Rede:
ID0304903700

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
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    4. Frau: 1
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    6. Kalinke.: 1
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    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 7. November 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur :nderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (FDP) (Drucksache 562) — Erste Beratung Ramms (FDP) . . . . . . . . . 2733 A Schmücker (CDU CSU) . . . . . 2733 D Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . 2734 B Antrag der Fraktion der SPD betr. Altershilfe für Landwirte (Drucksache 498) Bading (SPD) . 2734 D Blank, Bundesminister 2736 B, 2747 A Weber (Georgenau) (FDP) 2738 B, 2755 C Logemann (DP) . . . . . . . . 2740 C Dr. Schellenberg (SPD) . . . . . 2742 B Struve (CDU/CSU) . . . . . . . 2742 D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 2744 D Dröscher (SPD) . . . . . . . . 2748 B Frau Kalinke (DP) . . . . . . 2750 D Kriedemann (SPD) . . . . . . . 2753 D Stingl (CDU/CSU) . . . . . . . 2756 C Entwurf eines Gesetzes Tiber die Beweissicherung des Besitzstandes in der sowjetischen Besatzungszone und dem sowjetischen Sektor von Berlin (Wirtschaftliches Beweissicherungsgesetz) (FDP) (Drucksache 435) — Erste Beratung — Mischnick (FDP) . . . . . . . . 2758 A Eichelbaum (CDU/CSU) . . . . . 2759 D Dr. Seume (SPD) . . . . . . . . 2760 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2761 C Anlage 2763 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. November 1958 2733 49. Sitzung Bonn, den 7. November 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 29. 11. Dr. Atzenroth 7. 11. Frau Berger-Heise 7. 11. Bergmann 7. 11. Dr. Bergmeyer 27. 11. Dr. Besold 11. 11. Birkelbach 7. 11. Fürst von Bismarck 7. 11. Blachstein 7. 11. Frau Dr. Bleyler 30. 11. Dr. Böhm 7. 11. Dr. Bucerius 7. 11. Conrad 7. 11. Dr. Conring 7. 11. Cramer 7. 11. Dr. Deist 7. 11. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 7. 11. Dr. Dittrich 7. 11. Frau Döhring (Stuttgart) 7. 11. Drachsler 11. 11. Dr. Eckhardt 7. 11. Finckh 7. 11. Franke 7. 11. Frehsee 7. 11. Dr. Furler 7. 11. Geiger (München) 7. 11. Glahn 7. 11. Hackethal 7. 11. Heiland 11. 11. Dr. Hellwig 7. 11. Dr. Höck (Salzgitter) 12. 11. Höfler 7. 11. Jacobi 7. 11. Jahn (Frankfurt) 31. 12. Dr. Jordan 7. 11. Jürgensen 7. 11. Frau Kipp-Kaule 7. 11. Koenen (Lippstadt) 8. 11. Kramel 8. 11. Krammig 7. 11. Dr. Kreyssig 7. 11. Krüger 11. 11. Kühlthau 7. 11. Kühn (Bonn) 7. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kurlbaum 7. 11. Leber 7. 11. Lenz (Trossingen) 9. 11. Dr. Leverkuehn 20 11. Lücker (München) 7. 11. Maier (Freiburg) 22 11. Dr. Maier (Stuttgart) 7. 11. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30 11. Frau Dr. Maxsein 7. 11. Mengelkamp 15. 12. Dr. Menzel 7. 11. Metzger 7. 11. Frau Nadig 7. 11. Neumann 7. 11. Niederalt 10. 11. Dr. Oesterle 7. 11. Ollenhauer 7. 11. Pernoll 7. 11. Pietscher 8. 11. Pöhler 7. 11. Dr. Preiß 7. 11. Dr. Preusker 7. 11. Rademacher 7. 11. Frau Dr. Rehling 5. 12. Reitzner 31. 12. Frau Renger 15. 11. Rohde 7. 11. Dr. Rüdel (Kiel) 7. 1. Schmidt (Hamburg) 15. 11. Schneider (Bremerhaven) 8. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 31. 12. Schultz 7. 11. Schütz (Berlin) 7. 11. Seuffert 7. 11. Siebel 7. 11. Spitzmüller 7. 11. Dr. Starke 7. 11. Dr. Steinmetz 10. 11. Dr. Stoltenberg 10. 11. Storch 7. 11. Sträter 7. 11. Theis 8. 11. Dr. Toussaint 7. 11. Dr. Vogel 10. 11. Weber (Georgenau) 7. 11. Welslau 7. 11. Dr. Will 7. 11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wilhelm Dröscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Minister hat gerade ausgeführt, daß dieses Gesetz eine gute Sache geworden sei. Es besteht ja gar kein Zweifel darüber, daß die sozialdemokratische Fraktion bei der Verabschiedung dieses Gesetzes mitgestimmt hat. Aber die Einwendungen, die sie damals gemacht hat, wurden nicht berücksichtigt. Diese Einwendungen haben sich heute als absolut zutreffend herausgestellt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist zwar keine Schande, einen Fehler zu machen, aber ich glaube, es ist nicht richtig, wenn man einen einmal gemachten Fehler durch Reden vertuschen und ihn nicht zugeben will. Deshalb lassen Sie mich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zu Anfang einen Satz zitieren, den mein Freund Schellenberg damals in der Debatte gesprochen hat. Er hat damals gesagt:
    Ich möchte heute wirklich nicht schwarz in schwarz malen. Aber ich mache Sie darauf aufmerksam, daß zwischen der Kalkulierung eines Beitrages durch die Organe der Selbstverwaltung und dem Eingang dieser Beiträge ein weites Feld liegen wird.
    Und dann hat er gesagt:
    Wir möchten nicht vor der Notwendigkeit stehen, daß dieses Haus schon bald Stützungsmaßnahmen für die Alterssicherung oder Altershilfe der Bauern beraten muß.
    Damals ist nämlich ein Wechsel ausgestellt worden, der heute eingelöst werden muß.
    Als Mitglied einer Vertreterversammlung der Alterskasse weiß ich ganz genau, daß wir von Beginn des Anlaufens der Arbeit an wußten: es kann so nicht funktionieren, und daß wir von Beginn des Anlaufens an Sorge hatten, wie es weitergehen solle. Deshalb meine ich, wir brauchten heute eigentlich gar nicht lange um die Dinge herumzureden, sondern wir sollten uns einige Fragen stellen und sie beantworten.
    Sicher hat das Gesetz Schönheitsfehler, eine ganze Reihe sogar; sicher ist das Problem der Onkel und Tanten, sicher ist das Problem der Flüchtlingsbauern, sicher ist das Problem der Pächter nicht gelöst. Aber die Hauptpunkte, die diskutiert werden müssen, sind erstens die Erkenntnis, daß das Gesetz in wesentlichen Teilen im Ansatz falsch war, und zweitens die Frage: wie können die falschen Ansätze heute bereinigt werden?
    Die erste Frage, die sich daraus ergibt, ist dann: können wir mit dem Beitrag auskommen? Sie ist schnell beantwortet: Nein, wir können nicht auskommen. Der Grund dafür sind falsche Schätzungen. 1957 wurde in Nr. 16 des Bundesarbeitsblattes — 2. August-Heft des Jahrgangs 1957 — ausgerechnet — also auch eine Leistung des Bundesarbeitsministeriums —, daß man mit einem Beitrag von 9,40 DM auskommen könne.
    Über die Ursachen, warum das nicht geht, ist heute schon viel gesprochen worden; ich brauche deshalb darauf nicht mehr im einzelnen einzugehen. Zweifellos spielen folgende Tatbestände eine unübersehbare Rolle: die Doppelbelastung der Landwirtschaft infolge der Strukturwandlung, die es mit sich bringt, daß die alte Last nicht auf junge Betriebsinhaber abgewälzt werden kann, und zweitens der Verlust der alten, klassischen bäuerlichen Altersversorgung aus dem Sparbuch.
    Es bleibt dann die Frage, ob man den Kreis derjenigen, die zahlen, ausweiten soll. Ich bin der Meinung, daß man die Leute, die in einer bestimm-



    Dröscher
    ten Sozialversicherung sind, etwa in der Invaliden- und Angestelltenversicherung, denen die jüngeren und mittleren Jahrgänge der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe heute meistens angehören, nicht gut zwingen kann, in einer zweiten Altersversorgung Zwangsmitglied zu werden. Dabei muß ich allerdings der von der FDP hier vertretenen Meinung, daß man das ganze System auf Freiwilligkeit aufbauen könne, widersprechen. Ich halte das für völlig unmöglich. Darüber kann man auch gar nicht ernsthaft diskutieren.
    Der Kollege Struve hat vorhin die Frage aufgegriffen, warum früher keine Altersversorgung der Bauern dagewesen sei. In den Inflationen sei die klassische Einrichtung der Altersversorgung — die Sparbücher — zerstört worden. Heute muß man sich die Frage vorlegen, warum die Führung der deutschen Bauernschaft — die Bauernverbände — in den vergangenen Jahrzehnten den Strukturwandel, der im Gange war, nicht erkannt hat. Hat man dort nicht gesehen, daß die große Masse der klein- und mittelbäuerlichen Bevölkerung unausweichlich vor die Frage gestellt war, was im. Alter geschehen soll? Die Altersversorgung dieser Berufsgruppe, eines großen Teiles der deutschen Landwirtschaft — das war schon in den 20er und 30er Jahren überschaubar —, konnte nicht mehr allein aus dem Sparbuch geschehen.
    Nun aber zur Sache! Kann man, um zu helfen, die Beiträge erhöhen? Das ist die Frage! Ich meine, daß man mit einer Beitragserhöhung und damit der Absicht, den Wechsel, den man vor der letzten Bundestagswahl ausgestellt hat, von den Beitragszahlern einlösen zu lassen, nicht zurecht kommt. Denn dann würde all das Gute, was hier heute morgen dargestellt ist und was anerkannt wird, ins Gegenteil verkehrt. Wenn die Beitragshöhe einen bestimmten Punkt erreicht, ich möchte beinahe sagen: wenn sie über den jetzigen Beitrag hinausgeht, dann wird der Sinn der ganzen Altershilfe für die Masse der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe ins Gegenteil verkehrt. Dann wird nämlich für die jungen Leute, die das bezahlen müssen, die Beitragsleistung im Laufe eines langen Arbeitslebens so hoch, daß die Versorgung für diese Menschen uninteressant wird.
    Es gäbe nur einen Gesichtspunkt, unter dem man den Beitrag erhöhen könnte. Dieser Gesichtspunkt wird hier sicher nicht angeführt. Eine Beitragserhöhung wäre nämlich nur sinnvoll, wenn die Kaufkraft verfallen würde und wenn auf Grund des Verfalls der Kaufkraft die Leistungen erhöht werden müßten. Dann wäre es sinnvoll, auch die Beiträge in entsprechendem Umfang zu erhöhen. Aber eine Erhöhung der Beiträge ohne gleichzeitige Erhöhung der Leistungen bringt in das jetzige System der Altershilfe für unsere klein- und mittelbäuerlichen Betriebe ein negatives Moment hinein.
    Weiter taucht die Frage auf, ob man gestaffelt erhöhen soll. Wir erleben, daß in den Berufsgenossenschaften die Beiträge gestaffelt erhöht werden. Ich glaube, es wird niemand hier sein, der der gestaffelten Erhöhung, die eine Art Sozialausgleich in einem Berufsstand mit sich bringen würde, das Wort reden will. Ich glaube, man könnte bei den Beratungen in den Ausschüssen diese Frage mindestens diskutieren. Ich möchte sie jetzt aber nicht vertiefen.
    Der Herr Bundesminister hat erklärt, man solle zunächst mit Darlehen weiterhelfen. Ich glaube, das ist nicht die richtige, das ist überhaupt keine diskutable Lösung; denn die weitere Hergabe von Darlehen an die Alterskassen bedeutet doch eine Hypothek für die Zukunft, eine Hypothek, die einmal nicht mehr abgetragen werden kann. Es ist gewissermaßen eine Unwahrhaftigkeit, nicht zu sehen, daß hier echte Zuschußleistungen notwendig sind.
    Wenn die Fragen beantwortet sind, daß a) die Leistungen nicht ausreichen und daß man sie b) nicht erhöhen kann, dann bleibt drittens die Frage: Wer zahlt also? Nach dem Gedanken der Selbsthilfe und der genossenschaftlichen Hilfe, der in der letztjährigen Diskussion hier vorgetragen wurde, müßte diese Selbsthilfe von dem Berufsstand geleistet werden, der auf der sozialen Leiter in unserem Volk mittlerweile an den Schluß gekommen ist. Das gilt mindestens für die klein- und mittelbäuerlichen Betriebe. In den Hoch- und Mittelgebirgslagen unserer Heimat rangiert der klein- und mittelbäuerliche Betriebsunternehmer, wie der Grüne Bericht ausweist, einkommensmäßig unter dem Facharbeiter. Deshalb sind die Worte von der Selbstverwaltung, von der Eigenverantwortung, von dem freien Bauern auf freier Scholle, die im letzten Jahr gesprochen wurden, im Grunde genommen nichts anderes als Phrasen. Bei diesen Leuten, von denen ich jetzt spreche — und das sind fast 800 000 Betriebe im Bundesgebiet —, geht es um die Beseitigung der nackten Not der Altenteiler.
    Die Umgestaltung unserer modernen Industriegesellschaft, eine Umgestaltung, die heute längst auch das Dorf ergriffen hat, wirkt sich so aus, daß Wünsche nach gleichem Recht für alle wach werden. In den Dörfern sitzen heute Empfänger der Invalidenrente und der Angestelltenrente neben den Altenteilern aus der Landwirtschaft. Radio und Fernsehen bringen dem Bauern nicht nur den Wetterbericht, sondern auch die Möglichkeit des Vergleichs mit den anderen Berufsständen, soweit diese nicht im eigenen Dorf vertreten sind.
    Alle Gründe und alle Überlegungen sprechen daher dafür, die jetzt vorhandene Lücke nicht zu Lasten der kleinen Beitragszahler, sondern zu Lasten des gesamten Sozialprodukts unseres Volkes auszufüllen, wenn der Sinn der Altershilfe nicht in sein Gegenteil verkehrt werden soll, wenn diese Einrichtung als echte Hilfe und nicht als Belastung der Betriebe in Erscheinung treten soll. Selbstverständlich können die Alterskassen während der Zeit, in der das geklärt wird, nicht von der Hand in den Mund leben. Deshalb sollte mindestens der alte Darlehnsbetrag in einen Zuschuß, und zwar möglichst schnell, verwandelt werden. Dies sollte nach meiner Ansicht die Meinung des Hauses sein.
    Wenn man das verhindert und hier nicht wahrhaben will und dabei betrachtet, was draußen in



    Dröscher
    den Bauernversammlungen gesprochen wird — Sie alle kommen doch in die Bauernversammlungen; und es leben immerhin noch einige Millionen Menschen unseres Volkes in den Betrieben, von denen hier gesprochen wird —, wenn man dann noch hört, daß man die Landwirtschaft in die Lage versetzen wolle, ihre Sozialverpflichtungen über den Preis zu erfüllen, und man ganz genau weiß, daß der Großteil der 800 000 Betriebe, um die es hier geht, mindestens in absehbarer Zeit nicht über den Preis gerettet werden kann, vor allen Dingen nicht zu Lebzeiten der Altenteiler, dann fragt man sich, wie die hier geäußerte Meinung, die damals schon zur Ablehnung unserer Anträge geführt hat und deren Vertreter heute unseren Antrag wieder hinausschieben wollen, sich mit dem vereinbaren läßt, was draußen in den Bauernversammlungen verkündet wird.
    Der Seiltanz, der heute hier aufgeführt wurde und der darauf hinauslief, die Lasten, die zwangsläufig entstehen, wieder den Schwachen aufzubürden, kann eigentlich nur politische Ursachen haben. Wenn man einmal die politischen Ursachen überdenkt, dann fällt einem auf, daß unsere kleinen und mittleren Bauern seit Jahrzehnten konservativ wählen, sich immer auf die andere Seite, gegen die Arbeiterbewegung, gestellt haben, immer ihren großbäuerlichen Führern gefolgt sind und die Kernmannschaft der Wähler eines Großteils der Regierungen der letzten Jahrzehnte darstellten. In genau derselben Zeit, in der sie die Kernmannschaft der Wähler der jeweiligen Regierungen gestellt haben, sind sie auf der sozialen Leiter, in ihrer sozialen Bedeutung und in ihrem Lebensstandard in der Relation ununterbrochen abgesunken. Millionen von Kleinbauern stehen heute am unteren Ende der sozialen Leiter unseres Volkes. Deshalb liegt der Gedanke sehr nahe, daß hier versucht wird, die Tatsache, daß man auch bei der Altersversorgung nicht von d e r Landwirtschaft sprechen kann, sondern von einer ganz unterschiedlichen Situation ausgehen muß, nicht in das Bewußtsein der Menschen hineinkommen zu lassen.
    Es bleibt die Befürchtung, die Verfrachtung der Bauern in das Sozialversicherungsboot der Arbeitnehmer hätte politische Folgen. Das ist eine Befürchtung, an der man nicht vorbeikommt. Aber es wäre kurzsichtig, ihr nachzugeben. Die soziale Welt ist genauso unteilbar geworden, wie heute vieles andere in unseren soziologischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Man kann die Entwicklung, die auch diesen Millionen Menschen draußen auf dem flachen Lande im Alter ein Leben in Freiheit vor wirtschaftlicher Not sichert, vielleicht noch bremsen, aber nicht mehr aufhalten.
    Lassen Sie mich noch auf eines hinweisen. Ihre Agrarpolitik, die Sie im wesentlichen befürworten, nämlich das Hinausdrücken von einigen Hunderttausend Familien aus der bäuerlichen Existenz, vergrößert, wenn sie zum Ziel führt, ununterbrochen das Mißverhältnis in der landwirtschaftlichen Altershilfe. Das ist doch ganz logisch: Je mehr Betriebe ausscheiden und je weniger Beitragspflichtige da .sind, desto größer wird der Zuschußbedarf für die aus der Altershilfe zu Versorgenden. Man kann aber keinen Erfolg kassieren, wie das bei der letzten Wahl geschehen ist und wie das eigentlich heute noch ununterbrochen draußen geschieht, wenn man nicht bereit ist, auch die Lasten daraus zu übernehmen.
    Bei der Behandlung des ganzen Problems ist mir eine Situation in unserem rheinland-pfälzischen Landtag im Jahre 1955 in Erinnerung gekommen. Damals haben die Sozialdemokraten in diesem Landtag versucht, über einen Antrag an die Landesregierung die gesetzliche bäuerliche Altersversicherung zu initiieren. Der Antrag ist damals von der Fraktion der CDU gemeinsam mit der Fraktion der FDP abgelehnt worden aus Gründen —

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Nein, es ist damals aus den Begründungen hervorgegangen, daß man keine solche gesetzliche Altersversorgung wollte, sondern im wesentlichen dachte, die Bauern als freie Unternehmer auf ihrer Scholle sollten sich auch frei für das Alter sichern. Genau so wie damals die Entwicklung falsch war und Sie sich später berichtigen mußten, so wäre auch heute ein Beschluß, der an der Berechtigung unseres Antrags vorbeiginge, falsch.
    Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Kalinke.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Margot Kalinke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (DP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte nicht die Absicht, in dieser Debatte das Wort zu nehmen, und habe mich auch nicht darauf vorbereitet. Ich muß es aber tun, da ich nicht nur durch die Ausführungen des Kollegen Struve, sondern auch durch manches andere, was in dieser Diskussion gesagt worden ist, herausgefordert worden bin. Ich gehöre zu den Menschen, die trotz mancherlei Wissens bescheiden sind — —

    (Heiterkeit.)

    — Ja, das scheint Ihnen bloß lächerlich, weil Sie meistens sehr unbescheiden sind mit vorgefaßten Meinungen,

    (Beifall rechts und links)

    aber nicht gern sagen möchten, daß leider alles das, was ich vorausgesagt habe, nun nach zehn Monaten eingetroffen ist. Das hätte ich genauso wenig gern gesagt, wie ich annehme, daß es andere Kollegen hier im Hause auch nicht gern getan hätten.
    In der Debatte ist viel Richtiges, aber auch unendlich viel Verworrenes gesagt worden. Folgendes ist ganz deutlich festzustellen: Herr Dr. Schmidt hat gesagt: Die Altershilfekassen stehen vor der Pleite. Ist dem zu widersprechen? — Die Verwaltung ist überfordert. Können Sie da widersprechen? — Ebenso unbestritten ist doch, daß dieses Gesetz auch für die Zukunft ein Defizit hervorrufen und uns allen, die wir dem Bauernstand, insbesondere den Kleinbauern, wirklich helfen wollen, große Sorgen bereiten wird.



    Frau Kalinke
    Es ist soviel von den Möglichkeiten des Vergleichs mit anderen Berufen gesprochen worden. Als Sozialpolitikerin möchte ich Herrn Kollegen Struve sagen: Ich würde mich genieren, hier vor Ihnen zu stehen, wenn unter „Sozialpolitik" zu verstehen wäre „Sozialversicherung". Meine Arbeit in den letzten zehn Jahren beweist das. Ich muß mich dagegen verwahren, daß Sie jemandem, der sich in diesem Hause und überall, wo er mitarbeitet, sehr ernsthaft um die Lösung der sozialpolitischen Probleme unserer Zeit bemüht, unterstellen, er sehe alles durch die kleine, enge Brille der Sozialversicherung.
    Die Überschrift des Gesetzes ist falsch. Es handelt sich nicht um eine echte und ausreichende Hilfe für die Landwirtschaft, sondern es handelt sich um eine Prämie für die Hofübergabe im Zuge struktureller Aufgaben des Grünen Plans, und bei einem solchen Ziel begrüßen wir — auch ich — jeden Versuch, der Landwirtschaft, besonders den alten Landwirten, zu helfen. Ich möchte aber nicht, daß hier die Dinge verschoben und agrarpolitische Fehler, ganz offensichtliche Fehler der Agrarpolitik, mit sozialpolitischen Pflästerchen zugedeckt werden sollen.

    (Beifall rechts.)

    Weil Sie nun ,wieder sagen werden: Da spricht eine Sozialpolitikerin, die nicht Bäuerin ist, lasse ich jetzt die Bauern sprechen. In einem sehr maßgeblichen Nachrichtendienst der Agrarier — so nennt man das ja wohl —, der „Bauernpolitik", war schon im Juli 1957 zu lesen, daß die Bauern an dem Gesetz keine Freude haben werden, und wenn ich an meine bäuerlichen Freunde in meinem Wahlkreis im Lande Niedersachsen bis in den Süden Deutschlands hinein denke, mit denen ich damals wie heute diskutiert habe, so weiß ich, daß die Zahl derjenigen, die dieses Gesetz nicht für einen Segen halten und keine Freude daran haben, nicht gering ist. Ich habe den Mut — auch wenn die Wahlen in Hessen und Bayern vor der Tür stehen —, hier ganz offen auszusprechen, daß in diesem Gesetz der Zwang für unsere Bauern viel zu weit gegangen ist und daß außerdem die Übergangshilfe nicht ausreichend war. Daß die Verwaltung überlastet war, sehen alle, die an sachlicher Diskussion interessiert sind, eindeutig aus dem Bericht, den die landwirtschaftlichen Altershilfekassen gegeben haben. Dieser Bericht, der schon im Mai 1958 veröffentlicht worden ist, hat doch die Schwierigkeiten der Erfassung, die mit dem Ausfall der Beitragszahler verbunden sind, und auch das Problem der Befreiung so deutlich gemacht, daß ich wieder einmal vor übertriebenen Hoffnungen auf eine Zwangseintreibung von Beiträgen warnen muß, die auch sehr ungut wäre, gerade für die kleinbäuerlichen Existenzen. Das haben aber schon mein Kollege Logemann und viele andere Sprecher sehr deutlich gesagt. Zu denen, die schon vor einem Jahr zu diesem Gesetz einiges gesagt und gerade vor der Beschränkung der Freiheit, nämlich vor der Koppelung und dem Zwang, für eine Durchschnittsrente von 45 DM den Hof abzugeben, gewarnt haben, gehören sehr maßgebliche Persönlichkeiten und sehr prominente Agrarpolitiker.
    Ich möchte hier nur einmal in Ihre Erinnerung rufen, was das „Sonntagsblatt" in Hamburg unter der Überschrift „Mehr Geld — weniger Freiheit" nach Verabschiedung des Gesetzes geschrieben hat. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren. Es heißt dort:
    Es bringt einen wichtigen Einschnitt im sozialpolitischen Gefüge der Bundesrepublik. Zum erstenmal wird eine Gruppe von Selbständigen zwangsversichert.
    Das war falsch. Vorausgegangen war der Nationalsozialismus mit der Zwangsversicherung für das Handwerk, und nachgefolgt ist die Mehrheit in diesem Hause mit der Zwangsversicherung für einen Teil unserer Bauern.
    Zum zweiten wird in dem „Sonntagsblatt" wie in vielen anderen Veröffentlichungen festgestellt, daß der Bauer zur Hofübergabe gezwungen wind und daß der Preis für die Freiheit sehr hoch erscheint. Dem möchte ich nicht gern widersprechen.
    Die Grundtendenz des Gesetzes wird trotzdem natürlich auch von uns und von den Bauern begrüßt.

    (Zurufe von der Mitte: Ach?)

    — Ich möchte nicht, daß Sie in Ihrer vereinfachenden Art in unserer Kritik an der falschen Anlage und Zielsetzung des Gesetzes etwas Bauernfeind liches sehen. Darum sage ich das so deutlich. Aus dem Gesetz hätte etwas Besseres werden können, wenn Sie uns mehr Zeit gelassen und sich nicht bloß an die Beschlüsse des Bauernverbandes gehalten und auf Ihre Mehrheit gestützt, sondern auf guten Rat gehört hätten.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    — Sehen Sie, darüber lachen Sie. Aber es ist eines der Urprobleme der Demokratie, ob man trotz Verbandsbeschlusses besseren Einsichten folgt und auf den Rat anderer hört, auch wenn die Präsidenten der Verbände als Kollegen in den eigenen Reihen sitzen. Das ist ein so ernstes Problem, daß ich Sie frage, ob Sie überhaupt noch den Mut haben, eine Sache um der Demokratie willen zu diskutieren.
    Die Hofübergabe ist nicht mehr in das eigene Ermessen gestellt. In meinen Sprechstunden erscheinen immer wieder Bauern und fragen: Warum werden wir, die wir unseren Hof freiwillig und rechtzeitig, schon vor dem gesetzlichen Zwang, übergeben haben, bestraft und von der Altersversorgung ausgeschlossen?

    (Zurufe von der Mitte: Wieso denn? Das ist gar nicht wahr! — Wer wird ausgeschlossen?)

    — Z. B. diejenigen, die vor Erreichung der Altersgrenze wegen Krankheit oder aus Verantwortungsgefühl den Hof übergeben haben; sie sind nun in Not, weil das, was man ihnen gibt, nicht ausreicht.

    (Zurufe von der Mitte.)

    — Ja, eben, das muß man vorher berechnen, meine Herren Kollegen. Vom Minister ist hier eindeutig festgestellt worden, daß die Zahl der Leistungsempfänger steigen werde. Sie muß steigen, wenn



    Frau Kalinke
    Sie den kleinen Bauern und den alten Menschen wirklich helfen wollen. Die Zahl der Beitragszahler wird sinken. Wenn sich die Vorstellungen des Bauernverbandes und der Kollegen durchsetzen, bleibt das Problem für die Familienangehörigen wie auch für die Pächter ungelöst.
    Der Herr Kollege Struve hat hier sehr kühne Worte gebraucht. Ich möchte bemerken, Herr Kollege Struve, daß die agrarpolitische Zielsetzung nicht umstritten ist. Aber den Weg, der beschritten worden ist, und die Mittel, die angewendet worden sind, halte ich heute wie im Juli des vergangenen Jahres für absolut unzureichend. Wer mag bestreiten, daß der Kreis der älteren Bauern sehr viel größer wird? Die Notwendigkeit, mit diesem Problem fertig zu werden, kommt also unausweichlich auf uns zu. Wie wollen wir dann nach diesem ersten Schritt verfahren?
    Sie haben mir vorgehalten, ich sei aktiv in der Sozialversicherung. Meine Aktivität in der Sozialpolitik lehrt mich, daß die Parlamentarier — übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern — niemals den Mut haben, von dem ersten Schritt abzugehen, wenn er falsch gewesen ist. Ich meine deshalb, wir sollten uns diesmal, so drängend auch die Lösung des Problems sein mag, im Ausschuß mehr Zeit nehmen.
    Sie können die Problematik nicht mit dem Einwand beseitigen, die übrigen hätten ja die Möglichkeit gehabt, in der Rentenversicherung zu sparen. Große Teile der Angehörigen freier Berufe und auch der Arbeitnehmer bekamen ihre zusätzlichen
    Versicherungen, ihre privaten Versicherungen und ihre Sparguthaben nicht aufgewertet. So oft habe ich von dieser Stelle aus dafür gekämpft, daß die Sparmark mindestens so behandelt wird wie die Rentenmark. Das muß geschehen, Herr Kollege Struve, damit durch Gleichbehandlung der Sparer „Gerechtigkeit" wieder größer geschrieben wird. Darüber sollten wir uns einig sein, und dafür sollten wir gemeinsam sorgen.
    Ich kann dem Kollegen Blank nicht widersprechen. Ich möchte ihn als den „Hoferben" im Ministerium nicht für all das verantwortlich machen, was der „Altbauer" im Ministerium getan hat. Aber dieser „Hoferbe" muß uns in Zukunft im Ausschuß mit besseren Zahlen bedienen. Es ist nicht das Richtige, wenn im Bulletin Mitarbeiter aus dem Ministerium Aufsätze schreiben, von denen der Minister dann abrückt, sondern wir wollen im Ausschuß vom Arbeitsminister sehr genaue Zahlen erfahren, und wir möchten es auch gern vom Herrn Landwirtschaftsminister wissen, was denn nun wirklich für die Agrarstruktur getan werden soll. Ich gehöre zu den Menschen, die sich große Sorgen darüber machen, daß wir kleine Höfe durch große Staatszuschüsse — was sicher richtig ist — zusammenfassen wollen, um zu einer gesünderen Agrarstruktur zu kommen, und daß wir wollen, daß sie rechtzeitig übergeben werden, daß wir aber auf der anderen Seite mit Subventionen für die vertriebenen Bauern, die von gesunden Höfen aus dem Osten gekommen sind, nun wieder kleine Siedlerstellen schaffen, die vielleicht eines Tages zu demselben
    Problem führen werden. Über das alles muß hier i doch gesprochen werden. Wir müssen uns doch in die Zukunft hinein klarwerden, was die Dinge kosten werden und ob wir es fertig bekommen, den Altenteilern, den alten Menschen, die nicht schuld daran sind, daß sie in diese Situation gekommen sind, wirklich ausreichend zu helfen.
    Nun ist hier vom Grundsatz der Solidarität gesprochen worden. Wenn Sie wirklich eine genossenschaftliche Selbsthilfeeinrichtung für alte Bauern wollen, Herr Minister, dann müßte allerdings dieses Gesetz aufgehoben und ein vollkommen neues Gesetz zur Alterssicherung der Landwirtschaft gemacht werden. Ich stelle das zur Diskussion.
    Die zweite Frage ist: Wenn Sie wirklich die Leistungen auch in alle Zukunft bezahlen wollen, Herr Kollege Weber, dann unterliegen Sie einem Irrtum, wenn Sie meinen, es genüge, einmal einen Zuschuß zu geben. Und Sie irren auch in anderer Beziehung, Herr Kollege Weber. Ich bin für Auskünfte des Arbeitsministeriums nicht verantwortlich; daß aber das, was Sie in bezug auf die Rentenversicherung angeführt haben, nicht richtig ist, möchte ich Ihnen hiermit bestätigen. Vor der Rentenreform hatte jeder Bauer, der vorher invalidenversicherungspflichtig war, die Möglichkeit, sich weiter zu versichern. Durch die Rentenreform — und das meinen Sie sicher — ist die Versicherungsberechtigung beseitigt worden.
    Über die Frage, ob der Staat, nachdem er so hohe Zuschüsse für Arbeitnehmer mit hohem Einkommen gibt, nicht auch Zuschüsse für Selbständige geben muß, die weiterversichert oder versicherungsberechtigt sind, werden wir allerdings bei der Reform der Reform der Rentenversicherung ganz gewiß sprechen müssen. Denn alle Entwicklungen deuten darauf hin, daß bei diesem Problem noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, wenn man nicht zu dem kommen will, was das Ziel der Sozialdemokratischen Partei ist, nämlich einer Zwangsversorgung für die freien Berufe. Ich weiß nicht, ob Sie (zur SPD) davon abgerückt sind; aber ich möchte hier ganz deutlich sagen: Dieses Ziel ist nicht das Ziel meiner politischen Freunde und nicht das Ziel meines Kollegen, der hier gesprochen hat, auch wenn es in der gemeinsamen Opposition gegen ein schlechtes Gesetz manchmal so erscheinen kann. Die einen machen Opposition, weil ihnen das Gesetz im Zwang nicht weit genug geht, und wir machen Opposition, weil es uns im Zwang zu weit geht und weil uns die soziale Sicherung nicht ausreichend ist.
    Staatsszuschuß, meine Herren Kollegen vom Bauernverband, ist allerdings Staatszuschuß, da hat der Herr Minister recht, und Subvention ist Subvention. Wenn in der „Stuttgarter Zeitung" am 15. August einige Fragen gestellt waren, in denen damals schon vorausgenommen wurde, was die CDU-Fraktion heute sagen und was der Herr Minister anbieten würde — ich habe es mit Vergnügen nachgelesen —, dann möchte ich darauf ganz ehrlich antworten: Meine politischen Freunde sind der Meinung, wir können es sehr wohl veranworten, daß innerhalb des Grünen Planes für die Agrarpolitik, wie das in allen modernen Staaten der Welt üblich



    Frau Kalinke
    ist, Subventionen gegeben werden. Wir möchten aber — und das ist die Auffassung eines CDU-Kollegen in diesem Hause, der mir das geschrieben hat — durchaus auch die Frage geprüft wissen, daß bei der Neuordnung nicht etwa einige Jungbauern in die Situation kommen, wegen der Altersgrenze zu lange warten zu müssen, und daß dann noch mehr Menschen, die den Hof nicht bekommen und die nicht heiraten können, aus der Landwirtschaft abwandern.
    Wir möchten auch das Problem geprüft wissen, das das Arbeitsministerium mit dem Gesamtverband der landwirtschaftlichen Alterskassen abgehandelt hat, ob bei der Doppelversicherung einmal der Handwerker, die zugleich Bauern sind, zum anderen der Bauern, die sich freiwillig versichert haben, nicht eine Novelle ganz deutlich machen muß, daß nicht derjenige bestraft wird, der selber zu seiner Altersversorgung beigetragen hat.
    Die Vermischung agrarpolitischer Ziele mit sozialpolitischen Zielen hat dazu geführt, daß wir diese Debatte führen müssen. Mein Kollege hat es ganz deutlich gesagt — im Gegensatz zu anderen Rednern —, was wir meinen. Wir meinen, daß dieses Gesetz nur noch repariert werden kann, wenn es nicht mehr als ein Gesetz über die Altershilfe für die Landwirtschaft — also als sozialpolitische Gesetzgebung —, sondern als ein Gesetz über die Hilfe für alte Landwirte im Zuge des agrarpolitischen Strukturprogramms in den Grünen Plan hineinkommt und wenn mit voller Verantwortung für diese agrarpolitischen Maßnahmen im Rahmen des Grünen Plans das Notwendige getan wird.
    Schließlich möchte ich noch sagen: Wenn ein Gesetz im Ansatz falsch ist, gibt es nicht nur e in en Weg, es zu bereinigen, nicht nur den Staatszuschuß, meine Kollegen von der SPD; es gibt mindestens drei Wege, über die wir im Ausschuß sprechen können.
    Der eine Weg ist der, den der Minister angedeutet hat: dem Gedanken der Selbsthilfe im Zuge einer berufsständischen Sicherung mehr zum Durchbruch zu verhelfen. Mit diesem Gedanken — wenn sich die Landwirtschaft dazu bereit fände — könnten wir auch den Personenkreisen helfen, die als Pächter und Familienangehörige heute noch nicht einbezogen sind. Ich fürchte nur, daß die Solidarhaftung im Berufsstand hier wie im Handwerk nicht stark genug, nicht groß und nicht lebendig genug sein wird. Aber auch bei einer solchen berufsständischen Sicherung werden wir nicht ohne die Starthilfe des Staates auskommen können.
    Der zweite Weg ist eine Reform der Rentenversicherung, um das Problem der Landwirte, der jüngeren Landwirte, die jetzt ,alle durch die Versicherungspflicht in die Rentenversicherung hineinwachsen, herauszulassen und für den Teil der übrigen die Frage der Versicherungsberechtigung zu prüfen.
    Der dritte Weg ist der, den mein Kollege Logemann hier vorgeschlagen hat — und dieser Vorschlag scheint mir der vernünftigste und am besten dazu geeignet, schnell zu helfen —: das ganze Problem als ein Problem des Grünen Plans anzusehen.
    Es trifft zu, daß Millionen von Kleinbauern wirklich am Ende ihrer wirtschaftlichen Kraft sind. Wir sind gezwungen, den Herrn Landwirtschaftsminister erneut zu fragen: wie ist es möglich, daß, ebenso wie es gestern bei der Beratung des Lebensmittelgesetzes der Fall war, heute bei der Diskussion über diese wichtige Frage der Landwirtschaft weder er noch sein Staatssekretär hier im Hause sind?
    Im Grünen Bericht, lassen Sie mich das in Ihre Erinnerung rufen, steht ausdrücklich, daß im Hinblick auf die Strukturmaßnahmen die Entwicklung nicht nur auf Initiative der Besitzer, sondern auch durch staatliche Maßnahmen zur Schaffung wirtschaftlich gesunder Betriebseinheiten gefördert werden muß. Das soll in Zukunft auch geschehen. -
    So weit der Grüne Bericht 1958.
    Meine Kollegen! Auf der Tagung der ostvertriebenen Bauern ist erneut das Wort zitiert worden: „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk", das uns unser Bundespräsident zur Eröffnung unserer Arbeit hier auf den Weg gegeben hat. Ich füge das Wort hinzu, das der verstorbene Papst nicht nur allen Katholiken, sondern allen Christen als Vermächtnis hinterlassen hat: „Gerechtigkeit schafft Frieden." Lassen Sie uns unter diesem Motto im Ausschuß daran arbeiten.

    (Beifall bei der DP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)