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ID0308601900

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    Deutscher Bundestag 86. Sitzung Bonn, den 4. November 1959 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Etzenbach, Lermer und Dr. Conring 4617 A Abg. Brüns tritt als Nachfolger des verstor- benen Abg. Kunze in den Bundestag ein 4617 B Abg. Bach tritt als Nachfolger des Abg. Recktenwald in den Bundestag ein . . . 4617 B Mandatsniederlegung des Abg. Glahn . 4617 C Nachwahl von deutschen Mitgliedern des Europäischen Parlaments (Drucksache 1320) 4617 D Wahl eines stellvertretenden Mitgliedes des Wahlprüfungsausschusses (Drucksache 1323) 4617 D Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Lage des Kohlebergbaus (Drucksache 1300) in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Erhebung einer Ergänzungsabgabe für soziale Hilf s-maßnahmen im Kohlebergbau (SPD) (Drucksache 1318) — Erste Beratung — Antrag betr. Bestellung eines Bundesbeauftragten für die Kohlewirtschaft (SPD) (Drucksache 1319) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes (Drucksache 1327) — Erste Beratung —. Entwurf eines Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe (Drucksachen 937, 1113); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 1287, zu 1287) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Deist (SPD) . 4618 A, 4668 D, 4675 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 4623 D, 4640 D, 4644 A, 4673 C Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 4631 B Dr. Atzenroth (FDP) 4635 A Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . 4640 A Höcherl (CDU/CSU) 4646 D Dr. Steinmetz (DP) 4649 C Bergmann (SPD) . . . . . . . 4650 B Scheppmann (CDU/CSU) 4653 C Seuffert (SPD) . . . . . . . 4656 B Engelbrecht-Greve (CDU/CSU) . 4657 C Dr.-Ing. Philipp (CDU/CSU) . . 4658 B Margulies (FDP) . . . . . . . 4658 C Dr. Schneider (Saarbrücken) (FDP) 4667 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau Il Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1959 (Abg. Auge, Behrendt, Bergmann, Büttner, Dr. Deist, Geritzmann, Heiland, Dr. Dr. Heinemann, Iven [Düren], Keuning, Kriedemann, Lange [Essen], Meyer [Wanne-Eickel], Frau Rudoll, Sträter, Striebeck, Wilhelm und Fraktion der SPD) (Drucksache 1246 [neu]) — Erste Beratung — 4678 C Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau (Abg. Harnischfeger, Dr. Hesberg, Mick, Scheppmann, Wullenhaupt und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksache 1292) Erste Beratung — 4678 C 'Entwurf eines Gesetzes über das Kreditwesen (Drucksache 1114) — Erste Beratung — Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 4659 B Dr. Veit, Minister des Landes Baden-Württemberg . . . . . . . 4660 C Scharnberg (CDU/CSU) 4664 B Dr. Seume (SPD) 4664 C Dr. Dahlgrün (FDP) 4666 D Nächste Sitzung 4678 D Anlagen 4679 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1959 4617 86. Sitzung Bonn, den 4. November 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.02 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 86. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. November 1959 4679 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Atzenroth 7, 11. Fürst von Bismarck 7. 11. Börner 7. 11. Dr. Brecht 6. 11. Brüns 4. 11 Dr. Bucerius 4. 11. Drachsler 6. 11. Even (Köln) 4. 11. Faller 4. 11. Gehring 4. 11. Geiger (München) 4. 11. Gewandt 4. 11. Dr Gleissner 4. 11. Dr Greve 15. 11. Dr. Hellwig 6. 11. Hilbert 1. 12 Junghans 7. 11. Kraus • 4. 11. Lenz (Trossingen) 6. 11. Dr. Leverkuehn 4. 11. Lücker (München) 7. 11. Maier (Freiburg) 15. 12. Matthes 15. 11. Metzger 4. 11. Müller (Ravensburg) 4. 11. Müller-Hermann 6. 11. Müser 7. 11. Frau Dr. Pannhoff 4. 11. Pietscher 6. 11. Pohle 4. 11. Prennel 6. 11. Dr. Ratzel 7. 11. Scharnowski 4. 11. Dr. Seffrin 7. 11 Seidl (Dorfen) 5. 11. Seither 4. 11. Dr. Siemer 4. 11. Stahl 6. 11. Stierle 7. 11. Sühler 4. 11. Weinkamm 7. 11. b) Urlaubsanträge Graf Adelmann 25. 11. Dr. Gülich 15. 12. Hahn 28. 11. Heye 25. 11. Jacobs 15. 11. Jahn (Frankfurt) 15. 12. Josten 15. 11. Kisters 28. 11. Dr. Kliesing (Honnef) 25. lI. Dr. Kohut 28. 11. Kreitmeyer 25. 11. Probst (Freiburg) 25. 11. Frau Schmitt (Fulda) 25. 11. Dr. Vogel 25. 11. Walpert 12. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Umdruck 407 Änderungsantrag der Abgeordneten Engelbrecht-Greve, Müller-Hermann, Scharnberg und Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe (Drucksachen 937, 1113, 1287). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 1 sind in der Anmerkung 3 zu Tarifnr. 27.01 folgende Änderungen durchzuführen: a) In Absatz 2 sind die Worte „insgesamt 68 vom Hundert" durch die Worte „insgesamt 77 vom Hundert" und die Worte „,im Durchschnitt der Jahre 1956, 1957 und 1958" durch die Worte „im Durchschnitt der Jahre 1955, 1956, 1957 und 1958" zu ersetzen. b) Im Absatz 3 sind die Worte „im Durchschnitt der Jahre 1956, 1957 und 1958" durch die Worte „1955, 1956, 1957 und 1958" zu ersetzen. c) Als Absatz 5 wird angefügt: „Die Bundesregierung kann, nachdem dem Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben worden ist, mit Zustimmung des Bundestages durch Rechtsverordnung das Zollkontingent in Absatz 2 dieser Anmerkung bis zu 20 v. H. erhöhen, wenn dies aus gesamtwirtschaftlichen Gründen geboten ist." 2. In § 2 ist vor die Jahreszahl „1956" die Jahreszahl „1955" einzufügen. 3. § 3 Abs. 2 wird wie folgt geändert: a) in Nummer 1 ist vor die Jahreszahl „1956" die Jahreszahl „1955" einzufügen; b) in Nummer 6 erhält Satz 2 folgende Fassung: „Auf den Anteil des Antragstellers ist die Warenmenge, die er in der Zeit vom 1. Januar bis 28. Februar 1959 eingeführt hat, insoweit anzurechnen, als hierdurch die für ihn nach Nummer 5 festgestellte Warenmenge nicht gekürzt wird." 4. In § 5 Abs. 2 erhält Satz 1 folgende Fassung: „Das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft vermerkt im Kontingentschein, daß die für den Berechtigten nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 festgestellte Teilmenge zur Belieferung anderer als in § 3 Abs. 2 Nr. 3 genannter Verbraucher verwendet werden darf." Bonn, den 3. November 1959 Engelbrecht-Greve Müller-Hermann Scharnberg Dr. Krone und Fraktion
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    Rede von Dr. Karl Atzenroth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Aber welche freie Unternehmerinitiative hätte eine Veranlassung, eine Katastrophe auszulösen?

    (Abg. Dr. Deist: Das soll vorgekommen sein! 1929/30!)

    — Das ist mir nicht verständlich. Es wird sich doch niemand den Ast absägen, auf dem er sitzt.

    (Abg. Dr. Deist: Das soll vorkommen!)

    Denn ein Unternehmer, der eine Katastrophe auslöst, richtet sich selber zugrunde; das ist doch selbstverständlich.

    (Zuruf von der SPD: Oder die anderen!)

    Meine Damen und Herren! Der Bundesrat hat in der Begründung seines ablehnenden Beschlusses mit Recht darauf hingewiesen, daß die von der Einführung der Steuer erwartete Bremswirkung deswegen ausbleiben wird, weil Erzeuger und Händler bemüht sein werden, durch eine weitgehende Übernahme der steuerlichen Belastung ihren bisherigen Marktanteil zu sichern oder zu vergrößern. Jede trotz dieser Bemühungen entstehende Verteuerung des Heizöls wird zu einer



    Dr. Atzenroth
    besonderen Belastung de rervierfernen Industriezentren führen und damit den Bemühungen um eine Dezentralisation der Industrie entgegenwirken. Diesen Ausführungen des Bundesrates stimmen wir absolut zu.
    Es wird nun von der Kohle eingewendet, daß die Mengenangaben allein nicht auf die Ursache der Schwierigkeiten führen. Sie sagt also, wie Sie, Herr Burgbacher, es auch dargelegt haben, daß die Kohle in ihren Rationalisierungsbestrebungen entmutigt würde, wenn sie sich einem ruinösen Wettbewerb — übrigens ein Wort, das Sie, Herr Minister Erhard, im Ausschuß einmal gesagt haben; ich habe mir immer wieder vorgenommen, Ihnen das einmal zu rügen — gegenübergestellt sähe. Tatsächlich wird der Wettbewerb aber nur ein Teilgebiet der Kohle betreffen; die große Masse der Betriebe wird unberührt bleiben. Dort kann in vollem Umfange weiter produziert werden, und das sollte in aller Deutlichkeit in der Öffentlichkeit gesagt werden, schon zur Beruhigung der Bergarbeiter und der Öffentlichkeit. Dort braucht kein Bergarbeiter arbeitslos zu werden.
    Bei der Verteidigung des „ruinösen Wettbewerbs" wird vor allem mit etwas bedenklichen Zahlen operiert. Sie, Herr Burgbacher, haben sich auch wieder auf diesen „ruinösen Wettbewerb" berufen. Man spricht davon, daß in der Bundesrepublik für das Heizöl Preise von 60 DM und sogar noch darunter gefordert worden seien. Das ist richtig. Aber worum handelt es sich dabei? Es handelt sich um ein Angebot frei Rotterdam. Es kommt
    also noch die Fracht von Rotterdam hinzu. Insofern ist die Preisangabe nicht richtig. Und von wem ist das Angebot gemacht worden? Von einem Staat, der dem Ostblock angehört, also zu Dumpingpreisen. Wenn die zu 50 DM anbieten, können wir es auch nicht verhindern. Also da müßten wir uns über ein ganz anderes Thema unterhalten.

    (Bundesminister Dr. Dr. h. c. Erhard: Da haben wir ja Kontingente!)

    — Aber es war innerhalb eines Kontingents, Herr Professor! Ich möchte Sie bitten, das vielleicht noch einmal nachzuprüfen. Nach den mir vorliegenden Unterlagen handelt es sich bei diesem immer wieder so als Tiefstpunkt angegebenen Beispiel um das Angebot aus einem der Ostblockstaaten. Da liegen die Dinge natürlich ganz anders als bei einem Angebot, das aus Ländern kommt, die mit uns, wenigstens einigermaßen, in Wettbewerb stehen.
    Ferner wird gesagt, die Kohle sei einem Verdrängungswettbewerb ausgesetzt, Deutschland sei eine „Niedrigstpreisinsel" in Europa. Dieses Wort ist auch heute wieder gefallen. Es sind auch wieder Vergleiche zu anderen europäischen Ländern gezogen worden. Dabei sind natürlich die Länder genannt worden, die man gern für das Beispiel heranziehen wollte.

    (Abg. Dr. Deist: Sehr richtig!)

    In Frankreich ist das Heizöl kontingentiert. Frankreich hat einen sehr hohen Heizölpreis, der mit dem
    unsrigen gar nicht zu vergleichen ist. Daß man aber
    Belgien angeführt und Frau Kollegin Weber dan auch noch „Sehr richtig!" dazu gerufen hat, das hat mich doch etwas befremdet; denn Belgien hat seine Kohlenhalden trotz des hohen Heizölpreises bekommen. Dort sind die Kohlenhalden eher noch höher als bei uns. Sie kennen ja die Verhältnisse in Belgien.
    Aber nehmen wir doch einmal ein anderes Land. Denken wir einmal an Schweden, ein Land, in dem es keine Kohle gibt und folglich auch keinen Wettbewerb zwischen Kohle und Heizöl. Dort hat das Heizöl schon den Stand erreicht, von dem man hier sagt: Wenn einmal das Heizöl die Kohle aus dem Markt verdrängt hat, dann werden die Preise hinaufschnellen. In Schweden, in dem eine Konkurrenz also nicht besteht, ist ein solcher Zustand erreicht, aber dort beträgt der Heizölpreis, der bei uns etwa dem Preis von 60 DM — also die unterste Stufe — entspricht, 63 DM. In Dänemark liegen die Verhältnisse ähnlich. Da liegt mir sogar die Zahl 60 vor. Ich meine nur: Wenn man schon Vergleiche anstellt, muß man alle Seiten heranziehen; erst dann kann man einen klaren Überblick gewinnen.
    Schließlich wind, allerdings ohne einen Beweis zu erbringen, behauptet, die Ölwirtschaft stelle eine so große geschlossene Gemeinschaft dar, daß sie in dem Augenblick, in dem sie den Markt erobert habe, willkürlich ihre Preise heraufsetzen werde. Ich glaube, Sie, Herr Burgbacher, haben das gesagt.

    (Widerspruch des Abg. Dr. Burgbacher.) — Dann war es der Herr Minister.

    Auch dieses Argument hält aber einer genaueren Nachprüfung nicht stand. Es gibt keine geschlossene Ölwirtschaft ohne Außenseiter. Herr Dr. Deist hat sehr eingehend dargelegt, daß sich überall neue Ölerzeuger aufmachen und immer wieder neu in den Wettbewerb hineindrängen. Also so ist das dort mit dem geschlossenen Monopol nicht.

    (Bundesminister Dr. Dr. h. c. Erhard: Deshalb ist das Kartell geplatzt!)

    — Das wollte ich gerade sagen. Wir haben mit Freude gehört, daß das Kartell geplatzt ist; denn ein Kartell, das von Außenseitern gesprengt wird, ist uns das liebste. Ich habe auch nur gegen den Hinweis auf die Gefahren argumentiert, die aus dem bösen Monopol entstehen könnten, das auf dem Ölsektor entsteht, wenn die Kohle zu Boden gewalzt worden ist. Also dieses Argument zieht nach unserer Meinung nicht.
    Außerdem könnten wir dann natürlich immer wieder auf die Änderung unseres Kartellgesetzes drängen, auf die wir immer noch warten. Bezüglich der Monopole und Oligopole ist ja vorläufig noch nichts entschieden. Der Drang des Öls, seinen Marktanteil zu erweitern, wird nicht aufhören. Die Zahlen, die Herr Dr. Deist genannt hat, haben mich sehr beeindruckt. Das war allerdings auch schon im Ausschuß so. Sie sind auch wirkungsvoll, und das Mittel der Heizölsteuer ist demgegenüber tatsächlich eine Bagatelle.
    Aus all diesen Gründen müssen wir zu der Einsicht kommen, daß die Steuer kein geeignetes Mittel ist, das erstrebte Ziel zu erreichen.



    Dr. Atzenroth
    Ich komme nun zu den Gefahren, die diese Steuer heraufbeschwört, zunächst einmal beim leichten Heizöl. Die Gefahren sind schon in der Öffentlichkeit allgemein dargelegt worden. Das soziale Element, das bei der Kohle so stark hervorgehoben wird, liegt bei der Steuer für leichtes Heizöl in ebenso starkem Maße vor.
    Aber auch bei einer Steuer auf schweres Heizöl gibt es Verdrängungen und Wettbewerbsverschiebungen, und zwar nicht nur regional und zwischen den Branchen, sondern auch innerhalb ein und derselben Branche. Ich darf Ihnen ein Beispiel vortragen, das mir bekanntgeworden ist: Ein Unternehmen der Zellstoff- und Papiererzeugung in Süddeutschland würde bei einer Heizölsteuer von 30 DM je Tonne eine Mehrbelastung von 4,5 Millionen DM im Jahre zu tragen haben. Damit ergäbe sich eine Erhöhung der Kosten des Endproduktes um 2,5 bis 3%. Um diesen Satz würde das Unternehmen also in seiner Konkurrenzfähigkeit gegenüber den Konkurrenten in Nordrhein-Westfalen, die sich nicht auf Heizöl umgestellt haben, zurückgedrängt werden.
    Eine Maßnahme, die solche Auswirkungen zeitigt, ist mit Ihrem Appell an die Preisdisziplin, den Sie in Köln so deutlich an die deutsche Wirtschaft gerichtet haben, Herr Minister, eigentlich nicht zu vereinbaren. Man kann auch nicht immer das Argument anführen, die Heizölsteuer bringe nur eine Verteuerung um 1 bis 2%. Es wird häufig vergessen, daß die Wirkungen sich kumulieren. Auf der ersten Stufe fängt die Verteuerung an, auf der nächsten verstärkt sie sich und so fort. Wir finden hier dasselbe Problem wie bei der Umsatzsteuer. Darin sehen wir eine Gefahr auch im Hinblick auf die Ziele, die Sie, Herr Minister, sich gestellt haben und in denen wir Sie unterstützen: unter allen Umständen das deutsche Preisniveau zu halten. Wir dürfen da unter keinen Umständen auch nur den kleinsten Einbruch zulassen.
    Schließlich möchte ich die Bundesregierung noch auf Art. 95 Abs. 2 des EWG-Vertrages hinweisen. Nach dieser Bestimmung ist es den Mitgliedsstaaten der EWG untersagt, auf Waren aus anderen Mitgliedsstaaten inländische Abgaben zu erheben, die geeignet sind, andere Produktionen mittelbar zu schützen. Da ein Teil des in Deutschland verbrauchten Heizöls in italienischen, französischen und holländischen Raffinerien verarbeitet wird, besteht also die Möglichkeit, daß diese Staaten auf Grund des EWG-Vertrages gegen die Heizölsteuer Einspruch erheben. Wir haben diese Frage schon einmal in der Öffentlichkeit gestellt. Leider ist niemand darauf eingegangen. Wir wären also interessiert, sie heute beantwortet zu bekommen.
    Eine besondere Gefahr stellt die Ermächtigungsklausel in Art. 3 des Gesetzentwurfs Drucksache 1327 dar. Herr Minister, wozu braucht die Bundesregierung über den vorgesehenen Steuersatz hinaus noch die Ermächtigung? Die Ausnutzung der Ermächtigung nach unten ist ja wohl kaum beabsichtigt.

    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard: Die stand am Anfang!)

    Es würde mich sehr freuen, wenn die Ermächtigungsklausel bei den Ausschußberatungen verschwände. Bedenken Sie einmal folgende theoretische Möglichkeit: Die zecheneigenen Handelsgesellschaften haben auf dem deutschen Heizölmarkt beim leichten Heizöl einen Anteil von 40 % und beim schweren Heizöl von 25%. Die Raffineriekapazität der Kohle in der Bundesrepublik beträgt zur Zeit 48%. Wenn nun die Gesellschaften des Bergbaus die Ölpreise weiter senken, dann könnten Sie gezwungen werden, die Steuer vorübergehend auf den Höchstsatz zu bringen. Das wollen Sie doch eigentlich auch nicht. Infolgedessen sollten Sie keinen Wert auf die Ermächtigungsklausel im Gesetz legen.
    Herr Kollege Burgbacher hat als einziger das nationale Argument vorgebracht. Er hat gesagt, die Kohle sei ein nationales Produkt, das wir schützen und erhalten müßten, selbst wenn dadurch wirtschaftliche Schwierigkeiten in Kauf genommen werden müßten.

    (Abg. Dr. Burgbacher: Nein!)

    Das Argument zieht nicht. Herr Minister Erhard hat in Köln stolz verkündet, daß wir nunmehr im Export die zweite Stelle einnehmen. Wir sind also auf Gedeih und Verderb mit der übrigen Welt verbunden. Wenn wir vom Ausland abgeschnitten würden, also kein Öl mehr hereinbekämen, würde ein großer Teil unserer Industrie sofort die Produktion einstellen müssen. Damit würde auch unser Export absinken, und wir brauchten so große Energiemengen nicht mehr. Was dann noch an Energie benötigt würde, würde immer von der Kohle bedient werden können. So viel Hoffnung und Zuversicht für die Kohle spreche ich .ebenso aus, wie Sie es bisher getan haben.
    Man sollte also den Autarkiestandpunkt in bezug auf Kohle nicht einnehmen, wenn man unsere Aufgabe als Exportland weiterhin bejaht. Schließlich könnte man auch die Möglichkeit ins Auge fassen, größere Reserven in 01 anzulegen, wobei die Ölwirtschaft entscheidend mit eingeschaltet werden könnte.
    Ich sehe ein, daß ich meine Ausführungen zu sehr ausgedehnt habe. Ich habe deshalb noch eine letzte Frage an den Herrn Bundesfinanzminister. Der Herr Bundesfinanzminister hat uns feierlich verkündet: Bis 1961 keine neuen Steuern und keine Steuererhöhung! Was sagt er zu dieser Steuer? Die Kohlewirtschaft hat ,erklärt, sie brauche dieses Geld nicht. Uns jedenfalls ist diese Erklärung klar und deutlich abgegeben worden. Für soziale Maßnahmen wird mit einem nur ganz geringen Geldbedarf zu rechnen sein. Wir sind davon überzeugt, daß echte soziale Schwierigkeiten überhaupt nicht eintreten werden. Wenn die Umstellung jetzt, im Zeichen der Hochkonjunktur, nicht gelingt, wird sie niemals gelingen. Die Mittel ,also, die wir für soziale Zwecke aufwenden müssen, werden sich in geringem Umfang halten. Außerdem werden sie nur zur Hälfte von uns bestritten werden müssen. Die andere Hälfte wird die Montanunion beischießen müssen.



    Dr. Atzenroth
    Warum also diese Steuer? Was soll mit .den 300 Millionen DM geschehen, wenn sie niemand haben will?

    (Bundesfinanzminister Etzel: Ich!)

    — Herr Minister Etzel, dann werden Sie notwendigerweise nach einem neuen Verwendungszweck suchen müssen. Das wäre doch bedauerlich. Aber eigentlich sollten Sie ihr Wort halten: Keine neuen Steuern in diesem Jahr!
    Ich darf zusammenfassen. Diese Steuer ist marktwidrig. Sie kann keinen Erfolg haben und ist in ihrer Gestaltung unwirksam. Sie führt zu Wettbewerbsverzerrungen. Deshalb lehnen wir sie ab.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bleiß.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Paul Bleiß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben auf unsere Große Anfrage teilweise mit einer vorbereiteten Erklärung geantwortet. Das ist Ihr gutes Recht. Aber bei einer solchen vorbereiteten Erklärung läuft man Gefahr, auf zusätzlich gestellte Fragen nicht einzugehen. Uns scheinen diese zusätzlichen Fragen so wichtig zu sein, daß ich sie noch einmal aufnehmen und um ihre Beantwortung bitten möchte.
    Die erste zusätzliche Frage ist soeben auch von Herrn Kollegen Atzenroth angeschnitten worden. Die Heizölsteuer soll dem Vernehmen nach in drei Jahren ein Aufkommen von 1 Milliarde DM erbringen. Die sozialen Maßnahmen, die Sie vorschlagen, bewegen sich um 400 Millionen DM. Es bleibt also ein Rest von rund 600 Millionen DM. Einige Dispositionen sind uns bekanntgeworden. Ich werde nachher darauf zurückkommen. Trotzdem wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie uns sagten, was mit dem Rest geschehen soll.
    Die zweite, wie mir scheint, wichtige Frage ist die Entschwefelung des Heizöls. Diese Problematik geht den Bergbau natürlich sehr stark an. Unsere Frage an Sie heißt: Halten Sie es für notwendig und für geboten, daß man Heizöl zum mindesten auf denselben Schwefelgehalt herunterbringt, wie es bei der Kohle der Fall ist? Ich bin der Meinung, daß sich dann die Wettbewerbsverhältnisse völlig anders gestalten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist doch beantwortet worden!)

    Nun, Herr Bundeswirtschaftsminister, möchte ich auf einige Bemerkungen in Ihrer Rede zurückkommen. Sie hatten die Freundlichkeit, mich zu zitieren, und haben u. a. gesagt, von mir sei 1956 dargestellt worden, daß wir auf Jahre hinaus

    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard: 1957!)

    — 1956, habe ich gehört — mit einer Unterversorgung mit deutscher Kohle rechnen müßten. Das war damals auch richtig. Sie haben ja noch 1957 sehr stark kontingentiert. Ich kann Ihnen Schriftwechsel
    beibringen, in denen sich die verarbeitende Wirtschaft darüber beklagt, mit welchen harten dirigistischen Methoden Sie die Kontingente zuteilten. Ich glaube, man sollte mit solchen Zitaten doch etwas vorsichtig sein.

    (Zuruf von der SPD: Hat er längst vergessen!)

    Sie sagten, damals hätten sich Ihre Dispositionen schon in einer völlig anderen Richtung bewegt. Ich glaube, Herr Professor Erhard, das war zweifellos nicht der Fall; hier hat Sie Ihr Gedächtnis etwas im Stich gelassen.

    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard: Umgekehrt!)

    Herr Bundeswirtschaftsminister, Sie haben dann von Irrtümern gesprochen. Man soll nicht mit Steinen werfen, wenn man selbst im Glashaus sitzt.

    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard: Das besorgen ja Sie!)

    Herr Bundeswirtschaftsminister, sind Ihnen nicht gerade in der Beurteilung der Kohlensituation in den Jahren 1957 bis 1958 ständig schwere Irrtümer unterlaufen, die zu der großen Kohlenschwemme im Ruhrgebiet geführt, die uns die Rekordhaldenbestände an der Ruhr beschert und die uns auch die Absatzkrise gebracht haben? Sie haben sich doch in der Beurteilung der Situation völlig verschätzt. Wenn das aber nicht der Fall sein sollte, Herr Professor Erhard, wenn Sie sich also nicht laufend geirrt haben, drängt sich die Frage auf, ob Sie die Kohlenschwemme an der Ruhr etwa bewußt herbeigeführt haben und damit bewußt diese Sorgen und Nöte an der Ruhr haben entstehen lassen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Na! Na!)

    Das ist doch eine Frage, die man an Sie richten muß.

    (Bundeswirtschaftsminister Dr. Dr. h. c. Erhard: Darf ich eine Frage stellen?)

    Nun, Herr Bundeswirtschaftsminister, ich habe noch mehrere Fragen.