Rede:
ID0303702300

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 3037

  • date_rangeDatum: 1. Juli 1958

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    Deutscher Bundestag 37. Sitzung Bonn, den 1. Juli 1958 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Karl Arnold . . . . 2107 A Sammelübersicht 7 des Petitionsausschusses über Anträge von Ausschüssen zu Petitionen (Drucksache 482) 2108 C Entwurf einer Dritten Verordnung zur Änderung des Deutschen Zolltarifs 1958 (Schwefelkohlenstoff, Strohpappe usw.); Schriftlicher Bericht des Außenhandelsausschusses (Drucksachen 487, 491) . . 2108 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 24. September 1956 mit dem Königreich Belgien über eine Berichtigung der deutsch-belgischen Grenze und andere Fragen (Drucksache 315); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 486) — Zweite und dritte Beratung — . 2108 D Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Altsparergesetzes (CDU/CSU, SPD, FDP, DP) (Drucksache 484) — Erste Beratung — 2109 A Entwurf eines Gesetzes zur Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1958 (Haushaltsgesetz 1958) (Drucksachen 300, 354, 357, 362 bis 365, 378, 400 bis 404, 408, 412, 413, 440 bis 444, 447, 460 bis 468); Beschlüsse zweiter Beratung (Drucksache 490) — Dritte Beratung — Allgemeine Aussprache Dr. Vogel (CDU/CSU) 2109 B Ritzel (SPD) 2118 A, 2164 A Niederalt (CDU/CSU) 2125 A Lenz (Trossingen) (FDP) 2128 B Dr. Schild (DP) 2132 C Eilers (Oldenburg) (FDP) 2137 B Dr. Gülich (SPD) 2142 B, 2162 D Etzel, Bundesminister 2144 C Erler (SPD) 2149 A Dr. Krone (CDU/CSU) 2158 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler 2161 A, 2165 B Dr. Arndt (SPD) 2164 C Merten (SPD) 2165 D Weiterberatung vertagt 2171 A Erklärung gemäß § 36 GO Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU) 2171 A Nächste Sitzung 2171 C Anlagen 2173 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 1. Juli 1958 2107 37. Sitzung Bonn, den 1. Juli 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.04 Uhr.
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich a) Beurlaubungen Graf Adelmann 7. 7. Frau Albertz 5. 7. Altmaier* 5. 7. Dr. Atzenroth 1. 7. Dr. Barzel 5. 7. Bauer (Würzburg)* 5. 7. Birkelbach* 5. 7. Fürst von Bismarck* 5. 7. Blachstein* 5. 7. Dr. Burgbacher 1. 7. Burgemeister 3. 7. Frau Döhring (Stuttgart) 31. 7. Döring (Düsseldorf) 5. 7. Dr. Eckhardt 2. 7. Erik 1. 7. Euler 4. 7. Franke 12. 7. Frau Friese-Korn 1. 7. Gaßmann 5. 7. Gern? 5. 7. Dr. Greve 1. 7. Heye* 5. 7. Höfler* 5. 7. Frau Dr. Hubert* 5. 7. Jacobs* 5. 7. Jahn (Frankfurt) 1. 7. Kiesinger* 5. 7. Dr. Königswarter 5. 7. Dr. Kopf* 5. 7. Kühlthau 2. 7. Kühn (Köln)* 5. 7. Leber 4. 7. Lücker (München)* 5. 7. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 5. 7. Frau Dr. Maxsein* 5. 7. Dr. Menzel 1. 7. Metzger* 5. 7. Dr. Meyer (Frankfurt)* 5. 7. Frau Meyer-Laule 1. 7. Murr 1. 7. Neumann 1. 7. Frau Niggemeyer 12. 7. Frau Dr. Pannhoff 1. 7. Paul* 5. 7. Dr. Preiß 5. 7. Pusch 5. 7. Ruf 5. 7. Scheel 5. 7. Schmidt (Hamburg) 1. 7. Dr. Schneider (Saarbrücken) 5. 7. Schoettle 19. 7. Schreiner 1. 7. Schütz (München)* 5. 7. Seidl (Dorfen)* 5. 7. Dr. Serres 1. 7. Spies (Brücken) 4. 7. *) für die Teilnahme an der Tagung der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Struve 5. 7. Dr. Wahl* 5. 7. Frau Dr. h. ç. Weber (Essen)* 5. 7. Wehking 1. 7. Dr. Will 5. 7. Dr. Zimmer* 5. 7. b) Urlaubsanträge D. Dr. Gerstenmaier 2. 8. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Wehr (Fragestunde der 35. Sitzung am 26. Juni 1958, Drucksache 473, Frage 34): Trifft es zu, daß das Bundesatomministerium dem Technischen Überwachungsverein Hamburg untersagt hat, die amtlich ermittelten Meßzahlen über die Radioaktivität im Regenwasser und in der Luft zu veröffentlichen? Was hat das Bundesatomministerium veranlaßt, falls diese Tatsache richtig ist, ein solches Verbot zu erlassen? Ich darf die Frage wie folgt beantworten: Es trifft nicht zu, daß das Bundesministerium für Atomkernenergie und Wasserwirtschaft dem Technischen Überwachungsverein Hamburg untersagt hat, die von diesem Verein im Auftrag des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Vertriebene des Landes Schleswig-Holstein im Bereich der Reaktorstation Geesthacht bei Hamburg ermittelten Meßzahlen über die Radioaktivität im Regenwasser und in der Luft zu veröffentlichen. Gegenteilige Behauptungen in einigen deutschen Tageszeitungen, die sich auf eine angebliche telefonische Äußerung des Direktors des Technischen Überwachungsvereins Hamburg stützten, entsprechen nicht den Tatsachen. Ich habe daher die Falschmeldungen richtigstellen lassen und darf in diesem Zusammenhang auf die im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung in der Nr. 76 vom 24. 4. 1958 auf Seite 744 abgedruckte Erklärung hinweisen. Bad Godesberg, ,den 28. Juni 1958 Dr. Balke Anlage 3 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verteidigung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Pohle (Eckernförde) (Fragestunde der 35. Sitzung am 26. Juni 1958, Drucksache 473, Frage 31): Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, anzuerkennen, daß sich für eine Gemeinde - wie die Gemeinde Boostedt im Kreise Segeberg mit etwa 1800 Einwohnern -, die sich durch die Garnison um dieselbe Zahl von Neubürgern vermehrt, besondere Schwierigkeiten ergeben? Kann diese Gemeinde damit rechnen, daß ihr durch die im Verhältnis zur Einwohnerzahl ungewöhnlich hohe Belastung in den kommunalwirtschaftlichen Folgemaßnahmen wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung zuteil wird? Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung hierbei vorgesehen? 2174 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 1. Juli 1958 Ich erlaube mir, die Anfrage wie folgt zu beantworten: Im Bezirk der Gemeinde Boostedt ist ein Kasernen-Neubau errichtet und seit April 1958 belegt worden. Nach den von meinem Hause erlassenen „Richtlinien für die Gewährung von Darlehen und Zuschüssen zu Aufschließungsmaßnahmen und Folgeeinrichtungen besonderen Umfanges bei militärischen Bauvorhaben und Wohnsiedlungen" besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, an Gemeinden zur Durchführung von kommunalen Aufgaben eine Bundesfinanzhilfe zu gewähren. Ich habe die Gemeinde Boostedt auf ihre Denkschrift bereits dahingehend unterrichtet, daß für die Prüfung derartiger Anträge die Wehrbereichsverwaltung in Kiel zuständig ist, und empfohlen, ihr Anliegen dort weiter zu verfolgen. Es ist jetzt schon zu übersehen, daß im vorliegenden Fall eine finanzielle Hilfe durch mein Haus in Betracht kommt. Über die Höhe der zu gewährenden Bundesfinanzhilfe kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nichts gesagt werden. Bonn, den 30. Juni 1958 Strauß Anlage 4 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Verteidigung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Pohle (Eckernförde) (Fragestunde der 35. Sitzung am 26. Juni 1958, Drucksache 473, Frage 33) : Ich frage den Herrn Bundesverteidigungsminister, ob die ,,Sieben-Meilen-Sperrzone" um Schleimünde eine Dauererscheinung der nächsten Jahre sein wird? Welche Pläne des Bundesverteidigungsministeriums werden in den Gemeinden Olpenitz und Ellenberg verwirklicht? Sind besondere Vorhaben der Bundeswehr in Gammelby und Surendorf geplant? Zu welchem Ergebnis haben die Entschädigungsverhandlungen mit Eckernförder Fischern geführt? Ich erlaube mir, die Anfrage wie folgt zu beantworten: Ich darf zur besseren Ubersicht auf die gestellte Frage entsprechend ihren einzelnen Sätzen wie folgt eingehen: Zu Satz 1: Eine „Sieben-Meilen-Sperrzone" um Schleimlinde ist nicht geplant. In den „Nachrichten für Seefahrer" sind Artillerie-Schießgebiete und ein U-Boot-Tauchgebiet veröffentlicht worden, die längs der SchleswigHolsteinischen Ostküste liegen und von der Küste bis etwa 4 Seemeilen Abstand reichen. Die Angaben wurden in den „Nachrichten für Seefahrer" (NfS) Nr. 3565/57 und Nr. 78/58 veröffentlicht. Die Durchfahrt durch diese Gebiete und die Ausübung der Fischerei werden nicht behindert. Schiffahrt und Fischerei werden jedoch gebeten, ausreichende Rücksicht auf die Übungen der Streitkräfte zu nehmen. Diese Artillerie-Schießgebiete und das Tauchgebiet werden eine Dauererscheinung bleiben. Zu Satz 2: Die Bundesmarine beabsichtigt, bei Olpenitz den Neubau eines Hafens und bei Ellenberg den Neubau einer Marine-Artillerieschule durchzuführen. Zu Olpenitz: Die nach der Teilung Deutschlands noch in der BRD verbliebenen ehern. Kriegshäfen im Ostseebereich reichen nicht aus, um die für die Durchführung der Aufgaben der Bundesmarine erforderlichen Kampf-, Schul- und Troßschiffe aufzunehmen. Als Ersatz für die verlorengegangenen Häfen und zugleich zur Auflockerung der in der Ostsee zu stationierenden Seestreitkräfte wird der Hafenneubau erforderlich. Nach eingehenden Untersuchungen des Bundesministers für Verkehr wurde von diesem ein unbewohntes Gelände bei Olpenitz an der Schlei vorgeschlagen, wo mit relativ geringem Aufwand ein geeigneter Hafengeschaffen werden kann. Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat Kenntnis von diesen Plänen und ist bereit, ihnen unter bestimmten Voraussetzungen ihre Zustimmung zu geben. Zu Ellenberg: Dort steht eine Liegenschaft zur Verfügung, die durch zusätzlichen Erwerb weiteren Geländes um ca. 5 ha vergrößert wird. Das Land Schleswig-Holstein hat Kenntnis von den Plänen und ist bereit, ihnen unter bestimmten Voraussetzungen zuzustimmen. Die Verhandlungen sind noch nicht abgeschlossen. Als Teil der Anlagen der Artillerieschule soll auf der Landzunge zwischen der Schlei und der Ostsee bei dem geplanten Hafen Olpenitz ein Feuerleithaus gebaut werden, von dem aus vorwiegend Zielübungen auf fahrende Seeziele und im begrenzten Umfange Klingscheibenschießen für die aufgestellten Geschütze durchgeführt werden sollen. Zu Satz 3: Die bisher verfolgte Absicht, in Gammelby Anlagen der Bundeswehr zu errichten, ist inzwischen zweifelhaft geworden. Die Planung Surendorf wird dagegen weiterhin bearbeitet. Zu Gammelby: Es handelt sich hierbei zunächst nur um eine Planung. Es. ist u. U. vorgesehen, zu einem späteren Zeitpunkt auf dem der Gemeinde Gammelby gehörenden Erweiterungsgelände der Kaserne Carlshöhe, Eckernförde, Anlagen für höchstens 300 Soldaten zu errichten. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 1. Juli 1958 2175 Zu Surendorf: Das Amt für Wehrtechnik und Beschaffung beabsichtigt, auf der Liegenschaft der ehem. Torpedo-Versuchsanstalt Surendorf an der Eckernförder Bucht eine Erprobungsstelle für .Sdidfsartillerie einzurichten, mit der eine Artillerievers i teile der Bundesmarine verbunden werden soll. Zu Satz 4: Die Entschädigungsverhandlungen mit den Eckernförder Fischern schweben noch. Es kann davon ausgegangen werden, daß den Fischern eine Entschädigung zugesprochen wird. Über Einzelheiten wird zur Zeit noch zwischen der Landesregierung Schleswig-Holstein und der WBV I in Kiel verhandelt. Bonn, den 30. Juni 1958 Strauß Anlage 5 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Freiherr zu Guttenberg (Fragestunde der 35. Sitzung am 26. Juni 1958, Drucksache 473, Frage 24): Was gedenkt der Herr Bundesarbeitsminister zu tun, um die Pflichtbeiträge der Meistersöhne zur Arbeitslosenversicherung zurückzuerstatten, nachdem die vom Bundessozialgericht am 5. April 1956 ausgesprochene Versicherungspflicht dieses Personenkreises durch § 65 Abs. 2 AVAVG ab 1. April 1957 wieder aufgehoben wurde? Ist dem Herrn Bundesminister bekannt, daß Meistersöhne, die auf Grund der genannten Entscheidung des Bundessozialgerichtes Pflichtbeiträge gelistet haben, in den seltensten Fällen damit rechnen können, im Falle der Arbeitslosigkeit Arbeitslosenunterstützung zu erhalten? . Auf die Frage teile ich folgendes mit: Durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 5. April 1956 wurde die Versicherungspflicht derjenigen Meistersöhne, die in einem Beschäftigungsverhältnis bei ihren Eltern standen, nicht für die Zukunft begründet, sondern für die Zeit vom Beginn des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt. Beiträge wurden auf Grund der durch das Urteil festgestellten Rechtslage jedoch nur für Beschäftigungszeiten nach Rechtskraft des Urteils erhoben. Da die Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht von der Entrichtung von Beiträgen abhängig ist, können auch die Zeiten, für die Beiträge nicht entrichtet worden waren, zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen. Die Versicherungsfreiheit für Abkömmlinge, die am 1. April 1957 in Kraft getreten ist, beseitigt für Meistersöhne also nicht eine Versicherungspflicht, die nur eine kurze Zeit bestanden hätte. Eine Rückerstattung der Beiträge ist nach der derzeitigen Rechtslage nur möglich, wenn sie irrtümlich entrichtet worden sind. Der Fall liegt hier nicht vor. Die Tatsache, daß vor dem Urteil des Bundessozialgerichts keine Beiträge erhoben wurden, rechtfertigt es also nicht, die nach dem Urteil zu Recht erhobenen Beiträge zu erstatten. Ich habe nicht die Absicht, eine Änderung dieser Rechtslage vorzuschlagen. Es trifft im übrigen nicht zu, daß Meistersöhne im Falle der Arbeitslosigkeit nur in den seltensten Fällen Arbeitslosengeld erhalten können. Wie bereits dargelegt, war die Zeit einer Beschäftigung als Meistersohn bis zum 31. März 1957 ungeachtet der Entrichtung von Beiträgen versicherungspflichtig und kann damit zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen. Ein Anspruch auf Grund des Beschäftigungsverhältnisses als Meistersohn, das bis zum 31. März 1957 versicherungspflichtig war, kann noch bei einer Arbeitslosmeldung bis zum 1. Oktober 1958 geltend gemacht werden. Daß Meistersöhne nur selten arbeitslos werden, rechtfertigt eine Sonderregelung für die Zeit vor dem 1. April 1957 nicht, da das gleiche auch für Angehörige zahlreicher anderer Personenkreise zutrifft und das Wesen jeder Versicherung im Ausgleich des Risikos liegt. Bonn, den 1. Juli 1958 Blank Anlage 6 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Heinrich (Fragestunde der 35. Sitzung am 26. Juni 1958, Drucksache 473, Frage 28) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Lehrlingsausbildung nach dem heutigen Stand nicht mehr den veränderten Bedingungen von Technik und Wirtschaft Rechnung trägt, und ist sie bereit, eine entsprechende gesetzliche Regelung zu treffen? Wenn ja, bis wann wird ein solcher Gesetzentwurf vorgelegt werden? Auf die Frage teile ich folgendes mit: Die Frage, ob und inwieweit die Lehrlingsausbildung nach dem heutigen Stand den veränderten Bedingungen von Technik und Wirtschaft Rechnung trägt, wird in Fachkreisen und Veröffentlichungen lebhaft diskutiert; die dabei zum Ausdruck kommenden Auffassungen sind sehr unterschiedlich. Die Bundesregierung verfolgt die wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen und ihre Auswirkungen auf die Heranbildung des jungen Nachwuchses ständig und ist an den darüber geführten Diskussionen beteiligt. Sie befaßt sich auch seit längerem mit der Frage, ob eine neue gesetzliche Regelung der Berufsausbildung notwendig ist. Bereits unter meinem Amtsvorgänger, Herrn Bundesarbeitsminister Storch, sind vor etwa zwei Jahren Besprechungen mit den beteiligten Ressorts und den Sozialpartnern geführt und Grundzüge für ein Rahmengesetz vorbereitet worden. Gegenwärtig ist diese Frage Gegenstand von Verhandlungen, die ich vor einiger Zeit mit dem Bundeswirtschaftsminister wieder aufgenommen habe. Bonn, den 1. Juli 1958 Blank 2176 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 1. Juli 1958 Anlage 7 Schriftliche Antwort des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung auf ,die Mündliche Anfrage ,des Abgeordneten Geiger (Aalen) (Fragestunde der 35. Sitzung am 26. Juni 1958, Drucksache 473, Frage 30) : Billigt der Herr Bundesarbeitsminister die Auslegung des § 124 Abs. 1 AVAVG durch die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, nach der nur derjenige arbeitsunfähig Erkrankte Krankengeld nach seinem vor der Kurzarbeit bezogenen Grundlohn erhält, bei dem zwischen Kurzarbeit und arbeitsunfähiger Erkrankung kein zeitlicher Zwischenraum lag? Auf die Frage teile ich folgendes mit: Krankenversicherungspflichtige Personen erhalten die Barleistungen der Krankenversicherung nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung und der Satzung der Krankenkasse, deren Mitglied sie sind. Dies gilt auch für solche Versicherte, deren Arbeitsentgelt vor der Erkrankung gemindert war. Daraus können sich im Einzelfall Härten ergeben. Durch § 124 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung sind diese im System der Krankenversicherung liegenden Härten für solche Versicherte beseitigt worden, die Kurzarbeitergeld beziehen. Diese Pesonen erhalten Barleistungen der Krankenversicherung nach dem Grundlohn vor Beginn des Bezuges von Kurzarbeitergeld. Die Mehraufwendungen werden von der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung getragen. Die Auffassung der Bundesanstalt, daß diese Rechtsvorschrift nur angewendet werden kann, wenn die mit Arbeitsunfähigkeit verbundene Erkrankung sich unmittelbar an ,den Bezug von Kurzarbeitergeld anschließt, entspricht § 124 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung. Bei der bevorstehenden Neuregelung der Krankenversicherung wird geprüft werden, wie Härten für solche Versicherte, die kein Kurzarbeitergeld beziehen, oder deren Erkrankung sich nicht unmittelbar an ,den Bezug von Kurzarbeitergeld anschließt, beseitigt werden können. Bonn, den 1. Juli 1958 Blank Anlage 8 Schriftliche Antwort des Bundesministers des Innern auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jacobs (Fragestunde der 35. Sitzung am 26. Juni 1958, Drucksache 473, Frage 26) : Hat der Beamte der örtlichen Polizeidirektion in Trier, der von der Verwaltung des Geburtshauses von Karl Marx Auskunft über Geschenke verlangte, die Vertreter der Sowjetischen Botschaft in Bonn aus Anlaß eines Besuches machten, im Auftrage des Auswärtigen Amtes oder einer sonstigen der Kontrolle der Bundesregierung unterstehenden Organisation gehandelt? Ich beantworte die Frage wie folgt: Der Beamte der Polizeidirektion in Trier hat nicht im Auftrage des Auswärtigen Amtes oder einer sonstigen Bundesbehörde gehandelt. Schröder
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    Rede von Fritz Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben heute früh von dem Sprecher der CSU hier einen sehr richtigen Hinweis bekommen. Die Entscheidung über den Haushaltsplan ist ja gleichzeitig ein Bekenntnis zu einer ganz bestimmten Politik und infolgedessen die Ablehnung des Haushaltsplanes auch die Ablehnung einer ganz bestimmten Politik. Es gibt hier Zusammenhänge.
    Infolgedessen ist es wohl richtig, wenn wir uns in diesem Zeitpunkt der Tatsache erinnern, daß es schließlich der Herr Bundeskanzler ist, der die Richtlinien der Politik bestimmt, der verantwortlich ist für die Gesamthaltung der Regierung, auch soweit sich diese Haltung der Regierung in Handlungen anderer Ressorts niederschlägt.
    Außerdem ist schließlich der Herr Bundeskanzler auch noch Vorsitzender der größten Regierungspartei, der Christlich-Demokratischen Union. Zur Beurteilung der Gesamtpolitik des Kanzlers — das ist Gegenstand auch der Beratungen heute, wo es um das Vertrauen zu ihm geht oder nicht — muß man also wohl auch die Haltung der Partei mit heranziehen, deren Vorsitzender der Herr Bundeskanzler ist.
    Und da erfüllt mich ein Vorgang mit Sorge.

    (Zuruf von der CDU/CSU: „Mit tiefer Sorge"!)

    — Jawohl; nehmen Sie das bitte sehr ernst: mit tiefer Sorge! Es ist durchaus erlaubt, daß die Opposition Sorge hat. Ich würde mich freuen, wenn Sie in manchen Fällen die gleichen Sorgen hätten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Da erfüllt mich ein Vorgang mit Sorge, der seine Auswirkungen bis in die Debatten dieses Hauses hinein hat: daß nämlich in wachsendem Ausmaße die Diskussionen so geführt werden, als sei die stärkste Regierungspartei identisch mit dem Staate,

    (Sehr wahr! bei der SPD) als sei eine Kritik am Kanzler und eine Kritik am Parteivorsitzenden der CDU ein Anschlag auf die Autorität des Staates. Meine Damen und Herren, der Staat, das ist nicht die CDU und das ist nicht die SPD, sondern das sind wir alle zusammen.


    (Beifall bei der SPD und der FDP. — Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Gerade weil das so ist, sollte man — um nur ein Beispiel herauszugreifen, denn es illustriert die Lage — mit peinlicher Sorgfalt darüber wachen, daß das Geld des Staates, das nach Ihrem eben gegebenen einmütigen Beifall uns allen gehört, nicht für eine bestimmte Partei benutzt wird, die nur ein Stück dieses Staates ist, aber nicht der ganze Staat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP.)

    Da sollte man dafür sorgen, daß eine saubere Grenze gezogen wird zwischen der durchaus zulässigen objektiven Information der Bevölkerung aus Steuermitteln und einer einseitigen Parteipropaganda für eine ganz bestimmte Partei, die sich gerade im Besitz der Regierungsgewalt befindet.
    Sie haben es sehr leicht, diesen Vorwurf, der bleibt, solange das Parlament keinen Einblick in die entsprechenden Fonds hat, zu entkräften. Sie brauchen nur den Antrag Umdruck 133 anzunehmen, in dem gerade jene Sorge, von der ich sprach, anklingt, daß man verhindern muß, daß die Mittel, die von der Gesamtheit der Steuerzahler für die Zwecke des Staates im ganzen bewilligt und zur Verfügung gestellt werden, eventuell für einseitige parteipolitische Zwecke mißbraucht werden. Das einfachste Verfahren ist: Geben Sie auf anständige Weise auch den anderen demokratischen Kräften dieses Staates einen Einblick in die Verwendung dieser Mittel! Dann wäre diese Sorge behoben. Solange Sie das nicht tun, solange bleibt der Vorwurf an Ihnen hängen, daß aus diesen Mitteln Parteipropaganda betrieben wird.

    (Beifall bei der SPD und FDP.)

    Wir hatten bisher — aber das wird künftig erfreulicherweise wohl etwas anders werden müssen — auch noch eine andere Form, Mittel der Steuerzahler zu benutzen, um eine bestimmte Partei besonders stark zu begünstigen, nämlich die Form von steuerlichen Erleichterungen bei Parteispenden, indem man sie vom steuerpflichtigen Einkommen absetzen konnte. Ich darf Sie an die Debatten des Jahres 1954 in diesem Hause erinnern. Niemand von uns wird bestreiten, daß politische Arbeit erheblichen Geldaufwand verursacht, und niemand wird infolgedessen bestreiten, daß die politischen Parteien für die Erfüllung der Aufgaben, für die sie nach Art. 21 des Grundgesetzes ja auch ausdrücklich bestehen, der finanziellen Hilfe bedürfen. Es wird also niemand einer politischen Partei verübeln, daß sie für ihre Arbeit Spenden entgegennimmt.
    Aber, meine Damen und Herren, wir sollten uns hier von zwei Grundsätzen leiten lassen; einmal von Art. 21 des Grundgesetzes, der verlangt, daß die Parteien über die Herkunft und die Verwendung ihrer Mittel öffentlich Rechenschaft legen.
    2150 Deutscher Bundestag' — 3. Wahlperiode — 37. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 1. Juli 1958
    Erler
    Wenn die Parteien schon Gelder bekommen, dann sollen sie sagen, woher sie stammen, damit der Staatsbürger weiß, mit wem er eigentlich in einem Boote sitzt.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU: DGB!)

    Zum zweiten: Wenn jemand aus Überzeugung oder auch, um seinen Interessen zu dienen — das ist keine Schande —, einer bestimmten Partei politische Zuwendungen macht, dann soll er das gefälligst aus seinem eigenen Geldbeutel tun und nicht zu Lasten der anderen Steuerzahler. Und ich bin sehr froh, daß Ihr Verstoß gegen diese selbstverständlichen Grundsätze, den Sie hier im Bundestag beschlossen hatten, nunmehr vom höchsten Gericht der Bundesrepublik Deutschland wiedergutgemacht worden ist. Das Bundesverfassungsgericht hat uns recht gegeben und diese Finanzierungsmethoden schlicht für verfassungswidrig erklärt.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dieses Urteil, das Gesetzeskraft hat, ist trotz eines recht unerfreulichen, in letzter Stunde noch auf das Gericht ausgeübten Drucks nicht nur einer Partei, sondern sogar des Herrn Bundeskanzlers zustande gekommen,

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    der sich eigentlich etwas mehr Respekt im Umgang
    mit dem Bundesverfassungsgericht aneignen sollte.

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Ich sage das deshalb, weil wir vor gar nicht langer Zeit hier den Herrn Bundesinnenminister erlebt haben, der in einem anderen Zusammenhang von der Gefahr der Demontage der Verfassung sprach.
    Wie wäre es denn, wenn man nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einmal versuchte, eine Gewissenserforschung darüber anzustellen, wieweit die CDU-Mehrheit dieses Hauses in Wahrheit durch eine verfassungswidrige Art der Parteifinanzierung überhaupt zustande gekommen ist?

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Diese Art der Finanzierung bringt gefährliche Abhängigkeiten mit sich, und im Interesse des sauberen Funktionierens der parlamentarischen Demokratie sollte man auch hier den Schein vermeiden, daß man sich durch allzu großzügige Spenden den Spendern gegenüber vielleicht doch nicht mehr so ganz unabhängig fühlt, ob sich das nun bei bestimmten Maßnahmen der Steuerpolitik oder — um hier einen aktuelleren Fall zu erwähnen — bei der Veräußerung des Bundesvermögens abspielt. Denn so, wie die Dinge da geplant sind, daß die Erwerber der Howaldtwerke den Kaufpreis auch noch auf Raten zahlen können, so daß sie ihn wahrscheinlich aus dem Gewinn der Werke in den kommenden Jahren bezahlen können, würde ich mich auch gern zu 'den Bewerbern rechnen, die sich auf diese Weise ein Stück Bundesvermögen unter den Nagel reißen können.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    Das sollten wir also unter allen Umständen vermeiden, zumal wir auch inzwischen in dieser Debatte geklärt haben, daß gar kein Bedürfnis nach einer Privatisierung dieses Werkes besteht, sondern das genaue Gegenteil; denn wir haben, ich glaube, 90 Millionen DM in den Haushaltsplan eingestellt, um neue Marinearsenale zu schaffen.

    (Abg. Dr. Schäfer: 160 Millionen!)

    160 Millionen sogar, wie ich eben höre. Dann wäre es doch gescheiter, zunächst die vorhandenen bundeseigenen Einrichtungen für diese Zwecke zu benutzen.
    Meine Damen und Herren, ich habe eben den Herrn Bundesinnenminister zitiert, nicht weil ich mich jetzt mit seinem Haushaltsplan befasse, sondern weil seine Haltung doch auch Ausdruck eines gewissen innenpolitischen Klimas ist, das seine Entstehung nicht zuletzt der Wirksamkeit unseres Herrn Bundeskanzlers verdankt. Der Bundesinnenminister hat sich neulich hier sehr hart über die von den Sozialdemokraten gewünschte Volksbefragung geäußert. Aber, meine Damen und Herren, vielleicht entsinnen wir uns, mit welch harten Worten 'gerade der Bundesarbeitsminister hier einen Druck rügte, der angeblich auf Demonstranten in Dortmund zur Teilnahme an einer Kundgebung gegen die atomare Bewaffnung der Bundeswehr ausgeübt worden sein sollte. Ich möchte dem Herrn Bundesarbeitsministerganz ehrlich sagen: Wir Sozialdemokraten zwingen niemand, an Kundgebungen teilzunehmen,

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — wirklich nicht! — weil wir nämlich genau wissen, daß es mit den befohlenen Aufmärschen, wie sie seinerzeit im „Dritten Reich" exerziert wurden und heute von den Kommunisten exerziert werden, anfängt und dann mit den unbezahlten Sonderschichten für Staatszwecke aufhört. Das wissen wir sehr genau.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Aber wir wehren uns gegen die Beleidigung, die darin liegt, daß man den Teilnehmern an einer Kundgebung unterstellt, sie seien nur aus Feigheit hingegangen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wo sitzt der Gewissensdruck in Wirklichkeit? Derselbe Arbeitsminister hat aus seinem Hause einen Erlaß hinausgehen lassen, in dem unter Mißbrauch der Stellung als Arbeitgeber die Meinungsfreiheit der Bediensteten in der Sozialverwaltung angestastet und ihnen ausdrücklich abgeraten wird, sich an den Aktionen zur Bekämpfung der atomaren Aufrüstung der Bundeswehr zu beteiligen, die nichts anderes sind als eine freie Willensäußerung freier Männer und Frauen in einem freien Staat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Was in diesem Zusammenhang verfassungswidrig
    ist, bestimmt nicht der Herr Arbeitsminister; das
    bestimmt auch nicht der Herr Bundeskanzler, son-



    Erler
    dern nur eine Instanz: das ist das Bundesverfassungsgericht, und sonst niemand.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Alles, was ich hier erwähnt habe, sind Beispiele für die Versuche, die Politik des Kanzlers und die seiner Partei jeder Kritik zu entziehen. Das wird sehr brutal gemacht. Wir kennen seit Jahren die Methode; früher waren wir es allein. Wenn einer von uns sprach, konnten wir schon wissen, daß der Herr Bundeskanzler nachher hierherkam und sagte: Was der Abgeordnete soundso eben gesagt hat, bedaure ich zutiefst, denn das schädigt die deutschen Interessen. Inzwischen — Herr Kollege Dr. Mommer hat Sie darauf aufmerksam gemacht — ist diese Methode der Unterdrückung der Kritik auch auf die Kritik in den eigenen Reihen angewendet worden; Sie haben auch Ihr Fett bekommen, weil Sie unartig gegenüber dem Bundesaußenminister gewesen sind.

    (Heiterkeit bei der SPD.)

    So geht das jetzt im eigenen Lager. Dann hören wir die markigen Worte: Jede oppositionelle Kritik an der Regierung ist nichts anderes als ein Anschlag auf die Autorität — da muß man die Stimme hören, wie das so ausgesprochen wird: die Autorität —

    (Heiterkeit bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

    des Staates. Meine Damen und Herren, diese Sprache kennen wir; das ist die Sprache des Obrigkeitsstaates.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Das ist die Gesinnung des Kollegen Bausch, der seinerzeit bei der Erwähnung der Möglichkeit von Hochverratsprozessen den aufschlußreichen Zwischenruf gemacht hat: „Hoffentlich!" Sehen Sie, das ist Ihre Gesinnung, und damit wird jeder sachlichen Diskussion ausgewichen.

    (Zurufe von der Mitte.)

    An die Stelle der sachlichen Diskussion tritt die Herabsetzung und die Diffamierung Andersdenkender.

    (Zuruf von der Mitte: Das besorgen Sie zur Zeit!)

    All das sind alte Mittel im Kampf um die Errichtung einer dauernden Einparteienherrschaft mit dem Ziel, Macht ohne ernsthafte demokratische Kontrolle zu gewinnen, mit dem Ziel, die Länder, die ein verfassungspolitisches Gleichgewicht zum Bund darstellen sollen, ganz bewußt gleichzuschalten. Ich habe ein interessantes Zitat in der „Bonner Rundschau" gefunden. Danach hat am 9. Juni 1958 der Herr Bundeskanzler gesagt, daß seine Partei in Nordrhein-Westfalen die absolute Mehrheit brauche, und zwar mit folgender Begründung:
    Sorgen wir, daß wir die Mehrheit bekommen, damit wir machen können, was wir wollen.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Sehen Sie, das ist die Gesinnung: Macht, unkontrollierte Macht in die Hand zu bekommen, für die
    es keine anderen Schranken geben darf als Ihren Willen. Dagegen muß sich die Bürgerschaft eines Staates wehren, um ihre Freiheit gegen diesen Machtanspruch einer Partei zu schützen und zu verteidigen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Anschlag auf ein freiheitliches gleiches Wahlrecht, den Sie vor einigen Jahren mit dem Grabensystem vorhatten. Sie hatten es sich sehr fein ausgedacht, daß selbst bei einer einfachen Mehrheit der Stimmen eine Zweidrittelmehrheit für Ihre Partei im Bundestag erreicht werden sollte. Und aus Notwehr gegen diesen Anschlag kam es ja dann zur Regierungsumbildung in Nordrhein-Westfalen.

    (Abg. Dr. Stoltenberg: Wir kennen Ihre Länderwahlgesetze!)

    Meine Damen und Herren! Wer so die Alleinherrschaft im Staate erstrebt, der hat von Zeit zu Zeit Wahlbomben nötig. So war 1953 Adenauers kleiner „Reichstagsbrand" die Schroth-ScharleyAffäre.

    (Heiterkeit bei der SPD. — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Der Bundeskanzler hat diese Affäre damals ausgenutzt und den zu vier Jahren Zuchthaus verurteilten Nachrichtenhändler Stephan aus irgendeinem seiner Fonds — es ist nicht klar, aus welchem, es war aber einer seiner Fonds — bezahlt.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Ich weiß, meine Damen und Herren, daß Ihnen diese Sache sehr unangenehm ist.

    (Lachen bei der CDU/CSU. — Zuruf von der CDU/CSU: Im Gegenteil — Weitere Zurufe.)

    Sie sagen: „Warum sollen wir uns mit solchen Lappalien aufhalten?!". Ihr Gelächter zeigt, daß Sie kein Empfinden mehr für Sauberkeit im Staat haben.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP. — Widerspruch bei der CDU/CSU.)

    Das Ansehen des Kanzlers wird nicht durch Kritik vermindert, sondern dadurch, daß er zur Kritik Veranlassung gibt.

    (Erneuter Beifall bei der SPD.)

    Die Glaubwürdigkeit des Kanzlers wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Kritik im konkreten Fall einen Mangel an Glaubwürdigkeit mit berechtigten Gründen tadelt, sondern dadurch, daß der Bundeskanzler selbst es an Glaubwürdigkeit leider, leider hat fehlen lassen.

    (Wiederholter Beifall bei der SPD.)

    Die Glaubwürdigkeit des Kanzlers ist erneut dadurch beeinträchtigt, daß er am 23. Juli vergangenen Jahres einen Brief an den Bundestagspräsidenten gerichtet hat, der nahezu für jeden Satz dokumentarisch als falsch widerlegt worden ist.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das haben wir schon einmal gehört!)




    Erler
    Diese Affäre ist kein alter Ladenhüter, sie liegt keine fünf Jahre zurück. Der kritisierte, elf Monate alte Brief ist dokumentarisch erst widerlegbar geworden durch das Berliner Gerichtsurteil vom 13. November 1957. Das ist noch gar nicht lange her. Das Verhalten des Bundeskanzlers in dieser Sache ist immer wieder Gegenstand der Debatte in diesem Hause, nicht weil die Sache selbst so interessant wäre, sondern weil die Sache leider auch heute noch ein aktuelles Symptom ist. Es handelt sich nämlich um den fortgesetzten Versuch, die Opposition als kommunistisch unterwandert oder kommunistisch geleitet zu denunzieren, obwohl Sie es besser wissen, meine Damen und Herren!
    Wie heißt es denn in dem Rednerbrief des Herrn Bach übrigens? Der Herr Bach hat ja nun einigen Kummer er ist der Bundesschatzmeister der CDU —: Er wird sich mit seinen Spendern auseinandersetzen müssen, wie der durch das Verfassungsgerichtsurteil entstandene Schaden einigermaßen ausgebügelt werden kann. Aber zurück zum Rednerbrief des Herrn Bach:

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wie heißt es denn? „Wer SPD wählt, wählt Ulbricht", oder das CDU-Wahlplakat: „Moskau wartet auf die SPD".

    (Pfui-Rufe von der SPD.)

    Und die ähnlichen Töne, die der Bundeskanzler in seinem Wählerbrief angeschlagen hat, den er nicht als Vorsitzender der CDU, sondern als Bundeskanzler versandt hat.
    Meine Damen und Herren! Sie wissen genau, daß es sich dabei um die Diffamierung eben jener Partei handelt, die in einer schweren Zeit, in einer ganz entscheidenden Zeit den Abwehrkampf gegen jeden Versuch in diesem Lande geführt hat, die Kommunisten in entscheidende Positionen in dieser Gesellschaft einrücken zu lassen. Wie war das 1945, 1946, als manche Leute, die sich heute so als die großen Bekämpfer der kommunistischen Gefahr hinstellen, sich noch als die treuen Bundesgenossen der Sowjetunion gebärdeten und uns Sozialdemokraten dazu veranlassen wollten, mit den Kommunisten gemeinsame Sache zu machen? Da war es unser Widerstand, der die Freiheit in diesem Lande erhalten hat.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Vogel: Wer soll das getan haben?)

    So geht man mit einer Partei um, von der man genau weiß, daß die Berliner Sozialdemokraten und der damalige Regierende Bürgermeister Reuter es gewesen sind, die in der Zeit der Blockade die Freiheit Berlins auch für uns gesichert und erhalten haben.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Aber sehen Sie, Ihre Zwischenrufe zeigen doch eines: für Sie ist nur ein toter Sozialdemokrat ein guter Sozialdemokrat.

    (Erneuter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Vogel: Eine Verleumdung ist das, was Sie da sagen! — Pfui-Rufe und weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    Solange er lebt, wird er bekämpft, und später wird er zum Kronzeugen gegen seine eigene Partei umgefälscht. Meine Damen und Herren, Sie sollten es ernst meinen mit dem Satz: Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten!

    (Wiederholter Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Vogel: Sie auch nicht!)

    In diese unbedingt notwendigen Wahlbombenreihen gehört die kürzlich in diesem Hause zur Sprache gekommene Provokation von Dortmund. Das war eine bestellte Arbeit. Was taten eigentlich ein Flugzeug der CDU, Wagenkolonnen aus Bonn und Fahrer aus Wiedenbrück, von denen der Kollege Barzel genau wußte, daß sie aus Wiedenbrück stammten, bei jener Kundgebung in Dortmund? Sie haben nichts anderes vorgehabt, als dort Zwischenfälle zu provozieren, und nur dank der Besonnenheit der Teilnehmer ist es gelungen, ernste Zwischenfälle zu verhindern.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Dann werden uns hier Greuelmärchen vorgetragen, von denen sich inzwischen herausgestellt hat, daß nichts von ihnen zutraf. Den Schwerverletzten gibt es gar nicht. Einer, der angeblich mit einem Messer zerstochen worden ist, stellte sich nachher als ein angeblich mit dem Messer Bedrohter heraus, wie Kollege Barzel hier versichert hat. Die Leute, die angeblich so sehr betroffen worden waren, waren erst gar nicht ausfindig zu machen, damit man überhaupt erst zu Strafanträgen kommen konnte, und ähnlichen Unfug hat es gegeben.
    Meine Damen und Herren, hier haben Sie eine von Ihnen angestiftete Provokation zur Wahlbombe machen wollen, die sich als ein Rohrkrepierer im vollen Sinn des Wortes erwiesen hat.

    (Beifall bei der SPD.)

    Aber ich sage das nicht wegen des Herrn Blank, sondern wegen des Herrn Bundeskanzlers. Reden Sie doch einmal mit ihm, daß er sich solche Sachen nicht noch ausdrücklich bestellt! Denn als Herr Blank hier diese Kanonade losließ, erschien plötzlich auf Verabredung der Herr Bundeskanzler im Saal,

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    der vorher bei diesem Teil des Haushaltsplans gar nicht dabeigewesen ist.

    (Abg. Conring: Er war von Anfang an da!)

    Meine Damen und Herren, wieweit sich die Gesinnung des Bundesarbeitsministers zu seinem Nachteil verändert hat, sieht man aus der Art, wie auf der einen Seite Ihre Partei jetzt mit geschwollener Brust die Partei der Staatsautorität ist und wie auf der anderen Seite der Bundesarbeitsminister im Tone der Verachtung hier den Satz ausruft: Der Mob ist los in Deutschland. Meine Damen und Herren, das wird man ihm in Dortmund nicht so leicht vergessen; darauf kann er sich verlassen.
    Im Zusammenhang mit diesem Wort „Mob", das noch lange an Ihnen haften bleiben wird,

    (Zuruf von der CDU/CSU: An Ihnen!)




    Erler
    fiel jenes Modewort von der Masse. Wer ist denn diese Masse? Sie besteht aus lebendigen Menschen, aus Staatsbürgern, die alle Anspruch auf gleiche Behandlung vor dem Gesetz haben. Welch ein Hochmut, wenn sich hier ein Beamter hinstellen und zu der Behandlung des Professors Heisenberg, eines der berühmtesten deutschen Nobelpreisträger, sagen kann: Nun, da fällt ihm ja nicht gleich eine Perle aus der Krone, wenn er 40 m weiter weggewiesen wird, weil der Bundeskanzler anfährt.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Welch ein Hochmut! Merken wir uns eines: — —

    (Erneute Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Ja, Sie haben aber für diese Selbstverständlichkeit des Selbstbewußtseins demokratischer Bürger auch gegenüber der Obrigkeit überhaupt kein Gefühl mehr; das ist ja das Verhängnis.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der FDP. — Zuruf von der CDU/CSU: Haben Sie nichts Besseres?)

    Beamte — ich bin selber einer von Beruf gewesen, bis ich in dieses Haus kam, und sage deshalb nichts gegen die Gruppe der Beamten, sondern nur etwas über das normale Verhältnis der Gruppen zueinander —, Beamte, Abgeordnete — damit auch Sie Ihr Teil haben —, Minister und sogar Bundeskanzler sind nicht Vorgesetzte der Bevölkerung; sie sind keine höheren Lebewesen, sondern sie sind Beauftragte, die Rechenschaft schuldig sind.

    (Beifall bei der SPD. — Zurufe der CDU/CSU.)

    Natürlich bedarf auch die Demokratie der Führung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aha! — Gegenruf von der SPD: Das war sicherlich Herr Seffrin!)



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