Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens und im Auftrage des Vermittlungsausschusses habe ich die Ehre, folgendes zu berichten.
Zu Ziffer 1: § 8 wird jetzt in zwei Absätze aufgeteilt. Dadurch wird hervorgehoben, daß in § 8 zwei Entscheidungen getroffen werden, die voneinander zu trennen sind. Im ersten Absatz ist die Befugnis des Vorsitzenden bestätigt, jeweils nach seinem Ermessen den Berichterstatter für das einzelne Verfahren auszuwählen. Diese Befugnis umschließt nicht das Recht, die Zusammensetzung des Spruchkörpers zu beeinflussen. Als Berichterstatter kann vielmehr nur benannt werden, wer bereits als gesetzlicher Richter zur Mitwirkung berufen ist.
Der zweite Absatz ist neugefaßt worden, weil die vom Bundestag angenommene Formulierung nicht gut und daher mißverständlich war. Es sollte sich nicht temporär um einen konkreten Terminplan handeln, sondern generell um einen abstrakten Besetzungs- und Geschäftsplan. Die Vorschrift wird nur von Bedeutung, wenn zu einer Gerichtseinheit, Kammer oder Senat, mehr Richter gehören, als nach dem Gesetz an einer Entscheidung zu beteiligen sind. Die Vorschrift trifft keine Bestimmung darüber, unter welchen Voraussetzungen und in welchen Grenzen eine Überbesetzung zulässig ist. Sie sichert für den Fall der Überbesetzung die Gesetzlichkeit der an einem Verfahren mitwirkenden Richter.
Eine gezielte Richterauswahl für den Einzelfall nach dem Ermessen des Vorsitzenden ist nach der Überzeugung des Vermittlungsausschusses mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gesetzlichkeit des Richters nicht vereinbar. Das in Artikel 101 des Grundgesetzes festgelegte rechtsstaatliche Merkmal der Gesetzlichkeit des Richters schließt es aus, daß erst im Einzelfall nach dem Ermessen des Vorsitzenden darüber befunden wird, wer aus einer Mehrzahl von Richtern das erkennende Gericht bilden soll. Deshalb hat im Falle der Überbesetzung der Vorsitzende an Stelle des Präsidiums, das sonst diese Bestimmung zu treffen hätte, und in entsprechender Weise wie das Präsidium im voraus allgemeine Grundsätze aufzustellen, die eine normative Bestimmbarkeit der zur Mitwirkung berufenen Richter gewährleisten. Die Art der Grundsätze steht im Ermessen des Vorsitzenden. Als Maßstäbe kommen insbesondere Sachbereiche, aber auch Schemata wie Dienstalter, Aktenzeichen und im Berufungs- oder Revisionsverfahren örtliche Gebiete in Betracht.
Der Vermittlungsausschuß war sich darüber einig, daß dieser besondere Besetzungs- und Geschäftsplan der Sprucheinheit ebenso in den
5186 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 94. Sitzung. Bonn, Freitag, den 11. Dezember 1959
Dr. Arndt
Generalakten des Gerichts zur Einsicht für die Prozeßbeteiligten zur Verfügung stehen muß wie der allgemeine Geschäftsplan des Gerichts.
Zu Ziffer 2 — § 9 Abs. 3 — ist zu sagen: Der Vermittlungsausschuß war sich über den Grundsatz einig, daß eine Einheitlichkeit oder Gleichförmigkeit des Bundesrechts für die Besetzung der Oberverwaltungsgerichte nicht geboten ist. Es genügt insoweit eine Rahmen- und Grundsatzgesetzgebung des Bundes. Diese Lösung ist gerechtfertigt, weil die Oberverwaltungsgerichte höchste Gerichte für das Landesverwaltungsrecht sind, das materielle Landesrecht von besonderer Bedeutung für ihre Rechtsprechung ist und deshalb der Eigenart und der Tradition eines jeden Landes Raum zu gewähren ist.
Der Vermittlungsausschuß war sich darüber einig, daß für die Länder nicht nur die Alternative bestehen soll, es entweder bei drei Richtern zu belassen oder in allen Verfahren die Zahl der Richter auf fünf zu erhöhen, sondern daß es nach der von uns gewählten Fassung den Ländern freisteht, diese Vermehrung der Richterzahl durch Landesgesetz lediglich für bestimmte Verfahrensarten vorzuschreiben. .
Die Ziffer 3 bedeutet nur eine textliche Verbesserung, über die nichts Besonderes zu bemerken ist.
Die Ziffer 4 — § 33a — mußte neu eingeführt werden, um zu klären, daß die Bestimmungen über die ehrenamtlichen Verwaltungsrichter bei den Verwaltungsgerichten entsprechend auch beim Oberverwaltungsgericht zu gelten haben. Das Gericht, das über die Verhinderung oder Befreiung eines ehrenamtlichen Richters entscheidet, ist ein Senat beim Oberverwaltungsgericht, nicht etwa das Bundesverwaltungsgericht.
Ziffer 6 enthält eine textliche Korrektur.
Ziffer 7: Hier wird klargestellt, daß im Streit darüber, ob etwas geheimzuhalten ist, es sich in dem Zwischenverfahren nur um eine Glaubhaftmachung handeln kann. Die Behörde soll selbstverständlich nicht gezwungen werden, zunächst einmal die Auskunft zu erteilen oder die Akten vorzulegen, von denen sie glaubt, daß ein Geheimnis zu wahren ist, sondern der Zwischenstreit geht nur darum, ob die Voraussetzungen einer Geheimhaltungspflicht glaubhaft erscheinen. Deshalb sind die Worte eingefügt: „ob glaubhaft gemacht ist".
Die Ziffern 8 und 9 enthalten lediglich textliche Verbesserungen. Dasselbe gilt für Ziffer 11.
Ich habe noch zu Ziffer 5 nachzuholen: § 59 Abs. 1 hat die Bedeutung, daß in Zukunft nicht wie im Strafprozeß, sondern wie im Zivilprozeß im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Verschulden des Bevollmächtigten als eigenes Verschulden der Prozeßpartei zu gelten hat. Der Vermittlungsausschuß war sich darüber im klaren, daß diese Regelung keineswegs ohne Gefahr für die Prozeßpartei ist. Der Vermittlungsausschuß war sich deshalb in dem Verlangen einig — auch das soll ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen -, daß in jeder Rechtsmittelbelehrung darauf hinzuweisen ist, daß sich der Verfahrensbeteiligte ein Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten als ein eigenes Verschulden zurechnen lassen muß.
Schließlich bin ich noch beauftragt, etwas hervorzuheben, was wahrscheinlich nicht ohne Grund als eine Lächerlichkeit erscheint. Wenn für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgeschrieben ist, daß sich die Prozeßbeteiligten dort durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen müssen, so gilt das selbstverständlich nicht für den Oberbundesanwalt.
Der Vermittlungsausschuß hat mit Mehrheit beschlossen, daß über seinen Vorschlag einheitlich abgestimmt werden muß.