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    Deutscher Bundestag 56. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1959 Inhalt: Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fragen der Justizpolitik (Drucksache 569) Dr. Arndt (SPD) . . . . . 3047 B, 3118 B Schäffer, Bundesminister . . 3056 A, 3076 D, 3117 A Dr. Adenauer, Bundeskanzler 3069 C, 3095 B Jahn (Marburg) (SPD) 3069 D Dr. Kanka (CDU/CSU) . . . 3077 D, 3114 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 3082 A Dr. Schneider (Lollar) (DP) . . . 3086 D Rehs (SPD) 3091 B Benda (CDU/CSU) . . . . . . 3098 C Dr. Stammberger (FDP) 3106 A Wittrock (SPD) . . . . . . . 3107 C Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . 3110 D, 3114 A Dr. von Brentano, Bundesminister . 3113 B, 3114 C Dr. Schröder, Bundesminister . . . 3118 B Entwurf eines Gesetzes zu den Vereinbarungen mit den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, des Ver- einigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, der Republik Frankreich, des Königreichs Dänemark, des Königreichs der Niederlande und des Königreichs Belgien über gegenseitige Hilfe gemäß Art. 3 des Nordatlantik-Vertrages (Drucksache 47); Mündlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache 593) — Zweite und dritte Beratung Graf Adelmann (CDU/CSU) . . . 3123 D Erler (SPD) 3124 C Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) 3126 C Schultz (FDP) . . . . . . . . 3129 D Probst (Freiburg) (DP) . . . . . 3130 B Entwurf eines Gesetzes über das Europäische Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 541); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 785, zu 785) — Zweite und dritte Beratung — 3130 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3131 C Anlagen 3133 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 3047 56. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9,03 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 55. Sitzung Seite 3002 D Zeile 11 statt „Rademacher". Ramms. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 3133 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 4.4. Altmaier* 23.1. Dr. Atzenroth 22.1. Dr. Bärsch 23.1. Baur (Augsburg) 23.1. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Birkelbach*- 23.1. Fürst von Bismarck* 23.1. Blachstein* 23.1. Frau Blohm 31.1. Diel (Horressen) 23.2. Dr. Eckhardt 10. 2. Eilers (Oldenburg) 23.1. Etzenbach 7.2. Frenzel 23.1. Dr. Furler* 23.1. Gedat 30. 1. Geiger (München) 23.1. Gerns* 23.1. D. Dr. Gerstenmaier 23.1. Gleisner (Unna) 20. 2. Graaff 23.1. Dr. Greve 7.2. Dr. Gülich 31. 1. Haage 23.1. Häussler 23.1. Heinrich 31.1. Heye* 23.1. Höfler* 23.1. Frau Dr. Hubert* 23.1. Jacobs 28. 2. Dr. Jaeger 26.1. Frau Kalinke 31.1. Kiesinger* 23.1. Dr. Kliesing (Honnef)* 23.1. Köhler 24.1. Dr. Kohut O 24.1. Dr. Kopf* 23.1. Kramel 16.2. Kriedemann 22.1. Kühn (Bonn) 26.1. Kühn (Köln)* 23.1. Kunst 31.1. Kurlbaum* 23.1. Dr. Leverkuehn* 23.1. Lücker (München)* 23.1. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30.1. Dr. Martin 26.1. Mank 24.1. Frau Dr. Maxsein* 23.1. Memmel 31.1. Dr. Mende* 23.1. Dr. Menzel 15.2. Metzger* 23.1. Dr. Meyer (Frankfurt)* 23.1. *für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaub bis einschließlich Müser 17.2. Dr. Oesterle 6.2. Paul' 23.1. Pelster 31.1. Pernoll 23.1. Pütz 14.2. Rademacher 24.1. Frau Dr. Rehling* 23.1. Dr. Reith 31.1. Rohde 31.1. Ruf 23.1. Dr. Schild 22.1. Dr. Schmid (Frankfurt)* 23.1. Schneider (Hamburg) 2.2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15.2. Schütz (München)* 23.1. Seidl (Dorfen)* 23.1. Dr. Serres* 23.1. Vogt 23.1. Dr. Wahl* 23.1. Walpert 31.1. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)* 31.1. Weinkamm 23.1. Wullenhaupt 24.1. Dr. Zimmer* 23.1. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verkehrs auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ritzel (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 31) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um das neu eingerichtete Autotransportwesen der Bundesbahn mit wesentlich vermehrten Ein- und Ausladestationen auszustatten? Ist die Bundesregierung insbesondere bereit, die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn zu veranlassen, auf den bis jetzt für cien Autotransport erschlossenen Strecken eine vor Beginn der Bahnreise des Automobilisten stattfindende Verladung des Autos in geschlossenen oder offenen Güterwagen so rechtzeitig zu ermöglichen, daß der Reisende bei seiner Ankunft am ausländischen oder innerdeutschen Bestimmungsort seinen Wagen sofort zur Verfügung hat? Sieht die Bundesregierung auch die Möglichkeit, die Einrichtung des Autotransports von bundesdeutschen Stationen nach Berlin durchzuführen? Die Beförderung von Autos mit Reisezügen war 1958 noch auf die Sommersaison (Juni bis Oktober) beschränkt. Im vergangenen Jahre waren Autotransportwagen einmal zwischen Hamburg und Basel und zum andern in der Verbindung Ostende-München eingesetzt. Im kommenden Sommer sollen versuchsweise in zwei weiteren Zügen Autotransportwagen mitgeführt werden. Einer dieser Züge wird zwischen Mülheim (Ruhr)-Speldorf und München Ost verkehren. Kraftwagen können dabei auch in Düsseldorf Hauptbahnhof und in Köln-Deutz ein- und ausgeladen werden. Der andere Transportwagen wird von Großenbrode mit Verlademöglichkeit in Lüneburg nach München Ost und zurück verkehren. 3134 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 Zweck des seit einigen Jahren versuchsweise eingeführten Verfahrens ist es, die Reisenden, die am Tage ihren Kraftwagen benutzen, nachts mitsamt ihrem Fahrzeug über längere Strecken auf der Schiene zu befördern. Demgemäß sind jedem der genannten Züge Schlaf- und Liegewagen beigegeben. Eine Unterwegsbedienung ist im allgemeinen deswegen nicht vorgesehen, weil nach allen bisherigen Erfahrungen kein Interesse an einer Kurzstreckenbeförderung besteht und bei der bisherigen Fahrplangestaltung die Zwischenbahnhöfe zur Nachtzeit angelaufen werden. Die Beförderung von Kraftwagen in Tageszügen wurde bisher nicht gefordert. Sie ist deshalb bis auf weiteres auch nicht geplant. Zudem gibt es nur wenige Großstadtbahnhöfe, deren Bahnsteige ohne Schwierigkeit von Personenkraftwagen erreicht und befahren werden können. Die Bundesbahn prüft laufend die Möglichkeit, weitere Verbindungen dieser Art zu schaffen. Maßgebend für die Einrichtung weiterer Verkehre sind neben der Nachfrage die Einrichtung der Personenbahnhöfe mit Anfahrrampen und ausreichend breiten Bahnsteigen sowie das Vorhandensein entsprechend ausgerüsteter Transportwagen. Zur Zeit ist die Bundesbahn bemüht, die Konstruktion der Verladeeinrichtungen dieser Wagen zu verbessern, um die Aufenthalte der Züge abzukürzen. Bei dem heutigen Verfahren hat der Reisende seinen Wagen unmittelbar nach der Ankunft des Zuges zur Verfügung. Es ist deshalb nicht erforderlich, ihm eine vorausgehende Verladung zu ermöglichen, soweit die Beförderungsart „Auto im Zuge" eingeführt ist. Übrigens könnten normale Güterwagen, auf die der Reisende etwa vorher sein Fahrzeug verladen hat, deshalb nicht mit Schnellzügen befördert werden, weil sie für solche Geschwindigkeiten nicht geeignet sind und weil im allgemeinen auf den Personenbahnhöfen unterwegs . nicht die erforderliche Zeit für das Ein- und Ausrangieren vorhanden ist. In den Jahren vor dem letzten Krieg konnten Personenkraftwagen auf allen Güterabfertigungen gegen einen stark ermäßigten Beförderungspreis zur Beförderung mit Güterzügen nach allen Richtungen aufgegeben werden. Von dieser Einrichtung ist so gut wie kein Gebrauch gemacht worden, weil im Güterverkehr, der zum grollen Teil mit Bedarfsgüterzügen bedient wird, die Ankunftszeit im allgemeinen nicht mit völliger Sicherheit vorher angegeben werden kann. In gewissen Schnellzügen werden dagegen besonders eingerichtete Gepäckwagen mitgeführt, die der Autobeförderung dienen. Dabei handelt es sich einmal um Doppelstockgepäckwagen (DPw4üm) mit Schwenkhubbühne. Hier werden die Autos vom Bahnsteig aus durch die Seitentür verladen; Fassungsvermögen 8 Kraftwagen. Außerdem werden zukünftig — ohne Möglichkeit der Verladung an Zwischenstationen — Gepäckwagen mit Stirnwandtüren (MPw4i) verwendet, in denen zwei bis drei Kraftwagen unterzubringen sind. Bisher lief je einer der erwähnten Doppelstockwagen im Fernschnellzug „Komet" zwischen Hamburg und Basel. Der Verkehr wurde täglich bedient. An zwei Wochentagen liefen die Wagen bis Chiasso durch; jedoch soll diese Verlängerung nach Chiasso aufgegeben werden. Ferner gab es eine Verbindung Ostende—München, die an einzelnen Tagen, 1958 insgesamt 19mal, bedient wurde. Hier fanden belgische Spezialgüterwagen Verwendung, die für den Lauf in Schnellzügen geeignet sind. Die neugeplanten Verbindungen Mülheim (Ruhr)—München Ost und Großenbrode—München Ost sollen dreimal wöchentlich durchgeführt werden. Hier werden Gepäckwagen mit Stirnwandtür verwendet. Für die Beförderung der Pkw in Autotransport-wagen wird eine mäßige Fracht erhoben, die nicht vom Gewicht der Wagen abhängig ist. Unterschieden wird lediglich zwischen Pkw mit einer Länge von bis zu 4,42 m und größeren Wagen. Die Beförderungsart „Auto im Reisezug" hat im letzten Jahr recht lebhaften Zuspruch gefunden. Gezählt wurden in der Verbindung Hamburg—Basel 2535 Pkw und 6252 Reisende, auf der Strecke Ostende — München (an 19 Tagen) 865 Pkw und 2573 Reisende. Im Verkehr zwischen der Bundesrepublik und Westberlin kann eine Beförderung auf Autotransportwagen nur eingeführt werden, wenn die Deutsche Reichsbahn (Ost) diesem Verfahren zustimmt. Das ist kaum anzunehmen, um so mehr als gegenwärtig die Zahl der verkehrenden Reisezüge sehr gering ist und deswegen diese Züge schon heute bis an die Grenze des Möglichen mit Personenwagen ausgelastet sind. Dr.-Ing. Seebohm Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 37) : Welche Zeitspanne ist im Rahmen des Straßenbauprogramms des Bundesverkehrsministeriums für den Ausbau der Strecke vom Nürnberger Kreuz nach Tennenlohe und damit zum Anschluß an die bereits vierspurig befahrbare Bundesstraße 4 zwischen Tennenlohe und Erlangen vorgesehen? Ist bei den Planungen zum weiteren Ausbau der Bundesstraße 8 schon eine Entscheidung in der Frage der Ortsumgehungen von Langenzenn und Emskirchen getroffen worden? Die für den Vollausbau der Autobahnteilstrecke Nürnberger Kreuz — Tennenlohe erforderlichen Mittel stehen zur Verfügung. Die Arbeiten zur Herstellung des Fahnbahnunterbaues und eines Teiles der Fahrbahndecke sind vergeben. Der Rest der Deckenarbeiten ist ausgeschrieben; mit der Zuschlagserteilung ist in den nächsten Tagen zu rechnen. Mit der Durchführung der Arbeiten wurde im Herbst 1958 begonnen. Ich rechne damit, daß bis Ende dieses Jahres der gesamte Streckenabschnitt zweibahnig, d. h. vierspurig, dem Verkehr übergeben werden kann. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 3135 Im Wirtschaftsplan der Gemeinde Emskirchen ist bereits eine generelle Linienführung für die Ortsumgehung vorgesehen. Für Langenzenn soll ebenfalls die Trasse für eine spätere Umgehung im Wirtschaftsplan der Gemeinde berücksichtigt werden. Nachdem wir uns entschlossen haben, die Autobahn Frankfurt/M.—Würzburg—Nürnberg jetzt beschleunigt zu bauen, sind diese Umgehungen nicht mehr vordringlich. Der derzeitige starke und für die Gemeinden besonders lästige Durchgangsverkehr wird künftig von der Bundesstraße 8 abwandern und auf die neue Autobahn übergehen. In den generellen Planungen der beiden Ortsumgehungen und deren Aufnahme in die Wirtschaftspläne der Gemeinden sehe ich eine vorsorgliche Maßnahme, um die Mögkeit für spätere Umgehungen bei einer heute noch nicht voraussehbaren Verkehrsentwicklung offenzuhalten. Dr.-Ing. Seebohm
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    Rede von Dr. Ludwig Schneider


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Schmid, wenn das immer so deutlich beweisbar wäre, wäre es sehr einfach. Aber sehen Sie gerade einmal den Fall Hamburg! Sie sind doch auch Jurist. Wir müssen uns doch bemühen, objektiv zu sein. Hier wird jetzt plötzlich der Budde zu etwas gestempelt, was er nicht ist. Er war doch gar nicht
    allein. Er war der Vorsitzende der Strafkammer, und zwei Kollegen — ich will ihre Namen nicht nennen; ich habe die Entscheidung da — haben mitgewirkt . Dann hat der Oberstaatsanwalt Beschwerde eingelegt, ganz zu Recht. Es hat sogar ein Senat des Oberlandesgerichts Hamburg diese Entscheidung der ersten Instanz bestätigt.

    (Zuruf von der SPD: Um so schlimmer!)

    Ich weiß nicht, ob die anderen fünf höheren Richter auch NS-Funktionäre gewesen sind.

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt]: Wofür spricht die Vermutung, Herr Kollege Schneider?)

    — So weit gehe ich nicht, Herr Kollege Schmid. Das wäre schon sehr schlimm. Es wäre wirklich sehr schlimm, wenn ich daraus folgern müßte, daß ich schon eine Vermutung greifbarer Art hätte, daß sie alle daher kämen.

    (Abg. Dr. Schmid [Frankfurt] : Vielleicht ist es so schlimm!?)

    — Und trotzdem! Trotzdem darf man in dieser Form nicht Richter schelten, — Urteile schelten, Richter schelten aber nicht. Es geht schon so weit, daß die Presse schreibt: Man muß mal die politischen Bindungen untersuchen, die diese Leute haben. Und dann wird in einer Zeitschrift geschrieben — ich will sie nicht nennen —: Der ist bei der DP! Aha! Bei jenem Klamaukhaufen Schwarzweißrot!, oder wie die Formulierung lautet. Sehen Sie, meine Damen und Herren, dann sind wir nicht mehr bei der Kritik eines Urteils, sondern dann sind wir schon wieder bei der politischen Diffamierung ganzer Gruppen, gerade bei dem, was wir uns verbitten und was wir für so ungeheuer gefährlich ansehen. Die DP ist eine demokratische Partei; sie ist nicht antisemitisch, sie steht auf dem Boden unseres Grundgesetzes und auf dem Boden unseres demokratischen Rechtsstaates. Das möchte ich bei dieser Gelegenheit doch gesagt haben.
    Herr Kollege Arndt, Sie haben heute morgen einen Satz ausgesprochen, der mich tief bewegt hat und den ich in jedem Wort unterschreiben kann. „Unser Verhältnis zu unseren westlichen Nachbarn", haben Sie gesagt, „hängt auf die Dauer davon ab, wie wir die Bürde unserer Vergangenheit bewältigen." Jedes Wort davon unterschreibe ich Ihnen. Denn wir brauchen so sehr das gute Verhältnis zu unseren westlichen Nachbarn gerade in der jetzigen Situation, auch in der, die noch auf uns zukommen wird, denn ich sehe sie nicht so ganz leicht.
    Aber gerade wenn man dieser Meinung ist, sollte man doch nicht zu der Ansicht beitragen, daß vielleicht bedauerliche Einzelerscheinungen auch auf dem Gebiet der Rechtsprechung schon wieder zur Norm bei uns geworden wären, daß es notwendig wäre, Signale aufzustecken in der Weise, wie das jetzt wieder versucht worden ist, woraus das Ausland dann mit Recht den Schluß zieht: Na ja, wenn es schon wieder so weit ist in dieser Bundesrepublik Deutschland, lohnt es sich dann überhaupt noch, daß wir zu unserem Wort des Schutzes stehen? und so weiter. Da liegt doch die ungeheuere politische Verantwortung.



    Dr. Schneider (Lollar)

    Wenn Sie gesagt haben, Herr Kollege Arndt: Gegen das Urteil von Hamburg muß die Masse mobil-gemacht werden, und wenn Sie auf der anderen Seite sagen: Auch der geringste Eingriff von seiten des Bundeskanzlers in ein Verfahren muß unterbleiben, so liegt doch darin auch eine gewisse Unlogik. Nicht die Masse darf mobilgemacht werden, sondern da, wo es angebracht ist, muß sachliche Kritik geübt werden. Denn wenn man erst die Masse mobilmacht, dann, ja dann kommt es wieder zu dem, was ich vorhin schon andeutete, daß auch andere Gruppen im gleichen Zusammenhang sofort wieder diffamiert werden.
    Wir wollen jedenfalls alles tun, damit so etwas nicht wieder geschehen kann, auch wegen unserer Beziehungen nach draußen in der Welt. Wir sind der Meinung, daß es Einzelfälle sind, daß aber sowohl die Staatsanwaltschaften wie das deutsche Richtertum nach wie vor integer dastehen. Die deutschen Richter haben ihre Pflicht in der Vergangenheit unter den schwierigsten Umständen erfüllt, und ich danke den deutschen Richtern von dieser Stelle aus für ihre wirklich so entscheidende Pflichterfüllung. Wir glauben, daß sie diese Pflicht auch in Zukunft tun werden, daß sie ihre staatspolitische Aufgabe erfüllen, Recht zu sprechen nach Recht und Gesetz, nur dem eigenen Gewissen und dem Gesetz unterworfen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Rehs.

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    Rede von Reinhold Rehs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesjustizminister ist durch die Eingangsbemerkung meines Freundes Jahn anscheinend sehr getroffen gewesen. Er hat von „Giftpfeilen" gesprochen. Er habe doch sachlich erwidert, weil ja auch der Kollege Arndt sachlich begründet habe.
    Herr Minister, mein Freund Jahn hat nicht kritisiert, daß Ihre Ausführungen nicht sachlich gewesen sind, sondern nur, daß der Sache in Ihrer Darstellung Entscheidendes gefehlt hat.
    Sicher ist unsere Große Anfrage sehr weit gespannt gewesen; aber ihr Kern ist doch eindeutig die Sorge um eine Reihe von Erscheinungen, die für die rechtsstaatliche Entwicklung bei uns äußerst bedenklich sind.
    Alles, was Sie über rechtspolitische und gesetzgeberische Planungen und Vorhaben ausgeführt haben, ist sehr wichtig zu wissen und wird beraten werden müssen. Aber der justizpolitische Kern unserer Großen Anfrage ist — da muß ich die Kritik meines Freundes Jahn wiederholen — in Ihren Ausführungen erheblich zu kurz gekommen.
    Zu Punkt 5 unserer Anfrage haben Sie gemeint, die Frage enthalte nur die auch in früheren parlamentarischen Anfragen aufgestellte und von der Bundesregierung schon zurückgewiesene Behauptung, daß die gerichtlichen Verfahren verzögert worden seien usw. Sie nehmen auf die früheren
    Antworten Bezug, die auf diese Kleinen Anfragen von der Regierung gegeben worden seien.
    Herr Kollege Bucher hat zu dem Wert dieser Antworten auf die Kleinen Anfragen das Erforderliche gesagt. Ich glaube nicht, daß der Bundesjustizminister — er ist nicht anwesend — ernstlich davon überzeugt ist, daß diese Antworten wirklich als Antworten angesehen werden können. Sie waren Zumutungen für das Parlament, und es sollte mich nicht wundern, wenn das Parlament über kurz oder lang hierauf noch entsprechend reagieren wird.
    Herr Minister, Sie haben dann längere Ausführungen zu der Frage der Aussagegenehmigungen gemacht. Sie haben darauf hingewiesen, daß jeder Vorgesetzte die Verpflichtung hat, bei allen geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen sehr vorsichtig mit der Erteilung der Aussagegenehmigung zu verfahren. Das ist nicht wesentlich neu, berührt aber auch nicht den Kern der Frage, um die es hier geht.
    Der auch von Herrn Justizminister Schäffer zitierte § 62 des Bundesbeamtengesetzes setzt für die Versagung der Aussagegenehmigung eine klare Grenze. Sie darf nur dann versagt werden, wenn die Aussage dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Das ist eine strenge und gewichtige Begrenzung des Rechtes auf Versagung der Aussagegenehmigung. Diese Grenze legt dem jeweils zur Entscheidung berufenen Vorgesetzten eine große Verantwortung auf, um so mehr als diese Entscheidung, jedenfalls nach der bisherigen, unzulänglichen Regelung, praktisch unkontrollierbar ist; denn die mögliche Verwaltungsklage ist schon aus rein zeitlichen Gründen wenig sinnvoll.
    Es kommt also hierbei sehr darauf an, wie tief man die Nadel des Gewissens drückt. Das Problem ist nicht damit gelöst, daß man etwa nach der Formel des Herrn Rasner erklärt: Wir sind ja alle Ehrenmänner!
    Ich habe es auch nicht als gut empfunden, Herr Justizminister, daß Sie zu den Schwierigkeiten bei der Entscheidung über die Versagung der Aussagegenehmigung angeführt haben, daß die Gerichte ihre Ersuchen nicht hinreichend konkretisierten. Ich hoffe, den Gerichten sollte dadurch nicht der Schwarze Peter zugeschoben werden, damit etwa Sünden der Bundesregierung gedeckt würden. Sie wollen doch selber nicht behaupten, Herr Minister — so möchte ich meinen —, daß die in der Sache Wrasmann von Herrn Kollegen Arndt heute vormittag substantiiert vorgetragenen Tatsachen etwa zu Lasten des Gerichtes gehen. Damit ist nach meinem Dafürhalten auch zu dieser Art der Rechtfertigung das Erforderliche gesagt.
    Sie hatten schließlich erklärt, Herr Minister, der Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit sei selbstverständlich, er beherrsche die Verfassungswirklichkeit. Aber wir haben doch nun einmal in den letzten Jahren eine Reihe von Vorgängen erlebt — leichtere und schwerere Fälle —, an denen hohe und höchste Stellen der Bundesregierung be-



    Rehs
    teiligt waren, Vorgänge, die mit diesen Grundsätzen schwer zu vereinbaren sind.
    Dabei kommt es nicht so sehr auf die Anzahl dieser Fälle an, obwohl auch die Anzahl schon ein Politikum ist, wie es Herr Kollege Arndt hervorgehoben hat. Denn es gibt nicht ein „bißchen Rechtsstaat", es gibt nicht einen „Rechtsstaat mit kleinen Fehlern". Wenn nur ein Fall, in dem der Verdacht der Verletzung rechtsstaatlicher Grundsätze entstanden ist, ungeklärt und ohne Korrektur bleibt, ist es sehr schwer, Mißdeutungen zu begegnen und das Vertrauen zu erhalten. Daß dies aber notwendig ist, brauche ich, glaube ich, im Stadium dieser Diskussion nicht mehr auszuführen.
    Aber da ich den Eindruck habe, daß im Zuge der bisherigen Diskussion zu viel beschönigt und viel verwischt worden ist, scheint es mir notwendig, doch noch einmal gerade gegenüber Ihren Ausführungen, Herr Bundesjustizminister, auf gewisse Fakten hinzuweisen, die im Raume stehen und die auch von der Bundesregierung weder durch Ihre Ausführungen noch vorher oder sonst in irgendeiner Weise ausgeräumt worden sind.
    Da ist z. B. die Behandlung einer Sache, der ein Streit zwischen dem Vorstandsmitglied Schlanstedt von der Einfuhr- und Vorratsstelle für Getreide und Futtermittel in Frankfurt, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, und dem Leiter der Revisions-und Prüfungsabteilung Dr. Hellwig zugrunde lag. Die materielle Seite des Streitgegenstands spielt überhaupt keine Rolle. Wichtig ist aber, daß Vorgänge, die so gravierend schienen, daß der zuständige Oberstaatsanwalt in Frankfurt, als er durch die Presse davon erfuhr, ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue einleitete, fast zwei Jahre lang im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als der verantwortlichen Dienstaufsichtsstelle vorgelegen hatten, statt korrekterweise sofort der Staatsanwaltschaft zugeleitet zu werden.
    Aber nicht nur das! Unter dem 19. August 1957 unterrichtete der Oberstaatsanwalt in Frankfurt den Ernährungsminister von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und bat um die Übersendung der Akten. Aber nun erfolgte nicht etwa sofort die Abgabe an den Oberstaatsanwalt. Ich weiß nicht, wie viele Male er gemahnt hat, aber er hat jedenfalls wiederholt mahnen müssen, und insgesamt hat es fast ein rundes Jahr gedauert, bis das Ernährungsministerium die Akten tatsächlich an die Staatsanwaltschaft weitergegeben hat. Die Ermittlungen waren natürlich so lange blockiert.
    Aber nicht nur das, meine Herren von der Regierung! Als in Verfolg des Schreibens des Oberstaatsanwalts die Sache nun bedrohlich zu werden anfing, kam man im Ernährungsministerium auf die Idee, selber Justiz zu spielen; und zwar beauftragte man einen pensionierten Landgerichtspräsidenten mit der Durchführung von Untersuchungen, wohlgemerkt in einer Sache, in der recht erhebliche strafrechtliche Vorwürfe erhoben worden waren und in der ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft schwebte! Alles andere, was mit dem
    Fall zusammenhängt, ist gleichgültig. Aber ich glaube, Sie werden mir zustimmen müssen, wenn ich sage: ein solches Verhalten der Bundesregierung ist, gelinde gesagt, zum mindesten unverständlich und mit den von Ihnen vorhin abgegebenen Erklärungen nicht in Einklang zu bringen.
    Meine Damen und Herren, es ist angesichts der Art, in der die Dinge hier heute dargestellt worden sind, auch nötig, daß doch noch einige weitere Bemerkungen zur Sache Kilb gemacht werden. Die einzelnen Vorgänge interessieren hier nicht; sie sind bekannt. Ich habe auch gar nicht die Absicht, in Einzelheiten des ganzen Komplexes, der kritische Betrachtungen nach verschiedenen Richtungen erfordert, einzusteigen. Über das Kapitel der Leihwagenbenutzung wird zu sprechen sein, wenn die Gerichte entschieden haben. Es ist völlig gleichgültig — ich betone es nochmals ausdrücklich —, ob und wie das Strafverfahren gegen Kilb ausgeht, ob er inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen worden ist, ob und wie er bestraft werden wird usw. Was hier zur Debatte steht, ist ausschließlich der Versuch oder mindestens der Eindruck eines Versuchs unmittelbarer Rechtsbeeinflussung unter Verwendung von Amtsautorität und Staatsposition. Und zwar handelt es sich um die natürlich nur mit Wissen und Willen des Kanzlers mögliche Erklärung für die Öffentlichkeit, daß er grundsätzlich hinter Kilb stehe und daß man ungeachtet des eingeleiteten Strafverfahrens keinen Anlaß sehe, disziplinarische Schritte gegen Kilb einzuleiten. Das letzte ist ja in der Pressekonferenz vom 22. September 1958 ausdrücklich bestätigt worden.
    Diese Erklärungen haben damals bis weit in die Parteikreise der CDU hinein außerordentliche Besorgnis hervorgerufen — begreiflicherweise —; denn unter dem Eindruck dieser Erklärungen stellte sich ja überall in der Öffentlichkeit — nicht nur für den kleinen Postbeamten — die Frage, ob das Recht mit zweierlei Maß gemessen werden soll, die Frage nach der Unabhängigkeit in der richterlichen Urteilsbildung und der Integrität unserer Rechtspflege, die Frage, ob der Bundeskanzler und die Bundesregierung etwa für sich eine Art Ausnahmerecht beanspruchen. Ich brauche nicht zu sagen, daß der Rechtsstaat keine Ausnahmen verträgt. Wer da anderer Auffassung wäre, würde sich in Denkbahnen vergangener Jahrhunderte bewegen. Wer nicht gewillt wäre, dies für sich, selbst wenn er gefährdet wird, gelten zu lassen, würde eben die Unterschiede zwischen unserem auf der demokratischen Grundordnung aufgebauten Rechtssystem und dem Gewalt- und Pseudorechtssystem diktatorischer Staaten verwischen.
    Aber es bleibt doch die Frage, warum denn jene Erklärung, der Kanzler stehe hinter Kilb, überhaupt abgegeben worden ist. Was ist sie denn ihrer inneren Tendenz nach gewesen? Was bedeutete sie? Zumindest: Welche Vorstellung darüber mußte sie auslösen? Die deutsche Presse hat spaltenlang darüber berichtet. Es ist — ich möchte es an dieser Stelle sagen — ein ermutigendes Zeichen für das wachsende demokratische Bewußtsein unserer Öffentlichkeit, daß sie an der durch diese Vorgänge



    Rehs
    ausgelösten tiefen Besorgnis um unsere rechtsstaatliche Entwicklung so allgemein teilgenommen hat. Ich sehe davon ab, irgendwelche Äußerungen zu zitieren. Aber es handelt sich hier darum, daß diese Äußerungen des Herrn Bundeskanzlers unter dem Signum seines Staatsamtes abgegeben worden sind, mit dem Air amtlichen Charakters. Sie haben doch den Eindruck erweckt, als sollte — gewissermaßen in einer Eigenschaft als oberster Richter — von vornherein etwas festgestellt werden, was zu entscheiden ausschließlich Sache der Gerichte sein muß; und dadurch sollte eben auf die Entscheidung der Gerichte Einfluß genommen werden.
    Meine Damen und Herren, Sie werden mir alle zustimmen müssen, wenn ich sage, daß hier eine Situation entstanden ist, die im Interesse des Vertrauens des Staatsbürgers nicht bestehenbleiben darf. Leider hat diese Situation durch den vom Herrn Bundeskanzler an die Strafkammer gerichteten Brief noch eine zusätzliche Verschärfung erfahren, einen Brief, in dem er Beschwerde darüber führte, daß seine Aussage, die er am 28. September vor dem Bonner Oberstaatsanwalt und einem weiteren Staatsanwalt gemacht hatte, in drei Fällen falsch verstanden und zuungunsten Kilbs ausgelegt worden sei, mit anderen Worten: daß die Staatsanwälte bei der Abfassung des Protokolls über seine Aussage nicht genügend Sorgfalt hätten walten lassen oder etwas protokolliert hätten, was er gar nicht gesagt habe. Hier geht es nicht um die Bestätigung der auch sonst gemachten Erfahrung, daß der Herr Bundeskanzler von früheren Erklärungen abrückt oder sie hinterher bestreitet. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang die justizpolitische Bedeutung, ist der durch die amtliche Eigenschaft, in der diese Erklärungen abgegeben worden sind, implizierte Druck auf die Organe der Rechtspflege und die entsprechende Wirkung auf den einfachen Staatsbürger. Vielleicht hätte man — trotz gleicher Vorkommnisse auf anderer Ebene — geneigt sein können, die erste Reaktion der Verlautbarung des Herrn Bundeskanzlers als spontane Unbedachtheit zu werten. Aber die allgemeine Reaktion der Öffentlichkeit zeigte doch, was damit aufs Spiel gesetzt worden war, und hätte also warnen müssen, auf diesem Wege weiterzugehen. Es ist sehr zu bedauern, daß die verfahrene Situation bis heute nicht durch ein einfaches ,peccavi' zurechtgerückt worden ist. Die Einsicht in einen Irrtum hat meines Erachtens noch nie einer Persönlichkeit geschadet.
    In diesen Zusammenhang gehört auch das — ich will es nur mit wenigen Worten streifen —, was an der Kontroverse des Bundesverteidigungsministers mit dem Verkehrspolizisten Hahlbohm unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten erheblich ist; nicht der Vorfall als solcher, aber der Brief, den der Herr Minister Strauß an den nordrhein-westfälischen Innenminister geschrieben hat. Kollege Arndt hat heute schon darauf hingewiesen.
    Es heißt in dieser Aufsichtsbeschwerde:
    Ich muß verlangen, daß der Beamte nicht nur gemaßregelt, sondern in Zukunft auch nicht mehr als Verkehrspolizist verwendet wird.
    Dann kommen die schon erwähnten haltlosen Verdächtigungen und der Schlußsatz:
    Ich bitte um scharfe Untersuchung und ein strenges Eingreifen.
    Der zuständige Minister des Landes Nordrhein-Westfalen hat diese versuchte Pression auf die Gestaltung der rechtlichen Behandlung des Falles entsprechend zurückgewiesen, mit Recht; denn das Recht verträgt keine Kommißallüren, weder im gerichtlichen noch im vorgerichtlichen Stadium.
    Meine Damen und Herren, der Zeitablauf der heutigen Debatte ermöglicht es leider nicht mehr, das ganze Knäuel der fragwürdigen und merkwürdigen Vorgänge in einem anderen Falle zu behandeln. Ich meine die Haltung der Bundesregierung und die Vorgänge in dem sogenannten Komplex Hertslet. Ich will dazu nur auf folgendes hinweisen. Der Bundeskanzler hatte in der Kabinettssitzung vom 21. Oktober 1952 behauptet, er habe glaubhafte Unterlagen, aus denen hervorgehe, daß Hertslet ein Landesverräter sei, der Verkehr der Bundesbehörden mit Hertslet müsse eingestellt werden. Als diese Geschichte auf dem Weg über Dr. Sonnemann, Staatssekretär im Bundesernährungsministerium, zu den Wirtschaftsstellen kam und Hertslet davon erfuhr, hat das eine Kette von verzweifelten prozessualen Abwehrkämpfen Hertslets ausgelöst. Ich nenne aus der Reihe dieser Verfahren nur: erstens ein Beleidigungsverfahren gegen den Staatssekretär im Bundesernährungsministerium, zweitens ein Verfahren gegen Dr. Sonnemann wegen passiver Bestechung, drittens ein Ermittlungsverfahren gegen Hertslet wegen Landesverrats auf Grund einer Selbstanzeige, viertens eine Schadensersatzklage gegen die Bundesregierung über 400 000 DM. Das auf Grund der Selbstanzeige eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats gegen Hertslet ist mangels Beweises eingestellt. In dem von Hertslet eingeleiteten Beleidigungsverfahren gegen Dr. Sonnemann wurde dieser vom Schöffengericht in Bonn am 4. Januar 1954 zu einer Geldstrafe von 1500 DM, ersatzweise 5 Monate Gefängnis verurteilt. In der Berufungsinstanz wurde diese Ersatzgefängnisstrafe von 5 Monaten auf 1 Monat herabgesetzt und Dr. Sonnemann amnestiert. Auf die mögliche Durchführung des objektiven Verfahrens, um seine Unschuld zu beweisen, hat Dr. Sonnemann verzichtet.
    Es geht auch hier nicht um die materiellen Vorwürfe und Streitfragen dieser Prozesse, so gravierend meines Erachtens auch die Tatsache eines solchen Verfahrens gegen einen so hohen Staatsbeamten an sich ist. Es geht in diesem Zusammenhang ausschließlich um Methoden, die zu Lasten der Bundesregierung bei diesem ganzen Komplex in Erscheinung getreten sind. Diese Methoden kennzeichnen sich stichwortartig wie folgt:
    Verschwinden von behördlichen Akten;
    versuchte Irreführung durch Vorlage von angeblichen Briefen ohne Kopf und mit nur maschinengetippter Unterschrift;
    versuchte Irreführung durch erneute Vorlage von Briefen im Zivilprozeß zu einem Zeitpunkt, in



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    dem aus anderen Untersuchungen bereits feststand, daß ihr Inhalt unwahr ist;
    die Einsetzung eines Mannes als Agenten, der wegen einer rechtskräftigen Gefängnisstrafe damals jedenfalls in der Bundesrepublik noch flüchtig war, gleichwohl vom Boden der Bundesrepublik aus zu wiederholten Flugreisen ins Ausland gelangte, und zwar mit Hilfe des Bundesamts für Verfassungsschutz;
    schließlich die Verweigerung von Aussagegenehmigungen ausschließlich im Prozeßparteiinteresse der Bundesregierung oder der in ihr betroffenen Personen.
    Meine Damen und Herren, ich verzichte darauf, diese einzelnen Methoden zu belegen. Ich bin dazu in der Lage und bitte, die Rücksicht auf die vorgeschrittene Zeit nicht so aufzufassen, als ob diese Dinge nicht durch klare Fakten unter Beweis zu stellen sind und unter Beweis stehen.
    Es stellt sich die Frage, was bei dieser Geschichte am bedrückendsten ist: der Mißbrauch des Bundesamtes für Verfassungsschutz oder die Sache mit dem Agenten. Das war der flüchtige, mit Gefängnis bestrafte Doris, der für diese Flugreisen ins Ausland unter Zuhilfenahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz eingesetzt wurde. Man kann das wohl nur als Handel bezeichnen. Er hatte den Auftrag, in Kairo die Verbindung mit dem SD-Führer und Kriegsverbrecher Beißner herzustellen, der wegen Judenverfolgungen auf dem Balkan gesucht wurde. Ausgangspunkt zu der Beschuldigung Hertslets wegen versuchten Landesverrats, war der Israelvertrag und dann der Judenverfolger in Kairo! Und das mit Hilfe des Verfassungsschutzamtes auf dem Wege über den flüchtigen früheren Vorsitzenden der SRP Dorls. Ich glaube, das sind doch Dinge, die hier mit der treuherzigen Versicherung, es ist alles in Ordnung, nicht weggewischt werden können.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Schließlich der Komplex der wiederholten Verweigerung und Beschränkung von Aussagegenehmigungen, die mindestens den Eindruck hervorrufen müssen, daß der Prozeß oder die Rechtsfindung behindert werden soll! Diese Frage ist auch vom Herrn Bundesjustizminister heute nur so in großem Bogen behandelt worden.
    Der schwerste Fall aus dem Komplex Hertslet ist die Verweigerung der Aussagegenehmigung für den früheren Botschafter in Kairo, Pawelke, die heute noch besteht. In der durch eine Selbstanzeige herbeigeführten Voruntersuchung bei dem Bundesgerichtshof hatte sich Hertslet nämlich auf Pawelke als Entlastungszeugen berufen. Pawelke war Botschafter in Kairo gewesen und zunächst selber mit Recherchen gegen Hertslet beauftragt, war dabei aber zu dem Ergebnis gekommen, daß Herr Hertslet keineswegs Förderer, geschweige denn Initiator der angeblichen arabischen Boykottbestrebungen war, sondern daß dies eine dritte recht bekannte Persönlichkeit war, die engen Kontakt mit dem damaligen Staatssekretär Hallstein hatte.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Pawelke ist dann aus dem aktiven Dienst ausgeschieden, nachdem er in schwere Differenzen mit Hallstein geraten war, weil dieser nämlich hinter seinem Rücken in Kairo gewissen Personen gewisse Informationen weitergegeben hatte. Verständlich vom Herrn Botschafter!
    Und nun bleibt eben kein anderer Schluß, als daß sich die beteiligten Herren im Auswärtigen Amt bzw. in der Bundesregierung des Zeugen Pawelke jedenfalls nicht sicher waren und fürchteten, daß mit dessen Aussage eben ihre ganze Behauptung gegen Hertslet zusammenbrechen würde. Das hätte natürlich für die betreffenden Personen Konsequenzen gehabt. Deshalb verfuhr man so — das ist jedenfalls der für mich bestürzende Eindruck —, daß man das eigene Interesse gleich Staatsinteresse setzte — und weil Staatsinteresse, deshalb keine Aussagegenehmigung! Das ist die Art der Behandlung dieses Problems, gegen die wir uns wenden und die hier doch durch die Erklärungen der Bundesregierung früher und heute in gar keiner Weise geklärt oder ausgeräumt worden ist.
    Dasselbe ist auch bei weiteren Zeugenvernehmungen geschehen: die beschränkte Aussagengenehmigung für die Beamten des Verfassungsschutzamtes, die beschränkten Aussagegenehmigungen für die Zeugen, die an der Kabinettssitzung vom Oktober 1952 teilgenommen haben usw. usw.
    Meine Damen und Herren, solange diese Feststellungen nicht widerlegt worden sind — ich sagte bereits, daß bis zur Stunde seitens der Bundesregierung jede gegenteilige Aufklärung und jeder überzeugende Gegenbeweis fehlt —, gilt die Feststellung, daß hier eine Handhabung der Aussagengenehmigungen bzw. der Möglichkeit, sie zu verweigern, vorliegt — es handelt sich auch um Juristen, die mit darüber entschieden haben —, die einen klaren Ermessensmißbrauch darstellt, die deshalb rechtswidrig ist und, weil damit das Prozeßergebnis manipuliert wird, meines Erachtens einen unmittelbaren Angriff auf unsere rechtsstaatliche Ordnung darstellt.
    Abschließend nur noch ganz wenige Bemerkungen zu dem Komplex Hallstein, Blankenhorn und Maltzan in der Sache Strack! Herr Kollege Bucher hat die entscheidenden Teiledes Gesamttatbestandes dargelegt. Ich will nichts wiederholen. Die Vorgänge zeigen dieselben Züge — zum Teil in noch schärferer Form —, wie sie bei der Affäre Kilb oder hei der Behandlung der Sache Hertslet zutage getreten sind. Sie drängen zu der Frage, warum eigentlich diese Lawine der Irrungen und Wirrungen hat zu Tal gehen müssen; warum sich nicht rechtzeitig eine der beteiligten Personen im Auswärtigen Amt das Herz gefaßt und erklärt hat — auch wenn damit der Kern des Fehlers nicht getroffen wurde —: „Entschuldigen Sie, wir sind einem windigen ausländischen Journalisten auf den Leim gegangen. Wegen des virulenten Themas, um das es ging, ist das vielleicht zu verstehen." Dann wäre die ganze Geschichte zu Ende gewesen.
    Statt dessen wird tuschiert und retuschiert. Der Wirtschaftsminister wird von vornherein unvollständig informiert. Weil er immer wieder auf Klar-



    Rehs
    stellung drängt, wird ein Entwurf nach dem an- deren produziert, verworfen, neu gefertigt, um ihn zu beschwichtigen. Man schaltet sich in das Ermittlungsverfahren gegen jenen ausländischen Journalisten ein und fertigt sogar ein Gutachten über den diplomatischen Schutz, den er angeblich genieße, wogegen sich sogar der Bundeskanzler vorher als unmöglich gewandt hatte. Dazu kommt die Verweigerung der Aussagegenehmigungen in diesem Fall, die Verschleppung der Aktenübersendungen an die Ermittlungsbehörden und schließlich die Erklärungen in jener Pressekonferenz vom 5. November 1958, daß alles in Ordnung sei, daß die Bundesregierung das Vorgehen der beteiligten Herren Botschafter und Herrn Hallsteins als einen innerdienstlichen Vorgang ansehe, bei dem sich diese Herren pflichtgemäß verhalten hätten. Später auf die Widersprüche hingewiesen und von den .Journalisten in die Enge getrieben, mußte der arme Sprecher für die Bundesregierung erklären: „Ja, das Kabinett kann das."
    Meine Damen und Herren, auch hierzu hat die Öffentlichkeit ihre Meinung gesagt. Der Justizminister in Nordrhein-Westfalen hat das eindeutig gekennzeichnet. Der Bundesjustizminister hat sich davon distanziert. Der Minister von Nordrhein-Westfalen hat damals auch erklärt, „schon der Anschein einer Einflußnahme sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen unvereinbar". Es ist tief zu bedauern, daß die Bundesregierung dennoch von jenen Erklärungen bis heute nicht abgerückt ist und sie sogar noch bis zu dieser Steigerung „Das Kabinett kann das" weitergetrieben hat. Nein, meine Damen und Herren, das kann das Kabinett nicht, und es sollte auch nicht versuchen, so etwas zu können.
    Wenn Sie alle diese hier nur in knappster Form und in gedrängtester Kürze noch einmal in das Gedächtnis zurückgerufenen Fakten übersehen, dann müssen Sie meines Erachtens die Besorgnis verstehen, die uns erfüllt. Sie werden mir auch zustimmen, daß — da bin ich derselben Auffassung wie der Kollege Bucher — Überlegungen notwendig sind, wie z. B. die Handhabung von Aussagegenehmigungen rechtsstaatlich kontrolliert und gesichert werden kann. Ich hoffe schließlich, Sie werden mir auch folgen, wenn ich den Appell des Kollegen Arndt von heute morgen wiederhole, indem ich sage: Wir warten auf das Wort der Bundesregierung, das die nun einmal in all diesen Fällen entstandenen Schatten von unserem Rechtsstaat beseitigt und das die Gewähr bietet, daß solche Schatten nicht mehr wiederkommen.

    (Beifall bei der SPD.)