Rede:
ID0304903500

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3049

  • date_rangeDatum: 7. November 1958

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    Deutscher Bundestag 49. Sitzung Bonn, den 7. November 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur :nderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (FDP) (Drucksache 562) — Erste Beratung Ramms (FDP) . . . . . . . . . 2733 A Schmücker (CDU CSU) . . . . . 2733 D Dr. Bleiß (SPD) . . . . . . . 2734 B Antrag der Fraktion der SPD betr. Altershilfe für Landwirte (Drucksache 498) Bading (SPD) . 2734 D Blank, Bundesminister 2736 B, 2747 A Weber (Georgenau) (FDP) 2738 B, 2755 C Logemann (DP) . . . . . . . . 2740 C Dr. Schellenberg (SPD) . . . . . 2742 B Struve (CDU/CSU) . . . . . . . 2742 D Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) . . . 2744 D Dröscher (SPD) . . . . . . . . 2748 B Frau Kalinke (DP) . . . . . . 2750 D Kriedemann (SPD) . . . . . . . 2753 D Stingl (CDU/CSU) . . . . . . . 2756 C Entwurf eines Gesetzes Tiber die Beweissicherung des Besitzstandes in der sowjetischen Besatzungszone und dem sowjetischen Sektor von Berlin (Wirtschaftliches Beweissicherungsgesetz) (FDP) (Drucksache 435) — Erste Beratung — Mischnick (FDP) . . . . . . . . 2758 A Eichelbaum (CDU/CSU) . . . . . 2759 D Dr. Seume (SPD) . . . . . . . . 2760 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2761 C Anlage 2763 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Freitag, den 7. November 1958 2733 49. Sitzung Bonn, den 7. November 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 29. 11. Dr. Atzenroth 7. 11. Frau Berger-Heise 7. 11. Bergmann 7. 11. Dr. Bergmeyer 27. 11. Dr. Besold 11. 11. Birkelbach 7. 11. Fürst von Bismarck 7. 11. Blachstein 7. 11. Frau Dr. Bleyler 30. 11. Dr. Böhm 7. 11. Dr. Bucerius 7. 11. Conrad 7. 11. Dr. Conring 7. 11. Cramer 7. 11. Dr. Deist 7. 11. Frau Dr. Diemer-Nicolaus 7. 11. Dr. Dittrich 7. 11. Frau Döhring (Stuttgart) 7. 11. Drachsler 11. 11. Dr. Eckhardt 7. 11. Finckh 7. 11. Franke 7. 11. Frehsee 7. 11. Dr. Furler 7. 11. Geiger (München) 7. 11. Glahn 7. 11. Hackethal 7. 11. Heiland 11. 11. Dr. Hellwig 7. 11. Dr. Höck (Salzgitter) 12. 11. Höfler 7. 11. Jacobi 7. 11. Jahn (Frankfurt) 31. 12. Dr. Jordan 7. 11. Jürgensen 7. 11. Frau Kipp-Kaule 7. 11. Koenen (Lippstadt) 8. 11. Kramel 8. 11. Krammig 7. 11. Dr. Kreyssig 7. 11. Krüger 11. 11. Kühlthau 7. 11. Kühn (Bonn) 7. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Kurlbaum 7. 11. Leber 7. 11. Lenz (Trossingen) 9. 11. Dr. Leverkuehn 20 11. Lücker (München) 7. 11. Maier (Freiburg) 22 11. Dr. Maier (Stuttgart) 7. 11. Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30 11. Frau Dr. Maxsein 7. 11. Mengelkamp 15. 12. Dr. Menzel 7. 11. Metzger 7. 11. Frau Nadig 7. 11. Neumann 7. 11. Niederalt 10. 11. Dr. Oesterle 7. 11. Ollenhauer 7. 11. Pernoll 7. 11. Pietscher 8. 11. Pöhler 7. 11. Dr. Preiß 7. 11. Dr. Preusker 7. 11. Rademacher 7. 11. Frau Dr. Rehling 5. 12. Reitzner 31. 12. Frau Renger 15. 11. Rohde 7. 11. Dr. Rüdel (Kiel) 7. 1. Schmidt (Hamburg) 15. 11. Schneider (Bremerhaven) 8. 11. Dr. Schneider (Saarbrücken) 31. 12. Schultz 7. 11. Schütz (Berlin) 7. 11. Seuffert 7. 11. Siebel 7. 11. Spitzmüller 7. 11. Dr. Starke 7. 11. Dr. Steinmetz 10. 11. Dr. Stoltenberg 10. 11. Storch 7. 11. Sträter 7. 11. Theis 8. 11. Dr. Toussaint 7. 11. Dr. Vogel 10. 11. Weber (Georgenau) 7. 11. Welslau 7. 11. Dr. Will 7. 11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Theodor Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, nur einiges richtigzustellen. Herr Kollege Schmidt, die Frage, die Sie an mich gerichtet haben, darf ich Ihnen stellen: Was wollen Sie denn eigentlich? Ich erinnere mich der Anträge, die Ihre Fraktion damals bei der Beratung im Ausschuß gestellt hat. Ich bin zwar nicht dabei gewesen, aber aus den Protokollen kann ich sie ersehen: Erhöhung der Leistung auf 90 DM statt, wie bisher im Gesetz vorgesehen, 60 DM, Einbeziehung der Familienangehörigen. Wenn Sie die Zahlen so viel besser kennen als ich, wie Sie hier dargetan haben, dann mußten Sie sich doch völlig darüber klar gewesen sein, daß dann mit Sicherheit ein Defizit, und zwar ein noch viel größeres, zu erwarten sein würde.

    (Lachen und Zurufe von der SPD.) Nun sagen Sie — —


    (Abg. Kriedemann: Wir haben auch etwas zur Art der Finanzierung vorgeschlagen!)

    — Ich weiß, Sie haben ein Drittel Staatszuschuß verlangt.

    (Abg. Kriedemann: Na also!)

    Wir stehen auf dem Standpunkt — das habe ich hier eben dargelegt, und ich bin froh, daß meine Freunde das bestätigen —, daß es sich hier um die Solidareinrichtung eines Berufsstandes handelt. Natürlich treten dabei Aufgaben auf, die über die Kraft des Berufsstandes hinausgehen. Darüber haben wir ja bereits gesprochen, als ich die agrarstrukturellen Folgen dieses Gesetzes behandelt und von dorther die Notwendigkeit einer Beihilfe abgeleitet habe, um mit dieser Problematik fertig zu werden.
    Nun will ich versuchen, auf den Verlauf der Diskussion einzugehen. Herr Schmidt wehrt sich dagegen, daß man etwas ganz Selbstverständliches tut. Was erwarte ich von den Alterskassen? Ich bin mit ihnen in einem ständigen Gespräch darüber und brauchte nicht gestern erst ans Telefon zu gehen. Ich erwarte von ihnen, daß sie alles tun — das gehört zum Wesen der Selbstverwaltung —, um die Beitragspflichtigen restlos zu erfassen. Wenn wir ein Gesetz machen und in diesem Gesetz einen bestimmten Personenkreis für beitragspflichtig erklären, ist es eine Aufgabe der Selbstverwaltung, die Beitragszahler auch zu erfassen.
    Ein Weiteres. Bisher sind noch gar nicht alle vorliegenden Anträge behandelt. Ich habe einen sehr guten Kontakt mit den landwirtschaftlichen Alterskassen; das können Sie sich von ihnen bestätigen lassen. Auch dort kann man die Zahlen nicht genau nennen, weil die Sache noch gar nicht ,abgeschlossen ist. So steht heute z. B. noch nicht fest, wie viele von den vorliegenden Anträgen genehmigt werden und wie viele nicht.
    Zu meinem Erstaunen habe ich gehört — oder ich müßte mich sehr verhört haben —, daß einer der Diskussionsredner von der Vorstellung ausgeht, man könne der Beitragszahlung das Prinzip der Freiwilligkeit zugrunde legen, d. h. denjenigen aus der Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen an die Alterskasse entlassen, der glaubt, er brauche das für sich nicht. Der gleiche Redner meinte dann, trotzdem solle man ,die jetzigen Leistungen beibehalten und außerdem an die Onkel und Tanten denken, die noch auf den Höfen säßen; auch diese Familienmitglieder solle man einbeziehen. Wenn in einigen Jahren erst einmal die Anfangsschwierigkeiten vorüber seien, brauche man keinen Staatszuschuß mehr, und man brauche die Beiträge nicht zu erhöhen. Da möchte ich hier doch einmal in aller Deutlichkeit klarstellen: Wie Sie, Herr Kollege, zu der Ansicht kommen, daß, wenn die Zahl der Beitragszahler zurückgeht, wenn die Zahl der Leistungsempfänger durch die Einbeziehung der Familienangehörigen wesentlich erhöht wird und wenn nach einiger Zeit auch die Staatszuschüsse wegfallen, trotz Beibehaltung des jetzigen Beitragssatzes noch die gleichen Leistungen erbracht werden können, ist mir unerfindlich.
    Mit diesem Gesetz haben wir Neuland betreten, wenn es auch, wie der Kollege Schmidt gesagt hat, in anderen Ländern ähnliche Regelungen gibt. In Deutschland jedenfalls haben wir solche Regelungen bisher nicht gekannt. Daher war zu erwarten, daß die Dinge nicht von vornherein glatt laufen würden. Auch wir wissen, daß die Ansichten über die Altershilfe bei den Landwirten zunächst sehr unterschiedlich waren. Eines aber stellen wir doch heute mit Freuden fest, und auch ,der Berufsstand spricht es offen aus: Dieses Gesetz ist ein großer Segen für die Landwirtschaft.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Die Hofübergaben wurden beschleunigt und nahmen an Zahl zu. Das hat dazu geführt, daß die Hofbesitzer heute jünger sind, daß die alten Leute nicht mehr auf ihrem Altenteil sitzen, ohne für ihre persönlichen Bedürfnisse ein paar Pfennige in der Hand zu haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Deshalb braucht sich die Fraktion der CDU/CSU, auch wenn bei diesem Gesetz Fehler unterlaufen sind — wo werden keine Fehler gemacht? —, dieser ihrer Tat nicht zu schämen. Vielmehr sollte sie stolz auf diese ihre Leistung sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Ich habe gesagt, daß das Gesetz novelliert werden muß. Das ist notwendig; denn es hat sich, wie ich ausgeführt habe, eine Reihe von Mängeln und Unzulänglichkeiten gezeigt. Es würde zu weit führen, schon heute im einzelnen auf die Pläne einzugehen, die ich habe. Ich bin in der Lage, Ihnen relativ schnell den Entwurf einer solchen Novelle vorzulegen.
    Weiter habe ich, weil es sich hier um agrarstrukturelle Maßnahmen handelt, vorgeschlagen, aus den Mitteln, die wir für solche Maßnahmen zur Verfügung haben, eine Hilfe zu geben. Ich habe gesagt, daß wir die Frage des Bundeszuschusses, der zu- nächst in der Form eines Darlehens gegeben war, {in einer Weise lösen würden, die die Alterskassen jedenfalls nicht in eine Situation bringt, mit der sie nicht fertig werden. Ich habe nicht gesagt, Herr



    Bundesminister Blank
    Schmidt — ich bitte, da ganz präzise zu bleiben —, daß ich einen Beitrag von 14 DM für richtig hielte, sondern ich habe gesagt, nach meiner Ansicht müsse der Beitrag jedenfalls immer unter dem Minimum des Beitrags in der sozialen Rentenversicherung bleiben.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Es ist doch keine Schande, nach einem Jahr festzustellen, daß man in einer solchen Sache, bei der die Beitragserfassung zunächst sehr schwer anlief und deren Regelung durch die Behandlung vorliegender Anträge noch nicht abgeschlossen ist, nunmehr den nächsten Schritt überlegen muß, der zur Sanierung getan werden kann.

    (Abg. Kriedemann: Doch, Herr Blank, ein solches „Speisekammergesetz" ist eine Schande!)

    — Ach, lassen Sie mich in Ruhe ausreden, Herr Kriedemann; Sie können ja gleich auch sprechen!

    (Zuruf von der SPD: Nicht so nervös, Herr Minister!)

    — Bin ich gar nicht! Aber wenn ich so etwas höre von Speisekammergesetz, — Sie wissen doch, wer damals das Speisekammergesetz in Frankfurt am Main gewollt hat, Herr Kriedemann!

    (Zuruf des Abg. Kriedemann.)

    — Wollen wir uns über diese alten Dinge unterhalten?

    (Abg. Kriedemann: Das sind keine alten Dinge!)

    Ich weiß doch ganz genau — —

    (Abg. Kriedemann: Wir kennen die Resultate auch!)

    — Ja eben, vielleicht äußern Sie sich gleich mal zu Ihrem damaligen Begehren.

    (Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Ich bin der Meinung, wenn wir die Maßnahmen ergreifen, die ich vorgeschlagen habe, wenn wir sie gut aufeinander abstimmen, wird es möglich sein, auch mit der gegenwärtig defizitären Lage der Alterskassen fertig zu werden. Die Einrichtung ist gut; sie verdient, daß wir uns alle darum ernsthaft bemühen, und ich bin sicher, wir werden das tun.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dröscher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wilhelm Dröscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Minister hat gerade ausgeführt, daß dieses Gesetz eine gute Sache geworden sei. Es besteht ja gar kein Zweifel darüber, daß die sozialdemokratische Fraktion bei der Verabschiedung dieses Gesetzes mitgestimmt hat. Aber die Einwendungen, die sie damals gemacht hat, wurden nicht berücksichtigt. Diese Einwendungen haben sich heute als absolut zutreffend herausgestellt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist zwar keine Schande, einen Fehler zu machen, aber ich glaube, es ist nicht richtig, wenn man einen einmal gemachten Fehler durch Reden vertuschen und ihn nicht zugeben will. Deshalb lassen Sie mich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zu Anfang einen Satz zitieren, den mein Freund Schellenberg damals in der Debatte gesprochen hat. Er hat damals gesagt:
    Ich möchte heute wirklich nicht schwarz in schwarz malen. Aber ich mache Sie darauf aufmerksam, daß zwischen der Kalkulierung eines Beitrages durch die Organe der Selbstverwaltung und dem Eingang dieser Beiträge ein weites Feld liegen wird.
    Und dann hat er gesagt:
    Wir möchten nicht vor der Notwendigkeit stehen, daß dieses Haus schon bald Stützungsmaßnahmen für die Alterssicherung oder Altershilfe der Bauern beraten muß.
    Damals ist nämlich ein Wechsel ausgestellt worden, der heute eingelöst werden muß.
    Als Mitglied einer Vertreterversammlung der Alterskasse weiß ich ganz genau, daß wir von Beginn des Anlaufens der Arbeit an wußten: es kann so nicht funktionieren, und daß wir von Beginn des Anlaufens an Sorge hatten, wie es weitergehen solle. Deshalb meine ich, wir brauchten heute eigentlich gar nicht lange um die Dinge herumzureden, sondern wir sollten uns einige Fragen stellen und sie beantworten.
    Sicher hat das Gesetz Schönheitsfehler, eine ganze Reihe sogar; sicher ist das Problem der Onkel und Tanten, sicher ist das Problem der Flüchtlingsbauern, sicher ist das Problem der Pächter nicht gelöst. Aber die Hauptpunkte, die diskutiert werden müssen, sind erstens die Erkenntnis, daß das Gesetz in wesentlichen Teilen im Ansatz falsch war, und zweitens die Frage: wie können die falschen Ansätze heute bereinigt werden?
    Die erste Frage, die sich daraus ergibt, ist dann: können wir mit dem Beitrag auskommen? Sie ist schnell beantwortet: Nein, wir können nicht auskommen. Der Grund dafür sind falsche Schätzungen. 1957 wurde in Nr. 16 des Bundesarbeitsblattes — 2. August-Heft des Jahrgangs 1957 — ausgerechnet — also auch eine Leistung des Bundesarbeitsministeriums —, daß man mit einem Beitrag von 9,40 DM auskommen könne.
    Über die Ursachen, warum das nicht geht, ist heute schon viel gesprochen worden; ich brauche deshalb darauf nicht mehr im einzelnen einzugehen. Zweifellos spielen folgende Tatbestände eine unübersehbare Rolle: die Doppelbelastung der Landwirtschaft infolge der Strukturwandlung, die es mit sich bringt, daß die alte Last nicht auf junge Betriebsinhaber abgewälzt werden kann, und zweitens der Verlust der alten, klassischen bäuerlichen Altersversorgung aus dem Sparbuch.
    Es bleibt dann die Frage, ob man den Kreis derjenigen, die zahlen, ausweiten soll. Ich bin der Meinung, daß man die Leute, die in einer bestimm-



    Dröscher
    ten Sozialversicherung sind, etwa in der Invaliden- und Angestelltenversicherung, denen die jüngeren und mittleren Jahrgänge der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe heute meistens angehören, nicht gut zwingen kann, in einer zweiten Altersversorgung Zwangsmitglied zu werden. Dabei muß ich allerdings der von der FDP hier vertretenen Meinung, daß man das ganze System auf Freiwilligkeit aufbauen könne, widersprechen. Ich halte das für völlig unmöglich. Darüber kann man auch gar nicht ernsthaft diskutieren.
    Der Kollege Struve hat vorhin die Frage aufgegriffen, warum früher keine Altersversorgung der Bauern dagewesen sei. In den Inflationen sei die klassische Einrichtung der Altersversorgung — die Sparbücher — zerstört worden. Heute muß man sich die Frage vorlegen, warum die Führung der deutschen Bauernschaft — die Bauernverbände — in den vergangenen Jahrzehnten den Strukturwandel, der im Gange war, nicht erkannt hat. Hat man dort nicht gesehen, daß die große Masse der klein- und mittelbäuerlichen Bevölkerung unausweichlich vor die Frage gestellt war, was im. Alter geschehen soll? Die Altersversorgung dieser Berufsgruppe, eines großen Teiles der deutschen Landwirtschaft — das war schon in den 20er und 30er Jahren überschaubar —, konnte nicht mehr allein aus dem Sparbuch geschehen.
    Nun aber zur Sache! Kann man, um zu helfen, die Beiträge erhöhen? Das ist die Frage! Ich meine, daß man mit einer Beitragserhöhung und damit der Absicht, den Wechsel, den man vor der letzten Bundestagswahl ausgestellt hat, von den Beitragszahlern einlösen zu lassen, nicht zurecht kommt. Denn dann würde all das Gute, was hier heute morgen dargestellt ist und was anerkannt wird, ins Gegenteil verkehrt. Wenn die Beitragshöhe einen bestimmten Punkt erreicht, ich möchte beinahe sagen: wenn sie über den jetzigen Beitrag hinausgeht, dann wird der Sinn der ganzen Altershilfe für die Masse der klein- und mittelbäuerlichen Betriebe ins Gegenteil verkehrt. Dann wird nämlich für die jungen Leute, die das bezahlen müssen, die Beitragsleistung im Laufe eines langen Arbeitslebens so hoch, daß die Versorgung für diese Menschen uninteressant wird.
    Es gäbe nur einen Gesichtspunkt, unter dem man den Beitrag erhöhen könnte. Dieser Gesichtspunkt wird hier sicher nicht angeführt. Eine Beitragserhöhung wäre nämlich nur sinnvoll, wenn die Kaufkraft verfallen würde und wenn auf Grund des Verfalls der Kaufkraft die Leistungen erhöht werden müßten. Dann wäre es sinnvoll, auch die Beiträge in entsprechendem Umfang zu erhöhen. Aber eine Erhöhung der Beiträge ohne gleichzeitige Erhöhung der Leistungen bringt in das jetzige System der Altershilfe für unsere klein- und mittelbäuerlichen Betriebe ein negatives Moment hinein.
    Weiter taucht die Frage auf, ob man gestaffelt erhöhen soll. Wir erleben, daß in den Berufsgenossenschaften die Beiträge gestaffelt erhöht werden. Ich glaube, es wird niemand hier sein, der der gestaffelten Erhöhung, die eine Art Sozialausgleich in einem Berufsstand mit sich bringen würde, das Wort reden will. Ich glaube, man könnte bei den Beratungen in den Ausschüssen diese Frage mindestens diskutieren. Ich möchte sie jetzt aber nicht vertiefen.
    Der Herr Bundesminister hat erklärt, man solle zunächst mit Darlehen weiterhelfen. Ich glaube, das ist nicht die richtige, das ist überhaupt keine diskutable Lösung; denn die weitere Hergabe von Darlehen an die Alterskassen bedeutet doch eine Hypothek für die Zukunft, eine Hypothek, die einmal nicht mehr abgetragen werden kann. Es ist gewissermaßen eine Unwahrhaftigkeit, nicht zu sehen, daß hier echte Zuschußleistungen notwendig sind.
    Wenn die Fragen beantwortet sind, daß a) die Leistungen nicht ausreichen und daß man sie b) nicht erhöhen kann, dann bleibt drittens die Frage: Wer zahlt also? Nach dem Gedanken der Selbsthilfe und der genossenschaftlichen Hilfe, der in der letztjährigen Diskussion hier vorgetragen wurde, müßte diese Selbsthilfe von dem Berufsstand geleistet werden, der auf der sozialen Leiter in unserem Volk mittlerweile an den Schluß gekommen ist. Das gilt mindestens für die klein- und mittelbäuerlichen Betriebe. In den Hoch- und Mittelgebirgslagen unserer Heimat rangiert der klein- und mittelbäuerliche Betriebsunternehmer, wie der Grüne Bericht ausweist, einkommensmäßig unter dem Facharbeiter. Deshalb sind die Worte von der Selbstverwaltung, von der Eigenverantwortung, von dem freien Bauern auf freier Scholle, die im letzten Jahr gesprochen wurden, im Grunde genommen nichts anderes als Phrasen. Bei diesen Leuten, von denen ich jetzt spreche — und das sind fast 800 000 Betriebe im Bundesgebiet —, geht es um die Beseitigung der nackten Not der Altenteiler.
    Die Umgestaltung unserer modernen Industriegesellschaft, eine Umgestaltung, die heute längst auch das Dorf ergriffen hat, wirkt sich so aus, daß Wünsche nach gleichem Recht für alle wach werden. In den Dörfern sitzen heute Empfänger der Invalidenrente und der Angestelltenrente neben den Altenteilern aus der Landwirtschaft. Radio und Fernsehen bringen dem Bauern nicht nur den Wetterbericht, sondern auch die Möglichkeit des Vergleichs mit den anderen Berufsständen, soweit diese nicht im eigenen Dorf vertreten sind.
    Alle Gründe und alle Überlegungen sprechen daher dafür, die jetzt vorhandene Lücke nicht zu Lasten der kleinen Beitragszahler, sondern zu Lasten des gesamten Sozialprodukts unseres Volkes auszufüllen, wenn der Sinn der Altershilfe nicht in sein Gegenteil verkehrt werden soll, wenn diese Einrichtung als echte Hilfe und nicht als Belastung der Betriebe in Erscheinung treten soll. Selbstverständlich können die Alterskassen während der Zeit, in der das geklärt wird, nicht von der Hand in den Mund leben. Deshalb sollte mindestens der alte Darlehnsbetrag in einen Zuschuß, und zwar möglichst schnell, verwandelt werden. Dies sollte nach meiner Ansicht die Meinung des Hauses sein.
    Wenn man das verhindert und hier nicht wahrhaben will und dabei betrachtet, was draußen in



    Dröscher
    den Bauernversammlungen gesprochen wird — Sie alle kommen doch in die Bauernversammlungen; und es leben immerhin noch einige Millionen Menschen unseres Volkes in den Betrieben, von denen hier gesprochen wird —, wenn man dann noch hört, daß man die Landwirtschaft in die Lage versetzen wolle, ihre Sozialverpflichtungen über den Preis zu erfüllen, und man ganz genau weiß, daß der Großteil der 800 000 Betriebe, um die es hier geht, mindestens in absehbarer Zeit nicht über den Preis gerettet werden kann, vor allen Dingen nicht zu Lebzeiten der Altenteiler, dann fragt man sich, wie die hier geäußerte Meinung, die damals schon zur Ablehnung unserer Anträge geführt hat und deren Vertreter heute unseren Antrag wieder hinausschieben wollen, sich mit dem vereinbaren läßt, was draußen in den Bauernversammlungen verkündet wird.
    Der Seiltanz, der heute hier aufgeführt wurde und der darauf hinauslief, die Lasten, die zwangsläufig entstehen, wieder den Schwachen aufzubürden, kann eigentlich nur politische Ursachen haben. Wenn man einmal die politischen Ursachen überdenkt, dann fällt einem auf, daß unsere kleinen und mittleren Bauern seit Jahrzehnten konservativ wählen, sich immer auf die andere Seite, gegen die Arbeiterbewegung, gestellt haben, immer ihren großbäuerlichen Führern gefolgt sind und die Kernmannschaft der Wähler eines Großteils der Regierungen der letzten Jahrzehnte darstellten. In genau derselben Zeit, in der sie die Kernmannschaft der Wähler der jeweiligen Regierungen gestellt haben, sind sie auf der sozialen Leiter, in ihrer sozialen Bedeutung und in ihrem Lebensstandard in der Relation ununterbrochen abgesunken. Millionen von Kleinbauern stehen heute am unteren Ende der sozialen Leiter unseres Volkes. Deshalb liegt der Gedanke sehr nahe, daß hier versucht wird, die Tatsache, daß man auch bei der Altersversorgung nicht von d e r Landwirtschaft sprechen kann, sondern von einer ganz unterschiedlichen Situation ausgehen muß, nicht in das Bewußtsein der Menschen hineinkommen zu lassen.
    Es bleibt die Befürchtung, die Verfrachtung der Bauern in das Sozialversicherungsboot der Arbeitnehmer hätte politische Folgen. Das ist eine Befürchtung, an der man nicht vorbeikommt. Aber es wäre kurzsichtig, ihr nachzugeben. Die soziale Welt ist genauso unteilbar geworden, wie heute vieles andere in unseren soziologischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen. Man kann die Entwicklung, die auch diesen Millionen Menschen draußen auf dem flachen Lande im Alter ein Leben in Freiheit vor wirtschaftlicher Not sichert, vielleicht noch bremsen, aber nicht mehr aufhalten.
    Lassen Sie mich noch auf eines hinweisen. Ihre Agrarpolitik, die Sie im wesentlichen befürworten, nämlich das Hinausdrücken von einigen Hunderttausend Familien aus der bäuerlichen Existenz, vergrößert, wenn sie zum Ziel führt, ununterbrochen das Mißverhältnis in der landwirtschaftlichen Altershilfe. Das ist doch ganz logisch: Je mehr Betriebe ausscheiden und je weniger Beitragspflichtige da .sind, desto größer wird der Zuschußbedarf für die aus der Altershilfe zu Versorgenden. Man kann aber keinen Erfolg kassieren, wie das bei der letzten Wahl geschehen ist und wie das eigentlich heute noch ununterbrochen draußen geschieht, wenn man nicht bereit ist, auch die Lasten daraus zu übernehmen.
    Bei der Behandlung des ganzen Problems ist mir eine Situation in unserem rheinland-pfälzischen Landtag im Jahre 1955 in Erinnerung gekommen. Damals haben die Sozialdemokraten in diesem Landtag versucht, über einen Antrag an die Landesregierung die gesetzliche bäuerliche Altersversicherung zu initiieren. Der Antrag ist damals von der Fraktion der CDU gemeinsam mit der Fraktion der FDP abgelehnt worden aus Gründen —

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Nein, es ist damals aus den Begründungen hervorgegangen, daß man keine solche gesetzliche Altersversorgung wollte, sondern im wesentlichen dachte, die Bauern als freie Unternehmer auf ihrer Scholle sollten sich auch frei für das Alter sichern. Genau so wie damals die Entwicklung falsch war und Sie sich später berichtigen mußten, so wäre auch heute ein Beschluß, der an der Berechtigung unseres Antrags vorbeiginge, falsch.
    Ich bitte Sie deshalb, unserem Antrag zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD.)