Rede:
ID0310000200

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3100

  • date_rangeDatum: 11. Februar 1960

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    Deutscher Bundestag 100. Sitzung Bonn, den 11. Februar 1960 Inhalt: Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß §§ 4 und 5 des Landwirtschaftsgesetzes (Drucksachen 1600, zu 1600) Schwarz, Bundesminister . 5427 B Nächste Sitzung 5434 D Anlage 5435 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 100. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 11. Februar 1960 5427 100. Sitzung Bonn, den 11. Februar 1960 Stenographischer Bericht Beginn: 18.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 29. 2. Bauer (Wasserburg) 12. 2. Bauereisen 15. 2. Benda 19. 2. Frau Bennemann 12. 2. Bettgenhäuser 11. 2. Birkelbach 12. 2. Dr. Böhm 11. 2. Bruns 2. 7. Dr. Dahlgrün 12. 2. Dr. Deist 29. 2. Dowidat 12. 2. Eberhard 27. 2. Dr. Eckhardt 28. 2. Engelbrecht-Greve 12. 2. Erler 11. 2. Even (Köln) 29. 2. Dr. Friedensburg 11. 2. Frau Friese-Korn 27. 2. Frau Dr. Gantenberg 13. 2. Gehring 11. 2. D. Dr. Gerstenmaier 17. 2. Glüsing (Dithmarschen) 12. 2. Dr. Greve 12. 2. Dr. Gülich 16. 4. Haage 12. 2. Dr. Dr. Heinemann 11. 2. Hilbert 12. 2. Dr. Höck (Salzgitter) 20. 2. Horn 12. 2. Frau Dr. Hubert 12. 2. Illerhaus 12. 2. Jacobi 13. 2. Jacobs 7. 3. Dr. Jaeger 13. 2. Jahn (Frankfurt) 23. 4. Dr. Jordan 12. 2. Dr. Kanka 12. 2. Katzer 11. 2. Frau Klemmert 15. 5. Krammig 11. 2. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kühn (Köln) 11. 2. Leber 12. 2. Leukert 16. 2. Dr. Leverkuehn 12. 2. Dr. Lindenberg 12. 2. Lulay 29. 2. Maier (Freiburg) 16. 4. Margulies 12. 2. Mengelkamp 12. 2. Mischnick 11. 2. Müller (Worms) 12. 2. Müser 20. 2. Nieberg 12. 2. Ollenhauer 12. 2. Pelster 19. 2. Dr. Pflaumbaum 19. 2. Frau Pitz-Savelsberg 12. 2. Prennel 12. 2. Dr. Ratzel 12. 2. Richarts 12. 2. Ritzel 12. 2. Frau Rudoll 12. 2. Ruhnke 12. 2. Dr. Rutschke 13. 2. Scharnowski 15. 2. Dr. Schmidt (Gellersen) 12. 2. Schmücker 12. 2. Schneider (Hamburg) 12. 2. Schütz (München) 12. 2. Dr. Starke 13. 2. Stauch 11. 2. Frau Dr. Steinbiß 17. 2. Dr. Steinmetz 12. 2. Storch 12. 2. Striebeck 13. 2. Frau Strobel 12. 2. Wagner 12. 2. Dr. Weber (Koblenz) 12. 2. Wehr 23. 4. Frau Welter (Aachen) 27. 2. Werner 24. 2. Dr. Willeke 1. 3.
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    Rede von Werner Schwarz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem „Grünen Bericht 1960" ist Ihnen in diesen Tagen der fünfte Bericht über die Ertragslage der Landwirtschaft seit dem Inkrafttreten des Landwirtschaftsgesetzes zugestellt worden. Ich darf deshalb annehmen, daß Ihnen Anlage und Gliederung der „Grünen Berichte", die die Grundlage unserer Agrarpolitik bilden, bekannt sind. Ich will Ihnen und mir daher lange methodische Erläuterungen ersparen und gleich auf die wichtigsten Ergebnisse des Grünen Berichts 1960 zu sprechen kommen.
    Dabei scheint es mir sinnvoll, zunächst die Stellung der westdeutschen Landwirtschaft in der gesamten Volkswirtschaft zu umreißen. Sowohl die Zielsetzungen des Landwirtschaftsgesetzes, nämlich die Angleichung der landwirtschaftlichen Einkommen an die gewerblichen, als auch die Probleme, die sich für die Agrarpolitik bei der Verfolgung dieser Ziele ergeben, können nur im Rahmen der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung richtig beurteilt werden.
    Die Landwirtschaft ist — wie Sie wissen — ein „schrumpfendes Gewerbe". Die erforderlichen Nahrungsmittel können nämlich mit dem fortschreitenden Vordringen der Technik auch in der landwirtschaftlichen Produktion von einem ständig geringer werdenden Anteil der Gesamtbevölkerung erzeugt werden. Im Zuge dieser Entwicklung ist der Anteil der landwirtschaftlichen Berufszugehörigen an der Gesamtbevölkerung, der in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Deutschland noch rund 40 v. H. betrug, heute bis auf fast 10 v. H. zurückgegangen.
    Die Abwanderung der Arbeitskräfte aus der Landwirtschaft ist nicht nur bei uns, sondern praktisch in allen Industrieländern der Welt zu verzeichnen. Ihr Motor ist im wesentlichen das Einkommensgefälle zwischen dem landwirtschaftlichen und dem gewerblichen Bereich. Dabei stellt die Arbeitskräfteabwanderung — und das verdient hier hervorgehoben zu werden — zugleich das wirksamste Mittel zur Verringerung bzw. Beseitigung dieses Einkommensunterschiedes dar.
    Gleichwohl vollzieht sich diese Bevölkerungsumschichtung in der Regel nicht völlig reibungslos. Die Abwanderung von Arbeitskräften aus der Landwirtschaft in den gewerblichen Bereich bringt vor allem dann für die Landwirtschaft ernste Probleme mit sich, wenn sie in einem so starken Ausmaß erfolgt wie seit der Währungsreform bei uns in Westdeutschland. So ist in den letzten 10 Jahren in der Bundesrepublik auf Grund des raschen Wirtschaftsaufschwungs rund ein Drittel aller landwirtschaftlichen Arbeitskräfte in besser bezahlte gewerbliche Berufe übergewechselt, ein prozentualer Rückgang, der zuvor im Reichsgebiet mehr als ein halbes Jahrhundert beanspruchte.
    Der Wirtschaftsaufschwung kam zwar dadurch, daß sich durch die günstige Entwicklung der Massenkaufkraft die Absatzmöglichkeiten für Nahrungsmittel, insbesondere für qualifizierte Veredelungsprodukte, wesentlich verbesserten, auch der Landwirtschaft zugute. Jedoch sind der Ausweitung des Nahrungsverbrauchs nach Erreichen eines gewissen Sättigungsgrades relativ enge Grenzen gesetzt. Den vorteilhaften Auswirkungen der Konjunktur standen zudem auf der anderen Seite infolge der unerwartet raschen und starken Arbeitskräfteabwanderung schwerwiegende betriebsorganisatorische und arbeitswirtschaftliche Probleme gegenüber, die die Landwirtschaft durch eine Mechanisierung zu lösen suchte, die alle in dieser Richtung getroffenen Prognosen weit übertroffen hat. Der rationelle Maschi-



    Bundesminister Schwarz
    neneinsatz wurde dabei vielfach dadurch erschwert, daß es an ausreichend erprobten Maschinen für unsere bäuerlichen Betriebsgrößen fehlte. In vielen Betrieben waren ferner die strukturellen Voraussetzungen für eine Mechanisierung in dem erforderlichen Ausmaß noch nicht vorhanden.
    Im Grundsatz sieht sich die Landwirtschaft in allen Industrieländern der Welt ähnlichen Anpassungsschwierigkeiten gegenüber. In allen diesen Ländern gibt es mehr oder wenigerumfangreiche Entwicklungshilfen für die Landwirtschaft, damit sie dieser Schwierigkeiten Herr werden kann. In der Bundesrepublik hat der Deutsche Bundestag diesen Verhältnissen durch die Verabschiedung des Landwirtschaftsgesetzes Rechnung getragen, das die gesetzliche Grundlage für eine allgemeine Förderung der Landwirtschaft durch besondere Maßnahmen der Bundesregierung bildet.
    Wir dürfen feststellen, daß ,das Ziel des Landwirtschaftsgesetzes, die Angleichung der landwirtschaftlichen Einkommen an die Einkommen vergleichbarer gewerblicher Berufe, zwar noch nicht erreicht ist, wir diesem Ziel aber schon ein Stück nähergekommen sind. Meine Damen und Herren, dieser Erfolg ist wesentlich der zielstrebigen Arbeit meines Vorgängers, unseres jetzigen Bundespräsidenten Dr. Lübke, zu verdanken.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist weitgehend sein Verdienst, die Agrarpolitik aus dem Wechselspiel der Tagessituation herausgeführt und sie auf ein langfristiges Ziel, nämlich auf die Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktionsgrundlagen, ausgerichtet zu haben.
    Von den Erfolgen dieser Bemühungen gibt vor allem die starke Steigerung der Produktivität Zeugnis, die auf Grund der Verbesserung der Produktionsgrundlagen durch die Maßnahmen der Bundesregierung und auf Grund der Rationalisierungsanstrengungen der Landwirtschaft selbst erreicht wurden. So konnten gegenüber den Vorkriegsjahren die Flächenerträge 1958 bei Getreide um rund 20 v. H., bei Rauhfutter um rund 25 v. H. bei Rüben um fast 40 v. H. gesteigert werden. Die Milchleistung je Kuh nahm im gleichen Zeitraum um mehr als 30 v. H. zu.
    Durch diese beachtlichen Produktionsverbesserungen bei der pflanzlichen und tierischen Erzeugung sowie auf Grund größerer Futtermitteleinfuhren und der Verringerung der tierischen Zugkäfte lag die Nahrungsmittelproduktion der westdeutschen Landwirtschaft 1958/59 fast 40 v. H. über dem Vorkriegsdurchschnitt. Diese Leistung ist um so erstaunlicher, als im gleichen Zeitraum die Zahl der Arbeitskräfte in der Landwirtschaft um rund ein Drittel abnahm.
    Durch diese gegenläufige Entwicklung — die Steigerung der Nahrungsmittelproduktion bei gleichzeitiger Verminderung des Arbeitskräftebesatzes — erhöhte sich die Arbeitsproduktivität je landwirtschaftliche Arbeitskraft beträchtlich. So wurden vor dem Kriege — 1935/38 — von einer landwirtschaftlichen Arbeitskraft rund 90 dz Getreidewert erzeugt; im Wirtschaftsjahr 1958/59 waren es bereits etwa 180 dz. Gemessen an der Nahrungsmittelproduktion hat sich also die Arbeitsproduktivität in der Landwirtschaft gegenüber der Zeit vor dem Kriege verdoppelt. Diese Leistung hält jeden Vergleich mit anderen Wirtschaftsbereichen aus. Ein solcher Vergleich, der sich an Hand des Bruttosozialprodukts ab 1950 durchführen läßt, zeigt sogar, daß die Arbeitsproduktivität je Arbeitskraft in der Landwirtschaft seither mit einer Zunahme um rund 64 v. H. etwa doppelt so stark angestiegen ist wie die durchschnittliche Arbeitsproduktivität der übrigen Wirtschaft. Meine Damen und Herren, diese Zahlen strafen die vielfach verbreitete Ansicht von der Rückständigkeit der Landwirtschaft Lügen.

    (Abg. Struve: Sehr richtig!)

    Sie geben Zeugnis von dem Willen und von den Anstrengungen der Landbevölkerung, den Einkommensabstand zur gewerblichen Wirtschaft durch echte Leistungsverbesserungen aufzuholen.
    Diese außergewöhnlich starke Steigerung der Arbeitsproduktivität hat erhebliche Investitionen, vor allem an arbeitsparenden und produktivitätsverbessernden Maschinen zur Voraussetzung gehabt. Die Investitionsausgaben der Landwirtschaft für Maschinen und Wirtschaftsgebäude haben im Wirtschaftsjahr 1956/57 erstmalig die Zwei-Milliarden-Grenze überschritten. Sie haben 1958/59 mit rund 2,6 Milliarden DM ihren bisherigen Höchststand erreicht. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich in der westdeutschen Landwirtschaft, um nur ein Beispiel zu nennen, die Zahl der Schlepper von 20 000 Stück vor dem Kriege auf 700 000 Stück Ende 1958, also um das 35fache erhöht. Gleichzeitig gingen die tierischen Zugkräfte um rund 40 v. H. zurück.
    Etwas mehr als die Hälfte der Investitionsausgaben diente in den letzten Jahren dem Ersatz abgeschriebener alter Maschinen und Geräte und Wirtschaftsgebäude. Der Rest sind Netto-Investitionen.
    Die Landwirtschaft hat diese Investitionen nicht aus eigener Kraft finanzieren können, sondern mußte hierfür in größerem Umfang Fremdkapital in Anspruch nehmen. Insgesamt ist das in der Landwirtschaft eingesetzte Fremdkapital im letzten Jahr auf rund 11 Milliarden DM angestiegen. In der Entwicklung der Fremdkapitalaufnahme zeichnet sich in den letzten beiden Wirtschaftsjahren insofern eine Verbesserung ab, als die Schuldenzunahme hinter den Netto-Investitionen zurückgeblieben ist. Die Kreditstruktur hat sich ebenfalls nicht ungünstig entwickelt. So ist der Anteil der kurzfristigen Verbindlichkeiten zugunsten der mittel- und langfristigen Kredite im letzten Jahre zurückgegangen.
    Auf Grund ihrer hohen Investitionsaufwendungen hat die Landwirtschaft heute je Arbeitskraft eine Kapitalausstattung erreicht, die die in der Industrie im Durchschnitt nicht unbeträchtlich übertrifft. Ein solcher Vergleich kann zwar wegen der großen Verschiedenheit zwischen den Wirtschaftsbereichen nur mit Vorbehalten vorgenommen werden. Es läßt sich aber feststellen, daß in der Landwirtschaft heute je Arbeitskraft etwa doppelt soviel Anlagekapital eingesetzt wird wie durch-



    Bundesminister Schwarz
    schisittlich im industriellen Bereich. Selbst wenn man Boden und Vieh, die in der Industrie keine Rolle spielen, außer Betracht läßt und nur das landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude- und Maschinenkapital berücksichtigt, ergibt sich je landwirtschaftliche Arbeitskraft immer noch eine etwa gleich hohe Kapitalausstattung wie in der Industrie.
    Wenn die landwirtschaftlichen Einkommen trotzdem noch hinter den Löhnen vergleichbarer gewerblicher Berufsgruppen zurückbleiben, so beruht dies darauf, daß das Anlagekapital in der Landwirtschaft wegen des saisonalen landwirtschaftlichen Produktionsrhythmus zum überwiegenden Teil nur zeitweise voll genutzt wird. So bleibt die Einsatzmöglichkeit der meisten Landmaschinen auf wenige Wochen oder sogar auf einige Tage des Jahres beschränkt. Die Kapazität der Gebäude wird — soweit sie Lagerraum sind — ebenfalls nur zeitweise voll in Anspruch genommen. Selbst der landwirtschaftliche Grund und Boden nimmt im Durchschnitt kaum während zweier Drittel des Jahres am Produktionsprozeß teil. Diese naturbedingte schlechte Ausnutzung des landwirtschaftlichen Betriebskapitals versucht die Landwirtschaft zwar durch Einsatz von Gemeinschafts- und Lohnmaschinen in verstärktem Umfang zu mildern; die Auslastung der Maschinen kann aber auch dadurch nur bis zu einem gewissen Grade verbessert werden.
    Die hohen Investitionsaufwendungen zur Rationalisierung der Betriebe wären ohne die günstige Entwicklung, die die Ertragslage der Landwirtschaft als Folge des Zusammentreffens umfangreicher Hilfsmaßnahmen mit guten Wachstums- und Ernteverhältnissen in den letzten Jahren genommen hat, nicht möglich gewesen. So sind die Verkaufserlöse der westdeutschen Landwirtschaft gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Milliarden DM auf rund 18,5 Milliarden DM im Wirtschaftsjahr 1958/59 angestiegen. Sie haben in den letzten Jahren stärker zugenommen als die Betriebsausgaben. Diese erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 0,8 Milliarden DM auf 13,7 Milliarden DM im Wirtschaftsjahr 1958/59. Damit verbesserte sich der Barüberschuß der Verkaufserlöse über die Ausgaben von 4,5 Milliarden DM 1957/58 auf 4,8 Milliarden DM in 1958/59. Dabei konnte die westdeutsche Landwirtschaft allein im Wirtschaftsjahr 1958/59 auf Grund der sofort wirksamen Maßnahmen der Bundesregierung Mehreinnahmen von rund 550 Millionen DM und eine Ausgabenersparnis von rund 700 Millionen DM, zusammen also 1,25 Milliarden DM, verzeichnen. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich vor allem um den Förderungszuschlag zum Milchauszahlungspreis, die Verbilligung des Handelsdüngers und des Dieseltreibstoffes sowie um den Fortfall der Umsatzsteuer auf der Erzeugerstufe und für Milcherzeugnisse auf der Stufe der Be- und Verarbeiter.
    Es erscheint mir angebracht, in diesem Zusammenhang kurz auf die Funktion dieser Direktmaßnahmen der Bundesregierung einzugehen. Es trifft nicht zu, daß diese rund 1,3 Milliarden DM, um die sich der Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben auf Grund der Sofortmaßnahmen der Bundesregierung erhöhte, nur eine momentane Einkommens-
    und Rentabilitätsverbesserung gebracht, jedoch nichts zur nachhaltigen Verbesserung der Rentabilitätsgrundlagen der Landwirtschaft beigetragen hätten. Meine Damen und Herren, ziehen Sie doch bitte in Betracht, daß die Landwirtschaft 1958/59 Investitionen in Höhe von 2,6 Milliarden DM vorgenommen hat und davon rund 1,8 Milliarden DM Investitionen aus eigener Kraft finanzierte. Dies wäre ohne die Direktmaßnahmen nicht möglich gewesen. Sie haben mithin die Betriebe erst in die Lage versetzt, umfassende Rationalisierungsinvestitionen vorzunehmen. Die vollen Auswirkungen dieser Investitionen werden sich erst in einigen Jahren zeigen. Ich glaube, daß diese Förderungsbeträge damit in den Betrieben einen zweckmäßigen Einsatz gefunden haben; denn der einzelne Landwirt in Zusammenarbeit mit seinem Berater weiß am allerbesten, wo ihn der Schuh drückt und wo Investitionen am vordringlichsten sind.
    Die Rationalisierungsanstrengungen der Betriebe haben in der Entwicklung des landwirtschaftlichen Einkommens deutlich ihren Niederschlag gefunden. So stieg im Durchschnitt der im Grünen Bericht untersuchten 8000 Testbetriebe der je Vollarbeitskraft „erzielte Lohn" von 2318 DM im Wirtschaftsjahr 1954/55 auf 3538 DM im Wirtschaftsjahr 1958/ 59 an. Das ist eine Zunahme um rund 1200 DM oder gut 50 v. H.
    Der Abstand zu den Löhnen vergleichbarer gewerblicher Berufsgruppen betrug im Wirtschaftsjahr 1954/55, also vor dem Wirksamwerden der Grünen Pläne, noch etwa 34 v. H. Er ist auf Grund dieser Einkommensentwicklung im Wirtschaftsjahr 1958/59 im Bundesdurchschnitt auf 24 v. H. zurückgegangen. Mit dem gleichen prozentualen Abstand liegen heute die Landarbeiterlöhne noch hinter dem Vergleichslohn gewerblicher Arbeitskräfte zurück.
    Ohne die bereits vorhin angesprochenen Direktmaßnahmen der Bundesregierung hätte sich der Einkommensabstand zwischen Industrie und Landwirtschaft nicht verringert. Er läge dann heute noch bei etwa 36 v. H.

    (Unruhe.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich darf nochmals bitten, die Privatgespräche etwas zurückzustellen, damit sich der Redner durchsetzen kann.

(Beifall.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Schwarz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Von diesem Durchschnitt weichen die Ergebnisse in den verschiedenen Betriebsgruppen natürlich mehr oder weniger stark ab. So wird der Vergleichslohn von den in den größeren Hackfruchtbaubetrieben mit günstigen Produktions- und Absatzbedingungen erzielten Einkommen heute in der Regel erreicht oder sogar schon überschritten. Demgegenüber erreichen viele kleinere Betriebe der extensiveren Futterbausysteme, vor allem in den produktions- und absatzmäßig ungünstigeren Mittelgebirgslagen, nur eine sehr unzureichende Deckung des Vergleichslohns. Bei Ansatz eines Zinsanspruchs in Höhe von 3 1/3 v. H.



    Bundesminister Schwarz
    des Aktivkapitals verhält. sich der Flächenanteil der Betriebe mit unterschiedlicher Deckung des Vergleichslohnes im einzelnen wie folgt: Die volle Deckung des Vergleichslohns haben im Jahre 1956/57 nur 2,8 v. H., im Jahre 1957/58 schon 6,4 v. H. und im vergangenen Wirtschaftsjahr 7,1 v. H. der Betriebe erreicht. Zu 80 bis 100 v. H.: damals 10,4 v. H., dann 18,5 v. H. und nunmehr 26,1 v. H. Zu 60 his 80 v. H.: 66,8 v. H., dann 63,6 v. H. und schließlich 57,7 v. H. Also die schlechtere Gruppe fällt bereits ab im Gegensatz zu den vorhergehenden ansteigenden Gruppen. Diejenigen, die unter 60 v. H. in der Deckung des Vergleichslohns liegen und die 1956/57 20 v. H. ausmachten, fielen auf 12,0 v. H. und nunmehr auf 9,1 v. H.
    Wenn auch die Masse der Betriebe nur eine Vergleichslohndeckung zwischen 60 und 80 v. H. aufweist, so zeigt sich doch, daß der Anteil der Betriebe mit einer vollen oder annähernden Dekkung des Vergleichslohnes in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Auf der anderen Seite verringerte sich der Flächenanteil der Betriebe mit einem sehr unzureichenden Einkommen erheblich.
    Die günstige Entwicklung der landwirtschaftlichen Ertrags- und Einkommenslage in den beiden letzten Jahren wird sich im laufenden Wirtschaftsjahr 1959/60 nicht fortsetzen. Infolge der außergewöhnlichen Trockenheit 1959 ergeben sich, insbesondere bei Rauhfutter und Zuckerrüben, beträchtliche Ertragsminderungen. Die Kartoffelernte entsprach etwa der geringen Vorjahrsernte. Nur die Getreideernte kann als gut bezeichnet werden.
    Trotzdem ist für 1959/60 auf Grund höherer Verkaufsmengen bei den tierischen Produkten und geringer Preiserhöhungen bei Rindern und Schweinen noch mit einer Zunahme der Verkaufserlöse der Landwirtschaft um rund 500 Millionen DM auf etwa 19 Milliarden DM zu rechnen.
    Die Betriebsausgaben werden sich nach den bisher verfügbaren Unterlagen um rund 800 Millionen DM auf 14,5 Milliarden DM erhöhen. Sie steigen damit stärker an als die Verkaufserlöse, so daß der Landwirtschaft im Wirtschaftsjahr 1959/60 mit rund 4,5 Milliarden DM ein um etwa 300 Millionen DM geringerer Barüberschuß zur Verfügung steht als im Vorjahr. Die Erhöhung der Betriebsausgaben im Wirtschaftsjahr 1959/60 ist vor allem durch die stark vermehrten Futtermittelzukäufe zum Ausgleich für die schlechte Rauhfutter- und Hackfrucht-ernte bedingt.
    In der Ertrags- und Einkommenslage der Landwirtschaft werden sich 1959/60 regional erhebliche Unterschiede ergeben. Ganz allgemein waren die Dürreschäden in Nordwestdeutschland größer als in Süddeutschland. Insbesondere muß in den nordwestdeutschen Futterbaubetrieben und den Betrieben mit stärkerem Zuckerrübenbau mit rückläufigen Einkommen gerechnet werden.
    In den meisten süddeutschen Betriebsgruppen, insbesondere in den Betrieben mit stärkerem Getreidebau, wird sich demgegenüber voraussichtlich 1959/60 noch ein Anstieg des Einkommens gegenüber dem abgelaufenen Wirtschaftsjahr ergeben.
    Im Durchschnitt des Bundesgebietes aber wird die Einkommensentwicklung in der Landwirtschaft 1959/60 nicht dem Anstieg des Lohnes vergleichbarer Berufsgruppen entsprechen, so daß sich der Einkommensabstand zwischen Industrie und Landwirtschaft im laufenden Wirtschaftsjahr wieder vergrößern dürfte.
    Es wäre aber nicht richtig, die auf Grund der außergewöhnlich ungünstigen Witterung 1959 wieder ungünstigere Einkommenslage des Wirtschaftsjahres 1959/60 überzubewerten. Ebensowenig sollten natürlich die günstigen Ertrags- und Einkommensverhältnisse der beiden letzten Wirtschaftsjahre überbewertet werden. Sie sind dem Zusammentreffen verstärkter Förderungsmaßnahmen mit besonders vorteilhaften Wachstums- und Erntebedingungen zu verdanken. Entscheidend ist vielmehr die Einkommensentwicklung über einen längeren Zeitraum, die im ganzen gesehen ein relativ günstiges Bild zeigt.
    Besondere Sorgen bereitet uns die Einkommensentwicklung in den Betrieben, die unter größeren strukturellen Erschwernissen zu wirtschaften haben.
    Bei den Betrieben mit besonders unbefriedigender Einkommenslage handelt es sich durchweg um Betriebe aus den stärker strukturgeschädigten Gebieten der Bundesrepublik.
    Dank des weitsichtigen Strukturprogramms konnte nach dem Kriege bereits eine Fläche von rund 1 Million ha flurbereinigt werden. Die heute noch in der Dringlichkeitsstufe I umlegungsbedürftigen Flächen umfassen im Bundesgebiet etwa 3,9 Millionen ha. Durch verstärkte Bemühungen auf diesem Gebiet muß es uns gelingen, bis zum vollen Wirksamwerden der EWG-Verträge zumindest diese dringend umlegungsbedürftigen Flächen zu sanieren, damit dann eines der schwerwiegendsten Hindernisse bei der Rationalisierung der Betriebe beseitigt ist.
    Neben der starken Flurzersplitterung ist in diesen Notstandsgebieten außerdem die geringe Größe zahlreicher Betriebe die Ursache einer unbefriedigenden Einkommenslage. Dank der Agrar- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zeichnet sich aber auch bereits hier eine günstige Entwicklung der Betriebsgrößenstruktur ab. So haben Zahl und Fläche der Betriebe im mittleren Größenbereich zwischen 10 und 100 ha in den letzten 10 Jahren um rund 8 v. H. zugenommen; die stärksten Zunahmen waren dabei im Bereich der bäuerlichen Familienbetriebe von 10 bis 20 ha zu verzeichnen. Dieser Zuwachs an Betrieben kam vor allem aus dem kleinbäuerlichen Bereich, in dem zahlreiche Bauern ihren Betrieb auf eine lebensfähige Größe aufstocken konnten. Die hierzu erforderlichen Flächen kamen überwiegend aus Nebenerwerbs- und Grenzbetrieben, deren Inhaber die Landwirtschaft neben einem anderen Hauptberuf betrieben und mit der Verbesserung der gewerblichen Einkommen ihren Betrieb zum Teil oder ganz aufgegeben haben.
    Wir bejahen diese Entwicklung, weil diese Nebenerwerbslandwirte, die in der Regel wegen arbeits-

    Bundesminister Schwarz
    mäßiger Überlastung ihre Flächen nicht mehr selbst bewirtschaften wollen, durchweg ihren Wohnsitz beibehalten und dadurch, daß sie vom Selbstversorger zum kaufkräftigen Nachfrager geworden sind, wesentlich zur wirtschaftlichen Erschließung des Dorfes beitragen. Diese Entwicklung hat auf der anderen Seite vielen hauptberuflichen Landwirten mit einer unzureichenden Betriebsgröße die Möglichkeit eröffnet, durch Zukauf oder Zupacht von Flächen ihre Existenzbasis zu erweitern.
    Meine Damen und Herren! Sie haben nun die Ergebnisse des Grünen Berichtes mit seinen Feststellungen über die Betriebsergebnisse und die landwirtschaftliche Einkommenslage für das abgelaufene landwirtschaftliche Wirtschaftsjahr gehört. Nunmehr darf ich ihnen berichten, was die Bundesregierung zur Erreichung der Ziele des Landwirtschaftsgesetzes getan hat und was sie im bevorstehenden Wirtschaftsjahr zu tun gedenkt.
    Darüber, was wir alles in der Vergangenheit gemacht und getan haben, möchte ich mich möglichst kurz fassen. Ich kann Ihr Einverständnis dieserhalb erbitten, weil diese Maßnahmen wiederholt auch während des abgelaufenen Jahres in diesem Hohen Hause, besonders in seinen zuständigen Ausschüssen, ausführlich erörtert wurden. Ein solcher rückschauender Bericht würde Ihnen deshalb wenig Neues bringen. Im übrigen bin ich bei meinem Bericht über die Lage der Landwirtschaft bereits auf die Maßnahmen der Bundesregierung eingegangen. Das habe ich besonders dort getan, wo diese Lage offensichtlich durch diese Maßnahmen beeinflußt wurde. Wichtiger erscheint mir, daß ich Ihnen ausführlicher sage, was wir künftig tun wollen und welche Überlegungen wir dabei anstellen. Ich habe daher die Bitte an Sie, daß Sie, ebenso wie ich, Ihre Betrachtung mehr der Zukunft als der Vergangenheit zuwenden wollen, auch wenn Sie die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung kritisch betrachten wollen, was selbstverständlich Ihr gutes Recht und vielleicht auch Ihre Pflicht ist. Für Ihre Anmerkungen zum Vergangenen würde ich bei meiner noch kurzen Amtsperiode ja ohnehin nicht der richtige Adressat sein.
    Lassen Sie mich zur Vergangenheit aber das eine für die Bundesregierung, für meine Vorgänger und für mich in Anspruch nehmen, daß mit großem Ernst und vieler Mühe alle zusammengewirkt haben und ihr Bestes taten, um die Ziele des Landwirtschaftsgesetzes zu verwirklichen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In diesem Bemühen werden wir auch nicht erlahmen. Natürlich müssen wir aus der Vergangenheit lernen und versuchen, es immer noch besser zu machen. Inwieweit mir das gelingt, das wird wesentlich von der Resonanz und der positiven Kritik abhängen, die meine Vorschläge, insbesondere zum Grünen Plan, in diesem Hohen Hause finden werden.
    Ehe ich Ihnen nun den Grünen Plan, der Ihnen soeben als Drucksache vorgelegt wurde, erläutere, erscheint es mir erforderlich, etwas über den Zusammenhang zwischen dem Grünen Bericht der Bundesregierung über die Lage der Landwirtschaft gemäß § 2 des Landwirtschaftsgesetzes und dem Grünen Plan gemäß § 5 des Landwirtschaftsgesetzes zu sagen.
    Selbstverständlich besteht zwischen beiden ein enger sachlicher Zusammenhang. Dieser Kausalzusammenhang bedeutet aber nicht einen schematischen zwangsläufigen Automatismus in dem Sinne, daß die Art und der zahlenmäßige Umfang der Maßnahmen des Grünen Plans sich aus dem vielfältigen Zahlenwerk des letzten Grünen Berichts unmittelbar ableiten lassen. Dann wäre die Aufstellung des Grünen Plans und anderer agrarpolitischer Maßnahmen nur eine Rechenaufgabe. Wenn das so wäre, würde zur Aufstellung und Gestaltung des Grünen Plans weder eine Bundesregierung noch ein verantwortlicher Ernährungsminister benötigt werden. Man könnte dann die Lösung einer solchen Rechenaufgabe einem Elektronengehirn überlassen. Automation mag sehr fortschrittlich sein. Aber für agrarpolitische Entscheidungen paßt sie nun einmal nicht! Eine automatische Ableitung der agrarpolitischen Maßnahmen aus dem Grünen Bericht findet auch im Landwirtschaftsgesetz keine Stütze. Die Bundesregierung hat die Art dieses Kausalzusammenhangs gründlich geprüft. Sie hat hierbei insbesondere die Erfahrungen mit fünf Grünen Berichten und Grünen Plänen berücksichtigt und vertritt folgende Auffassung:
    § 5 des Landwirtschaftsgesetzes verpflichtet die Bundesregierung, sich zu äußern, welche Maßnahmen sie zur Durchführung der Ziele des Landwirtschaftsgesetzes getroffen hat oder zu treffen beabsichtigt. Diese Ziele des Landwirtschaftsgesetzes sind: Nachteile gegenüber anderen Wirtschaftsbereichen auszugleichen, die Produktivität zu steigern und die soziale Lage der landwirtschaftlichen Berufstätigen an andere Berufe anzugleichen.
    Diese vielfältigen und komplexen Zielsetzungen zum Wohle eines ganzen Berufsstandes mit vielen hunderttausend Betrieben verschiedenster Gestalt und Lage kann man nicht mit nur rechnerisch abgeleiteten Maßnahmen verwirklichen. Das wäre wirklichkeitsfremd.
    Es bedarf unter Wägung der Tatbestände sorgfältiger und verantwortungsbewußter Überlegungen und Entschlüsse der Bundesregierung, um die jeweils geeignetsten Maßnahmen zu finden und ihren Umfang zu bestimmen.
    Natürlich fußen diese Überlegungen zunächst auf dem Grünen Bericht des letzten Jahres. Aber eine letzten Endes noch wesentlichere Grundlage als die isolierte Betrachtung des letzten Grünen Berichts ist die Erkenntnis der längerfristigen Entwicklung der Einkommenslage der landwirtschaftlichen Betriebe, wie sie sich aus der Gesamtheit aller bisherigen Grünen Berichte abzeichnet. Schließlich muß die Bundesregierung berücksichtigen, daß die Maßnahmen des neuen Grünen Plans für die Landwirtschaft im günstigsten Falle ein Jahr nach dem Berichtszeitraum einkommenswirksam werden. Bei zahlreichen längerfristigen Maßnahmen tritt diese Wirkung in einem noch späteren Zeitraum ein. Aus diesem



    Bundesminister Schwarz
    Grunde muß die Bundesregierung sich ein Bild auch von der voraussichtlichen Entwicklung für die Zeit machen, in welcher die Maßnahmen des Grünen Plans sich auswirken. Deshalb wird auch im Grünen Bericht dem vorausschauenden Teil, der fundierte Vorschätzungen der Einkommensentwicklung enthält, von Jahr zu Jahr ein größerer Raum gewidmet.
    Soviel über den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen Grünen Berichten und Grünen Plänen!
    Nun zum Grünen Plan 1960 selber.
    Ich bin in der Lage, Ihnen einen Grünen Plan vorzulegen, dessen Gesamtvolumen trotz gewisser Vorbelastungen letzten Endes für die Ziele des Landwirtschaftsgesetzes höhere Mittel enthält als im Vorjahr. Dies geschieht bei gleichzeitiger Aufstockung des Normalhaushalts für den Ressortbereich der Ernährung und Landwirtschaft. Dies ist besonders deshalb beachtlich, weil der Bundeshaushalt sich „am Rande des Defizits" bewegt. Das hätte die Bundesregierung nicht tun können, wenn sie nur rückschauend gerechnet hätte.
    Die vorhin erwähnte Vorschau auf die Einkommensentwicklung der Landwirtschaft und die von der gemeinsamen Agrarpolitik der EWG überlagerte Zukunft sowie die daraus resultierenden Aufgaben sind bei der Entscheidung der Bundesregierung voll berücksichtigt worden.
    Ich habe diese Fragen etwas ausführlicher behandelt. Hiermit wollte ich Ihnen, meine Damen und Herren, ein wenig ins Bewußtsein rufen, daß die Wege, zu einem nicht strittigen Ziel zu gelangen, sehr verschieden aussehen können, je nachdem, ob man als Regierungsmitglied einen Beschluß des Kabinetts herbeiführen und für ihn die volle politische Verantwortung übernehmen muß oder ob man als Landwirt oder Verbraucher an die Bundesregierung seine besonderen Wünsche heranträgt.
    Der Grüne Plan des Vorjahres umfaßte 1341 Millionen DM. Ein entsprechender Betrag wurde vorsorglich auch in den Haushalt dieses Jahres pauschal eingestellt. Der Ihnen nun vorgelegte endgültige Entwurf des Grünen Plans sieht eine um 130 Millionen DM höhere Endsumme vor. Bei einem Vergleich mit dem Vorjahr muß jedoch berücksichtigt werden, daß in Höhe von 97,5 Millionen DM Umgruppierungen zwischen Normalhaushalt und Grünem Plan erfolgt sind. Es handelt sich bei dieser Umgruppierung um Verpflichtungen, die in früheren Jahren durch Maßnahmen der Grünen Pläne entstanden sind. An der sachlichen Berechtigung, diese Ausgaben in den Grünen Plan einzusetzen, kann nicht gezweifelt werden. Die Erwähnung dieses Vorganges ist aber erforderlich, um bei einem zahlenmäßigen Vergleich mit dem Vorjahre keine Irrtümer zu erwecken.
    Eine echte Aufstockung des Volumens des Grünen Planes — auch bei Berücksichtigung der Umgruppierung — verbleibt auf jeden Fall noch in der Höhe von 30 Millionen DM, und zwar für die Altershilfe. Im Vorjahr mußten über die dafür ursprünglich vorgesehenen 20 Millionen DM hinaus erhebliche Beträge für Aufwendungen für die Altershilfe aus dem Grünen Plan entnommen werden. Das war dank der Übertragung von Resten 1958 durch den Bundesfinanzminister in Höhe von 40 Millionen DM möglich. In diesem Jahr wird die Entnahme hierfür auf 30 Millionen DM begrenzt. Um dies zu ermöglichen, wird der ohnehin verstärkte Ansatz für Strukturmaßnahmen nochmals um 30 Millionen DM erhöht. Sollte nach Verabschiedung der Novelle zum Altershilfegesetz ein höheres Defizit verbleiben, so müßte über dessen Deckung noch Beschluß gefaßt werden.
    Hier ein kurzes Wort zur Altershilfe. Bei ihr handelt es sich nicht um eine Angelegenheit der Sozialversicherung, sondern um eine auf den bäuerlichen Bereich beschränkte Aufbesserung des Altenteils. Sie dient, entsprechend der Forderung des Landwirtschaftsgesetzes, der sozialen Besserstellung der in der Landwirtschaft tätigen Menschen. Zu ihnen gehören zweifellos auch noch die Altenteiler. Hinzu kommt der unbestreitbare — in diesem Hause auch wiederholt betonte — agrarstrukturelle Effekt, den das Altershilfegesetz bisher schon gehabt hat und auch in der Zukunft haben wird. Aus diesen Gründen können Bedenken gegen die Deckung des Defizits der Alterskassen aus den in der vorgenannten Weise bereitgestellten besonderen Mitteln innerhalb ides Grünen Planes wohl nicht mehr erhoben werden.
    Bei Berücksichtigung aller vorgenannten Umstände ist unbestreitbar, daß sowohl die Aufwendungen des Grünen Planes für sich betrachtet als auch die Gesamtaufwendungen des Bundes für den Agrarsektor nicht verringert, sondern erhöht worden sind. Diese Erhöhung, die sich bei zusammenfassender Betrachtung mit dem Normalhaushalt ergibt, erfolgte im Hinblick auf die Ziele des Landwirtschaftsgesetzes. Ohne das Verständnis des Herrn Bundeskanzlers und die bereitwillige Mitwirkung des Herrn Bundesministers der Finanzen sowie meiner übrigen Kabinettskollegen wäre dies nicht erreicht worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich darf in diesem Zusammenhang auch die Angriffe zurückweisen, die in jüngster Zeit gegen meinen Kollegen Etzel vorgebracht worden sind. Obschon bereits im Oktober 1959 die schwierige Situation der Bundesfinanzen allgemein bekannt war, hat Herr Kollege Etzel uns schon damals den alten Betrag in Höhe von 1,341 Milliarden DM ohne Zögern zur Verfügung gestellt. Dies, obwohl ich damals noch nicht in der Lage war, ihm genau zu sagen, welche Feststellungen der Grüne Bericht treffen würde. Ich konnte damals auch noch nicht sagen, wie ich mir die Verausgabung der Mittel denke und wie die Vorausschau für das Jahr 1960 sein wird. Es ist daher unfair, Herrn Kollegen Etzel dafür, daß er diesen Betrag schon so früh eingesetzt hat, nun mit der Begründung zu tadeln, daß dadurch der Kausalzusammenhang zwischen dem Grünen Bericht und dem Grünen Plan nicht hinreichend gewahrt bleibe. Was hätte die Bundesregierung denn damals anderes tun sollen? Sollte ein großes Loch unbekannter Größe im Entwurf des Haushaltsplans entstehen? Das könnte doch wohl vernünftigerweise nicht erwartet werden. Es wäre ohnehin mit einer geordneten Verwaltung und Haushaltsgebarung wenig vereinbar.



    Bundesminister Schwarz
    Das, was wir mit den nun verfügbaren 1471 Millionen DM machen wollen, geht aus der Übersichtstabelle hervor, die Ihnen vorliegt.
    Sie werden sicher nicht erwartet haben, daß ich bei der Gestaltung des ersten Grünen Plans meiner Amtsperiode als Revolutionär oder als Bilderstürmer auftrete. Das um so weniger, als ich bereits frühzeitig erklärt habe, daß ich an den Grundprinzipien der bisherigen Agrarpolitik festhalten werde. Weder zu meinem Beruf noch zu meiner landsmannschaftlichen Herkunft würden sprunghafte Veränderungen passen. Ähnlich wie die Landwirtschaft selber kann auch der Grüne Plan nur organisch und allmählich umgestaltet werden. Immerhin habe ich einige Veränderungen und Ergänzungen vorgenommen. Andere Ergänzungen habe ich mir für den Grünen Plan 1961 aufgespart, der wegen der Verschiebungen im künftigen Haushaltsjahr besonders frühzeitig vorbereitet werden muß.
    Beim Grünen Plan 1960 habe ich mich von dem Bemühen leiten lassen, noch mehr für die Bedürfnisse derjenigen bäuerlichen Kreise zu tun, die vielleicht nicht bei allen Maßnahmen so in den Genuß aller Hilfen gekommen sind, wie es uns am Herzen liegt. Ich habe daher vor allem die Strukturmaßnahmen weiterhin wie im Vorjahr verstärkt. Wir kommen an der Tatsache nicht vorbei, daß den strukturkranken Betrieben durch preis- und steuerpolitische Maßnahmen nicht nachhaltig geholfen werden kann. Solche Betriebe können moderne Maschinen nicht rationell einsetzen und sind deshalb mit hohen Arbeitskosten belastet. Sie haben dar) über hinaus nur relativ geringe Marktleistungen aufzuweisen. Umfangreiche strukturelle Hilfen sind daher erforderlich, um diesen Betrieben zunächst überhaupt die gleichen Startbedingungen zu verschaffen wie den strukturgesunden Betrieben.
    Wenn wir mit einer möglichst großen Zahl betriebswirtschaftlich und strukturell gesunder Betriebe in die neue Zeit der EWG hineingehen, dann haben wir damit zugleich die beste Gewähr dafür, daß die Landwirtschaft im Wettbewerb mit den übrigen EWG-Ländern nach Ablauf der vorgesehenen Übergangsfrist ihre Chancen wahrnehmen kann.
    Bei den Strukturmaßnahmen erfahren die Mittel für den Wirtschaftswegebau eine überdurchschnittliche Verstärkung um 15 Millionen DM. Diese Maßnahmen haben sich in besonderem Maße als notwendig erwiesen und bewährt.
    In der Ihnen vorliegenden Tabelle finden Sie unter den Strukturmaßnahmen erstmalig eine Position „Regionale Strukturmaßnahmen" und hierbei als Untertitel ein „Schwerpunktprogramm EifelWestpfalz". Bei diesem Schwerpunktprogramm handelt es sich um eine Regionalmaßnahme, deren Durchführung durch das Zusammentreffen verschiedener Umstände geboten erschien. Einer dieser Umstände war, daß diese Gebiete durch die Kriegsereignisse sehr stark in Mitleidenschaft gezogen worden waren. Diese Position bitte ich — um Irrtümern vorzubeugen — nicht als den Beginn der Auflösung der allgemeinen agrarpolitischen Maßnahmen in regionale Sonderaktionen zu betrachten.
    Ich sehe durchaus die besonderen Schwierigkeiten in bestimmten Gebieten. Ich bin mir auch klar, daß etwas Zusätzliches für die Mittelgebirgsbauern, die ungünstige Produktionsbedingungen haben, getan werden muß. Damit soll unverzüglich begonnen werden. Ich werde deshalb prüfen, in welchem Umfange bei einzelnen Positionen des Grünen Planes, z. B. beim Handelsdünger, hierfür bereits im Jahre 1960 Mittel freigemacht werden können, um sie für derartige gezielte Maßnahmen einzusetzen. Diese Maßnahmen sollen im Jahre 1961 verstärkt fortgesetzt werden.
    Es muß im übrigen aber in erster Linie Aufgabe der Länder sein, die vielgestaltigen und umfangreichen Hilfen des Bundes innerhalb des Landes verstärkt in den besonders bedürftigen Gebieten — und dazu gehören die Gebirgslagen — einzusetzen. In die Durchführung dieser Hilfsmaßnahmen sind die Länder maßgeblich eingeschaltet. Das ist zwar bei den Globalmaßnahmen in der Regel nicht möglich. Möglich ist es jedoch bei allen gezielten Maßnahmen, besonders dem weiten Gebiet der Strukturmaßnahmen. Ich werde bei der Neufassung der Durchführungsrichtlinien diese so ergänzen, daß auf eine solche Schwerpunktbildung in den Ländern hingewirkt wird. Die Länder möchte ich nicht aus ihrer vollen Verantwortung für den regional richtigen Einsatz der Mittel innerhalb des Landes nach Maßgabe meiner Richtlinien entlassen.
    Soweit die Mittel kontingentiert werden, kann auch die Kontingentsbemessung diesem Ziel nutzbar gemacht werden.
    Die Mittel für die Ausbildung und Beratung wurden um weitere 10 % erhöht. Hierfür hätte ich gern noch mehr getan!
    Wie die bereits eingangs erwähnten Sonderuntersuchungen für den Grünen Bericht ergeben, stehen Wissen und Können mit dem Wirtschaftserfolg in einem deutlich erkennbaren Zusammenhang. Eine bessere Allgemeinausbildung erschließt der Landbevölkerung größere berufliche Möglichkeiten. Sie eröffnet ihr den heute notwendigeren tieferen Einblick in die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge. Für eine unternehmerische marktorientierte Landwirtschaft ist dieser Einfluß zur Wahrnehmung ihrer Möglichkeiten unentbehrlich geworden.
    Die Möglichkeiten einer weiteren Einkommensverbesserung durch Produktionssteigerung in den vor uns liegenden Jahren wird aller Voraussicht nach geringer sein als in den zurückliegenden. Um so mehr wird es deshalb darauf ankommen, die Verbesserung der Einkommenssituation durch eine Senkung der Kosten zu erreichen. Die intensiven Rationalisierungsanstrengungen der Landwirtschaft zwecks Kostensenkung dürfen aber nicht illusorisch gemacht werden durch Gewinnthesaurierung in anderen Wirtschaftsbereichen oder durch allgemeine Erhöhungen des Kostenniveaus durch Konjunkturüberhitzung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun zur Milch! Die Milchprämie wird wie bisher weiter gewährt. Der dafür vorgesehene Betrag soll nach den Besprechungen innerhalb der Bundesregie-



    Bundesminister Schwarz
    rung so ergänzt werden, daß die 3-Pfennig-Milchprämie nach Maßgabe der zur Zeit geltenden Richtlinien je kg Tbc-freier Milch aufrechterhalten werden kann. Für diese Aufrechterhaltung der Milchprämie habe ich überall volles Verständnis gefunden, da sie in besonderem Maße die viehstarken bäuerlichen Betriebe und die Grünland- und Futterbaubetriebe erreicht.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Was den Dünger betrifft, so war es in Anbetracht der gegen diese Maßnahme geltend gemachten Einwendungen selbstverständlich nicht ganz leicht, die Wünsche auf eine Beibehaltung des Gesamtansatzes zu erfüllen. Wenn dies trotz dieser Schwierigkeit gelungen ist und daneben die Mittel für einige andere Maßnahmen, die sich besonders im bäuerlichen Bereich bewährt haben, aufgestockt wurden, dann bitte ich die hierfür erforderlich gewordenen Anstrengungen und Entschlüsse der Bundesregierung in Anbetracht aller haushaltsmäßigen Schwierigkeiten gebührend zu würdigen. Mitbestimmend für die Beibehaltung des Ansatzes für die Düngerverbilligung war der Umstand, daß der Fortfall von Globalmaßnahmen dieser Art, wie aus dem Grünen Bericht zu erkennen ist, einen Einkommensausfall bewirken würde, der auf andere Weise z. Zt. und gerade in diesem Jahre noch nicht ausgeglichen werden könnte.
    Wenn ich allerdings in der Zukunft vor die Alternative gestellt würde, entweder den Milchauszahlungspfennig oder den Düngerverbilligungssatz zugunsten anderer Förderungsmaßnahmen zu senken, würde ich mich für die Aufrechterhaltung der Milchprämie in erster Linie einsetzen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich befinde mich hierbei in voller Übereinstimmung mit meinen Herren Kollegen, den Länderministern, mit denen ich diese Frage eingehend erörtert habe.
    Zu den kreditpolitischen Maßnahmen kann ich mich kurz fassen. Der Kapitalmarkt hat sich trotz gewisser Versteifungen als weiterhin ergiebig erwiesen. Bei verstärkter Investitionstätigkeit der Landwirtschaft blieb das Verhältnis zwischen Eigenkapital- und Fremdkapitaleinsatz gesund. Wir führen die Zinsverbilligung und ähnliche Kreditmaßnahmen so weiter, daß die Investitionsrate gehalten werden kann. Die Investitionstätigkeit der Landwirtschaft durch zusätzlich zu gewährende Anreize zu verstärkter Kreditaufnahme noch zu steigern, halte ich z. Zt. nicht für notwendig und auch nicht
    für vertretbar. Jede Forcierung der Kreditaufnahme und der Investitionstätigkeit, sei es auch nur durch Aufstellung großer Kredit- und Investitionsprogramme, halte ich im Augenblick für nicht geboten.
    Ich darf mich auf diese Bemerkungen zu den mir agrarpolitisch am wichtigsten erscheinenden Maßnahmen beschränken. Sie finden im Text, Teil B, zum Grünen Plan aber auch nähere Erläuterungen und Begründungen zu jeder einzelnen Position. Sollten die Erläuterungen in dem einen oder anderen Falle nicht ausreichend erscheinen, bin ich gern bereit, bei der kommenden Bundestagsdebatte ergänzende Auskünfte zu geben.
    Meine Damen und Herren! Zum fünften Male gibt damit die Bundesregierung über den Grünen Plan einen erheblichen Betrag für unsere Landwirtschaft. Es sind Steuergelder, mit denen wir helfend eingreifen wollen, um den Bestrebungen unserer bäuerlichen Betriebe, über Rationalisierung zu Gewinnen zu gelangen und kommenden Ereignissen trotzen zu können, zu entsprechen. Es ist nunmehr an der Landwirtschaft, auch ihrerseits das Äußerste zu tun, um mit diesen Mitteln das zu erreichen, was angestrebt wird. Nach dem, was ich Ihnen vortragen durfte und was wir als das Ergebnis der Grünen Pläne der letzten Jahre festgestellt haben, gehe ich in der Annahme nicht fehl, daß sich die Landwirtschaft dieser großen Aufgabe bewußt ist. Jeder Pfennig in den Betrieb! Jeder Pfennig mit Überlegung in die Rationalisierung! Aber auch jeder Pfennig, bei dem es nur irgendwie möglich ist, in die Ausbildung unserer Jugend, damit sie den gestellten Anforderungen auch entsprechen kann! Ich darf meiner Hoffnung noch einmal Ausdruck geben, daß die Gelder in diesem Sinne verwendet werden und damit das, was das Hohe Haus beschließt, sich eines Tages gut auszahlt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)