Rede:
ID0304505700

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3045

  • date_rangeDatum: 16. Oktober 1958

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    Deutscher Bundestag 45. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1958 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Dr. Wolff (Denzlingen) . .. 2515 A Zur Tagesordnung Rösing (CDU/CSU) . . . . . . . 2515 C Vizepräsident Dr. Becker . . . . . 2515 C Entwurf eines Deutschen Richtergesetzes (Drucksache 516) — Erste Beratung — Memmel (CDU/CSU) . . . . . 2515 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 2516 D Entwurf eines Gesetzes zur Angleichung umsatzsteuerrechtlicher Vorschriften (Drucksache 455) — Erste Beratung — . 2517 A Entwurf eines Gesetzes zum Übereinkommen Nr. 97 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 1. Juli 1949 über Wanderarbeiter (Neufassung 1949) (Drucksache 512) — Erste Beratung — . . . . 2517 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vierten Zusatzabkommen vom 1. November 1957 zum Zollvertrag mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Drucksache 524) —Erste Beratung — 2517 B Entwurf eines Gesetzes zu den Protokollen vom 14. Juni 1954 über Änderungen des Abkommens vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt (Drucksache 527) — Erste Beratung — . . . . 2517 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Januar 1958 über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen mit dein Königreich Belgien (Drucksache 534) — Erste Beratung . . . . . . . . . 2517 C Entwurf eines Gesetzes über das Europäische Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 541) — Erste Beratung — 2517 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll vom 9. September 1957 zum Abkommen vom 15. Juli 1931 mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftsteuern (Drucksache 543) — Erste Beratung — . . . . . . . . 2517 D Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (CDU/ CSU) (Drucksache 515) -- Erste Beratung -- 2518 A Achtzehnte Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 523) 2518 A Entschließungen der 46. Konferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksache 124); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 507) . . . . . . . . 2518 B Bericht des Bundesrechnungshofs über die Prüfung der Bilanzen und des Geschäftsbetriebs der Verwertungsstelle der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein für die Geschäftsjahre 1954/55 und 1955/56 (Drucksache 535) 2518 C Antrag der Abg. Dr. Kopf, Metzger u. Gen betr. Vereinfachung der Grenzformalitäten (Drucksache 519) . . . . . . . 2518 C Entwurf einer Verordnung des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache 382) Dr. Deist (SPD) . . . . . . . . 2518 D Entwurf einer Verordnung Nr. 3 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Festlegung der Einzelheiten für die Anforderung und Überweisung der Finanzbeiträge sowie für die Haushaltsregelung und die Verwaltung des Entwicklungsfonds für die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete (Drucksache 540) Schoettle (SPD) . . . . . . . . 2519 B Große Anfrage der Fraktion der FDP. betr. Maßnahmen im Zuge der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes (Drucksache 429), Antrag der Fraktion der DP betr. wirtschaftliche Rückgliederung des Saarlandes an die Bundesrepublik (Drucksache 58) Dr. Atzenroth (FDP) 2519 C Schneider (Bremerhaven) (DP) 2521 C, 2538 A Dr. Westrick, Staatssekretär . . . . 2523 B Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 2526 C Dr. Mommer (SPD) . 2531 D, 2537 A, 2547 C Dr. von Brentano, Bundesminister . . 2535 D Dr. Becker (Hersfeld) 2537 B Conrad (SPD) . . . . . . 2538 B, 2545 C . Dr. Hellwig (CDU/CSU) 2543 D Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes (Einführung im Land Berlin) (Abgg. Huth, Stiller, Dr. Preusker u. Gen.) (Drucksache 513) -- Erste Beratung — Stiller (CDU/CSU) 2548 D Frau Berger-Heise (SPD) 2549 B Dr. Will (FDP) . . . . . . . 2551 B Dr. Hellwig (CDU/CSU) 2552 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes (Abgg. Dr. Kreyssig, Seuffert, Marx, Folger u. Gen.) (Drucksache 511) — Erste Beratung — Folger (SPD) . . . . . . . . 2553 A Brück (CDU/CSU) 2553 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2554 C Anlagen 2555 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Oktober 1958 2515 45. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Graf Adelmann 31. 10. Altmaier* 19. 10. Dr. Baade 30. 10. Bauer (Würzburg)* 19. 10. Dr. Becker (Hersfeld)* 19. 10. Berkhan 30. 10. Birkelbach* 19. 10. Fürst von Bismarck 17. 10. Blachstein 18. 10. Dr. Böhm 2. 11. Frau Brauksiepe 17. 10. Burgemeister 17. 10. Frau Diemer-Nicolaus 24. 10. Frau Döhring (Stuttgart) 18. 10. Döring (Düsseldorf) 16. 10. Dowidat 18. 10. Eilers (Oldenburg) 17. 10. Engelbrecht-Greve 4. 11. Even (Köln)* 19. 10. Frehsee 5. 11. Frau Friese-Korn 16. 10. Dr. Furler* 19. 10. Geritzmann 17. 10. Gerns* 19. 10. Frau Geisendörfer 18. 10. Giencke 25. 10. Dr. Gülich 18. 10. Hahn 17. 10. Frau Herklotz 23. 10. Heye* 19. 10. Hilbert 17. 10. Dr. Höck (Salzgitter) 16. 10. Höfler' 19. 10. Frau Dr. Hubert* 19. 10. Illerhaus 17. 10. Jacobs* 19. 10. Jahn (Frankfurt) 31. 12. Kalbitzer 25. 10. Kiesinger* 19. 10. Frau Kipp-Kaule 17. 10. Knobloch 17. 10. Dr. Kopf* 19. 10. Dr. Königswarter 17. 10. Frau Dr. Kuchtner 17. 10. Kühlthau 16. 10. Kühn (Köln)* 19. 10. Lenz (Trossingen) 9. 11. Dr. Leverkuehn* 19. 10. Dr. Löhr 17. 10. Lücker (München)* 19. 10. Maier (Freiburg) 22. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 11. Frau Dr. Maxsein` 19. 10. Dr. Menzel 16. 10. Metzger* 19. 10. Müller (Worms) 17. 10. Neuburger 17. 10. Niederalt 10. 11. Ollenhauer 17. 10. Paul* 19. 10. Dr. Preusker 17. 10. Rasner 28. 10. Frau Dr. Rehling* 19. 10. Rehs 22. 10. Reitzner 31. 12. Scheel 4. 11. Dr. Schmid (Frankfurt)* 19. 10. Frau Schmitt (Fulda) 17. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 1. 11. Schütz (München)* 19. 10. Dr.-Ing. Seebohm 17. 10. Seidl (Dorfen)* 19. 10. Dr. Serres* 19. 10. Spitzmüller 30. 10. Dr. Stammberger 18. 10. Dr. Starke 17. 10. Dr. Steinmetz 10. 11. Stenger 17. 10. Dr. Stoltenberg 10. 11. Dr. Vogel 10. 11. Wagner 17. 10. Dr. Wahl* 19. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)' 19. 10. Wehner 17. 10. Dr. Zimmer* 19. 10. b) Urlaubsanträge Schmidt (Hamburg) 15. 11. Anlage 2 Umdruck 168 Antrag der Fraktion der DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Maßnahmen im Zuge der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes (Drucksache 429) Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis zum 31. Mai 1959 dem Bundestag einen Bericht über die zu treffenden wirtschaftlichen Maßnahmen für die Eingliederung der Saarwirtschaft in die Wirtschaft der Bundesrepublik zu erstatten. Bonn, den 16. Oktober 1958 Schneider (Bremerhaven) und Fraktion für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Margarete Heise


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Herren und Damen! Herr Abgeordneter Stiller hat Ihnen soeben die Begründung für den Antrag Drucksache 513 vorgetragen. Nur hat er etwas ausgelassen. Es heißt da nämlich nicht nur, daß sich die wirtschaftlichen Verhältnisse in Berlin so gebessert hätten, sondern auch, die politischen Verhältnisse hätten sich so gebessert, daß man dieses Gesetz heute auch in Berlin anwenden könne. Ich möchte darauf nachher noch einmal zurückkommen.
    Daß die CDU-Abgeordneten — es sind 26 -- und ein DP-Abgeordneter — Herr Präsident Preusker — ausgerechnet jetzt den Mieterschutz und die Preisbindung für Geschäftsräume in Berlin aufheben wollen, kam für uns Sozialdemokraten einigermaßen überraschend. Erstaunlich aber an diesem Antrag ist außerdem die von der Bundesregelung abweichende Art, wie Sie das Gesetz angewendet wissen wollen. Im Bund haben Sie gegen unsere Stimmen die Rechte der Mieter von Geschäftsräumen in den letzten sechs Jahren Zug um Zug abgebaut; im gleichen Maße haben Sie den Vermietern mehr Rechte eingeräumt. Nun wollen Sie in Berlin folgen. Ich weiß nicht, ob Sie den Geschäftsraummietern in Berlin damit ein Weihnachtsgeschenk machen wollen; denn Ihr Antrag sieht ja eine Kündigungsmöglichkeit zum 1. Januar 1959 vor.
    Im Bund haben Sie, wie ich eben schon sagte, das Kündigungswiderrufsverfahren durch Einbau der §§ 8 bis 22 stufenweise abgebaut. Zuerst hatte der Mieter einen Anspruch auf Widerruf der Kündigung, wenn diese erhebliche wirtschaftliche Nachteile für ihn mit sich brachte. Später hatte er diesen Anspruch auf Widerruf der Kündigung nur noch, wenn sie eine erhebliche Gefährdung der wirtschaftlichen Lebensgrundlage für ihn zur Folge hatte. Das galt für Kündigungen, die vor dem 31. März 1956 erfolgten. Die Kündigungen galten dann als nicht erfolgt, und das Mietverhältnis war fortzusetzen. Im Jahre 1956, also vier Jahre nach Erlaß des Geschäftsraummietengesetzes für den Bund, ließen Sie den Anspruch auf Widerruf der Kündigung auslaufen und ersetzten ihn durch einen Vollstreckungsschutz; dieser ist erst im September 1958 ausgelaufen.
    Sie haben also den Geschäftsleuten im Bundesgebiet fast sechs Jahre Zeit gegeben, sich nach einem geeigneten Geschäftslokal und nach einem vernünftigen Hauswirt umzusehen, mit dem sie einen normalen Vertrag schließen konnten. Leider sind die meisten Verträge keine langfristigen geworden, wie eine Untersuchung des Lebensmitteleinzelhandels in Hamburg neulich ergeben hat. Die Geschäftsleute wissen also bei den sehr kurzfristigen Verträgen nie, ob sie nicht nach einem Jahr wieder räumen müssen. Den Berliner Geschäftsleuten wollen Sie nun die völlige Aufhebung des Mieterschutzes und der Preisbindung bereits nach einem Jahr zumuten.

    (Hört! Hört! bei der SPD.) Das scheint mir nicht tragbar zu sein.

    Nach der von Ihnen vorgeschlagenen Änderung des § 22 würde es ab 31. Dezember 1959 keinerlei Schutz vor einer Kündigung mehr geben. Anders als im Bundesgebiet würde damit der bisher in Berlin uneingeschränkt geltende Mieterschutz für Geschäftsräume aufgehoben, und das ist einfach unmöglich. Berlin würde bei der Anwendung des Gesetzes schlechtergestellt als das Bundesgebiet.
    Nun zu den Preisbindungen. Es ist ja nicht so, daß in Berlin die Preisstoppmiete von 1936 gilt und daß die Leute immer noch zu diesen niedrigen Mieten in den Geschäftslokalen wohnen. Das ist eine Utopie. In Berlin gibt es bisher schon Befreiungen von dieser Preisbindung, nämlich dann, wenn es sich um Verträge handelt, die nach dem 13. Juni 1953 abgeschlossen worden sind.
    Sie sagten, Herr Stiller, daß einzelne Geschäftslokale in Berlin leerstehen. Ich möchte das nicht bestreiten. Aber das sind zumeist Geschäftslokale in Neubauten, die wegen der überhöhten Miete nicht von Inhabern anderer Geschäftsräume bezogen werden können.

    (Sehr wahr! bei der SPD.)




    Frau Berger-Heise
    Einen Neuzugang in unserer mit Geschäften eigentlich überbesetzten Stadt können wir uns außerdem auch nicht leisten.

    (Zustimmung bei der SPD.)

    Die anderen Geschäfte aber haben auf die Preisstoppmiete von 1936 einmal einen Aufschlag von 10% gehabt — er erfolgte gemäß §§ 5 und 24 des Bundesmietengesetzes —, dann einen Aufschlag von 3 bzw. 3,5 %— das war 1953 — und seit dem 1. Januar 1958 einen Aufschlag von 3% — das war die Abwälzung der erhöhten Grundsteuern und der öffentlichen Abgaben —. Außerdem bot die Verordnung vom 8. Juni 1953 den Mietparteien die Möglichkeit, die Mieten frei zu vereinbaren. Das gab es also in Berlin bisher auch. Die vereinbarte Miete war zwar von der Preisbindung eingefangen, konnte also nicht willkürlich erhöht werden, aber immerhin bestand die Möglichkeit der Übereinkunft. Sie galt als preisrechtlich zulässig. Diese freie Vereinbarung war kein so einseitiges Mietdiktat, wie Sie es jetzt auch in Berlin den Hausbesitzern ermöglichen wollen. Aber für unsere Stadt ist die freie Vereinbarung das Gegebene gewesen.
    Wie begründen nun die CDU/CSU und die DP ihren Antrag? Ich muß sagen, wirtschaftlich begründen Sie ihn eigentlich recht matt, Herr Stiller. In der Schriftlichen Begründung heißt es:
    Bei Erlaß des Geschäftsraummietengesetzes im Jahre 1952 ließen es die besonderen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse in Berlin nicht zu,
    ,) und so weiter. Und jetzt lassen sie es nach Ihrer Meinung eben zu. Die wirtschaftlichen Verhältnisse in Berlin haben sich in der Tat gebessert — das gebe ich Ihnen aus ganzem Herzen und voller Freude zu —, dank Bundeshilfe und dank der fleißigen Berliner und Berlinerinnen in allen Schichten.
    Ich habe mich übrigens gewundert, daß zu den 27, die den Antrag unterschrieben haben, nur ein einziger Berliner gehört. Dazu kommt dann, daß wir nachher über dieses Gesetz zwar nicht mit abstimmen dürfen, daß wir es aber in Berlin übernehmen müssen. Nun, damit kommen wir in der Beratung noch zu Rande.
    Wir haben heute in Berlin trotz der wirtschaftlichen Besserung noch ungefähr 60 000 Arbeitslose, zumeist ältere Menschen, und wenig Aussicht, sie unterzubringen. Dazu haben wir. ebenso wie Sie hier auch einen Konjunkturrückgang. Sie sagen dazu Bremse; wir sagen: das ist ein Auftragsrückgang, und damit haben wir zu kämpfen. Aber auf Grund welcher Untersuchungen bringen Sie jetzt eigentlich diesen Antrag ein? Nur so: es hat sich in Berlin gebessert? Das reicht ja doch wohl nicht hin. Ich meine, Sie hätten sich mindestens an die Industrie- und Handelskammer in Berlin wenden sollen, die schon im Mai dieses Jahres sagte: Wir sind mit der Übernahme des Geschäftsraummietengesetzes auf Berlin nicht einverstanden, wir werden wirtschaftliche Untersuchungen anstellen. Haben Sie sich vielleicht an die Berliner Handwerkerinnungen gewandt? Schließlich sind ja eine Unmenge kleiner
    Handwerksbetriebe davon betroffen, alle kleinen Handwerker, die Werkstätten haben. Haben Sie den Berliner Senat gefragt, um Gutachten oder um Untersuchungen gebeten? Auch das ist nicht der Fall. Herr Stiller, ich war mit Herrn Senator Schwedler vor einer Woche in einer Baukonferenz, in der er Ihren Antrag als unmöglich und als für die Berliner Verhältnisse nicht tragbar bezeichnete. Wir sind da wohl verschiedener Meinung; in der Sitzung, die Sie meinen, war auch ich.
    Am 8. Dezember 1954, also zwei Jahre nach der Verkündung des Geschäftsraummietengesetzes im Bund, hat an dieser Stelle der heutige Wohnungsbauminister und damalige Abgeordnete Lücke im Namen des Ausschusses für Bau- und Bodenwesen die Bundesregierung ersucht, bis zum 30. Juni 1958 — ich zitiere jetzt — „die Lage auf dem Geschäftsraummarkt erneut zu überprüfen und dem Bundestag Vorschläge zu machen, welche Schutzbestimmungen zu treffen seien, um soziale Härten zu vermeiden". So ernst nahm man das damals; heute mach r man das ohne jede Untersuchung. Für Berlin ist das anscheinend nicht nötig. Aber das können die Abgeordneten, die das unterschrieben haben, glaube ich, nicht beurteilen. Ich möchte es wenigstens bestreiten, daß es heute so geht.
    Die Berliner Wirtschaftsstruktur ist eine besondere. Ich möchte es an einem Beispiel klarmachen. Denken Sie zum Beispiel an den § 2 Abs. 2 des Gesetzes. Da heißt es:
    Wohnungen, bei denen mehr als die Hälfte der Wohnfläche anderen als Wohnzwecken dient, stehen bei Anwendung dieses Gesetzes Geschäftsräumen gleich.
    Das heißt, daß jede Wohnung, die je zur Hälfte Wohnung und Geschäftsraum ist, unter dieses Gesetz fällt, also ohne Mieterschutz und Preisbindung sein wird. Das sind in Berlin Tausende kleiner Handwerker, aber auch Heimarbeiter und vor allem eine Gruppe, die es hier längst nicht in dem Maße, ja fast gar nicht gibt: Zwischenmeister aus der Konfektion. Sie wissen, wir sind die Stadt der Damenoberbekleidung. Wir haben 2500 Zwischenmeisterbetriebe, eine Form der Konfektion, wie isie nur in Berlin üblich ist. Hier im Westen macht man so etwas in Bandarbeit in Fabriken. Gerade diese Zwischenmeister sind der Konjunktur unterworfen und sind wirtschaftlich immer besonders gefährdet. 500 solcher Zwischenmeisterbetriebe sind Kleinstbetriebe mit nicht mehr als zwei Beschäftigten. Sie haben sehr schwer zu kämpfen, einmal gegen die aufkommenden großen Versandhäuser und zum anderen gegen die Bandanfertigung im Bundesgebiet.
    Dazu kommt — und da möchte ich Ihnen ein paar Zahlen sagen — die saisonbedingte Arbeitslosigkeit in diesen Betrieben. Die Beschäftigtenzahl in dieser Industrie ist immerhin 71 500. Das ist für Konfektion, finde ich, ganz beachtlich. Ich will Ihnen einmal sagen, wie die Beschäftigung schwankt und wie gefährlich es ist, solche Leute einer dauernden Unsicherheit in ihrem Vertragssystem mit dem Vermieter auszusetzen. Im September 1957 hatten wir 1083 Arbeitslose, im Oktober 6200, im Dezember



    Frau Berger-Heise
    10 800, im Januar 1958 2400, im Februar 1700, dm April 5100, im Mai 9400, im Juni 11 300, im Juli 5000, im August 2400, im September 2300. Da sehen Sie, daß zweimal im Jahr, nämlich in den Monaten November /Dezember und Mai/ Juni, 11 000 Menschen plötzlich auf der Straße liegen. Wenn die Heimarbeiter feiern, hat der Zwischenmeister in der Konfektion keinen Verdienst, er hat aber die Geschäftsunkosten zu tragen. Diese Gruppe bei uns soll jetzt nach Ihrem Willen ebenfalls unter die freien Mieten fallen und ohne Mieterschutz bleiben. Man muß bei solchen Anträgen doch einigermaßen überlegen, wem man die Belastung zumutet. Man hat, meine ich, auf die wirtschaftliche Struktur in Berlin Rücksicht zu nehmen.
    Nun zu dem einen Satz, Herr Stiller, den Sie vergessen haben, der aber in Ihrer Schriftlichen Begründung steht: „Damals ließen es die politischen Verhältnisse nicht zu, dieses Gesetz auch auf Berlin auszudehnen." Was hat sich eigentlich politisch für Berlin so grundlegend geändert? Leider nichts. Heute haben wir in Berlin genauso wie damals kein Hinterland. Unsere politische Sicherheit ist wohl nicht sehr viel anders als damals.
    Wir sind wirtschaftlich von der Politik der anderen Stadthälfte nicht unbedingt zu beeinflussen. Aber die Geschäfte am Sektorenrand und am Zonenrand spüren sehr wohl jede politische Veränderung drüben in ihrer Ladenkasse. Ich will Sie nur an die plötzliche Umtauschaktion in der DDR erinnern, die unseren kleinen Geschäftsinhabern sehr schwer zugesetzt hat. Ich erinnere Sie an die 30 000 Grenzgänger, die es damals gab und die auch heute da sind und die je nach politischer Laune erschwert oder erleichtert im Westsektor einkaufen können. Ich weiß, daß es sehr viele Menschen gibt, die von Berlin, wenn sie einmal hineinkommen, nicht sehr viel mehr sehen als eben den Kurfürstendamm, den Tauentzien und eben die großen Geschäfte. Die sind von dem angekündigten Gesetz nicht betroffen; denn ihre Inhaber sind zumeist Hauseigentümer und setzen ihre Mieten selbst fest. Betroffen sind die kleinen Betriebe, und ich glaube, daß dieses Gesetz ihnen großen Schaden zufügt. Ich glaube also, wir werden uns im Ausschuß sehr eingehend darüber unterhalten müssen.
    Ich habe vorhin gehört, wie mein Kollege Conrad in der großen Saardebatte sagte, am Prinzip der freien Marktwirtschaft dürften die Menschen nicht zugrunde gehen. Ich glaube, die Besonderheiten in der Entwicklung im Saargebiet und in Berlin bedingen, daß wir in beiden Gebieten darauf achten, daß die Menschen am Prinzip der freien Marktwirtschaft nicht zugrunde gehen. Deshalb wollen wir diesen Gesetzentwurf sehr eingehend prüfen, und er wird ja nun wohl dem Ausschuß für Wohnungswesen, Bau- und Bodenrecht überwiesen werden.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Will.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rudolf Will


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte den letzten Satz aufgreifen, den die hochverehrte Kollegin Frau BergerHeise gerade gesagt hat, daß wir diesen Gesetzentwurf im Ausschuß sorgfältig prüfen müssen. Kein Zweifel, daß das geschehen muß. Ich möchte glauben, es läßt sich vermeiden, daß wir im Zusammenhang mit der Übernahme dieses Gesetzes auf Berlin jetzt etwa einen Nachhall des Kampfeslärms erleben, den wir vor sechs Jahren schon einmal gehabt haben, als wir damals die Freigabe der Geschäftsräume von der Mieterschutzgesetzgebung und von der Preisbindung für das Bundesgebiet hier beraten und beschlossen haben. Wir entsinnen uns ja noch, welch düstere Voraussagen damals gemacht worden sind. Ich entsinne mich noch der Ankündigung von 300 000 Prozessen und zahlloser Zusammenbrüche, die alle Folge dieser Freigabe sein würden. Das ist erfreulicherweise nicht eingetreten. Wir wissen auch, daß weder die Bäume der Hauseigentümer in den Himmel gewachsen noch die der Ladenmieter verdorrt sind, nachdem die Freigabe erfolgt ist. Wir sehen wieder einmal, daß man auch in der Marktwirtschaft nicht das verlangen kann, was man gerne haben möchte, sondern das nehmen muß, was man bekommen kann. Das hat sich auch hier gezeigt.
    Nun handelt es sich bei diesem Gesetz um einen massiven Interessenkonflikt zwischen denen, die Miete zahlen sollen, und denen, die sie vereinnahmen. Infolgedessen werden wir hier einen billigen Ausgleich suchen müssen.
    Berlin ist — Sie haben das mit Recht gesagt — auf Grund der nach wie vor bestehenden wirtschaftlichen Abschnürung immer noch in einer sehr ungünstigen Lage. Das wird man auch bei diesem Gesetz berücksichtigen müssen. Bisher hat man aber in Berlin, das möchte ich einmal klar aufzeigen, die Interessen der produzierenden und der händlerischen Wirtschaft immer über diejenigen der Hausbesitzer gestellt. Wir sind uns darüber einig, daß es sich beim Berliner Hausbesitz nicht um Latifundien, nicht um immobiles Kapital übermäßiger Größeneinheiten handelt, sondern daß es um eine große Zahl kleinerer Existenzen geht. Frau Kollegin Heise, wir kennen uns aus Berlin; Sie haben mit mir an vielen Sitzungen von Haus- und Grundbesitzervereinigungen in Berlin teilgenommen, und Sie werden zugeben müssen, daß sie sich nicht viel von Sitzungen der Mietervereinigungen unterscheiden. Also auch dieser Kreis von überwiegend älteren Personen, die im Wege des Erbgangs in den Besitz dieser Häuser gekommen sind, ist durchaus schutzwürdig. Diesen Gesichtspunkt müssen wir auch in Berlin gelten lassen. Denn es ist ja nicht immer so, daß ein in ungünstiger wirtschaftlicher Lage befindlicher Ladenmieter einem besonders vermögenden Hausbesitzer gegenüberstände. Vielmehr liegen die wirtschaftlichen Verhältnisse oft umgekehrt.
    Nun hat, wie ich weiß, die Berliner Handelskammer bei einer Anzahl von Firmen eine Umfrage veranstaltet, wie sie sich dazu stellten. Das Ergebnis liegt wohl noch nicht vor, aber wir können uns vorstellen, wie es sein wird. Ein wesentlicher Teil der Ladenmieter, der Mieter gewerblicher Räume



    Dr. Will
    wird sagen, seine Handelsspannen seien so gering, daß er eine Mieterhöhung unter gar keinen Umständen tragen könne, und die Hausbesitzer werden sagen, die zur Verfügung gestellten Bundesmittel eichten für die Reparaturen bei weitem nicht aus, wenn man ihren Belangen nicht Rechnung trage, werde der Althausbesitz verfallen, es könnten gar nicht so viel Häuser neu gebaut werden, wie Althäuser verfielen, und das gelte auch für die Läden in diesen Häusern. Das Ergebnis der Umfrage ist also in etwa vorauszusehen. Wir werden das Ergebnis zwar noch vorgelegt bekommen, aber wir würden nicht gut beraten sein, davon allein unser Urteil in dieser Frage abhängig zu machen.
    Auch in Berlin kommt eine schrankenlose Freigate gar nicht in Frage. Vielmehr sieht das Gesetz als Bremse zum Schutz des betroffenen Mieters die Möglichkeit vor, den Widerruf der Kündigung zu verlangen. Die Ausschußberatung wird uns Gelegenheit geben, die wahre Lage der Kontrahenten auf diesem Gebiet zu untersuchen. Diese Untersuchung ist natürlich eine Voraussetzung für die beabsichtigte gesetzliche Regelung. Wo die größere soziale Hilfsbedürftigkeit liegt, kann man wahrscheinlich erst feststellen, wenn man die statistischen Unterlagen in den Details hat. Jedenfalls kann man von keiner Partei aus von vornherein sagen, die größere soziale Schutzbedürftigkeit liege auf dieser oder jener Seite.
    Ich komme also auf das zurück, was ich eingangs gesagt habe und was auch Sie ausgeführt haben: wir werden Gelegenheit nehmen, uns dieser Fragen in der betont sachlichen Atmosphäre, die wir im Ausschuß immer haben, anzunehmen. Da es sich um ein Problem handelt, das zwei gleichwertigen Bevölkerungsgruppen am Herzen liegt, möchte ich meinen, daß wir einen Ausweg finden, der wahrscheinlich nicht alle Seiten befriedigen wird, aber als gerecht anerkannt wird.
    Ich stimme im Namen meiner Fraktion der Überweisung an den Ausschuß zu.

    (Beifall bei der FDP.)