Solke 28. 5. Stahl 4. 6. Wagner 19. 5. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 18. 6. Weinkamm 20. 5. Frau Welter (Aachen) 20. 5. Wienand 20. 5. b) Urlaubsanträge Frenzel 20. 6. Jacobs 24. 5. Seidl (Dorfen) 25. 5. Anlage 2 Umdruck 614 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank (Drucksachen 533, 1311, zu 1311). Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 3 wird wie folgt gefaßt: „§ 3 Abfindung der Anteilseigner (1) Die Anteilseigner der Reichsbank erhalten als Abfindung auf je hundert Reichsmark Reichsbankanteile entweder 1. zwanzig Deutsche Mark, soweit sie über den 8. Mai 1945 hinaus ununterbrochen im Besitz ihrer Reichsbankanteile geblieben sind, oder 2. zehn Deutsche Mark, soweit sie ihre Reichsbankanteile erst nach dem 8. Mai 1945 erworben haben. (2) Ehemalige Anteilseigner der Deutschen Reichsbank, die wegen ihrer Rasse nach § 11 Abs. 2 des Reichsbankgesetzes ausgeschlossen wurden, werden gegen Rückgabe der Entschädigung (Reichsschatzanweisungen oder Wertersatz) nach Absatz 1 Nr. 1 behandelt, wenn diese Regelung für sie günstiger ist. Mit Anerkennung des nach diesem Gesetz gegebenen Anspruchs geht ein Anspruch, der dem Berechtigten wegen des Verlustes seiner Reichsbankanteile nach den Vorschriften zur Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände oder nach dem Bundesrückerstattungsgesetz zusteht, auf die Deutsche Reichsbank über; auf diesen Anspruch bereits bewirkte Leistungen sind an die Deutsche Reichsbank herauszugeben. (3) Ehemalige Anteilseigner der Deutschen Reichsbank, die, ohne, nach § 11 Abs. 2 des Reichsbankgesetzes ausgeschlossen zu sein, nach fruchtlosem Ablauf der nach § 33 des Reichsbankgesetzes gesetzten Umtauschfristen ausgeschlossen wurden, werden nach Absatz 1 Nr. 1 .behandelt." 6616 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1960 2. In § 4 Abs. 1 erhält Satz 1 die folgende Fassung: „Ansprüche nach § 3 sind innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes bei dem Abwickler anzumelden." 3. § 5 erhält folgende Fassung: „§ 5 Verzinsung (1) Die Abfindungsbeträge nach § 3 Abs. 1 werden vom 1. Januar 1950 an mit 4 vom Hundert jährlich verzinst. (2) Ist der Erwerb der Reichsbankanteile nach dem 1. Januar 1950 erfolgt, so werden die Abfindungsbeträge erst vom 1. Januar des dem Erwerb folgenden Jahres an mit 4 vom Hundert jährlich verzinst." 4. In § 6 erhält Absatz 5 folgende Fassung: „(5) Der Abwickler hat die im Eigentum der Deutschen Reichsbank stehenden Aktien der Deutschen Golddiskontbank, soweit sie nicht nach § 10 an Ausländer auszufolgen sind, dem Bund zu übereignen." 5. § 7 erhält folgende Fassung: § 7 Auszahlung von Abfindungsbeträgen und Zinsen Abfindungsbeträge und Zinsen sind innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes an die Berechtigten mit befreiender Wirkung für den Bund auszuzahlen." 6. In § 8 wird Absatz 3 gestrichen. Bonn, den 7. Mai 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 626 (neu) Änderungsantrag der Fraktion der DP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Hinter § 7a wird folgender § 7 b eingefügt: „§ 3 b Sonstige Ausnahmen (1) In besonders gelagerten Ausnahmefällen können Kinder über zwölf Jahre nach dem Schulunterricht mit leichten Hilfeleistungen beschäftigt werden, wenn die Aufsichtsbehörde dazu die Genehmigung erteilt. (2) Die Kinder dürfen nicht zwischen 18 und 8 Uhr und nicht an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen beschäftigt werden." 2. In § 24 Abs. 2 wird das Wort „zusammenhängenden" gestrichen. Bonn, den 19. Mai 1960 Tobaben Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 4 Umdruck 629 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816) . Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 1 Abs. 2 Nr. 3 erhält folgende Fassung: „3. die Beschäftigung von Jugendlichen über 17 Jahre, die die Abschlußprüfung in einem Lehrberuf bestanden haben und als Fachkraft tätig sind; jedoch gelten für diese Jugendlichen die Vorschriften der §§ 14, 17 und 34 über Nachtruhe, Urlaub und Akkord- und Fließarbeit." 2. § 7 a Abs. 1 erhält folgende Fassung: „(1) Kinder über zwölf Jahre dürfen in der Landwirtschaft (§ 26) mit leichten und für Kinder geeigneten Hilfeleistungen beschäftigt werden. Solche Hilfeleistungen dürfen nicht regelmäßig, sondern nur gelegentlich stattfinden." 3. In § 8 wird hinter Absatz 3 folgender Absatz 3 a eingefügt: „ (3 a) Die Arbeitszeit der Jugendlichen darf täglich und wöchentlich die übliche Arbeitszeit der erwachsenen Arbeitnehmer des Betriebs oder der Betriebsabteilung, in der der Jugendliche beschäftigt wird, nicht überschreiten. Das gilt nicht, wenn die übliche Wochenarbeitszeit der erwachsenen Arbeitnehmer weniger als 40 Stunden beträgt." 4. In § 10 wird der Absatz 3 gestrichen. 5. § 14 Abs. 5 Satz 2 erhält folgende Fassung: „Dies gilt, mit Ausnahme von Jugendlichen, die mit artistischen Darbietungen gemeinsam mit einem Elternteil beschäftigt werden, nicht für Varieté-, Kabarett- und Revueveranstaltungen, bei denen Jugendlichen gemäß § 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit in der Fassung des Gesetzes vom 27. Juli 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1058) die Anwesenheit nicht gestattet werden darf, sowie für Veranstaltungen im Sinne der zu § 8 des Gesetzes Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1960 6617 zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit erlassenen Rechtsverordnungen." 6. In § 16 a) erhält Absatz 4 Satz 2 zweiter Halbsatz folgende Fassung: „dies gilt, mit Ausnahme von Jugendlichen, die mit artistischen Darbietungen gemeinsam mit einem Elternteil beschäftigt werden, nicht für Varieté-, Kabarett- und Revueveranstaltungen, bei denen Jugendlichen gemäß § 5 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit in der Fassung des Gesetzes vom 27. Juli 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1058) die Anwesenheit nicht gestattet werden darf, sowie für Veranstaltungen im Sinne der zu § 8 des Gesetzes zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit erlassenen Rechtsverordnungen." b) erhält Absatz 6 Satz 1 folgende Fassung: „Jugendliche, die auf Grund der Absätze 4 und 5 an Sonn- und Feiertagen nicht beschäftigt werden dürfen, sind, wenn die Beschäftigung bis zu vier Stunden dauert, an einem der vorangehenden oder der folgenden sechs Werktage ab 14 Uhr, wenn sie länger als vier Stunden dauert, an einem ganzen der vorangehenden oder der folgenden sechs Werktage von der Arbeit freizustellen." 7. § 18 Abs. 2 Satz 2 erhält folgende Fassung: „Wird die Mehrarbeit nicht innerhalb der genannten Frist ausgeglichen, so ist sie nach den Vorschriften des § 10 zu vergüten.” 8. § 25 Satz 2 erhält folgende Fassung: „§ 18 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 gilt entsprechend." 9. § 30 Satz 2 erhält folgende Fassung: „§§ 9, 10, 16 Abs. 7 und § 18 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 gelten entsprechend." 10. In § 31 Abs. 1 werden die Worte „§ 8 Abs. 1, 3 und 4" ersetzt durch die Worte „§ 8 Abs. 1, 3, 3 a und 4". 11. § 34 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „(1) Die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen mit Akkordarbeit und Fließarbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo ist verboten." 12. § 41 Abs. 1 bis 3 erhält folgende Fassung: „(1) Der Beschäftiger hat sich, bevor er mil der Beschäftigung eines Jugendlichen beginnt, die Bescheinigung eines Arztes darüber, daß der Jugendliche innerhalb der letzten 12 Monate untersucht worden ist, vorlegen zu lassen (2) Vor Ablauf des ersten Beschäftigungsjahres hat sich der Beschäftiger die Bescheinigung eines Arztes darüber, daß der Jugendliche nachuntersucht worden ist, vorlegen zu lassen. (3) Ergibt eine ärztliche Untersuchung, daß ein Jugendlicher hinter dem seinem Alter entsprechenden Entwicklungsstand zurückgeblieben ist, oder werden sonst gesundheitliche Schwächen oder Schäden festgestellt oder lassen sich bei der Untersuchung die Auswirkungen der Berufsarbeit auf die Gesundheit oder Entwicklung des Jugendlichen noch nicht übersehen, so soll der Arzt eine Nachuntersuchung anordnen." 13. § 44 erhält folgende Fassung: „§ 44 Die Aufsichtsbehörde hat, wenn die dem Jugendlichen übertragenen Arbeiten Gefahren für seine Gesundheit befürchten lassen, dies dem gesetzlichen Vertreter des Jugendlichen in persönlichen Angelegenheiten und dem Beschäftiger mitzuteilen und die ärztliche Untersuchung zu fordern." 14. § 47 wird gestrichen. 15. § 48 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „(1) Die Ärzte, die Untersuchungen nach diesem Gesetz vorgenommen haben, müssen, wenn der gesetzliche Vertreter des Jugendlichen in persönlichen Angelegenheiten damit einverstanden ist, 1. dem staatlichen Gewerbearzt, 2. dem Arzt, der einen Jugendlichen nach diesem Gesetz nachuntersucht, auf Verlangen die Aufzeichnungen über die Untersuchungsbefunde zur Einsicht aushändigen." 16. In § 50 Abs. 1 werden hinter die Worte „mit Zustimmung des Bundesrates" die Worte eingefügt „und, soweit besondere Regelungen für bergbauliche Betriebe getroffen werden, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft". 17. § 64 Abs. 1 Nr. 1 erhält folgende Fassung: „1. den Vorschriften der §§ 6, 7 Abs. 2 oder § 7 a Abs. 1 oder 2 über die Beschäftigung von Kindern," 18. In § 65 a) werden in Absatz 1 Nr. 1 die Worte „§ 8 Abs. 1 bis 3" ersetzt durch die Worte „§ 8 Abs. 1 bis 3 a"; b) erhält Absatz 1 Nr. 8 folgende Fassung: „8. einer Anordnung der Aufsichtsbehörde nach § 7 Abs. 3 Satz 2, § 12 Abs. 4 Satz 2, § 33 Abs. 3 oder § 38 Abs. 2". 19. § 70 Abs. 3 erhält folgende Fassung: ,(3) Die Arbeitszeitordnung vom 30. April 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 447) wird wie folgt geändert: 6618 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1960 1. § 1 Abs. 1 Satz 1 erhält folgende Fassung: „Die Arbeitszeitordnung gilt für Arbeitnehmer über 18 Jahre und für solche Arbeitnehmer über 17 Jahre, die die Abschlußprüfung in einem Lehrberuf bestanden haben und als Fachkräfte tätig sind, in Betrieben und Verwaltungen aller Art, auch wenn sie nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung betrieben werden." 2. Nach § 3 wird folgender § 3 a eingefügt: „§ 3 a Anrechnung der Berufsschulzeit Bei Arbeitnehmern, die noch berufsschulpflichtig sind, ist die Unterrichtszeit in der Berufsschule einschließlich der Pausen auf die Arbeitszeit anzurechnen. Das Entgelt ist für die Unterrichtszeit einschließlich der Pausen weiterzuzahlen." 3. Dem § 19 wird folgender Absatz 4 angefügt: „(4) Für die Nachtruhe von Arbeiterinnen über 17 Jahre, die die Abschlußprüfung in einem Lehrberuf bestanden haben und als Fachkräfte tätig sind, gelten die Vorschriften des § 14 des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom (Bundesgesetzbl. I S )" 20. § 72 wird wie folgt geändert: a) Absatz 1 erhält folgende Fassung: „(1) Dieses Gesetz tritt am 1. Oktober 1960 in Kraft, die §§ 41 bis 50 jedoch erst am 1. Oktober 1961." b) Die Eingangsworte des Absatzes 2 erhalten folgende Fassung: „Am 1. Oktober 1960 treten folgende Vorschriften außer Kraft, soweit dies nicht bereits geschehen ist." c) In Absatz 3 treten an die Stelle der Worte „1. Juli 1961" die Worte „1. Oktober 1961". d) In Absatz 4 treten an die Stelle der Worte „1. Juli 1960" die Worte „1. Oktober 1960". Bonn, den 18. Mai 1960 Dr. Krone und Fraktion Anlage 5 Umdruck 630 Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Hubert, Odenthal, Behrendt, Wischnewski und Genossen zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der ,arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816). Der Bundestag wolle beschließen: § 47 erhält folgende Fassung: „§ 47 Person des Arztes (1) Als ärztliche Untersuchungen im Sinne dieses Abschnitts gelten solche, die 1. vom staatlichen Gewerbearzt, vom Amtsarzt des Gesundheitsamts, von einem für dieses Amt tätigen, mit der Durchführung von schul- oder berufsschulärztlichen Untersuchungen beauftragten Arzt oder von einem hauptberuflich für das Arbeitsamt tätigen Arzt, 2. von anderen Ärzten, die nach näherer Bestimmung einer vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassenden Rechtsverordnung zu diesen Untersuchungen zugelassen sind, vorgenommen werden. (2) Die Rechtsverordnung nach Absatz 1 Nr. 2 muß Vorschriften enthalten über 1. die für die Zulassung zuständigen Behörden, 2. die Voraussetzungen für die Zulassung hinsichtlich der Vorbereitung und der Eignung für die Vornahme der Untersuchungen, 3. die Entziehung der Zulassung wegen nachträglichen Wegfalls der Voraussetzungen oder wegen grober Pflichtverletzung, 4. das Abrechnungsverfahren zwischen den Ärzten und dem Lande, 5. die Aufbewahrung der Aufzeichnungen über die Untersuchungsbefunde und die Abgabe dieser Aufzeichnungen an näher zu bestimmende Behörden." Bonn, den 18. Mai 1960 Frau Dr. Hubert Odenthal Behrendt Wischnewski Frau Korspeter Frau Meyer-Laule Ludwig Frau Rudoll Priebe Metter Weltner (Rinteln) Bäumer Anlage 6 Umdruck 631 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 1 wird a) in Absatz 1 Nr. 2 der zweite Halbsatz gestrichen; b) in Absatz 2 die Nr. 3 gestrichen. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1960 6619 2. § 7a wird gestrichen. 3. In §8 a) werden Absatz 1 bis 3 wie folgt geändert: aa) Absatz 1 erhält folgende Fassung: „,(1) Die tägliche Arbeitszeit der Jugendlichen darf acht Stunden, ihre Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht überschreiten.", bb) Absatz 2 wird gestrichen, cc) Absatz 3 erhält folgende Fassung: „(3) Wenn in Verbindung mit Feiertagen an Werktagen nicht gearbeitet wird, damit die Beschäftigten eine längere zusammenhängende Freizeit haben, so darf die ausfallende Arbeitszeit auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage einschließenden Wochen dergestalt verteilt werden, daß die tägliche Arbeitszeit acht Stunden und die Wochenarbeitszeit im Durchschnitt dieser fünf Wochen 40 Stunden nicht überschreiten."; b) wird hinter Absatz 3 folgender neuer Absatz 3a eingefügt: „(3a) Die Arbeitszeit der Jugendlichen darf täglich und wöchentlich die übliche Arbeitszeit der erwachsenen Arbeitnehmer des Betriebs oder ,der Betriebsabteilung, in ,der der Jugendliche beschäftigt wird, nicht überschreiten. Das gilt nicht, wenn die übliche Wochenarbeitszeit der erwachsenen Arbeitnehmer weniger als 40 Stunden beträgt." 4. § 9 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „(1) Die Aufsichtsbehörde kann für Jugendliche über 16 Jahre, mit Ausnahme der im Bergbau unter Tage beschäftigten, aus dringenden Gründen des Gemeinwohls eine Überschreitung der nach § 8 zulässigen Arbeitszeit um höchstens eine Stunde täglich und drei Stunden wöchentlich bewilligen, wenn nur auf diese Weise ein unverhältnismäßiger, erheblicher Schaden für den Betrieb verhütet werden kann." 5. § 10 Abs. 3 erhält folgende Fassung: „(3) Das Land, vertreten durch die von der Landesregierung bestimmten Stellen, kann im eigenen Namen den Anspruch auf Zahlung der Mehrarbeitsvergütung (Absätze 1 und 2) an den Berechtigten gerichtlich geltend machen. Das Urteil wirkt auch für und gegen den Berechtigten." 6. § 16 Abs. 6 Satz 1 erhält folgende Fassung: „Jugendliche, die auf Grund der Absätze 4 und 5 an Sonn- und Feiertagen nicht beschäftigt werden dürfen, sind, wenn die Beschäftigung bis zu vier Stunden dauert, an einem der vorangehenden oder der folgenden sechs Werktage ab 14 Uhr, wenn sie länger als vier Stunden dauert, an einem ganzen der vorangehenden oder der folgenden sechs Werktage von der Arbeit freizustellen." 7. § 17 Abs. 3 erhält folgende Fassung: „(3) Urlaub nach diesem Gesetz ist Beschäftigten zu gewähren, die zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 18 Jahre alt sind." 8. § 21 erhält folgende Fassung: „§ 21 Grenze der Arbeitszeit Die tägliche Arbeitszeit der Jugendlichen darf acht Stunden, ihre Wochenarbeitszeit 44 Stunden nicht überschreiten." 9. § 28 a wird gestrichen. 10. In § 34 a) erhält Absatz 1 folgende Fassung: „(1) Die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen mit 1. Akkordarbeit und sonstigen Arbeiten, bei denen durch ein gesteigertes Arbeitstempo ein höheres Entgelt erzielt werden kann, 2. Fließarbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo ist verboten."; b) wird Absatz 2 gestrichen. 11. Dem § 42 Abs. 3 wird folgender neuer Satz angefügt: „Hält er die Gesundheit des Jugendlichen durch die weitere Ausübung der ihm übertragenen Arbeiten für gefährdet, so hat er dies dem für den Beschäftigungsort zuständigen staatlichen Gewerbearzt mitzuteilen." 12. § 59 wird in der Fassung des Regierungsentwurfs wiederhergestellt. 13. § 70 a) erhält folgenden neuen Absatz 3a: ,(3a) In die Arbeitszeitordnung vom 30. April 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 447) wird folgender neuer § 3a eingefügt: neuer § 3a eingefügt: „§ 3a Anrechnung der Berufsschulzeit Bei Arbeitnehmern, die noch berufsschulpflichtig sind, ist die Unterrichtszeit in der Berufsschule einschließlich der Pausen auf die Arbeitszeit anzurechnen. Das Entgelt ist für die Unterrichtszeit einschließlich der Pausen weiterzuzahlen."'; b) wird folgender Absatz 4 angefügt: ,(4) In § 80 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung vom 18. September 1957 (Bundesgesetzbl. I S. 1338) wird ,der Schlußpunkt durch ein Komma ersetzt und folgendes angefügt: 6620 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1960 „3. der Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom . . . (Bundesgesetzbl. I S. . . . ) auf Beamte unter 18 Jahren."' Bonn, den 18. Mai 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 632 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 30 wird hinter „§ 12 Abs. 1 und 4 Satz 1" eingefügt „§ 15 Abs. 1". 2. In § 31 Abs. 1 werden die Worte „§ 8 Abs. 1, 3 und 4" ersetzt durch die Worte „§ 8 Abs. 1, 3, 3 a und 4". 3. In § 64 Abs. 1 Nr. 1 werden die Worte „§ 6, § 7 Abs. 2 oder § 7 a Abs. 2" durch die Worte „§§ 6 oder 7 Abs. 2" ersetzt. 4. In § 65 Abs. 1 a) werden in Nr. 1 die Worte „§ 8 Abs. 1 bis 3" ersetzt durch die Worte „§ 8 Abs. 1 bis 3 a"; b) werden in Nr. 4 die Worte "§ 28 a über den Frühschluß vor Sonntagen" gestrichen. 5. § 70 Abs. 3 wird gestrichen. Bonn, den 18. Mai 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 8 Umdruck 636 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816). Der Bundestag wolle beschließen: Hinter § 2 wird ein neuer § 2 a (Vorschlag des Bundesrates) eingefügt: „§ 2 a Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes ist, wer ein Kind oder einen Jugendlichen gemäß § 1 Abs. 1 beschäftigt." Entsprechend wird in allen Vorschriften dieses Gesetzes das Wort „Beschäftiger" durch das Wort „Arbeitgeber", das Wort „Beschäftigte" durch das Wort „Arbeitnehmer" ersetzt. Bonn, den 18. Mai 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 637 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzs zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816). Der Bundestag wolle beschließen: 1. § 1 Abs. 2 Nr. 2 erhält folgende Fassung: „2. die Beschäftigung verwandter Kinder und Jugendlicher (§ 68) im Familienhaushalt sowie die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen in der Landwirtschaft (§ 26), falls sie mit dem Arbeitgeber bis zum dritten Grad verwandt und in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen sind." 2. In § 5 wird das Wort „Beschäftiger" durch das Wort „Arbeitgeber" ersetzt. 3. In §7 a) werden im Absatz 1 Satz 1 die Worte „über drei Jahre" gestrichen; b) werden in Absatz 3 die Worte „in persönlichen Angelegenheiten" gestrichen. 4. § 8 Abs. 3 Satz 1 erhält folgende Fassung: „Wenn in Verbindung mit Sonn- und Feiertagen an Werktagen nicht gearbeitet wird, damit die Beschäftigten eine längere zusammenhängende Freizeit haben, so darf die ausfallende Arbeitszeit auf die Werktage von fünf zusammenhängenden, die Ausfalltage einschließenden Wochen dergestalt verteilt werden, daß die wöchentliche Arbeitszeit im Durchschnitt dieser fünf Wochen für Jugendliche unter 16 Jahren vierzig Stunden und für Jugendliche über 16 Jahren vierundvierzig Stunden nicht überschreitet." 5. In § 12 Abs. 3 Satz 1 werden die Worte „sind" durch „sollen" und „bereitstellen" durch „bereitgestellt werden" ersetzt. 6. § 41 Abs. 2 erhält folgende Fassung: „ (2) Vor Ablauf des ersten Beschäftigungsjahres muß sich der Arbeitgeber eine Bescheinigung des Arztes über eine erfolgte Nachuntersuchung des Jugendlichen vorlegen lassen." 7. In § 44 Abs. 1 und 2 werden die Worte „in persönlichen Angelegenheiten" gestrichen. 8. § 48 erhält folgende neue Fassung: „§ 48 (1) Die Ärzte, die Untersuchungen nach diesem Abschnitt vorgenommen haben, haben, soweit der gesetzliche Vertreter des Jugendlichen sein Einverständnis erklärt, 1. dem staatlichen Gewerbearzt, 2. dem Arzt, der einen Jugendlichen nach diesem Abschnitt nachuntersucht, auf Verlangen die Aufzeichnungen über die Untersuchungsbefunde zur Einsicht auszuhändigen. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1960 6621 (2) Unter den gleichen Voraussetzungen ist der Amtsarzt des Gesundheitsamtes unbeschadet des Absatzes 1 befugt, einem Arzt, der einen Jugendlichen nach diesem Abschnitt untersucht, vertraulichen Einblick in andere in seiner Dienststelle vorhandene Unterlagen über Gesundheit und Entwicklung dieses Jugendlichen zu gewähren." Bonn, den 18. Mai 1960 Dürr Dr. Stammberger Eilers (Oldenburg) und Fraktion Anlage 10 Umdruck 639 (neu) Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816). Der Bundestag wolle beschließen: Nach § 2 wird folgender neuer § 2 a eingefügt: „§ 2a Als Arbeitgeber im Sinne dieses Gesetzes gilt, wer ein Kind oder einen Jugendlichen gemäß § 1 Abs. 1 beschäftigt." Entsprechend wird in allen Vorschriften dieses Gesetzes das Wort „Beschäftiger" durch das Wort „Arbeitgeber" ersetzt. Bonn, den 19. Mai 1960 Dürr Eilers (Oldenburg) und Fraktion Anlage 11 Umdruck 641 Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Bleyler, Frau Welter (Aachen) und Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816). Der Bundestag wolle beschließen: In § 20 wird nach Satz 1 folgender Satz 2 eingefügt: „Die Aufsichtsbehörde kann die Vorschriften dieses Titels im Einzelfall auf die hauswirtschaftliche Beschäftigung von Jugendlichen in gemeinnützigen Heimen und Anstalten für anwendbar erklären, soweit die Jugendlichen in die Hausgemeinschaft aufgenommen sind." Bonn, den 18. Mai 1960 Frau Dr. Bleyler Frau Welter (Aachen) Dr. Krone und Fraktion Anlage 12 Umdruck 642 Änderungsantrag des Abgeordneten Dr. Lindenberg zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Liquidation der Deutschen Reichsbank und der Deutschen Golddiskontbank (Drucksachen 533, 131,1, zu -1311). Der Bundestag wolle beschließen: In § 3 Abs. 2 erhält Satz 1 die folgende Fassung: „Ehemalige Reichsbankanteilseigner, die wegen ihrer Rasse nach § 11 Abs. 2 des Reichsbankgesetzes ausgeschlossen wurden, erhalten gegen Rückgabe der Entschädigung (Reichsschatzanweisungen oder Wertersatz) wieder Reichsbankanteile nebst Gewinnbezugsrechten für die Geschäftsjahre von 1939 bis 1944 und auf die Reichsbankanteile nach Absatz 1 Bundesbankgenußrechte." Bonn, den 19. Mai 1960 Dr. Lindenberg Anlage 13 Umdruck 644 Änderungsantrag der Abgeordneten Memmel und Genossen zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Schutze der arbeitenden Jugend (Jugendarbeitsschutzgesetz) (Drucksachen 317, 1816). Der Bundestag wolle beschließen: In § 7 Abs. 3 werden die Worte „gesetzlichen Vertreters des Kindes in persönlichen Angelegenheiten" ersetzt durch das Wort „Personensorgeberechtigten". Bonn, den 19. Mai 1960 Memmel Schlee Hauser Dr. Weber (Koblenz) Kemmer
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    Rede von Heinz Frehsee


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Ja!


Rede von Dr. Walter Pflaumbaum
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Frehsee, Sie kennen doch die Verhältnisse im Kreise Uelzen, Sie haben ja jahrelang dort gewohnt. Sie wissen, daß es im Kreise Uelzen üblich ist, daß die Mütter, wenn sie zum Kartoffellesen gehen, ihre Kinder mitnehmen. Darf ich Sie fragen, ob Ihr Antrag so weit geht, daß ein Bauer bestraft wird, der zuläßt, daß diese Kinder ihrer Mutter behilflich sind? Das könnte der Formulierung nach durchaus darin liegen.

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    Rede von Heinz Frehsee


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Kollege Pflaumbaum, das ist eine Sorge, die ich auch mit meinen eigenen Landarbeiterkollegen habe. Wissen Sie noch, wie es war, als wir hier die erste Lesung hatten? Ich glaube, es war der Kollege Wittmer-Eigenbrodt, der hier heraufging. Ich habe mich damals schon sehr entschieden gegen die Kinderarbeit in der Landwirtschaft gewandt. Da haben Sie gesagt: man soll ihnen doch ruhig die Möglichkeit lassen, sich einmal ein paar Pfennige zu verdienen, wir haben halt alle den „kaptativen Trieb" in uns, auch die Landarbeiter, die ihre Kinder zum Kartoffellesen mitnehmen. — Aber ich habe dabei kein schlechtes Gewissen; ich beantworte Ihre Frage, Herr Kollege Dr. Pflaumbaum: Der § 69 läßt das zu. Der § 68 definiert den Verwandtschaftsgrad. Übrigens gelten die §§ 68 und 69 für die gesamte Bevölkerung und für die gesamte Wirtschaft, also auch für die Landwirtschaft, sofern es sich nicht — weil sie vorn in § 1 ausgenommen sind — um eigene Kinder des Bauern handelt. Die sind ja ganz ausgenommen, die §§ 68 und 69 können für sie nicht angezogen werden. Angezogen werden sie aber für die Landarbeiter, von denen Sie soeben gesprochen haben, und für die Landarbeiterfrauen, die Industriearbeiter-frauen und die Frauen der gewerblichen Arbeiter, die, wie ich aus dem Kreise Uelzen weiß, ihre Kinder zum Kartoffellesen mitnehmen und dann mit den Kindern zusammen arbeiten. Da gelten sie dann als Beschäftiger oder, wie wir uns soeben entschieden haben, Arbeitgeber, und nach § 69 dürfen die Kinder, wenn sie über 12 Jahre alt sind, zu dieser Arbeit mitgenommen werden..
    All diese Überlegungen lassen sicherlich den Schluß zu, den eine sozialpolitisch besonders versierte Journalistin in einer großen Zeitung gezogen hat. Die Eingeweihten unter Ihnen, die besonders Zuständigen haben das sicherlich gelesen; ich will es auch nicht im einzelnen zitieren. Sie hat gesagt, dieser § 7 a könne unter Umständen, obwohl er ein Verbot beinhalte — was doch wohl beabsichtigt war; es ist ja sehr stark eingeschränkt —, als eine Aufforderung aufgefaßt werden. — Ich habe nur zitiert. Das hat in einer der größten deutschen Zeitungen gestanden und stammt aus der Feder einer sehr bekannten und nicht unbedeutenden sozialpolitisch tätigen Journalistin. Ich möchte Sie darauf hinweisen, meine Damen und Herren!
    Welche Gründe — mit einigen habe ich mich schon auseinandergesetzt — werden für diese Ausnahmebestimmung für familienfremde Kinder angeführt? Angeführt wurde, auch im Ausschußbericht, doch gewissermaßen der Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft. Wenn da gesagt wird: gelegentlich, also zur Zeit der Kartoffelernte und der Obsternte, und man könne es kleinbäuerlichen Betrieben nicht zumuten, schon jetzt auf die Kinderarbeit ganz zu verzichten, dann, meine Damen und Herren, ist es doch logisch, wenn man daraus den Schluß zieht, daß eben aus arbeitswirtschaftlichen Gründen — weil nicht genügend Arbeitskraft zur Verfügung steht — die Kinder in Anspruch genommen werden sollen. —
    Der Herr Kollege Pflaumbaum macht mir soeben ein Zeichen, das wohl bedeuten soll: Was kostet das? — Meine Damen und Herren, ich sagte schon beim § 1: dieses Gesetz ist nun einmal ein Jugendarbeitsschutzgesetz und kein Landwirtschaftsschutzgesetz.

    (Beifall bei der SPD.)

    Herr Kollege Pflaumbaum, Sie haben, das geben Sie zu, oft unsere Unterstützung bei dem Bemühen, die wirtschaftlichen Probleme der Landwirtschaft zu lösen. Wir versuchen zu helfen, wo immer wir können. Aber dies ist ein untaugliches Objekt. Man kann nicht mit Kinderarbeit wirtschaftliche Probleme landwirtschaftlicher Betriebe lösen wollen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Im Ausschuß habe ich das gleiche gesagt. Ich will hier ganz fair erklären: es ist widersprochen worden; man hat gesagt: „Wirtschaftliche Gründe können für uns Arbeitsrechtler im Bundestag nicht der Grund sein, Kinderarbeit zuzulassen." Aber: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube", auch angesichts der Fassung des Ausschußberichtes. Ich will damit in keiner Weise den Berichterstatter angreifen; ich glaube, er hat sehr korrekt berichtet. Aber das liegt ja darin, auch



    Frehsee
    wenn man es nicht aussprechen will, oder selbst wenn man es nicht wahrhaben will.
    Dann werden noch — und wurden immer —erzieherische Gründe angeführt. Meine Damen und Herren, die Leute, die etwas von Erziehung verstehen, die Pädagogen, die Psychologen, die Lehrer, sind sich doch alle darüber einig, daß man zum Ordnungssinn, zur Arbeitsmoral, zum Verantwortungsbewußtsein, zum Verantwortungsgefühl nicht unbedingt mit Kinderarbeit erziehen kann. Pflichtbewußtsein kann man als Vater in seinen Kindern sicherlich auch auf andere Weise wecken und entwickeln als dadurch, daß man die Kinder arbeiten läßt.
    Mit dem immer wieder angeführten Grund, man sollte den Kindern die Möglichkeit geben, sich etwas zuzuverdienen, habe ich mich schon beschäftigt. Ich halte es für ganz abwegig, hier an solche materialistischen Instinkte — die vorhanden sind, das bestreite ich nicht — zu appellieren. Es gibt sie; aber, meine Damen und Herren, dann ist es Aufgabe von uns Erwachsenen, Aufgabe der Eltern und Erziehungsberechtigten, Aufgabe von uns, die wir doch Verantwortung für die Kinder haben, sie davon abzuhalten, sich auf alle mögliche Art und Weise Geld zu verdienen.
    Einige Gegengründe habe ich schon aufgeführt; einige wichtige möchte ich noch nennen.
    Da ist die Bedeutung der Freizeit für das Kind, das durch den Schulbesuch — das sagen auch alle Pädagogen — sehr in Anspruch genommen wird und das als Ausgleich für die Anstrengungen des Schulbesuchs und die Konzentration, die am Vormittag in der Schule erforderlich ist, das Spiel und die freiwillige Beschäftigung braucht.
    Kinderarbeit zusätzlich zum Schulbesuch ist vom gesundheitlichen Standpunkt eingehend in der wissenschaftlichen Arbeit behandelt, die ich schon zitiert habe. Ich will nicht näher darauf eingehen, weil das zulange dauern würde. Es sind auch Beispiele angeführt. Mir wurde verschiedentlich entgegengehalten: Ja, Herr Frehsee, wo gibt es das denn überhaupt noch? Meine Damen und Herren, ich habe erst am Sonnabend wieder photographiert. Ich habe diese Bilder da und kann sie Ihnen zeigen. Ich will sie nicht hier zeigen; das würde wohl zuweit führen. Aber ich habe sie da, meine Kolleginnen und Kollegen, und kann Ihnen zeigen, wie es heute aussieht, daß es auch heute noch Kolonnenarbeit in der Landwirtschaft gibt.
    Im übrigen stehen viele Beispiele in diesem Büchlein, das ich jedem Interessierten zur Verfügung stelle. Ich habe hier ein Beispiel aufgeschlagen. Ein zehnjähriges Mädchen hat unter Aufsicht des Lehrers vom 16. bis 22. September ein Tagebuch geführt. Es schreibt darin:
    Freitag: Schule 7.45 bis 12 Uhr. 5 Stunden Hafer aufgestellt. Sonnabend 51/2 Stunden Hafer aufgestellt. Sonntag 6 Stunden. Sah dem Mähdrescher zu und half Garben aufstellen. Montag 4 Stunden Vieh von der Weide geholt. War auf dem Feld. Dienstag 6 Stunden Kartoffeln gelesen. Mittwoch 10 Stunden Kühe auf
    die Weide getrieben. Kartoffeln ausgemacht. Keine Schule. Donnerstag 4 Stunden Kraut geholt, Kühe und Schweine gefüttert, beides mit Mutter und Schwester.
    Ich will aufhören. Es sind viele solcher Beispiele in dieser Untersuchung aufgeführt. Diese Untersuchung wird übrigens fortgeführt. Ich bin, weil ich die Verhältnisse draußen kenne, davon überzeugt, daß auch für die jüngste Vergangenheit solche Beispiele in dem neuen Bericht der Agrar-Sozialen Gesellschaft zu finden sein werden.
    Ich möchte noch ein Wort zu den gesundheitlichen Schäden sagen, die mit der Kinderarbeit verbunden sind. Dafür gibt es keine exakten Unterlagen, was den Gesundheitszustand der Kinder selber angeht. Es gibt nur Untersuchungen über den Gesundheitszustand der in der Landwirtschaft tätigen Erwachsenen. Sie haben vor etwa einem Jahr im Auftrage des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der Agrar-Sozialen Gesellschaft, der Forschungsgesellschaft für Agrarpolitik und Agrarsoziologie, der Landkrankenkassen und der Ärzteschaft stattgefunden. Herr Staatssekretär Dr. Claussen war mit mir gemeinsam auf dem Landkrankenkassentag am 6. und 7. November vorigen Jahres in Bad Godesberg, wo die Ergebnisse dieser Untersuchung vorgetragen wurden. Es sind Vergleichsuntersuchungen über den Gesundheitszustand von in gewerblichen und in landwirtschaftlichen Betrieben auf den Dörfern tätigen Menschen durchgeführt worden. Das Ergebnis muß bedenklich stimmen. Ich hoffe, daß dieses Ergebnis besonders die Vertreter der Ärzteschaft anspricht.
    Ich zitiere, damit es wieder unverdächtig ist, nicht die Untersuchungen selber, sondern den Bericht aus der „Deutschen Bauernzeitung" vom 23. November vorigen Jahres. Da steht:
    Dieser Vergleich fiel zuungunsten der landwirtschaftlichen Bevölkerung aus. Im ganzen gesehen waren 64 % aller untersuchten Männer und 68 % aller Frauen behandlungsbedürftig. Völlig gesund waren im Landkreis Kempen-Krefeld nur 15 % der Männer und 14 % der Frauen, im Landkreis Pfaffenhofen 17 % der Männer und 12 % der Frauen. Die häufigsten Schäden wurden am Skelettsystem festgestellt, und zwar in erster Linie an der Wirbelsäule, in zweiter Linie an den Füßen. Es folgten Erkrankungen der Verdauungsorgane sowie Herz- und Kreislaufschäden. Von den untersuchten Männern der gewerblichen Bevölkerung in Dachau hatten 25 %, in Krefeld 30 % Skelettschäden, von den Männern der Landwirtschaft des Kreises Kempen dagegen
    46 % und des Kreises Pfaffenhofen 56 %. Die Schadenskurve stieg also zur Landwirtschaft hin an.
    In Kempen wie in Pfaffenhofen zeigte sich, daß die Herz- und Kreislaufstörungen vom 3. Kind an besonders häufig auftraten; das betrifft Landfrauen. Spezifisch weibliche Schädigungen fanden sich bei mehr als der Hälfte aller Landfrauen.
    6578 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 115.. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Mai 1960
    Frehsee
    Die „Bauernzeitung" zieht daraus folgende Schlußfolgerung:
    Die Tatsache, daß die Schäden am Skelettsystem (insbesondere an der Wirbelsäule) bei den 35jährigen Männern in der Landwirtschaft so häufig seien wie bei den 55jährigen, mache deutlich, daß die Ursachen schon in der Jugend zu suchen seien.
    Das ist das, was ich herausarbeiten wollte: es ist
    eine Folge der Kinderarbeit in der Landwirtschaft.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das ist meiner Ansicht nach exakt bewiesen.
    Noch ein Drittes und Letztes in der Reihe der Begründungen dieses Antrags der Fraktion der SPD, den Vorschlag des Ausschusses zu streichen: der Hinweis auf jene sehr, sehr stille Minute, meine Damen und Herren, die eintrat, als Herr Minister Blank vor wenigen Wochen eine Frage meines Kollegen Welslau nach der Anzahl der Unfälle von Kindern unter 14 Jahren in der Landwirtschaft beantwortete. Herr Minister Blank teilte mit, daß in den Jahren von 1950 bis 1958 21 000 Arbeitsunfälle bei Kindern in der Landwirtschaft vorgekommen sind.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Davon wurden 2800 durch die Berufsgenossenschaften entschädigt; sie waren also entschädigungspflichtig. 6 Unfälle, 6 Arbeitsunfälle von Kindern unter 14 Jahren in der Landwirtschaft pro Tag, meine Damen und Herren!

    (Abg. Memmel: Wieviel auf der Straße? Das ist wichtig!)

    — Ja, natürlich; ich will nichts beschönigen, was auf der Straße geschieht, Herr Kollege Memmel. Das ist furchtbar: 14 000 Verkehrstote; aber davon sprechen wir jetzt nicht. Ich glaube, dieser Einwand war wirklich nicht am Platze.

    (Abg. Memmel: Sie haben mich mißverstanden! Ich meinte, wieviel von den landwirtschaftlichen Unfällen auf der Straße passiert sind!)

    — Dann bitte ich um Entschuldigung, dann habe ich Sie mißverstanden. Herr Kollege Memmel wollte also bloß fragen, wie viele von den damals von Herrn Minister Blank bei der Beantwortung der Frage des Herrn Kollegen Welslau genannten Unfällen bei Kindern in der Landwirtschaft auf der Straße passiert sind. Darüber gibt es leider keine Statistik. Als der Herr Minister die Frage beantwortete, bedauerte ich es auch, daß wir zwar genau wissen, wie viele Schafe und Ziegen und Kühe es gibt, ja, daß wir beinahe auf den Quadratmeter genau wissen, welche Flächen mit Weizen, Roggen, Kartoffeln und Zuckerrüben bestellt werden, daß aber der Herr Minister bei der Beantwortung der Frage des Abgeordneten Welslau auf Schätzungen angewiesen war. Erinnern Sie sich? Er sagte, man müsse die Zahl der entschädigten Unfälle mit 7,5 multiplizieren — das sei eine Erfahrungszahl dann komme man zu dem Gesamtergebnis. Genau-sowenig, wie es genaue Unterlagen über die Aufgliederung der Altersgruppen gibt, genausowenig gibt es eine Statistik der Unfälle, die auf dem Acker oder auf dem Wirtschaftsweg oder auf der Straße passiert sind. Deswegen kann ich Ihre Frage, Herr Kollege Memmel, nicht beantworten. Aber die Frage hat konstruktive Bedeutung, wenn sie von der Regierung als Anregung angesehen wird, die Statistiken über die Unfälle der Kinder in der Landwirtschaft etwas zu verfeinern. Es wäre sehr dankenswert, wenn das geschähe.
    Ich sagte, daß in der Landwirtschaft pro Tag sechs Kinder verunglücken. Durchschnittlich müssen die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften in der Bundesrepublik 310 Kinderunfälle im Jahr entschädigen, d. h. also einen Kinderarbeitsunfall täglich. Sehr, sehr traurig war auch das, was der Herr Minister weiter in seiner Antwort sagte, daß sich nämlich in jeder Woche ein schwerer oder sogar tödlicher Unfall bei Kindern, die in der Landwirtschaft beschäftigt werden, ereignet. Ich beziehe mich hier also auf die Antwort, die Herr Minister Blank auf eine Frage in der Fragestunde gegeben hat.
    Damit will ich zum Schluß kommen. Viele Organisationen, alle Jugendverbände, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Deutsche Angestelltengewerkschaft, der Bundesjugendring, alle haben uns übereinstimmend aufgefordert — nicht nur meine Fraktion, Sie alle, den Bundestag! —, das, was der Ausschuß hier vorgeschlagen hat, nicht zu beschließen, also die Arbeit 13- und 14jähriger familienfremder Kinder nicht zuzulassen.
    Ich bitte Sie, dieser Aufforderung zu folgen, und ich wiederhole den Antrag auf namentliche Abstimmung angesichts der großen Bedeutung dieses Paragraphen, der natürlich — die Landarbeiter sind darüber betroffen — auch leider das wieder zuschanden macht, was die Regierung ursprünglich beabsichtigt hatte: endlich auch hier die Landwirtschaft einzubeziehen und sie auch auf diesem Gebiet zu entdiskriminieren, wenn man so sagen will. Das letzte Mal wurde sie 1951 in der ersten Legislaturperiode diskriminiert, als das Betriebsverfassungsgesetz beschlossen wurde und man der Landwirtschaft den Betriebsräteschutz im Vergleich zur gewerblichen Wirtschaft nur in sehr abgeschwächter Form konzedierte.
    Seit jener Zeit haben wir eine ganze Reihe von Beschlüssen gefaßt. Ich darf Sie an die Rentenversicherung erinnern, wo wir gleiches Recht geschaffen und sogar altes Unrecht für die in der Landwirtschaft tätigen Arbeitnehmer und für die dort früher als Arbeitnehmer tätig gewesenen jetzigen Rentner ausgeglichen haben. Ich darf Sie an die Fünfte Novelle zum AVAVG erinnern, in der wir doch mindestens, sagen wir einmal, den 90%igen Arbeitslosen-Versicherungsschutz für landwirtschaftliche Arbeitnehmer hergestellt haben. Ich darf Sie an die Unfallversicherung erinnern, bei der wir die volle Gleichstellung der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer mit den gewerblichen Arbeitnehmern herbeigeführt haben. Ich glaube, alle diese Beschlüsse haben der Landwirtschaft gedient.
    Warum beklagt man sich in der Landwirtschaft über die Abwanderung der Landarbeiter? Man be-



    Frehsee
    klagt sich darüber, weil davon nicht überbesetzte landwirtschaftliche Betriebe betroffen werden, weil dadurch Arbeitskräftemangel eintritt. Aber warum tritt der Arbeitskräftemangel ein? Einmal natürlich wegen der niedrigen Löhne, zum anderen aber auch weitgehend wegen dieser diskriminierenden Bestimmungen im Arbeits- und Sozialrecht.
    Hier haben wir nun einmal eine Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen. Wir wollen doch nicht im nächsten Jahr schon wieder eine Novelle zum Jugendarbeitsschutzgesetz haben. Daran sind wir nicht interessiert. Wir sind vielmehr daran interessiert, daß hier ein Gesetz beschlossen wird, das für eine Reihe von Jahren Bestand hat. Insofern ist dies eine historische Stunde, meine Damen und Herren.
    1839 hat es in Deutschland das erste Kinderarbeitsschutzgesetz gegeben. 1839 wurde das Verbot der Kinderarbeit in Fabriken für Kinder bis zu neun Jahren erlassen. 1839, vor 120 Jahren! Jetzt, 1960, sollen zum erstenmal die Landwirtschaft und auch die Hauswirtschaft in den Jugendarbeitsschutz und in den Kinderarbeitsschutz einbezogen werden. Nutzen Sie diese Gelegenheit, meine Damen und Herren!
    Ich bitte um namentliche Abstimmung.

    (Beifall bei der SPD.)