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    Deutscher Bundestag 67. Sitzung Bonn, den 19. März 1959 Inhalt: Begrüßung von Mitgliedern der Generalstaaten der Niederlande 3559 B Zur Tagesordnung 3553 B Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (3. ÄndG AnVNG) (SPD) (Drucksache 936) — Erste, zweite und dritte Beratung -- 3553 C Entwurf eines Gesetzes über das Zollkontingent 1959 für feste Brennstoffe (CDU/ CSU) (Drucksache 937) — Erste Beratung — Dr. Atzenroth (FDP) 3554 A Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . 3554 B Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . 3554 C Kohut (FDP) . . . . . . . . 3555 A Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 3555 A Entwurf eines Gesetzes über die Ausfuhrzolliste (Drucksache 713); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 874) — Zweite und dritte Beratung — 3555 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Siebenten Protokoll vom 19. Februar 1957 über zusätzliche Zugeständnisse zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (Bundesrepublik Deutschland und Österreich) (Drucksache 606); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksache 879) — Zweite und dritte Beratung — . . 3555 C Entwurf eines Gesetzes zu dem deutschschweizerischen Abkommen vom 5. Februar 1958 über Durchgangsrechte (Drucksache 602); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksache 933) — Zweite und dritte Beratung — . . . . 3555 D Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (Spar-Prämiengesetz) (Drucksachen 263, zu 263) ; Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksache 943); Schriftlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 898, zu 898) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Brecht (SPD) . 3556 B, 3558 B, 3559 D, 3560 B, 3562 B, 3563 B, 3564 C, 3565 C Katzer (CDU/CSU) . . . 3557 B, 3563 A Dr. Atzenroth (FDP) . . 3557 C, 3563 D, 3565 D, 3567 C, 3571 A, B Scharnberg (CDU/CSU) . 3559 A, 3561 C, 3563 C, 3564 B, 3565 B, C Dr. Hesberg (CDU/CSU) . 3559 D, 3560 A II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1959 Dr. Preusker (DP) 3564 B, D Wehr (SPD). . . . 3566 B Dr. Rutschke (FDP) 3569 A Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . 3569 B Dr. Bucher (FDP) . . . . . . 3571 D Etzel, Bundesminister 3572 A Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) (CDU/CSU, SPD, FDP, DP) (Drucksache 935) — Zweite und dritte Beratung — Präsident D. Dr. Gerstenmaier 3574 C Brandt, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 3575 A Vereidigung des Wehrbeauftragten 3576 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3576 C Anlagen 3577 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1959 3553 67. Sitzung Bonn, den 19. März 1959 Stenographischer Bericht Beginn 15.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 19. 3. Frau Albertz 4. 4. Altmaier 20. 4. Dr. Arndt 20. 3. Dr. Baade 10. 4. Dr. Bärsch 28. 3. Dr. Barzel 20. 3. Dr. Becker (Hersfeld) 18. 4. Behrisch 20. 3. Frau Beyer (Frankfurt) 20. 3. Dr. Birrenbach 20. 3. Fürst von Bismarck 20. 3. Blachstein 21.3. von Bodelschwingh 4. 4. Dr. Böhm 20. 3. Börner 27. 3. Cillien 19. 3. Diekmann 20. 3. Diel (Horressen) 20. 3. Frau Diemer-Nicolaus 20. 3. Dopatka 19. 3. Dr. Dresbach 20. 3. Frenzel 20. 3. Dr. Friedensburg 12. 4. Gehring 20. 3. Geiger (München) 19. 3. Frau Geisendörfer 1. 5. Glüsing (Dithmarschen) 19. 3. Dr. Görgen 7. 5. Dr. Greve 11.4. Dr. Gülich 31.3. Hauffe 20. 3. Heiland 28. 3. Dr. Hellwig 20. 3. Hermsdorf 31. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 4. 4. Hoogen 21.3. Illerhaus 20. 3. Jacobs 15. 4. Dr. Jaeger 20. 3. Jahn (Frankfurt) 31. 3. Jaksch 30. 4. Josten 21. 3. Kalbitzer 20. 3. Frau Kalinke 20. 3. Frau Kipp-Kaule 20. 3. Knobloch 19. 3. Dr. Kopf 21. 3. Kramel 20. 3. Dr. Kreyssig 20. 3. Kunst 21.3. Lenz (Trossingen) 6. 4. Lenze (Attendorn) 12. 4. Dr. Leverkuehn 4. 4. Lohmar 5. 4. Lücker (München) 20. 3. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 4. Margulies 21.3. Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Matthes 23. 3. Dr. Meyer (Frankfurt) 21. 3. Müller (Erbendorf) 20. 3. Nellen 20. 3. Odenthal 1. 5. Pernoll 20. 3. Pöhler 19. 3. Probst (Freiburg) 19. 3. Rademacher 4. 4. Rasner 21.3. Dr. Ratzel 19. 3. Rehs 20. 3. Riedel (Frankfurt) 19. 3. Dr. Rüdel (Kiel) 20. 3. Frau Rösch 10. 5. Sander 19. 3. Scheel 21.3. Dr. Schild 19. 3. Schlee 20. 3. Schmücker 20. 3. Dr. Schneider (Lollar) 20. 3. Schröder (Osterode) 31. 3. Schwarz 2. 4. Frau Dr. Schwarzhaupt 20. 3. Dr. Serres 20.3. Stahl 23. 3. Struve 20. 3. Wendelborn 20. 3. Worms 19. 3. Dr. Zimmermann 4. 4. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesminister der Finanzen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Seuffert (Fragestunde der 66. Sitzung vom 18. März 1959, Drucksache 930, Frage 28) : Billigt der Herr Bundesfinanzminister die von einigen Finanzämtern vertretene Auffassung, daß auf Nutzungsentgelte aus Dauerwohnrechtsverträgen Umsatzsteuer zu erheben sei, auch wenn die Verträge sonst typisch nach Art eines Mietvertrages gestaltet und das Entgelt nach den Grundsätzen für Sozialmieten berechnet ist? Wenn nicht, was gedenkt der Herr Bundesfinanzminister zu tun, um die Erhebung solcher Steuern zu verhindern? Die Bestellung eines Dauerwohnrechts gegen Entgelt ist eine sonstige Leistung, die nach § 1 Ziff. 1 des Umsatzsteuergesetzes der Umsatzsteuer unterliegt. Nach § 4 Ziff. 10 des Gesetzes sind zwar die Verpachtungen und Vermietungen von Grundstücken steuerfrei. Diese Vorschrift kann jedoch auf die Bestellung von Dauerwohnrechten nach der ständigen Rechtsprechung deshalb keine Anwendung finden, weil diese Leistungen keine Verpachtungen und Vermietungen von Grundstücken im bürgerlich-rechtlichen Sinn, sondern die Einräumung dinglicher Nutzungsrechte darstellen. Dies gilt auch dann, wenn das Entgelt für die Bestellung eines Dauerwohnrechts in Form mietzinsähnlicher Zahlungen entrichtet wird. Die Heranziehung der Nutzungsentgelte aus Dauerwohnrechtsverträgen zur 3578 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1959 Umsatzsteuer durch die Finanzämter entspricht daher dem geltenden Recht. Da es sich jedoch bei der Bestellung von Dauerwohnrechten um wirtschaftlich ähnliche Tatbestände handelt wie bei der umsatzsteuerfreien Verpachtung oder Vermietung von Grundstücken, ist beabsichtigt, den gesetzgebenden Körperschaften bei der nächsten Änderung des Umsatzsteuergesetzes vorzuschlagen, im Interesse einer gleichmäßigen Besteuerung auch die Bestellung von Dauerwohnrechten von der Umsatzsteuer freizustellen. In Vertretung: Prof. Dr. Hettlage Anlage 3 Schriftliche Antwort des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Bucher (Fragestunde der 66. Sitzung vom 18. 3. 1959, Drucksache 930, Frage 31): Warum hat die Bundesregierung nichts dagegen unternommen, daß die Forderung des ersten Sekretärs der SED, Walter Ulbricht, „Ganz Deutschland soll kommunistisch werden!" auf zahlreichen Plakaten in der Bundesrepublik in sehr werbewirksamer Weise propagiert wurde? Nach Auffassung der Bundesregierung besteht der Sinn des Plakates darin, der breitesten Öffentlichkeit in der Bundesrepublik nochmals drastisch das Ziel der Ulbrichtschen Deutschland-Politik vor Augen zu führen. Durch das Zusammenwirken des Bildes von Ulbricht, die Verwendung der Embleme Hammer und Sichel sowie die Wiedergabe der politischen Grundforderung von Ulbricht sind nach Auffassung der Bundesregierung nicht die politischen Ziele Ulbrichts propagiert worden, vielmehr wurde mit dem Plakat eine aufklärende und warnende Wirkung erzielt. Die Richtigkeit dieser Auffassung ist durch die Tatsache erwiesen, daß Ulbricht sich durch dieses Plakat persönlich und politisch getroffen fühlte. Nach einer dpa-Meldung vom 12. 3. 1959 unternimmt Ulbricht z. Z. den Versuch, ein Gegenplakat auf dem Gebiet der Bundesrepublik zu verbreiten. von Eckardt Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Mischnick (Fragestunde der 66. Sitzung vom 18. 3. 1959, Drucksache 930, Frage 32): Wie gedenkt die Deutsche Bundesbahn das Gelände des ehemaligen Lokalbahnhofes in Frankfurt (Main)-Sachsenhausen zu Verwenden? Ist die Deutsche Bundesbahn gegebenenfalls bereit, dieses Gelände der Stadt Frankfurt (Main) zur Verfügung zu stellen? Bei dem genannten Gelände handelt es sich um ein als gemischtes Baugebiet für Wohnbauten und gewerbliche Zwecke in den vorläufigen Bauleitplänen der Stadt Frankfurt (Main) ausgewiesenes Gelände von rd. 15 000 qm in geschäftlich und werkehrlich sehr günstiger Lage. Die Deutsche Bundesbahn hat noch keine abschließende Entscheidung über die Verwendung dieses Geländes getroffen. Nach Stillegung der Lokalbahn Frankfurt (Main)—Offenbach (Main) am 2. Oktober 1955 hat die Stadt Frankfurt (Main) verschiedentlich mündlich erklärt, daß sie an dem Erwerb des Geländes interessiert sei. Sie hat jedoch bisher der Deutschen Bundesbahn weder ein konkretes Kaufangebot unterbreitet noch endgültige Planungen über die beabsichtigte Verwendung des Geländes vorgelegt. Die Bundesbahndirektion Frankfurt (Main) hat schon bei der bisherigen Fühlungnahme mit der Stadt erklärt, daß sie zu Verhandlungen bereit und gewillt sei, das von der Stadt zur Erweiterung der Straßenflächen erforderliche Gelände gegen Zahlung des Verkehrswertes abzugeben. Die Deutsche Bundesbahn ist auch heute noch bereit, die erforderlichen Verhandlungen zu führen, sobald konkrete Planungen der Stadt Frankfurt (Main) und ein angemessenes Preisangebot vorliegen. Dr. -Ing. Seebohm Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Mischnick (Fragestunde der 66. Sitzung vom 18. 3. 1959, Drucksache 930, Frage 33) : Hält der Herr Bundesverkehrsminister an dem Plan fest, den Rhein-Main-Schnellweg zwischen Wiesbaden und Frankfurt (Main) in Richtung Hanau zu verlängern? Wann ist gegebenenfalls mit dem Weiterbau des Rhein-MainSchnellweges innerhalb der Stadt Frankfurt (Main) zu rechnen? Für den Bereich der Stadt Frankfurt/ M. liegen folgende Pläne vor: Der Rhein-Main-Schnellweg soll im Norden der Stadt durch eine nördliche Umgehung (Nordtangente) und im Osten durch eine östliche Umgehung (Osttangente) fortgesetzt werden, an die sich in Richtung Hanau Entlastungsstraßen für die Bundesstraßen 8/40 und 43 anschließen. Durch Zubringerstraßen soll dann die Osttangente mit den Autobahnen Frankfurt/ M.—Kassel bei Bad Homburg und Frankfurt M.—Aschaffenburg bei Offenbach verbunden werden. Ich habe diese Verkehrsplanungen gutgeheißen. Für den südlichen Teil der Osttangente sind bereits Mittel in den Haushalten des Bundes und Landes sowie der Städte Frankfurt/ M. und Offenbach vorgesehen. Außer dieser Teilstrecke sind die verkehrswirtschaftlichen Untersuchungen und Einzelplanungen noch in Arbeit. Abschließende Entscheidungen konnten daher noch nicht getroffen werden. Die genannten Straßenzüge werden jedenfalls im Rahmen des Ausbauplanes der Bundesfernstraßen gebaut. Der Weiterbau des Rhein-Main-Schnell- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1959 3579 weges bis zur Autobahn Frankfurt/ M.—Kassel ist für die kommenden Jahre vorgesehen. Diese Autobahnstrecke wird voraussichtlich 1961 erreicht werden. Der Beginn der Baumaßnahmen an den übrigen Abschnitten wird sich nach dem Fortschritt der Planungen richten, die im Hinblick auf die besonders auch im Stadtgebiet sehr schwierigen Verhältnisse noch geraume Zeit erfordern werden. Dr. -Ing. Seebohm Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers der Finanzen auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Seuffert (Fragestunde der 66. Sitzung vom 18. 3. 1959, Drucksache 930, Frage 35) : Erwägt der Herr Bundesfinanzminister eine Verbesserung und Vereinfachung des Verfahrens mit den Lohnsteuerkarten? Wird insbesondere erwogen, die Eintragung der einbehaltenen Steuer auf der Steuerkarte entfallen zu lassen, welche für eine moderne maschinelle Buchhaltung eine schwere Belastung bedeutet und leicht durch andere Lohnsteuerbestätigungen ersetzt werden kann? Die Lohnsteuerkarten sind die amtlichen Unterlagen, durch ' die die Arbeitgeber instand gesetzt werden, die Lohnsteuer und die Kirchensteuer richtig zu berechnen. Bei der alljährlichen Ausstellung der Lohnsteuerkarten durch die Gemeindebehörden werden weitgehend Adrema-Einrichtungen benutzt. Wesentliche Vereinfachungen dürften sich deshalb bei dem Verfahren der Ausstellung von Lohnsteuerkarten nicht mehr erzielen lassen, Die Eintragung des Arbeitslohns und der davon einbehaltenen Lohnsteuer und Kirchensteuer, die sogenannte Lohnsteuerbescheinigung auf der Rückseite der Lohnsteuerkarten, dient in erster Linie dazu, den Jahresarbeitslohn und die im Laufe des Jahres einbehaltene Lohnsteuer und Kirchensteuer ersichtlich zu machen. Diese Angaben sind für den Lohnsteuer-Jahresausgleich und für die Veranlagung zur Einkommensteuer erforderlich. Es dürfte aber nicht zweckmäßig sein, die Ausschreibung von Lohnsteuerbescheinigungen auf diese Fälle zu beschränken und von einem Antrag des Arbeitnehmers abhängig zu machen. Es ist für den Arbeitgeber regelmäßig einfacher, wenn er die Lohnsteuerbescheinigungen für alle seine Arbeitnehmer in einem Zuge ausschreibt. Das trifft bei Ausschreibung der Lohnsteuerbescheinigungen im maschinellen Verfahren in besonderem Maße zu. In der Regel führt es auch nicht zu einer Vereinfachung, wenn die Lohnsteuerbescheinigungen nicht auf die Lohnsteuerkarten gesetzt, sondern andere Lohnsteuerbestätigungen ausgestellt werden. In diesem Fall müßten nämlich die Personalangaben und Besteuerungsmerkmale von den Lohnsteuerkarten auf die anderen Lohnsteuerbestätigungen übertragen werden. Dazu kommt, daß auf Lohnsteuerbescheinigungen auf den Lohnsteuerkarten in allen Fällen im Interesse der Kirchensteuer nicht verzichtet werden kann. Für die Kirchen sind die Lohnsteuerkarten mit den ausgeschriebenen Lohnsteuerbescheinigungen notwendige Unterlagen für die Durchführung des Finanzausgleichs innerhalb der Kirchen, in manchen Fällen darüber hinaus auch für die Aufteilung des gesamten Kirchensteueraufkommens auf die Religionsgemeinschaften, wenn nämlich die Einbehaltung der Kirchensteuer nicht getrennt nach der Zugehörigkeit zu den einzelnen Religionsgemeinschaften vorgenommen wird. Die Arbeitgeberverbände und die Kirchen sind bereits zu diesen Fragen gehört worden. Sie haben sich grundsätzlich gegen eine Änderung des bisherigen Verfahrens ausgesprochen. Den Wünschen der Betriebe mit maschineller Lohnabrechnung wurde weitgehend Rechnung getragen. Es ist zugelassen worden, daß die Lohnsteuerbescheinigungen, die bei Anwendung eines maschinellen Lohnabrechnungsverfahrens mit Lochkarten durch Tabelliermaschinen gefertigt werden, an die zweite Seite der Lohnsteuerkarte angeklebt werden. Etzel Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bühler (Fragestunde der 66. Sitzung vom 18.3. 1959, Drucksache 930, Frage 38): Trifft die Meldung der Presse zu, daß die Bundesbahnverwaltung beabsichtigt, den Bahnhof Weil (Rhein)-Ost sowohl für den Güterverkehr wie für den Personenverkehr aufzuheben? Wie groß ist der Umfang des Verkehrs auf diesem Bahnhof? Ist der Bundesbahn nicht bekannt, daß gerade in dem Ostteil der langgestreckten Stadt Weil (Rhein) zur Zeit eine umfangreiche Bautätigkeit eingesetzt hat und daß sowohl für den Personenverkehr der Berufstätigen wie der Gesamtbevölkerung wie für die bereits bestehenden und noch zu eröffnenden Geschäfte und ihren Güterverkehr eine Aufhebung des Bahnhofs sich sehr ungünstig auswirken müßte? Die Deutsche Bundesbahn beabsichtigt, im Interesse der Rationalisierung auf einer Anzahl von Bahnhöfen mit besonders schwachem Verkehrsaufkommen die Bedienung des 'Güterverkehrs einzustellen. In die Untersuchungen wurde auch der Bahnhof Weil (Rhein) -Ost einbezogen. Bisher ist sich jedoch die Bundesbahnverwaltung noch nicht darüber schlüssig geworden, ob der genannte Bahnhof insoweit geschlossen werden soll. Sie wird bei ihrer Entscheidung nicht nur das gegenwärtige Verkehrsaufkommen berücksichtigen, sondern auch in Rechnung stellen, wie sich der Verkehr aller Voraussicht nach in Zukunft entwickeln wird. Der Güterverkehr des Bahnhofs Weil (Rhein)-Ost ist gegenwärtig sehr schwach. Während des Jahres 1957 wurden insgesamt 35 Wagenladungen zum Versand aufgegeben, und es liefen insgesamt 60 Wagenladungen ein. Damit wurde im Durchschnitt nur alle 3 1/4 Tage eine Wagenladung behandelt. Es wurden arbeitstäglich nur 3 bis 4 Stückgutsendungen im Versand und 6 bis 7 Stückgutsendungen im Empfang gezählt. Dazu kamen im Empfang und Versand täglich je 7 Expreßgutsendungen. Lebhafter war der Personenverkehr. Im Tagesdurchschnitt wurden etwas mehr als 200 Fahrkarten ausgegeben. 3580 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1959 Der Bundesbahnverwaltung ist die bauliche Entwicklung in der Stadt Weil bekannt. Sie befürchtet nicht, daß eine Schließung des Bahnhofs Weil-Ost besonders ungünstige Auswirkungen haben würde, weil der Hauptbahnhof Weil nur 2,5 km entfernt ist. Sie wird aber sorgfältig prüfen, ob das Interesse der Einwohner Weils und die voraussichtliche Entwicklung des östlichen Stadtteils es geraten erscheinen lassen, den Bahnhof Weil-Ost weiterhin für den Güterverkehr offenzuhalten. In jedem Falle wird die Deutsche Bundesbahn hier den Personenverkehr weiterhin bedienen, ggf. in der Form, daß Fahrkarten an zusteigende Reisende vom Zugpersonal ausgegeben werden. Dr. Ing. Seebohm Anlage 8 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Regling zu dem von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des AngestelltenversicherungsNeuregelungsgesetzes (3. ÄndG AnVNG) (Drucksache 936). Namens der Sozialdemokratischen Fraktion gebe ich hiermit folgende Begründung. Am 31. März 1959, d. h. in 12 Tagen, läuft die Übergangsregelung für die Aufrechterhaltung der 1) Handwerker-Altersversorgung ab. Hieraus ergibt sich die Eilbedürftigkeit des von uns auf Drucksache 936 vorgelegten Antrages. Die Übergangsregelung wurde im Jahre 1957 in das Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz eingefügt in der Erwartung, daß in Kürze die Bundesregierung dem Parlament ein Neuregelungsgesetz für die HandwerkerAltersversorgung vorlegen würde. Das ist jedoch bis zu dem zunächst vorgesehenen Termin, dem 31. März 1958, nicht geschehen. Auch bis zu dem weiteren Verlängerungstermin, dem 31. März 1959, hat die Bundesregierung wiederum nichts unternommen. Auf Grund der Antwort des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 4. März dieses Jahres (Drucksache 917) auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD (Drucksache 870) ist zur Zeit noch kein Termin abzusehen, bis zu dem mit einer Abschlußregelung für die Handwerker-Altersversorgung gerechnet werden kann. Wenn nicht heute das Hohe Haus diesen Gesetzentwurf in drei Lesungen verabschiedet und nicht auch der Bundesrat in seiner morgigen Sitzung seine Zustimmung erteilt, tritt für die lebensversicherten Handwerker ab 1. April eine sehr mißliche Lage ein. Denn von diesem Tage ab müßten die Prämiensätze, die jetzt ein Handwerker zu seiner Lebensversicherung zu leisten hat, erhöht werden, und zwar beispielsweise von bisher 77,00 DM auf 112,00 DM monatlich. Tut er das nicht, wird er nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen automatisch angestelltenversicherungspflichtig. Da eine sofortige Aufkündigung der Lebensversicherung vertraglich nicht möglich ist, würde der Handwerker gezwungen sein, an zwei Kassen zu zahlen, oder er muß, falls er nicht zahlt, mit einer Zwangsbeitreibung rechnen. Das glaubten meine politischen Freunde und ich im Gegensatz zu dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nicht verantworten zu können. Der Herr Minister schreibt nämlich in der oben erwähnten Antwort auf die Kleine Anfrage der SPD- Fraktion, daß für die Bundesregierung kein „zwingender Anlaß besteht, auf eine Verlängerung der Geltungsdauer hinzuwirken". Diese erstaunliche Erklärung steht in einem seltsamen Gegensatz zu den vielen Bekundungen der Bundesregierung und der CDU, sich stets für die Belange des Mittelstandes einzusetzen. Erst am 5. März dieses Jahres hat Herr Minister Blank auf einer Handwerkertagung in Köln erklärt: „Ich stehe Ihren sozialpolitischen Anliegen immer aufgeschlossen gegenüber. Bitte, nehmen Sie das nicht als HMlichkeitsphrase, sondern als ehrliche Überzeugung." Das Urteil darüber, inwieweit die Worte und die Taten des Herrn Ministers hier übereinstimmen, überlassen wir den betroffenen Handwerkern. Mit dem vorgelegten Verlängerungsantrag beabsichtigen wir keineswegs, der Regierung oder den Regierungsparteien einen Freibrief dafür zu geben, die überfällige Neuregelung der Altersversorgung für das deutsche Handwerk noch länger hinauszuzögern. Die Regierung hat seit ihrem Bestehen wiederholt die Neuregelung angekündigt. Wir haben daher das Recht, die unverzügliche Einlösung dieses Versprechens zu verlangen. Karl Regling Anlage 9 Umdruck 240 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (SparPrämiengesetz) (Drucksachen 263, 898, zu 898). Der Bundestag wolle beschließen: 1. a) In § 1 Abs. la Nr. 3 Buchstabe a wird vor dem Wort „Wertpapieren" das Wort „festverzinsliche" eingefügt; b) § 1 Abs. la Nr. 3 Buchstabe b wird gestrichen. Im Falle der Ablehnung des Antrags unter Nr. 1: 2. In § 1 Abs. la wird der Nr. 3 folgender Buchstabe c angefügt: „c) von Anteilen von Genossenschaften." 3. Dem § 1 Abs. la wird folgende Nr. 4 angefügt: „4. Beiträge auf Grund von Kapitalansammlungsverträgen, die nach Art von allgemeinen Sparverträgen oder von Sparverträgen mit festgelegten Sparraten mit Wohnungs- und Siedlungsunternehmen oder Organen der staatlichen Wohnungspolitik zur Erlangung einer Miet- und Genossenschaftswohnung abgeschlossen worden sind." Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 67. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. März 1959 3581 I 4. In § 2 Satz 2 werden die Höchstbeträge von 120 Deutsche Mark auf 180 Deutsche Mark und von 240 Deutsche Mark auf 360 Deutsche Mark erhöht. 5. § 2 Satz 3 erhält folgende Fassung: „Hat der Prämiensparer oder haben die Ehegatten mindestens drei Kinder (§ 32 Abs. 2 Ziff. 3 des Einkommensteuergesetzes), die in dem Kalenderjahr, in dem die Sparbeiträge geleistet worden sind, das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, so erhöht sich die Prämie auf 25 vom Hundert der im Kalenderjahr geleisteten Sparbeiträge." Bonn, den 17. März 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 10 Umdruck 241 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (SparPrämiengesetz) (Drucksachen 263, 898, zu 898). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, dem Bundestag einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Maßnahmen zur Förderung des Sparens (§ 10 EStG, Wohnungsbau-Prämiengesetz, Spar-Prämiengesetz) zusammenfaßt, die bisher unterschiedlichen Vergünstigungen und berücksichtungsfähigen Höchstbeträge für die verschiedenen Sparformen vereinheitlicht und damit die Chancen der Sparförderung für jeden gleichmäßig zugängig macht. Der Bundestag erwartet diesen Gesetzentwurf bis zum 31. Dezember 1959. Bonn, den 17. März 1959 Ollenhauer und Fraktion Anlage 11 Umdruck 243 Änderungsantrag der Fraktion der DP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (Spar-Prämiengesetz) (Drucksachen 263, 898, zu 898). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 1 Abs. 1 a Nr. 3 Buchstabe a werden an Stelle der Anfangsworte „von Wertpapieren" die Worte „von festverzinslichen Wertpapieren" gesetzt. 2. In § 2 wird der bisherige Wortlaut Absatz 1; folgender neuer Absatz 2 wird angefügt: „ (2) Ehegatten im Sinne des Absatzes 1 werden gleichgestellt: 1. Verwitwete Personen, die im Zeitpunkt des Todes ihres Ehegatten von diesem nicht dauernd getrennt gelebt haben, wenn ihnen für den Veranlagungszeitraum ein Kinderfreibetrag für eins oder mehrere Kinder zusteht, das oder die Kinder aus der Ehe mit dem Verstorbenen hervorgegangen sind und das oder die Kinder das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. 2. Alleinstehende Personen, wenn bei ihnen mindestens ein Kinderfreibetrag vom Einkommen abgezogen wird und das oder die Kinder das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. 3. Alleinstehende Personen wenn sie mindestens vier Monate vor dem Beginn des Kalenderjahres, in dem die Sparbeträge nach diesem Gesetz geleistet werden, das 50. Lebensjahr vollendet haben. Bonn, den 18. März 1959 Dr. Preusker Dr. Preiß und Fraktion Anlage 12 Umdruck 248 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (Spar-Prämiengesetz) (Drucksache 263). Der Bundestag wolle beschließen: 1. In § 4 Abs. 1 Satz 2 wird der Klammervermerk „(§ 3 Abs. 3) " gestrichen. 2. § 5a wird wie folgt geändert: Hinter Nr. 2 wird die folgende Nr. 2a eingefügt: „2a. über die Höhe der Prämie bei Sparverträgen mit festgelegten Sparraten, wenn sich während der Laufzeit des Vertrages der für die Höhe der Prämie im 1. Kalenderjahr der Laufzeit maßgebliche Familienstand ändert,". 3. Dem § 7 wird folgender Satz angefügt: „Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch eine Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geleistet worden sind, als Sparbeiträge im Sinne dieses Gesetzes behandelt werden können." Bonn, den 19. März 1959 Dr. Krone und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ewald Bucher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Befürworter dieses Gesetzes haben wiederholt versichert, daß sein Zweck der sei, die



    Dr. Bucher
    Vermögensbildung beim kleinen Mann zu fördern. Es ist uns zichwierig sei, eine Abgrenzunemlich überzeugend gesagt worden, daß es technisch sg darin zu finden, wo es sich noch um einen kleinen Mann und wo es sich schon um einen großen Mann handelt; denn es kommt darauf an, zu verhindern, daß die Wohltaten dieses Gesetzes nicht unterschiedslos auch solchen zugute kommen, die ihrer nicht bedürfen. Wir halten es deshalb für erforderlich — und damit glauben wir im Sinne der Urheber des Gesetzes zu handeln —, an die Öffentlichkeit den ausdrücklichen Appell zu richten, daß diejenigen, die der Wohltaten des Gesetzes nicht bedürfen, von dem Gesetz, falls es verkündet wird, keinen Gebrauch machen mögen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Franz Etzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Atzenroth hat dieses Gesetz in der Diskussion als mein Lieblingskind angesprochen.

    (Zuruf von der SPD: Stiefvater!)

    Ich bin der Meinung, daß ich mich daher zu diesem Kind bekennen muß, wenn ich mich auch — das gebe ich auf den Zwischenruf, der soeben von links gekommen ist und den Sie vielleicht nicht gehört haben, zu — als Stiefvater bezeichnen kann. Ich möchte aber ausdrücklich erklären, daß dieses Gesetz, so wie es der Ausschuß vorgelegt hat, auch heute noch nicht nur von mir selbst, sondern auch von der Bundesregierung als wichtiges Teilstück unserer finanzpolitischen und gesellschaftspolitischen Bemühungen angesehen wird. Deswegen sage ich zu dem Gesetz in der nunmehr vorliegenden Form auch ein Ja.
    Meine Damen und Herren! Man kann natürlich der Meinung sein — und das war der Gegenstand der Diskussion —, daß man dieses oder jenes hätte anders machen können. Manches kann zur Diskussion gestellt werden. Eins aber ist entscheidend: daß wir hier den Willen manifestiert haben, ein finanzpolitisches und gesellschaftspolitisches Bild zu realisieren, das wir als eine unserer politischen Forderungen aufgestellt haben. Es geht um die Ehrlichkeit dieses Wollens und den Beweis der Ehrlichkeit dieses Wollens, und das steckt in der Vorlage, über die Sie heute zu entscheiden haben.
    Nun wird dahin argumentiert — und das war das Vorbringen von Herrn Kollegen Atzenroth —, daß das Gesetz zunächst mehr mit dem Hinweis auf seinen Nutzen für den Kapitalmarkt vorgelegt worden sei. Es wird aber zugegeben, daß später auch die gesellschaftspolitische Zielsetzung eine Rolle gespielt habe. Man will breite Bevölkerungsschichten für den Gedanken des Sparens und des Eigentumerwerbs gewinnen. Herr Kollege Atzenroth, das zweite ist kein nachgeschobener Grund, sondern beide Gründe haben von Anfang an gleichwertig nebeneinander gestanden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich kann das ausdrücklich bestätigen und könnte das auch mit der Begründung des Gesetzes belegen, die ich hier vor diesem Hause gegeben habe.
    Der erste Gesichtspunkt wird hier so mit der leichten Hand abgetan, als ob er gar nicht mehr existierte, etwa in dem Sinne: Hat denn dieses Gesetz überhaupt noch einen Nutzen für den Kapitalmarkt? Dem Kapitalmarkt geht es doch so gut, daß er gar keine Förderung mehr benötigt! Herr Atzenroth, Ihre Worte in Gottes Ohr, aber ich wollte, man könnte so beruhigt über dieses Problem denken, wie Sie es soeben getan haben. Zwar sind wir alle glücklich darüber, daß der Kapitalmarkt im letzten Jahr dank der Förderung eine erfreuliche Entwicklung genommen hat. Aber wer weiß denn, ob die Konsolidierung des Kapitalmarktes bereits nachhaltig ist? Ich bin da nicht bedingungslos optimistisch.
    Ein paar Beispiele. Es ist noch kein Jahr her, daß dieses Haus sich Gedanken darüber gemacht hat, wie denn die Kohleversorgung unserer Wirtschaft überhaupt möglich sei. Heute sitzen wir in einer Kohlenschwemme.
    Vor einem Jahr war England an Devisen knapp und fühlte sich beengt. Heute, nach einem Jahr, ist es England gelungen, seine Lage zu bereinigen, worüber wir uns sehr freuen.
    Gestern wohnte ich der Gesellschafterversammlung einer Investitionsbank bei, in der man sich Gedanken über die Ausgabe von Obligationen machte und dabei den Kurs von 97 % nannte. Auf die erstaunte Frage: „Wieso 97 %, man kann doch 98 1/2 % bekommen!", sagte der Vorstand sehr zu Recht: „Das wissen wir doch noch nicht; wir wissen noch nicht, wie der Kapitalmarkt im nächsten Jahr aussehen wird, und deshalb müssen wir eine Grundsatzermächtigung zur Ausgabe auf der Basis von 97 % haben."
    Bis jetzt ist der Bundesfinanzminister noch gar nicht an den Kapitalmarkt herangegangen. Ich hatte von Ihnen im vorigen Jahr die Ermächtigung dazu. Diese Ermächtigung habe ich nicht in Anspruch zu nehmen brauchen; aber ich bin der Auffassung, daß wir im kommenden Jahr sehr bald an den Kapitalmarkt werden herantreten müssen. In kürzester Zeit werde ich Ihnen Rechenschaft über unsere Finanzlage geben. Alles Gerede von einem neuen Juliusturm stimmt nicht; aller Voraussicht nach läuft die Kasse bald leer, und dann wird der Bundesfinanzminister auf den Kapitalmarkt zurückgreifen. Wie sich das auf den Kapitalmarkt auswirken wird, ist ein Problem für sich. Jede Bundesregierung, gleichgültig, wer sie stellt, muß die Kapitalbildung für öffentliche und private Zwecke begrüßen und fördern, wo sie kann.
    Wir haben mit der Umstellung der Deckung des Finanzbedarfs der öffentlichen Hand einen neuen Weg beschritten. Wir haben die Finanzierung des Haushaltsaufwands, soweit das geht, vom ordentlichen Haushalt, d. h. über Steuern, auf den außerordentlichen Haushalt, also über Anleihen, verlegt. So wie ich Ihre Grundsatzkonzeption kenne, Herr Kollege Atzenroth, werden Sie diesen Weg bejahen. Er bedeutet aber doch selbstverständlich, daß



    Bundesfinanzminister Etzel
    der Kapitalmarkt einem doppelten Anspruch, dem Anspruch der privaten Bedürfnisse und dem Anspruch der öffentlichen Hand, ausgesetzt sein wird, und dafür muß der Kapitalmarkt stark gemacht werden. Der Finanzminister steht vor der Alternative, entweder die alte Technik, Finanzierung über die Steuer, aufrechtzuerhalten oder den neuen Weg zu gehen, also so weit über Anleihen zu finanzieren, wie das mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen vereinbar ist.

    (Zuruf des Abg. Dr. Atzenroth.)

    — Ja, ja, ich bin dieser Meinung, wir sind da völlig einig; das habe ich ja ausdrücklich gesagt. Wenn es aber so ist, dann sind die Kosten für die Förderung des Kapitalmarktes, darunter auch die Prämien, der Preis, den man zahlen muß.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Man kann nicht so einfach, wie es der junge Kollege Ihrer Fraktion soeben hier getan hat, sagen, diese Ausgaben seien verschleudertes Geld. Nach der jetzigen Vorlage verteilen sie sich auf fünf Jahre. Es ist die Rede von maximal einer Milliarde D-Mark, mehr sind es bestimmt nicht. Es ist auch nicht so, daß man diese Mittel einfach für die Kriegsopfer hergeben könnte, wie es hier gesagt wurde. Sie sollen ja die Möglichkeit eröffnen, einen Teil des öffentlichen Bedarfes über den außerordentlichen Haushalt zu finanzieren. Ich möchte dieses immer wiederkehrende Märchen, daß der Bundesfinanzminister kein Herz für die Kriegsopfer habe und für sie auch nichts tue, hier mit aller Energie zurückweisen. In meinem Haushalt ist für die Kriegsopfer ein Betrag von rund 3,4 Milliarden DM vorgesehen, und ich bin bereit, vom laufenden Haushaltsjahr an jährlich weitere 550 Millionen DM dazuzutun. Das sind in fünf Jahren 2,75 Milliarden DM gegenüber noch nicht einer Milliarde für den hier vorgesehenen Zweck, Voraussetzungen für einen ausreichenden Kapitalmarkt zu schaffen. Also auch mir liegen die Kriegsopfer am Herzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun könnte man sagen: Dem Kapitalmarkt brauchst du keine besonderen Kosten zuzumessen, das ist nicht nötig; der gibt die erforderlichen Mittel für die öffentliche Hand auch ohne diese Kosten her. Auch das, meine Damen und Herren, wage ich in dieser Stunde zu bestreiten. Warum, habe ich soeben im einzelnen dargetan. Ich glaube, der Kapitalmarkt bedarf, wenn der Finanzminister mit den auf ihn zukommenden außergewöhnlichen Aufgaben an ihn herantritt, durchaus noch einer Förderung und einer Stärkung. Ich höre schon das Geschrei — und ich fürchte, Herr Atzenroth, daß Sie durchaus in diesen Ruf mit einstimmen werden —: Der Finanzminister hat vom Kapitalmarkt wegzubleiben! Das höre ich heute schon. Nein, der Finanzminister hat dafür Sorge zu tragen, daß auf dem Kapitalmarkt Platz für zwei ist. Er füttert also mit diesem Gesetz nicht sein Lieblingskind; abgesehen von dem wirtschaftspolitischen Zweck werden hier die Kosten für eine vernünftige Haushalts- und Steuerpolitik aufgebracht.
    Dabei ist noch zu bedenken, daß der Aufwand ja nicht in den Verzehr geht, sondern der Kapitalaufstockung, also zusätzlich dem Kapitalmarkt dient und damit eine Politik ermöglicht, die das Zwangssparen bei der öffentlichen Hand über die Steuer ermäßigt und außerdem das Zwangssparen zu Lasten der Verbraucher über den Preis zurückdrängt.
    Nun lassen Sie mich noch ein Wort zu dem gesellschaftspolitischen Zweck dieses Gesetzes sagen. Auf ihn wird bereits in der Begründung des Entwurfs vom 7. März 1958 hingewiesen. Darin heißt es wörtlich:
    Entscheidend für den Erfolg der Maßnahmen ist nicht eine sofortige Anreicherung des Kapitalmarktes. Entscheidend für den Erfolg ist vielmehr die langsame, aber nachhaltige Gewinnung breiter Bevölkerungsschichten für den Gedanken des Sparens und des Eigentumserwerbs — über das Ausmaß hinaus, das durch Steuervorteile oder Prämien begünstigt werden kann.
    Das Entscheidende ist, daß wir unsere Gesellschaft durch die Verbreiterung des Bestandes an wirtschaftlich und geistig unabhängigen Staatsbürgern festigen. Darum geht es uns. Wir wollen die wirtschaftliche und die geistige Freiheit und damit die Freiheit überhaupt festigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, es scheint mir eine bleibende ökonomische und sozialpädagogische Aufgabe zu sein, den Sparprozeß zu fördern und die Spargewohnheit aufzubauen, d. h. die Menschen wieder zu der Einsicht zu bringen, daß es sinnvoll ist, nicht alles auszugeben, sondern sich dieses immer wieder erwähnte kleine Kapital für die Tage des Alters, für die Ausbildung der Kinder oder was man sonst will, aufzubauen. Das ist entscheidend, das ist notwendig, das wollen wir mit diesem Gesetz, und darum ringen wir.
    Diese Förderung ist gleichzeitig, das wollen wir auch einmal sagen, ein Korrelat zu der neuerdings erfolgten Einengung des § 10 des Einkommensteuergesetzes. Dort haben wir beträchtliche Steuervergünstigungen eingespart, und hier müssen wir dafür weit geringere Ausgaben auf uns nehmen. Es handelt sich hier um eine sehr vernünftige, reale Größe. Ich bin ja kein Phantast, der hier aus Gründen der Romantik einen phantasievollen Weg geht. Meine Romantik, die heißt Eigentum. Zu dieser Romantik haben auch Sie sich, Herr Kollege Atzenroth, im Verlauf Ihrer späteren Ausführungen bekannt.
    Ein Staat, der sich für Vollbeschäftigung und für steigenden Lebensstandard verantwortlich fühlt, muß sich auch um den Sparprozeß kümmern, und wer eine von sozialen Spannungen nicht gestörte Eigentumsgliederung will, muß die Finanzierung der volkwirtschaftlichen Sachkapitalbildung über den Preis, die Finanzierung über die Steuer zurückdrängen. Das ist aber nur möglich, wenn freiwillig weitergespart wird. Darum geht es hier auch.



    Bundesfinanzminister Etzel
    Daneben geht es um den Eigentumsaufbau, so wie Herr Kollege Burgbacher das hier dargestellt hat. Wir wollen eine Gesinnung, eine Haltung erzeugen; es soll zum Stil dieses Lebens gehören, daß man etwas spart, daß man etwas hinter sich hat, daß man eine eigene Verantwortung übernimmt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn auf diese Weise Eigentum entsteht, dann ist der Weg, den wir gehen wollen, richtig. Nennen Sie das Romantik? Wenn Sie das Romantik nennen, dann will ich mich gern in die Reihen derjenigen einreihen lassen, die man Romantiker nennt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich bitte Sie, das Gesetz auch in der dritten Lesung anzunehmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)