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ID0305508200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 55. Sitzung Bonn, den 21. Januar 1959 Inhalt: Abg. Krüger (Neheim) tritt als Nachfolger des verstorbenen Abg. Gockeln in den Bundestag ein 2999 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Spies (Brücken), Dr. Will, Hilbert, Dr. Hesberg, Dr. Adenauer, Kuntscher . 2999 B Abg. Hübner, bisher Hospitant, tritt der Fraktion der CDU/CSU bei 2999 B Fragestunde (Drucksache 786) Frage 1, Abg. Krüger: Aussiedler und Heimkehrer Dr. Nahm, Staatssekretär 3001 A Frage 2, Abg. Krüger: Wirtschaftliche und soziale Eingliederung der ostdeutschen Bauern; in Verbindung mit Frage 8, Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Wiedergabe einer einseitig gekürzten Bundestagsdebatte in der Veröffentlichung „Der Grüne Plan 1958" Dr. Lübke, Bundesminister . . . . 3001 C Frage 3, Abg. Krüger: Ablösungen nach dem LAG Hartmann, Staatssekretär . . . 3002 A Frage 4, Abg. Rademacher: Frachten in der Binnenschiffahrt Dr. Seebohm, Bundesminister . . 3002 B Ramms (FDP) 3002 C Frage 5, Abg. Börner: Geschwindigkeitsbeschränkungen für Krankentransportwagen Dr. Seebohm, Bundesminister . . 3002 D Börner (SPD) 3003 C Frage 7, Abg. Dr. Mommer: Errichtung einer Tankstelle auf der Autobahn zwischen Darmstadt und Camberg Dr. Seebohm, Bundesminister . . . 3004 A Frage 9, Abg. Jahn (Marburg) : Verweigerung des Einreisevisums für den polnischen Redakteur Jaszunski Dr. Schröder, Bundesminister . . . 3004 C Frage 10, Abg. Dr. Friedensburg: Verzögerungen im Autobahnverkehr durch Arbeiten zur Erneuerung der Autobahndecken Dr. Seebohm, Bundesminister . . . 3005 A Frage 11, Abg. Frau Dr. Rehling: Zusammensetzung des Verwaltungsrates des Kulturfonds des Europarates Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 3006 A Frage 12, Abg. Frau Dr. Rehling: Zusätzliche finanzielle Mittel für den Kulturfonds des Europarates Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 3006 B II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. Januar 1959 Frage 13, Abg. Dr. Kreyssig: Bericht der Bundesregierung über den Fortgang der Arbeiten zur Schiffbarmachung der Mosel Dr. Seebohm, Bundesminister . . . 3006 D, 3007 A, B Dr. Kreyssig (SPD) 3007 A, B Frage 14, Abg. Brück: Erfahrungen mit der Geschwindigkeitsbegrenzung in geschlossenen Ortschaften und auf der Autobahn Frankfurt—Mannheim Dr. Seebohm, Bundesminister 3007 C, 3008 C Brück (CDU/CSU) 3008 B Frage 15, Abg. Logemann: Einweisung von Bundeswehrfamilien in noch nicht bezugsfertige Wohnungen Strauß, Bundesminister . . . . . 3009 B Frage 16, Abg. Dr. Serres: Erschließung der Erdgasquellen in der Nordsahara Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 3009 D Frage 17, Abg. Dr. Besold: Bevorzugung dunkler Autobahndecken Dr. Seebohm, Bundesminister . . . 3010 A Wahl eines beratenden Mitglieds des Wahlprüfungsausschusses . . . . . . . . 3011 A Große Anfrage der Fraktion der SPD betr. Arbeitszeit der Bundesbeamten (Drucksache 591 [neu]); in Verbindung damit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes (Drucksache 620) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Beschäftigung von Schwerbeschädigten im Bundesdienst (Drucksache 674) Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesbeamtengesetzes (FDP) (Drucksache 726) — Erste Beratung — Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesbesoldungsgesetzes (FDP) (Drucksache 727) — Erste Beratung —Falier (SPD) 3011 B Matzner (SPD) . . . . . . . . . 3012 C Dr. Schröder, Bundesminister 3013 A, 3016 D, 3020 A Eilers (Oldenburg) (FDP) 3013 D Schmitt (Vockenhausen) (SPD) . . 3015 C Kühlthau (CDU/CSU) 3017 A Entwurf eines Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) (Drucksache 759) — Erste Beratung —; in Verbindung damit Entwurf eines Gesetzes über die friedliche Verwendung der Kernenergie (Atomgesetz) (FDP) (Drucksache 471) — Erste Beratung - Antrag der Fraktion der SPD betr. Überwachung radioaktiver Verseuchung (Drucksache 496) Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. Dezember 1957 über die Errichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernenergie (Drucksache 599) — Erste Beratung — Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 20. Dezember 1957 über die Gründung der Europäischen Gesellschaft für die Chemische Aufarbeitung Bestrahlter Kernbrennstoffe (EUROCHEMIC) (Drucksache 600) — Erste Beratung — Dr. Bechert (SPD) . . . . . . . 3020 D Dr. Balke, Bundesminister . 3022 B, 3028 D Dr. Rutschke (FDP) . . . . . . . 3026 D Dr. Ratzel (SPD) . . . . . . . . 3032 B Geiger (München) (CDU/CSU) . . . 3036 B Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 3040 C Entwurf eines Gesetzes zur Abkürzung handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Aufbewahrungsfristen (Drucksache 372) ; Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 722) — Zweite und dritte Beratung — 3042 A Entwurf eines Gesetzes über eine Betriebszählung in der Land- und Forstwirtschaft (Landwirtschaftszählung 1959) (Drucksache 687) — Erste Beratung — . . . . 3042 B Entwurf eines Gesetzes über die Ausfuhrzolliste (Drucksache 713) — Erste Beratung — 3042 C Antrag der Abg. Dr. Zimmer, Dr. Kopf, Metzger u. Gen. betr. Schaffung eines europäischen Beamtenstatuts; Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksachen 268, 458 [neu]) . . . . . . . . . . 3042 C Antrag der Abg. Dr. Wahl, Metzger, Dr. Kopf u. Gen. betr. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit auf dem Gebiete des Privatrechts; Mündlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksachen 267, 626) . . . 3042 D Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. Januar 1959 III Antrag des Präsidenten des Bundesrechnungshofs betr. Rechnung und Vermögensrechnung des Bundesrechnungshofs für das Rechnungsjahr 1955—Einzelplan 20 —; Mündlicher Bericht des Haushaltsausschusses (Drucksachen 63, 704) . 3042 D Antrag der Fraktion der SPD betr. Einreisegenehmigungen für Staatsangehörige der Ostblockstaaten; Mündlicher Bericht des Auswärtigen Ausschusses (Drucksachen 433, 720) 3042 D Antrag der Fraktion der SDP betr. Erleichterung der Einreise in die Bundesrepublik; Bericht des Ausschusses für Inneres (Drucksachen 152, 724) . . . . . . . 3043 A Entschließungen der 47. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksache 663) . . . . . . . . . . . . 3043 A Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes (10. ÄndG LAG) (Drucksache 762) — Erste Beratung — 3043 B Entwurf eines Gesetzes zu den drei Abkommen vom 3. April 1958 mit der Portugiesischen Republik über deutsche Vermögenswerte in Portugal, auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und über die Liquidation des früheren deutschportugiesischen Verrechnungsverkehrs (Drucksache 763) — Erste Beratung — . . 3043 B Entwurf eines Gesetzes zu den zwei Abkommen vom 8. April 1958 mit Spanien über gewisse Auswirkungen des zweiten Weltkrieges und über die Wiederherstellung gewerblicher Schutzrechte (Drucksache 764) — Erste Beratung — . . . . 3043 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz) (Bundesrat) (Drucksache 769) — Erste Beratung — 3043 C Entwurf eines Gesetzes über Kostenstrukturstatistik (KoStrukStatG) (Drucksache 770) — Erste Beratung . . . . . . 3043 D Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Verordnung zum Schutze der Wirtschaft (Abg. Schütz [München], Burgemeister, Schmücker u. Gen.) (Drucksache 503) Erste Beratung — 3043 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Beförderungsteuergesetzes (FDP) (Drucksache 744 [neu]) — Erste Beratung — . . 3043 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (Abg. Schulze-Pellengahr, Struve, Unertl u. Gen.) (Drucksache 745) — Erste Beratung — 3044 A Nächste Fragestunde 3044 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3044 C Anlagen 3045 A 55. Sitzung Bonn, den 21. Januar 1959 Stenographischer Bericht Beginn: 15.07 Uhr.
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 44. Sitzung Sei e 2502 C Zeile 19 statt „450" : 54 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Altmaier * 23. 1. Birkelbach* 23. 1. Fürst von Bismarck * 23. 1. Blachstein * 23. 1. Bruse 21. 1. Dr. Dollinger 21. 1. Dr. Furler* 23. 1. Geiger (München) 23. 1. Gerns * 23. 1. D. Dr. Gerstenmaier 23. 1. Dr. Gossel 21. 1. Hahn 21. 1. Heide 21. 1. Heye * 23. 1. Höfler * 23. 1.. Frau Dr. Hubert * 23. 1. Dr. Jaeger 26. 1. Jürgensen 21. 1. Kiesinger * 23. 1. Frau Kipp-Kaule 21. 1. Dr. Kliesing (Honnef) * 23. 1. Köhler 24. 1. Dr. Kohut 24. 1. Dr. Kopf * 23. 1. Kriedemann 22. 1. Kühn (Bonn) 26. 1. Kühn (Köln) * 23. 1. Kurlbaum * 23. 1. Leber 21. 1. Dr. Leverkuehn * 23. 1. Lücker (München) * 23. 1. Dr. Martin 26. 1. Frau Dr. Maxsein * 23. 1. Dr. Mende * 23. 1. Metzger * 23. 1. Dr. Meyer (Frankfurt) * 23. 1. Paul * 23. 1. Rademacher 24. 1. Frau Dr. Rehling * 23. 1. Dr. Schmid (Frankfurt) * 23. 1. Schneider (Bremerhaven) 21. 1. Schütz (München) * 23. 1. Dr. Seffrin 21. 1. Seidl (Dorfen) * 23. 1. Dr. Serres * 23. 1. * für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Vogt 23. 1. Wagner 21. 1. Dr. Wahl * 23. 1. Frau Dr. h.c. Weber (Essen) * 23. 1. Weimer 21. 1. Wullenhaupt 24. 1. Dr. Zimmer * 23. 1. b) Urlaubsanträge Frau Albertz 4. 4. Dr. Becker (Hersfeld) 9. 3. Frau Blohm 31. 1. Diel (Horressen) 23. 2. Dr. Eckhardt 10. 2. Etzenbach 7. 2. Gedat 30. 1. Gleisner (Unna) 20. 2. Dr. Greve 7. 2. Dr. Gülich 31. 1. Heinrich 31. 1. Frau Kalinke 31. 1. Kramel 16. 2. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 1. Memmel 31. 1. Dr. Menzel 15. 2. Müser 17. 2. Dr. Oesterle 6. 2. Pelster 31. 1. Pütz 14. 2. Dr. Reith 31. 1. Rohde 31. 1. Schneider (Hamburg) 2. 2. Dr. Schneider (Saarbrücken) 15. 2. Walpert 31. 1. Anlage 2 Umdruck 197 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Arbeitszeit der Bundesbeamten - Drucksache 591 (neu) - Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, umgehend eine Neufassung der Arbeitszeitverordnung vorzunehmen, die eine Mitbestimmung der Personalvertretungen nach § 67 des Personalvertretungsgesetzes ,ermöglicht und die den Bestimmungen des § 94 des Bundesbeamtengesetzes gerecht wird. Bonn, den 21. Januar 1959 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Hugo Geiger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir stehen heute zum drittenmal in der Ersten Lesung eines Atomgesetzes. Diese Tatsache ist ein Beweis dafür, daß es sich offenbar um eine sehr schwierige Materie handelt. Dabei tröstet mich allerdings ein Umstand: daß es in der Schweiz, die Herr Kollege Ratzel am Schluß erwähnt hat, auch nicht schneller gegangen ist. Die Schweiz hat ungefähr mit uns vor drei bis vier Jahren die Frage eines Atomgesetzes aufgegriffen, und heute arbeitet die Schweiz immer noch an dem Entwurf dieses Gesetzes.
    Wenn bei uns die Dinge nicht so schnell vorangegangen sind, wie wir es alle gehofft hätten, so dürfen wir uns natürlich nicht entmutigen lassen. Wir werden, nachdem nun der Gesetzentwurf der Bundesregierung vorliegt, im Ausschuß die Beratungen um so eher mit aller Eile und natürlich auch mit der entsprechenden Gründlichkeit durchführen.
    Die öffentliche Meinung hat sich bezüglich der Einschätzung der Gefahren aus der friedlichen
    Nutzung der Atomkräfte in der letzten Zeit — man kann das deutlich beobachten — etwas beruhigt. Aber immer noch finden wir meines Erachtens in allen Schichten der Bevölkerung eine große Unsicherheit, ja eine Ratlosigkeit in der Beurteilung der Gefahren, wenn man die Sprache auf die Nutzung der Atomkräfte bringt. Die großen Gefahren, die ohne Zweifel mit dieser Nutzung zusammenhängen, werden zuweilen in einem allzu grellen Lichte _geschildert und gewöhnlich etwas übertrieben. Wir wollen das einmal ganz deutlich aussprechen. Es gibt auf der anderen Seite aber auch Kreise, in denen man diese Gefahren etwas auf die leichte Schulter nimmt; auch das ist ohne Zweifel der Fall. Gerade wir aber, die wir die große Verantwortung haben, die gesetzlichen Grundlagen für die friedliche Nutzung der Atomkräfte zu schaffen, müssen alle Vorsicht walten lassen. Wenn einmal Jahre vergangen sein werden und wenn man daran gewohnt ist, mit diesen Kräften umzugehen, werden wir in der Bevölkerung ein ganz anderes Verhältnis zu der Frage feststellen und wissen, wie wir die Gefahren einzuschätzen haben.
    Ich darf hier im großen einmal einen Überblick geben und in der Geschichte der Erfindungen der Menschheit zurückschauen. In allen Phasen, in denen die Menschheit zur Nutzung neuer Naturkräfte übergegangen ist, entstanden immer Schwierigkeiten, wurde immer außerordentlich pessimistisch geurteilt und war die Furcht vor der Nutzung der neuen Naturkraft groß. Wir können ruhig einmal in die alte Zeit zurückblicken, in der der Mensch mit dem Feuer Bekanntschaft gemacht hat. Für uns ist der Umgang mit Feuer eine Selbstverständlichkeit. Aber die ersten Menschen, die unter dem Eindruck dieser verheerenden Macht standen, der sie sich damals ohne Hilfe gegenübersahen, waren erschüttert davon, ähnlich wie wir heute von der Macht der Atomkräfte erschüttert sind.
    Wie war es weiter bei der Nutzung der tierischen Arbeitskraft? Wir wissen das aus den Erzählungen von Livius. Zunächst war in der Menschheit eine Bewunderung für denjenigen vorhanden, dem es gelungen war, einen Elefanten zu bändigen. Heute, meine Damen und Herren, ist es für uns eine Alltäglichkeit, daß wir gebändigte Tiere sehen. So ähnlich ist es eben auch mit unserer Atomkraft.
    Denken Sie dann einmal an die Anwendung der Dampfkraft! Der Aberglaube tat damals das Seine, um die Einführung der Dampfkraft in der Wirtschaft zu verhindern. Das sind alles psychologische Vorgänge, die sich heute verständlicherweise bei uns in ähnlicher Form und in einer gewissen Abart vollziehen.
    Wir müssen deshalb etwas Nachsicht haben mit denjenigen Menschen, die heute noch nicht mit aller Zuversicht den Atomkräften trauen und zu einer besonderen Vorsicht mahnen.
    Die Wasserkraft! Von dem altägyptischen unterschlächtigen Wasserrad bis zur heutigen Turbine — welche Entwicklung! Von der Zisterne zum Staubecken — welche Entwicklung! Auch eine Nutzung einer Naturkraft, die selbstverständlich immer wieder ihre Opfer fordert. Viele Menschen haben da



    Geiger (München)

    ihr Leben lassen müssen. Wie ist das beim Gas, wie ist das bei den chemischen Reaktionen, bei der Sprengkraft, wie ist das bei der Elektrizität? Am Anfang das große Mißtrauen, und dann haben wir diese Naturkräfte gezähmt, gebändigt. Trotzdem: so sehr wir glauben, Herr zu sein über diese Naturkräfte, immer wieder fordern sie von uns neue Opfer.
    Ebenso ist es mit den Atomkräften. Ob wir die Reaktoren ansehen oder die Isotopen, überall gilt heute die Mahnung zur Vorsicht. Wir haben noch nicht die Handhabe, diese Strahlen vollständig zu beherrschen, und wir werden sie niemals vollständig in unsere Hand bekommen. Es wird immer wieder Opfer geben, und die Opfer, die auf diesem Feld der Arbeit gefordert werden, sind unvermeidlich, sie sind naturgegeben, möchte ich sagen.
    Trotzdem, gerade deswegen, weil die Gefahren so groß sind, müssen wir alles aufwenden, um sie zu verringern, um die Menschen möglichst zu schützen. Ich glaube, es ist gar nicht unzweckmäßig, sich dieses Prinzipielle genau vor Augen zu führen, wie es sich in der Menschheitsgeschichte immer und immer wiederholt hat. Jede Naturkraft, die wir uns nutzbar machen, fordert von uns immer wieder Opfer an Gesundheit, an Leben und an Gut. Gerade deshalb sind die Verhütungsmaßnahmen, sind die Betriebsvorschriften so sehr wichtig.
    Die Atomkräfte sind deshalb besonders heimtückisch-gefährlich, weil sie, wie die Elektrizität, nicht sichtbar sind. Wir haben kein Organ dafür, zu erkennen, ob ionisierende Strahlen vorhanden sind oder nicht. Wir müssen Meßapparate benutzen wie bei der Elektrizität.
    Auch von einer anderen Seite sind diese Gefahren heimtückisch. Wir haben uns nicht nur gegen somatische Schädigungen, also akute oder latente Schädigungen des Körpers zu schützen. Nein, es gibt sogar Schädigungen in den genetischen Anlagen, Schädigungen, die erst nach längerer Zeit, möglicherweise erst nach Generationen zutage treten. Es ist eine bedauerliche Tatsache, daß wir den Gesetzmäßigkeiten, denen diese genetischen Schädigungen folgen, noch keineswegs auf den Spuren sind. Die analogen Versuche im Tierreich müssen nicht unbedingt auf die Menschen Anwendung finden können. Solche genetischen Schäden sind nicht nur möglich, sie sind schon festgestellt worden. Wir haben es hier mit einer Tatsache zu tun.
    Eine weitere Erschwerung des ganzen Komplexes ist es, daß die Forschungsergebnisse zum Teil stark voneinander abweichen. Nicht nur, daß wir heute andere Ergebnisse haben als vor zehn oder fünfzehn Jahren; nein, auch die gegenwärtigen Forschungsergebnisse sind nicht absolut kongruent, decken sich nicht. Auch deswegen sind wir vielfach dazu veranlaßt, äußerste Vorsicht walten zu lassen. Mit anderen Worten, wir müssen heute von den Maximaldosen, die wir auf Grund der Erfahrungen ermitteln, noch gewisse Sicherheitsabstriche machen, um etwaigen methodischen Fehlern in der Forschung von vornherein zu begegnen. Wir müssen also das Äußerste an Vorsicht walten lassen und lieber die Dinge zu vorsichtig nehmen als zu sorglos.
    Die Bundesregierung hat uns neben dem Gesetzentwurf auch den Euratomentwurf von Grundnormen für den Gesundheitsschutz gegen ionisierende Strahlen vorgelegt. Aus der großen Sorge für Leben und Gesundheit der Bevölkerung und besonders der Arbeitskräfte sind in dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft Vereinbarungen über die einheitliche Anwendung von Grundnormen für den Schutz gegen die Gefahren ionisierender Strahlen aufgenommen worden. Nach Art. 218 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft sollten die Grundnormen innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten des Vertrages, also spätestens bis Ende 1958, ermittelt werden. Das ist geschehen; denn am 9. Oktober 1958 hat die Euratom-Kommission den Entwurf von Richtlinien zur Festlegung dieser Grundnormen den Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des Ministerrats zur Kenntnis gebracht. Diesem Dokument war die Stellungnahme der vom Ausschuß für Wissenschaft und Technik ernannten Sachverständigen beigefügt. Schließlich hat der Rat am 3. Dezember des vergangenen Jahres dem Europäischen Parlament folgende Dokumente vorgelegt: 1. den Entwurf von Richtlinien der Euratom-Kommission, 2. die Stellungnahme der vom Ausschuß für Wissenschaft und Technik ernannten Sachverständigen sowie die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses und 3. ein Verzeichnis der Änderungen, die die Euratom-Kommission an ihrem ursprünglichen Richtlinienentwurf unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie der Bemerkungen der verschiedenen nationalen Delegationen vorzunehmen gedachte.
    In den Beratungen, die im Europäischen Parlament über diese Vorlagen gepflogen wurden, wurden diese einstimmig gebilligt. Weiterhin wurde ein Entschließungsantrag gefaßt, den ich Ihnen zweckmäßigerweise zur Kenntnis gebe. Ich bitte den Herrn Präsidenten, ihn verlesen zu dürfen. Ich beschränke mich dabei allerdings insbesondere auf die Fragen der ionisierenden Strahlen. Im Entschließungsantrag heißt es:
    Das Parlament fordert die Euratom-Kommission auf, das Notwendige zu veranlassen, damit 1. so schnell wie möglich ein Abkommen betreffend die Normen für die Unfallverhütung in den Kernindustrien und die Wiedergutmachung etwaiger Schäden der Arbeitnehmer und der Bevölkerungen geschlossen wird, 2. so schnell wie möglich eine Studien-, Dokumentations-
    und Informationsabteilung gebildet wird, die auf dem Gebiet der Vorbeugung der mit den ionisierenden Strahlen verbundenen Gefahren spezialisiert ist, 3. zu gegebener Zeit die Schaffung eines Stabs von medizinischen Fachkräften und qualifizierten Technikern im Hinblick auf die supranationale Kontrolle vorbereitet wird, die unmittelbare Sache der Exekutive ist.



    Geiger (München) Weiterhin:
    Das Parlament fordert die Ministerräte auf, die notwendigen Mittel bereitzustellen, damit die oben erwähnten Ziele fristgerecht erreicht werden.
    Und schließlich:
    Das Parlament fordert die Regierungen der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft auf, baldmöglichst die Maßnahmen zu erlassen, die zur Anwendung der vom Ministerrat der Euratom festgelegten Normen für den Schutz gegen radioaktive Strahlungen erforderlich sind.
    Dieser Entschließungsantrag, meine Damen und Herren, der also einstimmige Billigung im Europäischen Parlament gefunden hat, ist eine weitere Ergänzung dessen, was uns die Bundesregierung in der Drucksache 748 vorgelegt hat.
    Wenn Sie diese Drucksache durchsehen, werden Sie den Eindruck bekommen, daß es sich um eine ausgezeichnete Unterlage handelt. Sehr tiefgründige Untersuchungen sind in vielen unabhängigen Reihen durchgeführt worden. Allerdings wird auch das eine klar: in all den Fragen stecken noch sehr viele Probleme, und in zahlreichen Fällen — das wird auch deutlich ausgesprochen — sind wir noch im unklaren.
    Es ist interessant, daß die Höchstdosen, die uns in diesem Dokument empfohlen werden, heute zum Teil nur noch ein Zehntel dessen betragen, was man vor einigen Jahren noch annahm. Selbstverständlich ist darin ein gewisser Sicherheitsfaktor eingeschlossen. Aber daß man mit diesen Höchstdosen so weit zurückgehen mußte, ist ein Beweis dafür, erstens wie schwach unsere Ergebnisse noch fundiert sind und zweitens wie wenig fundiert auch frühere Ergebnisse schon damals waren.
    Ich möchte doch noch einen weiteren Gedanken anführen. Bei dem einschlägigen Gesetz, das die Bundesregierung nun vorlegen wird, sollte man besonderes Augenmerk auf die Verhütung von genetischen Schäden richten. Insbesondere sollte man auch die Vorschriften sehr eingehend prüfen, die für die Beschäftigung von weiblichen Kräften und auch von männlichen Kräften im zeugungsfähigen Alter erlassen werden müssen, wenn sie in Betrieben arbeiten, in denen ionisierende Strahlen vorkommen, damit ,alles getan list, was nach menschlichem Ermessen und mit menschlicher Kraft getan werden kann.
    In Zusammenhang mit diesem Euratomentwurf steht selbstverständlich direkt und indirekt der Entwurf eines Atomgesetzes, den uns die Bundesregierung vorgelegt hat. Dieses Gesetz gibt der Bundesregierung die Ermächtigung, den Vorschlägen des Euratomentwurfs zu folgen.
    Die FDP hat vor einiger Zeit gleichfalls einen Entwurf für ein Atomgesetz vorgelegt. Der Herr Kollege Rutschke hat davon gesprochen, daß es sehr lange gedauert hätte, bis der Regierungsentwurf im Plenum des Bundestages eingebracht worden sei. In der Tat handelt es sich um eine Zeitspanne von über einem halben Jahr. Aber ich habe mir die Mühe gemacht und habe die beiden Gesetzentwürfe eingehend miteinander verglichen. Es besteht doch gar kein Zweifel — auch Herr Kollege Rutschke und seine Freunde werden mir recht geben, wenn ich diese Behauptung aufstelle —, daß der Entwurf der Bundesregierung in vielen Bestimmungen viel ausgereifter, wenn ich so sagen darf, viel mehr unseren Bedürfnissen als Gesetzgeber angepaßt ist als der Entwurf der FDP. Er enthebt uns vieler schwieriger Überlegungen über Fragen, die in dem Entwurf der FDP noch offengeblieben sind. In dem Gesetzentwurf, den uns die Bundesregierung vorlegt, haben wir wirklich einen ausgereiften Entwurf vor uns, und ich empfinde außerordentliche Genugtuung darüber, daß ich feststellen kann: Es war nicht ganz umsonst, daß wir uns noch einige Zeit geduldet haben.
    Selbstverständlich wäre +es viel besser gewesen und hätte auch die Entwicklung sicherlich gefördert, wenn dieses Gesetz früher eingebracht worden wäre. Aber eine ausgesprochene Verzögerung in der Entwicklung der friedlichen Nutzung der Atomkräfte in der Industrie ist deshalb keineswegs eingetreten; denn die Länder haben sich ja durchweg mit provisorischen Gesetzen geholfen und sind damit auch weitergekommen. Wir selbst sind aber jedenfalls jetzt um so mehr gezwungen und verpflichtet, diesen Gesetzentwurf nun sehr rasch Ausschuß zu behandeln und ihn dann mit unseren Änderungsvorschlägen zur zweiten und dritten Lesung im Plenum vorzulegen.
    Man könnte nun jetzt schon auf die Einzelheiten eingehen; das würde ,aber weit über den Rahmen einer ersten Lesung hinausgehen. Einige Punkte sind übrigens schon von meinen Herren Vorrednern erwähnt worden. Ich möchte mich auf ein Spezialgebiet, das hier schon vielfach gestreift worden ist. beschränken, nämlich auf die Haftungsvorschriften. In den Haftungsvorschriften hat die Bundesregierung Änderungen gegenüber der Fassung des Gesetzentwurfs, wie er in der letzten Legislaturperiode in die zweite und dritte Lesung in das Plenum gebracht worden ist, vorgenommen. Herr Minister Balke hat 'ausführlich darüber gesprochen.
    Mir fällt nun auf, daß entgegen dem Beschluß des Atomausschusses in der vergangenen Legislaturperiode für die Haftpflicht aus Reaktoranlagen die Fälle höherer Gewalt eingeschlossen worden sind. Das fällt mir um so mehr auf, als die Schweiz gerade in der letzten Zeit die Haftung in Fällen höherer Gewalt aus ihrem Atomgesetzentwurf herausgenommen hat. Ich entnehme das der Mitteilung des Informationsdienstes des Bundesatomministeriums vom 6. Januar 1959. Man sieht, wie verschieden man doch eine solche Bestimmung beurteilen kann.
    Ich habe einmal zu ergründen versucht, wie wir uns in der letzten Zeit und in den letzten Dezennien von den Bestimmungen über die Haftpflicht, wie sie im Bürgerlichen Gesetzbuch niedergelegt sind, in den einzelnen Gesetzen entfernt haben. Im Bürgerlichen Gesetzbuch gibt es grundsätzlich nur eine Verschuldenshaftung, und diese Verschuldenshaftung ist unbeschränkt. Im Bürgerlichen Gesetzbuch
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode 55. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 21. Januar 1959 3039
    Geiger (München)

    gibt es keine Haftung für höhere Gewalt. Denn höhere Gewalt kann ja nie in irgendeinen Zusammenhang mit dem Verschulden gebracht werden, hier sind eben höhere Mächte im Spiel, und hier kann ein Mensch, der durch seine Anlagen einen anderen schädigt, nicht verantwortlich gemacht werden.
    Im Laufe der Gesetzgebung ist man nun von dieser grundsätzlichen Verschuldenshaftung des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgekommen; ich gebe zu, zum Teil aus guten Gründen. Im Reichshaftpflichtgesetz z. B. haben wir bereits die Gefährdungshaftung, allerdings mit der Exkulpationsmöglichkeit für höhere Gewalt. Im Sachschadenhaftpflichtgesetz ist gleichfalls eine Gefährdungshaftung eingeführt, mit einer Exkulpationsmöglichkeit für höhere Gewalt und unabwendbares Ereignis. Im Straßenverkehrsgesetz haben wir gleichfalls, abweichend vom Bürgerlichen Gesetzbuch, eine Gefährdungshaftung mit einer Exkulpationsmöglichkeit für höhere Gewalt und unabwendbares Ereignis.
    Im Luftverkehrsgesetz begegnet uns zum erstenmal der Einschluß der höheren Gewalt. Man nennt eine Gefährdungshaftung, bei der auch die höhere Gewalt eingeschlossen ist, Erfolgshaftung. Wir haben also im Luftverkehrsgesetz eine Erfolgshaftung; ohne Rücksicht auf Verschulden oder Nichtverschulden ist in jedem Falle der Flugzeugbesitzer haftpflichtig. Das hat sich als zweckmäßig erwiesen, einfach deshalb, weil Luftverkehrsschäden im allgemeinen Totalschäden sind, bei denen man meist gar nicht feststellen kann, worauf das Schadensereignis zurückzuführen ist. Um allen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, hat man von vornherein auch die höhere Gewalt eingeschlossen. In dem Wasserhaushaltsgesetz, das wir erst in der vergangenen Legislaturperiode beschlossen haben, haben wir gleichfalls eine Erfolgshaftung, also Gefährdungshaftung mit Einschluß der höheren Gewalt, und zwar — etwas sehr Eigenartiges — ohne Begrenzung der Summe.
    Im Atomgesetz haben wir nun zweierlei: für Reaktoren eine Erfolgshaftung, bei Isotopen hingegen eine modifizierte Gefährdungshaftung.
    Sie sehen, es ist heute schon ein bunter Katalog von Bestimmungen, nach denen die Haftpflicht eines Bürgers oder eines Unternehmens geregelt wird. Wenn ich die Liste gar noch dadurch ergänzen wollte, daß ich Ihnen auch die Maximalhöhen der Haftsummen angebe, so würden Sie zugeben, daß es sehr schwer ist, sich in dieser Ubersicht noch auszukennen, um so mehr, als in manchen Gesetzen verschiedene Höchstsummen vorgesehen sind. Wir haben jetzt auch im Atomgesetz verschiedene Summen. Abgesehen davon, daß die Renten gegenüber dem letzten Entwurf aus der vergangenen Legislaturperiode von 6000 auf 15 000 Mark erhöht sind, ist auch noch die Kapitalsumme unbegrenzt geblieben, und auch bei den Isotopen haben wir keine Begrenzung in der Höhe der Haftung.
    Ich komme zu der Auffassung, daß diese Zersplitterung in der Haftpflichtgesetzgebung keine wünschenswerte Entwicklung ist. Man kennt sich bald nicht mehr aus. Wir müssen hier doch in ein gewisses System hineinkommen.
    Noch etwas, meine Damen und Herren. Es scheint mir bedenklich, wenn wir fortfahren, immer mehr die höhere Gewalt einzuschließen. Dadurch belasten wir z. B. den Eigentümer einer Reaktoranlage in unberechtigtem Maße. Er wird auf jeden Fall zur Leistung herangezogen, gleichgültig ob ein Verschulden vorliegt, ein unabwendbares Ereignis oder höhere Gewalt. Das ist eine psychologisch nicht erwünschte Entwicklung. Wir fördern damit eine gewisse Gleichgültigkeit. Ich will nicht sagen, daß das die Folge sein wird; aber Sie fördern eine gewisse Entwicklung ganz allgemein nach der Richtung hin, daß sich jemand sagt: „Es hat gar keinen Zweck, besondere Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, denn so oder so — ich bin immer haftpflichtig." Man sollte bei der Gesetzgebung möglichst gar keine Möglichkeiten für solche Gedankengänge bieten, und man sollte deswegen das völlig außerhalb der Menschenmacht liegende Phänomen der höheren Gewalt ausschließen. Wie gesagt, die Schweiz hat ich darf noch einmal darauf hinweisen — die Konsequenz gezogen und ihren Gesetzentwurf abgeändert.
    Bei dieser Gesetzgebung, meine Damen und Herren, kommt der Geschädigte allmählich zu dem sicheren Ergebnis: „Es wird sich immer jemand finden, der mir etwas zahlen muß." Nun, es ist richtig: in vielen Fällen haben wir die Verpflichtung, für sozial Schwache einzutreten, wenn durch ein Naturereignis ein Schaden eintritt. Auch ich befürworte das. Aber doch nicht auf Kosten eines Reaktorbesitzers oder irgendeines anderen, der hier nach den entsprechenden Gesetzesbestimmungen herangezogen werden kann.
    Nun werden Sie mir sagen: „So groß ist diese Auswirkung nicht, weil die Freistellungsverpflichtung des Bundes vorliegt." Das ist richtig. Diese Freistellungsverpflichtung des Bundes gilt aber nur bis zum Jahre 1965, d. h. für diejenigen Reaktoranlagen, die bis zum 31. Dezember 1965 genehmigt sind. Was ist aber dann? Man kann dann nicht zweierlei Reaktoranlagen haben, solche, bei denen die Haftpflicht aus höherer Gewalt eingeschlossen ist, und solche, bei denen sie nicht eingeschlossen ist.
    Ich darf neben dem Beispiel der Schweiz, das ich schon erwähnt habe, auch den Entwurf der OEEC für die Bestimmungen über die Haftpflicht von Reaktoren erwähnen. Auch bei dem Musterentwurf der OEEC ist die Haftpflicht aus höherer Gewalt bei den Reaktoren nicht eingeschlossen. Da wir doch bestrebt sein müssen, innerhalb der OEEC möglichst einheitliche Bestimmungen zu haben, müssen wir im Ausschuß unbedingt einmal die Frage prüfen, ob es notwendig ist, die höhere Gewalt hier einzuschließen, und ob wir nicht einen anderen Ausweg finden können, um die Möglichkeit zu geben, daß sich unser Atomgesetz den einheitlichen Bestimmungen innerhalb der OEEC anpaßt.
    Bezüglich des Genehmigungsverfahrens hat uns der Herr Minister Balke Ausführungen gemacht,



    Geiger (München)

    denen wir durchaus zustimmen müssen. Ich bin hier nicht der Auffassung der SPD, auch nicht der Auffassung der FDP. Wir werden uns im Ausschuß natürlich eingehend beraten. Jedenfalls sind die Vorschläge der Bundesregierung meines Erachtens durchaus begründet, und auch die Formulierung finde ich so klar, daß ich denke, wir haben hier den richtigen Weg gefunden.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Preusker.)

    Auch die Frage, inwieweit die Allgemeinschäden in die Haftpflichtgesetzgebung eingefügt werden sollten, ist noch aufzugreifen; eine Frage, über die wir uns gleichfalls im Ausschuß noch eingehend werden unterhalten müssen.
    Meine Damen und Herren, wenn wir nun diesen Entwurf eines neuen Atomgesetzes möglichst bald dem Bundestag für die zweite und dritte Lesung und die Beschlußfassung zuleiten, dann steht nichts mehr im Wege, auch die Gesetzentwürfe bezüglich der Errichtung einer Sicherheitskontrolle auf dem Gebiet der Kernindustrie, Drucksache 599, und bezüglich der Gründung der Europäischen Gesellschaft für die chemische Aufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe, die EUROCHEMIC, die uns vorgelegt worden sind, in Kraft zu setzen. Denn diese Einrichtungen sind schon so weit geklärt, daß wir ihnen ohne weiteres unsere Zustimmung geben können.
    Ein Wort zu dem Antrag der Fraktion der SPD bezüglich der überwachung radioaktiver Verseuchung. Ich bin sehr erfreut, daß uns Herr Minister Balke sagen konnte, daß bis auf einen Punkt — das ist Punkt I Ziffer 6, Schaffung einer Zentralstelle — eigentlich alles schon in die Wege geleitet ist und durchgeführt wird. Nun, es ist auch mehr als ein halbes Jahr vergangen. Aber Sie sehen auch, meine Damen und Herren, daß die Bundesregierung schon von vornherein bestrebt war, in einer ähnlichen Weise, wie es die SPD hier beantragt, die Probleme anzufassen. Es ist für die Entwicklung des Atomzeitalters, wenn ich so sagen darf, förderlich, wenn wir die Einrichtungen, die hier verlangt werden, einführen, mit entsprechenden Mitteln ausstatten und von ihnen diese Aufgaben durchführen lassen. Es werden sich im Laufe der Zeit noch mehrere derartige Anregungen ergeben. Ich erinnere mich noch an den ersten Entwurf bezüglich der Überwachung der Radioaktivität in den Luftschichten durch den Wetterdienst, der schon im Jahre 1954 hier eingebracht wurde.
    Nun möchte ich noch ein kurzes Wort zu Herrn Kollegen Rutschke sagen, weil ich ihn hier etwas verbessern muß. Er hat in seinen Ausführungen, wenn ich richtig verstanden habe, gesagt, der erste Entwurf der Bundesregierung für ein Atomgesetz sei am 2. Juli 1957 im Plenum eingebracht worden. Das ist nicht richtig. Ich darf darauf hinweisen, daß der Entwurf Drucksache 3026 dem Bundestag am 14. Dezember 1956 vorgelegt und im Februar 1957 im Plenum beraten worden ist. Das Datum, das Herr Kollege Rutschke in seinen Ausführungen nannte, war das Datum der zweiten und dritten Lesung. Sie kennen das Ergebnis: eine Verabschiedung ist nicht erfolgt. Ich möchte das nur richtigstellen, damit sich keine Legende bildet und diese Darstellung nicht etwa weiterhin verwendet wird. Herrn Kollegen Ratzel hätte ich auch noch Verschiedenes zu sagen, aber ich möchte dem Redner meiner Fraktion, der sich vorgenommen hat, hierauf zu antworten, nicht vorgreifen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Burgbacher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Burgbacher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Ihre Zeit nicht mehr lange in Anspruch nehmen und nur einige ergänzende Bemerkungen zu den Ausführungen meines Freundes Geiger über die Sicherheits- und Haftpflichtfragen in wirtschaftlicher Beziehung machen.
    Es ist das gute Recht der Opposition, der Regierung vorzuwerfen, daß die Angelegenheit nicht schnell behandelt worden ist. Aber eis ist auch das gute Recht der Regierung, den Zeitpunkt abzutasten, bei dem man mit einem gegebenen Aufwand den größten Nutzen erzielen kann. Es ist zu sagen, daß bis jetzt noch nichts verpaßt worden ist. Ich stehe aber nicht an, hinzuzufügen, daß diese Erklärung kein Freibrief für weitere Verzögerungen sein soll. Wir sind mit der Opposition der Meinung, daß nunmehr — wie man so schön sagt — zügig gehandelt werden muß.
    Es trifft zu, daß wir in Genf nicht unbedingt in der Spitzengruppe der Atommächte waren. Ebenso trifft aber zu, daß diese Spitzengruppe vorwiegend von den Ländern gebildet wurde, die auch atomare Waffen produzieren. Man kann vielleicht gelegentlich ,einmal über die Zusammenhänge nachdenken!
    Weiterhin trifft zu, daß in der gesamten Welt noch kein Atomkraftwerk in Betrieb ist, das im Verhältnis zur jeweiligen Versorgungswirtschaft von Bedeutung wäre. Ferner steht fest, daß es eine Reihe von Atomkraftsystemen gibt, die man heute schon schlicht und einfach zum Schrott rechnen kann. Auch gibt es eine Reihe von Systemen, so daß es außerordentlich schwer ist, mit einem gewissen Grad von Verantwortlichkeit das geeignetste System zu bestimmen, in das man 300, 400 oder 500 Millionen DM investiert.
    All das soll keine Erklärung dafür sein, daß nichts geschieht. Ich möchte nur auf die Schwierigkeit der Situation hinweisen.
    Wir haben uns im Europaparlament über den Vertrag von Euratom mit den Vereinigten Staaten sehr gefreut, der den Aufbau von Atomkraftwerken nach amerikanischen Systemen in dem ECE-Gebiet mit Krediten und mit Zuschüssen erlaubt. Ich schneide von dieser Dankbarkeit nichts ab; aber dieser Vertrag ist von den Vereinigten Staaten auch zu dem Zweck geschlossen worden, daß die Wissenschaftler und Praktiker Westeuropas die Entwicklung mit vorantreiben, die dort, ökonomisch gesehen, an einer gewissen Grenzlinie steht.
    Zweifellos kann man eine so neue Energie in ihrer Anlaufzeit nicht nach privatwirtschaftlichen



    Dr. Burgbacher