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ID0308302000

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    Deutscher Bundestag 83. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1959 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwandlungs-Steuergesetzes (SPD) (Drucksache 1151); Mündlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 1194) — Zweite Beratung — . . . . . . . . 4477 B Entwurf eines Straßenbaufinanzierungsgesetzes (Drucksache 1247) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Schaffung eines Straßenfonds und die Bundeshilfe für Straßenbau und -unterhaltung (Verkehrsfinanzgesetz 1959) (SPD) (Drucksache 1275) — Erste Beratung — Etzel, Bundesminister 4477 C Dr. Seiermann, Staatssekretär 4481 D, 4491 D Dr. Bleiß (SPD) . 4483 C, 4490 B, 4503 D Müller-Hermann (CDU/CSU) 4487 D, 4490 B, 4507 B Eisenmann (FDP) 4492 B Dr. Besold (CDU/CSU) 4496 D Dr. Dresbach (CDU/CSU) 4498 B Drachsler (CDU/CSU) 4499 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 4501 A Rademacher (FDP) 4502 A Ritzel (SPD) 4504 D Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Deist außerhalb der Tagesordnung . . . . 4507 D Nächste Sitzung 4507 D Anlage 4509 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 83. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1959 4477 83. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 83. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1959 4509 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 16. 10. Bauer (Wasserburg) 28. 10. Bergmann 16. 10. Birkelbach 16. 10. Dr. Birrenbach 16. 10. Fürst von Bismarck 7. 11. Blachstein 16. 10. Blöcker 16. 10. von Bodelschwingh 16. 10. Dr. Brecht 16. 10. Dr. Bucerius 16. 10. Demmelmeier 16. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 16. 10. Dopatka 17. 10. Eilers (Oldenburg) 16. 10. Engelbrecht-Greve 16. 10. Even (Köln) 17. 10. Dr. Franz 18. 10. Dr. Frey 16. 10. Dr. Friedensburg 16. 10. Fritz (Welzheim) 17. 10. Gedat 24. 10. Geiger (München) 16. 10. Gerns 16. 10. Glahn 16. 10. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 31. 10. Hackethal 16. 10. Häussler 16. 10. Dr. Heck (Rottweil) 16. 10. Dr. Hellwig 16. 10. Hermsdorf 16. 10. Hilbert 1. 12. Holla 16. 10. Dr. Jordan 16. 10. Josten 23. 10. Keller 16. 10. Kemmer 16. 10. Könen (Düsseldorf) 18. 10. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Kopf 16. 10. Krüger (Olpe) 7. 11. Kühlthau 16. 10. Dr. Leiske 17. 10. Lücker (München) 16. 10. Ludwig 16. 10. Mattick 16. 10. Meitmann 16. 10. Dr. Menzel 16. 10. Metzger 16. 10. Freiherr von Mühlen 16. 10. Neuburger 16. 10. Frau Niggemeyer 17. 10. 011enhauer 16. 10. Pelster 30. 10. Dr. Ratzel 16. 10. Rasner 16. 10. Recktenwald 16. 10. Rehs 19. 10. Frau Renger 16. 10. Dr. Rüdel (Kiel) 16. 10. Scharnowski 29. 10. Scheel 16. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 10. Schultz 16. 10. Schütz (Berlin) 16. 10. Frau Dr. Schwarzhaupt 16. 10. Dr. Schwörer 24. 10. Dr. Serres 23. 10. Spitzmüller 16. 10. Stahl 16. 10. Dr. Stammberger 16. 10. Dr. Starke 16. 10. Dr. Steinmetz 16. 10. Stenger 16. 10. Storch 17. 10. Sträter 17. 10. Theis 31. 10. Dr. Wahl 21. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 18. 10. Wehner 16. 10. Wieninger 16. 10. Frau Wolff (Berlin) 16. 10.
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    Rede von Dr. Anton Besold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Zeit und weil noch andere Kollegen zu Wort kommen möchten, nur einige Bemerkungen machen.
    Vielleicht darf ich, Herr Kollege Bleiß, auf Ihre Einführungsworte und Ihre Vorbemerkungen zurückkommen, in denen Sie der Bundesregierung vorgeworfen haben, sie habe nicht alles getan, was möglich gewesen wäre. Sie haben dabei ,auf den Artikel in der „Welt" hingewiesen, in dem von „Autochaos" gesprochen worden ist. Sie haben gesagt, daß die in diesem Artikel enthaltenen Vorwürfe im Hinblick auf gewisse Vernachlässigungen der Bundesregierung doch gerechtfertigt seien, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Herr Müller-Hermann hat Ihnen schon erklärt — das wissen wir alle, darüber brau-



    Dr. Besold
    chen wir kaum zu sprechen —, daß die Bundesnegierung und wir alle in dieser Zeit Maßnahmen zu treffen hatten, die vordringlicher waren. Aber es ist doch wohl gut, wie wir ganz genau wissen, daß dieses globale Straßenbaufinanzierungsgesetz nicht so schnell gekommen ist — obwohl wir es selber eher wünschten —, weil noch andere sachliche Gründe, die wir alle erkennen und auch im Verkehrsausschuß besprochen haben, gegeben sind, aus denen wir froh sein sollten, daß wir langsam in den Verbrauch der jetzt zur Verfügung stehenden Mittel hineinwachsen.
    Wir wissen, daß Bund und Länder schon bisher viel zu tun hatten, um die bereits bis jetzt zur Verfügung gestellten Gelder zu verbauen, weil die Kapazität der Straßenbauindustrie noch nicht so groß gewesen ist, weil wir auch andere Engpässe hatten — z. B. die Planung , die erst überwunden werden mußten. Wenn wir heuer ein Volumen von 1,4 Milliarden DM verbauen und das nächste Jahr einen Sprung auf 2 Milliarden machen, werden wir alle Kräfte, Menschenkräfte, Unternehmerkräfte und Geräte anzuspannen haben, um dieses Volumen auch tatsächlich auszufüllen.
    Man sollte hier also nicht — Herr Kollege Eisenmann, Sie haben es auch gesagt — von einer gefährlichen Vernachlässigung der Verkehrspolitik durch die Bundesregierung sprechen. Herr Kollege Bleiß, ich sage es Ihnen auch deshalb, weil Sie uns, bevor wir mit dem Verkehrsausschuß nach München gefahren sind, durch eine Presseerklärung vor den Bug geschossen und die Verkehrspolitik der Bundesregierung sehr stark angegriffen haben, obwohl Sie auf Grund der Tatsachen wissen müssen, daß im Rahmen des bisher Möglichen alles getan worden ist, was finanziell sowohl von der Bundesregierung als auch von den Ländern geleistet, andererseits aber auch von der Bauindustrie durch den Einsatz von Menschen und Maschinen verkraftet werden konnte.
    Wir wissen doch auch, meine Herren, daß in der Wohnungsbauwirtschaft die Kapazitäten erst langsam anwachsen mußten, um ein Volumen von 500 000 Wohnungen Jahr bewältigen zu können. In der Straßenbauindustrie sind wir heute so weit, daß wir das jetzt anlaufende Straßenbaufinanzierungsgesetz auch verwirklichen können.
    Wir wissen auch, Herr Kollege Bleiß, daß von 1950 bis 1957 die Zahl der Kraftfahrzeuge gestiegen ist —
    das ist in der ganzen Welt so — und daß die Länge der Straßen in der gleichen Zeit nur um knapp 1 % und die der Autobahnen um 6 % zugenommen hat. Wir wissen alle, daß Motorisierung und Straßenkapazität nicht in der gleichen Kurve steigen und daß wir diese Diskrepanz vielleicht auch durch die größten finanziellen Anstrengungen im Straßenbau, soweit wir ihn verkraften können, gar nicht aufhalten können. Vielleicht müssen eines Tages zusätzlich noch andere Wege beschritten werden, um einem Verkehrschaos zu entgehen.

    (Zuruf von der SPD: Nicht „eines Tages", sondern jetzt, sofort!)

    — Na ja, so weit wie in Amerika sind wir noch
    nicht. Es kann durchaus eintreten, was Sie befürchten, weil in unserem Land dem Ausbau des Straßennetzes engere Grenzen gezogen sind als in Amerika. Aber, Herr Kollege, da dürfen Sie nicht der Bundesregierung die Schuldgeben. Kein anderes Land hat in den letzten zehn Jahren auf allen Gebieten so viel geleistet wie die Bundesrepublik; denken Sie an den sozialen Wohnungsbau und an die sozialen Leistungen.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Wir sind ja dran; darüber brauchen wir nicht mehr zu reden. Die Vorlage ist da; sie ist zunächst ein erster Schritt. Die finanzielle Fundierung ist vorhanden, und was der Plan vorsieht, kann auch arbeitsmäßig verkraftet werden.
    Es wird hier, insbesondere von der SPD, immer wieder behauptet, für die Gemeinden werde nichts getan. Ich brauche die Zahlen, die der Herr Bundesfinanzminister und andere Redner genannt haben, nicht zu wiederholen. Als ich den Vierjahresplan sah, war ich zunächst darüber erstaunt, daß für die Bundesstraßen und für die Autobahnen je 3 Milliarden DM über vier Jahre hin zur Verfügung gestellt werden, obwohl doch die Bundesstraßen 24 400 km lang sind, während die Autobahnen lediglich eine Länge von 2400 km haben. Trotz dieses Längenunterschiedes werden die gleichen Beträge zur Verfügung gestellt. Ich verstehe aber die Beweggründe. Es ist ein kühner Plan des Herrn Bundesverkehrsministers, und ,ich halte diesen Plan auch für richtig, in den vier Jahren den Autobahnbau so weit voranzubringen, daß ein geschlossenes Netz vorhanden ist. Deshalb steckt der Bundesverkehrsminister prozentual das Zehnfache von dem in ,die Autobahnen, was er für die Bundesstraßen bereitstellt.
    Ich meine aber, daß der Herr Bundesverkehrsminister einen Schwerpunkt nicht genügend berücksichtigt hat, bei dem eine viel gefährlichere Lage entstehen kann. Ich denke da an die Gemeinden mit über 9000 Einwohnern, insbesondere an die Großstädte, wo wir große Ballungen, Stauungen und Störungen — oft unüberwindliche Störungen — haben oder künftig noch mehr haben werden. Infolge der mittelalterlichen Bauweise unserer meisten Städte sind die Straßen eng. Die Kosten einer Erweiterung der Straßen oder einer sonstigen Abhilfe können die Städte einfach nicht tragen. Die großen Gemeinden werden nicht in der Lage sein, die Engpässe des Verkehrs schnell genug zu beseitigen.
    Ich habe für den Straßenaufstufungsplan des Herrn Bundesverkehrsministers durchaus Sympathie. Um den Gemeinden zu helfen, will er Landstraßen I. Ordnung als Bundesstraßen übernehmen und Kreisstraßen in Landstraßen aufstufen. Das ist ein Plan, der überlegt werden muß. Nach meiner Überzeugung sollte man aber ,diese Frage im Augenblick zurückstellen. Die 400 Millionen DM, die für die Aufstufung eingesetzt sind, sollte man den Gemeinden über 9000 Einwohnern als Zuschüsse zur Verfügung stellen, weil dort mit gezielten Maßnahmen viel rascher die akuten Verkehrsprobleme gelöst werden können. Man kann die Aufstufungsfrage vielleicht beim nächsten Vier-



    Dr. Besold
    jahresplan anfassen. Dadurch erreichen wir nämlich, daß für die Großstädte, die ihre Verkehrsprobleme lösen müssen, in diesen vier Jahren nicht nur 400 Millionen DM zur Regelung der Verkehrsprobleme eingesetzt werden, sondern daß es der dreifache Betrag wird, weil ja nach den bisherigen Gepflogenheiten des Bundes bei solchen Zuschüssen sowohl die Länder als auch die Gemeinden verpflichtet wurden, den gleichen Zuschuß zu zahlen. Wir würden also eine Verdreifachung erreichen. Ich glaube auch, daß sich die Länder und Gemeinden bemühen werden, gerade für die Städte, in denen die Verkehrsprobleme so akut werden, diese Mittel aufzubringen. Bei einer derartigen Hilfe, Herr Kollege Bleiß, wenn über den Einzelfall der gemeinsamen Finanzierung zwischen Bund, Land und Gemeinden verhandelt werden muß, werden durch die Verhandlungen und durch die Einzelbezuschussungen die richtigen Maßnahmen getroffen werden. Ich glaube nicht, daß bei Ihrem Plan, in dem Sie die Gemeinden völlig selbständig und von dem Einfluß des Bundes wie auch der Länder unabhängig machen, eine vernünftige Planung zustande kommt.
    Ich bitte den Herrn Verkehrsminister, von diesem Vorschlag Gebrauch zu machen. Es ist nicht so wichtig, jetzt die Aufstufung der Landstraßen I. Ordnung zu Bundesstraßen zu erreichen. Damit wird den Gemeinden nur eine unechte Hilfe gebracht. Wenn hingegen die Aufstufung einstweilen zurückgestellt wird und die 400 Millionen DM dorthin geleitet werden, wo gezielte und rasch wirksaure Maßnahmen notwendig sind, wird meines Erachtens eine bessere und schnellere Hilfe erreicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Dresbach.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. August Dresbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Freund Müller-Hermann hat mich als einen entschiedenen Gegner der Zweckbindung von Steuern angesprochen. Damit kommt man ja schon in den Geruch, als wenn man von vornherein ein Feind der gerechten Sache der Fuhrleute und ihrer Begleittruppen sei.

    (Heiterkeit.)

    Das bin ich nun keinesfalls. Der Straßenbau ist von jeher eine öffentliche Aufgabe gewesen, im Gegensatz beispielsweise zum Wohnungsbau, bei dem die öffentliche Finanzierung in unserem Gebiet erst nach dem ersten Krieg eingesetzt hat. Ich habe die Hoffnung, daß Mittel, die wir mit der Zeit aus dem Wohnungsbau herausziehen können, vermehrt für den Straßenbau verwandt werden können. Damit hoffe ich mich vor der Straßenbauliga zunächst einmal salviert zu haben.

    (Heiterkeit.)

    Aber ich lehne den Begriff der Zweckentfremdung rundweg ab, und zwar aus Gründen der auch historisch zu erweisenden Wahrheit, daß das Motiv einer Steuer auf keinen Fall ihre Spezialverwendung festlegen kann.
    Ich darf einmal auf das Beispiel der Gewerbesteuer verweisen. Die Gewerbesteuer moderner Prägung ist aus der Äquivalenzthese des preußischen Finanzministers von Miguel entstanden, aus der Auffassung, daß ein Gewerbebetrieb Lasten verursache, vornehmlich Polizeilasten, Wegebaulasten, Schulbaulasten und Armenlasten, wie es in den neunziger Jahren noch hieß. Aber niemand hat daran gedacht, das Erträgnis der Gewerbesteuer an einen solchen Spezialhaushalt im Haushalt der Gemeinden irgendwie zweckzubinden.

    (Abg. Dr. Vogel: Sehr richtig!)

    Die Mineralölsteuer ist eine Verbrauchsteuer genauso wie die Zuckersteuer, die Leuchtmittelsteuer usw.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Es ist eine Wortklauberei, wenn man hier von Abgaben und von Steuern spricht. Der Begriff Abgabe ist ein Oberbegriff, unter den Steuern und Gebühren fallen.
    Nun wollen wir eine neue Zwecksteuer in Form der Heizölsteuer schaffen, deren Aufkommen für die Finanzierung der Sozialaufwendungen zweckgebunden werden soll, die im Bergbau infolge seiner Strukturwandlung entstehen. Das ist eine neue Zerreißung der Einheit von Kasse und Haushalt.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wenn man sich auf wissenschaftliche Autoritäten älterer Art beruft, kommt man hier gewiß in den Verdacht, daß man antiquiert, ein fossiles Ding ist, das noch nicht weiß, was ein Auto oder eine moderne Straße ist. Aber ich möchte Sie und auch die Privatdozenten aus dem Wissenschaftlichen Beirat bitten, sich doch einmal hin und wieder mit Adolph Wagner zu befassen — das war nicht der Gauleiter, sondern der einstmals berühmte Professor an der Berliner Universität.

    (Heiterkeit.)

    Ich habe soeben den Freien Demokraten, zu denen ich doch so manche netten Gefühle habe, zugerufen: Ihr seid mir scheene Liberale! Meine Damen und Herren von der FDP, die Rückkehr zur Fondswirtschaft, die Sie wollen, ist das System des Ancien régime gewesen, und erst der Liberalismus des 19. Jahrhunderts hat uns von diesem System heruntergeholfen. Ihr seid mir scheene Liberale!

    (Heiterkeit.)

    Wenn Sie mit den Bindungen von öffentlichen Abgaben so fortfahren, werden Sie dahin gelangen, daß andere Haushaltsteile entblößt werden oder nur noch schlecht und unzureichend bedient werden können. Oder aber sollen wir das System entwikkeln, unbekümmert um einzelne Haushaltsteile einen Haushalt aufzustellen, der endgültig durch Fehlbetragsanleihen ausgeglichen werden muß? Ich halte das für verhängnisvoll; denn das sind die unerwünschtesten Dinge des öffentlichen Finanzwesens.
    Ich darf auch darauf hinweisen — um noch einmal historisch zu werden —, wie alle diese Bindungen, alle diese Sockel, die man errichtet hat, im Laufe kürzester Zeit wieder geschmolzen sind, sich



    Dr. Dresbach
    auflösen mußten oder vernichtet worden sind. Ich darf an die Franckensteinsche Klausel im Kaiserreich erinnern. Ich darf daran erinnern, daß wir einmal einen Verwendungszweck für die Hauszinssteuer hatten, jene Geldentwertungssteuer nach dem ersten Weltkrieg, und daß es einmal eine Lex Brüning gegeben hat, wonach, wenn das Lohnsteueraufkommen einen gewissen Sockel erreicht hatte, der darüber hinausgehende Betrag an die Sozialversicherungsträger abgeführt werden mußte. Alles ist verschwunden!
    Meine Damen und Herren, ich darf Ihnen einmal an einem Beispiel, das die Straßenbau-Liga in ihrer neuesten Korrespondenz in einer Stellungnahme bringt, darstellen, wohin Ihre Zweckbindung führt.

    (Abg. Schröter [Berlin] : Kollege Dresbach, haben Sie schon einmal von Wien und von Breitner gehört? Da gab es eine zweckbestimmte Steuer für ganze Wohnblocks!)

    Ich habe soeben dargelegt, daß wir dasselbe bei der Hauszinssteuer hatten. Aber als die allgemeine Finanznot der Jahre 1930 und 1931 kam, mußte diese Zweckbestimmung wieder wegfallen. Ich warne davor, Gesetze in die Welt zu setzen, die man eines Tages nicht einhalten kann.

    (Bundesfinanzminister Etzel: Darf man doch gar nicht! Das bedeutet Atomisierung des Haushalts!)

    Zu dem Sockel, den wir schaffen wollen und der für die Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs herhalten soll, erklärt die Straßenbau-Liga, die Darstellung über den finanzwirtschaftlichen Sachverhalt sei verkehrt; dieser Betrag stelle eine innere Anleihe des allgemeinen Bundeshaushalts an dem Aufkommen aus spezifischen Straßenbauabgaben des Kraftverkehrs dar. Meine Herren, weiter geht es kaum noch. Das endet fast beim Steuervertrag, also bei einer privatrechtlichen Auffassung über Steuern und Abgaben. Die Herren Fuhrleute, zu denen die Automobilindustrie, das Straßenbaugewerbe und das Kraftfahrgewerbe gehören, erklären gnädigst diesem Hohen Hause: Das bestimmen wir; wir wollen euch großzügig einen Teil als innere Anleihe überlassen.
    Meine Herren, wohin soll es führen, wenn nächstens alle Steuerpflichtigen dem Bund jeweils erklären: Den Verwendungszweck bestimmen wir, aber wir sind großzügig und überlassen euch noch einen Teil zur allgemeinen Finanzbedarfsdeckung?
    Herr Ritzel, ich sehe Sie als von mir hochgeschätzten Mann des Haushaltswesens gerade da sitzen. Wohin kommen wir mit der Autonomie der gesetzgebenden Körperschaften in Haushaltsdingen, wenn solche Zerreißungen und Einschneidungen immer wieder Platz greifen oder gar verstärkt werden? Das möchte ich Sie einmal fragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber, verehrte Damen und Herren, ich bin mir natürlich darüber klar, daß hier, wo das Wort von der „Zweckentfremdung" in apodiktischer Art in die Manege geschleudert worden ist, unsereiner geradezu als ein Trottel dasteht, wenn er noch solche immerhin ganz ordentlich fundierte Dinge aus seinem Studium und aus seiner Praxis vorträgt. Wie ist es mit solchen Sachen? Ich bin mir bewußt: ein erfolgreicher Fechter bin ich nicht. Aber ich darf doch mit dem alten Wort schließen, das man immer verwendet, wenn man sich sagt: Du wolltest ihnen noch einmal die Wahrheit sagen, aber sie nehmen es doch nicht an: Dixi et scripsi et salvavi animam meam.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)