Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt jede Möglichkeit, über die akuten Notstände wie die Schulraumnot, den Lehrermangel und den Mangel an Lehrkräften an den wissenschaftlichen Hochschulen usw. zu sprechen. Wir glauben aber, daß der hier in Punkt 1 a und b der Tagesordnung vorgeschlagene Weg nicht richtig ist. Die Länder haben auf dem Gebiet des Schulwesens freiwillig viele Vereinheitlichungen herbeigeführt und damit wesentlichen sachlich berechtigten Anliegen der Öffentlichkeit Rechnung getragen. Darüber hinaus haben die Länder zur Erfüllung ihrer kulturellen Aufgaben laufend große finanzielle Leistungen erbracht, und wir hoffen und wünschen, daß die Konferenz der Kultusminister weiterhin bei ihren Bemühungen vollen Erfolg hat und zu weiteren positiven Vereinbarungen kommt.
Wir möchten aber, meine Damen und Herren, mit allem Nachdruck darauf hinweisen: Soweit die kulturellen Bemühungen der Länder, besonders auch die Förderung der Wissenschaft und Forschung, heute noch zu wünschen übriglassen, ist das wesentlich darauf zurückzuführen, daß der Bund auf dem Gebiet des Schulwesens und der Förderung von Wissenschaft und Forschung seinen Verpflichtungen aus Art. 120 des Grundgesetzes über die Beseitigung der Kriegsfolgelasten bisher nicht nachgekommen ist.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird in ihren Bemühungen nicht nachlassen, dahin zu wirken, daß die Mehrheit des Hauses und die Bundesregierung diese Verpflichtungen aus der Verfassung gegenüber den Ländern erfüllen, damit Ländern und Gemeinden die Mittel zufließen, die sie zur Beseitigung der Kriegsfolgen auf dem Gebiete des Schulwesens brauchen.
Unabhängig von der Übernahme der Kriegsfolgelasten bleibt nach wie vor die Notwendigkeit einer Änderung der Finanzverfassung, die im Gesamtrahmen Ländern und Gemeinden die Möglichkeit gibt, ihre Aufgaben auch auf kulturellem Gebiet voll zu erfüllen. Die starke Zusammenballung der Steuermittel beim Bund und die Finanznot der Länder einerseits und damit die Anziehungskraft der größeren Finanzmöglichkeiten des Bundes andererseits führen leider immer wieder dazu, daß ohne rechtliche Grundlage und sachliche Notwendigkeit die Frage der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern, die im Grundgesetz geregelt ist, zur Debatte gestellt wird. Das eigentliche Anliegen dagegen, den Ländern die Mittel zufließen zu lassen, die sie zur Erfüllung ihrer kulturellen Aufgaben brauchen, tritt dabei völlig in den Hintergrund.
Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion wird auch in Zukunft immer wieder auf diese Zusammenhänge hinweisen und in diesem Sinne ihre Bemühungen unverändert fortsetzen.