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ID0308407300

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    Vokabeln: 6
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    4. Frau: 1
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    6. Kalinke.: 1
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    Deutscher Bundestag 84. Sitzung Bonn, den 22. Oktober 1959 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Ehren und Schoettle . . . . . . . . 4511 A Mandatsniederlegung des Abg. Recktenwald 4511 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung (Neuordnung) des Bundesversorgungsgesetzes (Abg. Frau Dr. Probst, Maucher, Frau Kalinke, Tobaben und Fraktionen der CDU/CSU, DP) (Drucksache 957 [neu]) — Erste Beratung —; in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes über die Neuordnung der Versorgung der Opfer des Krieges (Kriegsopferversorgungs-Neuordnungsgesetz — KOVNOG) (FDP) (Drucksache 962) — Erste Beratung — Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Kriegsopferversorgung (Kriegsopferversorgungs-Neuregelungsgesetz - KDVNG) (Drucksache 1239) — Erste Beratung — Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (SPD) (Drucksache 1262) — Erste Beratung — Antrag betr. Kriegsopferversorgung (SPD) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen (Drucksachen 621, 990) Blank, Bundesminister . . 4511 C, 4533 B, 4540 A, 4558 D, 4559 D Etzel, Bundesminister . . . 4512 A, 4551 A Frau Dr. Probst (CDU/CSU) . . . . 4514 D Dr. Rutschke (FDP) 4521 B Rasch (SPD) . . 4528 C, 4557 C, 4559 C Bazille (SPD) . . . . . . . . 4533 C Ruf (CDU/CSU) 4540 B Frau Schanzenbach (SPD) . . . . 4543 D Frau Kalinke (DP) 4545 D Ritzel (SPD) 4548 D Mi schnick (FDP) 4552 C Arndgen (CDU/CSU) . . 4555 B, 4563 B Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 4560 A Maucher (CDU/CSU) 4561 B Dr. Mommer (SPD) 4563 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Schwerbeschädigtengesetzes (Drucksache 1256) — Erste Beratung — . . . . . . 4563 C Entwurf eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Zweites Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksache 1240); Schriftlicher Bericht des Arbeitsausschusses (Drucksache 1294) — Zweite und dritte Beratung — 4563 D Antrag betr. Aussetzung des Butterzolls (SPD) (Drucksache 1297) . . . . . . . 4564 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Oktober 1959 Entwurf eines Gesetzes zu dem Sechsten Berichtigungs- und Änderungsprotokoll vom 11. April 1957 zum Wortlaut der dem AH-gemeinen Zoll- und Handelsabkommen beigefügten Zollzugeständnislisten (Drucksache 1266) — Erste Beratung — . . . . 4564 B Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte (FDP) (Drucksache 1274) — Erste Beratung — . . . . 4564 C Entwurf eines Außenwirtschaftsgesetzes (Drucksache 1285) — Erste Beratung — . 4564 D Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll Nr. 2 vom 27. Juni 1958 zum Europäischen Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 1117); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksache 1278) — Zweite und dritte Beratung — . . . . . . . . . . . 4564 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ausführung des Gesetzes über den Beitritt zur Konvention vom 5. April 1946 der Internationalen Überfischungskonferenz (Drucksache 1147) ; Schriftlicher Bericht des Ernährungsausschusses (Drucksache 1290) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 4565 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 23. Dezember 1957 mit der Dominikanischen Republik (Drucksache 912); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 1295) — Zweite und dritte Beratung — 4565 B Entwurf eines Gesetzes zu der Vereinbarung vom 14. Mai 1958 zum Handelsabkommen vom 20. März 1926 zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Portugal (Drucksache 1030); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 1296) — Zweite und dritte Beratung — 4565 C Ubersicht 9 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht (Drucksache 1293) 4565 D Antrag betr. Verordnungen zum Lebensmittelgesetz (SPD) (Drucksache 1286) 4565 D Nächste Sitzung 4565 D Anlagen 4567 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Oktober 1959 4511 84. Sitzung Bonn, den 22. Oktober 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.02 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Dr. Baade 23. 10. Dr. Bärsch 22. 10. Bauer (Wasserburg) 28. 10. Birkelbach 23. 10. Fürst von Bismarck 7. 11. Büttner 22. 10. Corterier 23. 10. Dr. Dehler 23. 10. Demmelmeier 23. 10. Deringer 22. 10. Diekmann 23. 10. Dr. Eckhardt 23. 10. Eilers (Oldenburg) 23. 10. Eisenmann 23. 10. Engelbrecht-Greve 23. 10. Dr. Friedensburg 23. 10. Dr. Furler 23. 10. Gedat 31. 10. Geiger (München) 23. 10. Geldhagen 25. 10. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 31. 10. Hahn 23. 10. Dr. Hellwig 23. 10. Hilbert 1. 12. Hoogen 22. 10. Huth 23. 10. Illerhaus 23. 10. Jahn (Frankfurt) 31. 10. Dr. Jordan 22. 10. Josten 23. 10. Kalbitzer 23. 10. Katzer 23. 10. Dr. Kohut 23. 10. Dr. Kopf 23. 10. Dr. Kreyssig 23. 10. Krüger (Olpe) 7. 11. Dr. Leiske 23. 10. Lenz (Brühl) 23. 10. Dr. Leverkuehn 23. 10. Dr. Lindenberg 23. 10. Lücker (München) 23. 10. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 22. 10. Maier (Freiburg) 15. 12. Margulies 23. 10. Metzger 23. 10. Odenthal 23. 10. Pelster 30. 10. Pohle 23. 10. Dr. Ratzel 23. 10. Rehs 23. 10. Richarts 23. 10. Ruhnke 24. 10. Ruland 23. 10. Scharnowski 29. 10. Scheel 23. 10. Dr. Schild 23. 10. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Schmidt (Gellersen) 22. 10. Schmidt (Hamburg) 23. 10. Dr. Schwörer 24. 10. Dr. Seffrin 23. 10. Dr. Serres 23. 10. Dr. Starke 23. 10. Storch 23. 10. Sträter 23. 10. Frau Strobel 23. 10. Theis 31. 10. Unertl 23. 10. Wagner 23. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 22. 10. Frau Wolff (Berlin) 23. 10. Worms 23. 10. Dr. Zimmer 22. 10. b) Urlaubsanträge Dr. Burgbacher 26. 10. Leber 30. 10. Matthes 15. 11. Anlage 2 Umdruck 394 Änderungsantrag der Abgeordneten Gottesleben, Baldauf, Draeger und Genossen zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Zweites Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksachen 1240, 1294). Der Bundestag wolle beschließen: Hinter Artikel VII wird ein neuer Artikel VIII angefügt: „Artikel VIII Im Saarland gelten bis zum 30. September 1962 die Vorschriften der §§ 143 d biss 143 n, für die übrigen Betriebe im Sinne des § 105 b Abs. 1 der Gewerbeordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Voraussetzungen des § 143 d Abs. 1 Nr. 1 für diese Betriebe nicht erfüllt sein müssen." Bonn, den 21. Oktober 1959 Gottesleben Baldauf Draeger Winkelheide Teriete Wullenhaupt Caspers Harnischfeger Dr. Zimmer Memmel Dr. Reith Balkenhol Dr. Knorr Dr. Winter Dr. Siemer 4568 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Oktober 1959 Anlage 3 Umdruck 395 Änderungsantrag der Abgeordneten Wilhelm, Matzner und Genossen zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Zweites Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksachen 1240, 1294). Der Bundestag wolle beschließen: Hinter Artikel VII wird ein neuer Artikel VIII angefügt: „Artikel VIII Im Saarland gelten bis zum 30. September 1962 die Vorschriften der §§ 143d bis 143 n, für die übrigen Betriebe im Sinne des § 105 b Abs. 1 der Gewerbeordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Voraussetzungen des § 143 d Abs. 1 Nr. 1 für diese Betriebe nicht erfüllt sein müssen." Bonn, den 22. Oktober 1959 Wilhelm Matzner Börner Junghans Höhmann Frau Beyer (Frankfurt Altmaier Welke Dr. Schäfer Dr. Dr. Heinemann Faller Schröder (Osterode) Lange (Essen) Dr. Seume Folger Haage Anlage 4 Umdruck 4001 Änderungsantrag der Fraktion der FDP zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Maßnahmen zur Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft und weitere Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Zweites Änderungsgesetz zum AVAVG) (Drucksachen 1240, 1294). Der Bundestag wolle beschließen: Hinter Artikel VII wird ein neuer Artikel VIII angefügt: „Artikel VIII Im Saarland gelten bis zum 30. September 1962 die Vorschriften der §§ 143 d bis 143 n, für die übrigen Betriebe im Sinne des § 105 b Abs. 1 der Gewerbeordnung entsprechend mit der Maßgabe, daß die Voraussetzungen des § 143 d Abs. 1 Nr, 1 für diese Betriebe nicht erfüllt sein müssen." Bonn, den 22. Oktober 1959 Dr. Hoven Ramms Dr. Schneider (Saarbrücken) Lenz (Trossingen) und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Marta Schanzenbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe noch nicht die Hoffnung wie Herr Ruf, daß diese Vorlagen, die heute begründet worden sind, einen sehr großen Schritt nach vorne in der Kriegsopferversorgung bedeuten werden. Wenn man nämlich diese Debatte sehr aufmerksam verfolgt hat, dann hat man deutlich spüren können, daß wir uns in diesem Hause keineswegs über das Ausmaß der Leistun-



    Frau Schanzenbach
    gen in der Kriegsopferversorgung, aber auch nicht in der Frage der Notwendigkeit einer ausreichenden Hilfe einig sind. Da gehen die Meinungen noch sehr auseinander. Die Debatte hat gezeigt, daß die Kriegsopferversorgung in der heutigen Form einfach als unzulänglich bezeichnet werden muß. Ich habe während dieser Debatte den Eindruck gewonnen, daß es viele in diesem Hause gibt, die anscheinend der Meinung sind, das, was wir bisher für die Kriegsopfer geleistet haben, sei genügend, und daß damit ihr Gewissen einigermaßen beruhigt ist. Sie werden nur dann nervös, wenn praktische Beispiele aufgezeigt werden, an denen eindeutig sichtbar wird, daß doch noch große Notstände, große Unzulänglichkeiten bei den Beschädigten und bei den Hinterbliebenen vorhanden sind.
    Ich glaube, es ist deshalb notwendig, bei dieser Debatte den Blick auf gewisse Erscheinungen zu lenken, die man von der praktischen Seite her sehen muß, damit sie deutlich werden. Wenn solche Gesetzesvorlagen, wie es heute der Fall war, mit geschliffenen Reden, mit einem vorbereiteten Manuskript begründet werden, dann gehen die Ausführungen über die Hörer hinweg. Deshalb ist es ganz gut, wenn, wie in der Rede des Herrn Bazille, einige Beispiele die tatsächliche Lage erkennbar machen.
    Ich möchte versuchen, Ihr Augenmerk auf das Problem der Hinterbliebenen- und der Waisenversorgung zu lenken. Bei der Schaffung des Bundesversorgungsgesetzes im Jahre 1950 waren wir noch in einer Notzeit; das ist heute schon verschiedentlich gesagt worden. Die Hinterbliebenen der beiden Kriege haben sich damals mit der unzureichenden Versorgung abgefunden, weil sie die Hoffnung hatten, daß ihre Versorgung eines Tages besser werden könnte.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Preusker.)

    Aber in der Zwischenzeit haben sowohl die Regierung als auch dieses Parlament in seiner Mehrheit nicht die Versorgung geschaffen, auf die die Hinterbliebenen einen Rechtsanspruch hätten. Es ist eine traurige Angelegenheit, daß im Bundeshaushalt auf Kosten der Kriegshinterbliebenen und auf Kosten der Waisen Millionen eingespart worden sind. Die Kriegshinterbliebenen wurden durch die mangelhafte Versorgung gezwungen, einer Erwerbsarbeit nachzugehen, gezwungen deshalb, weil, selbst wenn die Hinterbliebenen die Grundrente und die Ausgleichsrente bezogen, diese Mittel nicht ausreichten, um die Familie ordentlich zu ernähren. Die Frauen waren gezwungen, zu arbeiten, wenn sie ihre Kinder nicht Not leiden lassen und ihnen eine gute Berufsausbildung geben wollten.
    Wir wissen alle, daß diese Frauen, diese Hinterbliebenen, ein großes Maß an körperlicher und seelischer Leistung vollbringen mußten. Auch Frau Dr. Probst hat in ihrer Begründung des Gesetzentwurfes der CDU/CSU, DP darauf hingewiesen, welch außerordentlich wichtige Erziehungsaufgabe die hinterbliebenen Frauen bei ihren Kindern allein leisten mußten. Niemand hat ihnen geholfen. Hier muß ich dem Familienministerium einen sehr ernsten Vorwurf machen. Ich bedauere, daß der Herr
    Familienminister in der Zwischenzeit weggegangen ist. Warum haben wir ein Familienministerium, wenn es nicht in der Lage ist, diesen Halbfamilien, diesen Frauen, die nicht nur eine materielle, sondern in den Erziehungsfragen auch eine persönliche Hilfe so dringend nötig gehabt hätten, zu helfen? Das Familienministerium hat hier nichts getan. Mir ist jedenfalls nichts dergleichen bekanntgeworden. Soweit ich weiß, ist den Hinterbliebenen und den Waisen durch das Familienministerium weder in wirtschaftlicher noch in sozialpolitischer noch in erzieherischer Hinsicht eine wirkliche Hilfe gegeben worden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es nützt nichts, wenn im Grundgesetz steht, daß unser Staat die Familie unter seinen besonderen Schutz stellt. Das ist eine Deklamation, die Leben bekommen muß. Das heißt, wir müssen die Familie, besonders die Halbfamilie, von der sozialpolitischen Seite her abschirmen. Ich glaube, hier ist nicht nur für die Normalfamilie, sondern eben auch ganz besonders für die Halbfamilie der Hinterbliebenen viel zuwenig getan worden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir haben die ganze Sorge für die Erziehung der Kinder den Hinterbliebenen überlassen.
    Die Vertreter der Regierungsparteien weisen in der Öffentlichkeit stets darauf hin, daß die Frau keine Erwerbsarbeit annehmen, sondern zu Hause bleiben soll, um ihre Kinder ordentlich erziehen zu können. Aber dieselben Vertreter haben mit ihrem Bundesversorgungsgesetz die Frauen der Gefallenen und Vermißten gezwungen, einer Erwerbsarbeit nachzugehen.

    (Abg. Arndgen: Da haben Sie doch mitgestimmt!)

    — Natürlich haben wir mitgestimmt.

    (Abg. Arndgen: Na also!)

    Wir hatten andere Vorstellungen, Herr Arndgen. Wir wollten eine bessere Versorgung haben. Aber weil wir selbst das wenige an Leistungen nur mit Ihrer Mehrheit erreichen konnten, haben wir zugestimmt.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wir waren immer der Meinung, daß die Versorgung der Hinterbliebenen und der Waisen besser sein müsse, als sie zur Zeit im Bundesversorgungsgesetz festgelegt ist.
    Die Ungerechtigkeit dieses Bundesversorgungsgesetzes für die Hinterbliebenen liegt doch darin, daß den Frauen, wenn sie nun schon gezwungen sind, einer Erwerbsarbeit nachzugehen, von dem Einkommen, das sie haben, ein wesentlicher Teil angerechnet wird, so daß nicht die Frauen, nicht die Familien, nicht die Kinder die Gewinnenden aus dieser überhöhten Leistung der Frau sind, sondern der Bundeshaushalt, der seit 1950 Millionen und Millionen durch diese besondere Arbeitsleistung der Frau eingespart hat. Ich habe immer den Eindruck, daß das kein sittliches Verhalten des Staates ist.

    (Beifall bei der SPD.)




    Frau Schanzenbach
    Der Staat hat den Familien gegenüber eine größere Verpflichtung.
    Ich will Ihnen ein Beispiel dafür nennen, wie es sich auswirkt, wenn eine Frau, die Grundrente und Ausgleichsrente bezieht, einer Erwerbsarbeit nachgeht. Eine Stenotypistin, die ein Bruttogehalt von 400 DM hat und netto etwa 350 DM erhält, verliert wegen dieses Einkommens ihre Ausgleichsrente, und zwar die volle Ausgleichsrente in Höhe von 95 DM. Sie verliert außerdem die Ausgleichsrente für ihr Kind in Höhe von etwa 40 DM, so daß die Waise statt 50 DM Ausgleichsrente wegen des Arbeitseinkommens der Mutter nur noch 10 DM Ausgleichsrente erhält. Der Staat steckt also von dem Arbeitseinkommen der Frau, das 350 Mark beträgt, etwa 135 Mark ein.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Wenn diese Frau ein paar Mark mehr Einkommen bezieht, wird das Kind daraufhin keinen Anspruch auf Ausgleichsrente haben. Das bedeutet, daß auch kein Anspruch mehr besteht auf die Kosten für die Schul- und Berufsausbildung, denn die Gewährung von Schulgeld-, von Lehrmittelfreiheit, von Fahrgeld, ist an die Gewährung von Ausgleichsrente gebunden. Durch die Anrechnungsbestimmungen ergeben sich außerordentliche Härten für die erwerbstätigen Hinterbliebenen, die unter besonderer Kraftaufwendung versuchen, ihre Familie wirtschaftlich in eine bessere Lage zu bringen.

    (Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)

    Wir haben am 30. September dieses Jahres 570 000 Waisen gehabt. Es ist hier schon gesagt worden, daß in den nächsten zwei Jahren etwa die Hälfte dieser Waisen aus der Versorgung ausscheidet. Die Etatansätze für die Versorgung dieser Waisen werden also geringer werden. Ich bin der Meinung, daß diese Mittel für die zusätzliche Versorgung der Waisen und Witwen verwendet werden müßten.
    Wenn diese Frauen jetzt 10 Jahre und länger in der aufreibenden Erwerbstätigkeit stehen und von dem Tempo in der Industrie körperlich und seelisch ungeheuer beansprucht werden, besteht die Gefahr, daß sie dieses Arbeitstempo nicht mehr lange aushalten. Wir sollten deshalb Vorsorge treffen, daß die Frauen, ehe sie invalide werden, aus der Arbeit ausscheiden können. Das ist dadurch möglich, daß wir eine bessere Grundrente und durch Wegfall der Anrechnungsbestimmungen Erleichterungen schaffen. Damit käme das Arbeitseinkommen der Frau der Familie und den Kindern — und nicht dem Bundeshaushalt — zugute.
    Wir haben in der Bundesrepublik einen erhöhten Wohlstand, und wir sollten auch den Anteil der Kriegsopfer an diesem Wohlstand erhöhen. Das können wir nur dadurch, daß wir in der in den drei hierzu eingebrachten Vorlagen angedeuteten Richtung gehen und die Grundrente verbessern. Das ist die einzige Möglichkeit, überhaupt eine wirkliche Verbesserung in die Kriegsopferversorgung hineinzubringen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Alles, was mit der Ausgleichsrente zu tun hat, ist nur eine Halbheit, bringt unangenehme Erscheinungen, bringt Demütigungen und Entwürdigungen mit sich. Nur wenn der Mensch einen Rechtsanspruch hat und weiß, womit er rechnen kann, wird die Unsicherheit von ihm genommen.
    In diesem Zusammenhang möchte ich auch einmal fragen: Was sagt denn der Herr Verteidigungsminister zu dieser Regelung für die Hinterbliebenen? Ich kann mir nicht vorstellen, daß die jungen Soldaten und auch die älteren, die an einer Übung teilnehmen, gern sich dem Wehrdienst stellen, wenn sie wissen, daß ihre Familie, falls sie verunglücken sollten, der bittersten Not preisgegeben ist.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)

    Die vorliegenden Anträge bringen eine Verlagerung des Versorgungsrechts nach der richtigen Seite hin. Wir sollten alles tun, um die Grundrenten zu erhöhen und damit den Kriegsopfern einen größeren Rechtsanspruch zu geben. Wir sollten aber auch erreichen, daß die unangenehmen, unwürdigen und unberechtigten Anrechnungsbestimmungen fallengelassen werden.
    Seien wir uns doch darüber klar, daß die Frauen, die ihre Männer verloren haben, für den Verlust an Lebensglück nicht entschädigt werden können, wie es auch für die Kinder keinen Ersatz dafür gibt, daß sie ohne Vater heranwachsen müssen. Aber in einer Zeit des wirtschaftlichen Wohlstandes sollten wir auf die Bedürfnisse der hinterbliebenen Familien die größte Rücksicht nehmen. Ich kann Sie deshalb nur darum bitten, Einsicht zu haben und dafür zu sorgen, daß den Beschädigten, aber auch den Hinterbliebenen und den Waisen, von unserer Gesellschaft das Recht zuteil wird, auf das sie Anspruch haben.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Margot Kalinke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Ich glaube, unter den Abgeordneten des Hauses, die sich für die Lösung der Probleme unserer Sozialpolitik verantwortlich fühlen, war niemand, der für die heutige Debatte nicht dieselbe Atmosphäre absoluter parteipolitischer Neutralität gewünscht hätte, wie wir sie im 1. Bundestag für die Lösung der Probleme der Opfer des Krieges hatten.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Wohl jedes Mitglied dieses Hauses wird von dem, was aus dieser Debatte trotz aller Mahnungen geworden ist, erregt sein.
    Opfer des Krieges sind Millionen, die heute noch die Schmerzen, die Leiden und andere Folgen des Krieges, nicht nur die materiellen, sondern vor allem die seelischen, zu tragen haben. Aber Opfer des Krieges sind nicht nur versehrte Soldaten von gestern, und ihnen gleichzustellen sind nicht nur die Soldaten, die heute durch Unfall oder sonst bei der Ausübung ihres Wehrdienstes beschädigt werden,



    Frau Kalinke
    Opfer des Krieges sind doch vor unser aller Augen auch die vielen in unserem Volk, die die Heimat verloren haben, und die vielen, die noch auf die Vereinigung mit uns und auf eine gemeinsame Sozialpolitik für alle Deutschen warten müssen. Wenn man sich vorstellt, wie groß die Zahl der Alten und Einsamen unter den Opfern des Krieges ist, muß man sich doppelt verpflichtet fühlen, das Anliegen dieser Opfer nicht zum Anlaß parteipolitischer Polemik zu nehmen.

    (Sehr gut! bei den Regierungsparteien.)

    Das Mitgefühl, die Sympathie und der Wille zum Helfen sind, wenn es um unsere Kriegsopfer geht, bei den Deutschen quer durch alle Parteien immer lebendig. Deshalb bedarf es gar keiner Auseinandersetzung in diesem Stil. Wir sollten weniger große Worte machen, auch weniger an die religiöse Verantwortung appellieren, sollten weniger Sprüche machen, sondern besser handeln.

    (Erneute Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Nach den erregenden Wochen, in denen die Gemüter aufgeputscht wurden, sollten wir alles tun, um eine Beruhigung herbeizuführen.
    Wir sollten uns immer wieder daran erinnern, zu welchen Folgen in der deutschen Politik vergiftende, zerstörende, hetzerische, vielleicht nicht so gemeinte, nur in der Erregung der Stunde so gesprochene Worte geführt haben, Folgen, an denen wir heute noch zu tragen haben.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Es erregt mich sehr, wenn ich an die Ausführungen denke — und das ist der Grund, weshalb ich mich zu Worte gemeldet habe —, die der Kollege Bazille, mit dem uns doch eine gute und, wie ich meine, sehr verantwortungsbewußte Zusammenarbeit in vielen Jahren verbunden hat, heute glaubte machen zu müssen.
    Meine Fraktion hat sich sehr frühzeitig für die Erhöhung der Grundrenten und für die Fortsetzung der Reformarbeiten ausgesprochen und in aller Sachlichkeit auch mit den verschiedenen Meinungen bei ihren Koalitionspartnern gerungen. Wir haben schon sehr frühzeitig darauf aufmerksam gemacht, daß die Sozialpolitik, wie es auch der Bundesminister für Arbeit im Schrifttum immer wieder betont hat, eine Einheit ist. Auch haben wir schon sehr früh gemahnt, immer wenn an das soziale Gewissen anläßlich sozialer Reformen appelliert wurde, nicht den unendlich großen Fehler zu machen, die Kriegsopfer die Letzten sein zu lassen. Auch wenn wir in dieser Frage verschiedene Meinungen im Hause hatten, sollten wir heute glücklich darüber sein, daß wir in der Ausschußarbeit an dieser Novelle einen gemeinsamen Weg beginnen können, auf dem wir, so meine ich, allen wesentlichen Anliegen der Kriegsopfer und ihrer Verbände entsprechen können.