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ID0310101800

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    Deutscher Bundestag 101. Sitzung Bonn, den 12. Februar 1960 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Abg. Arndgen, Dr. Schmid [Frankfurt], Kühn [Bonn], Dr. Schneider [Lollar] u. Gen.) (Drucksache 1444) — Erste Beratung — Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . . 5437 B, 5448 A Dr. Kohut (FDP) 5441 C Brese (CDU/CSU) 5443 A Frau Kalinke (DP) 5444 B Eisenmann (FDP) 5446 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundeszuschüsse zu den Rentenversicherungen der Arbeiter und der Angestellten aus Anlaß der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik sowie zur Einführung der Vorschriften über die Gemeinlast und weiterer sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften im Saarland (Gesetz über Bundeszuschüsse und Gemeinlast) (Drucksache 1460) ; Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 1608); Mündlicher Bericht des Sozialpol. Ausschusses (Drucksache 1607) — Zweite und dritte Beratung — Baldauf (CDU/CSU) 5449 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Abkommen zwischen Bund und Ländern über Fragen der Kulturpolitik (Drucksache 1398); verbunden mit Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer „Stiftung Wissenschaftsrat" (SPD) (Drucksache 1314) — Erste Beratung — und Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" (Drucksache 1472) Dr. Frede (SPD) . . . . . . . . 5450 A Dr. Schröder, Bundesminister . . . 5453 D, 5482 B Dr. Heck (Rottweil) (CDU/CSU) . . 5460 B Lohmar (SPD) 5464 A, 5480 C Eilers (Oldenburg) (FDP) . . . 5469 D Dr. Knorr (CDU/CSU) . . . . . 5476 A Probst (Freiburg) (DP) 5477 D Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) 5479 B, 5480 D Dr. Schäfer (SPD) 5481 A Frau Dr. Maxsein (CDU/CSU) . 5481 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 5482 D Anlagen 5483 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1960 5437 101. Sitzung Bonn, den 12. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach 12. 2. Frau Albertz 29. 2. Bauer (Wasserburg) 12. 2. Bauereisen 15. 2. Benda 19. 2. Frau Bennemann 12. 2. Frau Berger-Heise 12. 2. Birkelbach 12. 2. Dr. Bleiß 12. 2. Brand 12. 2. Frau Brauksiepe 12. 2. Brüns 2. 7. Dr. Bucerius 12. 2. Dr. Dahlgrün 12. 2. Dr. Deist 29. 2. Dr. Dollinger 12. 2. Dowidat 12. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Engelbrecht-Greve 12. 2. Even (Köln) 29. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Frau Dr. Gantenberg 13. 2. Geiger (München) 12. 2. D. Dr. Gerstenmaier 17. 2. Glüsing (Dithmarschen) 12. 2. Dr. Greve 12. 2. Dr. Gülich 16. 4. Haage 12. 2. Dr. Graf Henckel 12. 2. Hilbert 12. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 12. 2. Frau Dr. Hubert 12. 2. Illerhaus 12. 2. Jacobi 13. 2. Jacobs 7. 3. Dr. Jaeger 13. 2. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 12. 2. Kalbitzer 12. 2. Dr. Kanka 12. 2. Frau Klemmert 15. 5. Könen (Düsseldorf) 12. 2. Dr. Krone 12. 2. Leber 12. 2. Dr. Leiske 12. 2. Leukert 16. 2. Dr. Leverkuehn 12. 2. Dr. Lindenberg 12. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Margulies 12. 2. Mauk 12. 2. Mengelkamp 12. 2. Merten 12. 2. Müller (Worms) 12. 2. Müser 20. 2. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Neuburger 12. 2. Nieberg 12. 2. Ollenhauer 12. 2. Pelster 19. 2. Dr. Pflaumbaum 19. 2. Frau Pitz-Savelsberg 12. 2. Prennel 12. 2. Frau Dr. Probst 12. 2. Rademacher 12. 2. Dr. Ratzel 12. 2. Richarts 12. 2. Ritzel 12. 2. Frau Rudoll 12. 2. Ruhnke 12. 2. Dr. Rutschke 13. 2. Scharnowski 15. 2. Scheel 12. 2. Dr. Schellenberg 12. 2. Dr. Schmidt (Gellersen) 12. 2. Schmücker 12. 2. Schneider (Hamburg) 12. 2. Schütz (München) 12. 2. Dr. Starke 13. 2. Frau Dr. Steinbiß 17. 2. Dr. Steinmetz 12. 2. Storch 12. 2. Striebeck 13. 2. Frau Strobel 12. 2. Wagner 12. 2. Dr. Weber (Koblenz) 12. 2. Wehr 23. 4. Weimer 12. 2. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3. Anlage 2 Umdruck 468 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Abkommen zwischen Bund und Ländern über Fragen der Kulturpolitik (Drucksache 1398). Der Bundestag wolle beschließen: Um die Einrichtungen der Forschung, der wissenschaftlichen Hochschulen, der Fachhochschulen und der allgemeinbildenden Schulen den Bildungs- und Ausbildungsbedürfnissen unserer Zeit anzupassen, wird die Bundesregierung ersucht, 1. die Verhandlungen mit den Ländern über die Abgrenzung der Aufgaben im kulturellen Bereich baldmöglichst zu einem Abschluß zu bringen, 2. dabei insbesondere eine Verwirklichung von Artikel 74 Nr. 13 des Grundgesetzes durch eine angemessene Beteiligung des Bundes an der Verwaltung und Etatgestaltung der überregionalen Forschungsinstitutionen anzustreben, 5484 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 101. Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1950 3. im Haushaltsplan des Bundes in den folgenden 5 Jahren für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen je 200 Millionen DM vorzusehen, 4. im Einvernehmen mit den Ländern zu prüfen, inwieweit neben dem Ausbau der vorhandenen die Gründung neuer wissenschaftlicher Hochschulen notwendig ist, 5. im Einvernehmen mit den Ländern einen Plan über den Bau von Studentenwohnheimen, Studentenhäusern und über den Ausbau des Fachschulwesens aufzustellen, 6. gemeinsam mit den Ländern und dem Wissenschaftsrat die Vorschläge zur Reform der Lehrkörper an den wissenschaftlichen Hochschulen zu prüfen. Der Bundestag hält es für notwendig, die rund 700 Millionen DM, die dem Bund aus der Teilprivatisierung des Volkswagenwerks für 20 Jahre zur Nutzung zustehen, schon jetzt im Sinne der Stiftung, überwiegend zur Finanzierung der Aufgaben unter 4. und 5. unmittelbar zur Verfügung zu stellen und darüber Einvernehmen mit dem Land Niedersachsen anzustreben. Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den schwebenden Verhandlungen über den Schuldendienst der Ausgleichsforderungen dahin gehend zu wirken, daß die Länder die 275 Millionen DM, die der Bund künftig übernimmt, zu einer entsprechenden Mehrleistung im kulturellen Bereich, insbesondere für Zwecke des Schulbaues verwenden, um die Voraussetzungen für die Einführung des 9. Schuljahres in allen Bundesländern baldmöglichst zu schaffen. Bonn, den 11. Februar 1960 Dr. Krone und Fraktion Anlage 3 Umdruck 469 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Abkommen zwischen Bund und Ländern über Fragen der Kulturpolitik (Drucksache 1398). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. die Verhandlungen mit den Ländern über die Bewältigung der Aufgaben im kulturellen Bereich bis zum 1. Juni 1960 abzuschließen und dem Bundestag unverzüglich über das Ergebnis schriftlich zu berichten; 2. die notwendigen Mittel im Haushaltsplan des Bundes für den Ausbau der wissenschaftlichen Hochschulen bereitzustellen, soweit sie nicht von den Ländern aufgebracht werden. Grundlage dafür sollen die Bedarfspläne des Wissenschaftsrates sein; 3. den Ländern die im Rahmen der Übernahme von Kriegsfolgelasten durch den Bund erforderlichen Mittel für den Schulhausbau zur Verfügung zu stellen. Bund und Länder sollen außerdem die Modernisierung der Schulen, die Einführung des 9. Schuljahres und die Beseitigung des Schichtunterrichtes berücksichtigen; 4. mit den Ländern, den Trägern der Erwachsenenbildung und den Hochschulen über einen Ausbau der Einrichtungen der politischen Bildung zu beraten und alle Bestrebungen auf diesem Gebiet nachdrücklich zu fördern; 5. die Höhe der Stipendien für Studenten und der Erziehungsbeihilfen den gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen; 6. den Anteil der geförderten Studenten zu erhöhen und eine Ausweitung des Kreises von Studierenden, deren Eltern als Arbeiter oder in der Landwirtschaft tätig sind, zu fördern; 7. im Einvernehmen mit den Ländern und den Trägern von Studentenwohnheimen dafür Sorge zu tragen, daß innerhalb von fünf Jahren 30 v. H. der Studenten in Wohnheimen aufgenommen werden können. Dabei sind ausländische Studenten, die in der Bundesrepublik studieren, besonders zu berücksichtigen. Bonn, den 12. Februar 1960. Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Dr. Günter Frede


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf daran erinnern, daß meine Fraktion vor zwei Jahren eine Anfrage über den Ausbau der technischen Bildungseinrichtungen und über die Heranbildung von Technikern, Naturwissenschaftlern und Ingenieuren eingebracht hat und daß diese Anfrage dann im April zu einer allgemeinen kulturpolitischen Debatte im Hohen Hause führte. Wir haben es begrüßt, daß der Herr Innenminister die Gelegenheit wahrgenommen hat, seine Vorstellungen über die Kulturpolitik, insbesondere über die Förderung des Bildungswesens und der Wissenschaft, in umfassender Weise darzulegen. Wir haben es begrüßt, daß von den Vertretern aller Parteien deren Ausbau gefordert wurde. Je mehr Verständnis in diesem Hohen Hause und darüber hinaus in der Öffentlichkeit für die so lebensnotwendigen Aufgaben gewonnen wird, die es in dem Bereich der Wissenschaft und Bildung zu lösen gilt, um so eher wird es möglich sein, konkrete Maßnahmen zu ihrer Bewältigung zu ergreifen und die Parlamente und nicht zuletzt auch die Bundesregierung dafür zu gewinnen.
    Das war bereits im 2. Bundestag unser Anliegen. Seit nunmehr vier bis fünf Jahren haben wir immer wieder Anträge und Anfragen und erneute Anträge in den Haushaltsberatungen für dieses Gebiet eingebracht; wir wollten auf diese Weise das Feld langsam lockern. Wir haben auch gesehen, daß etwas von der Saat schon aufgegangen ist; das können wir heute als positives Ergebnis buchen. Ich erinnere an drei Dinge: einmal an die Studentenförderung nach dem Honnefer Modell, die vor vier Jahren durchaus noch umstritten war, zweitens an die Bildung des Wissenschaftsrates, um dessen Gründung und Zusammensetzung ein sehr langer und heftiger Streit im Gange war, und drittens an die steigenden Aufwendungen, die nunmehr auch der Bund ganz allgemein für die Förderung der Wissenschaft macht.
    In der Darlegung des Herrn Bundesministers des Innern waren sehr viele, sehr treffende und sehr schöne Sätze enthalten, die wir voll und ganz unterstreichen. Er ist mit diesen Ausführungen sogar in die Annalen unserer Partei eingegangen. Als wir das Material über den Plan „Die Zukunft meistern", den Plan „Z", zusammenstellten, nahmen wir einen dieser Kernsätze mit auf, der uns damals so gefallen hat und uns auch heute noch gefällt. Es handelte sich um den Gedanken, daß die Aufwendungen für das Bildungswesen, für die Wissenschaft und Forschung unbedingt und ohne Rücksicht auf andere Ausgaben gemacht werden müssen, daß sie mit der Dringlichkeitsstufe Nummer eins zu bezeichnen sind, sie also im gegenwärtigen Zeitpunkt bei uns in der Bundesrepublik eine besondere Stelle in der Rangordnung der Werte einnehmen. Manch anderes schöne und hohe Wort wurde hier gelassen ausgesprochen. Wir und mit uns weite Kreise der Öffentlichkeit waren wirklich der Meinung, man könne sagen: Wir heißen euch hoffen.
    Ich darf aber nicht verhehlen, daß am Schluß der Ausführungen etwas kam, was man beinahe als einen Pferdefuß bezeichnen kann. Von der CDU/CSU wurde eine Entschließung eingebracht, in der die Bundesregierung ersucht wurde, auf der Grundlage der im Grundgesetz festgelegten Verteilung der Kompetenzen Verhandlungen mit den Ländern darüber aufzunehmen, welche Aufgaben auf dem Gebiet der Kulturpolitik vom Bund, von den Ländern oder von beiden gemeinsam zu tragen sind. Es kam dadurch der Verdacht auf — später zeigte sich, daß er berechtigt war, und das ist der Anlaß für die Große Anfrage, die wir heute behandeln —, daß man die ganze Angelegenheit auf ein Abstellgleis schieben wollte und daß man die Folgerungen, die sich notwendig aus den grundsätzlichen Erkenntnissen ergaben, in absehbarer und überschaubarer Zeit noch nicht zu realisieren bereit war.
    In der Tat hat sich gezeigt, daß unsere Bedenken berechtigt waren. Im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik haben wir damals die Fragen sehr schnell behandelt. Wir haben den Antrag erweitert — es scheint mir wichtig zu sein, daß wir uns dessen erinnern — und haben betont, daß bei diesen Verhandlungen insbesondere die Fragen der Schulraumnot, des Lehrermangels und des Mangels an Lehrkräften an den wissenschaftlichen Hochschulen mit berücksichtigt werden sollen. Das ist ein kleiner Teil der vielen Dinge, die auf dem kulturpolitischen Sektor anstehen. Es handelt sich aber um einen besonders wichtigen Teil, den wir bei den künftigen Verhandlungen nicht ausklammern wollten.
    Ich erwähne das, damit Sie insbesondere die Ziffern 2, 3 und 4 unserer Großen Anfrage verstehen. Wir möchten nämlich gerne erfahren, ob bei den späteren Verhandlungen eine Einengung dadurch vorgenommen worden ist, daß man die Fragen der Schulraumnot, des Lehrermangels und des Mangels an Hochschullehrern von vornherein nicht berücksichtigt hat.
    Wir halten es nach wie vor für dringend erforderlich, diese Fragen in die Überlegungen einzubeziehen. Denn leider hat sich der Optimismus nicht als berechtigt erwiesen, den Herr Kollege Stoltenberg noch in der Lesung des Haushalts im Juni vergangenen Jahres zum Ausdruck brachte, daß doch, etwa in der Frage der Schulraumnot, eine sichtbare Besserung festzustellen sei. Herr Kollege Stoltenberg ging dabei offenbar von sehr konkreten Verhältnissen in seinem eigenen Land aus. Ich habe soeben eine ganz neue Statistik bekommen, der die amtlichen Erhebungen zugrunde liegen, die von den Kultusministerien gemacht worden sind. Da stellt sich — auch zu meiner Überraschung, muß ich sagen — heraus, daß die Zahl der fehlenden Schulräume — ohne Berücksichtigung etwa von Erweiterungen oder wesentlichen Verbesserungen — nach wie vor so erheblich ist — sie beträgt nämlich noch immer über 22 000 —, daß man sich wundern muß. Das hat seinen Grund aber darin, daß in einigen Ländern das neunte Schuljahr eingeführt worden ist. Im großen und ganzen zeigt sich, daß eine Veränderung dahin gehend vor sich geht oder vor sich gegangen ist, daß heute die Großstädte und die In-

    Dr. Frede
    dustriezentren in einer viel schlechteren Situation sind als das flache Land auf weite Strecken hin. Die Statistik zeigt z. B., daß in sieben Großstädten Nordrhein-Westfalens — also sicher eines Landes, das hinreichend Mittel für Schulbau besitzt und aufbringt — noch 1206 Klassen fehlen, das heißt, daß in 1206 Klassen Schichtunterricht erteilt werden muß, Ähnlich ist es in anderen Städten; ich könnte Beispiele auch von Hamburg, von Hannover und von süddeutschen Städten bringen. Im Grunde genommen sind wir also in der Frage der Beseitigung der Schulraumnot in den vergangenen zwei Jahren noch nicht wesentlich weitergekommen.
    Vergleichen Sie damit bitte die Anstrengungen, die im Nachbarland England gemacht werden. Ich will mich nur auf einen Satz beschränken, der durch die Presse ging und der authentisch ist: daß die britische Regierung ein großzügiges Schulbauprogramm in Höhe von 4,7 Milliarden DM aufgestellt hat, das sie in den Jahren von 1960 bis 1965 zu realisieren beabsichtigt.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Wir bauen für 750 Millionen im Jahr. Das entspricht dem genau!)

    — Das geschieht in einem Lande, wo die Verhältnisse bereits konsolidiert sind, während bei uns noch 22 000 Schulräume fehlen.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Auch in England scheinen Schulräume zu fehlen!)

    — Sie fehlen in England nicht in dem Umfange; dort ist es ein Ausbau über die Normalisierung des Schulwesens hinaus. Das ist das Wesentliche. An diesen Ausbau können wir ja noch gar nicht denken. Wir können auch nicht an die Realisierung des so notwendigen neunten Schuljahres herangehen, Herr Kollege Stoltenberg, abgesehen von der Frage des Lehrermangels. Nein, die Dinge liegen dort etwas anders als hier. Wir sollten das in allem Ernst erkennen.
    Die Einbeziehung der zweiten Frage, die des Lehrermangels und des Mangels an wissenschaftlichen Lehrkräften, sollte nicht beinhalten, daß hier etwa eine Kompetenz des Bundes verlangt wird. Die Frage ist nur deshalb einbezogen, weil naturgemäß Personalausgaben oder Ausgaben, die sich durch die Heranbildung des Lehrpersonals ergeben, zwangsläufig in den Gesamtkomplex der Kulturetats der Länder hineinragen und dort eine sehr erhebliche Rolle spielen; ein Problem, das insbesondere sichtbar wird, wenn wir berücksichtigen, daß zunehmend von verschiedenen Seiten, insbesondere von den Ländern, aber auch vom Bund und von freien Stiftungen, Mittel für die Förderung der Wissenschaft ausgegeben werden, wodurch für die Länder Dauerleistungen erwachsen, die in einer beängstigenden Größenordnung auf sie zukommen
    — etwas, was die Finanzminister, auch die gutgesinntesten Finanzminister, in einige Sorge versetzt. Wir haben den Komplex der Sachausgaben, der Dotationen, die in Einzelfällen gegeben werden, der Hilfen, die vom Bund gegeben werden, im Zusammenhang mit den Personalausgaben zu sehen.
    Nun darf ich auf die Behandlung der Großen Anfrage zurückkommen. Am 3. Oktober 1958 wurde in der Sitzung in Berlin vom Plenum ein einstimmiger Beschluß gefaßt, und seither warten wir, was geschieht. Wir warten und — wir sind darin, glaube ich, mit der Regierungspartei völlig einig — halten es für dringend erwünscht, daß sehr bald etwas darüber verlautbart wird, was bisher aus den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern herausgekommen ist und welcher Weg sich abzeichnet, den die Bundesregierung und die Länder hierbei zu gehen gedenken. Ich erinnere daran, daß die CDU-Fraktion in der dritten Lesung des letzten Haushalts ebenfalls beantragt hat, die Bundesregierung möge die Verhandlungen mit den Ländern über die Abgrenzung der Zuständigkeiten im kulturellen Bereich baldmöglichst zum Abschluß bringen. Seither ist fast wieder ein Dreivierteljahr vergangen, und es ist noch kein Laut gegeben worden. Nein, es war auf weite Strecken hin Funkstille, vielleicht deshalb, weil der Herr Bundesminister des Innern im Augenblick gerade am Funk herumbastelte und dort reichlich beschäftigt war. Es können auch andere Gründe gewesen sein. Wir würden uns sehr freuen, sie zu hören, und wollen mit unserer Großen Anfrage wieder grünes Licht geben. Das heißt, wir wollen einmal hören, was geschehen ist. Wie denkt sich die Bundesregierung die weiteren Verhandlungen, und selche Ergebnisse haben, wie es in Ziffer 2 unserer Großen Anfrage heißt, die bisherigen Verhandlungen erbracht?
    Ich sagte vorhin, es besteht eine gewisse Befürchtung, daß hierbei einige Dinge unter den Tisch fallen. Wir haben deshalb in Ziffer 3 die Frage gestellt, ob nicht etwa eine Einengung dieses Beschlusses in den Verhandlungen erfolgt ist oder in Zukunft erfolgen wird.
    Genauso wichtig ist vielleicht die Frage unter Ziffer 4 unserer Großen Anfrage, ob sich eventuell hieraus Folgerungen nach einer anderen Seite ergeben, nämlich bei der Abgrenzung der Kompetenzen und der damit verbundenen Folgen in finanzieller Hinsicht. Wir fragen, ob derjenige, der gewisse Mittel aufbringt, daraus eine Erweiterung seiner Zuständigkeiten herzuleiten gedenkt, also auch verwaltungsmäßig auf die Gebiete Einfluß ausüben möchte, für die er etwas gibt. Daß diese Frage nicht so ganz unberechtigt ist, Herr Dr. Schröder, werden Sie uns wohl zugestehen, wenn ich an Ihre Worte im Bundesrat denke, eine Kulturautonomie der Länder sei nirgendwo schriftlich oder formal im Grundgesetz verankert. So manche andere Äußerungen deuten doch darauf hin, daß mit dieser Steigerung der Hilfen, die vom Bund aus gegeben werden, zugleich auch eine Steigerung des Einflusses erstrebt wird. Bei uns herrscht ein ganz seltsames Denken. Wenn man etwas gibt, möchte man unbedingt auch seine Finger drinhaben. Man vertraut dem anderen nicht, daß er das Geld ohne eine Staatsaufsicht sinnvoll verwendet. Das scheint mir auch hinter dem im vorigen Sommer bei den Etatberatungen gemachten Vorschlag zu stecken, daß der Bund sich doch im wesentlichen damit begnügen soll, die Einrichtungen zu übernehmen, die nach dem Königsteiner Abkommen von den Ländern gemeinsam getragen werden.



    Dr. Frede
    Diese Einrichtungen soll er als überregionale Einrichtungen finanzieren, und er soll sie dann offensichtlich auch mit verwaltungsmäßigem Einfluß fördern. Solche Überlegungen scheinen auch bei anderen Äußerungen oder Bestrebungen vorhanden zu sein, die dahin zielen, ein, sagen wir einmal, Wissenschafts- oder Forschungsministerium zu errichten oder zumindest die entsprechende Abteilung im Innenministerium dazu auszubauen.
    Ich stelle hier nur die Frage, ohne selbst Stellung zu nehmen, um verständlich zu machen, weshalb wir in unserer Großen Anfrage dieses Problem mit aufgenommen haben.
    Ich möchte mich kurz fassen und komme zu Punkt 5 unserer Großen Anfrage, zu der Ihnen allen bekannten und Ihnen allen zugegangenen Denkschrift ich darf nicht sagen, Denkschrift des Bundesministers des Innern; denn es ist in der Tat eine Privatarbeit von Herrn Dr. Scheidemann, allerdings offensichtlich gedruckt mit Mitteln des Bundesministeriums des Innern in derselben Form, in der vorher ähnliche Denkschriften amtlichen Charakters herausgegeben wurden, so daß man sich nicht zu wundern braucht, daß in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, es sei eine Denkschrift, die die volle Billigung auch des Herrn Ministers selbst finde, obwohl es nur eine Privatarbeit ist.
    Sie wissen — ich will darauf nicht im einzelnen eingehen; das wird sich nachher in der Debatte noch ergeben —, daß diese Denkschrift einigen Wirbel hervorgerufen hat. Das ist gar nicht so schlimm. Wir begrüßen alles, was dazu dient, in der Öffentlichkeit diese Probleme aufzuzeigen und sichtbar zu machen, was für Notstände vorliegen. Das macht die Denkschrift ja in einer sehr begrüßenswerten Weise, indem sie aufzeigt, daß im Hochschulwesen ein Problem auf uns zukommt, das wir eigentlich schon lange hätten sehen müssen. Es ist ja nicht unbekannt, daß starke Jahrgänge aus den höheren Schulen jetzt auf die Universitäten rücken, daß wir dieses Problem noch nicht in vollem Maße gelöst haben, vielleicht auch nicht lösen konnten und daß, wenn es gelöst sein wird, ein großer Teil derer, die heute benachteiligt sind, weil sie einem stärkeren Geburtsjahrgang angehören, nichts mehr von den Maßnahmen haben wird, die infolge dieser Situation an den Hochschulen ergriffen werden —, und zwar von den Ländern und, da dieser Denkschrift ja Taten folgen werden, wohl auch demnächst vom Bund in verstärktem Umfange. Insofern ist die Denkschrift durchaus zu begrüßen.
    Ich verstehe auch, daß der Herr Minister sich sehr schnell von den Folgerungen distanziert hat, die die Denkschrift zieht, Folgerungen hinsichtlich der inneren Struktur der Hochschulen oder der Methode, mit der man eine Umorganisation im inneren Bereich der Hochschulen vornehmen sollte — die Frage des Herausprüfens und Ähnliches mehr. Sie haben zum Ausdruck gebracht, Herr Minister, daß Sie unsere heutige Anfrage begrüßen, insbesondere weil sie Ihnen Gelegenheit gibt, hierzu Stellung zu nehmen. Wir begrüßen das auch. Wir halten in der Tat jede restriktive Maßnahme, auch eine zeitbedingte, sofern sie nicht durch die Arbeitsplätze etwa im naturwissenschaftlich-technischen Bereich zwangsläufig bedingt ist, für verfehlt.
    Wir halten es für notwendig, als einzige Konsequenz aus der Denkschrift die Folgerung zu ziehen, daß nunmehr in verstärktem Maße und mit allen verfügbaren Mittel von Bund, Ländern und von privater Seite das Erforderliche getan wird, um diesen Notstand zu beseitigen, der ohne Frage — und von allen Stellen unbestritten — insbesondere auf dem Gebiet des Hochschulwesens da ist.
    Wir würden uns freuen, wenn man diesen konkreten Notstand zum Gegenstand bestimmter Maßnahmen machte und sich nicht allzusehr auf einen hypothetischen Notstand und die Notstandsgesetzgebung für diesen möglichen Fall konzentrierte, sondern für diesen konkreten Notstand ein Notstandsgesetz oder eine Notstandsvereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Notstände im Bereich von Wissenschaft und Forschung zustande brächte.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das wäre eine dankbare und wirklich helfende Maßnahme, eine Maßnahme, die, wenn man die gesamtpolitische Situation betrachtet, dringlicher ist als ein Gesetz für einen allgemeinen Notstand und einen Eventualfall, der einmal eintreten könnte.
    Damit möchte ich den ersten Teil beschließen und kurz noch auf die Begründung des Gesetzentwurfs Drucksache 1314 eingehen. Dieser Gesetzentwurf sieht vor, daß der Wissenschaftsrat in einem gewissen Umfang erweitert, ich will nicht sagen: umgebildet wird, daß seine Autorität aber verstärkt wird. Ich darf mich darauf berufen, daß auch von amtlicher Seite, etwa im Bulletin der Bundesregierung von 1958, unmißverständlich zum Ausdruck gebracht worden ist, welche Bedeutung man dieser Einrichtung beimißt, so, wenn es dort heißt:
    Es ist erforderlich gewesen, eine autoritative Stelle zu schaffen, die der deutschen Öffentlichkeit, den Parlamenten und Regierungen mit aller Überzeugungskraft vor Augen führt, wie der Stand der deutschen Wissenschaft zur Zeit im historischen und internationalen Vergleich zu bewerten ist, wo sich Nachholbedarf und fühlbare Lücken zeigen und welche Wege gewiesen werden können, um der Wissenschaft den ihr gebührenden Platz und Rang in der Wertordnung und Wertskala der staatlichen Aufgaben zu stellen.
    Unter den Aufgaben, die der Wissenschaftsrat zu lösen hat, ist die dringlichste und schwerste eine Aufgabe, die bisher von anderer Seite nicht gelöst worden ist, die man in diesem Umfang auch nicht angepackt hat, nämlich die, einen Gesamtüberblick, einen Gesamtplan über die erforderlichen Maßnahmen zu geben, die zu treffen sind, um die Notstände in der Wissenschaft zu beseitigen. Man sollte also einen Gesamtplan auf lange Zeit aufstellen, so wie man z. B. einen „Grünen Plan" aufgestellt hat, von dem gestern abend gesprochen wurde und über den wir noch sprechen werden. Man hat diesen „Grünen Plan" sehr hoch dotiert, hat dieses Jahr sogar noch einige hundert Millionen draufgepackt,



    Dr. Frede
    wogegen nichts gesagt sein soll. Offenbar ist der Grüne Plan wesentlich attraktiver als ein Bildungsplan. Offenbar mißt man einem Bildungsplan nicht die gleiche Bedeutung bei wie einem „Grünen Plan". Das hängt mit der Wertordnung zusammen, die man den verschiedenen Dingen gibt. Dies ist vielleicht nicht nur in diesem Hause so, sondern allgemein. Oder nur bei der Regierung? Ich weiß es nicht und lasse es deshalb dahingestellt.
    Mit unserem Gesetzentwurf kommt es uns darauf an, die Stellung des Wissenschaftsrates zu stärken. Der Wissenschaftsrat soll nicht nur eine allgemeine Aufstellung geben, und es soll nicht mehr so sein, daß der Wissenschaftsrat jährlich nur dem Bundesministerium und den Länderministerien Unterlagen für die Vorhaben und für die benötigten Mittel unterbreitet, so daß wir dann nur die Ansätze im Entwurf des Haushaltsplans sehen. Was hatte diese Methode bisher zur Folge? Wir erlebten es in dem diesjährigen Haushalt wieder: Der Wissenschaftsrat nennt eine bestimmte Summe. Ich darf daran erinnern, daß es in diesem Jahre 205 Millionen Mark sind. Die Rektorenkonferenz hat diese Summe übernommen. Im Entwurf des Haushaltsplans erscheinen nun aber nicht etwa die vom Wissenschaftsrat beantragten Mittel — die einzelnen Vorhaben kennen wir auch nicht —, sondern es erscheint eine Summe, die die Ministerialbürokratie — in diesem Falle die des Innenministeriums, vielleicht im Einvernehmen mit den Ministerialbeamten der Länder — für erforderlich gehalten hat. Das Parlament kennt nicht die Ursache der Differenz zwischen den beantragten und den im Haushaltsplan angesetzten Mitteln; es weiß nicht, wieviel Geld tatsächlich notwendig ist und um welche Vorhaben es sich handelt.
    Herr Minister, Sie haben im Sommer eine Anzahl solcher Vorhaben aufgezählt. Ich finde das sehr verdienstvoll, Ich halte es aber für notwendig, daß sowohl dieses Haus als auch die Länderparlamente bei jeder Etatberatung in vollem Umfange Kenntnis von den Grundlagen haben, die der. Wissenschaftsrat erarbeitet hat, und zwar sowohl hinsichtlich des Gesamtplans als auch hinsichtlich der jährlichen Pläne. Die Abgeordneten in den Parlamenten müssen genauso wie die Regierungsbeamten in der Lage sein, zu beurteilen, ob etwas gestrichen werden kann und was bewilligt werden muß oder wo Änderungen vorgenommen werden können.
    Indem der Wissenschaftsrat in eine Stiftung umgewandelt wird, wird er bis zu einem gewissen Grade haushaltsfähig. Er hat nicht ein eigenes Vermögen zu verwalten, wenigstens nicht insoweit, als es sich um öffentliche Mittel handelt, vielmehr bleibt es dabei, daß die Mittel auf dem bisherigen Wege zugeteilt werden. Das Budgetrecht der Länderparlamente und dieses Hohen Hauses bleibt in vollem Umfange ebenso erhalten wie die Verwaltungszuständigkeit und das Kontrollrecht der Regierung. Vielleicht wird sich einmal im Wissenschaftsrat ein Zentrum bilden, bei dem sich Vermögen aus Spenden ansammelt, wie es beim Stifterverband z. B. der Fall ist, das dann der Wissenschaft zugute kommt. Es ist ja zu hoffen, daß in zunehmendem Maße auch Mittel aus Spenden anfallen, In den Vereinigten Staaten ist das in einem ganz anderen Umfange der Fall. Der Wissenschaftsrat hätte dies mit einzuplanen, in die Gesamtplanung mit aufzunehmen und uns dann ebenfalls vorzulegen.
    Auf Einzelheiten des Entwurfs möchte ich nicht eingehen. Die Organe der Stiftung — Vorstand, Kuratorium usw. — ergeben sich aus dem Charakter der Stiftung und ihren Aufgaben von selbst. In den Ausschüssen läßt sich darüber noch manches sagen.
    Ich möchte deshalb beantragen, diesen Initiativgesetzentwurf einmal dem Haushaltsausschuß, dann aber auch dem Kulturpolitischen Ausschuß und dem Innenausschuß — dem letzten am besten als federführendem — zu überweisen, damit wir Gelegenheit haben, im Zusammenhang mit dem dem Ausschuß bereits vorliegenden Gesetzentwurf über die Beseitigung der Schulraumnot als Folge des Krieges über den Gesamtkomplex zu beraten und zu einem vernünftigen Ergebnis zu kommen.
    Ich darf abschließend darauf hinweisen, daß wir uns in der Kompetenzverteilung hierbei bewußt auf die Gegebenheiten gestützt haben. Wir halten es aber für besonders günstig, im Wissenschaftsrat eine Plattform zu verstärken, auf der wie in keinem anderen Gremium Vertreter der Verwaltung auf der einen Seite, Vertreter der Wissenschaft auf der anderen Seite — wiederum Vertreter des Bundes und der Länder, wenn man dieses Gegenpaar nimmt — zugleich vertreten sind und damit ein Forumgespräch und eine Beschlußfassung möglich ist, die sonst offensichtlich nur sehr schwer herbeigeführt werden kann. Denn wenn es leichter wäre, hätten wir über das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Bund und Ländern schon einiges gehört. Aber wir werden es vielleicht jetzt hören.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Bundesminister zur Beantwortung der Anfrage.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Tage mit kulturpolitischen Debatten sind in diesem Hause selten. Leider entspricht die Besetzung des Hauses bei den kulturpolitischen Debatten nicht dem Seltenheitswert des Ereignisses. Das mag daran liegen, daß die kulturpolitischen Fragen, wie sie hier behandelt werden, einen so starken Einschuß rein verwaltungsmäßiger Gesichtspunkte haben, daß sie nicht das Interesse des ganzen Hauses gewinnen. Es handelt sich im ganzen um eine etwas zähflüssige Materie. Sie entbehrt der Anregungen, wie sie andere kulturelle Veranstaltungen leicht haben können. Aber trotzdem wollen wir uns diesem Gegenstand einmal intensiv zuwenden.
    Der Herr Vorredner hat bereits hervorgehoben, daß die letzte Debatte ähnlicher Art im April 1958 stattgefunden hat. Damals habe ich hier die Erwartung ausgesprochen, daß sich Bund und Länder über eine Abgrenzung der beiderseitigen Aufgabenbe-
    5454 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode - 101, Sitzung. Bonn, Freitag, den 12. Februar 1960
    Bundesminister Dr. Schröder
    reiche verständigen sollten und auch könnten. Ich habe ganz klargemacht, daß ich diese Abgrenzung niemals als eine solche im Sinne eines Finanzausgleichs angesehen habe, sondern immer nur als den Versuch einer Verständigung über die Sachzuständigkeit, d. h. über die Wahrnehmung der Aufgaben selbst. Auf diesen Gedankengängen beruht auch der Bundestagsbeschluß vom 3. Oktober 1958, den wir damals in jener Berliner Sitzung gefaßt haben. Es ist der Beschluß, auf den sich Ziffer 1 der Großen Anfrage bezieht.
    Ich werde nun eine zusammengefaßte Anwort auf die beiden ersten Ziffern der Großen Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion geben.
    Die Besprechung des Herrn Bundeskanzlers mit den Ministerpräsidenten der Länder, die im Zuge jenes Bundestagsbeschlusses stattgefunden hat, war am 19. Dezember 1958. Das Ergebnis war, daß eine Verhandlungskommission eingesetzt wurde. Diese hat im April 1959 den ersten Entwurf eines von den Ländern gewünschten sogenannten Rahmenabkommens vorgelegt. In diesem Abkommen sind eine Reihe von Aufgabengebieten bezeichnet, die nach übereinstimmender Auffassung von Bund und Ländern gemeinsam zu behandeln sind. Die Zuständigkeiten auf diesen Gebieten sollten im Zuge von Einzelverhandlungen näher abgegrenzt werden.
    Keine Übereinstimmung, meine Damen und Herren, konnte auf zwei wichtigen Gebieten erzielt werden. Es handelte sich erstens um die Frage des Schulbaues und zweitens um die der Finanzierung von Forschungsinstituten überregionaler Bedeutung. Die Ländervertreter mußten danach neue Instruktionen von der Konferenz der Ministerpräsidenten einholen. Diese Konferenz der Ministerpräsidenten hat sich mit der Frage am 19. und 20. Juni 1959 in Kiel befaßt. Sie hat es abgelehnt, in den beiden offenen Punkten ein Entgegenkommen zu zeigen. Vor Wiederaufnahme der Verhandlungen sollte der zur Zeit amtierende Vorsitzende der Ministerkonferenz, Ministerpräsident von Hassel (Kiel), ein Gespräch mit dem Herrn Bundeskanzler führen. Dieses Gespräch hat am 9. Dezember 1959 stattgefunden. Eine Einigung ist immer noch nicht erzielt.
    Es erschien auch richtig, bei diesem Einigungsversuch einige Umstände zu berücksichtigen, die in der Zwischenzeit eingetreten waren. Sie werden sich erinnern, daß das Bundesverfassungsgericht ein Urteil über die sogenannten Ausgleichsforderungen erlassen hat. Das Ergebnis der Verhandlungen darüber zwischen dem Finanzminister des Bundes und den Finanzministern der Länder erschien für den Versuch einer weiteren Einigung doch sehr wesentlich.
    Nun hat sich, wenn man den Nachrichten darüber trauen darf und davon ausgehen kann, daß sie sich schließlich in Fakten umsetzen werden, hier die Möglichkeit einer Einigung gezeigt, einer Einigung, die das Finanzvolumen der Länder auf Jahrzehnte hinaus um 275 Millionen DM erhöhen würde. Das kann nach meiner Meinung die Abgrenzungsverhandlungen, von denen wir gerade sprechen, beträchtlich erleichtern. Ich komme nun zur Antwort auf Ziffer 3 der Antrage.
    Die Bundesregierung hat sich in diesen Beratungen und Verhandlungen, wie ich schon sagte, um eine umfassende Regelung der Probleme bemüht. Das Ziel der Bundesregierung in diesen Verhandlungen ist eine Vereinbarung, die nach Maßgabe bestimmter beiderseits anerkannter Ordnungsprinzipien die Aufgabenteilung für alle Bereiche des kulturellen Lebens regeln soll. Ich bin der Meinung, daß die Lösung von Einzelproblemen nur Flickwerk bliebe und deswegen ausscheiden sollte. Nach unserer Auffassung muß die Regelung den Gesamtbereich im Blickfeld haben. Sie muß auf Jahre hinaus eine praktische Arbeitsgrundlage bieten.
    Zu den erwähnten Prinzipien gehört vor allem der Grundsatz der Subsidiarität. Der Bund wird nur dort eine Zuständigkeit für sich in Anspruch nehmen, wo die Lösung der Aufgabe die Kraft des einzelnen Landes ganz offensichtlich übersteigt. Das gilt dann, wenn die Aufgaben ihrer Natur nach nicht an den Bezirk eines einzelnen Landes gebunden sind, sondern das gesamte Bundesgebiet betreffen, also überregionale Bedeutung haben.
    Die Länder haben diesen Grundsatz bisher nicht anerkannt. Sie berufen sich vielmehr auf eine angeblich im Grundgesetz für sie verbriefte „Kulturhoheit". Meine Damen und Herren, ich habe in der vergangenen Zeit wiederholt hervorgehoben, daß in einer freiheitlich demokratischen Staatsordnung die Vokabeln „Kultur" und „Hoheit" nicht zu einem einzigen Wortbegriff verschmolzen werden können. Daran ändert nichts, daß dieser Terminus in der Vergangenheit unter anderem auch in parteiprogrammatischen Entschließungen, z. B. meiner eigenen Partei, gebraucht worden ist. Bei kritischer Betrachtung — und die Freiheit zu einer solchen kritischen Betrachtung haben wir doch sicher — stellt sich nämlich heraus, daß dieser Terminus ungenau, ja daß er irreführend ist. Denn es ist ein Kriterium des freiheitlichen Staates, daß in ihm die kulturelle Betätigung grundsätzlich nicht Gegenstand staatshoheitlicher Gebote und Verbote ist. Der freiheitliche Staat tritt in der Regel nur als Förderer kultureller Bestrebungen und Veranstaltungen auf, wenn deren kulturelle Bedeutung seine Unterstützung rechtfertigt. Das geschieht dadurch, daß der Staat entweder kulturelle Einrichtungen selbst schafft oder kulturellen Einrichtungen materielle und ideelle Hilfe gewährt.
    Die Diskussion der letzten Monate, nicht zuletzt auch die Diskussion um die Rundfunkprobleme, hat die Einsicht in den gerade geschilderten Tatbestand gestärkt. Ich begrüße das. Der Terminus „Kulturhoheit" sollte in Zukunft lieber nicht mehr verwendet werden.

    (Sehr gut! rechts.)

    Sicher ist aber, daß man sich nicht auf diesen Terminus im Sinne eines Ausschließlichkeit beanspruchenden Postulats berufen kann. Das Grundgesetz hat eine ausschließliche Länderzuständigkeit nicht gewollt. Dem Bund sind an verschiedenen Stellen des Grundgesetzes ausdrücklich Zuständigkeiten übertragen worden. Dabei lasse ich hier einmal

    Bundesminister Dr. Schröder
    ganz offen und unerörtert, wo und wieweit sich andere Aufgaben des Rundes aus der Natur der Sache ergeben.
    Entscheidend ist, daß die angestrebte Lösung den praktischen Notwendigkeiten Rechnung trägt, wie sie sich aus der alltäglichen Erfahrung der letzten zehn Jahre und aus der fortschreitenden Entwicklung ergeben haben. Deshalb handelt es sich hier nicht um eine, sagen wir einmal, juristisch-theoretische Preisfrage, sondern um eine den Bedürfnissen der Praxis genügende Abgrenzung einerseits und Zusammenarbeit andererseits.
    Ich komme zur Antwort auf die Ziffer 4 der Großen Anfrage: Welche Schlußfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den Gedanken, die ich gerade entwickelt habe?
    Die Bundesregierung denkt nicht an eine Grundgesetzänderung mit dem Ziel erweiterter kulturpolitischer Zuständigkeit des Bundes. Der Streit, der darüber draußen gelegentlich geführt wird und der offenbar dazu geführt hat, daß der verehrte Präsident der Ständigen Konferenz der Kultusminister, der Berliner Senator Tiburtius, gestern sein Amt als Vorsitzender der Kultusministerkonferenz niedergelegt hat, geht nach meiner Meinung an den, ich sage jetzt wieder: praktischen Lösungsmöglichkeiten vorbei. Es handelt sich nicht um die Erweiterung kulturpolitischer Zuständigkeit des Bundes, sondern lediglich um praktische Lösungen der gestellten Fragen. So wünscht die Bundesregierung — ich glaube in Übereinstimmung mit dem Hohen Hause — ein Abkommen, das unserem föderalistischen Staatsaufbau entspricht.
    Dabei ist von vornherein klar, daß der bei weitem größte Teil aller kulturellen Aufgaben in jedem Fall in der Sphäre der Länder bleibt. Dazu gehört in allererster Linie das gesamte Schulwesen, das doch ganz offensichtlich den größten Teil der praktischen Kulturbemühungen ausmacht. Die Kraft der Länder wird von solchen Aufgaben, die unzweifelhaft in ihrer Zuständigkeit liegen, in den nächsten Jahren mehr und mehr beansprucht werden. Daher liegt es im Interesse der Länder selbst, dort in einem gewissen Umfang entlastet zu werden, wo Art und Bedeutung der Aufgabe die Ländergrenzen sprengen.
    Das gilt ganz offensichtlich für die Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Die richtige Einschätzung dieses Problems hat vor nun mehr als zehn .Jahren der Verfassungsgeber durchaus gehabt. Daraus, daß er in Art. 74 Ziffer 13 GG die Förderung der wissenschaftlichen Forschung ausdrücklich im Zuständigkeitskatalog des Bundes aufgeführt hat, ergibt sich, daß er damals bereits eine ganz zutreffende Einsicht in die überragende Wichtigkeit dieses Problems gehabt hat.
    Wissenschaftliche Forschung von heute ist mit der von vor fünfzig Jahren überhaupt nicht mehr zu vergleichen, ganz sicher aber nicht in zweifacher Beziehung: Einmal wirkt die Bedeutung der wissenschaftlichen Forschung heute auf alle Bereiche des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens ein; das brauche ich nicht länger auszuführen. Der andere entscheidende Gesichtspunkt ist der, daß der finanzielle Bedarf der wissenschaftlichen Forschung in den letzten fünfzig Jahren ganz gewaltig gewachsen ist und immer noch weiter steigt.
    Lassen Sie mich Ihnen dafür einige - wie ich glaube, ganz eindrucksvolle - Beispiele geben. So kostet z. B. das Großrechenzentrum, das augenblicklich in Darmstadt errichtet wird, etwa 11,5 Millionen DM. Die Jahresbetriebskosten dieses Großrechenzentrums sind nicht geringer als etwa 600 000 DM. Man vergleiche das einmal mit den kulturellen Anforderungen von vor 50 Jahren! Die Kosten eines Elektronenmikroskops, wie wir sie in dem sogenannten Großgeräte-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft benötigen, stellen sich auf 150 000 DM. Eine normale Großrechenanlage, wie die Hochschulen und die wissenschaftlichen Institute sie brauchen, kostet zirka 2,5 Millionen DM. Der Bau eines chemischen Hochschulinstituts verlangt heute einen Aufwand von 15 Millionen DM, die Einrichtung eines chemischen Hochschullaboratoriums verlangt einen Aufwand von etwa 300 000 DM und einen jährlichen Zuschußbetrag von etwa 60 000 DM.
    Meine Damen und Herren, das sind ganz wenige Zahlen, die man nach den verschiedensten Richtungen hin erweitern könnte. Aber sie machen ganz deutlich, daß es hier offensichtlich um Objekte geht, die aus den Dimensionen herausgewachsen sind, die vielleicht noch vor einigen Jahrzehnten als angemessen erscheinen mochten.
    Was ist das Ergebnis? Das Ergebnis dieser Betrachtung ist, daß es der Sinn der im Grundgesetz geschaffenen konkurrierenden Bundeszuständigkeit ist, der Notwendigkeit zu entsprechen, daß diese Aufgaben in großräumiger, das gesamte Bundesgebiet umfassender Planung mit dem Ziel angefaßt werden, den Einsatz der Mittel zu konzentrieren und zu rationalisieren. Daraus ergibt sich zwingend, daß die Standortwahl ohne Rücksicht auf Ländergrenzen unter übergeordneten Gesichtspunkten erfolgen muß.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang lediglich anmerken, daß die Anforderungen der wissenschaftlichen Forschung heute bereits selbst die nationalen Grenzen überschreiten und auf manchen Gebieten Planung und Arbeitsteilung auf internationaler Ebene verlangen.
    Auch für die Planung des Ausbaus der Hochschulen sind solche übergeordneten Gesichtspunkte notwendig. Bestimmte Wissenschaftsgebiete verlangen zur Vermeidung von Fehlinvestitionen Arbeitsteilung. Wir erwarten konkrete Vorschläge in dieser Richtung von dem umfassenden Gesamtplan des Wissenschaftsrates.
    Der Wissenschaftsrat ist heute schon mehrfach erwähnt worden. Er ist eine Einrichtung, die den gerade gekennzeichneten Erfordernissen Rechnung trägt. Ihm haben Bund und Länder gemeinsam die Aufgabe gestellt, für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik zu planen. Seine Vorschläge und Empfehlungen werden noch im Laufe des ersten Halbjahres 1960 erwartet. Der Bericht des Wissenschaftsrates soll darlegen, welch gewaltiger Anstrengungen



    Bundesinnenminister Dr. Schröder
    es bedarf, um der deutschen Wissenschaft den ihr gebührenden Platz zu erhalten. Regionale Sonderinteressen werden zurücktreten müssen, wenn Fehlausgaben, die zu Lasten aller gehen würden, vermieden werden sollen. Bund und Länder werden sich, sobald der Plan vorliegt, überlegen müssen, wie er durch gemeinsame Arbeit zu verwirklichen ist.
    Ich erwähne am Rande, daß der niedersächsische Finanzminister im Blick auf die auf die Länder zukommenden neuen Aufgaben bereits gefordert hat, daß sich der Bund sogar an den laufenden Aufwendungen für die Hochschulen beteiligen solle.
    Seit 1956 hat der Bund an der Finanzierung des Aufbaus der Hochschulen, an der Ausstattung der Institute und an der Gerätebeschaffung tatkräftig mitgewirkt. Seit Bestehen des Wissenschaftsrates werden diese zusätzlichen Bundesmittel nach den Empfehlungen des Wissenschaftsrates verteilt. Die Landeskultusministerien haben dadurch weder etwas von ihrer Zuständigkeit noch ihrem Einfluß auf die Hochschulen eingebüßt. Dagegen ist dank der Mitwirkung des Bundes der Aufbau der Hochschulen und Forschungsinstitute beträchtlich gefördert worden.
    Lassen Sie mich dafür einige Beispiele geben. In den Rechnungsjahren 1958 und 1959 hat sich der Bund an 133 Bauvorhaben für wissenschaftliche Einrichtungen, dabei insbesondere an Hochschul-Bauvorhaben, beteiligt. In diesen beiden Jahren sind Mittel in Höhe von etwa 114 Millionen DM bewilligt worden. Der Ausbau aller Universitäten, Technischen und sonstigen Hochschulen mit Hilfe des Bundes ist in Angriff genommen.
    So werden z. B. an der Universität München zur Zeit 11 große Bauvorhaben durchgeführt, an deren Finanzierung der Bund beteiligt ist. Ich führe sie einmal auf, meine Damen und Herren, damit man entgegen anderen Annahmen sieht, wie intensiv und wie ins einzelne gehend die Förderung des Bundes hier ist. Zu diesen 11 Bauvorhaben gehören die Institutsgebäude der Philosophischen und Theologischen Fakultäten, das Hörsaalgebäude der Chemischen Institute, ein Neubau der Institute für Pharmazie und Lebensmittelchemie, der Wiederaufbau des Zoologischen Instituts, das Instituts- und Seminargebäude der Juristischen Fakultät, das Gebäude des Zoologisch-Parasitologischen Instituts, das Gebäude der Tierärztlichen Fakultät, der Neubau des Max-Pettenkofer-Instituts für Hygiene, der Neubau der Klinik für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten, das Sonnenobservatorium der Sternwarte Wendelstein, das Anatomische Institut der Tierärztlichen Fakultät und schließlich der Neubau des Tierhygienischen und Tierpathologischen Instituts mit Versuchstierstallungen und Werkwohnungen. Meine Damen und Herren, ich glaube, daß dieser Hinweis auf konkrete Objekte überzeugender ist als manche nur theoretische Betrachtung.
    Die Gesamtkosten dieser Bauvorhaben betragen mehr als 42 Millionen DM. Der Bund wird davon voraussichtlich etwa ein Drittel übernehmen. In den Rechnungsjahren 1958 und 1959 sind bereits etwa 8 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden.
    Weitere aufschlußreiche Beispiele dieser Art bieten die Universität Köln und die Technische Hochschule in Karlsruhe.
    Bei der Universität Köln beteiligt sich der Bund zur Zeit an vier Bauvorhaben, deren Gesamtkosten rund 41 Millionen DM ausmachen. Der Bund wird dazu voraussichtlich zwischen 14 und 15 Millionen DM beitragen. In den Rechnungsjahren 1958 und 1959 hat er bereits etwa 9 Millionen DM zur Verfügung gestellt.
    Bei der Technischen Hochschule Karlsruhe beteiligt sich der Bund an der Finanzierung von fünf größeren Bauvorhaben mit einem Gesamtkostenaufwand von etwa 24 Millionen DM. Der Bundesanteil beträgt voraussichtlich etwa 9 Millionen DM; davon sind bisher rund 3 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden.
    Auch an der finanziellen Förderung der Sachfonds der Hochschulen beteiligt sich der Bund. In den letzten vier Rechnungsjahren wurden vom Bund über 53 Millionen DM für die Verstärkung der Sachfonds der Hochschulen zur Verfügung gestellt.
    Der Abruf der Baumittel wird allerdings zum Teil durch die Notwendigkeit technischer Planung und die begrenzte Kapazität der Bauindustrie verzögert. Von den dem Wissenschaftsrat zur Verfügung gestellten Mitteln für den Ausbau von Hochschulen im Rechnungsjahr 1959 sind bisher etwas mehr als 28 Millionen DM — mehr als ein Drittel — nicht abgerufen worden. Dabei steht das Ende des Haushaltsjahres bereits vor der Tür. Ich erwähne diese Ziffern auch deshalb, um darauf hinzuwirken, daß sich alle unsere Kritiker wirklich auf dem Boden der Tatsachen halten.
    Das Ergebnis dieser Betrachtungen ist folgendes: Nicht die Änderung des Grundgesetzes ist ein Allheilmittel. Notwendig ist vielmehr die sach- und zeitgemäße Auslegung und Anwendung der grundgesetzlichen Bestimmungen. Der Bund hat nur den Wunsch, dasjenige zu tun, was die gesamte Öffentlichkeit mit Recht von ihm erwartet und was zum Besten des Ganzen unter voller Berücksichtigung der Aufgaben und der Möglichkeiten der Länder getan werden muß.
    So hat die Bundesregierung denn auch ganz konsequent den Ländern vorgeschlagen, die wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen, die bisher noch nach dem sogenannten Königsteiner Staatsabkommen der Länder finanziert werden, in die finanzielle Betreuung des Bundes zu übernehmen. Das Königsteiner Abkommen selbst bezeichnet diese Aufgaben und die Bedeutung dieser Institute als „über den allgemeinen Wirkungsbereich eines einzelnen Landes hinausgehend". Das Abkommen erkennt an, daß der Zuschußbedarf dieser Institute die finanzielle Leistungskraft eines einzelnen Landes übersteigt.
    Es liegt nun wirklich nahe, die Erfüllung solcher Aufgaben als Sache des Bundes anzuerkennen. Dabei ist selbstverständlich, daß die Verbindung der Institute mit der Hochschulforschung gewährleistet bleiben muß. Im übrigen ist auch nicht daran gedacht, die Vertretung der Länder in den Beschluß-



    Bundesminister Dr. Schröder
    gremien der Institute zu ändern, einerlei wie die Finanzierungsfrage geregelt wird. Nach dem bisherigen Verlauf der Besprechung ist jedoch anzunehmen, daß die Länder das Angebot einer Gesamtfinanzierung der Institute durch den Bund weiterhin ablehnen werden.

    (Hört! Hört! bei der FDP.)

    Vielleicht läßt sich aber ein Kompromiß erreichen, und wir versuchen, darauf hinzuzusteuern. Denn die Kosten für diese Institute — nicht zuletzt im Hinblick auf die Ansprüche der Kernenergieforschung — wachsen ständig. Die Länder würden also selbst bei einer eingeschränkten Beteiligung des Bundes noch eine starke Entlastung erfahren. Diese finanzielle Entlastung sollten sie nach unserer Meinung in erster Linie dem Schulbau und der Förderung des Lehrernachwuchses zugute kommen lassen.
    Eine direkte Unterstützung des Schulbaues durch den Bund, die ja oft diskutiert worden ist und über die sich mein Herr Vorredner ebenfalls verbreitet hat, dürfte in Zukunft aus der Betrachtung ausscheiden. Die erwähnten neuen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern, die im Zuge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts über die Regelung der Ausgleichsforderungen geführt werden, sollen in der Tat — das ist übrigens die Meinung aller Beteiligten, nicht nur des Bundes — einen Schlußstrich unter das Kapitel der Kriegsfolgelasten ziehen, das, wie Sie wissen, bisher sehr oft für die Beanspruchung des Bundes auf dem Gebiet des Schulbaues angeführt worden ist. Der oft und zu Recht beklagte Schulnotstand ist in den letzten Jahren ganz wesentlich gemindert worden. Das wissen Sie alle aus den Gemeinden, in denen Sie zu Hause sind. Ich verweise auf eine der neuesten Veröffentlichungen von Professor Heckel, der sich gerade mit diesem Arbeitsgebiet eingehend befaßt hat. Er hat folgendes geschrieben:
    Von einer Reihe besonderer Brennpunkte der Schulraumnot, insbesondere von einigen sehr zerstörten westdeutschen Großstädten, und von solchen Orten abgesehen, deren Bevölkerung nach 1945 unverhältnismäßig angewachsen ist, ist der ärgste Mangel im wesentlichen überwunden. ... so ist doch nicht zu bestreiten, daß der Schichtunterricht im großen und ganzen die Ausnahme bildet und daß die äußeren Unterrichtsbedingungen sich in der Regel einem, wenn auch zunächst noch recht bescheidenen, Normalzustand einigermaßen genähert haben.
    Ich bin mit meinem Herrn Vorredner durchaus der Meinung, daß das Schulwesen sicherlich eines weiteren starken Ausbaues bedarf, nicht nur mit Rücksicht auf die Einführung des neunten Schuljahres auch in denjenigen Ländern, die es noch nicht eingeführt haben. Diese Aufgabe gehört aber zu den ureigenen Aufgaben der Länder. Ich halte es nicht für richtig, sie in Zukunft als unter die Verantwortung des Bundes fallend anzusehen.

    (Zuruf von der SPD: Wir auch nicht!)

    Ich komme zu der Antwort auf die unter Ziffer 5 der Großen Anfrage gestellte Frage. Ich möchte zunächst einmal klarstellen — das gilt nicht für meine
    Herren Vorredner, aber für die in der Öffentlichkeit geäußerte Kritik —, daß die Bundesregierung zu einer Denkschrift über die Überfüllung der Hochschulen zweifellos berechtigt war. Ich sage das, wenn auch der eine oder andere meiner politischen Freunde in den Ländern anders darüber denkt. Er irrt dann, und ich will begründen, warum er irrt. Einmal ist die Mitarbeit der Bundesregierung an den Planungen des Wissenschaftsrates für den Ausbau der Hochschulen eine feststehende Tatsache. Zweitens ist es eine feststehende Tatsache, daß der Bund hierfür sehr bedeutende Mittel aufwendet. Und schließlich folgt daraus, daß er doch wohl auch eine Verantwortung für den sachgemäßen Einsatz der vom Hohen Hause bewilligten Mittel trägt.
    Der Herr Vorredner hat etwas gesagt, was ich nicht ganz wörtlich, aber dem Sinne nach wiedergeben kann: er hat sich etwas verwundert darüber ausgedrückt, daß man, wenn man Geld gibt, auch Einwirkung haben möchte.

    (Abg. Schmitt [Vockenhausen] : Beim Parteiengesetz sind Sie nicht der Meinung! — Heiterkeit bei der SPD.)

    — Beim Parteiengesetz ist das etwas anderes, da handelt es sich um idealistische Spenden;

    (Lachen bei der SPD)

    darauf kann ich gleich zurückkommen. Die Bemerkung war aber sehr gut; ich kann meine Antwort deshalb gleich etwas erweitern. Ich meine folgendes. Abgesehen davon, daß bei karitativen Zuwendungen der Spender oft auch bestimmte Wünsche äußert — das kommt selbst bei karitativen Spenden vor! —, ist der natürliche Zusammenhang zwischen der Geldhingabe und dem Objekt, für das das Geld gegeben wird, doch mindestens der eines beträchtlichen Interesses.

    (Zuruf des Abg. Blachstein.)

    - Herr Kollege Blachstein, wenn ich Sie sehe, dann denke ich natürlich immer nur an einen beatus possidens, aber auf einem ganz anderen Gebiet. Vielleicht nähern wir uns aber im Laufe des Jahres einander.
    Es ist wohl nicht zu bestreiten, daß durch die Hingabe von Geld ein Interessenverhältnis begründet wird. Ich will jetzt einmal, wenn ich für die Bundesregierung spreche, vom Interessenverhältnis absehen; der Bund gehört mehr in die Kategorie der wirklich idealistischen Spender.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    — Das Wort „Idealismus" erweckt auf der linken Seite des Hauses immer Heiterkeit.

    (Abg. Blachstein: Aus Ihrem Munde!) - Ach so, nicht allgemein.

    Ich meine das durchaus ernsthaft. Ich staune manchmal darüber, mit welchem Idealismus — ich will jetzt einmal dieses Wort „Idealismus in Anführungszeichen setzen —, mit wie wenig Anspruch auf Mitwirkung der Bund oft große Leistungen erbringt.



    Bundesminister Dr. Schröder
    Sehen Sie sich einmal den britischen Haushalt und die britische Regierung in ihrem Verhältnis zu den, sagen wir einmal, örtlichen Lebensbereichen an. Die Briten haben eine Kunst entwickelt, in eleganter und unauffälliger Weise

    (Abg. Dr. Schäfer: Das kann man doch nicht vergleichen!)

    — es ist ein sehr einschlägiges Beispiel —, ohne viele gesetzliche Bestimmungen durch Geld einen angemessenen Einfluß auszuüben.

    (Zuruf des Abg. Dr. Frede.)

    - Herr Kollege, ich will gern gleich auf Ihre Frage zurückkommen, möchte aber diesen Gedanken nicht verlieren.
    Ich habe vom Interesse gesprochen. Aber davon abgesehen gibt es eine Verantwortung, und diese müssen wir unter allen Umständen wahrnehmen. Wenn wir die von den Steuerzahlern mühselig aufgebrachten Gelder nach einem vorgefaßten Plan verteilen, dann haben wir doch wohl gegenüber denjenigen, die wir besteuern müssen, ohne Zweifel die Verantwortung dafür, daß dieses Geld auch unter unserer Kontrolle ausgegeben und nicht —sozusagen - gutgläubig zur Verfügung gestellt wird. Für meinen Geschmack bleiben wir sehr oft hinter dem Minimum dessen zurück, was hier von allen als angemessen anerkannt werden müßte. — Bitte sehr, Herr Kollege.