Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube nicht, daß das, was der Kollege Schäfer hier gerade vorgetragen hat, in sich logisch ist, und ich glaube auch nicht, daß der Weg, den er gehen möchte, richtig ist. Anders als in Weimar gibt es auf diesem Gebiet einen Unterschied dahin, daß die Länder Bereitschaftspolizeien haben, die mit dem Bund durch eine ganz bestimmte Art von Abkommen verbunden sind, nämlich durch ein Abkommen, nach dem der Bund die Erstausstattung mit Waffen und Gerät sowie die notwendig werdenden Ersatzbeschaffungen für die Bereitschaftspolizeien zu tragen hat.
Ich habe hier die Zahlen vor mir. Der Bund hat für diesen Zweck in den Jahren 1950 bis 1959 insgesamt rund 73 Millionen DM aufgebracht. Derzeit ist die Soll-Stärke der Bereitschaftspolizeien der Länder 12 500. Das Ist liegt nach dem, was mir gesagt wurde, etwa um 300 darunter.
Ich bin — und in dem Punkt bin ich durchaus einig mit dem Kollegen Dr. Schäfer — absoluter Anhänger einer weiteren Verstärkung der Bereitschaftspolizeien. Das habe ich sehr oft gesagt. Dafür gibt es sehr gute Gründe. Das habe ich den Innenministern zum Teil selbst gesagt, bisher dafür aber nicht sehr viel Gegenliebe gefunden, und zwar wohl aus zwei Gründen. Der eine ist ein finanzieller Grund. Zweitens ist es die zum Teil begründete Auffassung der Betreffenden von der Schwierigkeit der Ersatzlage.
Sie werfen mir sozusagen vor, Herr Kollege Dr. Schäfer, daß es mir noch nicht gelungen sei, den Bundesgrenzschutz, nachdem er einen so starken Aderlaß zugunsten der Bundeswehr gehabt hat, wieder auf seine alte Stärke zu bringen. Das liegt
nicht daran, daß wir uns nicht sehr darum bemüht hätten, z. B. die an sich hohen Tauglichkeitsanforderungen unter Umständen ein wenig zu senken, sondern einfach daran, daß es in Deutschland eine Konjunktur gibt, die es für viele, viele Hunderttausende oder zumindest für Zehntausende, die geeignet wären, sehr viel attraktiver und auch bequemer erscheinen läßt
ich komme gleich darauf, lassen Sie mich den
Gedankengang zu Ende führen —, den jüngeren Menschen, die hier gebraucht werden, sehr viel reizvoller erscheinen läßt, ihren beruflichen Lebensweg an anderer Stelle zu beginnen. In demselben Augenblick, in dem die allgemeinen Verhältnisse nicht so gut wären, hätten wir einen viel stärkeren Zug zu diesem Bereich.
Aber das sind die Tatsachen, mit denen man rechnen muß. Es steht nirgends, daß die Länder in der Lage und weit attraktiver wären, Leute für die Bereitschaftspolizeien zu gewinnen, als wir Leute für den Bundesgrenzschutz gewinnen können.
Nun gibt es ein anderes Problem. Es handelt sich um eine gewisse Eingrenzung der möglichen Verstärkung auf der Basis der Gesamtstruktur, wie ich mich einmal ausdrücken darf. Wir haben im Einzeldienst — es sind jetzt alles sehr globale Zahlen; aber ich nenne sie, damit man sie sich leichter vorstellen kann — eine Stärke von etwa 100 000 Beamten. Davon scheiden infolge Erreichens der Altersgrenze und aus anderen Gründen jährlich rund 4 % aus; das sind rund 4000 Beamte. Wenn man nun, um unerwünschte Stauungen in den Bereitschaftspolizeien der Länder zu vermeiden, die richtige Größenordnung treffen will, so dürfen sie bei einer vierjährigen Dienstzeit dort eigentlich nur eine Größenordnung von viermal vier gleich sechzehntausend haben.
— Selbst wenn Sie diese Sache etwas erweitern wollen, so ändert sich an dem Grundsätzlichen nichts. Ich will nur einmal eine Vorstellung davon geben, daß es für die Bereitschaftspolizei nicht eine beliebige Aufstockungsquote gibt, sondern daß die Bereitschaftspolizei in einer angemessenen Relation zum Einzeldienst stehen muß.
Aber ich sage noch einmal: ich bin durchaus dafür, daß die Länder alles tun, um, wenn sie entsprechenden personellen Zuzug haben, die notwendige bzw. mögliche Aufstockung vorzunehmen. Der Bund ist durchaus bereit, auch für diese erhöhten Größenordnungen — ruhig bis, sagen wir, 20 000 — dasselbe zu leisten, was er im bisherigen Rahmen nach dem Abkommen geleistet hat, d. h. die Erstausstattung mit Waffen und Gerät sowie die notwendige Ersatzbeschaffung. Es wäre merkwürdig, wenn der Bund auch die ganzen Personal- und sonstigen Unterhaltungskosten von Länderpolizeikräften trüge, obwohl er gleichzeitig im Bundesgrenzschutz ein eigenes Sicherheitsinstrument hat. Diese Sphären sind so gegeneinander abgegrenzt, daß sie auch ihre finanzielle Entsprechung haben müssen. Es
Bundesminister Dr. Schröder
bleibt also dabei, daß wir erstens für die Verstärkung sind und zweitens in Erweiterung unserer bisherigen Leistungen auch die entsprechenden Leistungen dafür erbringen wollen. Andernfalls würden wir etwas tun, was nach den bei den uns vorliegenden Gegebenheiten systemwidrig wäre.
Nun hat der Herr Kollege Dr. Schäfer gesagt, unsere Notstandsgesetzgebung, unsere Vorstellungen über Notstand seien unglaubwürdig, weil wir nicht auch noch die bei einer Verstärkung der Bereitschaftspolizeien der Länder entstehenden persönlichen Kosten zahlen wollten. Das ist doch mindestens eine grobe Verzerrung der Wirklichkeit. Wir sind für die Verstärkung, wir wollen uns daran beteiligen in dem bisher vorgesehenen Rahmen und Schema. Halten Sie uns also bitte nicht entgegen, unsere Notstandsgesetzgebung sei sozusagen in sich unglaubwürdig, weil wir nicht noch mehr Geld an die Länder zahlen wollten. Bund und Länder haben eine Aufgabenteilung. Sie haben zum Teil eine Aufgabenverzahnung. Aber daß hier eine Abgrenzung bleiben muß, ist ganz sicher.
Ich kann mich also, so leid es mir tut, nicht für den Vorschlag einsetzen, den Sie machen. Aber ich setze mich ein für den abgeänderten Vorschlag, den ich vorgetragen habe. Das ist eine Erklärung, die in
der Zukunft auch honoriert werden wird, wenn es zu den Verstärkungen kommt, indem wir alles das zu tragen bereit sind, was dort an Erstausstattung mit Waffen und Gerät und Ersatzbeschaffung gebraucht wird.