Rede:
ID0303905000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 39. Sitzung Bonn, den 3. Juli 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 (Haushaltsgesetz 1958) (Drucksachen 300, 354, 357, 362 bis 365, 378, 400 bis 404, 408, 412, 413, 440 bis 444, 447, 460 bis 468) ; Zusammenstellung der Beschlüsse zweiter Beratung (Drucksache 490) — Fortsetzung der dritten Beratung — Allgemeine Aussprache Margulies (FDP) . .. . . . . . 2249 C Kurlbaum (SPD) . . . . 2253 B, 2279 D Dr. Steinmetz (DP) 2260 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 2262 B Dr. Deist (SPD) . . . . . . . . 2266 C Dr. Hellwig (CDU/CSU) 2272 A Dr. Starke (FDP) 2277 C Köhler (FDP) . . . . . . . . 2280 A Logemann (DP) 2283 B Dr. Sonnemann, Staatssekretär . 2286 B Bading (SPD) 2289 B Glahn (FDP) . . . . . . . . 2289 C Diekmann (SPD) 2291 A Dr. Schellenberg (SPD) 2293 B Blank, Bundesminister . . 2295 B, 2304 C Mischnick (FDP) 2300 A Frehsee (SPD) . . . . . . . 2301 D Frau Kalinke (DP) 2305 B Pohle (SPD) . . . . . . . . 2308 B Horn (CDU/CSU) 2308 D Rehs (SPD) . . . . . . . . 2309 B Kuntscher (CDU/CSU) . . . . . 2312 D Dr. Nahm, Staatssekretär . . . . 2315 C Weiterberatung vertagt . . . . . . . 2316 D Nächste Sitzung 2317 C Anlage 2319 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1958 2249 39. Sitzung Bonn, den 3. Juli 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Graf Adelmann 7. 7. Frau Albertz 5. 7. Altmaier* 5. 7. Dr. Atzenroth 4. 7. Dr. Barzel 5. 7. Bauknecht 5. 7. Bauer (Würzburg)* 5. 7. Frau Beyer (Frankfurt) 5. 7. Birkelbach* 5. 7. Fürst von Bismarck* 5. 7. Blachstein* 5. 7. Frau Dr. Bleyler 3. 7. Blöcker 4. 7. Burgemeister 5. 7. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 7. Döring (Düsseldorf) 5. 7. Euler 4. 7. Dr. Even (Düsseldorf) 3. 7. Even (Köln) 3. 7. Franke 12. 7. Dr. Friedensburg 5. 7. Frau Friese-Korn 5. 7. Gaßmann 5. 7. Geiger (Aalen) 3. 7. Gerns* 5. 7. D. Dr. Gerstenmaier 2. 8. Gockeln 3. 7. Graaff 4. 7. Dr. Gradl 5. 7. Dr. Greve 5. 7. Hackethal 5. 7. Hahn 3. 7. Dr. Dr. Heinemann 3. 7. Frau Herklotz 3. 7. Heye* 5. 7. Höfler* 5. 7. Frau Dr. Hubert* 5. 7. Jacobs* 5. 7. * für die Teilnahme an der Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Kemmer 5. 7. Kiesinger* 5. 7. Kirchhoff 3. 7. Dr. Königswarter 5. 7. Dr. Kopf* 5. 7. Frau Korspeter 5. 7. Kriedemann 5. 7. Kühn (Köln)* 5. 7. Leber 4. 7. Dr. Lindenberg 5. 7. Lücker (München)* 5. 7. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 5. 7. Dr. Maier (Stuttgart) 5. 7. Frau Dr. Maxsein* 5. 7. Metzger* 5. 7. Dr. Meyer (Frankfurt)* 5. 7. Müller-Hermann 5. 7. Neubauer 5. 7. Frau Niggemeyer 12. 7. Paul* 5. 7. Pöhler 3. 7. Dr. Preiß 5. 7. Pusch 5. 7. Rademacher 5. 7. Ramms 5. 7. Ruf 5. 7. Scheel 5. 7. Schneider (Hamburg) 4. 7. Dr. Schneider (Saarbrücken) 5. 7. Schoettle 19. 7. Schütz (Berlin) 5. 7. Schütz (München)* 5. 7. Frau Dr. Schwarzhaupt 5. 7. Seidl (Dorfen)* 5. 7. Spies (Brücken) 5. 7. Stahl 4. 7. Stenger 4. 7. Struve 5. 7. Teriete 3. 7. Wagner 3. 7. Dr. Wahl* 5. 7. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)* 5. 7. Welslau 3. 7. Dr. Will 5. 7. Dr. Winter 5. 7. Dr. Zimmer* 5. 7. Zoglmann 5. 7.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Schellenberg


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundesarbeitsminister hat bei der zweiten Lesung des Sozialhaushaltes erklärt, er wolle sich sehr kurz fassen und die Aufmerksamkeit des Hauses nicht sehr lange in Anspruch nehmen. Wer meinte, ,das sei ein Zeichen besonderer Rücksichtnahme gegenüber dem Hause gewesen, wurde am nächsten Tage, als der Abgeordnete Blank zum Wehrhaushalt sprach, in eindeutiger Weise eines anderen belehrt.
    Das Verhalten des Herrn Bundesarbeitsministers oder des Abgeordneten Blank in der letzten Woche läßt den Schluß zu, daß ihm die Fragen des Sozialhaushalts offenbar weniger wichtig waren als das, was er unter Öffentlichkeitsarbeit im Verteidigungshaushalt verstand.

    (Abg. Horn: Das war aber sehr böse von Ihnen!)

    — Ich glaube, zu dieser Feststellung wird jeder
    kommen, der sich die Mühe gemacht hat, die Protokolle der zweiten Lesung nochmals durchzusehen. Wir stellen jedenfalls fest, daß der Herr Bundesarbeitsminister auf die sozialpolitischen Probleme, die mein Kollege Rohde aufgeworfen und zu denen er Fragen gestellt hat, nur unzureichend geantwortet hat. Der Herr Bundesarbeitsminister hat nichts gesagt zu den Maßnahmen zur sozialen Neuordnung für Selbständige und die freien Berufe, obwohl doch das nach der Regierungserklärung zu dem Aufgabengebiet des Ministeriums gehört, das seine Bezeichnung nach dieser Richtung erweitert hat.
    Der Herr Bundesarbeitsminister hat ferner nichts dazu gesagt, welche Vorstellungen er in bezug auf die Neuordnung der Krankenversicherung hat. Er hat kein Wort über die Sorgen verloren, die viele Versicherte in bezug auf die Pläne über eine Kostenbeteiligung in der Krankenversicherung haben, die sehr erhebliche Ausmaße — wenn man es insgesamt nimmt — haben soll.
    Der Herr Bundesarbeitsminister hat drittens kein Wort über seine Vorstellungen zu einer Neuordnung der Unfallversicherung verloren, obwohl in seinem Hause doch weitgehende Pläne zur Einschränkung der Leistungen bei Unfällen mit einer Beschädigung unter 25 % ausgearbeitet werden.
    Viertens hat der Herr Bundesarbeitsminister nichts gesagt zu den Fragen meines Kollegen Rohde über die arbeits- und sozialmedizinische Forschung und die Intensivierung der Arbeiten des Sozialbeirats.
    Schließlich hat er kein Wort darüber verloren, in welcher Weise er dem Flause, mindestens aber dem Ausschuß, gründlicher als bisher Unterlagen, seien es Denkschriften, seien es Untersuchungen und Erhebungen verschiedener Art, zur Erleichterung der Arbeit zur Verfügung zu stellen gedenkt.
    Nur zu einer Frage hat der Herr Bundesarbeitsminister sich geäußert, nämlich zu unserer Kritik, daß der Rückgang des Ansatzes für den Sozialhaushalt mit den wachsenden Rüstungsausgaben in Verbindung stehe. Vielleicht fühlte er sich bei diesem Zusammenhang auf Grund seiner früheren Funktion besonders angesprochen. Der Herr Bundesarbeitsminister hat auf unsere Kritik erwidert, daß er den Rückgang von Ausgaben im Sozialetat als ein Zeichen — ich zitiere hier wörtlich — des sozialen Fortschritts werte.
    Auch wir sind der Auffassung, daß die Ansätze im Sozialhaushalt keineswegs ein Selbstzweck sind. Nach unserer Meinung — wir hoffen, daß sie von dem Hause geteilt wird — muß für die Betrachtung dieser Dinge die soziale Lage der Schichten entscheidend sein, die der Sozialhaushalt angeht. Die zentrale Frage, die wir bei der Erörterung des Haushalts 1958 zu untersuchen haben, ist doch zweifellos die: Hat sich die soziale Lage dieser Schichten im Jahre 1958 gegenüber der des Jahres 1957 wesentlich und entscheidend verbessert? Das ist leider nicht der Fall. Ich möchte Ihnen das an einigen Tatbeständen aus dem Haushalt darlegen.
    Wir haben erörtert, daß der Haushalt der Kriegsopferversorgung gegenüber dem Vorjahr um 60 Millionen DM reduziert worden ist. Durch die

    Dr. Schellenberg
    Sechste Novelle, die vom Hause gemeinsam verabschiedet wurde, sollte die Lage der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen verbessert werden. Tatsache ist, daß im Zusammenhang mit der Rentenneuregelung die vorgesehene Leistungserhöhung und -verbesserung im ganzen durch die Einsparungen voll aufgehoben wurde. Die Bundesregierung hot uns bisher über diese Zusammenhänge leider keine Unterlagen vorgelegt, aber aus Mitteilungen, die in einigen Landtagen gemacht worden sind, kann man hinsichtlich der Auswirkungen der Anrechnungsvorschriften, insbesondere im Zusammenhang mit der Rentenneuregelung, doch sehr weitgehende Schlüsse ziehen. Wenn man diese Angaben auf das Bundesgebiet überträgt, ergibt sich, daß 240 000 Ausgleichsrenten und Elternrenten fortgefallen sind. Es ergibt sich ferner, daß über 900 000 Ausgleichsrenten im Zusammenhang mit der Rentenneuregelung reduziert worden sind. Da es sich um eine Umschichtung von Leistungen handelt, hei der der Volksmund nicht zu Unrecht sagt: die eine Hand gab - in Gestalt der Rentenneuregelung — und die andere Hand wieder nahm - durch die Anrechnungsvorschriften —, können wir eine solche Entwicklung leider nicht als ein Zeichen eines sozialen Fortschritts werten.
    Im übrigen hat sich aber auch die Lage der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen, deren Rente unverändert geblieben ist, im Jahre 1958 nicht verbessert, sondern verschlechtert, nämlich dadurch, daß die Renten der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen nicht der Entwicklung des Preisgefüges angepaßt wurden. Das Preisgefüge hat sich seitdem um 4 % erhöht — das ergibt sich aus den Unterlagen des Statistischen Bundesamtes —, und deshalb haben sich die Rentenleistungen, auch diejenigen Renten, die unverändert geblieben sind, im gleichen Verhältnis vermindert.
    Ein weiteres Beispiel. Der Ansatz für die Mittel der Arbeitslosenhilfe ist im Etat in der Größenordnung von etwa 38 Millionen verringert worden. Vergleichen wir einmal die Zahl der Unterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenhilfe im Jahr 1958 mit der im Jahr 1957! Das ist der springende Punkt. Was der Herr Bundesarbeitsminister über die Entwicklung der Arbeitslosigkeit seit 1950 gesagt hat, das hat mit dem Vergleich des Haushalts 1958 und des Haushalts 1957 - und diesen Vergleich haben wir hier zu ziehen — unmittelbar nichts zu tun. Wenn man sich die Zahlen für die ersten fünf Monate dieses Jahres aus „Arbeit und Sozialstatistik" zusammenzählt, so ergibt sich, daß im Durchschnitt der ersten fünf Monate dieses Jahres die Zahl der Unterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung und Arbeitslosenhilfe pro Monat 987 000 betrug gegenüber 870 000 in den gleichen Monaten des Vorjahres. Die Zahl der Unterstützungsempfänger in der Arbeitslosenunterstützung und Arbeitslosenhilfe hat sich also im Vergleich zu den Zahlen des Vorjahres um rund 110 000 erhöht.
    Wir müssen feststellen, daß die Unterstützungssätze für die Empfänger von Arbeitslosenhilfe seit dein 1. April 1956 unverändert geblieben sind und daß sich im Zusammenhang mit dem Fortfall der Mietbeihilfe in der britischen Zone und insbesondere in Berlin sogar negative Veränderungen für die langfristig Arbeitslosen — und damit die Bezieher von Arbeitslosenhilfe — ergeben haben. Nach den durchschnittlichen Sätzen aus dem Bundeshaushalt beträgt die Unterstützung im Rahmen der Arbeitslosenhilfe einschließlich der Kinderzuschläge für die Familie des langfristig Arbeitslosen im Durchschnitt 154 DM im Monat. Ein solcher Unterstützungssatz ist bei dem gegenwärtigen Stand der Arbeitslosigkeit kein Ausdruck einer Verbesserung der sozialen Lage. Man kann nicht davon sprechen, daß dieser Haushalt mit reduzierten Ansätzen der Ausdruck eines sozialen Fortschritts sei. Wir bedauern, daß der Herr Bundesarbeitsminister es nicht für nötig gehalten hat, irgendeine sozialpolitische Initiative zu entfalten. Der Herr Bundesarbeitsminister hat sich darauf berufen, die Etatsätze lägen in Gesetzen fest. Man muß aber von einem Minister, dem der Sozialhaushalt ein besonderes Anliegen ist, erwarten, daß er in dieser Hinsicht eine Initiative entwickelt und nicht einfach die Reduzierung der Ansätze seines Haushalts gewissermaßen als naturgegebene Tatsache hinnimmt.
    Noch ein drittes Beispiel hinsichtlich der Auswirkungen des Sozialhaushalts möchte ich Ihnen sagen: Wir haben wiederholt darüber diskutiert, daß es in der Rentenneuregelung eine Reihe von schwerwiegenden Ungerechtigkeiten gibt. Nun wird der Herr Bundesarbeitsminister mir erwidern: was hat die Rentenneuordnung mit dem Etat zu tun? Meine Damen und Herren, im Bundeshaushalt steht — wollen Sie bitte nachsehen — in Kap. 11 13 Tit. 612 ein Ansatz für die Mindesterhöhungen in Höhe von 14 DM für die Witwe und 21 DM für den Versicherten. Wir haben bereits bei der Debatte über die Rentenneuregelung im Februar kritisiert, daß hier auch im Zusammenhang mit den Anrechnungsvorschriften erhebliche soziale Härten und Mißstände liegen. Deshalb können wir es nicht akzeptieren, wenn der Herr Bundesarbeitsminister hier erklärt: die Veränderungen im Haushalt sind in dieser Hinsicht ein Zeichen des sozialen Fortschritts. Im Gegenteil, vielfach kommen die Anrechnungs- und Kürzungsvorschriften erst jetzt im Jahre 1958 voll zur Auswirkung.
    Bei dieser Sachlage, die ich hier an den Beispielen verdeutlicht habe, sind wir der Ansicht, daß die Reduzierungen im Sozialhaushalt wirklich kein Ausdruck eines sozialen Fortschritts sind, sondern daß sie sozialpolitisch als ein Übel bezeichnet werden müssen, insbesondere da die Ansätze anderer Haushalte erhöht worden sind. Der Herr Minister hat sich hier als Abgeordneter für die Erhöhung des Ansatzes für die Öffentlichkeitsarbeit des Verteidigungsministeriums eingesetzt. Deshalb hätten wir erwarten können, daß sich der Herr Minister auch nachdrücklicher für den Sozialhaushalt einsetzt.
    Unser Vorwurf gegen ,den Herrn Bundesarbeitsminister und gegen die Politik des Bundesarbeitsministeriums geht dahin, daß er bei den dar-



    Dr. Schellenberg
    gelegten sozialen Tatbeständen es verabsäumt hat, die Initiative zu ergreifen, Härten und Ungerechtigkeiten durch entsprechende Vorschläge zu begegnen, daß er vielmehr seine Initiative im sozialpolitischen Bereich vor allem auf die Entwicklung von Plänen der Kostenbeteiligung oder die Leistungseinschränkung erstreckt hat, die er in bezug auf die Unfallversicherung anbahnt. Der Minister hat keine Initiative entwickelt, der Sozialleistung den Raum zu schaffen, der ihr bei der sozialen Lage weiter Schichten der Bevölkerung gebührt.
    Wir sind nicht der Auffassung, daß das Verhalten des Herrn Bundesarbeitsministers und die Politik der Bundesregierung im sozialen Bereich den Erfordernissen der Gegenwart entsprechen. Wir sind nicht in der Lage, dem Haushalt des Bundesarbeitsministeriums zuzustimmen, weil es der Regierung an der notwendigen sozialpolitischen Initiative gefehlt hat und weil sie dem Sozialhaushalt nicht die Bedeutung zumißt, die ihm bei der sozialen Lage weiter Schichten der Bevölkerung zukommt.

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Bundesminister für Arbeit,

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Theodor Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß zunächst dankbar anerkennen, daß Herr Kollege Schellenberg es mir heute abend wesentlich leichter macht, als er es ansonsten tut. Ich bin ihm dankbar dafür. Er hat seine Ausführungen so kurz gehalten, daß er mich damit nötigt — wenn wir fair miteinander diskutieren wollen -, mich ebenfalls kurz zu fassen.

    (Zuruf von der Mitte: Und genauso ruhig!)

    Zum anderen aber, Herr Kollege Schellenberg, haben Sie wiederum kritisierend darauf hingewiesen, daß ich auf all die Fragen, die der Herr Kollege Rohde anläßlich der zweiten Lesung im einzelnen angeschnitten habe, nicht eingegangen sei. Das stimmt; ich bin nicht in vollem Umfange darauf eingegangen, sondern habe nur einige wenige dieser Fragen herausgegriffen. Ich habe aber die Rede des Herrn Kollegen Rohde nachträglich sehr genau gelesen und bin zu dem Schluß gekommen, daß ich jetzt zu mindestens 14 einzelnen Punkten Stellung nehmen müßte. Ich habe mir dafür selbstverständlich auch die Unterlagen zurechtgelegt. Ich frage nur, auch in Anbetracht dessen, was dieses Haus in den letzten Tagen alles geleistet hat — wir sehen ja, daß die Damen und Herren nicht alle mehr der Debatte folgen; dafür habe ich volles Verständnis -,

    (Abg. Dr. Schellenberg: Wir können die Diskussion morgen fortsetzen!)

    Herr Kollege Schellenberg, ich frage Sie nun: Wollen Sie von mir die Antwort hören? Ich bin bereit, sie hier zu geben. Aber dann kann ich nicht so verfahren, wie ich es Ihnen eigentlich schuldig
    wäre: mich genauso kurz zu fassen, wie Sie es getan haben. Das ist die ganze Problematik.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schriftlich! — Abg. Stingl: Unterhalten wir uns einmal grundsätzlicher im Ausschuß, Herr Minister!)

    Herr Kollege Schellenberg, wir wollen doch hier fair miteinander diskutieren. Sie haben recht: ich bin nicht auf alle von Herrn Kollegen Rohde angeschnittenen Fragen damals in meiner sofortigen Antwort eingegangen — das war billigerweise auch nicht zu erwarten, weil man eine Rede analysieren muß —; ich kann es heute tun.

    (Abg. Dr. Schellenberg: Herr Minister, ich bin einverstanden, daß wir eine breitere Diskussion über die Fragen im Sozialpolitischen Ausschuß führen. Aber auf einige Fragen müßten Sie kurz antworten!)

    — Sehr gern, Herr Kollege Schellenberg! Ohne Sie zu kritisieren — ich warte seit Wochen, ja ich darf sagen, seit Monaten darauf, daß Sie endlich als Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses die Diskussion einleiten, die sich naturgemäß aus dem sehr umfangreichen Vortrag, den ich Ihnen über das gesamte Gebiet ,der Sozialpolitik gehalten habe und der 37 Schreibmaschinenseiten umfaßt hat, hätte ergeben müssen. Sie haben mich damals in einem persönlichen Gespräch wissen lassen, daß Sie nach einiger Zeit, die man selbstverständlich braucht, um einen solchen Vortrag, wenn er in schriftlicher Form vorliegt, kritisch zu durchdenken und durchzuarbeiten, eine Diskussion veranstalten würden. Ich will nicht kritisieren, daß das bisher nicht geschehen ist. Aber, Herr Kollege Schellenberg, diese Diskussion können Sie jederzeit haben; denn nicht ich, sondern Sie haben ,die Befugnis, eine solche Diskussion anzusetzen.
    Da aber offenbar Ihr Wunsch, wenn ich Sie recht verstanden habe, dahin geht, ,daß ich doch auf einiges eingehen möge, was der Herr Kollege Rohde gesagt hat, will ich das tun. Ich greife nur einige Punkte heraus. Für den Fall, daß Sie mir dann wieder den Vorwurf machen, ich sei nicht auf alles eingegangen, muß ich natürlich zu allem Stellung nehmen.
    Der Herr Kollege Rohde hat zunächst einmal kritisiert, der Zusatz in der Bezeichnung des Ministeriums habe nur schmückenden Charakter. Ich glaube, Herr Kollege Rohde, Sie befinden sich in einem großen Irrtum, wenn Sie annehmen, daß dieser Zusatz nur einen äußerlichen Schmuck bedeutet. Sie werden ganz sicherlich bald erkennen, wenn Sie sich etwas eingehender mit diesen Dingen beschäftigen, ,daß sich hinter diesem Wort erhebliche neue und ständige Aufgaben verbergen, die auf den Staat und damit auf uns alle zugekommen sind, Aufgaben, durch die unserer Sozialpolitik ganz neue Gebiete eröffnet werden.
    Es ist absolut falsch, wenn Sie in Ihrer Rede gesagt haben — ich darf es einmal sinngemäß wiedergeben, denn ich habe jetzt den Wortlaut nicht vor mir liegen —, zur Sozialpolitik gehörten hauptsächlich konkrete Leistungen für diejenigen, die sich in



    Bundesarbeitsminister Blank
    abhängiger Arbeit befinden. Wir sind im Gegenteil der Meinung, daß die bisher erbrachten Leistungen für diesen Personenkreis heute nicht mehr der ganze Inhalt der Sozialpolitik sein können, sondern daß dieser wesentlich erweitert werden muß, damit eine gerechte Sozialordnung für alle Stände und Schichten des Volkes herbeigeführt wird.
    Sie sprachen davon, daß wir ein Restkommando Schäfer übernommen hätten. Vielleicht ist es für Sie von Interesse, zu wissen, wie das personell aussieht. Es handelt sich im ganzen um 4 Hilfsreferenten, von denen 3 nach der TO.A bezahlt werden und einer im Range eines Regierungsrats steht. Mit diesem Restkommando allein — da bin ich mit Ihnen einig — konnte wirklich nicht an die Aufgaben herangegangen werden, die neu auf mein Ministerium zugekommen sind. Deshalb habe ich versucht, mit einer Reihe von Beamten aus dem Stabe meines Ministeriums die neue Problematik der Sozialordnung unverzüglich anzupacken. Ich erinnere mich, daß die Herren Abgeordneten, die doch sonst mit ihrem Lob recht sparsam sind — das ist sicher richtig so —, mir im Ausschuß einiges Lob gezollt haben, als ich bei einer Etatberatung darauf hinwies, ich würde diese Arbeit nicht damit beginnen, neue Stellen zu fordern, um eine neue Abteilung zu bilden, sondern aus meinem Hause eine Reihe von Herren, die sich für diese Aufgaben interessieren und ein Herz dafür mitbringen, bitten, neben ihrer sonstigen Tätigkeit zu einer besonderen Gruppe zusammenzutreten, um sich mit diesen Fragen zu beschäftigen.
    Sie haben weiter die freien Berufe erwähnt. Ich möchte zunächst darauf hinweisen, daß natürlich in der kurzen Zeit der Beschäftigung mit dieser Problematik nichts Weltbewegendes geschehen ist. Das nehme ich gar nicht für mich in Anspruch. Aber es ist uns gelungen, den freien Berufen ähnliche Kreditmöglichkeiten zu eröffnen, wie sie für andere Angehörige des Mittelstandes gegeben sind. Außerdem sind gerade in der letzten Zeit eine Reihe von Steuerverbesserungen verabschiedet worden, die insbesondere auch den freien Berufen zugute kommen.