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ID0309405700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 94. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1959 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Nieberg ...........5185 A Zur Tagesordnung Bauknecht (CDU/CSU) . . . . . . 5185 A Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zur Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) (Drucksache 1487) Dr. Arndt (SPD) . . . . . . . 5185 B Jahn (Marburg) (SPD) . . . . . . 5186 C Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung und Ergänzung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Drucksache 1486) Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 5187 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Preissteigerungen für Lebensmittel (Drucksache 1414) Bading (SPD) 5187 C, 5225 D Schwarz, Bundesminister . . . . 5190 B Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 5195 C Frau Strobel (SPD) . . . . . . . 5197 A Köhler (FDP) 5202 A Logemann (DP) . . . . . . . 5205 D Dr. Deist (SPD) . . . . . . . 5209 B Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . 5214 C Frau Keilhack (SPD) 5217 D Bauknecht (CDU/CSU) 5223 B Antrag der Abg. Struve, Dr. Pflaumbaum, Wehking u. Gen. betr. Trockenheitsschäden; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksachen 1204, 1479) Diekmann (SPD) . . . . . . . . 5226 C Antrag der Abg. Wilhelm, Bach, Ritzel, Schmitt (Vockenhausen) u. Gen. betr. Abgeltungsbetrag und Härteausgleichszahlung für Arbeiter, Angestellte und Beamte des öffentlichen Dienstes im Saarland; Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksachen 1453, 1484) Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . 5226 D Nächste Sitzung 5227 C Anlagen 5229 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1959 5185 94. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 11. 12. Frau Albertz 12. 12. Blachstein 12. 12. Brüns 12. 12. Dr. Bucerius 11. 12. Dr. Dahlgrün 11. 12. Dr. Dittrich 12. 12. Dopatka 11. 12. Eilers (Oldenburg) 11. 12. Engelbrecht-Greve 11. 12. Even (Köln) 11. 12. Gaßmann 11. 12. Gedat 12. 12. Geiger (München) 11. 12. Gewandt 12. 12. Dr. Gradl 12. 12. Dr. Greve 12. 12. Dr. Gülich 15. 12. Hahn 12. 12. Hansing 11. 12. Häussler 11. 12. Hilbert 15. 12. Jahn (Frankfurt) 15. 12. Keller 11.12. Kemmer 11.12. Frau Klemmert 11. 12. Dr. Kopf 11. 12. Kriedemann 12. 12. Kühlthau 11. 12. Lulay 31. 12. Maier (Freiburg) 15. 12. Margulies 11. 12. Mattick 11. 12, Neubauer 11. 12. Odenthal 11. 12. Prennel 12. 12. Rademacher 11. 12. Rasner 11. 12. Dr. Ratzel 11. 12. Richarts 11. 12. Scheel 11. 12. Dr. Schild 11. 12. Dr. Schmidt (Gellensen) 11. 12. Schneider (Hamburg) 11. 12. Schoettle 12. 12. Schütz (Berlin) 11. 12. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Starke 12. 12. Stenger 11. 12. Storch 11. 12. Theis 12. 12. Tobaben 11. 12. Walpert 11. 12. D. Willeke 12. 12. Winkelheide 11. 12. Dr. Winter 11. 12. Wittmer-Eigenbrodt 11. 12. Frau Wolff (Berlin) 11. 12. Anlage 2 Umdruck 451 Antrag der Fraktion der SPD zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Preissteigerungen für Lebensmittel (Drucksache 1414). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, die gestiegenen Ernährungskosten wieder zurückzuführen und die Stabilität der Lebenshaltungskosten zu sichern. Bonn, den 11. Dezember 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 452 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Preissteigerungen für Lebensmittel (Drucksache 1414) . Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag billigt die preissenkenden Maßnahmen, die von der Bundesregierung zur Überwindung der Dürrefolgen ergriffen worden sind, Er ersucht die Bundesregierung, auch weiterhin besorgt zu sein, daß die Lebenshaltungskosten den berechtigten Ansprüchen der Verbraucher und Erzeuger entsprechen Bonn, den 11. Dezember 1959 Dr. Krone und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich bitte, eine Frage zu stellen und nicht Ausführungen zu machen.


Rede von Heinrich Sander
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Die Frage kommt, Herr Präsident: Wer hat denn nun nach Ihrer Ansicht die Schuld an den überhöhten Gemüsepreisen?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Irma Keilhack


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Sander, ich habe hier weiter nichts gesagt, als daß das, was Sie im Ausschuß festgestellt haben, nicht stimmt. Sie haben uns im Außenhandelsausschuß gesagt — Sie wollten damit Ihre Ansicht begründen, daß der Zoll für Gemüsekonserven nicht ermäßigt werden dürfe —, daß Grobgemüse in ausreichender Menge und zu normalen Preisen zur Verfügung stehe. Nur von dieser Ihrer Behauptung habe ich gesprochen. Im übrigen, Herr Sander: ich habe das Verbraucherreferat im Wirtschafts- und im Ernährungsministerium nicht, und ich bin auch gar nicht in der Lage, die Verhältnisse bis ins kleinste zu übersehen. Ich bin der Meinung, daß Herr Minister Schwarz uns einmal Auskunft darüber gehen sollte. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das Grobgemüse, wenn es reichhaltig gewachsen ist und wenn der Import frei ist, 40 Pf statt 14 Pf pro Pfund kosten muß. Nur das wollte ich mit meinen Ausführungen sagen. Wir haben das Recht, von dem Herrn Minister eine Erklärung hierzu zu erbitten.
    Ich wollte Ihnen diese Preise einmal nennen, damit Sie eine Anschauung davon haben, um was es sich hier dreht, damit es keine ausdeutbare Diskussion gibt und man nicht später sagt: Ach Gott, das ist alles übertrieben. Das ist es wirklich nicht. Man kann auch nicht sagen, es handle sich nur um eine Preiszuspitzung im November 1959. Auch bis November 1958 hat es schon eine beträchtliche Preissteigerung gegeben. Es handelt sich also nicht nur um eine Tendenz in diesem Jahr.
    Da hier schon so viele Berichte des Bundeswirtschaftsministeriums zitiert sind, erlauben Sie mir, daß ich Ihnen noch eine Passage daraus vorlese. Das Bundeswirtschaftsministerium äußert in einem, im Bulletin vom 28. November 1959 veröffentlichten Bericht über die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik:
    Höhere Preise als im September erzielten die Landwirte vor allem für Gemüse und Obst; auch die Kartoffelpreise sind von ihrem hohen September-Stand aus im Oktober nochmals gestiegen. Gegenüber der gleichen Vorjahreszeit macht die Verteuerung der ebengenannten Waren 109 v. H., 55 v. H. und 32 v. H. aus.
    Diese Zahlen stellen zweifellos obendrein nur den Durchschnitt dar. Sie kennzeichnen nur die Veränderung der Preissituation vom vergangenen zu diesem Jahr. Ich habe Ihnen auch den Vergleich gegenüber 1957 gebracht, weil ich der Meinung bin, daß wir ein bißchen weiter zurückblicken sollten, um den Trend zu erkennen, auf den es in dieser Frage doch ankommt.
    Herr Minister Schwarz hat gesagt, wir sollten nicht suchen, wer schuld an diesen Dingen sei. Ich
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1959 5221
    Frau Keilhack
    bin nicht unbedingt darauf erpicht, einen Schuldigen zu suchen und ihn festzunageln. Aber wenn man etwas aus dem lernen will, was man falsch gemacht hat, muß man sich einmal ansehen, wer es falsch gemacht hat oder was unterlassen worden ist. Herr Minister Schwarz, die Dürre war tatsächlich bereits im Juni 1959 erkennbar. Der Beweis dafür liegt darin, daß bereits zu diesem Zeitpunkt dem Bundestag von Herrn Struve ein Antrag über die Abgeltung von Dürreschäden vorgelegt worden ist. Es wäre also möglich gewesen, schon damals ungefähre Ernteschätzungen vorzunehmen. Warum ließ man dann z. B. die Preise für Kartoffeln laufen, zumal Sie jetzt selber sagen, daß die Kartoffelpreise von irgendwelchen Kreisen, von denen ich annehme, daß Sie sie sehr genau kennen, spekulativ hochgetrieben sind. Herr Professor Erhard hat bei früheren Debatten immer von dem Dolch im Gewande gesprochen, den er brauche, um gewissen Dingen entgegenzutreten. Ich meine, Herr Minister Schwarz, Ihnen fehlt auch ein solcher Dolch im Gewande, und Sie sollten darüber nachdenken, ob Sie sich ihn nicht beschaffen können.
    Man kann wohl auch nicht alles, was Sie zur Einfuhr und zur Vorratslagerung gesagt haben, so hinnehmen, Herr Minister Schwarz. Ich erinnere an die schwierige erste Phase der Situation bei der Butter, als man schon sagte, die Buttermärkte seien für uns verschlossen. Ich weiß, daß damals Hamburger Importeure — mir ist nicht bekannt, ob sie besonders tüchtig sind — aus Australien laufend Butter beziehen konnten. Man konnte sie damals nicht loswerden — die Butterimporteure durften sie hier nicht hereinlassen — und hat sie deswegen nach Italien weitergeschleust. Als die Lage zu schlimm wurde und die Regierung den Butterpreis nicht mehr verantworten konnte, haben die gleichen Importeure die von ihnen nach Italien verkaufte Butter in Italien wieder aufgekauft, und zwar mit einem Aufschlag von 30 bis 40 %. Das ist doch wohl nicht sehr sinnvoll. Solche Dinge sollte man für die Zukunft verhindern.
    Herr Minister Schwarz, ich habe noch eine Sache, die vielleicht nicht ganz in die Butterbevorratungspolitik paßt, aber doch immerhin in den Rahmen der Debatte. Sie wissen, daß wir in Hamburg zeitweise in den Genossenschaften überhaupt keine Butter bekommen konnten und daß auch unsere Krankenhäuser keine Butter hatten. Da hat man in Hamburg gesagt: Beschafft uns wenigstens die von den Dänen angebotene Butter, damit wir in Hamburg ein gewisses Angebot haben. Darauf wurde gesagt: Nein, diese Butter dürft ihr nicht haben, das ist nämlich verpackte Butter, sie ist von den Dänen verpackt und mit allen Bezeichnungen ihrer Qualität versehen, und dänische Butter ist eine erstklassige Butter, wenn wir eine solche gute Butter hereinlassen, dann wollen die Leute, weil sie ja sehen, daß es dänische Butter ist, überhaupt nur noch dänische Butter haben, und das ist ein unlauterer Wettbewerb gegenüber der deutschen Butter.

    (Lachen bei der SPD.)

    Ich meine, daß das eine sehr schlechte Sache war.
    Sie haben sich nachher insofern bekehren lassen,
    Herr Minister — oder ich will lieber sagen: Ihr Referat —, als Sie wenigstens gestattet haben, diese Butter für die Krankenhäuser hereinzulassen, damit der größte Notstand beseitigt war. Aber ich glaube, man kann das als symptomatisch für die mangelhafte Bewältigung der Preis- und Versorgungssituation bezeichnen.
    Ich meine auch, daß Sie die Kartoffelspekulation nicht so weit hätten kommen zu lassen brauchen. Sie hätten ihr mit psychologischen Mitteln entgegentreten müssen. Sie haben gesagt: „man hat es hochgespielt". Sie hätten auch Futtergetreide hereinlassen sollen, damit die Bauern ihre Kartoffelernte, die übrigens im ganzen gar nicht so schlecht war — sie war nur gebietlich unterschiedlich —, an den Markt gegeben und nicht vielleicht für Fütterungszwecke bei sich gelagert hätten.
    Ich meine, daß man manche Dinge im Ministerium falsch macht, weil man sie so lange treiben läßt. Mit den Gemüsekonserven ist es jetzt ähnlich, Herr Minister Schwarz. Jetzt, wo es notwendig ist, durch Importe von zollfreien Gemüsekonserven korrigierend auf die Preissituation einzuwirken, geht die geballte Nachfrage der Importeure auf den internationalen Markt. Diese sind auch nicht so dumm und bieten uns das dann zu normalen Preisen an, sondern sie schleusen sie nach dem Wettbewerbsprinzip genau wie hier so hoch, daß sich dann Importgemüsekonserven fast nicht mehr lohnen, jedenfalls nicht vom Gesichtspunkt der Preisregulierung her.
    Ich darf auch noch einmal auf die Situation beim Gefrierfleisch kommen, Herr Minister Schwarz, gerade weil es bei ,diesen Produkten um Regulative für die Versorgungs- und Preissituation geht. Unsere Hamburger Genossenschaft, die außerordentlich groß ist, hat normalerweise 80 % ihres Rindfleisches als Gefrierfleisch verkauft. Sie hat jetzt allenfalls einen Anteil von 30%. Das muß sich natürlich preisverteuernd für die Käufer auswirken, denn jetzt fehlt das billigere Fleischangebot, was natürlich die Metzger dazu verführt, höhere Preise zu nehmen.
    Ich kann verstehen, daß Ihnen das auch nicht lieb ist. Aber ich glaube, es gibt eine ganze Menge Mittel. Es fehlt heute noch argentinisches Fleisch, das qualitativ besser und preislich billiger ist. Wenn man in den Läden heute Gefrierfleisch bekommt, dann ist es von Ihnen ausgelagertes, im Juli oder noch vorher zu relativ hohen Kosten eingelagertes Fleisch. Es ist qualitativ nicht so gut und obendrein teurer.
    Ich meine auch, Herr Minister Schwarz, daß man die Auslagerung von Fleischdosen nicht wochenlang ankündigen kann, ohne daß etwas folgt. Man hat mir gesagt: Vor Januar ist überhaupt nicht damit zu rechnen. Wenn das Fleisch jetzt nicht kommt, wo man vielleicht zu Weihnachten wieder eine neue Preiswelle befürchten muß, wenn es nicht in den vorigen Wochen auf die Handelsspannen drücken konnte, dann weiß ich nicht, ob es im Januar im Hinblick auf eine Preisregulierung noch großen Wert hat.
    5222 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1959
    Frau Keilhack
    Es gibt jedenfalls eine Fülle von Eingriffsmöglichkeiten, von denen nur ein ganz kleiner Teil angewendet worden ist. Ich darf nur hoffen — das möchte ich vor allen Dingen Herrn Minister Schwarz sagen, weil er durch unsere Anfrage im wesentlichen angesprochen ist —, daß diese Debatte dazu beiträgt, als eine besondere Art von Weihnachtsgeschenk für die Festtage auf jeden Fall wenigstens eine neue Preiswelle zu inhibieren. Sie ist, wie ich glaube, durch eine feste, unzweideutige Haltung der Regierung mit ebenso unmißverständlichen Maßnahmen der Regierung zu verhindern.
    Herr Minister Schwarz, der Verbraucher mußte seit dem Wiederaufbau unserer Wirtschaft seinen Buckel oft für all die Dinge hinhalten, die bei uns passieren, weil er über keine Kartelle oder über keine machtvollen Wirtschaftsverbände verfügt. Ihm sollte auf alle Fälle eine neue Preiswelle erspart werden; denn auf seinem Buckel, auf dem der Arbeitnehmer, ist doch der Wirtschaftsaufbau praktisch erfolgt. Er ist doch der Finanzier des sogenannten Wirtschaftswunders gewesen, weil die Preise zu hoch waren und die Löhne zu niedrig.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir brauchen uns darüber nicht mehr zu streiten. Es liegen genug Beweise dafür vor, Beweise in Form des neu geschaffenen riesigen Eigentums, an dem der Arbeitnehmer nicht partizipiert hat. Es handelt sich nur um ein Äquivalent, Herr Minister Schwarz, wenn Sie den Verbraucher jetzt dafür entschädigen, daß er die ersten Jahre mit dem hohen Preisniveau über sich hat ergehen lassen müssen, und ihm jetzt wirklich das Maß an Sicherung verschaffen, das überhaupt menschenmöglich ist. Damit Herr Dr. Bürgbacher mich nicht noch darauf anspricht, möchte ich hinzufügen, daß ich dabei die Relativität eines stabilen Preisniveaus durchaus einsehe. Ich meine vor allen Dingen die spekulative Preistreiberei. Es kann vor allem von diesem Gesichtspunkt aus gar nicht gegen die Landwirtschaft gemünzt sein. Ich bedaure sehr, daß die Bauern nicht mehr mit den Konsumenten gehen; denn nur eine solche Front schützt den Konsumenten gegen die spekulative Preisausbeutung und gewährleistet die gerechte Preisgestaltung, die die Landwirtschaft auch für sich fordern kann. Ich bin immer wieder erstaunt über die völlig falsche Frontstellung, die die Landwirtschaft einnimmt.
    Die Situation auf dem Gebiet der Buttererzeugung wird der Landwirtschaft doch wahrscheinlich schwer ins Portemonnaie gehen. Ich weiß, daß die Verbraucher zu 20 bis 40 % von der Butter zur Margarine abgewandert sind. Es fragt sich, ob jemals auch nur annähernd wieder eine solche Rückwanderung zur Butter erfolgt. Ich sehe schon den Zeitpunkt kommen, da wir uns im Ernährungsausschuß die Köpfe darüber zerbrechen, wie wir den 30%igen Anteil der Milchwirtschaft am landwirtschaftlichen Einkommen durch entsprechende Erhöhung des Trinkmilchverbrauchs oder durch einen verbesserten Butterabsatz erhalten können. Ich finde die jetzige Preispolitik auch für die Bauern außerordentlich unklug. Das trifft ebenso auf
    die Kartoffellage zu. Die Landwirtschaft selbst hat ja schon erklärt: Das sind spekulative Preise, die wir nicht wollen und die wir nicht brauchen; sie schaden uns nur. Deshalb sollte hier niemand von der Landwirtschaft aufstehen und diese Preise noch verteidigen.
    Die Bundesregierung müßte sich viel mehr Sorgen um das Recht des Verbrauchers machen. Sie allein hat nämlich die politischen, wirtschaftlichen und psychologischen Eingriffsmöglichkeiten, um den Verbraucher zu schützen. Es gibt eine ganze Menge Möglichkeiten. Ich ersehe hier z. B. aus einer landwirtschaftlichen Nachricht, daß sich die französische Regierung wirklich Sorgen um den Verbraucher macht. Dort steht - ich finde das geradezu beispielhaft —:
    Die Regierung hat ein ministerielles Preiskomitee gebildet, das jeden Dienstag unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten zusammentritt, um die Preisentwicklung zu prüfen und um eventuell binnenwirtschaftliche oder handelspolitische Sofortmaßnahmen zu treffen. Dazu gehören u. a. Zollsenkungs- und Einfuhrmaßnahmen. In der letzten Novemberwoche hat eine im ganzen Land von über 50 000 Verkaufsstellen durchgeführte sogenannte PreisBaisse-Aktion bei 51 Gebrauchsartikeln begonnen.
    Da hat es die Regierung also fertiggebracht, Erzeuger, Groß- und Einzelhändler zusammenzubringen, um etwas gegen die unberechtigten spekulativen Preisbewegungen tun zu können. Ich glaube, die französische Regierung hat sehr klug gehandelt. Frankreich hat ja besonders unter Preissteigerungen zu leiden. Aber auch wir leiden ganz außerordentlich darunter.
    Vielleicht können Sie sich auch einmal Gedanken darüber machen, Herr Minister Schwarz, was seit vielen Jahren in den USA mit Erfolg praktiziert wird. Ich denke an die normierten und standardisierten Waren, deren Qualität man kennt und die der Verbraucher deshalb natürlich auch zu einem ausgezeichneten Preisvergleich heranziehen kann.

    (Abg. Bauer — Wir haben das in einem solchen Maße nicht, Herr Bauer. Es wäre jedenfalls der Mühe wert, sich darüber Gedanken zu machen. Wir sollten alles tun, um das Preisklima ein bißchen zu verbessern. Herr Minister Schwarz, eine ganze Menge der Anstände, die wir nicht erst heute, sondern in sehr vielen Debatten bereits erhoben haben, dürfte darauf beruhen, daß wir in der Bundesrepublik kein Preisklima haben. Man denkt: Na, wenn das oben mit dem Groschen nicht so genau genommen wird, warum sollen wir das unten tun? Ich will zwei Beispiele anführen, die nur scheinbar scherzhaft sind, aber einen durchaus ernsten Hintergrund haben. Gestern traf ich eine Dame, die mir sagte: Ich kaufte mir vorgestern auf dem Markt einen kleinen Tannenzweig, vielleicht 40 cm lang, um eine Vase daDeutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1959 5223 Frau Keilhack mit zu füllen, dafür verlangte man 40 Pf; auf meine verwunderte Frage: 40 Pf für einen Tannenzweig? erklärte mir die Verkäuferin: Es ist doch alles teurer geworden. Eine zweite Sache: In der Kantine im Bundeshaus wurde gestern anschließend an das Essen Kuchen angeboten, halb so groß wie ein normales Stück, Butterkuchen, ein bißchen ausgetrockneter und auch sonst ein bißchen unansehnlicher, das Stück für 35 Pf. Diese beiden Beispiele, Herr Minister Schwarz, gehören zum Preisklima. Hier wird über den Daumen kalkuliert. Wir sollten uns mit aller Kraft — und ich hoffe, daß das ein Ergebnis dieser Debatte ist — dafür einsetzen, daß in der Bundesrepublik in allen Sparten der Wirtschaft, aber auch von der Bundesregierung her durch ihre Einfuhrund Vorratspolitik mit dem Pfennig gerechnet wird und daß das ernsthaft auch nach draußen sichtbar wird. Ich möchte Ihnen zum Schluß nur einen Ausspruch von Herrn Prof. Nell-Breuning mitteilen, der — von viel kompetenterer Seite — erhärten soll, was ich mit meinen Ausführungen sagen wollte. Herr Professor Nell-Breuning hat auf ein Interview über die Möglichkeiten „Wie hilft man dem schutzlosen Verbraucher?" folgendes gesagt: Die Produzenten haben in der Hauptsache immer nur e i n Interesse, das sie schützen müssen, und sie können darum ihre ganze Kraft darauf vereinigen. Die Verbraucher haben eine unübersehbare Vielzahl von Interessen zu verteidigen und müssen daher in einer sehr weitläufigen Front kämpfen. Er empfiehlt ihnen wegen ihrer Ohnmacht den Zusammenschluß zu Genossenschaften und machtvollen Verbraucherverbänden. Die Verbraucher aber sind schwer organisierbar, und es wird niemals einen machtvollen Verbraucherverband ähnlicher Art geben, wie es machtvolle Wirtschaftsverbände und Kartelle gibt. Ich glaube auch nicht, daß der Verbraucher allein durch Selbsthilfe aus seiner Ohnmacht herauskommt, obgleich ich meine, auch dazu könnte man mit Hilfe der öffentlichen Hand ein bißchen tun, vor allen Dingen durch eine bessere Verbraucheraufklärung. Der Verbraucher bedarf des ganz besonderen Schutzes der Politik, die die Regierung macht. Es tut mir leid, erklären zu müssen, daß eine solche verbraucherfreundliche Politik von der bisherigen Regierung und den bisherigen Ministern nicht demonstriert wurde. Meine Damen und Herren! Während die Rednerin gesprochen hat, haben sich bereits zwei weitere Redner gemeldet. Ich bitte die Fraktionsgeschäftsführer, zu besprechen, wie die Arbeit bis zu dem vom Ältestenrat vorgeschlagenen Zeitpunkt für die Beendigung der heutigen Tagesordnung, nämlich 14 Uhr, erledigt werden soll. Das Wort hat der Abgeordnete Bauknecht. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich mit Rücksicht auf den Vorschlag des Ältestenrats so kurz wie möglich fassen. Aber es sind in diesem Hause einige Ausführungen gemacht worden, die nicht unwidersprochen gelassen werden können. Ich möchte zunächst auf einige Ausführungen von Ihnen, Frau Keilhack, eingehen. Sie haben versucht, in einer sehr maßvollen Art und Weise die Dinge vorzutragen, und ich habe durchaus Verständnis dafür, wenn Sie sich in Ihren Äußerungen zunächst im wesentlichen auf die Bevölkerungskreise konzentriert haben, deren Einkommen unter dem allgemeinen Durchschnitt liegt. Das ist Ihr gutes Recht, und daraus ist Ihnen durchaus kein Vorwurf zu machen. Aber, Frau Keilhack, ging es nicht durch Ihre Rede wie ein roter Faden: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß!"? Sie sprachen davon, daß die Lebenshaltungskosten auf dem Ernährungssektor in den vergangenen Monaten stark gestiegen seien und daß das natürlich Rückwirkungen auf die Ausgaben der einzelnen Familie habe, sagten aber zugleich, Sie wollten der Landwirtschaft keinen Vorwurf daraus machen, und wünschten auch nicht — das klang wenigstens durch -, daß das landwirtschaftliche Einkommen durch die Maßnahmen, die die Regierung zu treffen habe, in irgendeiner Weise geschmälert werde. Ich frage nur: Wie ist das zu realisieren? Wie liegen denn die Dinge gegenwärtig in der Landwirtschaft? Meine beiden Kollegen Köhler und Logemann haben schon bestimmte Hinweise gegeben. Ich erlaube mir, dem Hohen Hause einige Ergebnisse der neuesten Erhebungen über die eminenten Dürreschäden des Jahres 1959 mitzuteilen. Diese Erhebungen zeigen, wie sich die Dürre auf die Landwirtschaft ausgewirkt hat. Ich möchte dann die Frage stellen, wie das Hohe Haus diese untragbaren Schäden auszugleichen gedenkt. Nach dieser Großen Anfrage steht die Anfrage betreffend die Dürreschäden zur Behandlung in diesem Hause an. Sie können ja Einsicht in die Drucksache nehmen. Es ist vorgesehen, daß sich der Bund an dem Ausgleich der Dürreschäden mit 4,2 Millionen DM beteiligt. Ich will jetzt nicht auf Einzelheiten eingehen, aber doch darauf aufmerksam machen, daß diese 4,2 Millionen DM, die für Zinsverbilligungen bei Existenzgefährdung gegeben werden sollen, wieder irgendwo anders abgezwackt werden; denn der Haushaltsausschuß hat beschlossen, daß die 4,2 Millionen DM im Einzelplan 10 eingespart werden müssen. Praktisch muß es also die Landwirtschaft doch verkraften, nämlich durch Mittelkürzungen im Grünen Plan oder bei anderen Dotationen. Mit andern Worten, der Bund gibt keinen Pfennig extra. Wie liegen nun die Dinge nach exakten Erhebungen? Herr Bundesminister Schwarz, wenn die Zahlen, die ich jetzt bekanntgebe, nicht stimmen, bin ich gerne bereit, bei der Erstattung des Grünen Berichts darauf zurückzukommen und Rede und Antwort zu stehen. Ihrem Haus wird es aber sicher sehr schwerfallen, nachzuweisen, daß diese Zahlen nicht stimmen, und ich bezweifle gar nicht, daß Sie mit mir auf den Boden dieser Zahlen treten. Wenn wir die Verhältnisse des Vorjahres und dieses Jahres miteinander vergleichen und als unbestrittene Tat5224 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1959 Bauknecht sache zugrunde legen, daß die Getreideernte in diesem Jahr im Vergleich zu der des Vorjahres ungewöhnlich gut war — der Mehrertrag liegt etwa bei 12 % —, so müssen wir in Betracht ziehen, daß bei der Ernte der Kartoffeln, der Zuckerrüben, des Gemüses, ferner bei Obst und vor allen Dingen beim Grünland und bei den Futterfrüchten, die für die Viehhaltung auf dem Acker angebaut werden, ungeheure Schäden entstanden sind. Exakte Berechnungen haben folgendes ergeben. Wenn man die Durchschnittsernte — in Getreidewerten ausgedrückt — in den Jahren 1935 bis 1939 gleich 100 setzt, ergibt sich für die Ernte 1958 ein Vergleichsindex von 120 und für die Ernte des laufenden Jahres ein Vergleichsindex von 106. So stark sind wir zurückgeworfen worden. Ich frage das Hohe Haus, wie man sich eine Lösung denkt, wenn die entstandenen Schwierigkeiten keinen Niederschlag in den Preisen auf dem Markt finden sollen, ja, wenn die Preise unter das gegenwärtige Niveau gesenkt werden sollen? Man schätzt den Minderertrag auf etwa 5,4 Millionen t Getreidewert. Wenn man die Tonne nur mit 300 DM ansetzt, ergibt das einen Gesamtverlust von etwa 1,6 Milliarden DM. Ich frage das Hohe Haus: Womit soll sich der Bauer einen Ausgleich verschaffen? Man wird sagen, bestimmte Erzeuger in Gegenden, in denen keine Dürre war, bekommen dafür eine Differenzialrente. Das ist aber nur bis zu einem gewissen Grade so. Man muß auch berücksichtigen, daß die Bundesregierung im Jahre 1958 gegen die Dumping-Einfuhren auf dem milchwirtschaftlichen Gebiet kaum etwas oder recht wenig tun konnte. Dadurch haben die Betriebe des Futterbaus im Süden große Verluste erlitten. Davon muß man auch sprechen. Wenn man das Preisniveau so senken will, daß auch derjenige Verbraucher glatt durchkommen kann, der ein niedriges Einkommen hat, dann muß man praktisch das Einkommen der ganzen Landwirtschaft auf dieses Niveau senken. Frau Keilhack, ich nehme nicht an, daß Sie das wollten. Aber in Wirklichkeit würden sich die Dinge so auswirken. Noch ein paar Worte zu den einzelnen Produkten. Was soll man bei Obst und Gemüse machen? In Europa ist doch einfach kein Obst und Gemüse gewachsen. Alle Grenzen sind offen. Herr Minister Schwarz hat in seiner Antwort gesagt, daß keine Hindernisse für die Einfuhr bestehen. Trotzdem sind die Preise so hoch. Wen will man hierfür verantwortlich machen? Es herrscht ein völlig freier Markt. Die Konsumgenossenschaften könnten diesen freien Markt ausnutzen und könnten, wenn sie Beziehungen hätten und irgendwo etwas billiger kaufen könnten, die Preise beeinflussen. Aber sie können das nicht, weil einfach nichts da ist. Die hohen Preise sind bedauerlich. Aber die Landwirtschaft hat von ihnen keinen Nutzen. Sie muß im Gegenteil in diesem Jahr einen Verlust von 1 1/2 Milliarden in Kauf nehmen. Was soll man tun? Man muß die Dinge beim wahren Namen nennen und darf nicht in der Öffentlichkeit eine Psychose hervorrufen. Ich habe verschiedene Zeitungsausschnitte hier, mit denen ich das belegen könnte. Mit Rücksicht auf die Zeit will ich sie aber nicht vorlesen. Aus ihnen geht hervor, daß in der Öffentlichkeit von gewisser Seite eine Psychose hervorgerufen wurde. Bei dem Verbraucher entstand der Eindruck, daß die Nahrungsmittel wirklich knapp seien. Es wurden Rufe laut: „Stopp dem Preiswucher bei der Landwirtschaft!" Ein Preiswucher bei der Landwirtschaft ist aber wirklich nicht vorhanden. Ich darf darauf hinweisen, daß z. B. die Kartoffeleinkäufe im September dieses Jahres ein Ausmaß erreichten, das weit über den September-Einkäufen anderer Jahre lag. Warum hat man nicht gewartet, bis im Süden der Bundesrepublik, nämlich in Bayern und im südlichen Teil von Württemberg, mit der Ernte begonnen wurde? Die Rodungen begannen dort erst Anfang Oktober. Ich freue mich, daß die Anfordermngen an die Qualität höher geworden sind. Wenn aber ausgerechnet bei den Kartoffelsorten, die als ausgesprochene Qualitätskartoffeln anzusehen sind, die Ernte so verheerend schlecht ist, dann sollte man dieser Tatsache Rechnung tragen und in diesem Jahr einmal auf andere Kartoffelsorten ausweichen, beispielsweise auf die „Ackersegen", die noch vor wenigen Jahren sehr begehrt waren. Diese „Ackersegen" hat in meiner Heimat den ganzen Herbst hindurch nie mehr als 6,50 DM gekostet. 1,50 DM kostet die Fracht ins Ruhrgebiet. Das ergibt zusammen einen Preis von 8 DM. Wo will man hier einen Schuldigen finden? Wir mußten unsere Lieferung nach dem Ruhrgebiet einstellen, weil keine Nachfrage nach „Ackersegen" vorhanden war. (Abg. Frau Keilhack: Wie erklären Sie sich das?)


    (Beifall bei der SPD.)