Rede:
ID0303901000

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 33
    1. in: 3
    2. daß: 2
    3. das: 2
    4. Sparen: 2
    5. —: 2
    6. Herr: 1
    7. Kollege: 1
    8. Kurlbaum,: 1
    9. meinen: 1
    10. Sie: 1
    11. nicht,: 1
    12. diesem: 1
    13. Zusammenhang: 1
    14. doch: 1
    15. immerhin: 1
    16. erwähnt: 1
    17. werden: 1
    18. müßte,: 1
    19. traditionellen: 1
    20. Formen: 1
    21. Kontensparen,: 1
    22. Bausparen,: 1
    23. Lebensversicherungssparen: 1
    24. seit: 1
    25. Jahren: 1
    26. eine: 1
    27. Steuerbegünstigung: 1
    28. erfährt,: 1
    29. die: 1
    30. Aktien: 1
    31. nicht: 1
    32. erfahren: 1
    33. hat?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 39. Sitzung Bonn, den 3. Juli 1958 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 (Haushaltsgesetz 1958) (Drucksachen 300, 354, 357, 362 bis 365, 378, 400 bis 404, 408, 412, 413, 440 bis 444, 447, 460 bis 468) ; Zusammenstellung der Beschlüsse zweiter Beratung (Drucksache 490) — Fortsetzung der dritten Beratung — Allgemeine Aussprache Margulies (FDP) . .. . . . . . 2249 C Kurlbaum (SPD) . . . . 2253 B, 2279 D Dr. Steinmetz (DP) 2260 D Dr. Dr. h. c. Erhard, Bundesminister 2262 B Dr. Deist (SPD) . . . . . . . . 2266 C Dr. Hellwig (CDU/CSU) 2272 A Dr. Starke (FDP) 2277 C Köhler (FDP) . . . . . . . . 2280 A Logemann (DP) 2283 B Dr. Sonnemann, Staatssekretär . 2286 B Bading (SPD) 2289 B Glahn (FDP) . . . . . . . . 2289 C Diekmann (SPD) 2291 A Dr. Schellenberg (SPD) 2293 B Blank, Bundesminister . . 2295 B, 2304 C Mischnick (FDP) 2300 A Frehsee (SPD) . . . . . . . 2301 D Frau Kalinke (DP) 2305 B Pohle (SPD) . . . . . . . . 2308 B Horn (CDU/CSU) 2308 D Rehs (SPD) . . . . . . . . 2309 B Kuntscher (CDU/CSU) . . . . . 2312 D Dr. Nahm, Staatssekretär . . . . 2315 C Weiterberatung vertagt . . . . . . . 2316 D Nächste Sitzung 2317 C Anlage 2319 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 3. Juli 1958 2249 39. Sitzung Bonn, den 3. Juli 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Graf Adelmann 7. 7. Frau Albertz 5. 7. Altmaier* 5. 7. Dr. Atzenroth 4. 7. Dr. Barzel 5. 7. Bauknecht 5. 7. Bauer (Würzburg)* 5. 7. Frau Beyer (Frankfurt) 5. 7. Birkelbach* 5. 7. Fürst von Bismarck* 5. 7. Blachstein* 5. 7. Frau Dr. Bleyler 3. 7. Blöcker 4. 7. Burgemeister 5. 7. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 7. Döring (Düsseldorf) 5. 7. Euler 4. 7. Dr. Even (Düsseldorf) 3. 7. Even (Köln) 3. 7. Franke 12. 7. Dr. Friedensburg 5. 7. Frau Friese-Korn 5. 7. Gaßmann 5. 7. Geiger (Aalen) 3. 7. Gerns* 5. 7. D. Dr. Gerstenmaier 2. 8. Gockeln 3. 7. Graaff 4. 7. Dr. Gradl 5. 7. Dr. Greve 5. 7. Hackethal 5. 7. Hahn 3. 7. Dr. Dr. Heinemann 3. 7. Frau Herklotz 3. 7. Heye* 5. 7. Höfler* 5. 7. Frau Dr. Hubert* 5. 7. Jacobs* 5. 7. * für die Teilnahme an der Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Kemmer 5. 7. Kiesinger* 5. 7. Kirchhoff 3. 7. Dr. Königswarter 5. 7. Dr. Kopf* 5. 7. Frau Korspeter 5. 7. Kriedemann 5. 7. Kühn (Köln)* 5. 7. Leber 4. 7. Dr. Lindenberg 5. 7. Lücker (München)* 5. 7. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 5. 7. Dr. Maier (Stuttgart) 5. 7. Frau Dr. Maxsein* 5. 7. Metzger* 5. 7. Dr. Meyer (Frankfurt)* 5. 7. Müller-Hermann 5. 7. Neubauer 5. 7. Frau Niggemeyer 12. 7. Paul* 5. 7. Pöhler 3. 7. Dr. Preiß 5. 7. Pusch 5. 7. Rademacher 5. 7. Ramms 5. 7. Ruf 5. 7. Scheel 5. 7. Schneider (Hamburg) 4. 7. Dr. Schneider (Saarbrücken) 5. 7. Schoettle 19. 7. Schütz (Berlin) 5. 7. Schütz (München)* 5. 7. Frau Dr. Schwarzhaupt 5. 7. Seidl (Dorfen)* 5. 7. Spies (Brücken) 5. 7. Stahl 4. 7. Stenger 4. 7. Struve 5. 7. Teriete 3. 7. Wagner 3. 7. Dr. Wahl* 5. 7. Frau Dr. h. c. Weber (Essen)* 5. 7. Welslau 3. 7. Dr. Will 5. 7. Dr. Winter 5. 7. Dr. Zimmer* 5. 7. Zoglmann 5. 7.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Georg Kurlbaum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein, selbstverständlich nicht. Herr Dr. Bucerius, ich habe mich immer über Ihr lebhaftes Interesse gefreut. Ich mußte nur auf Grund Ihrer Frage zu der Überzeugung kommen, daß Sie doch nicht ganz im Bilde sind.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Das nehme ich Ihnen aber gar nicht übel; es gibt viele Dinge, wo Sie wahrscheinlich besser im Bilde sind als ich.
    Nun möchte ich aber noch auf eines aufmerksam machen. Ganz besonders gefährlich erscheinen uns die kollektiven Formen der Preisbindung der zweiten Hand. Meine Damen und Herren von der Koalition, das Wort „kollektiv" müßte Sie ja eigentlich schon in Bewegung bringen; das müßte eigentlich so sein.

    (Heiterkeit bei der SPD.) Ich verweise ferner auf die berüchtigten Sammelreverse, durch ,die der mittelständische Einzelhandel im voraus für unbestimmte Zukunft auf alle zukünftigen Waren und auf ihre Preise festgelegt werden soll. Das sind ganz gefährliche Mißbrauchsformen. Ich muß dazu dem Herrn Bundeswirtschaftsminister eines sagen; er wendet doch so oft das Mittel der psychologischen Kriegführung an. Warum hat der Bundeswirtschaftsminister zu keinem Zeitpunkt einmal das Wort ergriffen, als sich diese Art Mißbrauch und diese Art umfangreiches Einsteigen in jene doch sehr massiven Wettbewerbsbeschränkungen abzeichnete?

    Dabei ist noch etwas Weiteres zu berücksichtigen. Wenn ganze Wirtschaftszweige in die Preisbindung der zweiten Hand einsteigen, dann wälzen sie das Risiko eines Preisdrucks auf die anderen Bereiche der deutschen Wirtschaft ab, die sich dieses Mittels nicht bedienen können. Die massive Anwendung der Preisbindung der zweiten Hand führt also zur Diskriminierung dieser Wirtschaftsbereiche. Das sind letzten Endes auch die Gründe gewesen, warum wir uns gegen die Sanktionierung dieses Mittels durch das Kartellgesetz ausgesprochen haben.
    Nun, meine Damen und Herren, komme ich zu einem weiteren Problem, das ich vorhin schon mit einem Wort angedeutet habe und das in Zusammenhang mit der nachlassenden Konjunktur auch sehr viel aktueller geworden ist, nämlich das Problem der Zonenrandgebiete. Wir haben mit Drucksache 479 einen Antrag eingereicht, den ich jetzt allerdings nicht im einzelnen besprechen möchte, weil wir ihn einer formalen ersten Lesung in einer der nächsten Sitzungen des Bundestages vorbehalten wollen. Ich möchte aber doch die beiden Hauptgrundsätze herausstellen und mit unseren konjunkturpolitischen Ansichten in Zusammenhang bringen. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß bezüglich der Zonenrandgebiete zwei Grundsätze maßgebend sein müssen. Erstens: Bei der Unterstützung der Zonenrandgebiete muß die Last sehr viel stärker von den an sich ja schwächeren Ländern und Gemeinden dieser Gebiete auf den Bund herübergenommen werden. Zweitens muß das Verfahren, auf Grund dessen die Zonenrandgebiete und die dortigen Unternehmen nur mehr oder weniger im Billigkeitsverfahren Anspruch auf gewisse Hilfeleistungen haben, durch allgemeine gesetzliche Bestimmungen ersetzt werden. Wenn Sie die Unternehmen der Zonenrandgebiete darauf hinweisen, daß sie sozusagen ihre Bedürftigkeit nachweisen müssen, dann werden Sie dort eine Versammlung von Lahmen haben und sonst gar nichts, und Sie werden keine gleichen Wettbewerbschancen schaffen.
    Nun zu einem anderen Problem, das mit der nachlassenden Konjunktur zu tun hat! Ich freue mich, daß das Stichwort zu diesem Problem hier inzwischen auch von anderer Seite gegeben worden ist. Zunächst einmal freue ich mich, daß Herr Dr. Vogel — ich glaube, es war vorgestern — schon von dem Problem der Konzentration gesprochen hat, und ich freue mich, daß auch Herr Margulies heute davon gesprochen hat. Hier haben



    Kurlbaum
    wir in der Tat ein allgemeines Anliegen. Ich möchte mich heute sehr eingehend mit diesem Problem beschäftigen, weil wir der Meinung sind, daß es besonders aktuell ist, zunächst einmal wegen des Konjunkturrückganges und ferner deshalb, weil die Konzentration zweifellos damit zu tun hat, daß sich gewisse Unternehmen schon auf den Gemeinsamen Markt vorbereiten und die wettbewerbsfördernden Wirkungen des Gemeinsamen Marktes im voraus schon wieder durch größere Zusammenschlüsse über die Grenzen hinaus illusorisch machen möchten.
    Nun ist es ganz klar, daß die Sozialdemokratie genau weiß, daß es sehr nützliche Konzentrationen gibt. Es gibt Konzentrationen, die in der Tat zu einer Rationalisierung der Fertigung und zu einer Rationalisierung der Forschung führen. Es gibt aber auch eine Menge Konzentrationsformen oder Konzentrationen, die den Hauptzweck haben, die Zahl der Bewerber einzuschränken und den Wettbewerb abzubauen. Und dazu, meine Damen und Herren, möchte ich einmal klarstellen: Diese Art von Konzentration kommt einer Demontage der Marktwirtschaft gleich!

    (Beifall bei der SPD.)

    Mit diesen Erscheinungen der Demontage der Marktwirtschaft müssen wir uns beschäftigen. Ich spreche heute nicht von der soziologischen Seite, weil ich glaube, daß wir uns über die nachteiligen soziologischen Wirkungen der Konzentration alle einig sind. Ich spreche vielmehr vom Standpunkt der Marktwirtschaft über die Konzentration.
    Die Sozialdemokratische Partei hat sich niemals der Illusion hingegeben, wie das nach unserer Meinung bei Ihnen von der Koalition in weitem Umfange der Fall war, als könne man eine echte Marktwirtschaft, eine für den Verbraucher wirksame Marktwirtschaft wirklich auf allen maßgeblichen Wirtschaftsbereichen der Bundesrepublik durchsetzen. Wir haben immer Vorbehalte gemacht und haben gesagt: Wir erkennen an, daß es weite Bereiche gibt, wo sie wahrscheinlich gar nicht möglich sein wird. Ich glaube, die Entwicklung hat uns recht gegeben. Aber wenn wir von der Marktwirtschaft sprechen, nehmen wir das Wort in seinem wirklichen Sinne und verwenden es nicht als Schlagwort. Für uns liegen die Dinge so: Wir glauben, daß von Marktwirtschaft, von echter Marktwirtschaft, nur gesprochen werden kann, wenn eine genügende Anzahl von Wettbewerbern vorhanden ist.
    Um ein praktisches Beispiel zu nennen: Wir möchten gar keinen Zweifel daran lassen, ,daß zum Beispiel. die Art und Weise, wie die Treibstoffe über die Tankstellen zu gleichen Preisen vertrieben werden, für die Sozialdemokratie keine Marktwirtschaft ist, sondern etwas ganz anderes.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Um das einmal klarzumachen: Bei solchen Bereichen mit einer Pseudomarktwirtschaft sind wir allerdings für eine öffentliche Kontrolle.
    Hier komme ich nun zu einem Problem, das Herr Dr. Hellwig, wenn ich mich recht erinnere, in der Debatte über die Bundesunternehmen am 12. Juni angesprochen hat. Er hat eine Feststellung getroffen, von der ich gleich sagen möchte, daß ich sie für richtig halte. Er sagte nämlich: Öffentliche Kontrolle bedeutet noch nicht Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Aber, Herr Dr. Hellwig, wem sagen Sie das? Die Sozialdemokratische Partei hat noch in der letzten Phase der Beratung des Kartellgesetzes den Antrag gestellt, das Bundeskartellamt solle alljährlich einen Bericht vorlegen, damit sich die Öffentlichkeit über die Tätigkeit des Bundeskartellamts, dieser Institution der öffentlichen Kontrolle, im einzelnen unterrichten kann. Wir haben vorgeschlagen, daß so eine öffentliche Kontrollinstitution durch die Öffentlichkeit kontrolliert werden soll, und es ist Ihnen, glaube ich, damals nicht ganz leicht gefallen, diesem Vorschlag zuzustimmen.

    (Abg. Dr. Hellwig: Im Gegenteil!)

    Um so besser, wenn wir Sie überzeugt haben.
    Ich gebe Ihnen ein anderes Beispiel, Herr Dr. Hellwig. Wir haben uns damals dafür erklärt, daß z. B. das Register der Markenartikelbinder auch öffentlich sein sollte, und da war es bei Ihnen zu Ende. Die Markenartikelhinder wollten Sie keiner weiteren Kontrolle durch die Öffentlichkeit unterstellen. Da scheinen also die Dinge auseinanderzugehen. Ich habe den Eindruck, Herr Dr. Hellwig, daß es Ihnen recht ist, wenn öffentliche Macht durch die Öffentlichkeit kontrolliert wird, daß es Ihnen aber nicht recht zu sein scheint, wenn private Macht durch die Öffentlichkeit kontrolliert wird.

    (Beifall bei der SPD.)

    Es ist die Auffassung der Sozialdemokratischen Partei, daß jede Macht durch die Öffentlichkeit kontrolliert werden muß, und wir sind nicht willens, hier Ausnahmen zu machen.
    Meine Damen und Herren von der Koalition, ich möchte Ihnen noch etwas Weiteres sagen. Das Ausmaß, in dem die Sozialdemokratische Partei nach einer öffentlichen Kontrolle rufen wird, hängt da- von ab, inwieweit Sie es zulassen, daß die Marktwirtschaft in den maßgeblichen Bereichen unserer Wirtschaft abgebaut wird, indem Sie sich weigern, der Konzentrationsbewegung in der Wirtschaft entgegenzutreten.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Das ist die Formel, auf die ich es in diesem Augenblick einmal gebracht haben möchte.
    Die Aufgabe — das haben hier auch schon andere Herren mindestens angedeutet — für die Bundesregierung liegt also im heutigen Zeitpunkt darin, alle Anreize zu einer volkswirtschaftlich nicht notwendigen oder sogar schädlichen Konzentration zu beseitigen und vor allen Dingen keine neuen Anreize zu schaffen. Was hat nun die Bundesregierung dazu gerade auch in dem hinter uns liegenden Jahr, d. h. im ersten Jahr dieses Bundestages, getan?
    Ich will versuchen, das an ein paar Beispielen zu erläutern. Sprechen wir zuerst über die Privatisie-



    Kurlbaum
    rung der Bundesvermögen! Wir haben am 12. Juni darüber debattiert. Ich will keineswegs diese Debatte wiederholen, sondern nur noch einmal resümieren: Trotz aller Propaganda vor der Wahl 1957 liegt uns bis heute kein überzeugender Vorschlag vor, wie durch die Privatisierung von Bundesvermögen die Streuung von Eigentum langfristig gesichert werden kann. Im Gegenteil, die vorliegenden Vorschläge — ich denke nur an die Howaldtwerke und andere — sind geeignet, die Konzernbildung und die Konzentration und damit — ich sage das einmal ganz klar und deutlich — die Demontage der Marktwirtschaft weiter zu fördern.
    Zweitens. Wie ist es mit der Versorgung der kleinen und mittleren Unternehmen mit langfristigem Kredit? Wir haben uns neulich schon im Wirtschaftspolitischen Ausschuß des Bundestages kurz darüber unterhalten. Die Zeit reichte nicht aus, um zu Ergebnissen zu kommen. Lassen Sie mich hier nur eine Zahl nennen, die für Ende 1957 gilt. Die Hälfte der privaten gewerblichen Wirtschaft, beistehend aus den kleineren und mittleren Unternehmen, mit einer Wertschöpfung von etwa 50 % und mit einer Beschäftigtenzahl von etwa 60 %, — dieser ganze Bereich hat den vierten Teil der langfristigen Kreditsumme zur Verfügung, die die andere Seite der großen Unternehmen besitzt.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren! Das ist ein Faktum, von dem Sie zugestehen werden, daß es wirklich ein Faktum ist, das in einer Weise konzentrationsfördernd wirken muß, wie man es sich kaum vorstellen kann; idenn was anders als diese reichliche langfristige Kreditversorgung setzt die großen Unternehmen überhaupt in die Lage, die kleineren aufzukaufen! Es ist also ganz klar, daß die bisher eingeleiteten Maßnahmen in keiner Weise ausreichend sind, um in absehbarer Zeit dieses störende Element zu beseitigen, diese Verfälschung der Chancen in der deutschen Wirtschaft wieder in Ordnung zu bringen. Wir werden bei der Beratung insbesondere des ERP-Wirtschaftsplanes in den Ausschüssen darauf noch zurückkommen.
    Nun komme ich zur Umsatzsteuer, ich sage ganz deutlich, zur Reform ides Umsatzsteuersystems, nicht einer anderen Reform. Diese Frage steht auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages bereits seit dem November 1954. Ich habe mich gefreut, daß nunmehr auch Herr Dr. Vogel die schädlichen Wirkungen des deutschen Umsatzsteuersystems anerkannt hat. Es ist heute auch allgemeine Meinung, daß die Denkschrift des Bundesfinanzministeriums vom Dezember 1955 völlig unzureichend ist.

    (Abg. Dr. Hellwig: Finanzministerium!)

    Seitdem hat die SPD zusammen mit Abgeordneten anderer Fraktionen immer wieder versucht, eine gutachtliche Stellungnahme des Bundesfinanzministeriums zu erreichen. Herr Dr. Vogel, es ist wohl ein Mißverständnis, wenn Sie am Dienstag hier im Plenum gesagt haben: Wir begrüßen die Fertigstellung des Entwurfs einer Umsatzsteuerreform. Vielleicht ist dieses Mißverständnis hier nur herein gekommen im Zuge des schnellen Herausbringens der Berichte über die Sitzungen des Plenums. Nach
    meiner Kenntnis — und ich würde es sehr begrüßen, wenn sich irgend jemand vom Finanzministerium dazu äußerte — liegen aber die Dinge ganz anders. Es liegt wohl ein Entwurf zu einer neuen Denkschrift, aber nicht etwa ein Entwurf zu einem neuen Umsatzsteuergesetz im Finanzministerium vor. Ich möchte jetzt hier im einzelnen diese neue Denkschrift nicht kritisieren, weil sie mir der Herr Bundesfinanzminister loyalerweise gegen das Versprechen zur Verfügung gestellt hat, sie noch nicht öffentlich zu kritisieren. Ich möchte trotzdem so weit gehen, hier zu sagen, ich rate dem Bundesfinanzminister dringend ab, diese Denkschrift in der jetzigen Fassung dem Bundestag vorzulegen. Mein Rat an die Bundesregierung geht vielmehr dahin, es möge sich doch endlich einmal der Bundeswirtschaftsminister für dieses Problem interessieren; es möge sich doch die zuständige Steuerabteilung des Bundeswirtschaftsministeriums für dieses Problem von eminent volkswirtschaftlicher Bedeutung interessieren. Mein Rat geht noch weiter. Ich glaube, daß wir sehr schnell weiterkämen, wenn sich die Bundesregierung entschlösse, einmal von zwei unabhängigen wissenschaftlichen Instituten der Bundesrepublik Gutachten über die Reform des Umsatzsteuersystems einzufordern. Ich meine, wir kämen dann sehr viel weiter.
    Meine Damen und Herren! Das wäre auch wieder eine gewisse Kontrolle der öffentlichen Macht — ich glaube, das Bundesfinanzministerium ist eine ganz massive öffentliche Macht —, wenn wir auf diese Weise die öffentliche Macht des Bundesfinanzministeriums einmal durch die Öffentlichkeit kontrollieren ließen.
    Nun komme ich noch zu einem weiteren Problem. Ich sehe, die Zeit läuft davon. Ich habe dem Herrn Vizepräsidenten versprochen, mich kurz zu fassen. Ich bin gerne bereit, wenn es gewünscht wird, zur Umsatzsteuerreform noch Einzelheiten anzugeben. Ich möchte jetzt auf ein zweites Problem kommen, das auch in die Finanzpolitik fällt. Ich meine, wir können hier Wirtschafts- und Finanzpolitik überhaupt nicht voneinander trennen. Ich komme jetzt zur Senkung der Körperschaftsteuersätze durch die in den letzten Tagen von der Koalition beschlossenen Gesetze. Was waren die Gründe für Sie, meine Damen und Herren, die Sie bewegt haben — ich nehme diese Gründe zunächst einmal ernst —, dieser Herabsetzung der Steuersätze zuzustimmen? Zunächst einmal war es der Grund, daß Sie die Finanzierung der Aktiengesellschaften durch Erleichterung der Ausgabe neuer Aktien fördern wollten. Damit wollten Sie ein besseres Gleichgewicht zwischen der Finanzierung über Anleihen, also über langfristige Fremdmittel und über Aktien herstellen. Das ist ein Anliegen technischer Art, für das wir Sozialdemokraten durchaus Verständnis haben und über das man mit uns hätte reden können. Um diese Frage zu lösen, waren aber — ich sage es klar und deutlich — in keinem Fall diese massiven Steuergeschenke an die Altaktionäre notwendig.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das Problem hätten Sie auch lösen können durch eine Verlagerung der Besteuerung. Sie hätten z. B.



    Kurlbaum
    die bisher auf den Dividendenausschüttungen liegenden Steuern auf die Zinsen für langfristiges Kapital verlagern können, wie es bei der Gewerbesteuer ist. Den Wohnungsbau kann man ausnehmen. Es gibt auch noch andere Möglichkeiten. Jedenfalls haben wir immer wieder kritisiert, daß die Maßnahmen, die Sie hier getroffen haben, in keiner Weise in einem vernünftigen Verhältnis zu dem Hunderte von Millionen umfassenden Steuergeschenk an die Altaktionäre stehen.

    (Abg. Dr. Hellwig: Und die Doppelbesteuerung?)

    — Ich weiß nicht, was Sie in diesem Zusammenhang damit meinen. Das müßten Sie nachher genauer ausführen. — Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um das Problem einer Konkurrenzverschiebung. Ich komme gleich noch auf die anderen Dinge.
    Sie haben dann darüber gesprochen, Sie wollten die Ausschüttung fördern und die Selbstfinanzierung einschränken. Auch hierzu haben wir im Finanzausschuß — ich glaube, in gemeinsamer Sitzung mit dem Wirtschaftsausschuß — gesagt, daß man hier im wesentlichen durch eine Umlagerung der Steuerlasten zu einem Effekt hätte kommen können, ohne diese massive Entlastung, dieses massive Steuergeschenk, das der Bundesfinanzminister auf 180 Millionen DM pro Jahr beziffert hat, geben zu müssen.
    Ich erwähne das heute nur deshalb, weil es sich wiederum um ein ganz massives Steuergeschenk handelt, das von allen Steuerzahlern aufgebracht und das einer beschränkten Anzahl von Steuerpflichtigen gegeben wird. In der Praxis werden dieses Steuergeschenk entweder die Aktiengesellschaften, d. h. im Durchschnitt die großen Unternehmen der Wirtschaft — also wieder etwas Konzentrationsförderndes oder, meine Damen und Herren von der Koalition, in erster Linie die Altaktionäre bekommen, d. h. Sie werfen das Geld der allgemeinen Steuerzahler wieder auf den großen Haufen des Geldes, das schon bei den Altaktionären ist.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang einmal fragen: Wo bleibt eigentlich der kleine Altsparer mit den traditionellen Sparformen? Wo bleibt er angesichts dieser Behandlung des Altaktionärs durch die Koalition?

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich glaube, man übertreibt nicht, wenn man in der
    Offentlichkeit einmal erklärt: der Altaktionär
    scheint das Schoßkind der Bundesregierung zu sein.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Das ist, glaube ich, die Darstellung, die hier zutreffend ist. — Bitte, Herr Dr. Hellwig!


Rede von Prof. Dr. Fritz Hellwig
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Kurlbaum, meinen Sie nicht, daß in diesem Zusammenhang doch immerhin erwähnt werden müßte, daß das Sparen in traditionellen Formen — Kontensparen, Bausparen, Lebensversicherungssparen — seit Jahren eine Steuerbegünstigung erfährt, die das Sparen in Aktien nicht erfahren hat?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Georg Kurlbaum


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Meine Damen und Herren, hier handelt es sich letzten Endes darum: wer ist der Schwächere? Halten Sie überhaupt einen solchen Vergleich für möglich und sinnvoll und für moralisch, daß Sie sagen, der Altaktionär müßte in demselben Umfang aus öffentlichen Mitteln gestützt und gefördert werden wie der traditionelle Altsparer mit kleinen Sparkonten? Da unterscheiden wir uns allerdings sehr erheblich.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang noch eines sagen. Es hat mich ganz besonders betroffen, daß man in diesem Augenblick, d. h. nach diesen massiven Steuererleichterungen für die Altaktionäre, darangehen will, den Sparzins für den kleinen Sparer zu senken, und daß man sich entschlossen hat, die Verabschiedung des Sparprämiengesetzes, das Sie für den unwichtigsten Teil dieser Steuergesetzgebung zu halten scheinen, auf das letzte Quartal dieses Jahres zu vertagen.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist nicht richtig!)

    Ich komme zu folgendem Ergebnis. Ob die Wirkungen eintreten, die Sie mit der Senkung der Körperschaftsteuersätze anstreben, nämlich Erhöhung der Ausschüttungen und Einschränkung der Selbstfinanzierung, ist völlig ungewiß. Niemand von Ihnen, meine Damen und Herren, kann sagen, in welchem Umfange die erwähnte gesetzliche Maßnahme zu einer Erhöhung der Ausschüttungen und zu einer Einschränkung der Selbstfinanzierung führen wird, weil Sie nämlich die Steuererleichterungen auch denjenigen Gesellschaften geben, die ihre Ausschüttungen nicht erhöhen, und genauso den Gesellschaften, die ihre Selbstfinanzierung nicht einschränken. Für die Erreichung des Zwekkes dieser massiven Ausgabe sind Sie also auf den guten Willen der Aktiengesellschaften angewiesen, von Ihrem großzügigen Angebot Gebrauch zu machen. Eines tritt aber mit absoluter Sicherheit ein: entweder die Altaktionäre bekommen jetzt eine höhere Dividende, ohne daß sie einen Beitrag zu dem geleistet haben, was Sie mit der Maßnahme erstreben, oder die Aktiengesellschaften brauchen weniger Steuern zu zahlen, ohne daß sie zur Förderung Ihrer Anliegen etwas tun müssen.
    Ich komme zur nächsten Frage im Rahmen meiner Betrachtungen, zur Problematik der Konzentration. Sie haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, um die Publizität der Unternehmen zu fördern. Ich anerkenne ausdrücklich den guten Willen des Bundesjustizministeriums; denn es hat sich zweifellos um diesen Gesetzentwurf sehr bemüht.
    Ich will der Diskussion in der ersten Lesung nicht vorgreifen und mich deshalb darauf beschränken, zwei Dinge zu sagen. Ich vermisse in dem Gesetzentwurf die volkswirtschaftlichen Gesichtspunkte. Es wird überhaupt nicht erkennbar, daß sich das Bundeswirtschaftsministerium für diese Fragen interessiert hat.
    Nach Ansicht der Sozialdemokratie geht es bei der Publizität um zwei grundlegende Dinge. Das eine ist: Wie wird die Öffentlichkeit über den Umfang und die Reichweite der wirtschaftlichen Macht un-



    Kurlbaum
    terrichtet, die gewisse Unternehmen in der Wirtschaft ausüben? Und das zweite ist: Wie erhält die Öffentlichkeit eine Vorstellung von der Größe der Gewinne, die aus solcher wirtschaftlichen Macht gezogen werden?
    Ich sage ganz offen, daß es uns bei der Publizität um diese zwei Dinge geht, und ich meine, sie sollten das Anliegen jedes echten Demokraten sein.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nur damit wird eine Kontrolle der wirtschaftlichen Macht durch die Öffentlichkeit gesichert.
    Ich füge ausdrücklich hinzu, daß wir bei dem Verlangen nach Publizität, nach Kontrolle durch die Öffentlichkeit, keinen Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen machen. Ich kann nur sagen, daß das, was der Gesetzentwurf vorsieht, u m der Öffentlichkeit die Macht und die Erträge der Unternehmen sichtbar zu machen, völlig unzureichend ist. Tm übrigen wird eine weitere Folge eintreten. Die großen Unternehmen mit einem vielseitigen Programm werden eine Umsatzziffer nennen; die kleinen, spezialisierten Unternehmen werden ebenfalls eine mitteilen. Die gro-lien werden also genau wissen, was für einen Umsatz der kleine Unternehmer auf seinem Snezialgebiet hat: aber der kleine Spezialist kann nicht erkennen. wie der Umsatz des Großunternehmens gegliedert ist, denn er erfährt bloß den Gesamtumsatz. In der Elektroindustrie weiß er beisnielsweise nur den Gesamtumsatz vom elektrischen Rasierer his zum schlüsselfertigen Kraftwerk. Er weiß also praktisch nichts, wenn er die Umsatzziffer liest; sie iaqt ihm höchstens noch mehr Schrecken vor dem Großunternehmen ein.
    Meine Damen und Herren, ich will nicht auf Einzelheiten eingehen. Ich anerkenne. daß wenigstens einmal ein Anfang gemacht worden ist. Wir werden über den Entwurf im Wirtschaftsausschuß heftig diskutieren müssen. Wenn er so verabschiedet wird. wie er vorliegt, dann kommt das kleinere und mittlere Unternehmen in eine noch schwierigere Lag e, als es jetzt ist, weil es sich unter Umständen einer gezielten Marktstrategie der großen Unternehmungen ausgesetzt sieht.
    Ich habe Ihnen an fünf aktuellen Beispielen gezeigt. was die Bundesregierung auf dem Gebiete der Privatisierung des Bundesvermögens, der Kreditversorgung der kleinen und mittleren Unternehmen. der -Umsatzsteuerreform, der Änderung der Körperschaftsteuer und der Publizität geleistet hat.
    Ich kann abschließend folgendes sagen. Bei all diesen neuen Maßnahmen sind die Bundesregierung und das Bundeswirtschaftsministerium der Aufgabe nicht gerecht geworden, bestehende Anreize zu volkswirtschaftlich nicht notwendiger wirtschaftlicher Konzentration abzubauen und keine neuen Anreize zu schaffen. Im übrigen, meine Herren, werden Sie mir zustimmen, daß auch die Rüstungswirtschaft einen neuen Antrieb zur Konzentration in der Wirtschaft bedeutet. Ich will das nur mit am Rande erwähnen, weil es in das Bild hineingehört, mit dem wir uns als Realisten zu beschäftigen haben.
    Ich komme zum Schluß und fasse zusammen. Die SPD ist durchaus bereit, meine Damen und Herren von der Koalition, an einer echten Marktwirtschaft mitzuwirken, sie zu sichern und zu fördern, wo immer sie zum Nutzen der Volkswirtschaft und des Verbrauchers durchsetzbar ist. Ich glaube, das haben wir bei der Behandlung des Kartellgesetzes und mehrfach bei der Behandlung der Zollpolitik in diesem Hause bewiesen. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hätte einen Teil seiner marktwirtschaftlichen Anliegen ohne unsere Unterstützung in diesem Hause überhaupt nicht durchsetzen können.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal sagen: Konzentration bedeutet im Zweifel Abbau der Marktwirtschaft. Privaten, unkontrollierten Dirigismus in der Wirtschaft lehnt die SPD ab. Sie ist für die Kontrolle — für die öffentliche Kontrolle — der privaten wirtschaftlichen Macht, wobei diese öffentliche Kontrolle ihrerseits durch Parlament und Öffentlichkeit kontrolliert werden muß. Die Verantwortung dafür, wie weit die öffentliche Kontrolle ausgedehnt werden muß, liegt eindeutig bei denen, die der Ausbreitung privater Macht entgegenzutreten nicht bereit sind. Wer private, unkontrollierte Macht duldet oder sogar fördert und öffentliche Kontrolle ablehnt, will keine freiheitliche Wirtschaftsordnung und keine echte Demokratie,

    (Beifall bei der SPD)

    sondern er will offensichtlich ein Parlament und eine Regierung, welche die großen Mächte in der Wirtschaft sich gefügig machen können.

    (Beifall bei der SPD.)