Rede:
ID0304903900

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    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 7. November 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur :nderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (FDP) (Drucksache 562) — Erste Beratung Ramms (FDP) . . . . . . . . . 2733 A Schmücker (CDU CSU) . . . . . 2733 D Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . 2734 B Antrag der Fraktion der SPD betr. Altershilfe für Landwirte (Drucksache 498) Bading (SPD) . 2734 D Blank, Bundesminister 2736 B, 2747 A Weber (Georgenau) (FDP) 2738 B, 2755 C Logemann (DP) . . . . . . . . 2740 C Dr. Schellenberg (SPD) . . . . . 2742 B Struve (CDU/CSU) . . . . . . . 2742 D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 2744 D Dröscher (SPD) . . . . . . . . 2748 B Frau Kalinke (DP) . . . . . . 2750 D Kriedemann (SPD) . . . . . . . 2753 D Stingl (CDU/CSU) . . . . . . . 2756 C Entwurf eines Gesetzes Tiber die Beweissicherung des Besitzstandes in der sowjetischen Besatzungszone und dem sowjetischen Sektor von Berlin (Wirtschaftliches Beweissicherungsgesetz) (FDP) (Drucksache 435) — Erste Beratung — Mischnick (FDP) . . . . . . . . 2758 A Eichelbaum (CDU/CSU) . . . . . 2759 D Dr. Seume (SPD) . . . . . . . . 2760 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2761 C Anlage 2763 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. November 1958 2733 49. Sitzung Bonn, den 7. November 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 29. 11. Dr. Atzenroth 7. 11. Frau Berger-Heise 7. 11. Bergmann 7. 11. Dr. Bergmeyer 27. 11. Dr. Besold 11. 11. Birkelbach 7. 11. Fürst von Bismarck 7. 11. Blachstein 7. 11. Frau Dr. Bleyler 30. 11. Dr. Böhm 7. 11. Dr. Bucerius 7. 11. Conrad 7. 11. Dr. Conring 7. 11. Cramer 7. 11. Dr. Deist 7. 11. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 7. 11. Dr. Dittrich 7. 11. Frau Döhring (Stuttgart) 7. 11. Drachsler 11. 11. Dr. Eckhardt 7. 11. Finckh 7. 11. Franke 7. 11. Frehsee 7. 11. Dr. Furler 7. 11. Geiger (München) 7. 11. Glahn 7. 11. Hackethal 7. 11. Heiland 11. 11. Dr. Hellwig 7. 11. Dr. Höck (Salzgitter) 12. 11. Höfler 7. 11. Jacobi 7. 11. Jahn (Frankfurt) 31. 12. Dr. Jordan 7. 11. Jürgensen 7. 11. Frau Kipp-Kaule 7. 11. Koenen (Lippstadt) 8. 11. Kramel 8. 11. Krammig 7. 11. Dr. Kreyssig 7. 11. Krüger 11. 11. Kühlthau 7. 11. Kühn (Bonn) 7. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kurlbaum 7. 11. Leber 7. 11. Lenz (Trossingen) 9. 11. Dr. Leverkuehn 20 11. Lücker (München) 7. 11. Maier (Freiburg) 22 11. Dr. Maier (Stuttgart) 7. 11. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30 11. Frau Dr. Maxsein 7. 11. Mengelkamp 15. 12. Dr. Menzel 7. 11. Metzger 7. 11. Frau Nadig 7. 11. Neumann 7. 11. Niederalt 10. 11. Dr. Oesterle 7. 11. Ollenhauer 7. 11. Pernoll 7. 11. Pietscher 8. 11. Pöhler 7. 11. Dr. Preiß 7. 11. Dr. Preusker 7. 11. Rademacher 7. 11. Frau Dr. Rehling 5. 12. Reitzner 31. 12. Frau Renger 15. 11. Rohde 7. 11. Dr. Rüdel (Kiel) 7. 1. Schmidt (Hamburg) 15. 11. Schneider (Bremerhaven) 8. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 31. 12. Schultz 7. 11. Schütz (Berlin) 7. 11. Seuffert 7. 11. Siebel 7. 11. Spitzmüller 7. 11. Dr. Starke 7. 11. Dr. Steinmetz 10. 11. Dr. Stoltenberg 10. 11. Storch 7. 11. Sträter 7. 11. Theis 8. 11. Dr. Toussaint 7. 11. Dr. Vogel 10. 11. Weber (Georgenau) 7. 11. Welslau 7. 11. Dr. Will 7. 11.
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    Rede von Margot Kalinke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte nicht die Absicht, in dieser Debatte das Wort zu nehmen, und habe mich auch nicht darauf vorbereitet. Ich muß es aber tun, da ich nicht nur durch die Ausführungen des Kollegen Struve, sondern auch durch manches andere, was in dieser Diskussion gesagt worden ist, herausgefordert worden bin. Ich gehöre zu den Menschen, die trotz mancherlei Wissens bescheiden sind — —

    (Heiterkeit.)

    — Ja, das scheint Ihnen bloß lächerlich, weil Sie meistens sehr unbescheiden sind mit vorgefaßten Meinungen,

    (Beifall rechts und links)

    aber nicht gern sagen möchten, daß leider alles das, was ich vorausgesagt habe, nun nach zehn Monaten eingetroffen ist. Das hätte ich genauso wenig gern gesagt, wie ich annehme, daß es andere Kollegen hier im Hause auch nicht gern getan hätten.
    In der Debatte ist viel Richtiges, aber auch unendlich viel Verworrenes gesagt worden. Folgendes ist ganz deutlich festzustellen: Herr Dr. Schmidt hat gesagt: Die Altershilfekassen stehen vor der Pleite. Ist dem zu widersprechen? — Die Verwaltung ist überfordert. Können Sie da widersprechen? — Ebenso unbestritten ist doch, daß dieses Gesetz auch für die Zukunft ein Defizit hervorrufen und uns allen, die wir dem Bauernstand, insbesondere den Kleinbauern, wirklich helfen wollen, große Sorgen bereiten wird.



    Frau Kalinke
    Es ist soviel von den Möglichkeiten des Vergleichs mit anderen Berufen gesprochen worden. Als Sozialpolitikerin möchte ich Herrn Kollegen Struve sagen: Ich würde mich genieren, hier vor Ihnen zu stehen, wenn unter „Sozialpolitik" zu verstehen wäre „Sozialversicherung". Meine Arbeit in den letzten zehn Jahren beweist das. Ich muß mich dagegen verwahren, daß Sie jemandem, der sich in diesem Hause und überall, wo er mitarbeitet, sehr ernsthaft um die Lösung der sozialpolitischen Probleme unserer Zeit bemüht, unterstellen, er sehe alles durch die kleine, enge Brille der Sozialversicherung.
    Die Überschrift des Gesetzes ist falsch. Es handelt sich nicht um eine echte und ausreichende Hilfe für die Landwirtschaft, sondern es handelt sich um eine Prämie für die Hofübergabe im Zuge struktureller Aufgaben des Grünen Plans, und bei einem solchen Ziel begrüßen wir — auch ich — jeden Versuch, der Landwirtschaft, besonders den alten Landwirten, zu helfen. Ich möchte aber nicht, daß hier die Dinge verschoben und agrarpolitische Fehler, ganz offensichtliche Fehler der Agrarpolitik, mit sozialpolitischen Pflästerchen zugedeckt werden sollen.

    (Beifall rechts.)

    Weil Sie nun ,wieder sagen werden: Da spricht eine Sozialpolitikerin, die nicht Bäuerin ist, lasse ich jetzt die Bauern sprechen. In einem sehr maßgeblichen Nachrichtendienst der Agrarier — so nennt man das ja wohl —, der „Bauernpolitik", war schon im Juli 1957 zu lesen, daß die Bauern an dem Gesetz keine Freude haben werden, und wenn ich an meine bäuerlichen Freunde in meinem Wahlkreis im Lande Niedersachsen bis in den Süden Deutschlands hinein denke, mit denen ich damals wie heute diskutiert habe, so weiß ich, daß die Zahl derjenigen, die dieses Gesetz nicht für einen Segen halten und keine Freude daran haben, nicht gering ist. Ich habe den Mut — auch wenn die Wahlen in Hessen und Bayern vor der Tür stehen —, hier ganz offen auszusprechen, daß in diesem Gesetz der Zwang für unsere Bauern viel zu weit gegangen ist und daß außerdem die Übergangshilfe nicht ausreichend war. Daß die Verwaltung überlastet war, sehen alle, die an sachlicher Diskussion interessiert sind, eindeutig aus dem Bericht, den die landwirtschaftlichen Altershilfekassen gegeben haben. Dieser Bericht, der schon im Mai 1958 veröffentlicht worden ist, hat doch die Schwierigkeiten der Erfassung, die mit dem Ausfall der Beitragszahler verbunden sind, und auch das Problem der Befreiung so deutlich gemacht, daß ich wieder einmal vor übertriebenen Hoffnungen auf eine Zwangseintreibung von Beiträgen warnen muß, die auch sehr ungut wäre, gerade für die kleinbäuerlichen Existenzen. Das haben aber schon mein Kollege Logemann und viele andere Sprecher sehr deutlich gesagt. Zu denen, die schon vor einem Jahr zu diesem Gesetz einiges gesagt und gerade vor der Beschränkung der Freiheit, nämlich vor der Koppelung und dem Zwang, für eine Durchschnittsrente von 45 DM den Hof abzugeben, gewarnt haben, gehören sehr maßgebliche Persönlichkeiten und sehr prominente Agrarpolitiker.
    Ich möchte hier nur einmal in Ihre Erinnerung rufen, was das „Sonntagsblatt" in Hamburg unter der Überschrift „Mehr Geld — weniger Freiheit" nach Verabschiedung des Gesetzes geschrieben hat. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren. Es heißt dort:
    Es bringt einen wichtigen Einschnitt im sozialpolitischen Gefüge der Bundesrepublik. Zum erstenmal wird eine Gruppe von Selbständigen zwangsversichert.
    Das war falsch. Vorausgegangen war der Nationalsozialismus mit der Zwangsversicherung für das Handwerk, und nachgefolgt ist die Mehrheit in diesem Hause mit der Zwangsversicherung für einen Teil unserer Bauern.
    Zum zweiten wird in dem „Sonntagsblatt" wie in vielen anderen Veröffentlichungen festgestellt, daß der Bauer zur Hofübergabe gezwungen wind und daß der Preis für die Freiheit sehr hoch erscheint. Dem möchte ich nicht gern widersprechen.
    Die Grundtendenz des Gesetzes wird trotzdem natürlich auch von uns und von den Bauern begrüßt.

    (Zurufe von der Mitte: Ach?)

    — Ich möchte nicht, daß Sie in Ihrer vereinfachenden Art in unserer Kritik an der falschen Anlage und Zielsetzung des Gesetzes etwas Bauernfeind liches sehen. Darum sage ich das so deutlich. Aus dem Gesetz hätte etwas Besseres werden können, wenn Sie uns mehr Zeit gelassen und sich nicht bloß an die Beschlüsse des Bauernverbandes gehalten und auf Ihre Mehrheit gestützt, sondern auf guten Rat gehört hätten.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    — Sehen Sie, darüber lachen Sie. Aber es ist eines der Urprobleme der Demokratie, ob man trotz Verbandsbeschlusses besseren Einsichten folgt und auf den Rat anderer hört, auch wenn die Präsidenten der Verbände als Kollegen in den eigenen Reihen sitzen. Das ist ein so ernstes Problem, daß ich Sie frage, ob Sie überhaupt noch den Mut haben, eine Sache um der Demokratie willen zu diskutieren.
    Die Hofübergabe ist nicht mehr in das eigene Ermessen gestellt. In meinen Sprechstunden erscheinen immer wieder Bauern und fragen: Warum werden wir, die wir unseren Hof freiwillig und rechtzeitig, schon vor dem gesetzlichen Zwang, übergeben haben, bestraft und von der Altersversorgung ausgeschlossen?

    (Zurufe von der Mitte: Wieso denn? Das ist gar nicht wahr! — Wer wird ausgeschlossen?)

    — Z. B. diejenigen, die vor Erreichung der Altersgrenze wegen Krankheit oder aus Verantwortungsgefühl den Hof übergeben haben; sie sind nun in Not, weil das, was man ihnen gibt, nicht ausreicht.

    (Zurufe von der Mitte.)

    — Ja, eben, das muß man vorher berechnen, meine Herren Kollegen. Vom Minister ist hier eindeutig festgestellt worden, daß die Zahl der Leistungsempfänger steigen werde. Sie muß steigen, wenn



    Frau Kalinke
    Sie den kleinen Bauern und den alten Menschen wirklich helfen wollen. Die Zahl der Beitragszahler wird sinken. Wenn sich die Vorstellungen des Bauernverbandes und der Kollegen durchsetzen, bleibt das Problem für die Familienangehörigen wie auch für die Pächter ungelöst.
    Der Herr Kollege Struve hat hier sehr kühne Worte gebraucht. Ich möchte bemerken, Herr Kollege Struve, daß die agrarpolitische Zielsetzung nicht umstritten ist. Aber den Weg, der beschritten worden ist, und die Mittel, die angewendet worden sind, halte ich heute wie im Juli des vergangenen Jahres für absolut unzureichend. Wer mag bestreiten, daß der Kreis der älteren Bauern sehr viel größer wird? Die Notwendigkeit, mit diesem Problem fertig zu werden, kommt also unausweichlich auf uns zu. Wie wollen wir dann nach diesem ersten Schritt verfahren?
    Sie haben mir vorgehalten, ich sei aktiv in der Sozialversicherung. Meine Aktivität in der Sozialpolitik lehrt mich, daß die Parlamentarier — übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern — niemals den Mut haben, von dem ersten Schritt abzugehen, wenn er falsch gewesen ist. Ich meine deshalb, wir sollten uns diesmal, so drängend auch die Lösung des Problems sein mag, im Ausschuß mehr Zeit nehmen.
    Sie können die Problematik nicht mit dem Einwand beseitigen, die übrigen hätten ja die Möglichkeit gehabt, in der Rentenversicherung zu sparen. Große Teile der Angehörigen freier Berufe und auch der Arbeitnehmer bekamen ihre zusätzlichen
    Versicherungen, ihre privaten Versicherungen und ihre Sparguthaben nicht aufgewertet. So oft habe ich von dieser Stelle aus dafür gekämpft, daß die Sparmark mindestens so behandelt wird wie die Rentenmark. Das muß geschehen, Herr Kollege Struve, damit durch Gleichbehandlung der Sparer „Gerechtigkeit" wieder größer geschrieben wird. Darüber sollten wir uns einig sein, und dafür sollten wir gemeinsam sorgen.
    Ich kann dem Kollegen Blank nicht widersprechen. Ich möchte ihn als den „Hoferben" im Ministerium nicht für all das verantwortlich machen, was der „Altbauer" im Ministerium getan hat. Aber dieser „Hoferbe" muß uns in Zukunft im Ausschuß mit besseren Zahlen bedienen. Es ist nicht das Richtige, wenn im Bulletin Mitarbeiter aus dem Ministerium Aufsätze schreiben, von denen der Minister dann abrückt, sondern wir wollen im Ausschuß vom Arbeitsminister sehr genaue Zahlen erfahren, und wir möchten es auch gern vom Herrn Landwirtschaftsminister wissen, was denn nun wirklich für die Agrarstruktur getan werden soll. Ich gehöre zu den Menschen, die sich große Sorgen darüber machen, daß wir kleine Höfe durch große Staatszuschüsse — was sicher richtig ist — zusammenfassen wollen, um zu einer gesünderen Agrarstruktur zu kommen, und daß wir wollen, daß sie rechtzeitig übergeben werden, daß wir aber auf der anderen Seite mit Subventionen für die vertriebenen Bauern, die von gesunden Höfen aus dem Osten gekommen sind, nun wieder kleine Siedlerstellen schaffen, die vielleicht eines Tages zu demselben
    Problem führen werden. Über das alles muß hier i doch gesprochen werden. Wir müssen uns doch in die Zukunft hinein klarwerden, was die Dinge kosten werden und ob wir es fertig bekommen, den Altenteilern, den alten Menschen, die nicht schuld daran sind, daß sie in diese Situation gekommen sind, wirklich ausreichend zu helfen.
    Nun ist hier vom Grundsatz der Solidarität gesprochen worden. Wenn Sie wirklich eine genossenschaftliche Selbsthilfeeinrichtung für alte Bauern wollen, Herr Minister, dann müßte allerdings dieses Gesetz aufgehoben und ein vollkommen neues Gesetz zur Alterssicherung der Landwirtschaft gemacht werden. Ich stelle das zur Diskussion.
    Die zweite Frage ist: Wenn Sie wirklich die Leistungen auch in alle Zukunft bezahlen wollen, Herr Kollege Weber, dann unterliegen Sie einem Irrtum, wenn Sie meinen, es genüge, einmal einen Zuschuß zu geben. Und Sie irren auch in anderer Beziehung, Herr Kollege Weber. Ich bin für Auskünfte des Arbeitsministeriums nicht verantwortlich; daß aber das, was Sie in bezug auf die Rentenversicherung angeführt haben, nicht richtig ist, möchte ich Ihnen hiermit bestätigen. Vor der Rentenreform hatte jeder Bauer, der vorher invalidenversicherungspflichtig war, die Möglichkeit, sich weiter zu versichern. Durch die Rentenreform — und das meinen Sie sicher — ist die Versicherungsberechtigung beseitigt worden.
    Über die Frage, ob der Staat, nachdem er so hohe Zuschüsse für Arbeitnehmer mit hohem Einkommen gibt, nicht auch Zuschüsse für Selbständige geben muß, die weiterversichert oder versicherungsberechtigt sind, werden wir allerdings bei der Reform der Reform der Rentenversicherung ganz gewiß sprechen müssen. Denn alle Entwicklungen deuten darauf hin, daß bei diesem Problem noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, wenn man nicht zu dem kommen will, was das Ziel der Sozialdemokratischen Partei ist, nämlich einer Zwangsversorgung für die freien Berufe. Ich weiß nicht, ob Sie (zur SPD) davon abgerückt sind; aber ich möchte hier ganz deutlich sagen: Dieses Ziel ist nicht das Ziel meiner politischen Freunde und nicht das Ziel meines Kollegen, der hier gesprochen hat, auch wenn es in der gemeinsamen Opposition gegen ein schlechtes Gesetz manchmal so erscheinen kann. Die einen machen Opposition, weil ihnen das Gesetz im Zwang nicht weit genug geht, und wir machen Opposition, weil es uns im Zwang zu weit geht und weil uns die soziale Sicherung nicht ausreichend ist.
    Staatsszuschuß, meine Herren Kollegen vom Bauernverband, ist allerdings Staatszuschuß, da hat der Herr Minister recht, und Subvention ist Subvention. Wenn in der „Stuttgarter Zeitung" am 15. August einige Fragen gestellt waren, in denen damals schon vorausgenommen wurde, was die CDU-Fraktion heute sagen und was der Herr Minister anbieten würde — ich habe es mit Vergnügen nachgelesen —, dann möchte ich darauf ganz ehrlich antworten: Meine politischen Freunde sind der Meinung, wir können es sehr wohl veranworten, daß innerhalb des Grünen Planes für die Agrarpolitik, wie das in allen modernen Staaten der Welt üblich



    Frau Kalinke
    ist, Subventionen gegeben werden. Wir möchten aber — und das ist die Auffassung eines CDU-Kollegen in diesem Hause, der mir das geschrieben hat — durchaus auch die Frage geprüft wissen, daß bei der Neuordnung nicht etwa einige Jungbauern in die Situation kommen, wegen der Altersgrenze zu lange warten zu müssen, und daß dann noch mehr Menschen, die den Hof nicht bekommen und die nicht heiraten können, aus der Landwirtschaft abwandern.
    Wir möchten auch das Problem geprüft wissen, das das Arbeitsministerium mit dem Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen abgehandelt hat, ob bei der Doppelversicherung einmal der Handwerker, die zugleich Bauern sind, zum anderen der Bauern, die sich freiwillig versichert haben, nicht eine Novelle ganz deutlich machen muß, daß nicht derjenige bestraft wird, der selber zu seiner Altersversorgung beigetragen hat.
    Die Vermischung agrarpolitischer Ziele mit sozialpolitischen Zielen hat dazu geführt, daß wir diese Debatte führen müssen. Mein Kollege hat es ganz deutlich gesagt — im Gegensatz zu anderen Rednern —, was wir meinen. Wir meinen, daß dieses Gesetz nur noch repariert werden kann, wenn es nicht mehr als ein Gesetz über die Altershilfe für die Landwirtschaft — also als sozialpolitische Gesetzgebung —, sondern als ein Gesetz über die Hilfe für alte Landwirte im Zuge des agrarpolitischen Strukturprogramms in den Grünen Plan hineinkommt und wenn mit voller Verantwortung für diese agrarpolitischen Maßnahmen im Rahmen des Grünen Plans das Notwendige getan wird.
    Schließlich möchte ich noch sagen: Wenn ein Gesetz im Ansatz falsch ist, gibt es nicht nur e in en Weg, es zu bereinigen, nicht nur den Staatszuschuß, meine Kollegen von der SPD; es gibt mindestens drei Wege, über die wir im Ausschuß sprechen können.
    Der eine Weg ist der, den der Minister angedeutet hat: dem Gedanken der Selbsthilfe im Zuge einer berufsständischen Sicherung mehr zum Durchbruch zu verhelfen. Mit diesem Gedanken — wenn sich die Landwirtschaft dazu bereit fände — könnten wir auch den Personenkreisen helfen, die als Pächter und Familienangehörige heute noch nicht einbezogen sind. Ich fürchte nur, daß die Solidarhaftung im Berufsstand hier wie im Handwerk nicht stark genug, nicht groß und nicht lebendig genug sein wird. Aber auch bei einer solchen berufsständischen Sicherung werden wir nicht ohne die Starthilfe des Staates auskommen können.
    Der zweite Weg ist eine Reform der Rentenversicherung, um das Problem der Landwirte, der jüngeren Landwirte, die jetzt ,alle durch die Versicherungspflicht in die Rentenversicherung hineinwachsen, herauszulassen und für den Teil der übrigen die Frage der Versicherungsberechtigung zu prüfen.
    Der dritte Weg ist der, den mein Kollege Logemann hier vorgeschlagen hat — und dieser Vorschlag scheint mir der vernünftigste und am besten dazu geeignet, schnell zu helfen —: das ganze Problem als ein Problem des Grünen Plans anzusehen.
    Es trifft zu, daß Millionen von Kleinbauern wirklich am Ende ihrer wirtschaftlichen Kraft sind. Wir sind gezwungen, den Herrn Landwirtschaftsminister erneut zu fragen: wie ist es möglich, daß, ebenso wie es gestern bei der Beratung des Lebensmittelgesetzes der Fall war, heute bei der Diskussion über diese wichtige Frage der Landwirtschaft weder er noch sein Staatssekretär hier im Hause sind?
    Im Grünen Bericht, lassen Sie mich das in Ihre Erinnerung rufen, steht ausdrücklich, daß im Hinblick auf die Strukturmaßnahmen die Entwicklung nicht nur auf Initiative der Besitzer, sondern auch durch staatliche Maßnahmen zur Schaffung wirtschaftlich gesunder Betriebseinheiten gefördert werden muß. Das soll in Zukunft auch geschehen. -
    So weit der Grüne Bericht 1958.
    Meine Kollegen! Auf der Tagung der ostvertriebenen Bauern ist erneut das Wort zitiert worden: „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk", das uns unser Bundespräsident zur Eröffnung unserer Arbeit hier auf den Weg gegeben hat. Ich füge das Wort hinzu, das der verstorbene Papst nicht nur allen Katholiken, sondern allen Christen als Vermächtnis hinterlassen hat: „Gerechtigkeit schafft Frieden." Lassen Sie uns unter diesem Motto im Ausschuß daran arbeiten.

    (Beifall bei der DP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Kriedemann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Kriedemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich würde diese nach meinem Empfinden sehr peinliche Debatte nicht durch einen eigenen Beitrag verlängert haben, wenn mich nicht eine Bemerkung des Herrn Bundesarbeitsministers dazu herausgefordert, ja geradezu gezwungen hätte, wobei ich sagen will, daß ich ihm wegen der Peinlichkeit dieser Debatte auch in diesem Falle mildernde Umstände zubillige.

    (Oh-Rufe bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, es ist eine peinliche Debatte. Die CDU befindet sich in einer scheußlichen Situation,

    (Lachen bei der CDU/CSU) und ich habe dafür alles Verständnis.


    (Beifall bei der SPD.)

    Im Jahre 1953 haben meine sozialdemokratischen Freunde im Lande Rheinland-Pfalz zum ersten Male die Forderung nach einer Alterssicherung für die Landwirte erhoben, weil sie ihre Notwendigkeit erkannten. Dazu brauchte man gar nicht hellseherisch begabt zu sein; dazu brauchte man nur frei zu sein von alten, längst überholten Vorstellungen, brauchte nur ein bißchen die Entwicklungslinien der modernen Landwirtschaftspolitik zu erkennen. Dazu brauchte man außerdem nur zu wissen, daß ein sehr großer Teil unserer landwirtschaftlichen Bevölkerung schon wegen der schmalen Basis, auf der sie ihre Familie zu ernähren versucht, gar nicht in der
    2754 Deutscher Bundestag — .3. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. November 1958
    Kriedemann
    Lage ist, sich aus eigenen Kräften eine zeitgemäße und ihrer Lebensleistung entsprechende Alterssicherung zu schaffen.
    Wir sind gar nicht besonders stolz darauf, sondern halten es, wie gesagt, eigentlich für eine verhältnismäßig einfache Angelegenheit, das schon so früh erkannt zu haben. Aber als wir uns dazu bekannten, da rauschte es durch den Blätterwald der sogenannten. Fachpresse; das sind ja meistens etwas getarnte politische Beeinflussungsorgane. Auf ein paar Hundert Versammlungen haben insbesondere die in der CDU versammelten Sprecher des Berufsstandes gegen einen solchen Vorschlag aus Leibeskräften protestiert und uns alles mögliche unterstellt. Immer wieder wurde da gesagt, daß der freie Bauer auf freier Scholle natürlich nicht in die Sklaverei irgendeiner gesetzlich geregelten Altersversorgung hineingezwängt werden dürfe, er mache so etwas selber, und es sei nur ein Zeichen für den schlechten Charakter der SPD, daß sie nun auch die Bauern in dieselbe Lage bringen wolle, in der die Arbeiter sich befinden, die für ihre Alterssicherung auch nicht allein aus ihren Einkünften sorgen können, sondern die dazu auf öffentliche Hilfe im Wege der Umverteilung des Einkommens angewiesen sind.
    Dieses Hin und Her, diese Unterstellungen, all das hat sich über Jahre erstreckt, während wir redlich und brav bemüht waren, zu einem vernünftigen, einem realistischen Gesetzentwurf zu kommen. Dann, ganz kurz vor den Bundestagswahlen, als wir uns darüber klar waren, daß das Problem wegen seiner Schwierigkeiten so schnell nicht zu lösen sein werde, und auch nicht die Absicht hatten, daraus einen Wahlschlager zu machen, hat ein eifriger und beflissener Bediensteter der Bundesarbeitsministeriums der CDU gesteckt, daß die SPD an dieser Frage arbeite. Da hat man alles über Bord geschmissen, was man vorher an großen Worten und an Bekenntnissen von wegen „freier Bauer" usw. in die Gegend getönt hatte, und hat sich gesagt: Das ist doch eine Gelegenheit, gleich noch so ein kleines Wahlbonbon zu fabrizieren. So ist dann sozusagen aus dem Handgelenk schnell dieses Gesetz über die Altershilfe für die Landwirtschaft gemacht worden. Man wollte gar keine Altershilfe, man wollte nur, wie gesagt, die Gelegenheit wahrnehmen.
    Aus dieser Einstellung zu dem Problem ergeben sich auch alle Mängel des Gesetzes. Es ist keine Schande, wenn man aus Erfahrungen lernt. Aber eine Schande ist es natürlich schon, wenn man sich zu spät mit Konsequenzen auseinandersetzt, die nicht Ergebnis einer Erfahrung sind, sondern die schon damals Ergebnis einer sachlichen Arbeit und einer vernünftigen, ordentlichen Berechnung hätten sein müssen. Die Schande ist um so größer, wenn andere Leute sich nun mit diesen Unzulänglichkeiten herumplagen müssen. Sie haben überhaupt keinen Anlaß, darauf sehr stolz zu sein, meine Damen und Herren, nachdem Sie so lange und mit so viel tönenden Worten gegen das Prinzip der gesetzlich geregelten Altersversicherung losgegangen waren, anstatt lieber solide zu arbeiten, und erst dann ein bißchen Geschmack an der Sache gefunden haben, als man glaubte, man könne damit eines der mit Recht so beliebten Wahlgeschenke in die Landwirtschaft hineinschmeißen.
    Aber nun zu dem, was Herr Minister Blank gesagt hat; denn ich glaube, daß auch die Verlegenheit, aus der heraus die CDU-Kollegen hier jetzt verteidigen müssen, erklären müssen, versprechen müssen usw. usw., das nicht rechtfertigt, was Herr Minister Blank hier gesagt hat. Ich habe einmal gehört, man habe sich im Hause darauf verständigt, hier jedenfalls nicht auf das Niveau herunterzusteigen, das ein Wahlredner in Würzburg als das ihm angemessene neulich vor der Welt offenbart hat. Aber das, was der Minister Blank gesagt hat, gehört — und ich sage das mit aller Überlegung, mit jedem Bedacht — zu den größten politischen Unanständigkeiten, die ich je gehört habe. Was hat er gesagt? Er hat mich aufgefordert, doch mal hier heraufzukommen und zu erklären, warum wir in Frankfurt im Wirtschaftsrat das „Speisekammergesetz" gefordert hätten. Da dieses Wort immer wieder auftaucht und viele Leute da sind, die nicht mehr wissen oder nicht mehr wissen wollen, um was es sich handelt, möchte ich darauf doch einige Bemerkungen verwenden. Wissen Sie, das war in der Zeit, in der es nicht möglich war, aus der deutschen Landwirtschaft das an Nahrungsmitteln herauszubringen, was das deutsche Volk zur Aufrechterhaltung einer minimalen Versorgung brauchte, und wir dankbar sein mußten, daß die Amerikaner sehr großzügig geholfen haben. Und wie man über Herrn Dulles und das, was da später geworden ist, auch denken mag — ich glaube, wir sind den Amerikanern Dank schuldig dafür, daß sie uns so geholfen haben,

    (Beifall bei der SPD)

    und alle Kritik an anderen Seiten ihrer Politik entbindet uns nicht davon, deutlich auszusprechen, daß wir ihnen Dank schuldig sind, wenn es auch denen peinlich ist, die zwar dafür waren, daß wir den totalen Krieg führten, und die dafür gesorgt haben, daß der Hitler dieses Verbrechen überhaupt anfangen konnte, wenn es natürlich auch denen peinlich ist, die allzu laut „Wir sind ein Volk ohne Raum" gebrüllt und mitgebrüllt haben und hinterher nun die Folgen dieser Summe von Torheiten und Verbrechen möglichst nicht honorieren wollten.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Das verstehe ich übrigens auch. Es ist immer peinlich, sich seiner eigenen Sünde auf diese Weise erinnern zu müssen.
    In dieser Situation, in der wir entscheidend von amerikanisch en Lebensmittellieferungen abhingen, hat der damals in Deutschland zuständige amerikanische Oberkommissar General Clay der Versammlung, dem Anfang eines deutschen Parlaments, dem Frankfurter Wirtschaftsrat, seine Lage darlegt. Er sagte: Ich muß jetzt wieder nach Washington und muß von dem Kongreß neue und größere Mittel für die Versorgung der Deutschen mit Nahrungsmitteln herausbekommen, und in Amerika fragt man sich



    Kriedemann
    natürlich, ob denn der eigene Beitrag der Deutschen wirklich nur so klein ist, daß die Amerikaner immer größere Beträge dafür ausgeben müssen. Er hat uns ganz offen gesagt, er brauche für die Durchsetzung dessen, was sowohl wir wie er für nötig hielten, eine gewisse Hilfe, und man sollte doch wenigstens einmal eine Geste machen, man sollte wenigstens einmal beweisen, daß die Deutschen bereit seien, das Letzte zu tun, was nur in ihren Kräften stehe, und daß die Amerikaner mit gutem Gewissen um weitere Hilfe angesprochen werden könnten, weil die Deutschen eben von sich aus tun wollten, was sie könnten.
    Dann wurde dieses Gesetz beschlossen, das ein leichtfertiger Mund Speisekammergesetz genannt hat. Das hat in Deutschland damals große Aufregung hervorgerufen. Ich erinnere mich an eine Unterhaltung — vielleicht erinnert sich Herr Arbeitsminister Blank auch an diese Unterhaltung —, die wir interfraktionell über die Formulierung dieses Gesetzes zur Ausforschung der gehorteten Nahrungsmittelbestände in Deutschland führten. Es fällt mir schwer, nicht alles das zu sagen, was in dem Gespräch zwischen uns und insbesondere in dem Gespräch zwischen dem Arbeitsminister Blank und mir in dieser nächtlichen Stunde in Frankfurt gesagt worden ist. Ich bedaure doppelt, daß Ihr Fraktionsmitglied Dr. Köhler nicht mehr unter den Lebenden weilt; denn ich bin überzeugt, er würde sich einen Spaß daraus machen, und es würde ihm eine Ehre sein, hier darzutun, wie die Dinge gelaufen sind, auch wenn es eine schlagende Wider) legung dieser verleumderischen, beleidigenden Behauptung wäre, die Herr Kollege Blank hier soeben uns, den Sozialdemokraten, gegenüber ausgesprochen hat. Denn in der Absicht, die Sozialdemokraten zu diffamieren, sie im öffentlichen Ansehen herabzusetzen, ist ja doch wohl gesagt worden, wir hätten dieses Speisekammergesetz gefordert. Damals hat es auch schon ein paar starke Leute oder, man muß wahrscheinlich sagen, halbstarke Leute gegeben, die gefunden haben: Nein, das haben wir doch nicht nötig; wie werden wir so etwas beschließen? Die wollten so den feinen Max machen. Die wußten ganz genau, daß wir auf die amerikanische Hilfe nur um den Preis verzichten konnten, daß Millionen Leute in Deutschland verhungert wären. Aber honorieren wollten sie diese Leistung nicht und haben es mit ihrer Ehre und ihrem Nationalgefühl — „Volk ohne Raum" und „Deutschland über alles" — für vereinbar gehalten, das zu machen. Aber die überwältigende Mehrheit der Abgeordneten des Wirtschaftsrates war sich ihrer Verpflichtung gegenüber dem deutschen Volk glücklicherweise besser bewußt. Es gereicht auch der CDU zur Ehre, daß sie diesen interfraktionell eingebrachten Gesetzentwurf mit beschlossen hat.
    Wir haben uns, wie gesagt, tagelang über die Formulierung auseinandergesetzt, gar nicht im Streit, sondern im Bemühen um eine — da wurde noch ziemlich solide gearbeitet — anständige Formulierung. Als wir dann so weit waren, haben zwei Kollegen — einer von Ihnen und ich selber — die Formulierung übernommen. Die Sache war so dramatisch, und unsere Übereinstimmung in dieser
    Frage war so groß, daß im Plenum die ersten Seiten der Vorlage bereits beraten wurden, während wir noch im Zimmer des Präsidenten dabei waren, die letzten Seiten in die Maschine zu diktieren. Das ist die Tatsache, eine Tatsache, auf die keiner besonders stolz zu sein braucht.
    Es war keine sehr erhebende Situation, in der wir uns befanden. Aber das hatten am allerwenigsten diejenigen auszustehen, die nicht „Volk ohne Raum" geschrien haben, die nicht geglaubt haben, wir würden einmal die Ukraine erobern und dann würden wir jede Menge zu essen haben, die nicht dem Hitlerschen Ermächtigungsgesetz zugestimmt haben, sondern die nun mit den Brocken, mit den Trümmern fertig werden mußten. Ich bin gar nicht unglücklich darüber, sagen zu können, daß ich meinen bescheidenen Beitrag dazu geleistet habe. Aber um so berechtigter ist meine Empörung, und um so berechtigter ist das Gefühl der Kränkung, die durch die Äußerung, die Sozialdemokraten hätten das ja gewollt, auf mich zugekommen ist. Das wollte ich Ihnen und auch Herrn Blank sagen. Aber mildernde Umstände, Herr Blank, auch in diesem' Fall!

    (Beifall bei der SPD.)