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ID0304504900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 45. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1958 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Dr. Wolff (Denzlingen) . .. 2515 A Zur Tagesordnung Rösing (CDU/CSU) . . . . . . . 2515 C Vizepräsident Dr. Becker . . . . . 2515 C Entwurf eines Deutschen Richtergesetzes (Drucksache 516) — Erste Beratung — Memmel (CDU/CSU) . . . . . 2515 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . . . 2516 D Entwurf eines Gesetzes zur Angleichung umsatzsteuerrechtlicher Vorschriften (Drucksache 455) — Erste Beratung — . 2517 A Entwurf eines Gesetzes zum Übereinkommen Nr. 97 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 1. Juli 1949 über Wanderarbeiter (Neufassung 1949) (Drucksache 512) — Erste Beratung — . . . . 2517 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vierten Zusatzabkommen vom 1. November 1957 zum Zollvertrag mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft (Drucksache 524) —Erste Beratung — 2517 B Entwurf eines Gesetzes zu den Protokollen vom 14. Juni 1954 über Änderungen des Abkommens vom 7. Dezember 1944 über die Internationale Zivilluftfahrt (Drucksache 527) — Erste Beratung — . . . . 2517 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 17. Januar 1958 über Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen mit dein Königreich Belgien (Drucksache 534) — Erste Beratung . . . . . . . . . 2517 C Entwurf eines Gesetzes über das Europäische Währungsabkommen vom 5. August 1955 (Drucksache 541) — Erste Beratung — 2517 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Zusatzprotokoll vom 9. September 1957 zum Abkommen vom 15. Juli 1931 mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftsteuern (Drucksache 543) — Erste Beratung — . . . . . . . . 2517 D Entwurf eines Zehnten Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (CDU/ CSU) (Drucksache 515) -- Erste Beratung -- 2518 A Achtzehnte Verordnung über Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Drucksache 523) 2518 A Entschließungen der 46. Konferenz der Interparlamentarischen Union (Drucksache 124); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 507) . . . . . . . . 2518 B Bericht des Bundesrechnungshofs über die Prüfung der Bilanzen und des Geschäftsbetriebs der Verwertungsstelle der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein für die Geschäftsjahre 1954/55 und 1955/56 (Drucksache 535) 2518 C Antrag der Abg. Dr. Kopf, Metzger u. Gen betr. Vereinfachung der Grenzformalitäten (Drucksache 519) . . . . . . . 2518 C Entwurf einer Verordnung des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Drucksache 382) Dr. Deist (SPD) . . . . . . . . 2518 D Entwurf einer Verordnung Nr. 3 des Rates der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zur Festlegung der Einzelheiten für die Anforderung und Überweisung der Finanzbeiträge sowie für die Haushaltsregelung und die Verwaltung des Entwicklungsfonds für die überseeischen Länder und Hoheitsgebiete (Drucksache 540) Schoettle (SPD) . . . . . . . . 2519 B Große Anfrage der Fraktion der FDP. betr. Maßnahmen im Zuge der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes (Drucksache 429), Antrag der Fraktion der DP betr. wirtschaftliche Rückgliederung des Saarlandes an die Bundesrepublik (Drucksache 58) Dr. Atzenroth (FDP) 2519 C Schneider (Bremerhaven) (DP) 2521 C, 2538 A Dr. Westrick, Staatssekretär . . . . 2523 B Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 2526 C Dr. Mommer (SPD) . 2531 D, 2537 A, 2547 C Dr. von Brentano, Bundesminister . . 2535 D Dr. Becker (Hersfeld) 2537 B Conrad (SPD) . . . . . . 2538 B, 2545 C . Dr. Hellwig (CDU/CSU) 2543 D Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Geschäftsraummietengesetzes (Einführung im Land Berlin) (Abgg. Huth, Stiller, Dr. Preusker u. Gen.) (Drucksache 513) -- Erste Beratung — Stiller (CDU/CSU) 2548 D Frau Berger-Heise (SPD) 2549 B Dr. Will (FDP) . . . . . . . 2551 B Dr. Hellwig (CDU/CSU) 2552 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes (Abgg. Dr. Kreyssig, Seuffert, Marx, Folger u. Gen.) (Drucksache 511) — Erste Beratung — Folger (SPD) . . . . . . . . 2553 A Brück (CDU/CSU) 2553 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . 2554 C Anlagen 2555 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Oktober 1958 2515 45. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Graf Adelmann 31. 10. Altmaier* 19. 10. Dr. Baade 30. 10. Bauer (Würzburg)* 19. 10. Dr. Becker (Hersfeld)* 19. 10. Berkhan 30. 10. Birkelbach* 19. 10. Fürst von Bismarck 17. 10. Blachstein 18. 10. Dr. Böhm 2. 11. Frau Brauksiepe 17. 10. Burgemeister 17. 10. Frau Diemer-Nicolaus 24. 10. Frau Döhring (Stuttgart) 18. 10. Döring (Düsseldorf) 16. 10. Dowidat 18. 10. Eilers (Oldenburg) 17. 10. Engelbrecht-Greve 4. 11. Even (Köln)* 19. 10. Frehsee 5. 11. Frau Friese-Korn 16. 10. Dr. Furler* 19. 10. Geritzmann 17. 10. Gerns* 19. 10. Frau Geisendörfer 18. 10. Giencke 25. 10. Dr. Gülich 18. 10. Hahn 17. 10. Frau Herklotz 23. 10. Heye* 19. 10. Hilbert 17. 10. Dr. Höck (Salzgitter) 16. 10. Höfler' 19. 10. Frau Dr. Hubert* 19. 10. Illerhaus 17. 10. Jacobs* 19. 10. Jahn (Frankfurt) 31. 12. Kalbitzer 25. 10. Kiesinger* 19. 10. Frau Kipp-Kaule 17. 10. Knobloch 17. 10. Dr. Kopf* 19. 10. Dr. Königswarter 17. 10. Frau Dr. Kuchtner 17. 10. Kühlthau 16. 10. Kühn (Köln)* 19. 10. Lenz (Trossingen) 9. 11. Dr. Leverkuehn* 19. 10. Dr. Löhr 17. 10. Lücker (München)* 19. 10. Maier (Freiburg) 22. 11. Anlagen zum Stenographischen Bericht Dr. Baron Manteuffel-Szoege 30. 11. Frau Dr. Maxsein` 19. 10. Dr. Menzel 16. 10. Metzger* 19. 10. Müller (Worms) 17. 10. Neuburger 17. 10. Niederalt 10. 11. Ollenhauer 17. 10. Paul* 19. 10. Dr. Preusker 17. 10. Rasner 28. 10. Frau Dr. Rehling* 19. 10. Rehs 22. 10. Reitzner 31. 12. Scheel 4. 11. Dr. Schmid (Frankfurt)* 19. 10. Frau Schmitt (Fulda) 17. 10. Dr. Schneider (Saarbrücken) 1. 11. Schütz (München)* 19. 10. Dr.-Ing. Seebohm 17. 10. Seidl (Dorfen)* 19. 10. Dr. Serres* 19. 10. Spitzmüller 30. 10. Dr. Stammberger 18. 10. Dr. Starke 17. 10. Dr. Steinmetz 10. 11. Stenger 17. 10. Dr. Stoltenberg 10. 11. Dr. Vogel 10. 11. Wagner 17. 10. Dr. Wahl* 19. 10. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)' 19. 10. Wehner 17. 10. Dr. Zimmer* 19. 10. b) Urlaubsanträge Schmidt (Hamburg) 15. 11. Anlage 2 Umdruck 168 Antrag der Fraktion der DP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Maßnahmen im Zuge der wirtschaftlichen Eingliederung des Saarlandes (Drucksache 429) Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis zum 31. Mai 1959 dem Bundestag einen Bericht über die zu treffenden wirtschaftlichen Maßnahmen für die Eingliederung der Saarwirtschaft in die Wirtschaft der Bundesrepublik zu erstatten. Bonn, den 16. Oktober 1958 Schneider (Bremerhaven) und Fraktion für die Teilnahme an der Tagung der Beratenden Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen zu dem sachlichen Teil unserer Probleme machen es doch erforderlich, noch einmal zu einigen Dingen Stellung zu nehmen, vor allem auch um die Problematik



    Dr. Hellwig
    noch einmal herauszuarbeiten, die in der kommenden Zeit zu beachten ist.
    Die Bundesregierung und der Gesetzgeber stehen vor nicht minder schwierigen Aufgaben als die Regierung des Saarlandes und der dortige Landesgesetzgeber. Aber es ist schon in den Ausführungen des Kollegen Conrad deutlich geworden, daß viele Dinge auch der gestaltenden Mitwirkung der großen Sozialverbände bedürfen. Es ist von Herrn Kollegen Conrad darauf hingewiesen worden, daß beispielsweise bezüglich der Umstellung der Löhne, der Sozialleistungen usw. die Meinungen stark auseinandergehen, ob eine entsprechende Regelung über neu abzuschließende Tarifverträge oder über eine gesetzliche Umstellung der jetzigen Preis-LohnRelationen zu erfolgen hat. Je schneller und je einheitlicher die Meinungsbildung an der Saar selbst erfolgt, um so leichter wird es für die Bundesregierung sein, ihre Maßnahmen anzusetzen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das große Problem aber, vor dem wir alle stehen, ist die Tatsache, daß 1956 im Saarabkommen bestimmte Dinge fixiert worden sind, die erst, ab spätestens 1. Januar 1960 Platz greifen sollen. Es sind mengenmäßige Bestimmungen, beispielsweise über den Außenhandel der Saar, darin enthalten. Über diese Fixierung ist die Entwicklung seither längst hinweggegangen, einmal die politische Entwicklung in Frankreich, die innerfranzösischen Verhältnisse, die Entwicklung der Währung und des Staatshaushalts, zum anderen der Weg zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Abschluß des EWG-Vertrags und inzwischen auch sein Inkrafttreten. Nicht zuletzt hat auch die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung gezeigt, daß sie sich nur äußerst schwierig verfrüht in bestimmte Festlegungen einfangen läßt.
    Damit stellt sich die Frage: ist der Zweck der Übergangszeit erreicht worden oder nicht? Die Frage ist verneint worden; der Zweck der Übergangszeit sei nicht erreicht. Das kann man natürlich nur sagen, wenn man bereits eine pflichtmäßige Umschaltung der Saarwirtschaft auf den deutschen Markt in dieser Übergangszeit haben wollte. Wir haben damals doch hier vielfach die Auffassung vertreten, daß die Saarwirtschaft so lange wie möglich auf dem französischen Markt bleiben sollte, um ihre Position zu halten und sie nicht freiwillig aufzugeben.
    In der Frage: Was ist seither geschehen? mögen die Auffassungen von Opposition und Regierungsparteien etwas auseinandergehen. Es ist eine Geschmacksfrage, ob man nur herausstellt, daß es zuwenig ist, und ob man sagt, bestimmte Aufrechnungen, insbesondere soweit sie finanzieller Art sind, dürften hier nicht erwähnt werden. Für den Empfänger an der Saar, den öffentlichen Haushalt oder die Wirtschaft, mag es richtig sein, zu sagen: der Etat der Länder sei ja auch im Bundesgebiet nicht mit dem Defizit von Post oder Bahn belastet. Es mag richtig sein, zu sagen: die 40 Milliarden Fr. bei der Währungsumstellung seien ja nicht eine Hilfe für die Saar. Völlig zugegeben! Aber Sie müssen auch die andere Seite sehen, und auch unsere Landsleute an der Saar müssen sie sehen: daß für den Bund, und zwar in diesem Falle für den Bundeshaushalt, diese Dinge in ihrer Gesamtheit als eine Belastung des Haushalts zu sehen sind und daß auch die Aufbringung gesichert sein muß. Die Frage der Bedienung all dieser Verpflichtungen ist uns nicht abzunehmen, gleichgültig ob die Regelung den Charakter einer Hilfe für die Saar hat oder nicht. Daher bitte ich an der Saar um Verständnis dafür, daß wir hier auch immer wieder die haushaltsmäßige Betrachtung anknüpfen.
    Nun einiges zu dem Problem der handelspolitischen Eingliederung, insbesondere der Orientierung der Saar auf den Markt im Bundesgebiet. Durch die Ausführungen des Kollegen Conrad ging eine große Frage hindurch, auf die er uns allerdings keine Antwort gegeben hat. Er hat sich im ersten Teil seiner Ausführungen sehr betont für die Aufrechterhaltung des sozialen Leistungsstandes an der Saar ausgesprochen, und er hat gesagt, auch dort, wo andere Regelungen, d. h. doch sicher günstigere Regelungen, als im Bundesgebiet vorlägen, sollten sie an der Saar bestehenbleiben. Kollege Mommer hat ähnlich gesprochen und gesagt, daß man hier nicht unbedingt einen sozialpolitischen Unitarismus entwickeln müsse. Aber dann hat Kollege Conrad in seinem zweiten Teil darauf hingewiesen, der Absatz der Saarindustrie mache sehr große Sorge, weil sie in vieler Hinsicht auf dem deutschen Markt nicht richtig zum Zuge gekommen sei, sie sei nicht konkurrenzfähig wegen der Kosten- und Preissituation, und gewisse zusätzliche Vergünstigungen oder Anreize für deutsche Käufer müßten noch entwickelt werden.
    Aber diese beiden Teile des Problems gehören doch wohl zusammen. Man kann nicht sagen — so gern es jeder möchte —: die Saar soll ein höheres soziales Leistungsniveau als das Bundesgebiet haben — wenn sie es zur Zeit hat —, auf der anderen Seite aber bedauern, daß sie durch ihre höheren Kosten in bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit schlechter gestellt sei, so daß Bundeshilfen in irgendeiner Form dafür notwendig wären. — Herr Kollege Conrad, ich mache nur darauf aufmerksam, daß diese Frage gestellt ist, und sie wird wohl der rote Faden durch die Diskussion in den nächsten Monaten und insbesondere vor und nach dem Tage X und beim Tage X in der Umstellungsgesetzgebung sein.
    Ich möchte nun hier nicht unken und sagen, die Wettbewerbsfähigkeit der Saar verbietet es überhaupt, abweichende soziale Regelungen aufrechtzuerhalten. Das möchte ich gar nicht sagen, sondern ich glaube, wir sollten sehr genau überprüfen, ob die Saar und die Saarbevölkerung, um die es ja hier geht, bei dem jetzigen Gefüge sozialer Leistungen plus Lohn wirklich bessersteht als die vergleichbaren Bevölkerungsschichten und Arbeitnehmerkategorien im Bundesgebiet. Das ist eine Frage, die einfach noch nicht zu Ende durchgedacht ist und auf die auch weder Ihnen noch mir eine klare Antwort möglich ist.



    Dr. Hellwig
    Ich weise zunächst einmal auf die allgemeine Entwicklung der Löhne und ihrer Kaufkraft im Saargebiet hin. Herr Kollege Conrad hat — mein Kollege Dr. Fritz hat ebenfalls davon gesprochen —auf Untersuchungen der saarländischen Gewerkschaften und der Arbeitskammer verwiesen, wo das Zurückbleiben der Industriearbeiter der Saar gegenüber dem Bundesgebiet im Reallohnniveau nachgewiesen wird. Das Ergebnis dieser Untersuchungen galt für Februar dieses Jahres. Es war das Ergebnis des Vergleichs mit Nordrhein-Westfalen und mit Baden-Württemberg, daß tatsächlich die Saarlöhne nach Einbeziehung sämtlicher Zulagen, also auch der Familienzulage und der sogenannten weiteren Lohnzulage, über die Kollege Conrad gesprochen hat, in den untersuchten Wirtschaftszweigen zwischen 7 und 16 % niedriger als in NordrheinWestfalen und zwischen 1 und 11 % niedriger als in Baden-Württemberg waren. Lediglich in der Papierverarbeitung und zum Teil in der chemischen Industrie überwogen die saarländischen Löhne — wohlgemerkt: bereits einschließlich der sogenannten weiteren Lohnzulage und einschließlich der Familienzulage.
    Das ist inzwischen überholt; denn seither hat im Saargebiet eine bemerkenswerte Lohnbewegung eingesetzt. Die nominelle Erhöhung der Löhne war recht kräftig. Da die Preisentwicklung dahinter zurückblieb, also die Lohnentwicklung nicht voll aufzehrte, dürften in der Zwischenzeit auch die industriellen Reallöhne an der Saar zugenommen haben, so daß sich der Abstand gegenüber dem Bundesgebiet doch um eine erhebliche Anzahl von Punkten wieder verringert hat.
    An dieser Bewegung wird deutlich, daß wir im Augenblick keine sozialpolitischen Schlußfolgerungen ziehen können, weder für die Frage der Umstellung der Löhne und der Tarifverträge noch für die Umstellung der anderen öffentlichen oder halböffentlichen Sozialleistungen, weil das ständige Nebeneinander der Entwicklung mal der einen, mal der anderen Seite dieses Vergleichs eine andere Stellung gibt und wir noch nicht sagen können, wie das Bild am Tage X und unmittelbar danach denn nun wirklich aussehen wird. Ich glaube daher, es ist gut, die Erkenntnis dieser Frage so weit wie möglich durch Vergleiche voranzutreiben, es ist aber verfrüht, daraus bereits bestimmte Schlußfolgerungen zu ziehen.
    Was hat nun der Reallohnvergleich weiterhin ergeben? Er war für männliche Verheiratete mit einem Kind durchgeführt. Das Bild wird sofort etwas anders, wenn man die Familie mit zwei und mehr Kindern heranzieht. Dann macht sich bemerkbar, auf was Kollege Conrad schon hinwies, daß insbesondere vom dritten Kinde ab der saarländische Arbeitnehmer in seinem Realeinkommen besser steht. Aber daraus jetzt schon die Schlußfolgerung zu ziehen, daß etwas Derartiges ein Besitzstand sei, der am 1. Januar 1960 noch unverändert gegeben sei und dann unverändert zu übernehmen sei, erscheint mir verfrüht.
    Wir müssen — und so ist die Formel von der Erhaltung des sozialen Besitzstandes doch auch gemeint — die Gesamtheit des realen Einkommens des saarländischen Einkommensbeziehers sehen, gleichgültig wie es sich im einzelnen zusammensetzt, aus Lohn, Familienzulagen und sogenannter weiterer Lohnzulage, die ihre Herkunft aus einer Art von Steuerabgeltung hat. Wir sollten einstweilen bemüht sein, den realen Wert des Einkommens zu erhalten, gleichgültig wie es sich im einzelnen zusammensetzt.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Aber nicht zu Lasten der Familienväter!)

    — Das ist völlig richtig, Herr Kollege Wuermeling, das darf nicht zu Lasten von irgend jemand erfolgen, womit gemeint ist, daß der Betreffende nicht weniger an realem Einkommen erhalten soll.
    Ich halte es — insofern widerspreche ich dem Kollegen Conrad — für verfrüht, etwa jetzt schon die weitere Lohnzulage an der Saar durch eine einseitige Regelung der Saar abzuschaffen, weil damit das Gefälle zwischen Familienzulageempfängern und Kinderlosen oder Unverheirateten vergrößert würde, also gerade damit die Divergenz in der gesamten Einkommensgestaltung gegenüber dem Bundesgebiet größer würde. Die Saar sollte in dieser Zeit eines vermeiden. Sie sollte nicht weitere Divergenzen in der Schichtung des Einkommens und seiner Zusammensetzung gegenüber dem Bundesgebiet entwickeln, sondern diese Divergenzen soweit wie möglich schon im jetzigen Entwicklungsstadium überwinden.


Rede von Kurt Conrad
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wissen Sie, Herr Kollege Hellwig, wenn Sie an der Frage der weiteren Lohnzulage vorbeigehen, daß Sie einfach verlangen, daß der saarländische Arbeitnehmer wie bisher höhere Steuern zahlt als der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik, und wollen Sie das?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich glaube, daß auch hier eine Korrektur der bisherigen Vorstellungen notwendig ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    In alle diese Vergleiche ist nämlich noch nicht die Wirkung der Einkommensteuerreform vom Sommer dieses Jahres eingearbeitet, die insbesondere die steuerliche Belastung der Ehegatten und der Familien wesentlich verändert hat. Das muß man sehen.

    (Abg. Conrad: Sie zahlen hier weniger, und wir zahlen drüben mehr!)

    Diesem Vergleich folge ich also noch nicht. Vor allem ist er seit der Einkommensteuerreform noch nicht weitergeführt worden.
    Ich möchte zu weiteren Ausführungen von Herrn Kollegen Conrad etwas Grundsätzliches sagen. Wir wollen die soziale Harmonisierung -- und das gilt auch für den europäischen Gemeinsamen Markt — nicht so verstanden wissen, daß alle einzelnen Teile der Einkommen der niedrigsten Länder auf das Niveau des Spitzenreiters angehoben werden, sondern wollen, daß das Gesamteinkommen, gleichgültig wie es sich zusammensetzt, bei diesen Ver-



    Dr. Hellwig
    r gleichen zugrunde gelegt wird. Dann sehen die Dinge wesentlich anders aus, verehrter Kollege Conrad, vor allen Dingen beim Vergleich der Nettoeinkommen und der Berücksichtigung des Familienstandes im Steuertarif und anderes mehr. Die Formel der „sozialen Harmonisierung nach vorn" kann ich nur so verstehen, daß die Gesamteinnahmen gemeint sind, nicht aber so, daß gewissermaßen der soziale Besitzstand jedes einzelnen Ressorts auf die Ebene des Spitzenreiters gehoben wird und man von der Bundesrepublik nur die günstigeren Regelungen übernimmt, die schlechteren Regelungen jedoch dadurch ausmerzt, daß man sagt: Wir behalten unsere bessere Regelung. Ich bin persänlich nach allen Beobachtungen, die ich in den letzten Jahren über die Entwicklung der Einkommen an der Saar und im Bundesgebiet angestellt habe, überzeugt, daß wir die Formel „Erhaltung des sozialen Besitzstandes" ohne Schwierigkeiten realisieren können, wenn wir auf das reale Gesamteinkommen abstellen und nicht auf einzelne, ressortgebundene Teile des Einkommens. Hier ist ja wohl auch noch eine entscheidende Frage, zu der sich die Tarifpartner zu äußern haben. Immerhin wird die saarländische Familienzulage durch einen Zuschlag zur Lohnsumme in Höhe von 9,5 % gespeist. Die erste Frage richtet sich doch an die Tarifpartner, ob sie bereit sind, von dem Gesamtarbeitnehmereinkommen einen so hohen Prozentsatz der Regelung durch den Gesetzgeber und die Familienausgleichskassen zu überlassen oder ob sie einen so großen Einfluß auf das Arbeitnehmereinkommen nicht aus ihrer Kompetenz abgeben wollen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das ist eine Frage, die die Tarifpartner in dieser Zeit irgendwann beantworten müssen, und ich glaube, meinen Appell am Anfang zu einer baldigen Meinungserklärung hier wiederholen zu sollen.
    Ein Zweites zu der Frage der sozialen Leistungen im ganzen! Wir sollten auch nicht vergessen, daß die Übernahme des französischen Sozialrechts in mancher Hinsicht eine Forderung der französischen Wirtschaft bei der Begründung des wirtschaftlichen Anschlusses der Saar an Frankreich war, um die Konkurrenzfähigkeit der Saar auf dem französischen Markt ungünstig zu beeinflussen. An diese Begründung, als damals viele französische sozialrechtliche und steuerrechtliche Dinge übernommen werden mußten, sei hier erinnert.

    (insbesondere die deutsche Sozialversicherung, behielt und immer eine Provinz eigenen Sozialrechtes in Frankreich war. Sie müßten dabei aber auch sehen, daß das von seiten Frankreichs, nicht zuletzt unter Zustimmung der französischen Konkurrenz in Altfrankreich, begrüßt wurde, weil die lothringische und die elsässische Wirtschaft dadurch auf dem französischen Markt mit wesentlich höheren Sozialkosten belastet war. Das Ergebnis dieser höheren Sozialbelastung war eine Abwanderung von Betrieben und Bevölkerung nach Altfrankreich. Nachzulesen in einer ausgezeichneten Darstellung über die wirtschaftliche Eingliederung Elsaß-Lothringens, 1932 in Straßburg erschienen. Hier wird sehr deutlich, wie ein regionales Sonderniveau sozialer Lasten entscheidend die Wettbewerbsfähigkeit gefährden kann. Und dann muß ich die Frage stellen: Was ist wichtiger, die Aufrechterhaltung eines im ganzen minimalen Vorsprungs mit der einen oder anderen Regelung oder die Erhaltung des Arbeitsplatzes, die Erhaltung des Wohnsitzes, die Verwurzelung mit der Heimat? Ich glaube, man soll diese Frage doch leidenschaftslos anfügen, gerade nach der Erfahrung, die Elsaß-Lothringen mit dem sogenannten Industriesterben der zwanziger Jahre gemacht hat. Eine weitere Erinnerung an die jüngere Vergangenheit! Wir sollten auch dort, wo abweichende Regelungen der Saar noch bejaht werden und ihre Aufrechterhaltung gewünscht wird, uns sehr genau die Frage vorlegen, ob es sich dabei nicht um Erbschaften einer, Politik handelt, die bewußt auf die Abtrennung des Saarlandes und der Saarwirtschaft vom deutschen Verband ausgerichtet war. Ich glaube, daß hier eine bestimmte Grenze für einen im ganzen zu bejahenden föderalistischen Grundcharakter besteht. Ich habe schon gesagt, daß bestimmte Belastungen wirtschaftlicher, finanzieller und sozialer Art der Gesetzgebung aus der Zeit vor 1957 bewußt eine solche Zielsetzung hatten. Daher ist auch, glaube ich, die Frage ihres Abbaues und der Harmonisierung mit der bundesdeutschen Regelung ein Politikum, aber auch, wie ich schon sagte, eine Existenzfrage für die Wirtschaft und die Bevölkerung im ganzen. Damit stelle ich auch eine andere Frage, mit der ich ein sehr heißes Eisen berühre. Wir wissen, daß eine Reihe von Industriebetrieben an der Saar in den vergangenen Jahren auch mit Regierungshilfe künstlich am Leben gehalten worden sind. Gerade in der jüngeren Diskussion sind hierüber recht unerwünschte Dinge zur Sprache gekommen. Da wird deutlich, daß dort offenbar mit Staatsgeldern vor 1957 unter einem anderen System ein bestimmter Beschäftigungsstand und Industrieapparat entwickelt worden ist, ohne daß in jedem Falle genau geprüft war, ob wirklich die Konkurrenzfähigkeit und die Existenzfähigkeit gegeben war. Man wird diese Dinge, selbstverständlich sehr behutsam, überprüfen müssen. Mit „behutsam" meine ich, daß das innerhalb der Gesamtindustriekapazität und Beschäftigungskapazität der Saar durch Umschichtungen geregelt werden müsse, nicht, wie vielleicht gedacht werden könnte, einfach durch Verkümmerung. Damit komme ich zu einem weiteren Problemkreis, der vom Kollegen Conrad angesprochen worden ist. Ich meine die Grundstoffindustrie, Kohle und Stahl. Er hat vom Stahl nicht gesprochen; aber es hängt natürlich auf das engste damit zusammen. Ich glaube, wir können zunächst einmal eines feststellen: daß Kohle und Stahl heute an der Saar nicht d a s Rückgliederungsproblem schlechthin sind, wie Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 45, Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 16. Oktober 1958 2547 Dr. Hellwig sie es 1935 waren. Das Hauptproblem der Rückgliederung der Saar 1935 war die Umschaltung des Kohleund Stahlabsatzes, weil Kohle und Stahl damals noch das Schwergewicht der gesamten Saarindustrie waren. Seither ist eine stärkere verarbeitende Industrie entstanden. Aber Kohle und Stahl, die Grundstoffindustrie dieses Landes, haben ihr Absatzproblem, ihr Umstellungsproblem lösen können; und diese Lösung, meine Damen und Herren, ist allerdings durch eine politische Entscheidung der Bundesregierung und der Bundestagsmehrheit gegen den Widerstand der Opposition herbeigeführt worden, nämlich die Gründung der Montanunion, die Schaffung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Durch die Schaffung des Gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl ist das Absatzproblem, das Problem zweiseitiger Verflechtung von Kohle und Stahl an der Saar gelöst worden, und damit ist ein entscheidendes Hindernis der Lösung der Saarfrage aus dem Wege geräumt worden. Trotzdem kommen die Klagen, daß der Saarkohlenabsatz nicht so floriert, wie man das im ganzen haben möchte. Nun, das Ruhrgebiet und Aachen klagen auch. Bezogen auf die Förderung und die Kapazität des Bergbezirks ist der Haldenbestand an der Saar geringer als im Ruhrgebiet. Wenn wir die Haldenbestände als Gradmesser der Absatzstockung ansehen, stellen wir fest, daß die Absatzstockung, bezogen auf die gesamte bisherige Förderung, im Bundesgebiet selbst offenbar schon stärker spürbar geworden ist als an der Saar. Ein Eingreifen mit bestimmten Maßnahmen wird sich immer an den Bestimmungen des Montanvertrages orientieren müssen, die uns zur Vorsicht mahnen; denn es handelt sich hier ja wohl um Begünstigungen oder Diskriminierungen oder was man nun uns vorwerfen könnte. Im ganzen aber ist, glaube ich, das Problem der Saarkohle in Süddeutschland ein Problem ähnlich dem der Ruhrkohle: daß sie sich der Konkurrenz anderer Energieträger, nämlich anderer Auslandskohle und des Öls, gegenübersieht. Es handelt sich also nicht um ein spezifisches Saar-Umstellungsproblem, sondern um das Problem der deutschen Kohlenwirtschaft und ihrer künftigen Absatzentwicklung. Abschließend darf ich noch einige Bemerkungen zu der Gesamtdiskussion und insbesondere zu den Untertönen machen, die vorhin in einem Zwischenspiel durch den Kollegen Mommer hineingebracht worden sind. Herr Kollege Mommer, ich glaube, wir kennen uns aus der gemeinsamen Behandlung der Saarfrage genug, daß ich nicht Gefahr laufe, mißverstanden zu werden, wenn ich herausstelle: Wer heute über die Saarfrage und ihre Lösung spricht, der sollte nicht nur das Saarabkommen von 1955 hier zur Diskussion stellen, sondern der sollte auch erkennen, daß alles, was sich an der Saar seither getan hat, nur auf dem Boden der Aussöhnung mit Frankreich vor sich gehen konnte. Und daß hier das Verdienst an erster Stelle der Politik des Herrn Bundeskanzlers zukommt, dürfte doch wohl nicht zu bestreiten sein. Erinnern Sie sich, Herr Hellwig, daß wir auch daran Anteil gehabt haben und daß wir immer auf die Notwendigkeit dieser Aussöhnung hingewiesen haben, daß wir immer, auch aus der Opposition heraus, darauf hingewiesen haben, daß wir bereit sein müßten, Frankreich gegenüber Opfer zu bringen, um diese Aussöhnung zustande bringen zu können? (Zuruf von der CDU/CSU: Petersberger Abkommen!)


    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)


    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)


    (Beifall bei der CDU/CSU.)


    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)