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ID0308301800

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    Deutscher Bundestag 83. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1959 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Umwandlungs-Steuergesetzes (SPD) (Drucksache 1151); Mündlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 1194) — Zweite Beratung — . . . . . . . . 4477 B Entwurf eines Straßenbaufinanzierungsgesetzes (Drucksache 1247) — Erste Beratung —; in Verbindung mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Schaffung eines Straßenfonds und die Bundeshilfe für Straßenbau und -unterhaltung (Verkehrsfinanzgesetz 1959) (SPD) (Drucksache 1275) — Erste Beratung — Etzel, Bundesminister 4477 C Dr. Seiermann, Staatssekretär 4481 D, 4491 D Dr. Bleiß (SPD) . 4483 C, 4490 B, 4503 D Müller-Hermann (CDU/CSU) 4487 D, 4490 B, 4507 B Eisenmann (FDP) 4492 B Dr. Besold (CDU/CSU) 4496 D Dr. Dresbach (CDU/CSU) 4498 B Drachsler (CDU/CSU) 4499 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 4501 A Rademacher (FDP) 4502 A Ritzel (SPD) 4504 D Schriftliche Erklärung des Abg. Dr. Deist außerhalb der Tagesordnung . . . . 4507 D Nächste Sitzung 4507 D Anlage 4509 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 83. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1959 4477 83. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 83. Sitzung. Bonn, Freitag, den 16. Oktober 1959 4509 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 16. 10. Bauer (Wasserburg) 28. 10. Bergmann 16. 10. Birkelbach 16. 10. Dr. Birrenbach 16. 10. Fürst von Bismarck 7. 11. Blachstein 16. 10. Blöcker 16. 10. von Bodelschwingh 16. 10. Dr. Brecht 16. 10. Dr. Bucerius 16. 10. Demmelmeier 16. 10. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 16. 10. Dopatka 17. 10. Eilers (Oldenburg) 16. 10. Engelbrecht-Greve 16. 10. Even (Köln) 17. 10. Dr. Franz 18. 10. Dr. Frey 16. 10. Dr. Friedensburg 16. 10. Fritz (Welzheim) 17. 10. Gedat 24. 10. Geiger (München) 16. 10. Gerns 16. 10. Glahn 16. 10. Dr. Greve 15. 11. Dr. Gülich 31. 10. Hackethal 16. 10. Häussler 16. 10. Dr. Heck (Rottweil) 16. 10. Dr. Hellwig 16. 10. Hermsdorf 16. 10. Hilbert 1. 12. Holla 16. 10. Dr. Jordan 16. 10. Josten 23. 10. Keller 16. 10. Kemmer 16. 10. Könen (Düsseldorf) 18. 10. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Kopf 16. 10. Krüger (Olpe) 7. 11. Kühlthau 16. 10. Dr. Leiske 17. 10. Lücker (München) 16. 10. Ludwig 16. 10. Mattick 16. 10. Meitmann 16. 10. Dr. Menzel 16. 10. Metzger 16. 10. Freiherr von Mühlen 16. 10. Neuburger 16. 10. Frau Niggemeyer 17. 10. 011enhauer 16. 10. Pelster 30. 10. Dr. Ratzel 16. 10. Rasner 16. 10. Recktenwald 16. 10. Rehs 19. 10. Frau Renger 16. 10. Dr. Rüdel (Kiel) 16. 10. Scharnowski 29. 10. Scheel 16. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 16. 10. Schultz 16. 10. Schütz (Berlin) 16. 10. Frau Dr. Schwarzhaupt 16. 10. Dr. Schwörer 24. 10. Dr. Serres 23. 10. Spitzmüller 16. 10. Stahl 16. 10. Dr. Stammberger 16. 10. Dr. Starke 16. 10. Dr. Steinmetz 16. 10. Stenger 16. 10. Storch 17. 10. Sträter 17. 10. Theis 31. 10. Dr. Wahl 21. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 18. 10. Wehner 16. 10. Wieninger 16. 10. Frau Wolff (Berlin) 16. 10.
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    Rede von Otto Eisenmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine verehrten Damen, meine Herren! Von den Herren Kollegen Dr. Bleiß und Müller-Hermann sind sehr interessante Ausführungen gemacht worden. Der Herr Bundesfinanzminister und der Herr Staatssekretär haben versucht, eine Begründung dafür zu geben, warum das Straßenbaufinanzierungsgesetz eingebracht worden ist; sie haben auch erläutert, was damit bezweckt werden soll.
    Die FDP-Fraktion begrüßt es, daß ein Straßenbaufinanzierungsgesetz eingebracht worden ist. Wir sind allerdings der Meinung, daß es reichlich lange gedauert hat, bis ein solches Gesetz vorgelegt worden ist. Der Herr Bundeskanzler erklärte nämlich schon im Oktober 1957:
    Die Bundesregierung kennt die Verkehrsnot
    der Städte und Gemeinden und wird daher die
    Straßenbaumittel so einsetzen, daß ein in allen Teilen leistungsfähiges Gesamtnetz entsteht.
    Die FDP-Fraktion erwartet von dem Straßenbaufinanzierungsgesetz, daß es die Grundlagen schafft für den Bau eines leistungsfähigen Gesamtstraßennetzes. Das sind unsere Erwartungen und zugleich auch unsere Forderungen.
    Wenn man allerdings den Inhalt dieses Straßenbaufinanzierungsgesetzes betrachtet und ihn mit den Zielen vergleicht, die mit dem Gesetz erreicht werden sollen, dann drängt sich einem ein Vergleich auf. Es ist so, wie wenn ein Vater seinem 18jährigen Buben einen Anzug verpaßt, den dessen jüngerer Bruder getragen hat, der 12 Jahre ,alt ist. Dieser Anzug geht vorne nicht zu und ist unten zu kurz. So scheint es mir auch bei dem Inhalt des vorliegenden Straßenbaufinanzierungsgesetzes zu sein.
    Sicher ist es ein sogenanntes Mindestrahmengesetz, das die Grundlagen für den Ausbau der Bundesfernstraßen in den nächsten vier Jahren schaffen soll. Man muß prüfen, ob auf Grund des vorliegenden Gesetzentwurfes in einer ordentlichen Weise auch die Planung und die Finanzierung des gesamtdeutschen Straßennetzes angepackt und gelöst werden kann. Dabei haben wir auch zu prüfen, inwieweit die heute divergierenden und sich überschneidenden Planungen des Bundes, der Regionalverwaltung, der Kreise und Gemeinden durch einen vielleicht abzuschließenden Staatsvertrag zu einem besseren Zusammenspiel gebracht werden könnten, damit Verzögerungen, wie sie bisher bei einzelnen Bauvorhaben eingetreten sind, vermieden werden.
    Wenn wir bei der Betrachtung dieses Gesetzes davon ausgehen, daß die Straßen als Leistung von der öffentlichen Hand angeboten werden, daß die öffentliche Hand diese Straßen plant und baut, dann haben wir uns darüber hinaus auch Gedanken über das Problem der Finanzierung zu machen.
    Es heißt in diesem Gesetz: Die Finanzierung soll durch die Straßenbenutzer, durch die Verkehrsnutzer sichergestellt werden. Ich hätte die Frage an den Herrn Finanzminister und auch an den Herrn Verkehrsminister oder seinen Herrn Vertreter, den Herrn Staatssekretär, inwieweit man glaubt, eine volle Anlastbarkeit der Straßenbaukosten an die Verkehrsnutzer überhaupt vertreten zu können. Denn wenn der Herr Finanzminister sagt, man müsse einen Sockelbetrag von 600 Millionen abziehen und darüber hinaus andere Beträge, die als echte Verkehrsbeiträge, als- echte Straßenbaubeiträge vom Verkehrsnutzer erhoben werden, muß man sich doch auch einmal darüber klar sein — und darüber sagt das Gesetz leider überhaupt nichts aus —, welche prozentuale obere Grenze der Anlastbarkeit man dem Verkehrsnutzer glaubt zuweisen zu müssen.
    Ich habe darüber im Gesetz nichts gefunden. Mir scheint dies aber geradezu eine Kernfrage zu sein. Denn man muß doch bedenken, daß die Straßen in ihrer Funktion eine überregionale Bedeutung für die Gesamtvolkswirtschaft, für die Landesverteidigung und für den internationalen Verkehr



    Eisenmann
    haben. Man kann doch nicht sagen, daß der deutsche Straßenverkehrsnutzer alles, auch das, was der Gesamtvolkswirtschaft, der Landesverteidigung und dem internationalen Verkehr dient, vorzuleisten hat. Diese Frage also müßte, glaube ich, noch sehr klar beantwortet werden. Wir müßten auch im Ausschuß für Finanzen und Steuern und im Verkehrsausschuß eine klare Auffassung gemeinsam erarbeiten.
    Weitere Probleme, die sich geradezu aufdrängen, hängen mit den Fragen zusammen: Inwieweit geht man von der Eigenwirtschaftlichkeit der Straße aus? Oder darüber hinaus: Haben die Verkehrsträger nur einen Kostenersatz zu leisten? Man muß überlegen, welchen Standpunkt man zur Frage der Verzinsung des Eigenkapitals einnehmen will. Auch darüber ist in dem Gesetz nichts ausgesagt. Man hört nichts über den Wegeverzehr, über die Abschreibung. Man hört nichts über die Reparaturleistungen. Man hört auch nichts darüber, wie man zu einer Aktivierung der Erneuerung innerhalb der gesamten Finanzgebarung kommen will.
    Das sind Dinge, die unbedingt einmal behandelt werden müssen, wenn man schon ein Straßenbaufinanzierungsgesetz vorlegt, das dem Straßenbau in seiner Gesamtheit dienliche Grundlagen schaffen soll. Ich habe es angedeutet: nichts ist ausgesagt vor allem über die Anlastbarkeit. Wir von der FDP sind der Auffassung, daß die obere Grenze der Anlastbarkeit für die Verkehrsnutzer etwa zwischen 72 und 75 Prozent, aber nicht darüber liegen könnte. Diese Dinge wird man noch sehr ausführlich begründen müssen, und wir erwarten, daß auch das Finanzministerium und das Verkehrsministerium einen echten Beitrag leisten zu der Aufgabe, die obere Anlastbarkeitsgrenze zu erarbeiten und festzulegen.
    Man sagt uns: „Seien Sie von den Oppositionsparteien, FDP und SPD, doch einmal froh, daß wir dieses Straßenbaufinanzierungsgesetz vorgelegt haben!" Herr Kollege Müller-Hermann hat gesagt — und das hat er nun, glaube ich, zum wiederholten Male in diesem Hohen Hause gesagt —, daß man infolge der Dringlichkeit anderer zu erfüllender Staatsaufgaben den Straßenbau bisher nicht weiter habe vorziehen können. Ich glaube, Herr Kollege Müller-Hermann, das ist nicht ganz richtig. Denn sicher fehlt bis heute eines: man hat bisher überhaupt noch keine Dringlichkeitsliste der zu erfüllenden Staatsaufgaben aufgestellt. Sollte es stimmen, was Sie bisher gesagt haben, daß der Straßenbau hinter anderen Staatsaufgaben zurückgestellt werden mußte, so sind wir doch sicher übereinstimmend der Meinung, daß der Straßenbau heute in die höchste Dringlichkeitsstufe gehört und daß wir — ohne daß wir zu einem Theorienstreit, wie Sie, Herr Kollege Müller-Hermann, sagen, kommen möchten — sagen müßten, daß die gesamten Verkehrsabgaben nunmehr zweckbezogen für diesen bisher vernachlässigten Straßenbau verwendet werden müßten.

    (Beifall bei der FDP.)

    Meine Damen und Herren, es kann kein Zweifel darüber bestehen — die Herren Vorredner haben es ausgeführt, und die Herren Minister sowie der Vertreter des Verkehrsministers haben es wenigstens angedeutet —, daß man sich im Hause des Herrn Bundesverkehrsministers Mühe gegeben hat, ein funktionsfähiges und leistungsfähiges Gesamtstraßennetz zu erhalten. Ja, ich möchte fast polemisch werden und daran erinnern, daß der Herr Bundesverkehrsminister vor kurzem in den Wahlversammlungen und in einem großen Presseinterview in Bremen gesagt hat, die Bremer Landesregierung sei nicht genügend aktiv geworden, um beim Bund das zu erreichen, was für den Anschluß des Seehafens Bremen an die Entwicklung notwendig gewesen wäre. Ich bin der Auffassung, daß der Herr Bundesverkehrsminister sich selbst hätte an die Brust schlagen und sagen müssen: Was habe ich bei den norddeutschen Seehäfen vielleicht selbst vernachlässigt, oder habe ich nicht genug Vorschläge gemacht, hier zu einer echten Konzeption zu kommen?! So kann man, glaube ich, den Ball doch nicht einem anderen Spieler zuspielen, zumal wenn er wie in diesem Fall einer anderen Mannschaft angehört.
    Ich glaube, daß man nicht zuviel sagt, wenn man behauptet, daß der Straßenbau bisher geradezu sträflich vernachlässigt worden ist.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Meine Damen und Herren, wir haben — das ist bei Gott nichts Neues — festzustellen, daß rund 9 Milliarden DM Straßenverkehrsabgaben, also zweckbezogene Verkehrsabgaben, die dem Kriterium nach keine Steuern sind, von 1949 bis 1959/60 für andere Zwecke verwendet worden sind bzw. werden. Das muß doch auch einmal gesagt werden, wenn man auf der andern Seite behauptet, die Dinge hätten nicht besser angepackt werden können.
    Was das Straßenbaufinanzierungsgesetz betrifft, so möchte ich auf den Gesetzentwurf der SPD nicht eingehen. Sicher enthält er manchen wertvollen Beitrag an konstruktiven Gedanken, die es dem Ausschuß mit ermöglichen werden, hier zu einer brauchbaren Konzeption zu kommen. Wir sind allerdings der Auffassung, daß das vorliegende Straßenbaufinanzierungsgesetz ein Mindestrahmengesetz für die Bundesfernstraßen ist, daß aber die Dotierung der Länder, der Kreise und der Gemeinden insgesamt nicht das Maß erreicht, das notwendig ist, damit auch bis ins letzte Dorf gute Straßen gebaut werden können.
    Ich glaube, wir brauchen uns hier nicht in einen Theorienstreit darüber einzulassen, daß nur ein insgesamt funktionsfähiges Straßennetz den höchstmöglichen volkswirtschaftlichen Effekt sicherstellt und daß der Bund als der Generalplaner für das gesamte auszubauende Straßennetz hier zu einer besseren Koordinierung der Planung und auf der andern Seite, wenn er die Baugestaltung sichergestellt haben will, auch zu einem besseren Straßenbaufinanzverbund zu den Gemeinden und Kreisen als den schwächsten Baulast- und Unterhaltsträgern der Straßen kommen muß.
    Man kann vielleicht eines sagen: Eine schwache Stelle in diesem Gesetz ist darüber hinaus, daß



    Eisenmann
    man den Ländern die Zuweisung bestimmter Finanzmittel in Aussicht stellt und daß es in das Ermessen der Länder gestellt wird, ob sie die volle Finanzmasse an die Gemeinden und Kreise über den kommunalen Finanzausgleich weiterleiten oder welche Abzüge sie vornehmen werden. Dabei kann man sicher feststellen, daß die Straßenbaufreundlichkeit der Länder unterschiedlich ist. Es ist interessant, der Statistik zu entnehmen, inwieweit die deutschen Bundesländer bisher die Kraftverkehrsteuer voll für den Straßenbau benutzt bzw. inwieweit sie Teile davon für andere Finanzaufgaben abgezweigt haben. Ich möchte sagen, man muß schon zu einer der Finanzmasse und dem Prozentsatz nach festen Dotierung, zu echten Relationen zwischen der Finanzmasse beim Bund, den Länderzuweisungen und den Zuweisungen an die Gemeinden und Kreise als die nachgeordneten, aber schwächsten Baulastträger kommen.
    Wenn man die Dinge so sieht, habe ich fast den Eindruck, daß man auf der Bundesebene und daß insbesondere die Bundesregierung wohl um die Verantwortung gegenüber den Partnern, den Kreisen und den Gemeinden, weiß. Man tut immer so, als ob man miteinander verwandt ist, aber man hört und sieht den Verwandten lieber nicht, weil sie ja zu den sogenannten armen Verwandten gehören. Ich glaube, wenn man die Funktionsfähigkeit des Staates von unten her aktivieren und untermauern will, dann muß man bestrebt sein, eine feste Dotierung der Finanzmasse an die nachgeordneten Stellen, die Kreise und Gemeinden nämlich, vorzusehen.
    Man muß wissen, daß sich täglich rund 80 % aller zugelassenen Fahrzeuge auf den Gemeindestraßen und den Straßen der Städte bewegen, und man muß weiter wissen, daß die Gemeinden heute mit einer Verschuldung von insgesamt 9 Milliarden bereits an der obersten Grenze ihrer Leistungskraft und Möglichkeiten angelangt sind. Ich möchte deshalb den Herrn Bundesfinanzminister fragen, wie er glaubt, daß man einigermaßen zu einer Flüssigkeit des Verkehrs und zu einer Herabsetzung der Unfallhäufigkeit auf den Gemeindestraßen, Kreisstraßen und in unseren Städten kommen kann, wenn man nur so geringe Dotierungen, wie sie das Straßenbaufinanzierungsgesetz ausweist, vorsieht. Darüber hinaus weiß man doch, daß sich rund 65 % der Unfälle in den Städten und auf den L II, also auf den Kreis- und den Gemeindestraßen, ereignen. Um dieser Unfallhäufigkeit entgegenzuwirken, ist es geradezu unerläßlich, daß man hier andere Zuweisungen gibt, als sie in dem eingebrachten Gesetz vorgesehen sind.
    Ich möchte nicht über die Entmischung des Verkehrs sprechen. Ich glaube, Herr Dr. Bleiß oder Herr Kollege Müller-Hermann hat dies angedeutet und über die Notwendigkeit des Baues von Radfahrwegen gesprochen. Durch die Entmischung des Verkehrs soll ein Beitrag zur Flüssigkeit des Verkehrs und zur Herabminderung der Unfallhäufigkeit auf unseren Straßen geleistet werden. Das sind Fragen, die im Rahmen der zunehmenden Motorisierungswelle — sprich: des zunehmenden Individualverkehrs — einfach ganz nüchtern gesehen und auch einer Lösung zugeführt werden müssen.
    Die beiden Herren Vorredner haben Ausführungen für und gegen die Zweckbindung der Verkehrsabgaben gemacht. Wir von der FDP vertreten seit Jahr und Tag den Standpunkt, daß die Verkehrsabgaben keine Steuern sind, sondern auf den Straßenbau bezogene Sonderbeiträge, also Verkehrsabgaben sind, die voll und ganz dem Straßenbau zufließen müssen.
    Es ist einfach unerträglich, daß man auf der einen Seite sagt: Wir haben das Geld für den Straßenbau nicht, auf der anderen Seite aber die Verkehrsabgaben erhebt und daß man von diesen durch den Straßenverkehr aufgebrachten Abgaben insgesamt einen Betrag von 1100 bis 1200 Millionen auch in diesem Rechnungsjahr für andere Zwecke verwendet. Und dann wagt man es noch — das möchte ich fast einem staatlichen Willkürakt gleichsetzen —, die Verkehrsabgaben ein zweitesmal zu erhöhen. Das ist inkonsequent, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der FDP.)

    Ich weiß, in diesem Hohen Hause haben vor wenigen Wochen einige Finanzsachverständige geglaubt, sagen zu müssen, daß die Verkehrsabgaben Steuern seien. Sie wissen sehr genau, welche Auffassung wir zu diesen Dingen haben und wie wir dazu gestanden haben und auch heute stehen. Wir freuen uns darüber, daß der Herr Bundesfinanzminister heute ganz eindeutig feststellt, daß die auf die Straße bezogenen Beiträge Verkehrsabgaben sind, und er hat durch die Teilzweckbestimmung dieser Verkehrsabgaben das Kriterium die- ser Straßenbeiträge anerkannt.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. S c h m i d.)

    Wir wünschen, daß man nun einen Schritt weitergeht und die gesamten Beträge als Verkehrsabgabe ausweist, um zu verhindern, daß die Mineralölsteuer und die Kraftfahrzeugsteuer erhöht werden müssen. Ich bin mit meinen Freunden von der FDP der Auffassung — wir hoffen dafür eine Mehrheit in diesem Hohen Hause zu finden —, daß man so lange keine Erhöhung der Mineralölsteuer und der Kraftfahrzeugsteuer durchführen darf, bis auch die letzte D-Mark der Verkehrsabgabe zweckbezogen als Straßenbaubeitrag ausgegeben ist.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Dr. Dresbach: Ihr seid scheene Liberale!)

    — Ich weiß, daß da die Auffassungen auseinandergehen. Es hat keinen Sinn, Herr Kollege Dr. Dresbach, sich hier darüber zu streiten. Wir können allerdings hier oder in der Öffentlichkeit in eine Diskussion über diese Frage eintreten. Ich möchte nur daran erinnern, meine werten Kollegen, daß es der Finanzminister der die Regierung tragenden Partei gewesen ist, der gesagt hat, daß er nicht daran denke, während seiner Amtszeit neue Steuern einzuführen. Wenn man das sagt, muß man auch zu diesem seinem Wort stehen und sollte nicht über dem Umweg, den Straßenbau in der Rangfolge etwa an die letzte Stelle zu setzen, etwas anderes tun und sagen: Wenn ich hier einen



    Eisenmann
    Block von 600 Millionen DM abzweige, reicht es nicht aus; ich erhöhe die Verkehrsabgaben, sprich: die Kraftfahrzeugsteuer und die Mineralölsteuer! Wenn das keine neuen Steuern sind, meine Damen und Herren, 'was sind dann für Sie neue Steuern? Bei welcher Finanzmasse fangen dann bei Ihnen die neuen Steuern an? Das ist doch eine Frage, die an Sie, meine verehrten Damen und Herren, und an den Finanzminister zu stellen ist.

    (Abg. Dr. Dresbach: Herr Kollege, jetzt eben haben Sie ja die Mineralölsteuer doch wieder als Steuer anerkannt!)

    — Verehrter Herr Kollege Dr. Dresbach, die Mineralölsteuer ist dem Begriff nach — so steht es leider im Verkehrsfinanzgesetz — als Steuer ausgewiesen. Dem Kriterium nach ist sie keine Steuer, sondern eine Verkehrsabgabe. Wir sind uns doch darüber einig — —

    (Abg. Dr. Dresbach: Nein, „Abgabe" ist der Oberbegriff!)

    — Wir haben Abgaben, wir haben Gebühren, wir haben Steuern, Herr Kollege Dr. Dresbach. Wir sind uns doch darüber einig: Zweckbestimmung oder nicht Zweckbestimmung, das ist die Frage.

    (Zuruf des Abg. Dr. Dresbach.)

    Daß der Sockelbetrag, den der Herr Finanzminister in seinem Straßenbaufinanzierungsgesetz eingebaut hat, abgebaut wird, das ist doch das Problem.

    (Abg. Krammig: § 1 der Reichsabgabenordnung einmal durchlesen, da steht es drin!)

    — Herr Kollege Krammig, wir haben uns bei der Haushaltsberatung 1959 über dieselbe Sache auch hier unterhalten.

    (Abg. Krammig: Nein, wir haben uns nicht unterhalten. Sie haben nur Behauptungen aufgestellt!)

    — Behauptungen aufgestellt?! Eine Behauptung steht aber im Raum, Herr Kollege Krammig, und das ist eine Aussage Ihres Herrn Ministers, der gesagt hat, er wolle keine Steuererhöhung während dieser Legislaturperiode. Diese Behauptung steht im Raum! Er möge dazu stehen und keine neuen Steuern auf dem Umwege über die Verkehrsabgaben schaffen.

    (Abg. Dr. Vogel: Wenn Sie ein neues Straßenbauprogramm haben, müssen Sie auch neue Gelder beschaffen! — Abg. Dr. Willeke: Keine Ausgabe ohne Dekkung!)

    — Sehr verehrter Herr Dr. Vogel, daß diese Bemerkung kommen würde, habe ich erwartet. Sie haben ja hier vor kurzem auch gesagt, als wir von der FDP und die Freunde von der SPD 3 Millionen DM für den Sport mehr haben wollten,

    (Beifall bei der SPD)

    daß im Rahmen des Gesamthaushalts diese 3 Millionen DM nicht gewährt werden könnten. So kann man doch keine Haushaltspolitik machen und wichtige Aufgaben lösen.
    Wir sind gern bereit, meine verehrten Herren von der CDU-Fraktion, uns in den Ausschüssen in aller Nüchternheit und Sachlichkeit über diese Dinge zu unterhalten, und hoffen, daß wir dann eine Rangfolge und Dringlichkeitsliste aufstellen, die unseren gemeinsamen Überlegungen entspricht.

    (Abg. Dr. Willeke: Sie müssen Ihre Gedanken auch in der Öffentlichkeit vertreten!)

    — Diese Gedanken vertrete ich, wenn Sie wünschen, immer in der Öffentlichkeit, genauso wie hier und heute. Ich würde nur wünschen, daß Ihre Freunde in diesem Hause heute und künftig das sagen, was sie sonst draußen in der Öffentlichkeit behaupten.

    (Beifall bei der FDP und SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Noch ein weiteres zu den Auswirkungen der Mineralölsteuer bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben. Über diese Frage ist hier bis jetzt zu wenig ausgesagt worden. Ich bin der Auffassung, daß der Herr Finanzminister sich sehr wohl darüber Gedanken machen muß und auch wir lalle als für diese Gesetzesgebarung verantwortlich, inwieweit sich eine Mineralölsteuererhöhung auf die öffentlichen und privaten Omnibuslinien-Betriebe auswirkt, die eine echte gemeinwirtschaftliche Aufgabe übernehmen müssen und übernommen haben. Inwieweit Sie lunserer Forderung nicht entsprechen, keine Mineralölsteuererhöhung durchzuführen, durch Subventionen .die sonst eintretende Erhöhung ,der Tarife auffangen wollen, darüber möchte ich von ,Ihnen, meine verehrten Herren Experten von der CDU, gern ine Antwort haben. Ich habe ein Beispiel ,aus der Stadt Lübeck, wo etwa 150 Omnibusse fahren. Durch die Mineralölsteuererhöhung kommt in einem 'einzigen Jahr ein neuer Belastungsbetrag von rund 156 000 DM auf die öffentlichen Verkehrsbetriebe Lübeck zu. Wovon soll das bezahlt werden? Nun kommen Sie vermutlich mit Vorschlägen, wie man das irgendwie ausgleichen könnte. Ich bin gern bereit, Ihren Argumenten zu folgen, wenn sie zutreffend sind.

    (Abg. Müller-Hermann: Herr Eisenmann, ich habe ganz klar meine Meinung gesagt!)

    — Herr Kollege Müller-Hermann, Sie haben diese Dinge angedeutet. Wir müssen sie aber auch ganz nüchtern durchdenken und müssen die Betriebe, ob öffenitliche oder private, die eine Beförderungspflicht nach .gemeinwirtschaftlichen Gesichtspunkten erfüllen, von dieser Erhöhung unter allen Umständen ausklammern.
    Eine zweite Frage in diesem Zusammenhang betrifft vor allem die peripheren Gebiete, insbesondere für Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bayern. Wie haben Sie sich das denn vorgestellt? Wie wird es sich gegenüber den in den Randgebieten stationierten Zweigen des Straßenverkehrs auswirken, wenn die Kraftfahrzeugsteuer und die Mineralölsteuer erhöht wird? Wir haben z. B. in Schleswig-
    Holstein bei 1400 Gemeinden 1061 Gemeinden gleich 75,8 %, die keinen Eisenbahnanschluß haben. Daraus können Sie sich selbst errechnen, welche Funk-



    Eisenmann
    tion und Bedeutung der Straßenverkehr für die Wirtschaft in diesem Raume Schleswig-Holstein hat. Sie können sich selbst errechnen, wie ruinös sich die neuen Belastungen für diese Verkehrsbetriebe )auswirken müssen und wie gefährlich sie darüber hinaus für die peripheren Gebiete, insbesondere für unser Land Schleswig-Holstein — aber auch für andere Gebiete wie Bayern und Niedersachsen, in den Seehäfen ist es ähnlich —, sind. Ich erwarte gern Ihre Vorschläge, wie Sie diese Benachteiligungen ausgleichen wollen.
    Ich brauche hier nicht darüber zu sprechen, daß die Wettbewerbsfähigkeit unserer norddeutschen Seehäfen zugunsten der EWG-Häfen an Rhein, Maas und Schelde gemindert wird. Auch brauche ich nicht auf die immerhin schwierige Situation einzugehen, die durch den Ausbau der Ostseehäfen für uns entsteht. Das sind alles Fragen, die bei der Betrachtung der gesamtwirtschaftlichen und verkehrspolitischen Situation einmal angedeutet werden müssen. Ich hätte gern einmal gewußt, inwieweit der Herr Verkehrsminister und der Herr Finanzminister diese Dinge durchdacht haben und ob man wissentlich durch diese ungerechten Steuererhöhungen ein weiteres wirtschaftliches und soziales Gefälle zu den Randgebieten der Bundesrepublik einleitet oder nicht. Wir erwarten gern Ihre Antwort darauf.

    (Abg. Müller-Hermann: Aber Herr Eisenmann, Ihre Partei ist doch für eine völlig liberale Verkehrspolitik!)

    — Sehr verehrter Herr Kollege Müller-Hermann, ich glaube, in dieser Beziehung sind wir beide gar nicht so weit auseinander. Zu meiner großen Freude habe ich festgestellt, daß wir auch in einer anderen Frage auf einmal nicht mehr so weit auseinander sind. Ich bin Ihnen dafür dankbar, daß auch Sie angedeutet haben, daß das Problem der Maße und Gewichte selbstverständlich die Frage der Straßenbaufinanzierung tangiert. Darüber ist gar kein Zweifel. Wir hoffen, daß der 14-Tonnen-Nutzlastzug des Herrn Seebohm, den dieser von 1955 bis heute vertreten hat, nicht kommt, Herr Staatssekretär. Es war doch der Herr Verkehrsminister Dr. Seebohm, der es durch seine Konzeption verhindert hat, daß man auf der europäischen Ebene zu einer, ich möchte sagen, Verkehrsintegration kam, die yolks- und betriebswirtschaftlich richtig wäre. Das muß auch einmal gesagt werden.
    Ich nehme Ihnen, Herr Staatssekretär, das nicht ab, was Sie hier gesagt haben, daß man sich nämlich seit 1955 so fortschrittlich um die Schaffung eines europäischen Transportgefäßes bemüht habe, wie es nach Ihren Worten eben Ihr Herr Minister getan hat.
    Herr Kollege Müller-Hermann, wir von der FDP sind Ihnen sehr dankbar dafür, daß Sie für die Fraktion der CDU/CSU hier erklärt haben, die Maße, Längen und Gewichte entsprechend der Genfer Konvention — 32-Tonnen-Zug, 10 t Antriebsachse, 18 m Länge — würden von Ihnen vertreten.

    (Abg. Brück: Aber das steht nicht in der Konvention, Herr Eisenmann! Es steht nur „8 Tonnen" drin!)

    — Ich weiß, was in der Konvention steht. Ich wollte nur sagen — wie ich es im letzten Teil meiner Rede über Verkehrsfragen in der Haushaltsdebatte schon angedeutet habe —, daß die CDU-Fraktion es in der Hand hat, hier eine klare Aussage zu machen. Herr Kollege Brück, hier muß die Gesetzesinitiative ergriffen werden, oder die Bundesregierung muß bereit sein, die Rechtsverordnung von 1956 aufzuheben. Das sind doch die beiden Wege, die wir, wie ich annehme, beide aus volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Gründen für möglich halten.
    Die FDP-Fraktion hat in diesen Tagen einen Initiativgesetzentwurf eingebracht, um endlich dieser Unzufriedenheit, diesen Überschneidungen, dieser steuerlichen Benachteiligung des Verkehrsträgers Straße sowie der Unsicherheit beim Produzenten abzuhelfen und darüber hinaus auch endlich auf europäischer Ebene zu einer echten Verkehrsintegration zu kommen. Zu diesem Zweck haben wir den Antrag eingebracht, den 32-Tonnen-Zug —10 Tonnen Antriebsachse und 18 m Länge — bei Beachtung einer straßenschonenden Bauweise zuzulassen. Wir hoffen, daß wir in Kürze in diesem Hause zu einer übereinstimmenden Auffassung hinsichtlich dieser Frage kommen können.
    Es besteht fast, möchte ich sagen, ein gewisses Junktim zwischen Straßenbaufinanzierung, Höhe der Anlastbarkeit der Straßenbaukosten an die Verkehrsnutzer und volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich richtigem Gefäß der Transportträger. Wir wünschen jedenfalls, daß die Ausschüsse und dann dieses Hohe Haus insgesamt bald zu einer Entscheidung kommen, die sowohl die Finanznot der Gemeinden und Kreise behebt, als auch darüber hinaus der Verwirklichung einer gesamteuropäischen Verkehrsintegration dienlich ist. Wir müssen aber auch für den Ausbau eines Straßennetzes sorgen, das von dem Transportgefäß benutzt werden kann, das unserer Ansicht nach das volkswirtschaftlich und betriebswirtschaftlich richtige ist.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Besold.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Anton Besold


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit Rücksicht auf die fortgeschrittene Zeit und weil noch andere Kollegen zu Wort kommen möchten, nur einige Bemerkungen machen.
    Vielleicht darf ich, Herr Kollege Bleiß, auf Ihre Einführungsworte und Ihre Vorbemerkungen zurückkommen, in denen Sie der Bundesregierung vorgeworfen haben, sie habe nicht alles getan, was möglich gewesen wäre. Sie haben dabei ,auf den Artikel in der „Welt" hingewiesen, in dem von „Autochaos" gesprochen worden ist. Sie haben gesagt, daß die in diesem Artikel enthaltenen Vorwürfe im Hinblick auf gewisse Vernachlässigungen der Bundesregierung doch gerechtfertigt seien, wenn auch nicht in diesem Ausmaß. Herr Müller-Hermann hat Ihnen schon erklärt — das wissen wir alle, darüber brau-



    Dr. Besold
    chen wir kaum zu sprechen —, daß die Bundesnegierung und wir alle in dieser Zeit Maßnahmen zu treffen hatten, die vordringlicher waren. Aber es ist doch wohl gut, wie wir ganz genau wissen, daß dieses globale Straßenbaufinanzierungsgesetz nicht so schnell gekommen ist — obwohl wir es selber eher wünschten —, weil noch andere sachliche Gründe, die wir alle erkennen und auch im Verkehrsausschuß besprochen haben, gegeben sind, aus denen wir froh sein sollten, daß wir langsam in den Verbrauch der jetzt zur Verfügung stehenden Mittel hineinwachsen.
    Wir wissen, daß Bund und Länder schon bisher viel zu tun hatten, um die bereits bis jetzt zur Verfügung gestellten Gelder zu verbauen, weil die Kapazität der Straßenbauindustrie noch nicht so groß gewesen ist, weil wir auch andere Engpässe hatten — z. B. die Planung , die erst überwunden werden mußten. Wenn wir heuer ein Volumen von 1,4 Milliarden DM verbauen und das nächste Jahr einen Sprung auf 2 Milliarden machen, werden wir alle Kräfte, Menschenkräfte, Unternehmerkräfte und Geräte anzuspannen haben, um dieses Volumen auch tatsächlich auszufüllen.
    Man sollte hier also nicht — Herr Kollege Eisenmann, Sie haben es auch gesagt — von einer gefährlichen Vernachlässigung der Verkehrspolitik durch die Bundesregierung sprechen. Herr Kollege Bleiß, ich sage es Ihnen auch deshalb, weil Sie uns, bevor wir mit dem Verkehrsausschuß nach München gefahren sind, durch eine Presseerklärung vor den Bug geschossen und die Verkehrspolitik der Bundesregierung sehr stark angegriffen haben, obwohl Sie auf Grund der Tatsachen wissen müssen, daß im Rahmen des bisher Möglichen alles getan worden ist, was finanziell sowohl von der Bundesregierung als auch von den Ländern geleistet, andererseits aber auch von der Bauindustrie durch den Einsatz von Menschen und Maschinen verkraftet werden konnte.
    Wir wissen doch auch, meine Herren, daß in der Wohnungsbauwirtschaft die Kapazitäten erst langsam anwachsen mußten, um ein Volumen von 500 000 Wohnungen Jahr bewältigen zu können. In der Straßenbauindustrie sind wir heute so weit, daß wir das jetzt anlaufende Straßenbaufinanzierungsgesetz auch verwirklichen können.
    Wir wissen auch, Herr Kollege Bleiß, daß von 1950 bis 1957 die Zahl der Kraftfahrzeuge gestiegen ist —
    das ist in der ganzen Welt so — und daß die Länge der Straßen in der gleichen Zeit nur um knapp 1 % und die der Autobahnen um 6 % zugenommen hat. Wir wissen alle, daß Motorisierung und Straßenkapazität nicht in der gleichen Kurve steigen und daß wir diese Diskrepanz vielleicht auch durch die größten finanziellen Anstrengungen im Straßenbau, soweit wir ihn verkraften können, gar nicht aufhalten können. Vielleicht müssen eines Tages zusätzlich noch andere Wege beschritten werden, um einem Verkehrschaos zu entgehen.

    (Zuruf von der SPD: Nicht „eines Tages", sondern jetzt, sofort!)

    — Na ja, so weit wie in Amerika sind wir noch
    nicht. Es kann durchaus eintreten, was Sie befürchten, weil in unserem Land dem Ausbau des Straßennetzes engere Grenzen gezogen sind als in Amerika. Aber, Herr Kollege, da dürfen Sie nicht der Bundesregierung die Schuldgeben. Kein anderes Land hat in den letzten zehn Jahren auf allen Gebieten so viel geleistet wie die Bundesrepublik; denken Sie an den sozialen Wohnungsbau und an die sozialen Leistungen.

    (Zuruf von der SPD.)

    — Wir sind ja dran; darüber brauchen wir nicht mehr zu reden. Die Vorlage ist da; sie ist zunächst ein erster Schritt. Die finanzielle Fundierung ist vorhanden, und was der Plan vorsieht, kann auch arbeitsmäßig verkraftet werden.
    Es wird hier, insbesondere von der SPD, immer wieder behauptet, für die Gemeinden werde nichts getan. Ich brauche die Zahlen, die der Herr Bundesfinanzminister und andere Redner genannt haben, nicht zu wiederholen. Als ich den Vierjahresplan sah, war ich zunächst darüber erstaunt, daß für die Bundesstraßen und für die Autobahnen je 3 Milliarden DM über vier Jahre hin zur Verfügung gestellt werden, obwohl doch die Bundesstraßen 24 400 km lang sind, während die Autobahnen lediglich eine Länge von 2400 km haben. Trotz dieses Längenunterschiedes werden die gleichen Beträge zur Verfügung gestellt. Ich verstehe aber die Beweggründe. Es ist ein kühner Plan des Herrn Bundesverkehrsministers, und ,ich halte diesen Plan auch für richtig, in den vier Jahren den Autobahnbau so weit voranzubringen, daß ein geschlossenes Netz vorhanden ist. Deshalb steckt der Bundesverkehrsminister prozentual das Zehnfache von dem in ,die Autobahnen, was er für die Bundesstraßen bereitstellt.
    Ich meine aber, daß der Herr Bundesverkehrsminister einen Schwerpunkt nicht genügend berücksichtigt hat, bei dem eine viel gefährlichere Lage entstehen kann. Ich denke da an die Gemeinden mit über 9000 Einwohnern, insbesondere an die Großstädte, wo wir große Ballungen, Stauungen und Störungen — oft unüberwindliche Störungen — haben oder künftig noch mehr haben werden. Infolge der mittelalterlichen Bauweise unserer meisten Städte sind die Straßen eng. Die Kosten einer Erweiterung der Straßen oder einer sonstigen Abhilfe können die Städte einfach nicht tragen. Die großen Gemeinden werden nicht in der Lage sein, die Engpässe des Verkehrs schnell genug zu beseitigen.
    Ich habe für den Straßenaufstufungsplan des Herrn Bundesverkehrsministers durchaus Sympathie. Um den Gemeinden zu helfen, will er Landstraßen I. Ordnung als Bundesstraßen übernehmen und Kreisstraßen in Landstraßen aufstufen. Das ist ein Plan, der überlegt werden muß. Nach meiner Überzeugung sollte man aber ,diese Frage im Augenblick zurückstellen. Die 400 Millionen DM, die für die Aufstufung eingesetzt sind, sollte man den Gemeinden über 9000 Einwohnern als Zuschüsse zur Verfügung stellen, weil dort mit gezielten Maßnahmen viel rascher die akuten Verkehrsprobleme gelöst werden können. Man kann die Aufstufungsfrage vielleicht beim nächsten Vier-



    Dr. Besold
    jahresplan anfassen. Dadurch erreichen wir nämlich, daß für die Großstädte, die ihre Verkehrsprobleme lösen müssen, in diesen vier Jahren nicht nur 400 Millionen DM zur Regelung der Verkehrsprobleme eingesetzt werden, sondern daß es der dreifache Betrag wird, weil ja nach den bisherigen Gepflogenheiten des Bundes bei solchen Zuschüssen sowohl die Länder als auch die Gemeinden verpflichtet wurden, den gleichen Zuschuß zu zahlen. Wir würden also eine Verdreifachung erreichen. Ich glaube auch, daß sich die Länder und Gemeinden bemühen werden, gerade für die Städte, in denen die Verkehrsprobleme so akut werden, diese Mittel aufzubringen. Bei einer derartigen Hilfe, Herr Kollege Bleiß, wenn über den Einzelfall der gemeinsamen Finanzierung zwischen Bund, Land und Gemeinden verhandelt werden muß, werden durch die Verhandlungen und durch die Einzelbezuschussungen die richtigen Maßnahmen getroffen werden. Ich glaube nicht, daß bei Ihrem Plan, in dem Sie die Gemeinden völlig selbständig und von dem Einfluß des Bundes wie auch der Länder unabhängig machen, eine vernünftige Planung zustande kommt.
    Ich bitte den Herrn Verkehrsminister, von diesem Vorschlag Gebrauch zu machen. Es ist nicht so wichtig, jetzt die Aufstufung der Landstraßen I. Ordnung zu Bundesstraßen zu erreichen. Damit wird den Gemeinden nur eine unechte Hilfe gebracht. Wenn hingegen die Aufstufung einstweilen zurückgestellt wird und die 400 Millionen DM dorthin geleitet werden, wo gezielte und rasch wirksaure Maßnahmen notwendig sind, wird meines Erachtens eine bessere und schnellere Hilfe erreicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)