Rede von
Margot
Kalinke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Gestatten Sie mir die Zusatzfrage: Es wäre für unsere Stellungnahme — und darum bitte ich um Ihre Antwort, Herr Kollege —wichtig, zu wissen, wie Sie die Finanzlage sehen, wenn Ihr Antrag angenommen würde. Wenn die jetzt vorhandenen Bestände in einem oder zwei Jahren nicht mehr da sind, was sich eindeutig aus den Zahlen der Rentenversicherungsträger ergibt, wie wollen Sie dann die Auswirkung Ihres Antrags für die Zunkunft finanzieren?
Meyer (SPD) : Diese Anfrage rechne ich nicht unter das „Geschrei", wie die christlich-demokratischen Arbeitnehmerblätter schreiben. Aber ich sehe die Entwicklung völlig anders. In den Rentengesetzen ist zunächst einmal die Bestimmung enthalten, daß mit der Veränderung der allgemeinen Rentenbemessungsgrundlage der Bundeszuschuß prozentual erhöht wird. Die Steigerung der Löhne und Gehälter wirkt sich auf die spätere Beitragsbemessungsgrundlage aus, so daß eine Parallelität eintritt. Ich glaube, daß die bei der Darstellung der rücklaufenden Tendenzen genannten Zahlen übertrieben sind; sie sind zumindest in keiner Form bewiesen worden. In dieser ganzen Rechnung sind eben sehr viele Unbekannte.
Ich stimme um noch etwas zu diesem Thema zu sagen — vollkommen mit dem Aufsatz überein, den der schon genannte Herr Professor Fritz Neumark in der „Zeit" geschrieben hat und in dem er über die Versicherungsmathematiker — wenn ich zitieren darf — folgendes sagt:
Es wäre aber eine Verkennung der Problematik, wenn man solchen Experten über die Erstellung einwandfreier zahlenmäßiger Unterlagen hinaus auch die Aufgabe zuweisen würde, die voraussichtliche gesamtwirtschaftliche Entwicklung einer Rentenanpassung zu würdigen, eine Aufgabe, der sie als Nicht-Volkswirte kaum genügen werden.
Unter den Experten und Wissenschaftlern sind die Auffassungen also völlig verschieden.
Ich darf meine Ausführungen nicht mit eigenen Darlegungen, sondern mit dem Schlußabsatz dieses Artikels „Soziale Ordnung" in den ,,Christlich-Demokratischen Blättern der Arbeit" schließen. Ich glaube, ein sehr großer Teil der Kollegen, die diese Zeitung beziehen und die in den Reihen der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft tätig sind, betrachtet das nicht nur als Propaganda für seine Mitglieder, sondern ist davon überzeugt, daß das, was hier steht, auch die Auffassung dieser Kreise ist. Wenn Sie zu diesen Kreisen gehören, dann müssen Sie auch durch Ihre Stimmabgabe in den Parlamenten diesen Ihren Auffassungen Nachdruck verleihen
— Sie lachen, Herr Kollege —; denn sonst kann ich eine solche Auffassung nicht ernst nehmen. Dann ist das die gleiche Propaganda wie in den Flugblättern, wie in der Rentenfibel usw.
Ich darf also mit diesem Schlußabsatz meine Ausführungen beenden:
Der Gesetzgeber hat sich durch seine Überängstlichkeit die Suppe eingebrockt. Er muß sie nun auslöffeln. Die Arbeitnehmer erwarten jedenfalls, daß der Bundestag seine Pflicht tut und sich nicht von draußen beirren läßt.
— Die Frage der Beitragserhöhung steht gar nicht zur Diskussion, Herr Kollege Ruf. Das ist eines der Schlagworte, das „Geschrei in der Öffentlichkeit", wie diese Arbeitnehmer-Blätter Ihrer Partei schreiben, mit dein diesen Dingen Schwierigkeiten gemacht werden sollen.
Das Gleichheitsprinzip verlangt, daß alte und neue Rentner gleichbehandelt werden. Die Zugangsrenten des Jahres 1958 liegen um rund 6 % über den Renten von 1957 und den Altrenten. Diese Rentner haben einen wohlbegründeten Anspruch auf die gleiche Erhöhung, und zwar mit Wirkung vom 1. 1. 1958 ab. Sie können erwarten, daß sie spätestens zu Weihnachten in den Besitz der Nachzahlung kommen.
Meine Herren Kollegen, das erzählen Sie draußen Ihren Mitgliedern!
Um diesen Ihrem Wunsche Rechnung zu tragen und nachzukommen, um Sie beim Wort zu nehmen, haben wir unseren Gesetzentwurf eingebracht. Unser Gesetzentwurf ist so einfach und klar, daß den Rentnern diese 6% ige Nachzahlung gleichsam in einem Akt noch vor Weihnachten — wie Sie es selbst fordern—gewährt werden kann. Ich wünsche also, daß die Kollegen der Christlich-Demokratischen Union, die diese Auffassung in diesen Blättern vertreten, gemeinsam mit uns einen solchen Gesetzentwurf rechtzeitig verabschieden, damit die jahrelang bitter enttäuschten Rentner
in den Genuß der Nachzahlung kommen.