Rede von
Dr.
Hermann
Schmitt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Hinblick auf die vorgerückte Zeit will ich mich kurz fassen.
Der Herr Bundesminister hat zum ständigen Bestandteil seiner Reden die Aufforderungen an die Opposition gemacht, seine Arbeit und seine Vorstellungen nicht mit allzu großem Mißtrauen zu betrachten. Nun, Herr Minister, die Art und Weise, wie Sie die Notstandsvorschläge gemacht haben, und die Umstände, wie diese zustande gekommen sind, zeigen allerdings, daß ein gesundes Mißtrauen in jeder Weise gerechtfertigt ist. Nehmen Sie nur einmal die Tatsache, daß Sie eine einfache Mehrheit für die Verkündung des Notstandes vorgeschlagen haben. Dieser Vorschlag steht im Widerspruch zu allen Verfassungsgrundsätzen des Grundgesetzes.
Wenn die Zeitungen Sie richtig interpretiert haben, haben Sie hier die Balkanmethode angewandt. Sie haben in der Hoffnung, daß der Bundestag die Sache ohnehin ändern wird, einen Vorschlag gemacht, von dem Sie selber nicht der Meinung waren, daß er realisierbar sei. Das ist nicht gerade das Vertrauensklima, das wir brauchen. Ich will auf die zahlreichen anderen Punkte nicht mehr eingehen, die es nach unserer Meinung rechtfertigen, daß wir Ihnen und Ihren Vorstellungen über das Verhältnis von Regierung und Opposition mehr als reserviert gegenüberstehen.
Ich erinnere mich noch gut an einen großen Aufsatz über Ihre Person, in dem damals dargestellt wurde, daß in einem sehr langen Gespräch, das ein Journalist mit Ihnen über den demokratischen Staat und seine Ordnung geführt hat, das Wort „Opposition" überhaupt nicht vorkam. Der Verfasser meinte, auch nach meiner Meinung mit Recht, das sei für Sie bezeichnend.
Herr Minister, wir können also in den großen Fragen — ich denke dabei an die Notstandsgesetzgebung usw. — zu Ihnen kein Vertrauen haben. Sie machen es uns aber auch bei kleinen Fragen außerordentlich schwer, zu einem Verhältnis zu kommen, das für ,das Funktionieren ,der Demokratie von so entscheidender Bedeutung ist.
Dieser Antrag ist ein Testfall für ein Vertrauensverhältnis. Es handelt sich um die Überprüfung der Jahresrechnungen über die Ausgaben des Tit. 300 von Kap. 06 09. Sie wissen, daß wir keinen konkreten Anlaß haben, die Verwendung der Mittel dieses Fonds zu kritisieren. Sie wissen aber auch, daß wir als einen Teil der Gesamtverantwortung für den Schutz der Verfassung eine Beteiligung der Opposition an der Kontrolle dieses Fonds ansehen. Die Grundsätze der öffentlichen Kontrolle erfordern gerade bei den Geheimfonds, die überall anwachsen, daß das gesamte Haus beteiligt wird. Ich will nicht noch einmal wiederholen, daß der Herr Bundeskanzler ein dreiköpfiges Gremium zur Überprüfung der Mittel ,des Bundesnachrichtendienstes zugelassen hat. Sie wissen, daß der Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen ein parlamentarisches Gremium für die Kontrolle bestimmter Mittel vorgesehen hat. In der Weimarer Zeit lag die Überprüfung der Jahresrechnung über die Verwendung der Mittel zur Förderung des Nachrichtenwesens im In- und Ausland — das war damals der Reichskommissar für die Überwachung der öffentlichen Ordnung — beim Reichsschuldenausschuß, der unter dem Vorsitz des Präsidenten des Rechnungshofes tagte und dem sechs Mitglieder des Reichsrates und sechs Mitglieder des Reichstages angehörten; auf diese Weise sollte die parlamentarische Kontrolle gesichert werden. Ich möchte Sie auch bitten, auf den Hinweis zu verzichten, daß die Länder ähnliche Regelungen wie der Bund praktizieren. Ich finde, Herr Minister, der Bund sollte sich nicht auf die eine oder andere Regelung berufen, sondern durch eine beispielhafte Neuregelung, wie wir sie beantragen, mit dazu beitragen, den Verfassungsschutz zu einer Aufgabe aller Parteien dieses Hohen Hauses zu machen. Ich bitte um Annahme dieses Antrages.