Rede von
Albert
Leicht
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Vortrag des Herrn Berichterstatters und die Ausführungen des Herrn Kollegen Jürgensen haben gezeigt, daß bei der Prüfung des Haushalts manche Fehler, Mängel und Unliebsamkeiten aufgetaucht sind, die einer Behandlung durch das Parlament wert sind. Kritik ist auch im Rechnungsprüfungsausschuß und von Kollegen aller Fraktionen im Haushaltsausschuß des Parlaments geübt worden. Wir können uns aber nicht bei dieser Kritik aufhalten. Wir müssen über diese Kritik hinaus unsere Aufgabe darin erblicken, daß Verstöße und Verfehlungen, wie sie vor allen Dingen auch in dem großen Schriftlichen Bericht besprochen worden sind, abgestellt werden. Nach dem, was hier erklärt worden ist, können wir feststellen, daß sich die Regierung bemüht hat, einen Teil der aufgezeigten Mängel abzustellen bzw. Abhilfe dort zu schaffen, wo der Ausschuß etwas beanstandet hat. Was die Post betrifft, so muß ich allerdings feststellen, daß die Auskunft, die der Herr Staatssekretär hinsichtlich der 375 000 DM Nachforderungen gegeben hat, nicht genügt. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, daß noch zwischen dem Postministerium und anderen Ressorts, u. a. mit dem Rechnungshof Streitigkeiten über Rechtsfragen im Gange sind, so daß der Vorbehalt so lange bestehenbleiben muß, bis diese Dinge geklärt sind.
Der Herr Staatssekretär des Landwirtschaftsministeriums hat die Erklärung abgegeben, daß er bzw. sein Haus dafür sorgen wird, daß solche Mißstände, wie sie hier aufgezeigt worden sind, nicht mehr eintreten werden. Ich persönlich bin geneigt, zu glauben, daß man diese Mißstände abstellen wird. Wir werden im Laufe der nächsten Zeit sehen, ob das der Regierung gelingen wird. Im übrigen darf ich feststellen, daß es bei der Durchführung von Haushaltsplänen überall Mängel gibt. Man sollte auch
aussprechen, daß das Gros unserer Beamten seine Arbeit so ausführt, daß wir keine Mängel feststellen können. Wir müssen im Gegenteil sagen, daß dieser Arbeit des Gros der Beamten Anerkennung gebührt. Das Parlament muß Lehren aus den dargestellten Mängel ziehen.
Herr Kollege Hermsdorf hat schon darauf hingewiesen, daß wir, je näher wir die Rechnungsprüfung der vergangenen Jahre an die Haushaltsberatungen der kommenden Jahre heranbringen, desto besser die Lehren, die wir daraus ziehen, bei den Beratungen der einzelnen Haushaltspläne in den kommenden Haushaltsjahren verwerten können. Wir haben z. B. bei der Prüfung der Rechnung 1955 festgestellt, daß in diesem Haushaltsjahr Reste in Höhe von 5650 Millionen DM übriggeblieben sind, das heißt, daß in dieser Höhe wirkliche Belastungen in diesem Rechnungsjahr entstanden waren bzw. —wenn diese Reste nachgefordert werden — in den nachfolgenden Rechnungsjahren aufgetreten sind. Sie wissen, daß das Problem der Reste auch bei der ersten Lesung dieses Haushalts wieder behandelt worden ist. Der Bundesfinanzminister hat sich bereit erklärt, Schritte zum Abbau der Reste einzuleiten.
Dann möchte ich mich noch kritisch mit den über-und außerplanmäßigen Ausgaben beschäftigen. Wenn man sie betrachtet, könnte man fast erschrekken. Im Jahre 1955 hatten wir bei einem Haushaltsvolumen von zirka 30 595 Millionen DM über- und außerplanmäßige Ausgaben in Höhe von 5176 Millionen DM, das sind ca. 17 % der Gesamtausgaben. Über- und außerplanmäßige Ausgaben in einer solchen Höhe müssen das Parlament sehr stark interessieren. Wenn 17 % der insgesamt bewilligten Mittel über- und außerplanmäßig ausgegeben werden, dann bedeutet das, daß bei großen Teilen der Ausgaben das Parlament überhaupt nicht weiß, für was die Mittel ausgegeben worden sind.
Ähnlich waren die Verhältnisse in den Jahren 1956, 1957 und 1958. 1956 hatten wir bei einem Haushaltsvolumen von 35 Milliarden DM rund 15 % über- und außerplanmäßige Ausgaben; 1957 betrugen die über- und außerplanmäßigen Ausgaben ca. 10 % und 1958 rund 13 %.
Der Haushaltsausschuß ist der Meinung, daß das Parlament die über- und außerplanmäßigen Ausgaben etwas mehr unter seine Kontrolle bekommen müsse. Er hat sich zusammen mit dem Finanzministerium bemüht, Vorschläge zu erarbeiten, nach denen es möglich sein wird, daß wir zumindest bei den größeren Posten erfahren, wofür über- und außerplanmäßige Ausgaben gemacht worden sind.
Ein weiterer Punkt, mit dem ich mich kurz beschäftigen möchte, sind die Sondervermögen. Es ist schon von dem Sondervermögen „Deutsche Bundespost" gesprochen worden. Weitere Sondervermögen sind die Deutsche Bundesbahn und das ERP-Sondervermögen. Wenn wir die Sache richtig sehen, dann müssen wir feststellen, daß das Parlament auf diese Sondervermögen sehr wenig Einfluß und kaum eine Kontrolle über sie hat. Vielleicht sollten wir uns einmal Gedanken darüber machen, wie das Parla-
Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 98, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. Januar 1960 5373
Leicht
ment eine Kontrolle über diese Sondervermögen erhalten kann.
Schließlich darf ich noch darauf hinweisen, daß die Abgrenzung der Zuständigkeiten besonders in den Kulturbereichen — hier Kulturangelegenheiten im Auswärtigen Amt, dort Kulturangelegenheiten im Bundesinnenministerium - und die Koordinierung der Förderungsmaßnahmen - wir finden solche Förderungsmaßnahmen in allen möglichen Haushalten — zwischen Bund, Ländern und privaten Einrichtungen überprüft werden muß, damit einmal die Übersicht wieder hergestellt wird, die unbedingt notwendig ist, wenn man diese Dinge auch nach außen hin wirksam vertreten und zeigen will, was auf diesen Gebieten getan wird.
Erfreulich ist es, daß sich die Bundesregierung bzw. die einzelnen Ressorts bemühen — das beweisen auch die Beratungen im Rechnungsprüfungsausschuß und im Haushaltsausschuß —, Mängel, die aufgezeigt worden sind, abzustellen. Wichtig scheint mir zu sein, daß das Parlament über diese Mängel, wo sie auftauchen, spricht und daß wir Parlamenta-her uns mehr als bisher um diese Dinge kümmern; ein kleiner Ausschnitt ist uns ja heute geboten worden. Nur dadurch können wir erreichen, daß der Bürger und Steuerzahler draußen ein Gefühl dafür bekommt und weiß, daß die Gelder, die er an den Staat abführt und die unbedingt notwendig sind, auch wirtschaftlich, sparsam und zweckentsprechend verwendet werden.
Ich darf Sie bitten, dem Antrag des Berichterstatters, der Bundesregierung die Entlastung zu erteilen, zuzustimmen.