Rede von
Herbert
Schneider
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das können Sie ja in den entsprechenden Drucksachen nachlesen!
Sie wissen selbst, daß der Vorschlag, den die Sozialdemokratische Partei gemacht hat, in einem entscheidenden Punkt von dem westlichen Vorschlag abweicht.
— Ich bitte mich jetzt nicht mehr zu unterbrechen.
Ohne Deutschland kann es kein Europa geben. Wir sind uns im klaren darüber: Wer diesen wichtigsten Teil Europas preisgibt, gibt damit praktisch ganz Europa preis, und er gefährdet damit den Weltfrieden und versündigt sich darüber hinaus an seinem eigenen Volke.
Solange also diese Voraussetzungen, die ich aufgezeigt habe, nicht erfüllt sind — das nämlich das wirkliche Selbstbestimmungsrecht für Deutschland gegeben wird —, solange ist, für meine Freunde jedenfalls, eine wirkliche, aufrichtige Normalisierung der Beziehungen mit der Sowjetunion nicht möglich. Daran werden auch Bolschoi-Ballets und Theateraufführungen oder Telefongespräche mit Moskau nichts ändern. Es hängt von Moskau ab, meine Damen und Herren, ob die Atmosphäre des Mißtrauens, die zur Zeit unsere Beziehungen belastet, beseitigt werden kann, ob sie einer Atmosphäre des Vertrauens weicht oder nicht.
Das gleiche gilt meines Erachtens für Polen und den Ostblock. Auch hier hängen die Beziehungen davon ab, daß die deutschen Wünsche in etwa respektiert werden müssen. Der Kollege Mende hat hier so sehr beklagt, daß wir, da wir bisher keine Botschafter entsandt haben, nicht in der Lage seien,
mit den Leuten zu sprechen, wie wir zu sagen pflegen. Ich muß ihn daran erinnern, daß seine Freunde hier und da Kontaktgespräche geführt haben, die vielleicht sehr viel einfacher gewesen sind, weil sie auf rein menschlicher Ebene stattgefunden haben, bei denen sich eindeutig herausgestellt hat, daß mit den Leuten nicht zu reden ist, weil sie keine eigene Meinung haben, sondern ihnen eine Meinung vorgeschrieben ist.
Deswegen, meine Damen und Herren, sehen wir hierin keine Lösung. Wir sehen auch keine Lösung in den sogenannten gesamtdeutschen Gesprächen, weil sie von der wirklichen Lösung der deutschen Frage noch weiter fortführen und letzten Endes auf den Weg nach Moskau führen würden. Man muß bei der Betrachtung unserer Lage von Tatsachen und nicht von Illusionen ausgehen. Herr Präsident, ich bitte um die Genehmigung, etwas vorlesen zu dürfen. Der sowjetische Begriff der friedlichen Koexistenz wird von Radio Moskau in diesen Tagen wie folgt dargelegt:
Der Weg der Normalisierung der internationalen Beziehungen kann nicht über eine Aussöhnung der Ideologien und über eine Absage an unsere Grundsätze verlaufen. Kommunisten können auf den Kampf für den Sieg der Diktatur des Proletariats nicht verzichten. Sie können nicht verzichten auf den Kampf für die Umwandlung des privaten kapitalistischen Besitzes in einen staatlichen Besitz. Auf den ideologischen Kampf verzichten würde bedeuten, freiwillig den Platz an die bürgerliche Ideologie abzutreten. Unsere sozialistische Ideologie ist ein Abbild der unbestreitbaren Tatsache, daß die Errichtung der kommunistischen Gesellschaft in der ganzen Welt unvermeidbar ist.
So Radio Moskau am 3. November. Von dieser Tatsache allein hat unsere Politik auszugehen, und ich wünschte, daß auch die Opposition das endlich einsieht.
Eine Illusion dagegen ist es, was der Kollege Ollenhauer heute morgen gesagt hat, und wenn er es nicht zur Kenntnis nehmen will, so frage ich ihn doch noch einmal: Wo und wann hat die Sowjetunion nur ein einziges Mal nachgegeben? Wo hat die Sowjetunion für ihre ungezählten Forderungen, die sie in den letzten Jahren speziell an uns gerichtet hat, auch nur ein einziges Mal etwas angeboten? Es gibt keinen solchen Fall. Die Sowjetunion hat nur gefordert und gelockt.