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ID0310802400

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 108. Sitzung Bonn, den 6. April 1960 Inhalt: Erklärung des Bundestages zu dem Bauernlegen in der sowjetisch besetzten Zone Vizepräsident Dr. Schmid . . . . 5887 A Erklärung der Bundesregierung zu dem Bauernlegen in der sowjetisch besetzten Zone Lemmer, Bundesminister . . . . . 5888 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Dr. h. c. Weber, Dr. h. c. Pferdmenges und Bauknecht . . . . . . . 5889 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. deutsch-spanische Beziehungen (Drucksache 1663) Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 5890 D Dr. von Brentano, Bundesminister 5896 B Erler (SPD) 5899 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 5902 D Dr. Jaeger (CDU/CSU) . . . . . 5906 D Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . . . 5914 B Entwurf eines Gesetzes über eine Zählung im Handel sowie im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe (Handelszählungsgesetz 1959) (Drucksache 1104) ; Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 1681) — Zweite und dritte Beratung — 5915 B Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (Drucksache 1669); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 1757) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 5915 C Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen vom 7. August 1958 mit der Islamischen Republik Pakistan zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen (Drucksache 1329); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 1760) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 5915 D Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen vom 17. April 1959 mit dem Königreich Schweden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener anderer Steuern (Drucksache 1606) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 1761) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 5916 A Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen vom 16. Juni 1959 mit dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete (Drucksache 1614) ; Schriftlicher Bericht des Finanz- II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. April 1960 ausschusses (Drucksache 1762) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 5916 B Entwurf eines Gesetzes zum Abkommen vom 18. März 1959 mit der Regierung von Indien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung des Einkommens (Drucksache 1615) ; Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 1763) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . 5916 C Entwurf eines Gesetzes über die Vereinbarung vom 30. Juni 1958 mit der Regierung des Königreichs der Niederlande über Gastarbeitnehmer (Drucksache 1741) — Erste Beratung — . . . . . . . . 5916 D Entwurf eines Gesetzes über die Vereinbarung vom 4. Dezember 1957 mit der Regierung des Großherzogtums Luxemburg über den Austausch von Gastarbeitnehmern (Drucksache 1742) — Erste Beratung — 5917 A Entwurf eines Gesetzes zum Übereinkommen Nr. 111 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 25. Juni 1958 über die Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (Drucksache 1743) —Erste Beratung— 5917 A Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Vorschriften des Lastenausgleichsrechts im Saarland (LA-EG-Saar) (Drucksache 1744) — Erste Beratung — . . . . . . 5917 B Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (Drucksache 1748) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . 5917 B Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes (Drucksache 1749) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 5917 B Entwurf eines Gesetzes über die am 31. Oktober 1958 in Lissabon beschlossene Fassung der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums vom 20. März 1883 und über die am 31. Oktober 1958 in Lissabon beschlossene Fassung des Madrider Abkommens vom 14. April 1891 über die Unterdrückung falscher oder irreführender Herkunftsangaben (Drucksache 1750) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 5917 C Sammelübersicht 18 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen (Drucksache 1699) . . . . . . . . . . . 5917 C Entwurf einer Dreiundzwanzigsten Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Spezialwalzdraht); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 1641, 1740) 5917 D Ubersicht 12 des Rechtsausschusses über Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 1745) 5917 D Antrag betr. Eisenbahnverkehr zwischen Breisach und Colmar (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal], Bading, Margulies, Dr. Schild u. Gen.) ; Mündlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen 1389, 1754) 5918 A Antrag betr. Autobahn Schwabach—Heilbronn (Abg. Frau Strobel, Seidel [Fürth], Kurlbaum, Höhne, Bazille u. Gen.) ; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksachen 1631, 1756) 5918 A Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Haushaltsgesetz 1959; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1755, Umdruck 322) 5918 A Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Dr. Bechert 5918 B Mündlicher Bericht des Immunitätsausschusses betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg Etzenbach (Drucksache 1776) 5918 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1960 (Haushaltsgesetz 1960) (Drucksache 1400) ; Berichte des Haushaltsausschusses — Zweite Beratung — 5918 D Einzelplan 01, Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksache 1700) . . Einzelplan 02, Deutscher Bundestag (Drucksache 1701) Ritzel (SPD) 5919 A Frau Rösch (CDU/CSU) . . 5919 B Einzelplan 03, Bundesrat (Drucksache 1702) Dr. Schild (DP) . . . . . . . . 5919 D Einzelplan 04, Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksache 1703, zu 1703) Rasner (CDU/CSU) 5920 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. April 1960 III Erler (SPD) 5926 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . . 5937 A Lenz (Trossingen) (FDP) 5940 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 5942 B Einzelplan 05, Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts (Drucksachen 1704, zu 1704) Majonica (CDU/CSU) 5946 C Ritzel (SPD) . . . . . . . . 5948 A Scheel (FDP) 5950 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . 5953 A Dr. von Brentano, Bundesminister 5955 A Reitzner (SPD) . . . . . . . 5957 D Dr. Vogel (CDU/CSU) . . . . . 5958 A Einzelplan 06, Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen 1705, zu 1705); in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen (Drucksache 1734) — Erste Beratung — und Einzelplan 36, Zivile Notstandsplanung (Drucksachen 1726, zu 1726) sowie Antrag betreffend Gesetz über zivile Notstandsplanung (Abg. Heye, Frau Dr. h. c. Weber [Essen], Frau Dr. Hubert, Blachstein und Gen.) (Drucksache 1588) Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) . . . . 5959 A Dr. Schäfer (SPD) . . . 5961 D, 5974 B Eilers (Oldenburg) (FDP) 5965 B Matzner (SPD) . . . . . . . 5966 A Kühn (Bonn) (FDP) 5967 B Kühlthau (CDU/CSU) 5968 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 5970 B, 5971 B Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . . 5970 C, 5972 B Reitzner (SPD) . . . . . . . . 5971 B Dr. Schröder, Bundesminister . . 5973 A, 5975 B Nächste Sitzung 5976 C Anlagen 5977 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. April 1960 5887 108. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. April 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Atzenroth 6. 4. Dr. Baade 30. 4. Frau Dr. Bleyler 6. 4. Börner 10. 4. Brüns 2. 7. Dr. Burgbacher 9. 4. Cillien 9. 4. Frau Döhring (Stuttgart) 9. 4. Dr. Dr. h. c. Dresbach 9. 4. Even (Köln) 9. 4. Dr. Friedensburg 6. 4. Gedat 9. 4. Dr. Greve 15. 4. Dr. Gülich 16. 4. Günther 20. 4. Dr. von Haniel-Niethammer 7. 4. Holla 9. 4. Dr. Hoven 7. 4. Jacobs 6. 4. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 9. 4. Kalbitzer 9. 4. Frau Klemmert 15. 5. Kramel 9. 4. Krammig 10.4. Leber 9. 4. Leonhard 6. 4. Lohmar 9. 4. Dr. Löhr 9. 4. Maier (Freiburg) 16.4. Dr. Martin 16. 4. Meitmann 9. 4. Neumann 9. 4. Ollenhauer 15. 4. Dr. Pflaumbaum 9. 4. Ramms 9. 4. Rasch 9. 4. Dr. Ratzel 30. 4. Richarts 9. 4. Dr. Ripken 15. 5. Scheuren 9. 4. Schröter (Berlin) 9. 4. Seither 9. 4. Spitzmüller 6. 4. Stenger 6. 4. Vogt 30. 4. Walter 9. 4. Worms 7. 4. b) Urlaubsanträge Dr. Becker (Hersfeld) 24. 4. Blachstein 20. 5. Dr. Bucerius 15. 5. Döring (Düsseldorf) 3. 5. Dowidat 30. 4. D. Dr. Gerstenmaier 14. 4. Dr. Görgen 20. 5. Köhler 30. 4. Kraft 9. 5. Dr. Mende 13. 4. Dr. Mommer 13. 4. Paul 20. 4. Dr.-Ing. Seebohm 30. 4. Dr. Serres 13. 4. Zoglmann 30. 4. Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Straßenbaufinanzierungsgesetz. Die Zuschüsse des Bundes an die Länder für die Entwurfsberatung und Bauleitung für Baumaßnahmen an Bundesfernstraßen betragen zur Zeit 3 % der Bausumme. Dieser Prozentsatz steht heute nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zu den durch die Planung und Bauausführung entstehenden Kosten, die für die ständige Weiterentwicklung der Straßen- und Brückenbautechnik erheblich gestiegen sind. Die Länder sind daher nicht mehr in der Lage, diese erhöhten Kosten allein weiterzutragen. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, den Satz von 3 % entsprechend den tatsächlichen Verhältnissen auf mindestens 5 % zu erhöhen. Anlage 3 Schriftlicher Bericht des Abgeordneten Dr. Seume zum Entwurf eines Gesetzes über eine Zählung im Handel sowie im Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe (Handelszählungsgesetz 1960) (Drucksachen 1104 und 1681). Im Jahre 1956 stand die Absatzwirtschaft, repräsentiert durch den Groß- und Einzelhandel, mit einer Wertschöpfung von rund 20 Milliarden DM in der Aufbringung des Sozialproduktes an zweiter Stelle nach der Industrie. Aber im Gegensatz zu Industrie und Handwerk liegt für das Gebiet der Absatzwirtschaft kein umfassendes statistisches Untersuchungsmaterial vor. Seit 1950 fehlen statistische Grundlagen zur Erkenntnis und Darstellung der Strukturverhältnisse der Absatzwirtschaft, die in den letzten Jahren auch bei uns neue Vertriebsformen geschaffen und andere weiter entwickelt- hat, wie z. B. Selbstbedienungsläden, Versandhandel, Einkaufsverbände usw. Dadurch werden Umsatzgrößen und Zahl der Betriebe sowie der Beschäftigten in völlig neue Relationen zueinander gebracht, die zu kennen für die Wirtschaftspolitik, insbesondere für die Kredit- und Investitionspolitik und auch für die Sozialpolitik unerläßlich ist. Repräsentative Erhebungen allein können die erforderlichen Grundlagen nicht mehr vermitteln. Daher sieht dieser Gesetzentwurf in seinem Hauptteil eine einmalige Gesamterhebung vor. Sie findet statt im Rahmen der von den Vereinten Nationen für 1960 empfohlenen Volks- und Arbeitsstättenzählungen, der sogenannten Großzählungen. Der vorliegende, auf dem Gesetz über Statistik für Bundeszwecke vom 3. September 1953 beruhende Gesetzentwurf erfaßt bei allen Unternehmen des Groß- und Einzelhandels, der Handelsvermittlung sowie des Gaststätten- und Beherbergungsgewerbes u. a. Umsatz und Außenstände, Wareneingang und Warenbestand, Beschäftigte, Löhne, Gehälter und Sozialaufwendungen. Neben dieser Gesamterhebung ist eine repräsentative Ergänzungserhebung vorgesehen, die sich nur auf 15 % der Unternehmen erstreckt und von der die große Anzahl der Kleinbetriebe nicht erfaßt wird. Diese Ergänzungserhebung untersucht z. B. den Umsatz nach Abnehmerkreisen und nach dem Zahlungsmodus, die Zusammensetzung des Wareneingangs und die Investitionstätigkeit. Der Bundestag hat in der Sitzung vom 11. Juni 1959 den Entwurf dieses Gesetzes dem Wirtschaftsausschuß als federführendem Ausschuß und dem Ausschuß für Mittelstandsfragen zur Mitberatung überwiesen. Die wesentlichen Änderungen gegenüber der Vorlage der Bundesregierung, die aus der Drucksache 1681 ersichtlich sind, beruhen auf besserer begrifflicher Abgrenzung durch den Wirtschaftsausschuß, auf seinem Bestreben, materiell wichtige Tatbestände deutlich im Gesetzestext zu verankern und nicht nur in der Begründung zum Gesetzentwurf zum Ausdruck zu bringen, sowie der Übernahme einer Reihe von Wünschen des Bundesrates. Der Wirtschaftsausschuß schlägt dem Hohen Hause vor, in § 4 den Abs. 1 a aufzunehmen und dadurch diejenigen Handwerksbetriebe in die Erhebung einzubeziehen, die Handel mit fremden Erzeugnissen, Handelsvermittlung oder Gaststätten betreiben. Mit Rücksicht auf die Kosten und auf die erst vor einigen Jahren, nämlich im Jahre 1956, erfolgte Handwerkszählung sollen nur 60 000 von den in Fragen kommenden 750 000 Betrieben erfaßt werden. Der Wirtschaftsausschuß hält es für zweckmäßig, für die Zukunft Teilzählungen in den Bereichen Handel und Handwerk wegen ihrer vielfachen Berührungen in kombinierter Form zu planen, und zwar im Anschluß an vorangegangene Volkszählungen. Um bezüglich der Wirtschaft des Saarlandes vergleichbare Ergebnisse erhalten zu können, schlägt der Wirtschaftsausschuß vor, den § 7 b, wie in DruckDrucksache 1681 vorgesehen, einzufügen, wodurch der bisherige § 9, der alte Saarparagraph, entfällt. Der mitberatende Ausschuß für Mittelstandsfragen hatte gegen die Fassung des Regierungsentwurfes keine Einwände zu erheben; seinen weiteren Anregungen wurden vom Wirtschaftsausschuß in vollem Umfange entsprochen. Die ursprünglichen Bedenken des Bundesrates wegen der Kosten, die im Rahmen der Gesamtaufwendungen für die Großzählungen in den Jahren 1959 bis 1962 mit etwa 113 Millionen DM zum weitaus größten Teil auf Länder und Gemeinden entfallen würden, sind durch eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern, die auch für dieses Gesetz gilt, ausgeräumt worden. Hiernach sind Bund und Länder mit je 50 % an den effektiven Kosten beteiligt. Die Aufnahme einer Bestimmung in dieses Gesetz über die Kosten erübrigt sich daher. Namens des Wirtschaftsausschusses bitte ich, dem Handelszählungsgesetz in der in der Bundestagsdrucksache 1681 vorgesehenen Form zuzustimmen. Anlage 4 Umdruck 599 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1960, hier: Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksachen 1400 Anlage, 1703). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 04 03 Tit. 300 — Zur Verfügung des Bundeskanzlers zur Förderung des Informationswesens — wird der Ansatz von 13 000 000 DM um 5 000 000 DM auf 8 000 000 DM gekürzt, erhält der Haushaltsvermerk folgende Fassung: „Die Mittel sind übertragbar. Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Titels unterliegt der Prüfung durch den Rechnungsprüfungsausschuß des Deutschen Bundestages und durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes. Die Erklärung des Rechnungsprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Bonn, den 6. April 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 5 Umdruck 510 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes, hier: Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern (Drucksachen 1400 Anlage, 1705). Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. April 1960 5979 Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 06 02 — Allgemeine Bewilligungen I. In Tit 614 — Förderung der Wissenschaft a) Allgemeine und langfristige Förderung — wird der Ansatz von 158 471 700 DM um 23 000 000 DM auf 181 471 700 DM erhöht. Nr.2 der Erläuterungen erhält folgende Fassung: „2. Zusätzliche Förderung dringender Bedürfnisse der Wissenschaft 143 000 000 DM Der Bundesminister des Innern ist ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen über den Haushaltsansatz hinaus weitere Verpflichtungen für künftige Rechnungsjahre einzugehen bis zu 62 000 000 DM." 2. In Tit. 614 Förderung der Wissenschaft b) Förderung von wissenschaftlichen Institutionen von überregionaler Bedeutung — wird der Ansatz von 17 203 500 DM um 42 000 DM auf 17 245 500 DM erhöht. Nr.6 der Erläuterungen erhält folgende Fassung: „6. Zuschuß an die Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 210 000 DM" 3. In Tit 616 - Förderung der Kultur, soweit es sich um eine repräsentative Vertretung des Bundes oder um die Wahrung von Belangen gesamtdeutscher oder internationaler Bedeutung handelt wird der Ansatz von 4 380 000 DM um 800 000 DM auf 5 180 000 DM erhöht. Nr. 1g) der Erläuterungen erhält folgende Fassung: ,1 g) Aktion „Künstlerhilfe" 1 000 000 DM' Zu Kap. 06 09 — Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln — 4. In Tit. 300 — Für Zwecke des Verfassungsschutzes — erhält der letzte Absatz des Haushaltsvermerks folgende Fassung: „Die Jahresrechnung über die Ausgaben dieses Titels unterliegt nur der Prüfung eines Unterausschusses des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages und der Prüfung durch den Präsidenten des Bundesrechnungshofes; die Erklärung des Unterausschusses des Haushaltausschusses und des Präsidenten des Bundesrechnungshofes bilden die Grundlage für die Entlastung der Bundesregierung." Zu Kap. 06 25 — Bundesgrenzschutz — 5. In Kap. 06 25 wird nach der Überschrift „II. Ausgabe" folgender Haushaltsvermerk eingefügt: „Die Bundesregierung ist ermächtigt, aus dem Kap. 06 25 zur Verstärkung der Bereitschaftspolizei der Länder bis zu 25 000 000 DM für Personal- und Sachausgaben zu leisten." Zu Kap. 06 34 Institut für Ost-Westforschung in Köln —Kap. 06 34 wird gestrichen. Zu Kap. 06 35 — Bundeszentrale für Heimatdienst in Bonn —7. In Tit. 300 — Für die Sacharbeit der Bundeszentrale für Heimatdienst — wird der Ansatz von 7 075 000 DM um 845 000 DM auf 7 920 000 DM erhöht. Zu Kap. A 06 02 — Allgemeine Bewilligungen — 8. a) Tit. 571 erhält die folgende Bezeichnung: „Tit.571 Darlehen zur Deckung des Nachholbedarfs der Krankenanstalten b) In Tit. 571 wird der Ansatz von 25 000 000 DM um 25 000 000 DM auf 50 000 000 DM erhöht. Die Erläuterung erhält folgende Fassung: „Zu Tit. 571 Zur Deckung des Nachholbedarfs der Krankenanstalten, insbesondere zur Rationalisierung von Einrichtungen im medizinischen und im Wirtschafts- und Versorgungsbereich sollen in den Jahren 1960 bis 1965 zinslose Darlehen im Gesamtbetrage von 300 000 000 DM gewährt werden. Für 1960 werden für diesen Zweck erstmalig 50 000 000 DM bereitgestellt. Die Darlehen sind bei einem Freijahr mit 2 vom Hundert jährlich zu tilgen." Bonn, den 6. April 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 521 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1960, hier: Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 1400 Anlage, 1701). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 01 wird folgender neuer Tit. 952 ausgebracht: „Tit. 952 Für die Schaffung eines Wohn- und Altersheimes zur Unterbringung alter und kranker pflegebedürftiger deutscher Emigranten, die als Opfer des Nationalsozialismus in Brüssel leben DM Bonn, den 6. April 1960 Ritzel Kühn (Köln) Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 527 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1960, hier: Einzelplan 05 Geschäftsbereich des 5980 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 108. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. April 1960 Bundesministers des Auswärtigen (Drucksachen 1400 Anlage, 1704). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 05 02 — Allgemeine Bewilligungen — Nach Tit. 679 wird folgende Überschrift eingefügt: „Einmalige Ausgaben". Darunter wird folgender neuer Tit. 950 eingefügt: „Tit. 950 Beitrag der Bundesrepublik zum Weltflüchtlingsjahr 5 000 000 DM Zu Tit. 950 Einmaliger Beitrag der Bundesrepublik für das Flüchtlingshilfeprogramm der Vereinten Nationen (UNREF) im Rahmen des Weltflüchtlingsjahres." Bonn, den 6. April 1960 Ollenhauer und Fraktion Anlage 8 Umdruck 532 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1960, hier: Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes (Drucksachen 1400 Anlage, 1704). Zu Kap. 05 02 — Allgemeine Bewilligungen In Tit. 604 — Zuschuß an die Deutsche Atlantische Gesellschaft — wird der Ansatz von 30 000 DM auf 60 000 DM erhöht. Bonn, den 6. April 1960 Dr. Krone und Fraktion
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    Rede von Dr. Heinrich von Brentano


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die Große Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion befaßt sich mit Vorgängen, die Ende Februar große Aufmerksamkeit in der öffentlichen Meinung vieler Länder und besonders in der Weltpresse gefunden haben. Es erscheint jedoch notwendig, kurz die Zusammenhänge darzustellen, die bereits geraume Zeit zurückreichen, und die Vorgeschichte dieser Fühlungnahme mit Spanien zu behandeln.
    Ich kann darauf verzichten, die militärische Seite der Angelegenheit im einzelnen zu behandeln. Die Große Anfrage der SPD-Fraktion erkennt selber die aus militärischen Gründen gegebene Notwendigkeit an, daß Nachschub- und Übungseinrichtungen teilweise auch außerhalb der Bundesrepublik im westlichen Ausland untergebracht werden müssen. In diesem Punkte scheint ein gewisses Maß an Übereinstimmung zwischen Opposition und Bundesregierung zu bestehen.
    Die Bundesregierung hat es im Interesse der Freiheit und der Sicherung der Bundesrepublik und in ihrer Mitverantwortung für die Sicherheit Europas übernommen, ihre Verpflichtungen aus dem NATO-Vertrag loyal zu erfüllen. Die Bundesregierung sieht darin, wie schon häufig betont, den besten Weg, um einen Beitrag zur Verhinderung des Krieges und zur Lösung politischer Probleme auf dem Verhandlungswege zu leisten. Sie hat immer die Auffassung vertreten, daß es für die einzelnen europäischen Staaten eine Verteidigung ihrer Freiheit mit nationalen Mitteln in nationaler Zuständigkeit und innerhalb
    nationaler Grenzen angesichts der politischen Veränderungen und angesichts der technischen Revolution insbesondere auf dem Gebiete der Bewaffnung nicht mehr gibt. Die Bundesregierung ist deshalb immer für die volle Integration der westlichen Verteidigung eingetreten, und sie hat die gesamten Streitkräfte der Bundesrepublik in das NATO-Kommandosystem eingegliedert.
    Die Bundesregierung hält es für notwendig, daß nicht nur die militärischen Kampfverbände, d. h. der ganze Bereich der Führung, in der Zuständigkeit der NATO liegen, sondern auch die Verantwortung für die Ausbildung und Versorgung dieser Verbände zu einem großen Teil in die Zuständigkeit der NATO übergeht.
    Die Bundesregierung hat sich immer gegen eine Trennung von operativer und logistischer Führung und Verantwortung in verschiedene Organisationsbereiche mit unterschiedlicher Zuständigkeit ausgesprochen. Solange aber diese in ihrer Richtigkeit wohl von niemandem bezweifelte Forderung nicht erfüllt wird oder nicht erfüllt werden kann, bleibt es in der nationalen Verantwortung der einzelnen Mitgliedstaaten, die erforderliche Vorsorge auf dem Gebiet der Logistik zu treffen. Unter Logistik versteht man die Bereitstellung und Zuführung aller Versorgungsgüter, welche die Truppe zur Durchführung ihres Auftrages braucht, darüber hinaus die Erhaltung des Materials, das Transport- und Verkehrswesen, das Sanitätswesen und die Fernmeldeverbindungen, soweit nicht beides unmittelbar zu den taktischen Verbänden gehört, sowie die bodenständigen militärischen Einrichtungen, insbesondere Flugplätze, Übungsplätze, Pipelines, Depots und anderes.
    Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, daß es sich bei dem Bereich der Logistik nicht nur um Depots oder ähnliche Einrichtungen handelt, sondern um eine sinnvolle Staffelung all der Einrichtungen, die sich im Frieden und besonders im Verteidigungsfall nicht ausschließlich innerhalb der Bundesrepublik befinden sollten. Insbesondere haben der Verlauf der NATO-Übungen in den letzten Jahren und die aus ihnen zu ziehenden Konsequenzen, so bei der Übung "Sidestep", deutlich gezeigt, mit welchen Problemen sich die Bundesregierung befassen muß und daß sich eine moderne Verteidigung von den technischen Maßstäben und Vorstellungen freimachen muß, die vor 25 Jahren richtig gewesen sein mögen.
    Es ist nicht nur durch die Anwesenheit der sowjetischen Armee in Mitteleuropa der für die Verteidigung zur Verfügung stehende Raum Europas viel kleiner geworden, sondern dieser kleiner gewordene Raum ist auch durch die Schnelligkeit, Reichweite und Wirkung der modernen Kampfmittel noch um ein Vielfaches vermindert worden. Die Bundesregierung hatte deshalb die Pflicht und hat die Pflicht, für die Deckung der deutschen Bedürfnisse auf diesem Gebiet alle Möglichkeiten zu erforschen, die es innerhalb des NATO-Bereichs und die es in einer geographisch sinnvollen Weise an der Peripherie des NATO-Bereichs gibt. Dazu gehört auch die Prüfung der in Spanien im gegebenen Falle bestehenden Möglichkeiten.



    Bundesaußenminister Dr. von Brentano
    Ich möchte an dieser Stelle den Ländern danken, die uns durch die Überlassung von Depotraum und von Ausbildungseinrichtungen zur Benutzung oder Mitbenutzung durch die Bundeswehr geholfen haben, unsere Aufgaben zu erfüllen. Wir hoffen auch gerade nach dem Verlauf der Konferenz der Verteidigungsminister, die vor wenigen Tagen in Paris stattfand, daß wir auf diesem Wege noch weitere Fortschritte erzielen werden. Die Frage, ob die auf diesem Wege zu erzielenden Fortschritte ausreichen, um Ausbildung und Versorgung der Bundeswehr nach NATO-Maßstäben zu gewährleisten, muß zu gegebener Zeit geprüft und entschieden werden.
    Als Ende des vergangenen Jahres der Besuch des spanischen Außenministers Castiella in der Bundesrepublik bevorstand, haben wir eingehend geprüft, ob dieser Besuch der geeignete Anlaß sei, um die spanische Regierung von unseren Erwägungen zu unterrichten. Die Bundesregierung war sich im klaren darüber, daß vor jeder offiziellen Unterrichtung der NATO bzw. wesentlicher NATO-Partner die spanische Seite auf diese Frage einer informativen Unterredung angesprochen werden müßte. Es wäre ein im internationalen Verkehr nicht übliches Verfahren, ja, ich möchte sagen, es wäre ungehörig gewesen, wenn die Bundesregierung mit ihren Verbündeten Angelegenheiten besprochen hätte, die in erster Linie die spanische Regierung selbst betreffen, ohne daß diese davon auch nur unterrichtet worden wäre.
    Außerdem erschien es sinnlos, die Möglichkeit von logistischen Einrichtungen in Spanien auch nur zur Diskussion zu stellen, bevor die Bundesregierung wußte, ob überhaupt eine Aussicht bestand, daß die spanische Regierung bereit war, ein informatives Gespräch zu führen und die von der Bundesregierung vorgelegten oder vorzulegenden Fragen zu prüfen.
    Bei unseren Überlegungen mußten wir auch die Stellung der Bundesrepublik und ihr Ansehen in der westlichen Welt, das Verhältnis der freien Welt zu Spanien und die aktuelle politische Lage in Betracht ziehen. Wir haben diese Fragen eingehend geprüft. Die Bundesregierung war sich durchaus bewußt, daß bei vielen Menschen in Deutschland wie in den mit ihr verbündeten und befreundeten Ländern noch schmerzliche Erinnerungen lebendig sind an jene Jahre vor dem zweiten Weltkrieg, da in Spanien der Bürgerkrieg tobte und die beiden Parteien sich unterschiedlicher Gunst erfreuten. Die Bundesregierung weiß auch sehr wohl, daß Hitler damals diesen Bürgerkrieg für seine eigensüchtigen Zwecke mißbrauchen wollte. Wir wissen wohl, daß die Ereignisse dieser vergangenen Zeit noch heute die Gefühle vieler Menschen bewegen.
    Auf der anderen Seite ist sich die Bundesregierung aber dessen bewußt, daß Spanien sicherlich treu zum Westen steht. Die Vereinigten Staaten, unser stärkster NATO-Partner, stehen seit Jahren in einem engen militärischen Bündnisverhältnis mit Spanien. Andere NATO-Staaten haben ebenfalls militärische Beziehungen zu Spanien aufgenommen.
    Deutschland hat mit Spanien, wie viele NATO-Staaten auch, Militärattachés ausgetauscht. Im vergangenen Jahr wurde Spanien Mitglied der OEEC. Die Stimmen mehren sich, die aus sachlichen Gründen eine Aufnahme Spaniens in die NATO fordern oder gutheißen.
    Angesichts der engen Zusammenarbeit mehrerer westlicher Länder, an der Spitze die Vereinigten Staaten, mit Spanien auch auf militärischem Gebiet ist nicht zu verstehen, daß informative Gespräche von Experten der Bundesrepublik mit spanischen Dienststellen über Angelegenheiten, die ausschließlich im Interesse der deutschen NATO-Verpflichtungen liegen, ein hohes politisches Risiko für das Ansehen der Bundesrepublik enthalten sollen und damit die Position der Bundesrepublik im Hinblick auf die kommende Gipfelkonferenz gefährden könnten.
    Wenn wir dem Gedanken der Aufnahme militärischer Beziehungen nähergetreten sind, so beruht dies auch auf folgenden Erwägungen: Wir wissen, daß man Politik, insbesondere in unserer Zeit, nicht ohne Risiko treiben kann. Die gewaltige Rüstung der Sowjetunion und die wiederholten Erklärungen der sowjetischen Machthaber, daß sie in der Lage seien, jeden Gegner tödlich zu treffen und zu vernichten, erfordern, wenn wir nicht von vornherein kapitulieren wollen, eine Politik, die auch bereit ist, Risiken und Gefahren auf sich zu nehmen, wenn sie nur letztlich dem uns allen gemeinsamen Ziel dient, den Frieden und die Freiheit zu sichern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Mitgliedstaaten der NATO sind sich darin einig, daß unsere Politik der Abschreckung nur dann den Frieden gewährleisten kann, wenn ein möglicher Gegner weiß, daß wir nicht nur bereit, sondern auch in der Lage sind, einem etwaigen Angriff wirksam und mit allen der freien Welt zur Verfügung stehenden Mitteln entgegenzutreten.
    Wir sind es gewohnt, daß uns die kommunistische Propaganda Absichten und Pläne unterschiebt, die ins Reich der Phantasie gehören, besonders dann, wenn etwa die Machthaber in Pankow Grund haben, durch ein solches Verfahren die Aufmerksamkeit der Welt von den menschenrechtswidrigen Handlungen und Vorgängen in der sowjetischen Besatzungszone abzulenken. Wir müssen auch damit rechnen, daß Menschen, die das heutige Deutschland nicht kennen oder nicht kennen wollen, uns auf Grund unserer unseligen Vergangenheit für fähig halten, in jene Geisteshaltung zurückzufallen, die im Dritten Reich herrschte. Mit Genugtuung haben wir bei den tragischen antisemitischen Ausschreitungen Anfang dieses Jahres feststellen können, daß diese Ausschreitungen nicht als typisch für Haltung und Gesinnung des deutschen Volkes von heute angesehen wurden. Der Bundestag hat damals einmütig und aus innerster Überzeugung diese Schmierereien verurteilt. Ich glaube aber, wir sollten ebenso einmütig und aus der gleichen Überzeugung der Welt dokumentieren, daß Besprechungen über die Anlage logistischer Einrichtungen in Spanien in keiner Weise mit der Politik vergleichbar sind, die das nationalsozialistische Deutschland getrieben hat. Der Vorwurf, daß die



    Bundesaußenminister Dr. von Brentano
    Bundesrepublik sich damit den Verpflichtungen oder Beschränkungen des WEU-Vertrages zu entziehen versuche, ist falsch; denn es handelt sich bei allen logistischen Einrichtungen der Bundesrepublik im Inland und im Ausland um Anlagen, die gemäß NATO-Planung und NATO-Verpflichtung der Bundesrepublik zu erstellen sind.
    Unter diesen Umständen war die Bundesregierung nicht nur berechtigt, sondern im Interesse der Sicherheit unseres Volkes und der Glaubhaftigkeit unserer Abwehrbereitschaft auch verpflichtet, bei der spanischen Regierung anzufragen, ob sie grundsätzlich bereit sei, mit der Bundesregierung Beratungen über die Einrichtung von logistischen Anlagen und Übungsplätzen aufzunehmen. Zu diesem Zeitpunkt erster interner Überlegungen war kein Anlaß gegeben, irgendeine Stelle innerhalb oder außerhalb der Bundesrepublik hiervon zu unterrichten.
    Vor dem Besuch des spanischen Außenministers Castiella habe ich den Verteidigungsminister ebenso wie andere Ressortminister gefragt, ob es auf ihrem Arbeitsgebiet besondere Besprechungspunkte mit der spanischen Seite gebe, insbesondere, ob solche Besprechungspunkte sich als Konsequenz aus der Übung „Sidestep" ergeben hätten. Im vorigen November habe ich Außenminister Castiella bei seinem Besuch über die vom Verteidigungsminister mitgeteilten Besprechungspunkte informiert und ihn gefragt, ob er einverstanden sei, daß wir zu gegebener Zeit technische Sachverständige nach Spanien entsenden. Deren Aufgabe sollte lediglich darin bestehen, den spanischen Stellen mitzuteilen, welche logistischen Bedürfnisse der Bundeswehr nach unserer Auffassung auf spanischem Boden gedeckt werden könnten. Außenminister Castiella sagte mir zu, daß er die Antwort seiner Regierung übermitteln werde.
    Bei diesem Gedankenaustausch haben wir uns natürlich auch darüber geeinigt, daß es erforderlich sei, unsere engsten Freunde und Verbündeten zu unterrichten, sobald es zu einem ersten vorbereitenden Gespräch kommen sollte. Nachdem die spanische Regierung sich dankenswerterweise einige Zeit später bereit erklärt hatte, technische Sachverständige der Bundeswehr zu empfangen, und ein Termin hierfür bestimmt war, haben wir die Regierungen einiger Mitgliedstaaten der NATO sowie gewisse Stellen innerhalb der Nordatlantikpakt-Organisation von der bevorstehenden Reise der Sachverständigen nach Madrid und über den Zweck der Reise unterrichtet.
    Wie der Herr Bundeskanzler bereits in seiner Presseerklärung vom 27. Februar zum Ausdruck gebracht hat, ist es von Anfang an die Absicht der Bundesregierung gewesen, vor der Aufnahme von eigentlichen Verhandlungen mit der spanischen Regierung den Nordatlantikrat zu konsultieren. Die ganze Angelegenheit war und ist hierfür noch nicht reif. Wir haben die Konsultationspflicht innerhalb der NATO, auf die wir selber größten Wert legen, zu keiner Zeit mißachtet oder vernachlässigt. Wir haben auch innerhalb der NATO und gegenüber den einzelnen Mitgliedstaaten keinen Zweifel ge-
    lassen, daß wir uns an die Konsultationspflicht gebunden fühlen.
    Die Fraktion der SPD tragt, aus welchen Gründen es die Bundesregierung versäumt habe, sich vor Beginn dieser Gespräche — tatsächlich hat ja nur ein Gespräch stattgefunden — mit den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestages über ihre Absichten zu beraten. In gleicher Weise sind wir von anderer Seite gefragt worden, warum wir nicht vor Beginn dieses Gesprächs die zuständigen Stellen der NATO konsultiert hätten. Die Antwort ist klar: Die Bundesregierung hat weder damals noch heute irgendeinen Beschluß gefaßt, der Gegenstand solcher Beratungen sein konnte. Wir befanden uns in einem Stadium, das jeder internationalen Verhandlung vorausgeht, nämlich bei der Prüfung, ob der mögliche Verhandlungspartner überhaupt zu Verhandlungen bereit sei.
    Entgegen allen internationalen Gepflogenheiten und offenbar auch unter Verletzung der Geheimhaltungsbestimmungen, die für die Beamten und Offiziere aller Mitgliedstaaten der NATO verbindlich sind, hat einer aus dem begrenzten Kreis der von den deutschen Erwägungen vorab unterrichteten Personen seine Kenntnisse der Presse übermittelt.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Diese Methode ist nach den Erfahrungen der letzten Monate auch in anderen Fällen angewendet worden, mit denen die Bundesregierung unmittelbar nichts zu tun hatte. Man muß feststellen, daß diese Methode leider geeignet ist, eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu beeinträchtigen und einer Verwirrung Vorschub zu leisten, die immer dann auftritt, wenn halbe Wahrheiten veröffentlicht und obendrein noch — was Motive und Ziele betrifft — falsch interpretiert werden.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Die in der Folgezeit aufgetauchten Meldungen über deutsche Absichten zur Errichtung von Stützpunkten in Griechenland, in Ostafrika, in Irland, ja auch die Meldung über deutsche Atombasen in der Schweiz und die Meldung über die Errichtung einer deutschen Raketenfabrik in Bilbao beweisen deutlich, welche Tendenz dabei zugrunde gelegen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube sagen zu können, daß die den internationalen Gepflogenheiten und der Bündnistreue entsprechende Haltung der Bundesregierung sowie die einleuchtende und offene Vertretung ihres Standpunktes zu einer Klärung der Atmosphäre sowohl in sachlicher wie in psychologischer Hinsicht geführt hat. Nicht zuletzt muß in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, daß die soeben abgeschlossene Konferenz der Verteidigungsminister ein sehr klares Bild gegeben und zu einer allgemeinen Anerkennung der schwierigen Situation der Bundesrepublik und der Richtigkeit ihrer logistischen Forderungen im Grundsätzlichen geführt hat. Unter diesen Voraussetzungen wird auch eine sachliche Prüfung der Frage möglich sein, inwie- weit die iberische Halbinsel für Zwecke der Verteidigung des Westens — und nicht zuletzt auch im Interesse der beiden dort lebenden Völker — benötigt wird.



    Bundesaußenminister Dr. von Brentano
    Man kann ohne Übertreibung sagen, daß bereits seit geraumer Zeit an die Stelle gehässiger und tendenziöser Meldungen ruhigere Überlegungen getreten sind, die dem deutschen Standpunkt Verständnis entgegenbringen. Daß die kommunistisch gelenkte Propaganda sich solchen Einsichten verschließt, ist wahrlich nicht verwunderlich. Das Übermaß und die Tonart der gegen die Bundesregierung erhobenen Vorwürfe zeigen den Hintergrund an, auf dem diese Beschuldigungen erhoben werden. Sie haben aber in ihrer Überspitzung und Gehässigkeit gerade dazu geführt, daß die Besinnung auf die Notwendigkeit einer guten und auf Vertrauen gegründeten Zusammenarbeit der NATO-Staaten noch rechtzeitig vor der Gipfelkonferenz wieder allgemeine Überzeugung geworden ist. Ich darf erklären, daß die Bündnistreue insbesondere der Bundesrepublik und ihre Entschlossenheit, die demokratischen Lebensformen gegen Feinde von außen und innen zu verteidigen, wohl über jeden Zweifel erhaben sein sollten. Die Bundesregierung hält es nicht für erforderlich, darüber weitere Erklärungen abzugeben. Sie kann auf die Arbeit der letzten zehn Jahre und auch auf ihren Beitrag zu Verteidigung der Freiheit seit dem Inkrafttreten der Pariser Verträge hinweisen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, ich möchte zum letzten Punkt der Anfrage noch darauf hinweisen, daß zwischen Spanien und Deutschland nicht nur vor 20 Jahren, sondern seit Jahrhunderten freundschaftliche Beziehungen bestanden haben und daß die Bundesregierung Wert darauf legt, diese jahrhundertealten, traditionellen freundschaftlichen Beziehungen wieder aufzunehmen und zu pflegen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist nicht die Aufgabe der Bundesregierung, ein Werturteil über die inneren Verhältnisse in Spanien abzugeben.
    Ich glaube nicht, daß mit den Ausführungen, mit den historischen Darlegungen — den höchst anfechtbaren historischen Darlegungen — des Herrn Kollegen Schmidt

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    diesem Verhältnis des deutschen Volkes zum spanischen Volk gedient worden ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Im Unterschied zum Herrn Kollegen Schmidt möchte ich als Sprecher der Bundesregierung dem Außenminister Castiella meinen Dank aussprechen dafür, daß er auf meine Bitte hin nach Berlin gefahren ist und sich das Schicksal Berlins als eigenes Anliegen zu Herzen genommen hat.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Bundesregierung ist aus den angeführten Gründen nicht bereit und in der Lage, eine Antwort auf die letzte Frage zu geben, da sie, wie gesagt, nicht die Absicht hat, sich mit den innenpolitischen Verhältnissen eines befreundeten Volkes zu beschäftigen. Die gewünschte und erwartete Antwort würde obendrein eine Kritik an der Haltung anderer verbündeter und befreundeter Regierungen enthalten, die wie die Vereinigten Staaten seit geraumer Zeit im Abwehrkampf gegen die Welteroberungstendenzen des Kommunismus eine enge Zusammenarbeit mit Spanien pflegen. Ich bin der Meinung, daß für die Beziehungen zu Spanien und der spanischen Regierung ein Wort des englischen Außenministers gilt, das er vor wenigen Tagen ausgesprochen hat, als er auf den Besuch des spanischen Außenministers angesprochen wurde. Er hat gesagt, daß es nun darum gehe, die Beziehungen der beiden Völker für die Zukunft zu gestalten, und nicht darum, über die Vergangenheit nachzudenken.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Immerhin ist von zahlreichen Politikern und maßgeblichen Kreisen in mehreren Ländern der NATO bereits die Aufnahme Spaniens in das Bündnis gefordert worden. Ein formeller Antrag liegt noch nicht vor und kann deshalb auch nicht erörtert werden. Für die Aufnahme eines neuen Mitglieds in die NATO bedarf es der Zustimmung sämtlicher Mitgliedstaaten. Die Bundesregierung wird ihre Haltung zu gegebener Zeit mit den anderen beteiligten Regierungen sorgfältig abstimmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Große Anfrage ist beantwortet. Es wird beantragt, in die Aussprache einzutreten. Das Wort hat der Abgeordnete Erler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst schulden wir dem Herrn Außenminister Anerkennung dafür, daß er in dieser Eindeutigkeit die politische Verantwortung für die außenpolitische Seite des Problems übernommen hat. Worauf es bei der heutigen Debatte — das zeigt der Text unserer Großen Anfrage, das zeigt die Beantwortung durch die Bundesregierung — in erster Linie ankommt, das sind die politischen Schwierigkeiten, die sich durch den Erkundungsvorstoß, der im Auftrage der Bundesregierung und von der Bundesregierung nach Spanien hin unternommen wurde, für uns ergeben haben. Man kann wie die Regierung der Ansicht sein, eigentlich habe gar kein Anlaß zur Aufregung bestanden. Aber es ist nun einmal so, daß das Ergebnis vor uns liegt. Das Ergebnis zeigt eben eindeutig, daß leider auch im Kreise der westlichen Verbündeten und gerade dort, wo wir Vertrauen besonders notwendig brauchen, unnötig Argwohn und Verstimmung gegenüber der Bundesrepublik Deutschland aufgekommen sind. Es hat sehr vieler Anstrengungen bedurft — ich finde, gerade nach der Beantwortung unserer Großen Anfrage durch den Herrn Bundesminister fehlt noch ein entscheidender Punkt —, und es wird noch einer weiteren Anstrengung bedürfen, um das durch diese Angelegenheit geweckte Mißtrauen, um diesen Argwohn wieder aus der Welt zu schaffen.
    Wir brauchen gerade kurz vor der Gipfelkonferenz, bei der es auch um unser Schicksal und um das Schicksal unserer deutschen Hauptstadt Berlin geht, die engste Solidarität mit unseren westlichen Verbündeten, von denen insbesondere eben jene



    Erler
    drei Mächte, mit denen die Pariser Verträge abgeschlossen worden sind, durch ihre physische Anwesenheit in Berlin die entscheidende Verantwortung für die Sicherheit und die Freiheit unserer Hauptstadt tragen. Jede Trübung des Verhältnisses zu diesen drei Mächten — ich betone: es gehören alle drei dazu und nicht nur eine, die einem vielleicht besonders symphatisch ist — beschwört für uns in der jetzt sehr prekären internationalen Lage Gefahren herauf.
    Das spanische Abenteuer hat Wasser auf die Propagandamühlen des Herrn Ulbricht geleitet. Wir wollen uns mit diesen Propagandamühlen nicht weiter beschäftigen. Der Herr Bundesaußenminister hat sich bitter über die Ausbeutung dieser Dinge durch die kommunistische Propagandamaschinerie beklagt. Darin hat er sicher recht. Aber zugrunde liegt doch erst einmal ein Tatbestand, der wieder einmal völlig überflüssigerweise Herrn Ulbricht diese Möglichkeiten eröffnet hat.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Dieses Abenteuer ist ein Beispiel dafür, wohin es führt, wenn in sich logisch erscheinende, nach meiner Meinung gar nicht einmal so logisch zwingende, rein militärische Überlegungen ohne die Berücksichtigung der politischen Imponderabilien angestellt werden, die es auch heute in den Beziehungen zwischen uns und unseren westlichen Verbündeten gibt und in denen immer wieder bestimmte Teile unserer eigenen Geschichte uns selbst anklagend gegenüberstehen. Das ist nun einmal so. Damit müssen wir fertig werden. Das müssen wir redlich aufarbeiten. Politische Schwierigkeiten bedeuten unter Umständen eine stärkere Gefährdung unserer Sicherheit, ais durch rein militärische Vorschläge allein gewonnen werden könnte. Die Politik ist untrennbar mit den Sicherheitsproblemen verwoben.
    Es ist nun gesagt worden, die Bundesregierung habe in einem gewissen Stadium ihrer Erwägungen einige Regierungen aus den Mitgliedstaaten der NATO verständigt. Schon diese Auswahl war für andere eindeutig kränkend. Es ist doch die Frage zu stellen, wann es eigentlich notwendig war, ein klärendes Gespräch mit unseren Partnern zu führen. Nach meiner Auffassung jedenfalls schon, bevor man jene Fühler nach Spanien ausstreckte, bei denen man sich doch darauf verlassen konnte, daß die spanische Regierung ihrerseits — sie hat es getan — unseren amerikanischen Verbündeten zu einer Zeit verständigt hat, als er von uns noch nicht ins Bild gesetzt worden war. Spätestens wäre es erforderlich gewesen, als jener formelle Beschluß im Verteidigungsrat der Bundesregierung gefaßt wurde, der doch zeigt, welche Bedeutung man diesem Problem gab; sonst hätte man nämlich den Verteidigungsrat überhaupt nicht bemüht. Zu jenem Zeitpunkt wäre es vor weiteren Erkundungen notwendig gewesen, zunächst einmal die Konsultationsprozedur innerhalb der NATO abzuschließen.
    Herr Minister, ich kann mir auch hier nicht versagen, darauf hinzuweisen, daß es in derartigen Dingen, bei denen es um das außenpolitische Ansehen der Bundesrepublik geht, auch einer Exekutive wohl ansteht., sich in geeigneter Weise mil auch über weltpolitische Erfahrungen verfügenden Mitgliedern des Parlaments rechtzeitig zu unterhalten.

    (Beifall bei der SPD.)

    In welcher Weise das geschehen kann, damit nicht unter Umständen und vor der Zeit etwas zum Nachteil der Bundesrepublik ausschlägt, darüber kann man sich durchaus unterhalten. Aber die völlige Ausschaltung des Parlaments in solchen Fragen führt dazu, daß wir hier immer nur hinterher über die Probleme reden, wenn das Kind gewissermaßen in den Brunnen gefallen ist, während wir vielleicht mit dazu hätten beitragen können, daß es nicht erst in den Brunnen hineingestoßen würde.
    Ich möchte hier zu einigen Zwischenrufen, die vorhin bei der Rede meines Freundes Helmut Schmidt gemacht wurden, in aller Kürze Stellung nehmen. Herr Kollege Schneider hat die Darstellung des geschichtlichen Verlaufes bestritten, die vom Kollegen Schmidt gegeben worden ist. Auch der Bundesaußenminister hat die Darstellung meines Freundes Helmut Schmidt als anfechtbar bezeichnet.

    (Abg. Majonica: Sie war nicht vollständig!)

    - Wir können ja hier kein Buch vortragen. Das waren die wesentlichen Züge der Entwicklung, und zwar vollkommen korrekt.
    Herr Minister und Herr Kollege Majonika, Sie sind doch sonst so eifrige Leser der „Neuen Zürcher Zeitung" und Sie hören gelegentlich, was Herr de Madariaga sagt; den haben Sie doch sonst so besonders in Ihr Herz geschlossen. Warum eigentlich nur, wenn er seinen Abscheu gegen das kommunistische Regime zum Ausdruck bringt, aber nicht dann, wenn er sich schonungslos mit der Franco-Diktatur in seiner Heimat beschäftigt, die ihn aus dem Lande getrieben hat? Dann hören Sie ihm plötzlich nicht mehr zu. Für de Madariaga ist die Freiheit unteilbar. Sie sollte für uns alle unteilbar sein. Wir können uns doch die Diktatur nicht aussuchen,

    (Beifall bei der SPD)

    so daß gewissermaßen jeder seinen Hofdiktator hat, Sie den Franco und wir den Tito.

    (Heiterkeit.)

    So können wir es doch nicht halten. Vielmehr wollen wir zu beiden Regierungen, zu beiden Staaten anständige und normale Beziehungen haben. Beide sind ungeeignet, Mitglied eines Bündnisses zu sein, das nach seinem Text auf die Verteidigung der demokratischen Freiheiten eingeschworen ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber nun zurück zur „Neuen Zürcher Zeitung"! Die schreibt Ihnen, Kollege Schneider, in Vorahnung Ihres Zwischenrufes

    (Heiterkeit)

    schon vor einiger Zeit einiges ins Stammbuch, und zwar am Sonntag, dem 6. März.

    (Abg. Schneider [Bremerhaven] : Das habe ich übersehen! Lesen Sie es mal vor!)




    Erler
    — Ja, gern, es bereitet mir ein aufrichtiges Vergnügen, Ihnen dabei behilflich zu sein. Die „Neue Zürcher Zeitung" schrieb am 6. März:
    Die geistig-politische Autarkie, in der Deutschland unter dem nationalsozialistischen Regime infolge der Abschließung von der Umwelt lebte, wirkt so nachhaltig, daß sich gewisse Deutsche heute wieder mit der Behauptung brüsten, die militärische Einmischung Mussolinis und Hitlers in den Bürgerkrieg habe Spanien vor dem Kommunismus bewahrt. Daß gerade diese faschistisch-nationalsozialistische Intervention den Volksfrontströmungen mächtigen Auftrieb gab, davon scheinen die in ihre nationalsozialistischen Ressentiments verbissenen Deutschen weder damals noch heute eine Vorstellung zu haben.
    Leider, leider hat die „Neue Zürcher Zeitung" offenbar keine Vorstellung davon, wie weit diese Kritik auch auf Mitglieder des Deutschen Bundestages angewendet werden muß. Es tut mir aufrichtig leid, aber der Zwischenruf hat es deutlich gezeigt.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wir müssen uns Klarheit über den Charakter des Staatswesens verschaffen, um das es sich hier handelt. Ich bin der Meinung, Regimefragen sollten bei der Wahrnehmung unserer außenpolitischen Interessen keine Rolle spielen. Da braucht man anständige Beziehungen. Deswegen muß man sich aber nicht gerade in einem demokratischen Bündnis verheiraten; denn das würde dem Bündnis die moralische Existenzberechtigung entziehen.
    Damit wir wissen, worum es sich bei dem Regime handelt, rasch ein paar Bemerkungen über Erhebungen, die die Internationale Juristenkommission der Vereinten Nationen und da wird ja wohl Herr Dr. Jaeger als begeisterter Jurist besonders aufmerksam zuhören — über das spanische Regime angestellt hat.

    (Abg. Dr. Jaeger: Die kenne ich sogar!)

    In dem Bericht der Internationalen Juristenkommission der Vereinten Nationen vom März 1959 heißt es, ,daß in Spanien a) die Zusage des freien Geleits gebrochen worden sei, daß es dort b) eine Habeaskorpusakte oder etwas Ähnliches zum Schutz gegen willkürliche Verhaftung nicht gebe, daß c) bei Verhaftungen mit politischem Hintergrund die Verhöre häufig unter Anwendung brutaler Mittel durchgeführt würden.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Jetzt bitte ich, zu verstehen, daß mein Freund Helmut Schmidt das Franco-Regime nur unter diesen Gesichtspunkten mit dem Regime des Herrn Ulbricht verglichen hat; denn wenn man das liest, treibt es einem die Schamröte ins Gesicht.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Natürlich! Es geht um die Freiheit, die beide unterdrücken, nicht nur der eine. In dem Bericht der Internationalen Juristenkommission wird festgestellt, daß d) die Verhaftung aus politischen Gründen auch im Falle des Freispruchs den Verlust von Arbeit und jeglicher öffentlicher Unterstützung zur Folge habe und daß der spanische Einparteienstaat dadurch gestützt werde, daß die Mitgliedschaft bei einer anderen Partei als der Falange als Verbrechen gelte.
    Eine andere Mitteilung will ich aus Zeitgründen nicht ausführlich verlesen; wir haben heute noch eine ganze Reihe anderer Arbeiten. Bitte, lesen Sie einmal nach, was Ihr Bundestagskollege Dr. Berthold Martin über die Lage der Protestanten in Spanien berichtet hat, darüber, in welchem Maße in jenem Land die einfachsten Grundsätze der Religionsfreiheit mit Füßen getreten werden.

    (Abg. Metzger: Sehr richtig!)

    Ich finde, das kann uns auch nicht so ohne weiteres kalt lassen, wenn es um die Frage der Einbeziehung eines solchen Regimes in ein Bündnis und nicht lediglich um diplomatische oder wirtschaftliche Beziehungen geht.
    Daß es der Bundesregierung auch um diese Einbeziehung ging, wurde in den sehr delikaten Ausführungen des Bundesministers des Äußeren klar, als er darauf hinwies, daß sich die Bundesregierung ihre Haltung dazu selbstverständlich sehr überlegen wolle, aber es ihr nicht zustehe, Kritik an denjenigen NATO-Staaten zu üben, die sich bereits für die Aufnahme Spaniens ausgesprochen hätten, was natürlich eine Kritik an denjenigen NATO-Staaten ist, die sich dagegen ausgesprochen haben.
    Meine Damen und Herren, untersuchen wir kurz, wie es mit der Haltung der Verbündeten in dieser Frage aussieht. Der britische Außenminister hat im britischen Parlament, auf die Frage angesprochen, erklärt: „Ich habe die Ansicht vertreten, daß es ungeachtet der praktischen Vorteile für Deutschland klüger wäre, sich um die Errichtung der erforderlichen Anlagen in Ländern zu bemühen, die Mitglieder der NATO sind. Diese Ansicht wurde den zuständigen deutschen Stellen zur Kenntnis gebracht."

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Es tut mir leid, daß das Abenteuer trotz dieser ausdrücklichen Erklärung, die uns also von der britischen Regierung zur Kenntnis gebracht worden ist, nicht einfach abgeblasen wurde, sondern immer noch seine Fortsetzung fand, teils in Besprechungen, teils in weiteren Überlegungen.
    Die New York Times hat am 25. Februar einen interessanten Aufsatz gebracht, von dem es in diplomatischen Kreisen in Washington heißt, nach den ihnen vorliegenden Informationen seien die darin ausgedrückten Ansichten mit denen verantwortlicher Stellen im Außenministerium identisch. Da heißt es:
    Von einem politischen Standpunkte her und sogar von dem Standpunkte nationaler und militärischer Moral ist es
    — das Abenteuer nämlich —
    gewiß weniger weise.
    Es gehe doch davon aus, so heißt es weiter, daß
    die deutsche Regierung Zweifel über die Fähigkeit



    Erler
    der NATO habe, Westdeutschland zu verteidigen, und infolgedessen Basen sehr weit rückwärts auf einem Territorium errichten müsse, auf dem die Vereinigten Staaten Basen geschaffen hätten. Vorwärts von ihnen!
    Ein Deutschland, das noch so hart arbeiten muß, um seinen Weg zurückzuerarbeiten, das kann die Imponderabilien nicht ignorieren, die in einem solchen Plane einbegriffen sind.
    Soviel zu den Amerikanern.
    Die Norweger haben im Parlament ausdrücklich ihr Mißvergnügen ausgesprochen. In Dänemark hat es darüber gleichfalls eine Debatte gegeben, aus der die ablehnende Haltung der dänischen Regierung deutlich erkennbar war.
    Ich habe zu meiner Überraschung gesehen, daß selbst im Parlament der Westeuropäischen Union, in dem es in Verteidigungsfragen immer eine außerordentlich erfreuliche Zusammenarbeit zwischen allen Mitgliedstaaten und auch über die Parteigrenzen hinweg gegeben hat, eine Reihe von britischen konservativen Abgeordneten dem Ministerrat eine Anzahl besorgter Fragen gestellt haben. Die Antwort liegt noch nicht vor. Die Fragen beziehen sich erstens darauf, ob der Rat verständigt worden ist, zweitens darauf, ob die deutsche Regierung die Tatsache anerkennt, daß sich solche Basen auf dem europäischen Kontinent befinden würden und infolgedessen durch Art. 9 des Protokolls 4 des geänderten Brüsseler Vertrages gedeckt würden. Die Frage ist von dem Herrn Außenminister vorhin bejaht worden, d. h. die Basen würden unter der Kontrolle ) der Westeuropäischen Union stehen. Der dritte Punkt: Die Westeuropäische Union hat doch in Spanien nichts zu sagen. Es geht nämlich um die Frage, ob unter diesen Umständen die deutsche Regierung der spanischen Regierung mitgeteilt hat, daß solche Einrichtungen der Inspektion durch das Rüstungskontrollamt der Westeuropäischen Union geöffnet werden müßten. Angesichts der Nichtzugehörigkeit Spaniens zur Westeuropäischen Union und seines Stolzes auf die unbedingte Souveränität ist es doch einigermaßen zweifelhaft, ob Spanien zu einer solchen Inspektion bereit wäre. Die vierte Frage lautet, ob die spanische Regierung bereit wäre, solche Bedingungen zu erfüllen, und die fünfte Frage, ob der Ministerrat nicht der Meinung sei, daß die Einrichtung solcher Basen in Spanien durch Deutschland oder einen anderen Mitgliedstaat der Westeuropäischen Union eine wörtliche und auch dem Geist widersprechende Verletzung der Brüsseler Verträge wäre.
    Das kommt nicht von Kommunisten, Herr Außenminister, das sind wichtige britische Abgeordnete. Es ist der Admiral Hughes Hallett, den wir alle kennen, der von dieser Sorge getrieben ist.
    Wir sollten hier ganz nüchtern zugeben, daß für ein gutes Funktionieren der Bundeswehr, insbesondere auf dem Gebiet der Luftwaffe, der Raum, in dem sie sich bewegen kann, etwas eng geraten ist. Es ist daher durchaus verständlich und legitim, daß die Bundesregierung sich darum bemüht hat, einige dieser Probleme innerhalb des Verbandes der
    NATO durch Zusammenarbeit mit den Verbündeten zu lösen. Die Sache fängt da an, für uns politisch außerordentlich bedenklich zu werden, wo man diesen Rahmen verlassen hat. Je schneller wir nicht eine halbe, sondern eine eindeutige Erklärung dahin abgeben: wir verlassen uns darauf, daß nunmehr das, was erforderlich ist, von den Verbündeten im Rahmen der NATO gemeinsam mit der Bundesrepublik in. ihrem Bereich geschaffen wird, und sehen davon ab, das Bündnissystem nach auswärts zu verlassen und Einrichtungen für die Bundeswehr in Spanien zu schaffen, — je schneller wir eine solche Erklärung eindeutig und in aller Härte abgeben, um so eher wird der Vertrauensschwund innerhalb der westlichen Allianz, den wir erlebt haben, wettgemacht. Aber auf diese Erklärung warten wir leider heute noch.
    Herr Minister, Sie beschworen den Mut zu Risiken in der Politik. Ich beglückwünsche Sie dazu. Ich meine aber, daß der Mut zu solchen Risiken nicht nur dann angebracht wäre, wenn es um die Errichtung von Basen in Spanien geht, sondern auch in den Fällen, in denen bisher gerade die Furcht vor einem Risiko die Bundesregierung dazu veranlaßt hat, all jenen Vorschlägen skeptisch gegenüberzutreten und ihnen ein schnelles Ende zu bereiten, mit denen man sich bemüht hat, die Wiedervereinigung Deutschlands auch unter Eingehen gewisser Risiken so in Gang zu bringen, daß es möglich wäre, die sowjetischen Truppen dort herauszubringen, wo sie heute stehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Darin liegt auch ein Risiko. Ich werde Sie beim Worte nehmen, wenn wir die nächste Debatte über Risiken führen. Ich werde dann die Frage stellen, ob nicht ein solches Risiko kleiner und unseren Lebensinteressen angemessener ist als ausgerechnet der Schritt nach Spanien.

    (Beifall bei der SPD.)