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ID0310103700

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    Deutscher Bundestag 101. Sitzung Bonn, den 12. Februar 1960 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Abg. Arndgen, Dr. Schmid [Frankfurt], Kühn [Bonn], Dr. Schneider [Lollar] u. Gen.) (Drucksache 1444) — Erste Beratung — Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 5437 B, 5448 A Dr. Kohut (FDP) 5441 C Brese (CDU/CSU) 5443 A Frau Kalinke (DP) 5444 B Eisenmann (FDP) 5446 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundeszuschüsse zu den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten aus Anlaß der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik sowie zur Einführung der Vorschriften über die Gemeinlast und weiterer sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften im Saarland (Gesetz über Bundeszuschüsse und Gemeinlast) (Drucksache 1460) ; Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1608); Mündlicher Bericht des Sozialpol. Ausschusses (Drucksache 1607) — Zweite und dritte Beratung — Baldauf (CDU/CSU) 5449 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Abkommen zwischen Bund und Ländern über Fragen der Kulturpolitik (Drucksache 1398); verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer „Stiftung Wissenschaftsrat" (SPD) (Drucksache 1314) — Erste Beratung — und Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" (Drucksache 1472) Dr. Frede (SPD) . . . . . . . . 5450 A Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5453 D, 5482 B Dr. Heck (Rottweil) (CDU/CSU) . . 5460 B Lohmar (SPD) 5464 A, 5480 C Eilers (Oldenburg) (FDP) . . . 5469 D Dr. Knorr (CDU/CSU) . . . . . 5476 A Probst (Freiburg) (DP) 5477 D Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) 5479 B, 5480 D Dr. Schäfer (SPD) 5481 A Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . 5481 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 5482 D Anlagen 5483 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1960 5437 101. Sitzung Bonn, den 12. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach 12. 2. Frau Albertz 29. 2. Bauer (Wasserburg) 12. 2. Bauereisen 15. 2. Benda 19. 2. Frau Bennemann 12. 2. Frau Berger-Heise 12. 2. Birkelbach 12. 2. Dr. Bleiß 12. 2. Brand 12. 2. Frau Brauksiepe 12. 2. Brüns 2. 7. Dr. Bucerius 12. 2. Dr. Dahlgrün 12. 2. Dr. Deist 29. 2. Dr. Dollinger 12. 2. Dowidat 12. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Engelbrecht-Greve 12. 2. Even (Köln) 29. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Frau Dr. Gantenberg 13. 2. Geiger (München) 12. 2. D. Dr. Gerstenmaier 17. 2. Glüsing (Dithmarschen) 12. 2. Dr. Greve 12. 2. Dr. Gülich 16. 4. Haage 12. 2. Dr. Graf Henckel 12. 2. Hilbert 12. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 12. 2. Frau Dr. Hubert 12. 2. Illerhaus 12. 2. Jacobi 13. 2. Jacobs 7. 3. Dr. Jaeger 13. 2. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 12. 2. Kalbitzer 12. 2. Dr. Kanka 12. 2. Frau Klemmert 15. 5. Könen (Düsseldorf) 12. 2. Dr. Krone 12. 2. Leber 12. 2. Dr. Leiske 12. 2. Leukert 16. 2. Dr. Leverkuehn 12. 2. Dr. Lindenberg 12. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Margulies 12. 2. Mauk 12. 2. Mengelkamp 12. 2. Merten 12. 2. Müller (Worms) 12. 2. Müser 20. 2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Neuburger 12. 2. Nieberg 12. 2. Ollenhauer 12. 2. Pelster 19. 2. Dr. Pflaumbaum 19. 2. Frau Pitz-Savelsberg 12. 2. Prennel 12. 2. Frau Dr. Probst 12. 2. Rademacher 12. 2. Dr. Ratzel 12. 2. Richarts 12. 2. Ritzel 12. 2. Frau Rudoll 12. 2. Ruhnke 12. 2. Dr. Rutschke 13. 2. Scharnowski 15. 2. Scheel 12. 2. Dr. Schellenberg 12. 2. Dr. Schmidt (Gellersen) 12. 2. Schmücker 12. 2. Schneider (Hamburg) 12. 2. Schütz (München) 12. 2. Dr. Starke 13. 2. Frau Dr. Steinbiß 17. 2. Dr. Steinmetz 12. 2. Storch 12. 2. Striebeck 13. 2. Frau Strobel 12. 2. Wagner 12. 2. Dr. Weber (Koblenz) 12. 2. Wehr 23. 4. Weimer 12. 2. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. Anlage 2 Umdruck 468 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Abkommen zwischen Bund und Ländern über Fragen der Kulturpolitik (Drucksache 1398). Der Bundestag wolle beschließen: Um die Einrichtungen der Forschung, der wissenschaftlichen Hochschulen, der Fachhochschulen und der allgemeinbildenden Schulen den Bildungs- und Ausbildungsbedürfnissen unserer Zeit anzupassen, wird die Bundesregierung ersucht, 1. die Verhandlungen mit den Ländern über die Abgrenzung der Aufgaben im kulturellen Bereich baldmöglichst zu einem Abschluß zu bringen, 2. dabei insbesondere eine Verwirklichung von Artikel 74 Nr. 13 des Grundgesetzes durch eine angemessene Beteiligung des Bundes an der Verwaltung und Etatgestaltung der überregionalen Forschungsinstitutionen anzustreben, 5484 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1950 3. im Haushaltsplan des Bundes in den folgenden 5 Jahren für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen je 200 Millionen DM vorzusehen, 4. im Einvernehmen mit den Ländern zu prüfen, inwieweit neben dem Ausbau der vorhandenen die Gründung neuer wissenschaftlicher Hochschulen notwendig ist, 5. im Einvernehmen mit den Ländern einen Plan über den Bau von Studentenwohnheimen, Studentenhäusern und über den Ausbau des Fachschulwesens aufzustellen, 6. gemeinsam mit den Ländern und dem Wissenschaftsrat die Vorschläge zur Reform der Lehrkörper an den wissenschaftlichen Hochschulen zu prüfen. Der Bundestag hält es für notwendig, die rund 700 Millionen DM, die dem Bund aus der Teilprivatisierung des Volkswagenwerks für 20 Jahre zur Nutzung zustehen, schon jetzt im Sinne der Stiftung, überwiegend zur Finanzierung der Aufgaben unter 4. und 5. unmittelbar zur Verfügung zu stellen und darüber Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen anzustreben. Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den schwebenden Verhandlungen über den Schuldendienst der Ausgleichsforderungen dahin gehend zu wirken, daß die Länder die 275 Millionen DM, die der Bund künftig übernimmt, zu einer entsprechenden Mehrleistung im kulturellen Bereich, insbesondere für Zwecke des Schulbaues verwenden, um die Voraussetzungen für die Einführung des 9. Schuljahres in allen Bundesländern baldmöglichst zu schaffen. Bonn, den 11. Februar 1960 Dr. Krone und Fraktion Anlage 3 Umdruck 469 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Abkommen zwischen Bund und Ländern über Fragen der Kulturpolitik (Drucksache 1398). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. die Verhandlungen mit den Ländern über die Bewältigung der Aufgaben im kulturellen Bereich bis zum 1. Juni 1960 abzuschließen und dem Bundestag unverzüglich über das Ergebnis schriftlich zu berichten; 2. die notwendigen Mittel im Haushaltsplan des Bundes für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen bereitzustellen, soweit sie nicht von den Ländern aufgebracht werden. Grundlage dafür sollen die Bedarfspläne des Wissenschaftsrates sein; 3. den Ländern die im Rahmen der Übernahme von Kriegsfolgelasten durch den Bund erforderlichen Mittel für den Schulhausbau zur Verfügung zu stellen. Bund und Länder sollen außerdem die Modernisierung der Schulen, die Einführung des 9. Schuljahres und die Beseitigung des Schichtunterrichtes berücksichtigen; 4. mit den Ländern, den Trägern der Erwachsenenbildung und den Hochschulen über einen Ausbau der Einrichtungen der politischen Bildung zu beraten und alle Bestrebungen auf diesem Gebiet nachdrücklich zu fördern; 5. die Höhe der Stipendien für Studenten und der Erziehungsbeihilfen den gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen; 6. den Anteil der geförderten Studenten zu erhöhen und eine Ausweitung des Kreises von Studierenden, deren Eltern als Arbeiter oder in der Landwirtschaft tätig sind, zu fördern; 7. im Einvernehmen mit den Ländern und den Trägern von Studentenwohnheimen dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb von fünf Jahren 30 v. H. der Studenten in Wohnheimen aufgenommen werden können. Dabei sind ausländische Studenten, die in der Bundesrepublik studieren, besonders zu berücksichtigen. Bonn, den 12. Februar 1960. Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Wilhelm Probst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Maßhalten ist mein politischer Grundsatz. Ich will ihn jetzt auch auf die Technik übertragen und mich so kurz fassen, wie es möglich ist. Teilen Sie also mit mir die Hoffnung, daß wir heute mittag fertig werden.
    Wer der Debatte zuhört, ist versucht zu sagen Wie sich die Bilder gleichen! Wie sich die Bildei gleichen, die hier jedes Jahr entwickelt werden: die sachlichen Forderungen auf Ausbau der Schulen, die finanziellen Ansprüche gegen den Bund und auf der anderen Seite die Wünsche nach einer gewissen



    Probst (Freiburg)

    Koordination! Auf der einen Seite haben wir Forderungen, aus bestimmten Notwendigkeiten geboren, auf der anderen Seite immer wieder das Zurückschrecken vor den Konsequenzen, die sich ergeben, wenn wir die Frage prüfen, ob die Organisation unserer Gesellschaft, die Organisation unseres Staates überhaupt noch die Voraussetzungen bietet, diesen Notwendigkeiten gerecht zu werden.
    Die Notwendigkeiten muß man wohl aufgliedern, einmal in die finanziellen und dann in die der Koordination. Den finanziellen Notwendigkeiten kann entsprochen werden; denn dies hat mit dem Steueraufkommen und der Steuerverteilung zu tun. Man kann das Geld umwälzen über den Bund, man kann es umwälzen über die Länder, und man kann es über die Gemeinden umwälzen. Das sind rein formale Fragen, die lösbar sind.
    Aber man begegnet hier sofort dem zweiten Problem, dem der Koordination, das vor allen Dingen durch die Ausführungen des Herrn Bundesinnenministers ganz klar aufgezeigt wurde. Das Koordinationsproblem ist aber so schematisch wie das der Finanzierung nicht zu lösen.
    Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, ob wir mit der Organisation unserer Gesellschaft, mit unserer staatlichen Organisation noch in der Lage sind, diesen Notwendigkeiten in der Erziehung und in der Wissenschaft Rechnung zu tragen. Da kann ich nicht umhin, die Äußerung von Herrn Lohmar zu unterstreichen, der nämlich sagte: Föderalismus ist mehr, als gegen Bonn zu sein.
    Ich komme nicht darum herum, den Begriff des Föderalismus einmal zu definieren. Bei uns wird „Föderalismus" ausgelegt als ein Abgeben von Zuständigkeiten, die man abgeben kann, möglichst an die unterste Stelle. Eine andere Auslegung ist: Föderalimus ist das Beharren auf Kompetenzen, und es kommt darauf an, niemand anderem etwas davon abzugeben. Beide Definitionen sind falsch. Föderalismus besagt nichts anderes, als daß die Aufgaben, die unten nicht gelöst werden können, nach oben abgegeben werden. Der Schwerpunkt des Föderalismus liegt nicht oben, sondern unten. Unten, von wo die Staatsgewalt ausgeht, ist die Heimat des Föderalismus. Und der föderale Staat ist der, der sich in der Lösung derjenigen Aufgaben findet, die örtlich und wegen Kompetenzüberschreitung oder wegen Überschreitung der Möglichkeiten nicht gelöst werden können.
    Hier müssen wir wieder zu dem ursprünglichen Inhalt des Begriffes „Föderalismus" zurückkehren. Bei uns hat dieses Wort nämlich seinen Sinngehalt verloren. Im englischen Sprachschatz hat er sich erhalten. In Amerika ist „federal", was der einzelne Staat nicht lösen kann, was also der gesamte Staat löst.
    Bei uns laufen wir Gefahr, daß wir durch unsere Verfassungswirklichkeit dem Begriff „Föderalismus", wie ihn das Grundgesetz in dem genannten Sinn umschreibt, eine andere Auslegung geben und die Lücke zwischen der Verfassungsnorm und Verfassungswirklichkeit so groß machen, bis wir auch nicht mehr in der Lage sind, diese Probleme mit dem Grundgesetz zu lösen. Das zeigt sich ganz offensichtlich in der Frage der Kulturpolitik, der Erziehung und der Wissenschaft.
    Die Länder vertreten den Gedanken, daß das Grundgesetz diese Aufgaben ausschließlich den Ländern zuweist. Unter Föderalismus ist nach meiner Meinung zu verstehen, daß die Aufgaben, die von den Ländern nicht gelöst werden können oder nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, zur Koordination an den Bund und zur Hilfe durch den Bund abgegeben werden. Was der Herr Bundesinnenminister in dieser Richtung zu tun versucht, tut er einmal in richtiger Auslegung des föderativen Gedankens, aber auch einfach aus der staatlichen Notwendigkeit heraus. Es gibt in diesem Hause gar keinen Streit darüber, daß der Bund auch auf diesem Gebiete für bestimmte Dinge schlechthin zuständig ist, weil sie, wie ich schon sagte, entweder die Kompetenzen oder die Möglichkeiten der Länder überschreiten. Diesen Begriff des Föderalismus müssen wir bei der Lösung dieser Aufgabe unterlegen. Wir müssen dann aber auch den Mut haben — einen Mut, den ich in diesem Hause immer wieder nicht finde —, Konsequenzen daraus zu ziehen, wenn wir auf der einen Seite Notwendigkeiten, auf der anderen Seite Möglichkeiten feststellen und wenn sie noch dazu durch eine falsche Auslegung des Begriffes Föderalismus in einem schlechten Verhältnis zueinander stehen.
    Wir haben Ihnen schon vor Jahren den Vorschlag gemacht, ein Bundesministerium für die Erziehung und die Wissenschaften zu errichten. Sie haben es abgelehnt. Wir wollten gar nicht mehr als diese zentrale Stelle schaffen, die zur Koordination unvermeidlich ist. Wir wollten beim Bund eine zentrale Stelle schaffen, die zur Erfüllung der Aufgaben, die der Bund von sich aus durchführen muß, notwendig ist. Der Herr Bundesinnenminister hat gar keine andere Möglichkeit, als dieses Bundesunterrichtsministerium, oder wie wir es immer nennen wollen, im Schoße seines Ministeriums in der Form eines Referats zu führen. Wir haben große kulturpolitische Aufgaben gegenüber dem Ausland. Wir haben auf dem Gebiet der Erziehung und Wissenschaft Aufgaben, die nur der Bund lösen kann. Sie wurden heute aufgedeckt. Wir haben weiterhin die Pflicht, den Gemeinden beim Schulbau und den Ländern zu helfen. Das ist eine Aufgabe des Bundes. Ob man hier nun die Form eines Referates oder eines Ministeriums wählt, ist doch nicht eine Frage des Föderalismus oder des Grundsatzes, sondern allein eine Frage der Zweckmäßigkeit.
    Insofern steht unser Wunsch nach einem Bundesministerium für Erziehung und Wissenschaft keineswegs dem Grundgesetz. entgegen, weil es nur dem Sinn des Grundgesetzes, dem föderalistischen Aufbau entspricht, im Bund eine Stelle zu schaffen, an die die Länder und die Gemeinden Aufgaben und Kompetenz abgeben können, die ihre Kräfte oder ihren Rahmen übersteigen.
    Sie haben sich nun in die bisherige — ich möchte sagen falsche — Auslegung des föderalistischen Gedankens verbohrt. Auf der anderen Seite haben



    Probst (Freiburg)

    sich die Länder bis zu einem gewissen Grade in eine Haltung verbohrt, die der Begriff des Föderalismus nicht mehr deckt, sondern die schlechthin Partikularismus ist, und zwar die Form eines Partikularismus, der der Totengräber des echten Föderalismus sein kann, weil er sich an dessen Stelle setzt und weil sich mit ihm die Probleme nicht mehr lösen lassen. Da besteht die Gefahr, daß das ganze föderalistische Gefüge eines schönen Tages über Bord geworfen werden könnte.
    Ich habe die echte Definition des Begriffes Föderalismus im Auge, wenn ich wieder darauf hinweise, daß der Bund eine Stelle, ein Referat bzw. ein Ministerium für Erziehung und Wissenschaft braucht. Das war auch der Rahmen, in den wir seinerzeit die Zuständigkeiten eines Bundesministeriums für Erziehung und Wissenschaft eingepaßt sehen wollten. Wir wollen keine Vergewaltigung der Länder, sondern lediglich eine Stelle zur Koordinierung dessen, was über den Rahmen der einzelnen Länder hinausgeht. Es muß wirklich schwer sein, eine Politik zu führen, die wegen eines falsch ausgelegten Föderalismus — in Wirklichkeit nämlich eines Partikularismus — die allgemeinen Interessen weiterhin so schädigt, wie es bisher auf dem Gebiet der Erziehung und der Wissenschaft der Fall ist. Hier müssen wir etwas mehr Mut haben.
    Wir haben unseren Antrag seinerzeit zurückgezogen, nachdem man so aus allen Parteien gehört hat, es habe gar keinen Zweck. Nehmen Sie das einfach als guten parlamentarischen Stil, den wir pflegen wollen. Sie können nicht erwarten, daß wir Anträge verfechten wie ein wild gewordener Mann und daß wir mit dem Kopf durch die Wand zu gehen versuchen, wenn uns von allen Seiten erklärt wird, so gehe es einfach nicht. Wir halten diesen Antrag und unsere Überlegungen in dieser Richtung aber so lange bereit, bis bei Ihnen die Vernunft einkehrt. Wir sind dann auch bereit, Sie an den Beinen aus der Sackgasse herauszuziehen, in die Sie sich mit dem Kopf hineinverrannt haben.

    (Heiterkeit.)

    Ich hoffe nur, daß diese Vernunft nicht erst zu einem Zeitpunkt kommt, wo dem Ganzen auf dem spezifischen Gebiet der Wissenschaft und der Erziehung schon ein unheilbarer Schaden zugefügt ist.

    (Beifall bei der DP.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Stoltenberg.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Gerhard Stoltenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist keine angenehme Aufgabe, zu dieser Stunde die Debatte auch nur noch um fünf oder sieben Minuten zu verlängern. Ich verzichte deshalb auf meine Unterlagen und Stichworte. Ich halte es aber für notwendig, zur Begründung unserer Entschließung kurz noch einiges zu sagen. Ich kann es in fünf Punkte fassen.
    1. Der Bund hat bereits bisher vor der Klärung aller Kompetenzfragen mit den Ländern seine Leistungen für Wissenschaft und Forschung erheblich gesteigert. Er stellte im Jahre 1959 im Etat fast 1 Milliarde DM hierfür zur Verfügung, davon etwa 40% für Aufgaben, die in der Zuständigkeit der Länder liegen. Die Zusammenarbeit von Bund und Ländern hat sich unseres Erachtens durch gemeinsame Planungen in verschiedenen Gebieten und die Gründung des Wissenschaftsrates bereits erheblich verbessert. Die Länder geben jetzt jährlich über 4,2 Milliarden DM in ihren Kulturetats aus, davon über 1 Milliarde DM für Wissenschaft und Forschung. Man muß diese Zahlen zur Kenntnis nehmen, wenn man hier von völlig unzureichenden Leistungen oder katastrophalen Entwicklungen spricht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    2. Im Vordergrund steht mit Recht der beschleunigte Ausbau der Universitäten und wissenschaftlichen Hochschulen. Der Bund hat seit 1956 über 250 Millionen DM hierfür bereitgestellt. Im Etat 1960 sind insgesamt 170 Millionen DM hierfür vorgesehen. Die CDU/CSU tritt für eine weitere Erhöhung dieser freiwilligen Bundesleistungen ein. Sie will in den nächsten fünf Jahren insgesamt 1 Milliarde DM in den Etats des Innen- und des Atomministeriums hierfür zur Verfügung stellen. Da der Bund 50 O/o der Kosten für den Bau und die Erstausstattung tragen will und damit auf die Länder, die ja Träger der Hochschulen sind, der gleiche Anteil entfällt, können in den nächsten fünf Jahren
    2 Milliarden DM verwendet werden. Ich bin überzeugt — das muß ich Herrn Kollegen Eilers sagen; leider ist die Fraktion der FDP überhaupt nicht mehr vertreten —, daß die sinngemäße, zweckmäßige und zeitgerechte Verwendung dieser Mittel alle verantwortlichen Stellen bis auf das äußerste in ihrer Leistungsfähigkeit beanspruchen wird. Ich darf betonen — entgegen den Katastrophenprophezeiungen, die wir hier gehört haben —, daß damit die Wünsche der Hochschulen und der Kultusminister selbst erfüllt sind. Die Kultusminister haben 1957 einen Betrag von 2,6 Milliarden DM für die nächsten sieben bis zehn Jahre in ihren Bedarfsplänen veranschlagt. Der Wissenschaftsrat, dessen Arbeiten, wie wir auch von der Bundesregierung gehört haben, noch nicht abgeschlossen sind, hat vorläufig eine Summe von 2 bis 2,5 Milliarden DM genannt.
    3. Das schnelle Ansteigen der Studentenzahlen macht nach Ansicht der CDU/CSU die sofortige Prüfung der Frage durch Bund und Länder nötig, inwieweit zusätzlich die Gründung neuer wissenschaftlicher Hochschulen und Fachschulen erforderlich ist. Diese Planungen beinhalten fraglos eine Klärung der Finanzierungsfrage. Die CDU/CSU tritt für eine weitgehende Verwendung der Mittel aus der Privatisierung des Volkswagenwerkes für diese Aufgabe ein. Dies setzt freilich voraus, daß der Bund diese ihm nach dem Vergleichsvertrag zur Nutzung überlassenen Mittel nicht zu verzinsen und zu tilgen braucht. Darüber wird mit Niedersachsen gesprochen werden müssen, und Sie, sehr verehrte Kollegen von der SPD, können uns bei diesen Verhandlungen sicher gute Dienste leisten.
    Ich muß der Ansicht des Kollegen Lohmar widersprechen, das sei praktisch eine Realisierung der



    Dr. Stoltenberg
    Idee der SPD von der Schaffung einer Stiftung Volkswagenwerk. Die von der SPD vorgeschlagene Stiftung Volkswagenwerk hätte nicht zu einer Veräußerung, nicht zu einer Privatisierung geführt und damit auch nicht die Mittel in die Hände des Bundes gegeben, mit denen allein diese Maßnahme möglich ist.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Bei einer vollen Stiftung, Herr Kollege Schäfer, bekommen Sie nicht, sofern Sie nicht privatisieren, die Mittel, mit denen diese Aufgabe wahrgenommen werden könnte.
    4. Diese freiwilligen Bundesleistungen müssen den Schwerpunkt bilden. Die CDU/CSU lehnt es auch weiterhin ab, den Bund für alle Sorgen im kulturellen Bereich ohne jede Rücksicht auf die Verfassung haftbar zu machen. Sie ist jedoch bereit, auf Grund von Vereinbarungen mit den Ländern für mehrere Jahre in bestimmten, klar umrissenen Gebieten auch außerhalb der verfassungsmäßigen Kompetenzen des Bundes zur Beseitigung von Notständen Bundesmittel einzusetzen.
    Die Länder und Gemeinden haben bewiesen, daß sie die Schulfrage in wenigen Jahren aus eigener Kraft lösen können. Nach den Unterlagen der Kultusminister — Herr Kollege Frede hat schon darüber gesprochen — hat sich die Zahl der Klassenräume in Volks-, Mittel-, Realschulen und Gymnasien von 1955 bis 1959 von 147 000 auf über 165 000 erhöht. Dies bedeutet: bei einer Steigerung der kommunalen und Landesmittel für Schulbau auf jetzt über 750 Millionen DM im Jahr ist in drei Jahren der Nachholbedarf ohne direkte Bundeshilfe zu bewältigen. Der Bund gibt jedoch eine wirkungsvolle indirekte Hilfe, indem er die Länder durch eine Änderung des Finanzausgleichs um jährlich 275 Millionen DM entlastet. Diese Mittel sollten nach Ansicht der CDU/CSU von den Ländern in erster Linie für Zwecke des Schulbaus eingesetzt werden, vor allem, Herr Kollege Lohmar, zur baldigen Einführung des 9. Schuljahrs im ganzen Bundesgebiet.
    5. Umstritten ist noch der Bereich der überregionalen Forschung. Die CDU/CSU verweist darauf, daß der Bund nach Artikel 74 Nr. 13 des Grundgesetzes eindeutige Zuständigkeiten besitzt. Sie steht weiterhin zu der Entschließung des Bundestages vom 12. .Juni 1959, nach der vom Bund die Finanzträgerschaft für die Max-Planck-Gesellschaft und die Deutsche Forschungsgemeinschaft übernommen werden sollte. Es ist unbefriedigend, gerade auch vom Standpunkt des parlamentarischen Etatrechts her, daß der Bund z. B. 75 % der Mittel für die Deutsche Forschungsgemeinschaft heute aufbringt, während die Länder die Trägerschaft weiterhin für sich allein beanspruchen. Die CDU/CSU ist bereit, durch ihren Vorschlag die Länder in diesem Bereich um weitere 60 Millionen DM jährlich zu entlasten.
    Es bleibt hier nur noch ein kurzes Wort zu dem Gesetzentwurf der SPD zur Stiftung Wissenschaftsrat zu sagen. Wir lehnen diesen Antrag aus rechtlichen wie aus politischen Gründen ab. Es wird, kurz gesagt, der Versuch gemacht, ein Gremium von hohen
    Landes- und Bundesbeamten und namhaften Vertretern der Wissenschaft, das durch ein Verwaltungsabkommen geschaffen wurde, jetzt durch Gesetz in eine Stiftung umzuwandeln und ihm Vollmachten bei der Erstellung des Etatentwurfs zu übertragen, die eindeutig der parlamentarisch verantwortlichen Regierung zukommen.

    (Zuruf von der SPD: Die behält sie!)

    Uns scheint dies abwegig zu sein. Es liegt gewiß nicht im Sinne des parlamentarischen Prinzips, das wir sonst hier oft genug gemeinsam betonen. Ich glaube auch nicht, daß Sie dem Wissenschaftsrat mit einem solchen Antrag einen Gefallen erweisen. Er leistet als angesehenes Fachgremium ohne falsche politische Ambitionen eine ausgezeichnete Arbeit, gerade auch im Zusammenwirken von Bund und Ländern, und hat sich bei allen Fraktionen wie auch bei der Öffentlichkeit Gewicht verschafft. Wir bekommen seine Vorschläge auch ohne ein solches Gesetz. Jedes Mitglied des Haushaltsausschusses weiß es und prüft sie bei den Etatberatungen. So soll es unseres Erachtens bleiben. Darum lehnen wir diese Vorlage ab.