Rede:
ID0307303200

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3073

  • date_rangeDatum: 10. Juni 1959

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    Deutscher Bundestag 73. Sitzung Bonn, den 10. Juni 1959 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Europäischen Parlaments Robert Schuman Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 3936 C Glückwunsch zum Geburtstag des Abg Kirchhoff 3895 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1959 (Haushaltsgesetz 1959) (Drucksache 650); Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — a) Einzelplan 29, Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen (Drucksache 1071) Dr. Stoltenberg (CDU/CSU) . . . 3895 B, 3904 A Dürr (FDP) 3895 B, 3910 D Dr. Schild (DP) 3897 B Frau Dr. Dr. h. c. Lüders (FDP) 3897 D, 3903 A Frau Welter (Aachen) (CDU/CSU) 3902 A, 3904 D Frau Krappe (SPD) 3903 B Frau Schanzenbach (SPD) . . . 3905 C Spitzmüller (FDP) 3906 C Dr. Wuermeling, Bundesminister 3907 A b) Einzelplan 14, Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung (Drucksachen 1063, zu 1063) Dr. Vogel (CDU/CSU) . 3911 D, 3938 D Schmidt (Hamburg) (SPD) . . . . 3911 D Lohmar (SPD) 3921 C Kreitmeyer (FDP) . . . . . . 3924 D Frenzel (SPD) . . . . . . 3928 A Dr. Kliesing (Honnef) (CDU/CSU) 3930 C Wienand (SPD) . . . . . . . 3932 B Dr. Schäfer (SPD) . . . 3936 A, 3937 B Dr. Steinmetz (DP) . . . . . 3940 B Strauß, Bundesminister 3941 B c) Einzelplan 36, Zivile Notstandsplanung (Drucksache 1076) Kreitmeyer (FDP) . . . 3950 B, 3955 C Ritter von Lex, Staatssekretär . . 3950 C Maier (Freiburg) (SPD). . . . 3955 A Schmitt (Vockenhausen) (SPD) (zur GO) . . . . . . . . . 3957 B Frau Renger (SPD) . . . . . . 3957 B d) Einzelplan 60, Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 1078) Dr. Aigner (CDU/CSU) . . . . . 3958 C Margulies (FDP) . . . . . . . 3960 D Eilers (Oldenburg) (FDP) . . . 3963 A e) Haushaltsgesetz 1959 (Drucksachen 1079, zu 1079) Schoettle (SPD) 3966 B Nächste Sitzung 3967 C Anlagen 3969 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Juni 1959 3895 73. Sitzung Bonn, den 10. Juni 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9.02 Uhr.
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 70. Sitzung Seite 3663 C Zeile 24 statt „Haftung" : Haltung. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Juni 1959 3969 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Graf Adelmann 10. 6. Bauknecht 13. 6. Bausch 29. 6. Berendsen 31. 7. Birkelbach 11. 6. Dr. Burgbacher 12. 6. Conrad 10. 6. Dr. Deist 11. 6. Dr. Frey 10. 6. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 12. 6. Gedat 11. 6. Dr. Greve 4. 7. Dr. Gülich 1. 8. Freiherr zu Guttenberg 10. 6. Dr. Hesberg 27. 6. Heye 12. 6. Höfler 10. 6. Holla 10. 6. Jahn (Frankfurt) 11. 7. Jaksch 30. 6. Kalbitzer 11. 6. Keuning 10. 6. Dr. Kliesing (Honnef) 10. 6. Köhler 4. 7. Dr. Kopf 10. 6. Dr. Kreyssig 12. 6. Kühlthau 26. 6. Leukert 12. 6. Dr. Lindenberg 10. 6. Matthes 15. 6. Odenthal 11. 6. Dr. Oesterle 13. 6. Pernoll 20. 6. Dr. Pferdmenges 13. 6. Frau Schmitt (Fulda) 10. 6. Siebel 12. 6. Stahl 15. 6. Stenger 12. 6. Stingl 10. 6. Theis 12. 6. Wittmer-Eigenbrodt 12. 6. Urlaubsanträge Frau Dr. Diemer-Nicolaus 19. 6. Dr. Frede 20. 6. Dr. Gleissner (München) 6. 7. Gottesleben 20. 6. Dr. Knorr 20. 6. Lücker (München) 15. 6. Memmel 20. 6. Pusch 20. 6. Dr. Schneider (Lollar) 20. 6. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 18. 6. Wegener 20. 6. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Pohle (Fragestunde der 70. Sitzung vom 3. Juni 1959, Drucksache 1026, Frage 23): Ist der Herr Bundesarbeitsminister bereit, die besonders schwierigen Verhältnisse bei den kriegsblinden Ohnhändern einer Überprüfung zu unterziehen und Maßnahmen zu erwägen, wie man außer durch eine Erhöhung der Pflegezulage auch durch Bereitstellung von Gerätschaften dem Schwerbeschädigten, aber auch seiner Ehefrau bzw. Pflegerin die schwierige Lebenssituation erleichtert? Bereits das geltende Recht gewährt kriegsblinden Ohnhändern und anderen besonders schwerbeschädigten Personen neben den Geldleistungen der höchsten Stufe eine Reihe von Vergünstigungen, die diesen Personenkreis aus dem Kreis der übrigen Schwerbeschädigten herausheben. So erhalten diese Beschädigten ahne Rücksicht auf ihr sonstiges Einkommen stets die volle Ausgleichsrente. Heilbehandlung für Leiden, die nicht Schädigungsfolge sind, und Krankenbehandlung für ihre Angehörigen und Pflegepersonen wird ihnen auch dann gewährt, wenn dies bei anderen Beschädigten wegen der Höhe des sonstigen Einkommens nicht mehr zulässig wäre. Auch während der Heilanstaltspflege, Heilstättenbehandlung oder Badekur wird diesen Beschädigten die Pflegezulage weitergezahlt. Um den kriegsblinden Ohnhändern, von denen nach einer im Jahre 1957 durchgeführten Erhebung übrigens 40 % eine berufliche Tätigkeit ausübten, die Verrichtungen des täglichen Lebens zu erleichtern, werden ihnen geeignete orthopädische und andere Hilfsmittel gewährt. In meinem Hause besteht ein Beirat für Orthopädietechnik, dem neben namhaften Wissenschaftlern auch Leute der Praxis und Vertreter der Kriegsopferverbände angehören. Dieser Beirat prüft laufend alle Neukonstruktionen des In- und Auslandes, um die bestmögliche Versorgung der Kriegsbeschädigten mit orthopädischen und anderen Hilfsmitteln zu gewährleisten. Für Kriegsblinde und Ohnhänder ist außerdem eine Sonderfürsorge geschaffen worden, die sich dieser Beschädigten und ihrer Angehörigen in jeder Lebenslage anzunehmen hat und ihnen behilflich sein soll, die Folgen der erlittenen Schädigung nach Möglichkeit zu überwinden oder zu mildern. Mein Haus steht in enger Fühlungnahme mit dem Herrn Bundesminister des Innern, um zusätzliche über den Rahmen der Möglichkeiten der Versorgungsverwaltung hinausgehende Hilfe im Rahmen der Sonderfürsorge zu gewähren. Stirbt ein kriegsblinder Ohnhänder, so wird seinen Hinterbliebenen, selbst wenn der Tod des Beschädigten nicht auf Schädigungsfolgen zurückzuführen ist, Hinterbliebenenversorgung durch das Bundesversorgungsgesetz gewährt. Nach dem Entwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Kriegsopferversorgung sollen diese Vergünstigungen beibehalten werden. Hinzu treten neben Verbesserungen allgemeiner Art in der Heilbehandlung und der Hauspflege Verbesserungen 3970 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Juni 1959 der Rentenleistungen. So soll der kriegsblinde Ohnhänder eine Erhöhung der Grundrente und der Ausgleichsrente erhalten. Diese Erhöhung wird ihm in vollem Umfang zugute kommen, weil eine Anrechnung des sonstigen Einkommens bei diesem Personenkreis unterbleibt. Außerdem soll diesen Personen erstmalig die Möglichkeit gegeben werden, einen Ausgleich für den beruflichen Schaden zu erlangen. Das geltende Recht schließt diese Möglichkeit zur Zeit aus. Es gleicht den Berufsschaden durch eine Höherbewertung der Minderung der Erwerbsfähigkeit aus, die aber beim Erwerbsunfähigen nicht möglich ist. Die Rentenleistungen für einen ledigen kriegsblinden Ohnhänder werden durch diese Maßnahmen von 640,— DM auf 720,— DM, für einen verheirateten Beschädigten mit einem Kind von 690,— DM auf 785,— DM ansteigen. Hinzu tritt ggfs. noch der auf die Ausgleichsrente anzurechnende Berufsschadensausgleich. Eine Erhöhung der Pflegezulage sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Ich darf jedoch darauf hinweisen, daß die Pflegezulage der höchsten Stufe in Anbetracht der besonders schwierigen Lebensverhältnisse dieses Personenkreises bereits durch das 6, Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes beträchtlich erhöht wurde und z. Z. 275,— DM beträgt. Blank Anlage 3 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs im Bundesministerium für Wirtschaft auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Pöhler (Fragestunde der 70. Sitzung vom 3. Juni 1959, Drucksache 1026, Frage 26) : Ist es der Bundesregrerung bekannt, daß viele Mopedfahrer durch die Verordnung PR Nr. 5/57 über Beiträge in der Kraftfahrtversicherung für Fahrräder mit Hilfsmotor gegenüber den Kraftfahrzeughaltern benachteiligt sind, weil sie die Haftpflicht-und Kraftfahrzeugteilversicherung bis zum Ende des Versicherungsjahres abschließen müssen und somit, wenn sie ihr Moped z. B. während der witterungsmäßig ungünstigen Jahreszeit nicht benutzen wollen, auch für diese Monate die Versicherungsprämie entrichten müssen? Ist die Bundesregierung bereit, die Verordnung PR Nr. 5/57 so zu ändern, daß eine Versicherung auch für Mopeds durch zeitweilige Stillegung unterbrochen werden kann? Die der Bundesregierung bekannte Sonderregelung für Mopeds bei der etwaigen Stillegung kann nur im Zusammenhang mit der Kennzeichnungspflicht für Mopeds gesehen werden. Da der Bestand der Mopeds im Jahre 1957 auf etwa 2 Millionen angewachsen war, wurde eine amtliche Kennzeichnung der Mopeds für erforderlich gehalten. Diese wäre aber nicht nur mit erheblichen Kosten für die Mopedhalter, nämlich mit den Kosten des Nummernschildes und den Verwaltungsgebühren für die Registrierung bei den Straßenverkehrsbehörden verbunden gewesen, sondern hätte auch eine erhebliche Verstärkung der zuständigen Verwaltungsbehörden vorausgesetzt. Um beides zu vermeiden, regte der Verband der Fahrrad- und Motorradindustrie an, an Stelle des amtlichen Kennzeichens ein Versicherungskennzeichen einzuführen und dieses unentgeltlich durch die Versicherer auszugeben. Die Versicherer erklärten sich hierzu bereit, wenn die mit Versicherungskennzeichen für sie verbundenen Mehrkosten in anderer Weise, nämlich durch eine Vereinfachung der Verwaltungsarbeiten, insbesondere durch Verzicht auf Stillegung, ausgeglichen würden. Dieser Regelung haben auch die Vertreter der Mopedhalter, nämlich der Bundesverband der Mopedfahrer e. V. und der Bund deutscher Radfahrer, zugestimmt. Die prämienfreie Unterbrechung des Versicherungsvertrages wäre nur möglich, wenn das Versicherungskennzeichen durch ein amtliches Kennzeichen ersetzt würde. Diese Änderung des gegenwärtigen Systems würde aber im Endergebnis für die Mopedhalter nachteilig sein, da ein amtliches Kennzeichen für Kleinkrafträder mit einmaligen Kosten von 10,50 DM verbunden ist und außerdem im Falle der Stillegung jeweils 2,— DM an Verwaltungsgebühren zu entrichten wären. Demgegenüber beträgt die heutige Mopedprämie 16,— DM zuzüglich 2,— DM für Versicherungssteuer und Ausfertigungsgebühren. Außerdem würden die Versicherer wegen der mit der Stillegung für sie verbundenen Verwaltungskosten eine Prämienerhöhung beanspruchen. Bei diesem Vergleich sind die für die öffentliche Hand und damit für die Steuerzahler mit der gegenwärtigen Regelung verbundenen Ersparnisse nicht berücksichtigt. Der Bundesminister für Wirtschaft hält es aber auch nicht für im Interesse des Mopedfahrers gelegen, das derzeitige Verfahren zu ändern. Westrick Anlage 4 Umdruck 253 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Vogel, Schoettle, Lenz (Trossingen) und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Haushaltsgesetz 1959 (Drucksachen 650, 1079). Der Bundestag wolle beschließen: Im Haushaltsgesetz 1959 wird der § 14 wie folgt gefaßt: „§ 14 (1) Werden Aufgaben von einer Dienststelle auf eine andere innerhalb des Geschäftsbereichs eines Bundesministers oder vom Geschäftsbereich eines Bundesministers zu dem eines anderen übertragen, so sind auch die Planstellen und Mittel hierfür auf die nunmehr zuständige Haushaltsstelle zu übertragen. Die Übertragung bedarf der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen; der Hauhaltsausschuß des Deutschen Bundestages ist zu unterrichten. (2) Zum Ausgleich des Personalbedarfs in den Geschäftsbereichen der Bundesminister kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages Planstellen und Mittel von einem Kapitel auf ein anderes Kapitel desselben oder eines anderen Einzelplans übertragen. Der Beschluß ergeht auf Antrag eines Bundesministers nach Anhörung des Präsidenten Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Juni 1959 3971 des Bundesrechnungshofs. Eines Beschlusses der Bundesregierung bedarf es nicht, wenn der Personalausgleich innerhalb eines Einzelplans erfolgt oder die beteiligten Bundesminister einig sind und der Bundesminister der Finanzen zustimmt. (3) § 36a der Reichshaushaltsordnung bleibt durch die Bestimmungen der Absätze 1 und 2 unberührt." Bonn, den 2. Juni 1959 Dr. Vogel Dr. Stecker Dr. Aigner Dr. Stoltenberg Baier (Mosbach) Windelen Brand Schoettle Dr. Conring Frau Krappe Dr. Götz Müller (Ravensburg) Leicht Dr. Schäfer Niederalt Lenz (Trossingen) Frau Rösch Kreitmeyer Anlage 5 Umdruck 262 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 29 Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen (Drucksachen 650 Anlage, 1071). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 29 01 — Bundesministerium für Familien- und Jugendfragen — In Tit. 571 — Bundesjugendplan a) Allgemeiner Bundesjugendplan — (Drucksache 650 Anlage S. 10) wird der Ansatz von 40 000 000 DM um 12 000 000 DM auf 52 000 000 DM erhöht und dementsprechend in der Erläuterung unter B. III in Nr. 1 Bau und Einrichtung von Studentenwohnheimen der Ansatz von 4 500 000 DM um 12 000 000 DM auf 16 500 000 DM erhöht. Bonn, den 2. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 266 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 29 Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen (Drucksachen 650 Anlage, 1071). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 29 01 Tit. 661 — Zuschuß für Familien-Ferienheime — (Drucksache 1071 S. 2) wird der Ansatz von 1 500 000 DM um 500 000 auf 2 000 000 DM erhöht. Bonn, den 2. Juni. 1959 Frau Welter (Aachen) Frau Pitz-Savelsberg Dr. Werber Gontrum Frau Dr. Schwarzhaupt und Fraktion Anlage 7 Umdruck 267 Änderungsantrag der Abgeordneten Frau Dr. Brökelschen und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksachen 650 Anlage, 1078). Der Bundestag wolle beschließen: In Kap. 60 02 — Allgemeine Bewilligungen — wird folgender neuer Titel ausgebracht: „Tit. 621 Zuschuß zur Beseitigung kirchlicher Notstände im Salzgittergebiet 250 000 DM." Bonn, den 2. Juni 1959 Frau Dr. Brökelschen Dr. Huys Burgemeister Koch Dr. Elbrächter Krammig Enk Kuntscher Fritz (Welzheim) Dr. Lindenberg Dr. Gossel Nieberg Hackethal Dr. Pflaumbaum Hesemann Pietscher Heye Dr. Siemer Anlage 8 Umdruck 281 Entschließungsantrag der Fraktion der FDP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung (Drucksachen 650 Anlage, 1063). Der Bundestag wolle beschließen: 1. Die Friedensstärken der NATO-Kontingente der Bundeswehr sind um 12 vom Hundert zu erhöhen. Das Fehl an Unteroffizierstellen darf durch Mannschaften aufgefüllt werden. 2. Offizieren und Unteroffizieren auf Zeit ist am Ende ihrer Dienstzeit neben den bestehenden Abfindungsmöglichkeiten die Übernahme in den öffentlichen Dienst zu gewährleisten, wenn sie die hierfür erforderlichen Prüfungen abgelegt haben. 3. Die Bundesregierung wird ersucht, mehr als bisher der Heimatverteidigung Aufmerksamkeit zu schenken und dem Deutschen Bundestag bis zum 30. September 1959 über die erforderlichen Maßnahmen zu berichten. Bonn, den 2. Juni 1959 Kreitmeyer Lenz (Trossingen) und Fraktion Anlage 9 Umdruck 292 Änderungsantrag der Abgeordneten Maier (Freiburg), Stauch, Dr. Rutschke, Dr. Schranz und Genossen zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haus- 3972 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Juni 1959 haltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 36 Zivile Notstandsplanung (Drucksachen 650 Anlage, 1076). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 36 04 — Notstandsmaßnahmen im Aufgabenbereich des Bundesministers des Innern — 1. In Tit. 602 — Zuschüsse an zentrale Hilfsorganisationen für Mitwirkung im zivilen Luftschutz und zur Vorbereitung allgemeiner Hilfsmaßnahmen bei Katastrophen — Drucksache 650 Anlage S. 4) wird der Ansatz von 5 900 000 DM um 280 000 DM auf 6 180 000 DM erhöht und dementsprechend 2. in Tit. 603 — Laufende Kosten für den Luftschutzhilfsdienst — (Drucksache 650 Anlage S. 5) der Ansatz von 9 000 000 DM um 280 000 DM auf 8 720 000 DM gekürzt. Bonn, den 3. Juni 1959 Maier (Freiburg) Hackethal Stauch Nieberg Dr. Rutschke Frau Schanzenbach Dr. Schranz Epleé Hansing Schmitt (Vockenhausen) Dr. Frede Demmelmeier Birkelbach Dr. Werber Dr. Mommer Frau Renger Dr. Schäfer Gottesleben Gossel Dr. Storm (Duisburg) Frau Nadig Faller Anlage 10 Umdruck 297 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksachen 650 Anlage, 1078). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. A 60 02 — Allgemeine Bewilligungen — In Tit. 951 — Deckung der Verbindlichkeiten der Institute aus Gutschriften auf Sparanlagen nach dem Gesetz zur Sicherung von Ersparnissen im Saarland vom (Bundesgesetzbl. I S...) — (Drucksache 1078 S. 6) wird der Ansatz von 82 000 000 DM um 3 Millionen DM auf 85 000 000 DM erhöht. Bonn, den 3. Juni 1959 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Dr. Mende und Fraktion Dr. Preiß und Fraktion Anlage 11 Umdruck 301 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Haushaltsgesetz 1959 (Drucksachen 650, 1079). Der Bundestag wolle beschließen: Im Haushaltsgesetz 1959 wird in § 7 Abs. 1 (Drucksache 1079 S. 6) folgender Halbsatz angefügt: ,,, sowie für Ausgaben des Kap. 1210." Bonn, den 4. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 12 Umdruck 310 Änderungsantrag der Fraktionen der SPD, CDU/ CSU, FDP, DP zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 29 Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen (Drucksachen 650 Anlage, 1071). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 29 01 — Bundesministerium für Familien-und Jugendfragen — In Tit. 571 a) — Allgemeiner Bundesjugendplan — (Drucksache 650 Anlage S. 10) wird der Ansatz von 40 000 000 DM um 200 000 DM auf 40 200 000 DM erhöht. Dementsprechend wird in den Erläuterungen unter C. II. in Nr. 5 Kriegsgräberbetreuung durch Jugendgruppen der Ansatz von 150 000 DM um 200 000 DM auf 350 000 DM erhöht. Bonn, den 9. Juni 1959 Ollenhauer und Fraktion Dr. Krone und Fraktion Lenz (Trossingen) und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion Anlage 13 Umdruck 323 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, zur zweiten Beratung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 29 Geschäftsbereich des Bundesministers für Familien- und Jugendfragen (Drucksachen 650 Anlage, 1071). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 29 01 — Bundesministerium für Familien-und Jugendfragen — In Tit. 571 — Bundesjugendplan a) Allgemeiner Bundesjugendplan — (Drucksache 650 Anlage S. 10) wird der Ansatz von 40 000 000 DM um 5 000 000 DM auf 45 000 000 DM erhöht. Im letzten Absatz der Erläuterungen wird der Umfang der Ermächtigung, Verpflichtungen für künftige Rechnungsjahre einzugehen, von 15 Millionen DM auf 10 Millionen DM vermindert. Bonn, den 9. Juni 1959 Dr. Krone und Fraktion Anlage 14 Umdruck 332 Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP zur zweiten Beratung des Entwurfs Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 73. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. Juni 1959 3973 des Haushaltsgesetzes 1959, hier: Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verteidigung (Drucksachen 650 Anlage, 1063). Der Bundestag wolle beschließen: Zu Kap. 14 02 — Allgemeine Ausgaben — 1. Folgender neuer Tit. 605 wird eingefügt: „Titel 605 Wohnungs- und Heizkostenzuschüsse an Angehörige der Bundeswehr und der Bundeswehrverwaltung." Die Erläuterung erhält folgende Fassung: „Zu Tit. 605 Bei der Aufstellung der Bundeswehr hat es sich nicht vermeiden lassen, niedrig besoldete Angehörige der Bundeswehr und der Bundeswehrverwaltung bei gleichzeitigem Fortfall der Trennungsentschädigung in Wohnungen einzuweisen, die für die Mieter nach deren Einkommen zu teuer sind. Um eine unzumutbare Belastung der Mieter zu vermeiden, ist für eine Übergangszeit bis zum 31. März 1961 die Gewährung von Wohnungs- und Heizkostenzuschüssen vorgesehen. Entsprechende Richtlinien werden vom Bundesminister für Verteidigung im Einvernehmen mit den Bundesministern des Innern, der Finanzen, für Wohnungsbau und für wirtschaftlichen Besitz der Bundes erlassen. Da die Höhe der benötigten Mittel im Augenblick noch nicht zu übersehen ist, wird der Titel als Leertitel ausgebracht. Die Ausgaben werden überplanmäßig unter Einsparung an anderer Stelle geleistet." Zu Kap. 14 10 — Verpflegung —2. In Tit. 303 — Truppenverpflegung und Verpflegungszuschüsse a) Kasten der Truppenverpflegung — (Drucksache 650 Anlage S. 104) wird der Ansatz von 63 575 000 DM um 4 148 000 DM auf 67 723 000 DM erhöht. Die Erläuterungen zu Tit. 303 a) werden wie folgt geändert: a) Der erste Absatz erhält folgenden Wortlaut: „Die Verpflegungskosten für Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit werden durch Besoldungsabzug von z. Z. 2,50 DM, ab 1. August 1959 von 2,75 DM je Kopf und Tag gedeckt. Der Besoldungsabzug wird bei Tit. 15a vereinnahmt. Die Wehrpflichtigen erhalten unentgeltlich Verpflegung." b) Nr. 2 unter „Veranschlagt sind" erhält folgende Fassung: „Verpflegungskosten für Wehrsoldempfänger, und zwar für 68 000 Soldaten für die Zeit vom 1. April bis 31. Juli 1959 zu 2,50 DM und ab 1. August 1959 zu 2,75 DM täglich 66 198 000 DM". Als Ausgleich wird bei Kap. 14 23 — Fürsorge —3. in Tit. 111 - Versicherungsbeiträge für ausscheidende Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit — (Drucksache 650 Anlage S. 252) der Ansatz von 25 463 900 DM um 4 148 000 DM auf 21 315 900 DM gekürzt. Die Erläuterungen sind entsprechend zu berichtigen. Bonn, den 10. Juni 1959 Dr. Krone und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Lenz (Trossingen) und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion
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    Rede von Dr. Ulrich Lohmar


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich an das Stichwort meines Freundes Helmut Schmidt: Tradition der Bundeswehr, anknüpfen. Es gehört offensichtlich zu den Eigenarten der öffentlichen Meinungsbildung in unserem Staat, daß eine problematische Sache der öffentlichen Aufmerksamkeit nur sicher sein kann, solange sie sich dem Zugriff einer Bürokratie noch entzogen hat.
    Geist und Haltung der Bundeswehr sind ein typisches Beispiel dafür. Seit die deutsche Öffentlichkeit und der Deutsche Bundestag davon Kenntnis genommen haben, daß der „Staatsbürger in Uniform" das offizielle Leitbild der Bundeswehr sein soll, seit eine Reihe von Offizieren der Abteilung Innere Führung, humanistisch gebildet und mit guten Manieren, das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform in Vorträgen, Versammlungen und Diskussionen im öffentlichen Bewußtsein verankern und dabei einigen Erfolg gehabt haben, wird über die Frage nach dem geistigen Profil der Bundeswehr kaum noch ernsthaft diskutiert.
    Der deutsche Gewerkschaftsbund schickt dem Verteidigungsminister rote Nelken, weil er sich von der „Deutschen Soldatenzeitung" — dankenswerterweise — distanziert hat. Die meisten Offiziere der Bundeswehr haben vermutlich mittlerweile eingesehen, daß eine Diskussion zwischen Angehörigen der Bundeswehr und Gewerkschaftlern durchaus ihren guten Sinn für beide Seiten haben kann. Insofern ist ein Gespräch zwischen der Bundeswehr und der Öffentlichkeit in Gang gekommen.
    Aber innerhalb der Bundeswehr werden heute zwei andere Fragen gestellt, die bisher aus dem Kontakt zwischen der Bundeswehr und der Öffentlichkeit ganz ausgeklammert worden sind. Die Offiziere und die Soldaten der Bundeswehr stellen die Frage — die Helmut Schmidt schon angesprochen hat — nach der Tradition, und sie stellen die zweite Frage nach den Wehrmotiven, nach den Gründen, weshalb sie eigentlich Soldat sind, wofür sie im Ernstfall einzutreten haben, kurz gesagt: welche Motive ihr Dasein als Soldat bestimmen sollen.
    Die beiden Fragen können nicht von der Bundeswehr allein oder aus dem militärischen Bereich



    Lohmar
    heraus beantwortet werden. Deshalb, meinen wir, ist es an der Zeit, daß sich alle demokratischen Kräfte in diesem Staat bereit finden, die Frage nach der Tradition und die Frage nach den Wehrmotiven mit den Soldaten gemeinsam durchzusprechen.
    Sie wissen, daß sich das Bundesministerium für Verteidigung einen Beirat für Innere Führung gegeben hat. Eine gute Sache! Aber vielleicht hat der Beirat für Innere Führung seine Diskussionen über Tradition, Sinn und Weg der Bundeswehr bisher gegenüber der Öffentlichkeit ein wenig zu sehr abgeschirmt, mehr jedenfalls, als es der Eigenständigkeit eines solchen Beirats wohltäte und als es der Sache entspräche. Nun, das muß nicht so bleiben.
    Lassen Sie mich Ihnen die Problematik der Traditionsfrage von einem Beispiel her andeuten! Vor einigen Monaten hatte ich eine Unterhaltung mit dem Leiter einer Führungsakademie der Bundeswehr. Der Offizier suchte dem parlamentarisch interessierten Laien einen Zugang zur Traditionsfrage zu eröffnen und erzählte mir, während wir die Galerie von Generalsköpfen an den Wänden seiner Schule betrachteten, es werde niemand etwas dabei finden, wenn beispielsweise ein Arzt sich das Bild des alten Sauerbruch in sein Sprechzimmer hänge oder wenn man das Bild des Herrn von Humboldt in der Studierstube eines deutschen Philologen finde. Ebenso, meinte der General, sei es auch mit der Bundeswehr. Sie müsse sich ihre Vorbilder, also die Bestandteile ihrer Tradition, aus ihrem eigenen, aus dem militärischen Bereich suchen.
    Hier liegt ein für die Demokratie und für die Streitkräfte selbst gefährlicher Trugschluß vor. Das Soldatsein ist kein Beruf, den man ,aus sich heraus rechtfertigen und irgendeiner anderen beruflichen — akademischen oder handwerklichen — Tätigkeit gleichsetzen kann. Der Soldat findet die geistige und moralische Berechtigung für sein Dasein und für sein Tun nur im Wesen der Gesellschaft, die sich ihn für ihren Schutz geschaffen hat. Deshalb können die militärischen Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland bei ihrer Suche nach einer Tradition, deren Gültigkeit heute unbestritten sein müßte, nicht bei Friedrich dem Großen anknüpfen, .am reaktionären Kaiserreich, dessen Ausläufern in der Reichswehr der Weimarer Republik oder bei der nationalsozialistischen Tyrannei. Die Bundeswehr und ihre Führung werden vielmehr nach solchen Traditionen Ausschau halten müssen, die eine Verbindung zwischen militärischer Pflichterfüllung und demokratischem Denken ermöglichen. Es sollte Aufgabe der Bundeswehr sein, zu verhindern, daß Namen wie Scharnhorst, Gneisenau oder vom Stein heute von der „Nationalen Volksarmee" mißbraucht werden, weil die Bundeswehreiner offenen und positiven Begegnung mit solchen Männern ausweicht.

    (Beifall bei der SPD.)

    Darüber hinaus mutet die Art, wie das Bundesministerium für Verteidigung sich der Bewältigung der Traditionsfrage nähert, einigermaßen merkwürdig an. Es gibt dazu eine Richtlinie des Verteidigungsministers, in der empfohlen wird, beispielsweise Traditionsräume einzurichten oder Kontakte mit den alten Soldaten überall da herzustellen, wo dies möglich ist, d. h. praktisch Kontakt mit den Traditionsv erb ändenaufzunehmen. Nichts wirklich die Sache Treffendes findet man aber in diesen Richtlinien über die geistige Problematik, die mit der Frage nach der Tradition aufgeworfen wird. Zudem weichen die Richtlinien in einigen wesentlichen Punkten von den Empfehlungen ab, die der Beirat für Innere Führung dem Ministerium gegeben hat. Es wäre interessant, für diese Abweichungen eine Erklärung des Ministers zu hören.
    Darüber hinaus aber darf sich die Bundeswehr in ihrer Suche nach der Tradition nicht auf die soeben genannten Verbindungen von militärischer und demokratischer Tradition beschränken, sondern sie wird in ihr geistiges Konzept auch die allgemeine politische und gesellschaftliche Entwicklung einbeziehen müssen, die sich in den letzten 150 Jahren in Deutschland vollzogen hat. Es ist zu bedauern, daß wir in Deutschland im Gegensatz zu anderen Ländern keine einheitliche, keine für alle verbindliche demokratische Tradition haben. Aber ich meine, daß ein Offizierskorps, das die Vielfalt der Ideen und der Formen des Zusammenlebens in unserem Gemeinwesen als den entscheidenden Wert unserer Gesellschaft begreifen sollte, keinen Nachteil darin sehen sollte, daß wir in der Geschichte unseres Volkes der letzten 150 Jahre eine Mehrzahl solcher demokratischer Traditionen haben, die nebeneinander ihren Platz haben und die im geistigen Konzept der Bundeswehr ihren Platz finden müssen.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch ein paar Worte über die Art sagen, wie in der Bundeswehr die „Vergangenheit bewältigt" wird, wie man also versucht, mit dem „Dritten Reich" fertigzuwerden. In den schon erwähnten Richtlinien des Ministeriums sollte man genau auf die Formulierung achten, die da zum Problem „20. Juli" gefunden wird. Es heißt dort — ich zitiere —:
    Ein Prüfstein dafür liegt in der gewissenhaften Auseinandersetzung mit dem Ereignis des 20. Juli 1944, das geistig bewältigt und gewürdigt werden muß.
    So weit, so gut. Und dann geht es weiter:
    Die Männer des Widerstandes wurden aus Gewissensgehorsam zu Märtyrern für die menschliche Freiheit und damit ebenso zu Vorbildern wie jene, die aus der Sicht ihres Verantwortungsbereiches in gewissenhafter Überzeugung und soldatischer Pflichterfüllung gehorchten.
    Man bemerkt die leichte Akzentverschiebung, die sich hier andeutet, etwa im Vergleich zu den sehr klaren Worten, die der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Herr von Grolman, zum Problem des 20. Juli gefunden hat. Es wäre auch hier nützlich, wenn sich der Verteidigungsminister zu einem aufklärenden und vielleicht befreienden Wort entschließen könnte.
    Jedenfalls sollte man nicht übersehen, wie diese Art von Bewältigung der Vergangenheit in der



    Lohmar
    Truppe ankommt. Ich habe hier vor mir eine Broschüre, in der ein von sich selbst offensichtlich überzeugter Einheitsführer die Stadt, in der seine Garnison zu Gast Ist, zu einem allgemeinen Fest einlädt. In dieser Festschrift ist die Rede von den Beziehungen zwischen den Einheiten, die in dieser Stadt seit einigen hundert Jahren Unterkunft gefunden haben, und der Bevölkerung. Seitenlang können Sie in dieser Einladung lesen, wie sich die Beziehungen zwischen Bevölkerung und Soldaten im 16., 17., 18. Jahrhundert gestaltet haben. Über die Zeit von 1933 bis 1945 lesen Sie die folgenden drei Absätze, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Ich zitiere — mit Genehmigung des Herrn Präsidenten —:
    Als dann im schicksalschweren Jahre 1939 die aktiven Truppenteile am frühen Morgen des 21. August, nur von wenigen Einwohnern bemerkt, den Standort verließen, ahnte noch niemand die ganze Schwere der nun folgenden Jahre, an der Truppe und Bürgerschaft gleichermaßen zu tragen hatten.
    Mit dem Einmarsch der US-Truppen im April 1945 schien die sehr zerstörte Stadt für immer aufzuhören, deutsche Garnison zu sein.
    Aber 11 Jahre später, nachdem die Deutsche Bundesrepublik in die NATO einbezogen war und auf Grund vertraglicher Verpflichtung ihr Teil zur Verteidigung der freien Welt beizutragen hatte, zogen wieder deutsche Soldaten in die Stadt ein.
    Das ist alles, meine Damen und Herren, was Sie in der Darstellung der Geschichte von Bevölkerung und Soldaten über das „Dritte Reich" und die nachfolgende Zeit lesen können! Auf diese Weise mogelt man sich in der Bundeswehr um eine wirkliche Bewältigung des Nationalsozialismus herum, und man tut es, weil Bundeswehrführung und Bundesregierung durch unklare und zwiespältig formulierte Erlasse dazu die Möglichkeit geben, anstatt ein Vorbild in der klaren Bestimmung dessen zu setzen, was der Bundeswehr nottut.
    Ich meine deshalb, daß die Bundeswehr auf ihre Traditionsfrage eine unbefangene Antwort finden muß. Nur dann wird man auch die Frage nach den Wehrmotiven überzeugend beantworten können. Der Soldat soll eben für die Vielfalt unserer Lebensordnung einstehen, solange und soweit das in begrenztem Rahmen mit militärischen Mitteln überhaupt noch möglich ist. Und wenn er das soll, muß ihm der Wert dieser Lebensordnung und dieser Vielfalt klar sein; dann muß er verstehen, worin die Ablehnung etwa des Dritten Reiches ihren moralischen und geistigen Grund hat. Totalitäre Ideologien finden hier keinen Raum, auch nicht Vorstellungen, wie sie beispielsweise Herr Winfried Martini in der Dezember-Nummer des vergangenen Jahres der Zeitschrift „Wehrkunde" über die Wehrmotive des Bundeswehrsoldaten entwickelte. Herr Martini schloß seine Überlegungen in diesem Aufsatz sinngemäß mit der bemerkenswerten Feststellung: Es ist nicht Aufgabe des Soldaten, die Freiheit zu erkennen, sondern sie tapfer zu verteidigen.

    (Lachen bei der SPD.)

    Ich frage Sie, meine Damen und Herren, ob das etwas anderes ist als das Programm eines Landsknechthaufens, der sich heute für den und morgen für den zu schlagen hat.

    (Abg. Erler: Deshalb hat der Herr Martini auch als Ideal die Fremdenlegion!)

    Ich erwähne diese Ansicht des Herrn Martini nicht deshalb, weil er in bestimmten katholischen Bevölkerungskreisen ein bemerkenswertes Echo findet oder weil seine Ideen besonders originell wären. Es hat immer Leute gegeben, die ihre Mitmenschen für inferiore Fehlleistungen der Schöpfung hielten, und es hat viele gegeben, die daraus eine - womöglich christliche — Ideologie gemacht haben.
    Aber bemerkenswert ist, daß dieser Aufsatz des Herrn Martini in der „Wehrkunde", einer von der Bundesregierung geförderten Zeitschrift, bis heute seitens der Bundeswehrführung keine distanzierende Stellungnahme erfahren hat. Interessant war es für uns in den Ausschußberatungen auch, daß sich der Verteidigungsminister, auf den Artikel von Herrn Martini angesprochen, lediglich zu der lakonischen Bemerkung bereit fand, Herr Martini sei ein interessanter Mann, von dem man eben solche eigenwilligen Ansichten zu hören gewohnt sei. Das wissen wir auch, Herr Minister; aber uns interessiert, wie die Bundesregierung sich zu solchen Antworten auf die Frage nach der Tradition und nach den Wehrmotiven stellt und wie sie diese Problematik zu beantworten gedenkt. Wenn sich das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform bewähren soll, muß die Frage nach der Tradition und nach den Wehrmotiven eine Antwort finden, die Soldaten und Demokraten gleichermaßen befriedigt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die Aufgabe der Inneren Führung kann es in dieser Situation nicht sein, lediglich ein ehrlicher Makler zwischen den Gegnern und den Trägern des 20. Juli, zwischen Freunden und Widersachern etwa einer Friedrich-Ebert-Kaserne oder ein schweigender Zuschauer beim Streit um die Einbeziehung von Herrn Raeder oder Herrn Manstein in die Traditionsreihe der Bundeswehr zu sein. Die Innere Führung der Bundeswehr wird nur so lange und so weit führen, wie sie den Mut hat, die Soldaten und vor allem die Offiziere offen mit den Fragen zu konfrontieren, die beantwortet werden müssen und deren Beantwortung man nicht durch Kompromisse überspielen kann, sondern auf die man eine redliche Antwort finden muß.
    Es wäre sicher falsch, wollte man annehmen, daß der Verteidigungsminister über diese Problematik nicht genau orientiert ist. Aber Herr Strauß hat seine eigene Art, dieser Problematik zu entgehen. Er sucht einen Ausweg beispielsweise - zusammen mit seinen Freunden aus der Riege der kalten Krieger innerhalb der Bundesregierung — in der Weise, daß er der psychologischen Rüstung in der Bundeswehr einen zivilen Ausläufer schuf: die berühmte, mittlerweile beinahe eingeschlafene Aktion „Rettet die Freiheit". Herr Strauß ging bei dieser Aktion von der nicht neuen Einsicht aus, daß man



    Lohmar
    etwas gegen den Kommunismus tun müsse. Ich möchte hier von vornherein unnötige Mißverständnisse ausräumen.

    (Abg. Dr. Zimmermann: Es ist sehr notwendig bei Ihnen!)

    — Es ist sehr liebenswürdig, daß Sie mich darauf aufmerksam machen. Aber wir sind es seit langem gewohnt, Herr Kollege Dr. Zimmermann, daß uns die Kommunisten vorwerfen, eine „rechte" SPD-Führung verhindere die Durchsetzung des Willens der „linken" Mitglieder, und daß Sie sagen, eine „linke" SPD-Führung verhindere die Durchsetzung des Willens der „rechten" Mitglieder. Das ist keine Basis für ein ernsthaftes politisches Gespräch.

    (Abg. Dr. Zimmermann: Da haben Sie recht: das ist zu billig!)

    Uns ist genau bekannt, welche Anstrengungen die mitteldeutschen Kommunisten in den letzten Jahren unternommen haben, um eine halbwegs funktionsfähige und ideologisch sattelfeste Streitmacht auf die Beine zu stellen. Wir wissen, daß die SED auf vielen Wegen und mit zuweilen nicht einmal unwirksamen Methoden versucht, innerhalb und außerhalb der Bundeswehr Boden zu gewinnen. Sogar die Christlich-Demokratische Union ist jetzt Opfer eines solchen Versuchs geworden! Wir deutschen Sozialdemokraten fragen die Offiziere der Nationalen Volksarmee genauso, wie Kurt Schumacher 1951 im ersten Bundestag die Angehörigen der kasernierten Volkspolizei gefragt hat: „Wie lange wollen Sie noch den Weg unter den Fahnen des Kommunismus gegen Ihr eigenes Vaterland weitermarschieren?" Wir übersehen dabei nicht
    um eine Formulierung meines Freundes Karl Mommer aufzugreifen —, daß es sich bei den Soldaten der Nationalen Volksarmee nicht nur um trojanische Pferde, sondern in vielen Fällen wahrscheinlich nur um Esel solcher Art handelt. Und wir haben uns deshalb gegen die Aktion „Rettet die Freiheit" mit aller Härte gewandt, weil wir in ihrer Zielsetzung und ihrer Methodik einen untauglichen und einen unehrlichen Versuch sahen und sehen, etwas Wirksames gegen den Kommunismus zu tun. Wer dem Kommunismus entgegentreten will, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, der darf sich nicht nur gegen ihn wenden, sondern er muß bereit sein, sich gegen das Totalitäre schlechthin zu wenden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir Sozialdemokraten sehen eben nicht nur in der kommunistischen Ideologie und Politik eine Gefahr für unsere freiheitliche Verfassung, sondern auch in Ordnungen wie dem Spanien Francos, dem Portugal Salazars oder in dem „Catcher-Stil", den der Herr Bundeskanzler neuerdings in Deutschland heimisch zu machen gedenkt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir sind weiter der Meinung, daß es nicht genügt, eine Aktion gegen irgend etwas zu starten, sondern daß wir eine Aktion für die Demokratie, ein Bemühen darum brauchen, deutlich werden zu lassen, worin sich denn die freiheitliche Grundordnung eines demokratischen Staates den Ideen und den Institutionen nach positiv von einer totalitären Ordnung unterscheidet. Wir wissen, daß der Widerstand gegen das Totalitäre und das Bemühen um eine solche positive Alternative nicht nur eine Sache der Regierung sein darf, sondern eine Aufgabe der gesamten demokratischen Gesellschaft sein muß. Demgegenüber sehen die Pläne der Bundesregierung zur psychologischen Verteidigung lediglich eine Art exekutiver propagandistischer Hilfestellung der Öffentlichkeit zugunsten der Pläne der Regierung vor und fördern damit geradezu die Unmündigkeit des Bürgers gegenüber einer als autoritär empfundenen Staatspolitik.
    Eine solche psychologische Verteidigung brauchen wir nicht. Wir brauchen keine Manipulation der Menschen, wir brauchen keine schlauen Tricks gegen das Totalitäre, sondern wir benötigen eine großzügige politische Bildung, wir benötigen eine Toleranz im Denken und im Machtanspruch der in unserem Staat miteinander ringenden politischen Kräfte und Ideen. Das heißt für Sie, meine Damen und Herren von der gegenwärtigen Mehrheit, daß Sie sich mit der Vorstellung vertraut machen müssen, daß eines Tages in diesem Hause eine sozialdemokratische Mehrheit und eine sozialdemokratische Bundesregierung ebenso legitim das Steuer dieses Staates führen werden, wie Sie das heute für sich beanspruchen. Wir nehmen es Ihnen nicht übel, daß Sie die Macht behalten wollen. Aber wir halten es für staatspolitisch unverantwortlich, wenn Sie die Bundeswehr zu einem Instrument der Herrschaft Ihrer Partei zu machen gedenken.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nichts anderes können Aktionen mit der Zielsetzung und im Stil wie die Aktion „Rettet die Freiheit" oder auch Veröffentlichungen wie das Hetzblatt „Mann in der Zeit",

    (Lachen und Oh-Rufe bei der CDU/CSU)

    das einer religiösen Gemeinschaft einfach unwürdig ist, im Ergebnis bewirken. — Ja, meine Damen und Herren, Sie müssen sich eben damit abfinden, daß Konrad Adenauer plus Karl Jaspers oder Franz Joseph Strauß plus Theodor Litt noch nicht das ausmachen, was die Sozialdemokraten unter einer freiheitlichen Staatsordnung verstehen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Die Bundeswehr soll keine „Schule der Nation" sein, aber auch kein christlich-demokratisches Parteiinternat. Sie ist die Einrichtung eines freiheitlichen Staates, dem wir alle angehören und den wir alle gemeinsam zu tragen verpflichtet sind. Vielleicht denken Sie darüber einmal gründlicher nach, als das in der bisherigen Politik des Bundesverteidigungsministeriums zum Ausdruck kommt.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Kreitmeyer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Reinhold Kreitmeyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ehe ich zu den



    Kreitmeyer
    eigentlichen Ausführungen für meine Fraktion komme, möchte ich doch einige Bemerkungen zu dem machen, was hier bereits behandelt worden ist und was, glaube ich, einer vielleicht kleinen, aber doch wichtigen Richtigstellung bedarf.
    Sehr verehrter Kollege Schmidt, es hat sicherlich in jeder Wehrmacht zu jeder Zeit Platzeks gegeben. Sie sind auch teilweise in den Filmen der Gegenwart festgehalten. Aber vielleicht war es mehr nur ein Versprechen: „eine besonders hohe Anzahl von Platzeks" hat es in keiner deutschen Armee zu keiner Zeitgegeben.

    (Zurufe von der SPD: Na, na, na!)

    Lassen Sie mich als Beweis nur zweierlei anführen, was Sie in Ihren Reihen 'bestimmt genauso beurteilen und was auch Sie unterschreiben können. Eine Armee mit einer besonders hohen Zahl von Platzeks ist niemals zu den militärischen Leistungen in der Lage, die erwiesen worden sind,

    (Abg. Dr. Kliesing: Sehr richtig!)

    ganz gleich, unter welchem Vorzeichen sie geschehen sind.
    Es gibt aber noch einen viel untrüglicheren Maßstab. Das war die für uns ,alle leidvolle Gefangenschaft. Dort bewiesen sich Charaktere. Platzeks hätten dort wahrscheinlich eine furchtbare Abrechnung bekommen, was im umgekehrten Sinn ein interessantes amerikanisches Zeitstück, „Zeitenwende", schon für die Gegenwart festgehalten hat. Das ist eine Feststellung. Es wird von mir nichts beschönigt. Aber es ist, glaube ich, im Stil falsch, zusagen: Wir sind wieder die besonders Schlechten auf diesem Gebiet.

    (Abg. Schmidt [Hamburg] : Das habe ich nicht gesagt!)

    Die militärischen Berater, die ihre Unterschrift unter den Organisationsplan und den Aufstellungsplan von 1952 gegeben haben, muß man wohl in einem Punkte entschuldigen. Technisch gesehen ist es heute noch möglich, mit 20 000 Übergangsgehaltsempfängern — um es gleich in den Einzelplan 33 zu übersetzen — in 12 Monaten 18 Divisionen aufzustellen mit Waffen, die damals wie heute geschenkt sein müssen. Aber eines muß man doch wohl feststellen: daß die staatlichen, gesetzlichen Voraussetzungen und die noch nicht bewältigte Vergangenheit mit dazu beigetragen haben, daß man die Pläne nicht in ,die Praxis umsetzen konnte. Lassen Sie mich gleich hier zur noch zu bewältigenden Vergangenheit sagen: Die ist nur für uns Alte da. Mit der Jugend fangen wir auf dem Gebiet nichts an, es sei denn, wir beweisen durch unser Vorleben, daß wir die Vergangenheit bewältigt haben. — Und nun lassen Sie mich zu meinen eigentlichen Ausführungen kommen.
    Herr Bundesverteidigungsminister, ich muß bei Ihrer Amtsbezeichnung. beginnen. Sie ist insofern etwas irreführend, als man meinen könnte, Sie würden die Verteidigung der Bundesrepublik mit Ihrer Organisation etwa decken. Ich glaube, man muß in dieser zweiten Lesung einmal ganz deutlich sagen: Sie sind zu neunzig Prozent ,der Verteidigungsminister der NATO-Streitkräfte, und zu zehn Prozent, sehr stiefmütterlich behandelt, marschiert so etwas Heimatverteidigung mit. Nachdem man nun über die ersten Runden der Aufstellungsschwierigkeiten hinweggekommen ist, wird es, meine ich, wohl Zeit — nicht zuletzt unter Iden aktuellen politischen Ereignissen —, Überlegungen anzustellen, ob nicht das Wehrsystem — das hier bereits von den Kollegen von ,der sozialdemokratischen Fraktion behandelt worden ist und wahrscheinlich nachher noch eingehend gewürdigt werden wird hinsichtlich des Verhältnisses zwischen, sagen wir es einmal kaufmännisch, Aufwand und Ertrag einer grundsätzlichen Revision bedarf.
    Es gehören dazu einige Erkenntnisse, die nach meinem Dafürhalten heute nicht mehr von der Hand zu weisen sind, von denen hier bereits vor Jahresfrist die Rede war und die uns durch niemand anderen — kompetenter, glaube ich, geht es wohl nicht mehr — als den ehemaligen ersten Soldaten der Vereinigten Staaten, ,den heutigen Präsidenten der USA, in dem konkreten Falle Berlin so deutlich vor Augen geführt worden sind.
    Unter Verwertung dieser Erkenntnisse und in völliger Übereinstimmung mit der Kritik, die bisher geübt worden ist und die bis in die kleinen Details hinein gegangen ist, sollte man doch folgende Überlegungen anstellen.
    Das, was hier in scherzhafter Form der „Türke" genannt worden ist, ist, nun, ich möchte beinahe sagen, eine militärische Erscheinung, die zu allen Zeiten mit zum Militärwesen gehört; und der „Türke" an sich ist noch nicht das Schlechteste,

    (Heiterkeit bei der SPD),

    wenn die Erkenntnisse, die, bis die letzte Schauvorführung absolviert wird, gewonnen werden, nicht untergehen unter dem Eindruck des so wunderbar gelungenen „Türken".
    Eine Kritik glaube ich hier verstärken zu müssen. Meine sehr verehrten Kollegen, die Aufforderung: „Kümmern Sie sich um die Bundeswehr!" können wir gar nicht direkt genug nehmen; denn sie gibt uns die beste Möglichkeit im Gespräch, in der politischen Fragestunde. Solche Fragestunden werden jederzeit genehmigt werden; und nicht nur genehmigt: ich habe den Eindruck, die Kommandeure sind unendlich froh, wenn Abgeordnete die Wünsche mit entgegennehmen.
    Aus dieser Situation heraus darf man wohl sagen: Betrachten und vergleichen Sie einmal die Zahlen der für die Verwaltung erforderlichen Menschen, der Beamten, Angestellten und Arbeiter! Dabei eine kleine Korrektur. Ich glaube Herr Kollege Schmidt, eine Schreibkraft ist jetzt überall vorhanden,

    (Abg. Schmidt [Hamburg] : Ein Fortschritt!)

    denn nur so ist die Zahl von 42 000 Arbeitskräften zu erklären. Sie soll um Gottes willen erhalten bleiben, denn durch den von Ihnen sehr richtig geschilderten Papierkrieg findet sich nur noch eine Kraft durch, die nicht etwa alle sechs Monate wechselt, sondern die bleibt. Im Hinblick auf das Prinzip der Wirksamkeit sollten wir doch überlegen, ob die hohe Zahl



    Kreitmeyer
    von Verwaltungspersonal — die auf der einen Seite damit begründet wird, man spare damit kämpfende Truppe ein - noch am Platze ist.
    Ich komme nun zu einem weiteren und viel schwerwiegenderen Argument und verbinde damit wegen der Zeitnot gleich die Begründung unseres Antrages Umdruck 281 Ziffer 1. Wir beantragen, die Friedensstärke der NATO-Kontingente der Bundeswehr um 12 v. H. zu erhöhen. Wenn wir eine sogenannte NATO-Division dem NATO-Befehlshaber unterstellen, ist die landläufige Meinung, das sei eine voll kampfkräftige, intakte Einheit. Ich will jetzt gar nicht kritisieren, daß bestimmte Waffen oder Ausrüstungsgegenstände noch nicht vorhanden sind, ich will mich nur mit einem entscheidenden Punkt befassen: dem Grad des Kampfwertes dieser Einheit. Ich stehe nach wie vor — und spreche hier besonders deutlich für meine Fraktion — zur einjährigen Dienstpflicht. Aber die einjährige Dienstpflicht setzt eine besondere Organisation voraus, und es ist nicht damit zu machen, daß man fiskalisch sagt: ein Mann ist ein Jahr da, soundso viel Einheiten gibt es, also haben wir soundso viel Leute. Wir müssen uns vielmehr dazu entschließen, nach unseren neu gewonnenen Erkenntnissen über Gefechtsstärke und Umgliederung zur Sowohl-als-auch-Division die Gegenwartsstärke der jeweiligen Einheit so frei von Wechsel zu halten, wie das nur irgend möglich ist.
    Das bedingt zwei Forderungen. Die eine habe ich hier deshalb nicht aufgenommen, weil uns ihre Erfüllung bereits im vorigen Jahr zugesagt war. Inwieweit sie durchgeführt ist, kann ich nicht ganz übersehen. Es ist aber notwendig, daß die gesamte Ausbildung aus der Ist-Stärke der der NATO überstellten Einheiten etatmäßig - und deshalb sage ich das zur zweiten Lesung — herausgenommen wird. Meine Damen und Herren, das ist deshalb so wichtig, weil diese Zahl mindestens 25 °/o der jeweiligen Kampfstärke bedeutet. Ich muß Ihnen jetzt die absolute Zahl nennen. Wenn Sie von einer Panzereinheit, die eine Kriegsstärke von 82 Mann hat, ein Viertel überhaupt nicht zur Verfügung haben, wenn Sie ein weiteres Viertel in der Spezialausbildung haben, wenn Sie weiter aus ganz simplen menschlichen Gründen für Urlaub, Krankheit, Kommandierungen, Lehrgänge usw. ein weiteres Viertel rechnen müssen, dann bleibt Ihnen für das wertvolle Material — hoffentlich kommt es bald einmal — wirklich nur noch ein Viertel zur Verfügung. Das ist die gegenwärtige Präsenzstärke; das ist das, was den Kampfwert einer solchen NATO-Division darstellt. Die Forderung, wenigstens 12 % hinzuzugeben, würde in Verbindung mit der Ausklammerung der Stärke der Rekruten dazu führen, den Wert auf etwa 50 % zu heben. Ich glaube, wir sind es auch unseren Partnern schuldig, zu dieser Klarheit zu kommen. Allerdings sollten wir auch deutlich unsere Enttäuschung darüber zum Ausdruck bringen, wie es unsere Partner mit der Einhaltung ihrer Verpflichtungen halten.
    Nun, Herr Kollege Schmidt, muß ich noch Lauf einen Passus eingehen, der die Reichswehr betrifft. Ihre Zahlen stimmen. Man muß aber Lauch noch das
    Alter hinzusetzen. Es hat sehr ordentliche und tüchtige Kompaniechefs gegeben, die 40, 41 oder 42 Jahre alt waren. Das Dilemma, vor dem die Reichswehr stand, war dem ähnlich, mit dem wir es heute noch zu tun haben. Auf jeden kriegserfahrenen Offizier folgte in den 20er Jahren ein unerfahrener. Es war daher das natürliche Bestreben, diese Erfahrung möglichst lange zu halten und auf den nicht kriegserfahrenen Offizier zu übertragen. Hier gebe ich Ihnen völlig recht, daß eine Kopflastigkeit der Bundeswehr vorhanden ist. Es ist aber noch durchaus möglich, die Erfahrungen auszuschöpfen. Ich möchte hier vorwegnehmen, was ich dazu noch bei Punkt 3 unseres Antrags zu sagen habe. Es wäre dann die Möglichkeit, unser, sagen wir, Potential in dieser Hinsicht in einer Form auszuweiten, die, um den modernen, geläufigen Ausdruck zu gebrauchen, an Abschreckung nicht hinter dem zurückstehen würde, was man heute mit atomaren Waffen darzustellen versucht.
    Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch etwas mehr zu dem sagen, was bei der Beratung des Einzelplans 33 wegen der knappen Zeit nur sehr kurz behandelt worden ist. Für uns geht es bei der zweiten Lesung darum, daß aus dem Bundesetat Leine ganz erhebliche Summe an ehemalige Soldaten gezahlt wird, die dafür überhaupt keinen militärischen Dienst leisten, gar nicht leisten dürfen, weil wir keinen Gebrauch von ihnen machen. Ich stehe nicht an zu sagen, daß man das abschaffen sollte. Gerade der Mangel an jungen Offizieren in der Übergangszeit und die Rücksprache mit zahlreichen Truppen-und Schulkommandeuren bestätigen, daß man durchaus den Ergänzungsoffizier alter Prägung in der Truppe verwenden kann und die Truppenoffiziere daher am Schreibtisch entlastet.
    Lassen Sie mich, Herr Bundesverteidigungsminister, dabei noch ein Anliegen wiederholen. Ich charakterisierte Sie als einen Minister zu 90 % der NATO-Streitkräfte und zu 10 % der Heimatverteidigung. Aus psychologischen Gründen müßte endlich von Ihnen der Schritt vollzogen werden, sich etatmäßig zu den alten Soldaten zu bekennen, wie wir ebenso der Bundesregierung den Antrag auf den Tisch legen, Lauch die Kriegsopfer aus psychologischen Gründen in Ihre verwaltungs- und etatmäßige Obhut zu nehmen. Vom Etat her gesehen sind Sie doch immer wieder der Kritik ausgesetzt. Die Voranschläge und Kalkulationen können bei weitem nicht eingehalten werden. Wesentliche andere Aufgaben werden dadurch nicht erfüllt und immer wieder von Jahr zu Jahr zurückgestellt. Aber aus Gründen der Landesverteidigung und aus staatspolitischen Überlegungen müßte die Frage der alten Soldaten zu den Aufgaben Ihres Ressorts gehören. Die Belastung durch den Kriegsopferetat wäre ohne weiteres zu ertragen, und wir würden endlich einmal den Wehretat der Etatklarheit zuführen.
    Versuchen wir jetzt einmal nachzurechnen. Wir haben uns vor zwei, drei Jahren einmal bei der Frage ereifert, in kurzer Frist 55, 58 oder 60 Milliarden aufzubringen. Heute können wir feststellen, daß das Tempo der Aufstellung, sowohl vom finanziellen wie auch vom wirtschaftlichen Standpunkt, erfreulicherweise wesentlich langsamer gewesen ist.



    Kreitmeyer
    Hier haben Sie es wieder gehört: Es ist durchaus im Sinne der Truppe und der verantwortlichen Unterführer, daß es nach wie vor langsam weitergeht. Dann wäre es doch eben aus Gründen der Bewältigung der Vergangenheit und der psychologischen Situation nicht zu viel verlangt, daß Sie den Wunsch zu dem Ihren machen und dafür sorgen, daß alles, was mit dem Soldaten und der Verteidigung unseres Vaterlandes, unserer Heimat zu tun hat, bei Ihnen ressortiert wird. Dann tragen Sie, Herr Bundesverteidigungsminister, Ihren Namen sicherlich' mehr zu Recht als bisher.
    Noch ein Wort zu Ziffer 3 unseres Antrags. Vom Aufwand her gesehen ist es sicherlich nicht zu verantworten, daß wir bis heute nichts unternommen haben, um der hochqualifizierten, vollmotorisierten und teilweise mechanisierten Truppe eine entsprechende Reserve zu schaffen. Ich habe Ihnen das Zahlenmaterial betreffend Kampfstärken gegeben. In der Praxis muß man dort, wo uns geschenktes amerikanisches Material, das noch zu Übungszwecken ausgezeichnet und teilweise noch verbessert worden ist, zur Verfügung steht, mehr als die Hälfte einfach stillegen, weil daran nicht entsprechend ausgebildet werden kann. Ich glaube, es gibt keine unrationellere Verwendung dieser Waffen. Es kann nur richtig und gut sein, wenn wir hinter den vorhandenen Geräten eine mehr als einfache, möglichst eine drei- oder fünffache, ja, ich möchte in Überspitzung sogar sagen, eine zehnfache Besetzung stehen haben.
    Hier erhebt sich die Frage: Ist es richtig, daß wir bisher die sogenannten weißen Jahrgänge — der Wirbel um den Jahrgang 1922 beweist, daß das nicht richtig ist - überhaupt noch nicht in Form einer Kurzausbildung erfaßt haben? Ich glaube, das ist mehr eine Frage der vorherigen Konsultierung, der vorherigen Meinungseinholung. Das Ergebnis der Debatte um den Jahrgang 1922 ist doch, daß es durchaus möglich wäre, hier die gesetzliche Grundlage für die Kurzausbildung zu schaffen, deren Fehlen vielerorts bemängelt wird.
    Aus den von mir nur schwach angedeuteten Gründen, die durch die Situation bedingt sind, in der wir uns augenblicklich befinden, sollten wir nicht länger zögern, diesen Schritt zu tun. Ich bin der festen Überzeugung, daß damit eines ganz klar wird — und das ist vom psychologischen Standpunkt aus wichtig —: auch wir, die wir in der Bundesrepublik im Schutze der westlichen Freiheit leben, die wir mit unseren Verbündeten bisher völlig ungefährdet zehn Jahre lang aufbauen konnten, können nicht an der Tatsache vorbeigehen, daß es mit einem NATO-Kontingent allein nicht getan ist, sondern daß wir die Verpflichtung haben, wenn die anderen schon das große Risiko auf sich nehmen — sicherlich in der Hoffnung, daß es niemals zum Ernstfall kommt —, wenigstens dafür zu sorgen, daß wir wirklich in der Lage sind, einen nur lokal gedachten Übergriff zu lokalisieren und damit der Bundesrepublik die Sicherheit zu geben, deren Gewährleistung man von der Bundeswehr erwartet.
    Heute ist diese Forderung — das darf ich abschließend bemerken — trotz dreieinhalbjährigen
    Bestehens der Bundeswehr nicht erfüllt. Das ist eine sachliche Feststellung und keine Kritik an dem guten Wollen, an dem guten Geist.
    Lassen Sie mich nun noch zu der Ziffer 2 unseres Antrages ein Wort sagen. Ich weiß, Sie glauben daraus die Wiedergeburt des Militäranwärters herauslesen zu müssen.
    Ich komme nun auf die Versorgung der Offiziere und Unteroffiziere auf Zeit zu sprechen. Neben dem von mir geschilderten Tatbestand der Effektivstärke dürfen wir uns aber nicht darüber hinwegtäuschen, daß mehr als 30 % der notwendigen Berufsunteroffiziere und Langdienenden nicht vorhanden sind und daß, wenn wir im Zuge der geplanten Aufstellung weitermachen, dieser Prozentsatz noch weiter sich steigern wird. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Ich will sie wegen der Kürze der Zeit hier nicht im einzelnen erläutern. Vielleicht ist es auch besser, sie im Ausschuß zu behandeln.
    Eines darf man aber nicht verschweigen. Die Animosität, die einmal gegen den Militäranwärter bestanden hat, ist heute unter keinen Umständen mehr gerechtfertigt. Wenn hier bereits anerkennend festgestellt wurde, daß gerade der Geist des Unteroffizierkorps ein anderer geworden ist, dann kann man nicht mehr gut behaupten, daß mit diesen Männern ein der Demokratie nicht angemessener, der Verwaltung nicht zuträglicher Geist einzöge, wenn diese Versorgungsanwärter in die Beamten- oder eine andere Laufbahn des öffentlichen Dienstes übergehen sollen.
    Erfreulich war der Bericht, der im Verteidigungsausschuß über die Handhabung der Disziplinarstrafgewalt gegeben wurde. Erfreulich ist die Tatsache, daß in der Bundeswehr nicht eine einzige Handlung zu verzeichnen ist, wie sie eingangs als Platzek-Methode geschildert worden ist. Ich glaube, indem wir dieser Forderung hier nachgeben, können wir am besten beweisen, daß die Bundeswehr auf dem besten Wege ist, eine Einrichtung unseres ganzen Volkes zu werden.
    In diesem Sinne werden wir Freien Demokraten dem Etat trotz unserer Kritik auch in der zweiten Lesung unsere grundsätzliche Zustimmung geben.

    (Beifall bei der FDP.)