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    Deutscher Bundestag 56. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1959 Inhalt: Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Fragen der Justizpolitik (Drucksache 569) Dr. Arndt (SPD) . . . . . 3047 B, 3118 B Schäffer, Bundesminister . . 3056 A, 3076 D, 3117 A Dr. Adenauer, Bundeskanzler 3069 C, 3095 B Jahn (Marburg) (SPD) 3069 D Dr. Kanka (CDU/CSU) . . . 3077 D, 3114 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 3082 A Dr. Schneider (Lollar) (DP) . . . 3086 D Rehs (SPD) 3091 B Benda (CDU/CSU) . . . . . . 3098 C Dr. Stammberger (FDP) 3106 A Wittrock (SPD) . . . . . . . 3107 C Dr. Dr. Heinemann (SPD) . . 3110 D, 3114 A Dr. von Brentano, Bundesminister . 3113 B, 3114 C Dr. Schröder, Bundesminister . . . 3118 B Entwurf eines Gesetzes zu den Vereinbarungen mit den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, des Ver- einigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland, der Republik Frankreich, des Königreichs Dänemark, des Königreichs der Niederlande und des Königreichs Belgien über gegenseitige Hilfe gemäß Art. 3 des Nordatlantik-Vertrages (Drucksache 47); Mündlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache 593) — Zweite und dritte Beratung Graf Adelmann (CDU/CSU) . . . 3123 D Erler (SPD) 3124 C Freiherr zu Guttenberg (CDU/CSU) 3126 C Schultz (FDP) . . . . . . . . 3129 D Probst (Freiburg) (DP) . . . . . 3130 B Entwurf eines Gesetzes über das Europäische Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 541); Mündlicher Bericht des Wirtschaftsausschusses (Drucksachen 785, zu 785) — Zweite und dritte Beratung — 3130 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3131 C Anlagen 3133 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 3047 56. Sitzung Bonn, den 22. Januar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 9,03 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 55. Sitzung Seite 3002 D Zeile 11 statt „Rademacher". Ramms. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 3133 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 4.4. Altmaier* 23.1. Dr. Atzenroth 22.1. Dr. Bärsch 23.1. Baur (Augsburg) 23.1. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Birkelbach*- 23.1. Fürst von Bismarck* 23.1. Blachstein* 23.1. Frau Blohm 31.1. Diel (Horressen) 23.2. Dr. Eckhardt 10. 2. Eilers (Oldenburg) 23.1. Etzenbach 7.2. Frenzel 23.1. Dr. Furler* 23.1. Gedat 30. 1. Geiger (München) 23.1. Gerns* 23.1. D. Dr. Gerstenmaier 23.1. Gleisner (Unna) 20. 2. Graaff 23.1. Dr. Greve 7.2. Dr. Gülich 31. 1. Haage 23.1. Häussler 23.1. Heinrich 31.1. Heye* 23.1. Höfler* 23.1. Frau Dr. Hubert* 23.1. Jacobs 28. 2. Dr. Jaeger 26.1. Frau Kalinke 31.1. Kiesinger* 23.1. Dr. Kliesing (Honnef)* 23.1. Köhler 24.1. Dr. Kohut O 24.1. Dr. Kopf* 23.1. Kramel 16.2. Kriedemann 22.1. Kühn (Bonn) 26.1. Kühn (Köln)* 23.1. Kunst 31.1. Kurlbaum* 23.1. Dr. Leverkuehn* 23.1. Lücker (München)* 23.1. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30.1. Dr. Martin 26.1. Mank 24.1. Frau Dr. Maxsein* 23.1. Memmel 31.1. Dr. Mende* 23.1. Dr. Menzel 15.2. Metzger* 23.1. Dr. Meyer (Frankfurt)* 23.1. *für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaub bis einschließlich Müser 17.2. Dr. Oesterle 6.2. Paul' 23.1. Pelster 31.1. Pernoll 23.1. Pütz 14.2. Rademacher 24.1. Frau Dr. Rehling* 23.1. Dr. Reith 31.1. Rohde 31.1. Ruf 23.1. Dr. Schild 22.1. Dr. Schmid (Frankfurt)* 23.1. Schneider (Hamburg) 2.2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15.2. Schütz (München)* 23.1. Seidl (Dorfen)* 23.1. Dr. Serres* 23.1. Vogt 23.1. Dr. Wahl* 23.1. Walpert 31.1. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)* 31.1. Weinkamm 23.1. Wullenhaupt 24.1. Dr. Zimmer* 23.1. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verkehrs auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Ritzel (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 31) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um das neu eingerichtete Autotransportwesen der Bundesbahn mit wesentlich vermehrten Ein- und Ausladestationen auszustatten? Ist die Bundesregierung insbesondere bereit, die Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn zu veranlassen, auf den bis jetzt für cien Autotransport erschlossenen Strecken eine vor Beginn der Bahnreise des Automobilisten stattfindende Verladung des Autos in geschlossenen oder offenen Güterwagen so rechtzeitig zu ermöglichen, daß der Reisende bei seiner Ankunft am ausländischen oder innerdeutschen Bestimmungsort seinen Wagen sofort zur Verfügung hat? Sieht die Bundesregierung auch die Möglichkeit, die Einrichtung des Autotransports von bundesdeutschen Stationen nach Berlin durchzuführen? Die Beförderung von Autos mit Reisezügen war 1958 noch auf die Sommersaison (Juni bis Oktober) beschränkt. Im vergangenen Jahre waren Autotransportwagen einmal zwischen Hamburg und Basel und zum andern in der Verbindung Ostende-München eingesetzt. Im kommenden Sommer sollen versuchsweise in zwei weiteren Zügen Autotransportwagen mitgeführt werden. Einer dieser Züge wird zwischen Mülheim (Ruhr)-Speldorf und München Ost verkehren. Kraftwagen können dabei auch in Düsseldorf Hauptbahnhof und in Köln-Deutz ein- und ausgeladen werden. Der andere Transportwagen wird von Großenbrode mit Verlademöglichkeit in Lüneburg nach München Ost und zurück verkehren. 3134 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 Zweck des seit einigen Jahren versuchsweise eingeführten Verfahrens ist es, die Reisenden, die am Tage ihren Kraftwagen benutzen, nachts mitsamt ihrem Fahrzeug über längere Strecken auf der Schiene zu befördern. Demgemäß sind jedem der genannten Züge Schlaf- und Liegewagen beigegeben. Eine Unterwegsbedienung ist im allgemeinen deswegen nicht vorgesehen, weil nach allen bisherigen Erfahrungen kein Interesse an einer Kurzstreckenbeförderung besteht und bei der bisherigen Fahrplangestaltung die Zwischenbahnhöfe zur Nachtzeit angelaufen werden. Die Beförderung von Kraftwagen in Tageszügen wurde bisher nicht gefordert. Sie ist deshalb bis auf weiteres auch nicht geplant. Zudem gibt es nur wenige Großstadtbahnhöfe, deren Bahnsteige ohne Schwierigkeit von Personenkraftwagen erreicht und befahren werden können. Die Bundesbahn prüft laufend die Möglichkeit, weitere Verbindungen dieser Art zu schaffen. Maßgebend für die Einrichtung weiterer Verkehre sind neben der Nachfrage die Einrichtung der Personenbahnhöfe mit Anfahrrampen und ausreichend breiten Bahnsteigen sowie das Vorhandensein entsprechend ausgerüsteter Transportwagen. Zur Zeit ist die Bundesbahn bemüht, die Konstruktion der Verladeeinrichtungen dieser Wagen zu verbessern, um die Aufenthalte der Züge abzukürzen. Bei dem heutigen Verfahren hat der Reisende seinen Wagen unmittelbar nach der Ankunft des Zuges zur Verfügung. Es ist deshalb nicht erforderlich, ihm eine vorausgehende Verladung zu ermöglichen, soweit die Beförderungsart „Auto im Zuge" eingeführt ist. Übrigens könnten normale Güterwagen, auf die der Reisende etwa vorher sein Fahrzeug verladen hat, deshalb nicht mit Schnellzügen befördert werden, weil sie für solche Geschwindigkeiten nicht geeignet sind und weil im allgemeinen auf den Personenbahnhöfen unterwegs . nicht die erforderliche Zeit für das Ein- und Ausrangieren vorhanden ist. In den Jahren vor dem letzten Krieg konnten Personenkraftwagen auf allen Güterabfertigungen gegen einen stark ermäßigten Beförderungspreis zur Beförderung mit Güterzügen nach allen Richtungen aufgegeben werden. Von dieser Einrichtung ist so gut wie kein Gebrauch gemacht worden, weil im Güterverkehr, der zum grollen Teil mit Bedarfsgüterzügen bedient wird, die Ankunftszeit im allgemeinen nicht mit völliger Sicherheit vorher angegeben werden kann. In gewissen Schnellzügen werden dagegen besonders eingerichtete Gepäckwagen mitgeführt, die der Autobeförderung dienen. Dabei handelt es sich einmal um Doppelstockgepäckwagen (DPw4üm) mit Schwenkhubbühne. Hier werden die Autos vom Bahnsteig aus durch die Seitentür verladen; Fassungsvermögen 8 Kraftwagen. Außerdem werden zukünftig — ohne Möglichkeit der Verladung an Zwischenstationen — Gepäckwagen mit Stirnwandtüren (MPw4i) verwendet, in denen zwei bis drei Kraftwagen unterzubringen sind. Bisher lief je einer der erwähnten Doppelstockwagen im Fernschnellzug „Komet" zwischen Hamburg und Basel. Der Verkehr wurde täglich bedient. An zwei Wochentagen liefen die Wagen bis Chiasso durch; jedoch soll diese Verlängerung nach Chiasso aufgegeben werden. Ferner gab es eine Verbindung Ostende—München, die an einzelnen Tagen, 1958 insgesamt 19mal, bedient wurde. Hier fanden belgische Spezialgüterwagen Verwendung, die für den Lauf in Schnellzügen geeignet sind. Die neugeplanten Verbindungen Mülheim (Ruhr)—München Ost und Großenbrode—München Ost sollen dreimal wöchentlich durchgeführt werden. Hier werden Gepäckwagen mit Stirnwandtür verwendet. Für die Beförderung der Pkw in Autotransport-wagen wird eine mäßige Fracht erhoben, die nicht vom Gewicht der Wagen abhängig ist. Unterschieden wird lediglich zwischen Pkw mit einer Länge von bis zu 4,42 m und größeren Wagen. Die Beförderungsart „Auto im Reisezug" hat im letzten Jahr recht lebhaften Zuspruch gefunden. Gezählt wurden in der Verbindung Hamburg—Basel 2535 Pkw und 6252 Reisende, auf der Strecke Ostende — München (an 19 Tagen) 865 Pkw und 2573 Reisende. Im Verkehr zwischen der Bundesrepublik und Westberlin kann eine Beförderung auf Autotransportwagen nur eingeführt werden, wenn die Deutsche Reichsbahn (Ost) diesem Verfahren zustimmt. Das ist kaum anzunehmen, um so mehr als gegenwärtig die Zahl der verkehrenden Reisezüge sehr gering ist und deswegen diese Züge schon heute bis an die Grenze des Möglichen mit Personenwagen ausgelastet sind. Dr.-Ing. Seebohm Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verkehr auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Felder (Fragestunde der 55. Sitzung vom 21. 1. 1959, Drucksache 786, Frage 37) : Welche Zeitspanne ist im Rahmen des Straßenbauprogramms des Bundesverkehrsministeriums für den Ausbau der Strecke vom Nürnberger Kreuz nach Tennenlohe und damit zum Anschluß an die bereits vierspurig befahrbare Bundesstraße 4 zwischen Tennenlohe und Erlangen vorgesehen? Ist bei den Planungen zum weiteren Ausbau der Bundesstraße 8 schon eine Entscheidung in der Frage der Ortsumgehungen von Langenzenn und Emskirchen getroffen worden? Die für den Vollausbau der Autobahnteilstrecke Nürnberger Kreuz — Tennenlohe erforderlichen Mittel stehen zur Verfügung. Die Arbeiten zur Herstellung des Fahnbahnunterbaues und eines Teiles der Fahrbahndecke sind vergeben. Der Rest der Deckenarbeiten ist ausgeschrieben; mit der Zuschlagserteilung ist in den nächsten Tagen zu rechnen. Mit der Durchführung der Arbeiten wurde im Herbst 1958 begonnen. Ich rechne damit, daß bis Ende dieses Jahres der gesamte Streckenabschnitt zweibahnig, d. h. vierspurig, dem Verkehr übergeben werden kann. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 56. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 22. Januar 1959 3135 Im Wirtschaftsplan der Gemeinde Emskirchen ist bereits eine generelle Linienführung für die Ortsumgehung vorgesehen. Für Langenzenn soll ebenfalls die Trasse für eine spätere Umgehung im Wirtschaftsplan der Gemeinde berücksichtigt werden. Nachdem wir uns entschlossen haben, die Autobahn Frankfurt/M.—Würzburg—Nürnberg jetzt beschleunigt zu bauen, sind diese Umgehungen nicht mehr vordringlich. Der derzeitige starke und für die Gemeinden besonders lästige Durchgangsverkehr wird künftig von der Bundesstraße 8 abwandern und auf die neue Autobahn übergehen. In den generellen Planungen der beiden Ortsumgehungen und deren Aufnahme in die Wirtschaftspläne der Gemeinden sehe ich eine vorsorgliche Maßnahme, um die Mögkeit für spätere Umgehungen bei einer heute noch nicht voraussehbaren Verkehrsentwicklung offenzuhalten. Dr.-Ing. Seebohm
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Meine Damen und Herren, wir unterbrechen die Beratungen bis 14.30 Uhr.

    (Unterbrechung der Sitzung von 12.56 Uhr bis 14.31 Uhr.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Wir fahren in der unterbrochenen Sitzung fort. Als nächstem Redner erteile ich dem Abgeordneten Dr. Kanka das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Kanka


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die neun zu einer Großen Anfrage verbundenen Einzelfragen beziehen sich, wie heute vormittag in der Begründung bereits hervorgehoben worden ist, auf Gegenstände der verschiedensten Art, des unterschiedlichsten Gewichts und sehr verschiedenen Ranges. Die ersten acht Fragen aber haben etwas Gemeinsames: sie gehören zum großen Gebiet der Justiz. Deshalb ist es vielleicht gut, in der Aussprache über diese Fragen und die auf sie gegebenen Antworten einiges Grundsätzliche zur Justiz als einer Einrichtung unseres staatlichen Lebens zu sagen.
    Die Justiz ist eine den Menschen in ihrer jeweiligen politischen Gemeinschaft, vor allem im Staate, in dem sie leben, gesetzte Aufgabe, von Menschen zu lösen, mit Hilfe menschlicher Einrichtungen und nach Regeln, die von Menschen erkannt oder gesetzt worden sind. So ist die Justiz zu gleicher Zeit etwas Hochpolitisches und etwas sehr Menschliches.
    Ich weiß, daß es unter denen, die diese Aufgabe — in einem politischen Amt! — zu leisten haben,



    Dr. Kanka
    den Richtern, nicht wenige gibt, die es nur mit Entsetzen hören, wenn man von ihrem Amt als einem politischen Amt spricht. Wenn sie das Wort „Politik" hören, denken diese nicht wenigen zuerst und vielleicht ausschließlich an politische Parteien und deren Auseinandersetzungen, und wenn sie damit nichts oder nur möglichst wenig zu tun haben wollen, so hat das neben sehr fragwürdigen auch gute Gründe.
    Ein sehr fragwürdiger Grund ist für nicht wenige Richter, aber auch für viele andere Bürger und Diener unseres Staates, die sich jetzt so apolitisch benehmen, daß sie einmal in einer Partei waren, einer Partei, die in Wirklichkeit keine war, sondern nur das Instrument von Machthabern in einem totalitären Zwangsstaat.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Mit dieser Pseudo-Partei und der Zugehörigkeit zu ihr haben sie, mehr oder weniger vorübergehend, schlechte Erfahrungen gemacht. Wer aus diesem fragwürdigen Grunde gegen unsere echten politischen Parteien ist, verrät damit aber nur seine politische Ahnungslosigkeit und vielleicht auch eine starke Ängstlichkeit, — beides Eigenschaften, die ihn nicht gerade zieren.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Dagegen dürften es gute Gründe sein, die dafür sprechen, daß sich unsere Richter, solange sie ihr Richteramt versehen, abgesehen von der bloßen Mitgliedschaft in einer Partei, nicht parteipolitisch betätigen sollen, so wie es der vor kurzem dem Rechtsausschuß des Bundestages überwiesene Entwurf eines Richtergesetzes will, ein Entwurf der Bundesregierung, dem auch in diesem Punkte der Bundesrat zugestimmt hat.
    Wer das Richteramt als ein politisches Amt bezeichnet, denkt bei uns zulande auch nur an die staatspolitische Aufgabe der Justiz und derer, die ihr dienen, eine Aufgabe, die jedoch, auch und gerade bei uns in unserer Gegenwart, nur der im rechten Geist erfüllt, der sie als eine staatspolitische Aufgabe erkennt und zu bewältigen sucht, und zwar als eine Aufgabe, die nicht in einem Staate nach seiner Vorstellung, sondern in unserem konkreten freiheitlich-demokratisch gestalteten Staatswesen nach dessen Grundsätzen zu erfüllen ist. Wer das nicht tun will, soll seinen Dienst quittieren.
    Es sind aber nicht nur die Richter, die sich immer wieder sagen sollten, daß der Justiz eine hochpolitische Aufgabe gesetzt ist. Auch diejenigen, die in anderen Bezirken oder auf anderen Ebenen des politischen Lebens tätig sind — darunter wir als die Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung oder als die mehr oder weniger eifrigen Mitglieder politischer Parteien —, dürfen nie übersehen, daß die Justiz ein sehr wesentlicher Teil der Ordnung unseres Staates ist, eines Staates, den und dessen Organe wir auch dann als unseren Staat voll respektieren sollten, wenn unsere Partei — wie z. B. die CDU in Hessen — nicht gerade in der Regierung sitzt.
    Ein Beispiel dafür, daß sowohl bei einigen Richtern als auch bei einigen ihrer Kritiker das Gefühl für diese Dinge nicht immer ganz wach ist, bieten
    die zwei Entscheidungen, die heute schon besprochen worden sind und die kürzlich die Strafkammer des Landgerichts und der Strafsenat des Oberlandesgerichts in Hamburg gefällt haben. Auch einige kritische Äußerungen, die gegen diese Entscheidungen vorgebracht worden sind, lassen die Einsicht in die Schwierigkeit der richterlichen Arbeit vermissen.
    Ich will den Namen des Skribenten und den Titel des Machwerks, um die es in Hamburg ging, nicht nennen. Zum Fall selbst will ich unterstellen, aber keineswegs zugeben, daß unser materielles Strafrecht tatsächlich eine Lücke hat, durch die der Skribent und der Drucker hindurchschlüpfen konnten. Aber auch wenn man diese Meinung als richtig unterstellt, wird man sagen müssen: Die Begründung des Strafkammerbeschlusses und der Inhalt des Beschlusses des Senats in Hamburg lassen nicht im geringsten erkennen, daß die Verfasser dieser Entscheidungen ihre Aufgabe als eine staatspolitische Aufgabe erkannt haben,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    die in unserer politischen Wirklichkeit und nicht auf den vermeintlichen Höhen oder in Laboratorien reiner Justiztechnik zu leisten ist. Hätte die Strafkammer zeigen wollen, daß sie ihre Aufgabe für eine staatspolitische Aufgabe hält, dann hätte sie in die Begründung ihres Beschlusses deutlich hineinschreiben müssen, was sie von dem minderwertigen Machwerk hält, wie es moralisch und sonst zu beurteilen ist. Solche Urteile äußern unsere Richter ja auch sonst. Sie hätte dann auf die nach ihrer Ansicht bestehende Lücke im materiellen Strafrecht und auch darauf hinweisen können, daß Strafgesetze in einem Rechtsstaat eher einschränkend als ausdehnend ausgelegt werden müssen. Wir hier im Bundestag hätten es nicht als einen Angriff auf unsere — der gesetzgebenden Körperschaft — Unabhängigkeit empfunden, wenn die Verfasser des Strafkammerbeschlusses schließlich angeregt hätten, daß man die vermeintliche Lücke schließe.
    Zu schlechter Letzt hat es auch nicht von gutem Stil gezeugt, mußte es sogar stark befremden, daß der Strafsenat die gar nicht schlecht begründete Beschwerde des Hamburger Generalstaatsanwalts mit der formularmäßigen Floskel abgetan hat, sie werde aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückgewiesen.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das dürfte das mindeste von dem sein, was man denjenigen Hamburger Richtern, die — ob einstimmig oder nur mit Mehrheit, können und dürfen wir nicht wissen — die beiden Beschlüsse und ihre Begründungen für recht gehalten haben, kritisch entgegenhalten kann. Ja, man wird darüber hinaus auch noch sagen können, sie hätten das Machwerk und seinen Autor absolut unzureichend beurteilt und den § 93 des Strafgesetzbuchs zu eng ausgelegt. Entschieden zu weit geht aber jeder, der, das Beratungsgeheimnis mißachtend, auch nur einem von den drei Mitgliedern der Kammer oder einem von den drei Mitgliedern des Senats Rechtsbeugung oder eine andere Pflichtverletzung vorwirft.



    Dr. Kanka
    An dieser Stelle sollte man auch herausstellen, daß man entschieden zu weit ginge, wenn man das Hamburger Vorkommnis und andere vereinzelte Vorkommnisse als Symptome eines wiederauflebenden deutschen Antisemitismus wertete. Wir sollten solche Vorkommnisse nicht leicht nehmen, wir sollten sie aber auch nicht überbewerten.
    Aber wir sollten eines tun: nun endlich, jede etwaige Lücke schließend, den § 130 des Strafgesetzbuchs ändern. Deshalb begrüßen wir den von der Bundesregierung angekündigten zweiten Entwurf eines Gesetzes gegen Volksverhetzung. Ein erster war bereits im Jahre 1950 im Entwurf des Ersten Strafrechtsänderungsgesetzes enthalten, ist dann aber nicht in das Gesetz übernommen worden, genauso wie es einem von der CDU/CSU-Fraktion herausgegebenen Antrag vom Januar 1957 erging, der auch nicht mehr erledigt werden konnte, einem Entwurf, gegen dessen von der Gefährdung des inneren Friedens handelnden Tatbestandsmerkmal bei der ersten Beratung hier im Bundestag Herr Kollege Arndt nicht ganz unberechtigte Einwände erhoben hat, Einwände, von denen ich glaube, daß man sie mutatis mutandis auch dem neuen Entwurf entgegenhalten kann. Beseitigen wir, meine Damen und Herren, demnächst dieses Tatbestandsmerkmal von der Gefährdung des inneren Friedens oder des öffentlichen Friedens, machen wir aber schleunigst ein Gesetz, das gegen Hetzschriften von der Art des Hamburger Pamphlets glatt und klar angewandt werden kann! Dann hat dieser Hamburger Fall sogar eine gute Wirkung gehabt.
    Zum Grundsätzlichen, das über die Justiz zu sagen ist, gehört aber nicht nur der Hinweis darauf, wie sehr ihre Diener, die Richter, und alle anderen, vor allem aber auch ihre Kritiker, sie als eine staatspolitische Aufgabe und als eine ganz wesentliche Einrichtung unseres Staates achten sollten; zum Grundsätzlichen gehört auch noch einiges, das von der richterlichen Unabhängigkeit handeln soll. Es mag Leute geben, die schon das, was ich hier als Kritik an den Hamburger Entscheidungen vorgebracht habe, für unerlaubt oder unangebracht ansehen; ja es gibt Leute, die jede richterliche Entscheidung für tabu halten, weil die richterliche Unabhängigkeit durch jedes kritische Wort gefährdet werden könne. Mir scheint, wer so denkt, irrt sich gewaltig. Auch richterliche Entscheidungen müssen öffentlicher Kritik zugänglich sein, nicht nur der in jedem Rechtsbehelf enthaltenen Kritik unter Kollegen. In dieser Hinsicht hat die sogenannte Dritte Gewalt keinerlei Vorrecht vor den beiden anderen Gewalten, vor der gesetzgebenden oder der ausführenden Gewalt; keinerlei Vorrecht! Aber die Kritik an ihr muß wie jede Kritik im Bewußtsein unserer Verantwortung für das geübt werden, was man mit der Kritik im Guten und im Bösen anrichten könnte. Für sachliche, aufbauende Kritik, auch wenn sie öffentlich geübt wird, sollte jeder und wird auch jeder Richter dankbar sein.
    Im übrigen ist richterliche Unabhängigkeit ja etwas Inneres, eine Eigenschaft des Charakters und der Erziehung, und es wäre schlimm um die Unabhängigkeit eines Richters bestellt, wenn sie durch
    eine kritische oder irgendeine andere Äußerung erschüttert oder auch nur im leisesten gefährdet werden könnte, wenn der Richter durch irgendwelche Äußerungen, mögen sie herkommen, woher sie wollen, in seiner Meinung beeinflußt, anderen Sinnes oder vielleicht auch verstockt würde. Es ist zwar gut, ja es ist sogar notwendig, die innere Unabhängigkeit der Richter auch äußerlich abzuschirmen. Denn auch Richter sind Menschen; und man soll sie nicht der Versuchung aussetzen, der sie ausgesetzt sein könnten, wenn ihr Verbleiben oder ihr Fortkommen im Amt davon abhingen, ob ihre Entscheidungen höheren Orts oder anderswo gefallen oder mißfallen. An den Garantien einer solchen auch nach außen geschützten Unabhängigkeit darf nicht gerüttelt werden, auch wenn uns Fehlentscheidungen unwillig machen. Man würde aber jeden wirklich unabhängigen Richter kränken, wenn man annähme, jedes Wort und jede Außerung könne ihn irgendwie beeinflussen.
    Und noch ein letztes Wort über die Justiz hier in der Bundesrepublik. Am 1. Januar 1957 waren in der Bundesrepublik 11 340 Berufsrichter tätig, davon 9248 in der ordentlichen Gerichtsbarkeit und davon 94 als Bundesrichter, alle anderen als Richter der Länder. ln der Strafgerichtsbarkeit, für die das öffentliche Interesse besonders groß ist, werden von diesen 9000 Richtern schätzungsweise 2000 bis 3000 tätig sein. Im Jahre 1957 sind bei unseren Staats-und Amtsanwaltschaften 3 Millionen Anzeigen, handelnd von der kleinsten Übertretung bis zum scheußlichsten Verbrechen, eingegangen, und in den Strafgerichten erster Instanz sind insgesamt rund 520 000 Hauptverhandlungen durchgeführt worden.
    Weil Richter Menschen sind und sich irren können, gibt es gegen die meisten erstinstanzlichen Urteile, soweit sie nicht von den höchsten Gerichten als ersten Instanzen gefällt werden, Rechtsmittel. So sind im Jahre 1957 50 000 Berufungen und außerdem 12 000 Revisionen gegen Strafurteile eingelegt worden. Das ist eine Fülle von Arbeit für 2- bis 3000 Richter in Strafsachen, und darin steckt viel schwere Verantwortung, viel Arbeit und viel Verantwortung auch für die kleineren Sachen. Wer sich gelegentlich am Rande auch noch um diese tägliche Arbeit im Justizdienst bemüht, der weiß, daß diese Arbeit in unserer Justiz im großen und ganzen in ernstem Bemühen um Gerechtigkeit und im Geiste sozialen Verständnisses geleistet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, nach diesen allgemeinen Betrachtungen, von denen ich meine, daß wir sie in einer solchen Diskussion einmal anstellen sollten, um Distanz zu gewinnen, wende ich mich nun einigen Einzelfragen zu.
    Die erste Frage, die Frage nach der Errichtung des Obersten Bundesgerichts in Ausführung des Art. 95 des Grundgesetzes, scheint mir durch den Herrn Bundesjustizminister erschöpfend beantwortet zu sein. Im übrigen, was hindert die Fraktion der SPD, die Initiative zu ergreifen? Auch Fraktionen können ja Initiativen ergreifen, und vielleicht würde unser parlamentarisches Leben stärker belebt sein, wenn wir mehr Gebrauch von dem



    Dr. Kanka
    Recht der Initiative machten und nicht jede Initiative der Regierung überließen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Also bitte heran mit einem verantwortlichen Entwurf! Ich bin überzeugt, Sie werden sich, wenn Sie einige Vorarbeit geleistet haben, in holder Eintracht mit dem Herrn Justizminister finden.

    (Abg. Dr. Arndt: Wir haben die Erfahrung mit unseren Initiativentwürfen, daß die Mehrheit sie nicht berät!)

    Zu den Fragen 2 und 3 werden nachher noch meine Kollegen Benda und Schlee sprechen.
    Ich wende mich gleich der Frage 4 zu, der Frage wegen der übermäßig langen Dauer gerichtlicher Verfahren. Meine Damen und Herren, über die lange Dauer von Prozessen wird geklagt, solange es Gerichtsbarkeit und ihre Instanzen gibt. Schon die Reichsabschiede des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation haben immer wieder Rezepte dagegen gebracht, und trotzdem sagt noch Jean Paul vom Reichskammergericht zu Wetzlar, auf die lange Dauer der Prozesse hinweisend, daß es von gutem Stile wisse. Was Jean Paul sonst von den Juristen und was er gar von den Advokaten sagt, will ich hier nicht vortragen. Nur eine Stelle aus der Geschichte des guten und braven Armenadvokaten Siebenkäs, der in eigener Sache einen Erbschaftsprozeß führen mußte, will ich zitieren. Da heißt es:
    Siebenkäs lebte freilich der gewissen Hoffnung, daß das gelobte Land der Erbschaft von seinen Kindern werde erobert werden, wenn er in der juristischen Wüste auf dem Weg dahin längst verstorben sei. Denn die Justiz belohnt gern die Tugend und das Recht der Väter an Kindern und Kindeskindern. Inzwischen aber blieb's immer unbequem, daß er nichts zu leben hatte bei Lebzeiten.
    So war's in der guten alten Zeit!

    (Abg. Jahn [Marburg]: Lange her!)

    Jetzt ist es, wie wir aus dem Bericht des Herrn Justizministers gehört haben, doch viel besser.

    (Abg. Jahn [Marburg] : So?)

    Wenn die Prozesse noch immer lange dauern, so sollte zuerst daran erinnert werden, daß die längere Dauer der Bearbeitung einer Sache auch die Kehrseite größerer Gründlichkeit und Genauigkeit sein kann.

    (Abg. Jahn [Marburg]: Sein kann !)

    — Sein kann! Standgerichte arbeiten schnell, aber nicht immer gerecht; und gut Ding braucht gut Weil, auch im Prozeß.
    In diesem Zusammenhang kann nur unterstrichen werden, was der Herr Justizminister gesagt hat, daß die Beschleunigung niemals auf Kosten der Rechtsgarantien gehen dürfe und die Grundforderung des Verfahrensrechts bleiben müsse, daß durch sorgfältige Aufklärung des Falls die Voraussetzung für eine gerechte Entscheidung geschaffen werde.
    Trotzdem, meine Damen und Herren, dürfen wir es nicht einfach hinnehmen, daß sich unsere Prozesse — z. B. beim Bundesarbeitsgericht, aber nicht
    allein dort — so lange hinziehen. Wir müssen I ernsthaft an eine Überprüfung unserer Prozeßordnungen herangehen.

    (Abg. Jahn [Marburg] : Hört! Hört!)

    Das braucht noch keine große Gerichts- und Gerichtsverfahrensreform zu sein. Die Prüfung sollte sich aber auf alle Instanzen, alle Zweige der Gerichtsbarkeit erstrecken, auch auf den Strafprozeß. In diesem Punkte bin ich für mich durchaus anderer Meinung als der Herr Bundesjustizminister. Ich teile seine Auffassung nicht, daß der Reform des materiellen Strafrechts der Vorrang vor der Reform des Prozeßrechts gebühre. Mir scheint eines so wichtig zu sein wie das andere. Ein gutes Verfahrensrecht ist nicht weniger wichtig als ein gutes materielles Strafrecht, und was die Reformbedürftigkeit angeht, so meine ich sogar, die des Verfahrenrechts sei sogar als dringlich anzuerkennen, gerade in den Punkten, die auch der Herr Bundesjustizminister hervorgehoben hat. Ich bin da also ziemlich weit in Übereinstimmung mit meinem Herrn Kollegen Arndt. Aber ich meine, wir sollten vom gegenwärtigen Zustand doch nicht das Wort gebrauchen, daß er auf eine Verhinderung der Rechtsverwirklichung hinauskomme.

    (Abg. Dr. Barzel: Sehr gut!)

    Das geht weit über das Ziel und über eine sachliche, aufhauende Kritik hinaus.
    Wir dürfen aber auch, wenn wir gerade an die lange Dauer von Strafverfahren denken, nicht übersehen, daß der Grund dafür keineswegs nur in den oberen Instanzen, den Bundesgerichten, oder den oberen, mittleren und unteren Instanzen der Landesgerichte liegt. Man hört von Staatsanwälten immer wieder die Klage, daß es hei der Polizei als ihrem Hilfsorgan an genügendem und hinreichend geschultem Personal fehle. Auch da wird einiges, so weit es im Zeitalter der Überbeschäftigung menschenmöglich ist, zu bessern sein.
    Zur Frage 5 über die Verzögerung durch nicht oder nicht vollständige oder zu spät erteilte Aussagegenehmigungen hat der Herr Bundesjustizminister darauf hingewiesen, daß Entscheidungen in der Frage von Aussagegenehmigungen nicht immer ganz einfach sind. Dem Interesse an der Aufklärung eines möglicherweise mit Strafe zu ahnenden Vorgangs, etwa einer Beleidigung, steht häufig ein gewichtigeres Interesse anderer Art gegenüber, z. B. das Interesse daran, daß auswärtige Beziehungen nicht zum Schaden unserer politischen oder wirtschaftlichen Stellung in der Welt gestört werden.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU — Abg. Dr. Stammberger: Dann darf man eben solche Leute nicht als Botschafter einsetzen!)

    Man wird Verständnis dafür haben müssen, daß man diese beiden Interessen sehr sorgfältig abwägt; denn die auf Grund vorschnell erteilter Erlaubnis gemachte Aussage ist in der Welt und richtet vielleicht ihren Schaden an. Da ist es schon besser, daß man etwas zögert und die Genehmigung dann gibt, wenn man sich davon überzeugt hat, daß das Interesse an der Aufklärung des Falles nicht durch ein höheres Interesse überdeckt wird. Sorg-



    Dr. Kanka
    fältige Arbeit derer, die die Entscheidung zu treffen haben, ist etwas, was wir verlangen müssen. Sorgfältige Arbeit verlangt Zeit, und wir sollten die Regierung deshalb wegen der Sorgfalt, die sie geübt hat, nicht tadeln, sondern sollten sie belobigen.

    (Abg. Metzger: Das ist doch eine Beschönigung!)

    — Das ist nichts anderes als, sehr nüchtern und ohne Ihr hochgeschätztes Temperament, die Fakten beurteilt.

    (Abg. Metzger: Nein, das ist beschönigt! — Weiterer Zuruf von der SPD: Fakten sind überhaupt nicht dagewesen, Herr Kanka!)

    Zur Frage 6, ob sich die Bundesregierung der Gefahr für die Meinungs- und Pressefreiheit bewußt sei, wenn gerichtliche Verfahren nicht gegen die Schuldigen, sondern gegen Journalisten eingeleitet werden, könnte der Gedanke aufkommen, in unserer Bundesrepublik drohe der Pressefreiheit vielleicht Gefahr.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Denn es gehört ja zur Pressefreiheit, daß die Presse auch auf strafbares oder sonst anrüchiges Verhalten hinweisen kann. Es wäre um unseren Staat und um unsere Pressefreiheit schlimm bestellt, wenn nicht derjenige, der sich der Straftat schuldig gemacht, sondern der, der auf sie hingewiesen hat, bestraft würde. Es gibt aber keinen Grund zu sagen, daß es bei uns so sei. Deshalb ist der hinter der Frage stehende Verdacht absolut grundlos geäußert.

    (Abg. Wittrock: Wollen wir mal abwarten!)

    Wir achten die Pressefreiheit allesamt als ein hohes Gut; wir sehen in ihr eine der unentbehrlichen Grundlagen unserer Art des Zusammenlebens und Wirkens im Staate und in allen anderen Ordnungsbereichen, und es wird immer unsere gemeinsame Sorge sein müssen, daß keine irgendwie geartete Gewalt, keine politische, wirtschaftliche oder sonstige Gewalt, diese Freiheit einschränkt oder auch nur bedroht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Pressefreiheit muß aber auch von denjenigen, die sie ausübend genießen, gehörig respektiert werden.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Sie sind auch verantwortlich für die Pressefreiheit. Sie sollten sie nicht mißbräuchlich strapazieren; sie sollten sie nur im ständigen Bewußtsein der Verantwortung, die sie tragen, gebrauchen. Pressefreiheit heißt auf keinen Fall Freiheit von der Pflicht, vor allem die allgemeinen Strafgesetze zu beachten. So gesehen vertragen sich nun einmal Publikation — worauf die Presse abzielt — und Geheimhaltungspflicht — die auf weiten Gebieten dem Beamten obliegt — nicht miteinander. Wo immer wie allen anderen so auch den Journalisten eine Geheimhaltungspflicht vom allgemeinen Strafgesetz auferlegt ist, da muß auch der Journalist sie selbstverständlich beachten. Wir leben nun einmal noch in einer Welt — und für uns Deutsche gilt das in einer besonders schmerzlichen Weise —, in
    der es geboten ist, gewisse Tatsachen zum Wohle unserer staatlichen Ordnung vor fremden Regierungen oder Pseudoregierungen geheimzuhalten. So etwas nennt man dann Staatsgeheimnis. Man braucht nicht einmal das umfassende Wissen um politische Zusammenhänge und Gegebenheiten zu haben, das den Journalisten wie den Politiker auszeichnen sollte, um z. B. zu wissen, daß bestimmte Bedienstete unserer Verfassungsschutzämter Funktionen ausüben, die gewissen fremden Regierungen oder Pseudoregierungen nicht offenbart werden sollen. Wer das in vielleicht wohlgemeintem, aber blindem Übereifer dann doch tut, der braucht sich nicht zu wundern, wenn sich ein Staats- oder ein Bundesanwalt mit seinen Veröffentlichungen befaßt.
    Nicht ganz hierher, aber zum Kapitel „Publizität und Amtsgeheimnis" gehört etwas anderes, auf das gelegentlich auch hingewiesen werden sollte: das in
    17 des Reichspressegesetzes von 1874 enthaltene Verbot der vorzeitigen Veröffentlichung der Anklage und anderer amtlicher Schriftstücke eines Strafprozesses. Das richtet sich zwar nur gegen die Presse; aber die dahinter stehende Absicht des Gesetzgebers sollte auch von den Staatsanwälten noch allgemeiner und sorgfältiger, als es zuweilen geschieht, beachtet werden. Gegen die Staatsanwälte richtet sich der § 17 des Pressegesetzes nur deshalb nicht, weil sie im Gegensatz zur Presse keine Publikationsorgane sind, weil sie vielmehr das, was sie wissen oder zu wissen glauben, grundsätzlich als Amtsgeheimnis zu wahren haben.
    Ich weiß, die Freude daran, daß etwas über eigene Leistungen, die man für gelungen hält, publiziert wird, ist bei vielen groß, und die Aussicht, in der Presse nicht unrühmlich genannt zu werden, wirkt als Verlockung. Das geht auch anderen Leuten so, und vielleicht erliegen ihr die Staatsanwälte und die Richter noch am wenigsten.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Dennoch meine ich, man müsse im Kreis der Presse und der Staatsanwälte immer neu prüfen, wie man zwischen dem echten und rechten Bedürfnis nach Information und dem Gebot, daß keiner vor rechtskräftiger Verurteilung als schuldig behandelt, d. h. auch in der Öffentlichkeit als schuldig hingestellt werden darf, den rechten Mittelweg findet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die von der Regierung gegebene Antwort auf die siebte Frage, die Frage nach geheimen Anklagen, bedarf wohl keiner Ergänzung. Es liegt nahe, zu sagen, sie wäre wie die achte Frage nach den Schwarzen Listen über die Rechtsanwälte besser nicht gestellt worden.

    (Abg. Wittrock: Warten Sie sie erst mal ab!)

    Aber es ist gut, daß die beiden Fragen gestellt worden sind, weil durch die Antwort Klarheit geschaffen wurde.

    (Lachen bei der SPD.)

    Es geht alles durchaus legal zu, da ist nichts zu tadeln!



    Dr. Kanka
    Ich meine, unsere derzeitige Lage verpflichtet uns alle zu erhöhter Sachlichkeit, auch in der politischen Auseinandersetzung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir sitzen doch alle in einem Boote auf einer sehr gefährlichen See: die Bundesregierung und die hinter ihr stehenden Parteien, aber auch die sehr geehrte Opposition und die freie Presse. Ich meine, wir sollten uns sehr viel Mühe geben, über das, was uns gemeinsam ist, wie eine gute Justiz, nur im Geiste echter Sachlichkeit zu debattieren; dann kann sogar aus einer Justizdebatte noch etwas Gutes herauskommen.