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    Deutscher Bundestag 29. Sitzung Bonn, den 9. Mai 1958 Inhalt: Feststellungen zu Vorgängen in der 28. Sitzung Vizepräsident Dr. Becker 1583 A Entwurf eines Gesetzes über den Vertrag vom 15. Juni 1957 mit der Republik Österreich zur Regelung vermögensrechtlicher Beziehungen (Drucksache 226); Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (Drucksache 342) Dr. Atzenroth (FDP) 1584 B, 1593 C, 1595 C Dr. Preusker (DP) . . . . 1586 C, 1592 D Dr. van Scherpenberg, Staatssekretär 1586 C Pietscher (CDU/CSU) 1588 C Dr. Bucerius (CDU/CSU) 1590 A Seuffert (SPD) 1590 D Dr. Krone (CDU/CSU) 1594 D Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 1595 A Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (SPD) (Drucksache 30) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Grundgesetzes (FDP) (Drucksache 266) — Erste Beratung —; Antrag der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Atomgesetzentwurfs (Drucksache 344) Wittrock (SPD) 1596 B Dr. Rutschke (FDP) 1597 C, 1605 A Dr. Ratzel (SPD) 1599 A Dr.-Ing. Balke, Bundesminister . 1602 B Dr. Weber (Koblenz) (CDU/CSU) 1604 B Geiger (München) (CDU/CSU) 1606 B Nächste Sitzung 1607 D Anlagen 1608 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Mai 1958 1583 29. Sitzung Bonn, den 9. Mai 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage i Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albertz 9. 5. Frau Albrecht 31. 5. Bading 9. 5. Dr. Bärsch 24. 5. Bauknecht 10. 5. Bazille 9. 5. Dr. Bechert 9. 5. Dr. Becker (Mönchen-Gladbach) 9. 5. Dr. Birrenbach 13. 6. Blachstein 9. 5. Frau Brauksiepe 10. 5. Dr. Brecht 9. 5. Dr. Bucher 10. 5. Dr. Burgbacher 9. 5. Diel (Horressen) 31. 5. Dopatka 17. 5. Dröscher 9. 5. Frau Engländer 9. 5. Frehsee 9. 5. Dr. Frey 10. 5. Frau Friese-Korn 31. 5. Dr. Furler 9. 5. Gaßmann 10. 5. Gehring 10. 5. Frau Geisendörfer 23. 5. Glahn 10. 5. Günther 10. 5. Haage 9. 5. Hamacher 25. 5. Dr. Heck (Rottweil) 9. 5. Heinrich 15. 5. Höcherl 10. 5. Höcker 10. 5. Höhmann 24. 5. Dr. Hoven 9. 5. Frau Dr. Hubert 17. 5 Illerhaus 14. 5. Jacobi 9. 5. Jacobs 9. 5. Dr. Jaeger 17. 5. Dr. Jordan 9. 5. Junghans 31. 5. Kalbitzer 9. 5. Frau Kettig 10. 5. Kiesinger 9. 5. Dr. Kopf 10. 5. Dr. Kreyssig 9. 5. Kunze 15. 6. Kurlbaum 9. 5. Lange (Essen) 9. 5. Dr. Leiske 13. 5. Dr. Löhr 9. 5. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 6. Dr. Maier (Stuttgart) 17. 5. Mellies 23. 5. Dr. Meyers (Aachen) 10. 5. Muckermann 9. 5. Neuburger 9. 5. Frau Niggemeyer 31. 5. Dr. Pferdmenges 31. 5. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Pitz-Savelsberg 31. 5. Ramms 10. 5. Rasch 25. 6. Rasner 25. 5. Frau Dr. Rehling 10. 5. Dr. Reinhard 9. 5. Frau Renger 10. 6. Dr. Rüdel (Kiel) 9. 5. Ruland 9. 5. Scheel 9. 5. Schmücker 14. 5. Schneider (Hamburg) 9. 5. Dr. Schneider (Saarbrücken) 9. 5. Schultz 9. 5. Seither 9. 5. Dr. Serres 9. 5. Stahl 9. 5. Dr. Starke 10. 5. Dr. Storm (Duisburg) 9. 5. Sträter 31. 5. Frau Dr. Steinbiß 9. 5. Stierle 9. 5. Frau Strobel 9. 5. Struve 1. 6. Theis 9. 5. Unertl 10. 5. Wagner 9. 5. Weimer 31. 5. Frau Welter (Aachen) 9. 5. Dr. Will (Berlin) 10. 5. Frau Wolff (Berlin) 1. 6. Dr. Wolff (Denzlingen) 31. 5. Dr. Zimmer 10. 5. Anlage 2 Drucksache 342 Schriftlicher Bericht des Finanzausschusses (14. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über den Vertrag vom 15. Juni 1957 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Regelung vermögensrechtlicher Beziehungen (Drucksache 226). Berichterstatter: Abgeordneter Pietscher 1. Der vorliegende Gesetzentwurf ist von den Bundesministern des Auswärtigen, der Justiz, der Finanzen und für Wirtschaft gemeinsam erstellt worden. Die ihm beigefügte Denkschrift enthält eine eingehende Darstellung über Vorgeschichte, Zweck und Inhalt des Vertrages. Der Bericht des Ausschusses beschränkt sich daher auf eine kurze Erörterung der folgenden Gesichtspunkte: In dem Protokoll der Berliner Konferenz vom 2. August 1945 behielten die Besatzungsmächte sich vor, über das deutschen natürlichen und juristischen Personen gehörige Vermögen zu verfügen. 1610 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Mai 1958 Der am 15. Mai 1955 abgeschlossene Staatsvertrag zur Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich (Staatsvertrag) bestimmte dann in seinem Artikel 22 die „Übertragung" aller in Österreich belegenen deutschen Vermögenswerte auf Österreich. Dabei verpflichtete sich Osterreich, das Vermögen deutscher juristischer Personen überhaupt nicht und das Vermögen deutscher natürlicher Personen, soweit es den Wert von S 260 000 übersteigt, nicht an die früheren Eigentümer zurückzuübertragen. Nur das erzieherischen, kulturellen, karitativen oder religiösen Zwecken dienende Vermögen wurde von diesem Rückgabeverbot ausgenommen. Artikel 23 des österreichischen Staatsvertrages bestimmt, daß Österreich — unbeschadet bereits getroffener Regelungen — in eigenem Namen und im Namen aller österreichischen Staatsangehörigen auf alle Forderungen gegen Deutschland und deutsche Staatsangehörige aus der Zeit nach dem 13. März 1938 verzichtet. Der vorliegende Vertrag regelt nunmehr im Rahmen dieser durch den österreichischen Staatsvertrag geschaffenen Rechtslage die zwischen der Bundesrepublik und Osterreich noch offenen Fragen in den vermögensrechtlichen Beziehungen. Dabei beschränkt er sich hinsichtlich des „deutschen Eigentums" in Österreich auf die Regelung der mit der Beschlagnahme des privaten deutschen Vermögens zusammenhängenden Fragen, während er über Vermögenswerte und Verbindlichkeiten öffentlich-rechtlicher Rechtsträger — von gewissen Ausnahmen abgesehen — keine Bestimmung trifft. Teil I des Vertrages behandelt die Rückgabe der durch den Staatsvertrag erfaßten Vermögenswerte. Jedes Vermögen wird in zwei Gruppen eingeteilt, nämlich eine Gruppe „Vermögenschaften" und eine Gruppe „Rechte und Interessen". Jede dieser Gruppen wird für sich bewertet. Es werden also in beiden Gruppen die gesamten Vermögenswerte zurückübertragen, wenn in keiner von ihnen die Wertgrenze von S 260 000 überschritten ist. Praktisch wirkt sich das dahin aus, daß die meisten deutschen natürlichen Personen ihr in Osterreich belegenes Vermögen zurückerhalten. Es schließen sich Vorschriften über das Verfahren der Übertragung an, das durch einen Antrag an das österreichische Bundesministerium für Finanzen eingeleitet und durch eine „Amtsbestätigung" dieses Ministeriums abgeschlossen wird. Teil II des Vertrages enthält Bestimmungen über die Geltendmachung von Forderungen österreichischer Staatsangehöriger gegenüber deutschen Schuldnern . Da Artikel 23 Abs. 3 des Staatsvertrages den österreichischen Forderungsverzicht „unbeschadet der Giltigkeit bereits getroffener Regelungen" ausgesprochen hat, bedurfte die Frage, wann eine „Regelung" im Sinne des Artikels 23 Abs. 3 vorliegt, der Klärung. Demgemäß trifft hierzu Artikel 22 des Vermögensvertrages eingehende Bestimmungen, wobei sich verschiedene Gruppen von Tatbeständen bilden lassen. Neben gewissen Vereinbarungen zwischen Gläubigern und Schuldnern, Vergleichen und Anerkenntnissen, stehen Fälle, in denen über die Forderung gerichtliche oder schiedsgerichtliche Entscheidungen ergangen sind, sowie Fälle, in denen der Schuldner durch Zahlung, Aufrechnung oder Gutschrift von Zinsen unzweideutig zum Ausdruck gebracht hat, daß er das Schuldverhältnis noch als fortbestehend ansieht. Nach Artikel 22 Abs. 1 Buchstabe h gelten aber als geregelt überdies Forderungen, deren Schuldner auf eine schriftliche Zahlungsaufforderung des Gläubigers die Erfüllung lediglich unter Berufung auf ein nicht im bürgerlichen Recht begründetes Leistungshindernis (z. B. Forderungsverzicht) verweigert oder gegen das Bestehen der Forderung keine oder keine bürgerlich-rechtlich begründeten Einwendungen erhoben hat. Diese letztere Bestimmung kann dazu führen, daß der deutsche Schuldner vom österreichischen Gläubiger in Anspruch genommen wird. Dabei sind wiederum zwei Tatbestände zu unterscheiden. Artikel 26 Abs. 1 gibt dem deutschen Schuldner die Möglichkeit, bei Verbindlichkeiten, welche nur kraft einer Regelung gemäß Artikel 22 gegen ihn geltend gemacht wird und für welche die Republik Österreich mit einem Sondervermögen haftet (die also mit dem Sondervermögen „konvex" im Sinne des Artikels 24 sind) den Gläubiger auf die Befriedigung aus dem Sondervermögen zu verweisen. In diesem Falle beschränkt sich die persönliche Inanspruchnahme des deutschen Schuldners auf den Ausfall, den der Gläubiger bei der Befriedigung aus dem haftenden Sondervermögen erleidet. Aus „inkonnexen" Verbindlichkeiten, sofern sie als geregelt gelten, können die deutschen Schuldner ohne Rücksicht auf den Verlust des in Osterreich belegenen Vermögens und dessen Höhe sofort und unmittelbar in Anspruch genommen werden. In beiden Fällen allerdings hat der deutsche Schuldner einen gewissen Schutz durch die Härteklausel des Artikels 100 Abs. 2 bzw. Abs. 3. Teil III des Vertrages enthält besondere Bestimmungen über Kreditinstitute und Wertpapiere, Versicherungsunternehmen und Bausparkassen sowie gewerbliche Schutzrechte, Firmenbezeichnungen und Urheberrechte zusammengefaßt. Danach gelten Guthaben von Österreichern bei Kreditinstituten in der Bundesrepublik immer als geregelt im Sinne des Artikels 23 Abs. 3 des Staatsvertrages. Forderungen aus Wertpapieren deutscher Aussteller gelten unter bestimmten Voraussetzungen als geregelt. Von der Anwendung des Artikels 23 Abs. 3 des Staatsvertrages überhaupt ausgenommen sind die Gebiete der privaten Versicherungsverträge und Rückversicherungsverträge und der Bausparverträge mit privaten Bausparkassen. Schließlich sind über die Auseinandersetzung in bezug auf Patente und Patentanmeldungen, Marken und Markenanmeldungen, Firmenbezeichnungen und Urheberrechte eine Reihe von Bestimmungen ge- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Mai 1958 1611 troffen, die indessen abweichende privatrechtliche Regelungen der Beteiligten, die nach dem 8. Mai 1945 getroffen wurden oder nach dem Inkrafttreten des Vertrages getroffen werden, unberührt lassen. Teil IV des Vertrages enthält ergänzende Bestimmungen über österreichische Zollausschlußgebiete und das Saarland und regelt den persönlichen und sachlichen Geltungsbereich im einzelnen. Teil V des Vertrages sieht die Errichtung einer Ständigen Kommission, eines Schlichtungsausschusses und eines Schiedsgerichtes vor. Teil VI des Vertrages enthält die Schlußbestimmungen und stellt die Übertragung von Vermögen auf Grund des Vertrages von den Gebühren für Rechtsgeschäfte und von den Verkehrsteuern frei. Schließlich enthält das Schlußprotokoll einige Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln. 2. Die durch den Vertrag getroffene Regelung erfüllt nicht alle deutschen Wünsche. Die Kritik richtet sich insbesondere gegen die in Artikel 22 normierte, sehr weitgehende Auslegung der sogenannten „Unbeschadetklausel" des Artikels 23 Abs. 3 des Staatsvertrages. Tatsächlich wird damit der grundsätzliche Verzicht der österreichischen Gläubiger auf die zwischen dem 13. März 1938 und 8. Mai 1945 begründeten und noch offenen Forderungen gegenüber deutschen Schuldnern praktisch in weitem Umfange wieder rückgängig gemacht. Nach Artikel 22 können deutsche Schuldner, die ihre in Österreich belegenen Vermögenswerte verloren haben, von österreichischen Gläubigern auch dann in Anspruch genommen werden, wenn diese Vermögenswerte am Stichtag (8. Mai 1945) ausgereicht hätten, ihre Schulden gegenüber diesen Gläubigern abzudecken. Die durch Artikel 26 begründete Ausfallhaftung geht grundsätzlich zu Lasten der deutschen Eigentümer, denen nunmehr außer dem Vermögensverlust die Verpflichtung zur Schuldentilgung für diese Vermögenswerte auferlegt wird. Im Ergebnis gilt das gleiche gemäß Artikel 24 Abs. 2 in den Fällen der sogenannten inkonnexen Verbindlichkeiten. Die hier skizzierten Bedenken sind daher in der Tat nicht unbegründet. Es ist aber bereits zuvor darauf hingewiesen worden, daß Artikel 100 dem deutschen Schuldner die Möglichkeit eröffnet, aus Billigkeitsgründen eine Beschränkung des Umfanges seiner Leistungspflicht herbeizuführen. Das gilt sowohl für das Verfahren vor dem Schlichtungsausschuß wie für das im Vertrage vorgesehene Schiedsgerichtsverfahren. Es ist daher zu hoffen, daß durch diese Verfahren für den Großteil der Fälle eine annehmbare Lösung doch noch erreicht wird. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob etwa dem in Anspruch genommenen deutschen Schuldner ein Entschädigungsanspruch erwachsen könnte. Bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Vertrages erhebt sich nämlich die Frage seiner Vereinbarkeit mit Artikel 14 Abs. 3 GG, und zwar im Zusammenhang mit der zuvor erörterten weitgehenden Interpretation des Begriffes „getroffene Regelungen". Durch sie wird dem deutschen Schuldner der Vermögensvorteil, den er durch den österreichischen Verzicht erlangt hatte, im Einzelfall wieder genommen. Darin könnte ein Eingriff in das Eigentum erblickt werden. Trotz dieser Bedenken hat der Ausschuß dem vorgelegten Gesetzentwurf zugestimmt. Er ist der Auffassung, daß der Vertrag in seiner Gesamtheit geeignet ist, einen Ausgleich herbeizuführen, die bisher das deutsch-österreichische Verhältnis belastende Frage des deutschen Eigentums zu regeln und alte wirtschaftliche Bindungen nicht abreißen zu lassen. 3. In Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesrates hält der Ausschuß das Gesetz für zustimmungsbedürftig. Jedoch gründet sich seines Erachtens die Zustimmungsbedürftigkeit nicht auf die in der Stellungnahme des Bundesrates enthaltene Bezugnahme auf Artikel 118 des Vertrages, da die in diesem Artikel aufgeführten Steuern nicht in der Bundesrepublik, sondern ausschließlich in Osterreich anfallen würden. Die Zustimmungsbedürftigkeit ergibt sich aber auf Grund der Artikel 105, 106, 108, 110 und 114 Abs. 2 des Vertrages. 4. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses: „Der Rechtsausschuß hat in seiner 17. Sitzung vom 17. April 1958 den obigen Gesetzentwurf beraten und ihm unter Zurückstellung der in der Aussprache geäußerten nicht unerheblichen Bedenken mit Rücksicht auf die internationale Bedeutung des Vertrages und zur Ermöglichung einer baldigen Ratifizierung zugestimmt." Bonn, den 21. April 1958 Pietscher Berichterstatter Anlage 3 zu Drucksache 345 Schriftlicher Bericht *) der Abgeordneten Frau Dr. Schwarzhaupt zum Protokoll zur Verlängerung der Geltungsdauer der Konvention der Vereinten Nationen vom 6. April 1950 über die Todeserklärung Verschollener (Drucksache 168). Durch Gesetz vom 7. Juli 1955 ist die Bundesregierung bereits der Konvention über die Todeserklärung Verschollener beigetreten. Die Konvention war ursprünglich bis zum 23. Januar 1957 befristet und an diesem Tage in der Bundesrepublik auch außer Kraft getreten. Noch vor Ablauf der Geltungsdauer der Konvention ist jedoch ein Protokoll über die Verlängerung der Geltungsdauer der Konvention aufgelegt worden. Dieses Protokoll ist, da ihm vor Ablauf der Konvention zwei Staaten beigetreten sind, vor Ablauf der Konvention in Kraft getreten. Völkerrechtlich hat die Konvention also weiterbestanden. Für die Bundesrepublik besteht nun das Bedürfnis, der Konvention wieder beizutreten. Es hat sich ge- *) Siehe 27. Sitzung Seite 1538 B 1612 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Freitag, den 9. Mai 1958 zeigt, daß eine ganze Anzahl von Todeserklärungsfällen, die von dem ausschließlich zuständigen Amtsgericht Berlin-Schöneberg bearbeitet werden, noch nicht haben erledigt werden können. Außerdem besteht aus allgemeinen politischen Gründen das Bedürfnis, der Konvention in dem gleichen Umfang wie ursprünglich wieder beizutreten. Es soll also mit dem Zustimmungsgesetz der Rechtszustand wieder hergestellt werden, der durch den Beitritt der Bundesrepublik entstanden ist und nur durch das zeitweilige Außerkrafttreten der Konvention in der Bundesrepublik unterbrochen wurde. Bonn, den 8. Mai 1958 Frau Dr. Schwarzhaupt Berichterstatterin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Rutschke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einige Bemerkungen zu dem Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 344 betreffend Vorlage eines Atomgesetzentwurfes machen. Die Punkte unter a bis e im ersten Teil dieser Vorlage finden durchaus unsere Zustimmung. Hier wird der Zweck eines Atomgesetzes umschrieben. Den hier aufgestellten Forderungen, Forschung und Entwicklung zu fördern, die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken der Hebung des Wohlstandes des ganzen Volkes dienstbar zu machen und Leben, Gesundheit und Sachgüter vor den Gefahren der Kernenergie zu schützen, stimmen wir absolut zu. Der Punkt zu c ist besonders wichtig. Der Herr Minister für Atomenergie und auch die anderen Herren Vorredner haben besonders darauf hingewiesen.
    Er wird ergänzt durch Ziffer 6 des zweiten Teils des Antrages. Hier fordern Sie (zur SPD) den Versicherungsschutz gegen Atomschäden. Ich glaube, daß gerade die Frage der Haftungsbestimmungen besonders wichtig sein wird. Denn wir haben es mit einer Wissenschaft zu tun, die wohl noch in den Kinderschuhen steckt. Die negativen Auswirkungen der Atomwissenschaft können noch nicht in vollem Umfang erkannt werden. Es wird noch eine Reihe von Jahren dauern, bis man ein endgültiges Urteil über die Gefahren haben wird. Deshalb sind wir der Meinung, daß wir hier nicht mit Bestimmungen über die Haftung auskommen werden, wie sie etwa in dem Gesetz über die Haftung für Luftfahrzeuge oder für Kraftfahrzeuge bisher niedergelegt worden sind. Da ist eine Begrenzung der Haftungssumme vorgesehen, und höhere Gewalt entbindet von der
    Haftung. In diesem Fall, der Anwendung von Atomenergie, müssen andere Grundsätze gelten. In den Fällen, wo durch Kraftfahrzeuge oder Luftfahrzeuge Schäden verursacht werden, wird das Risiko im allgemeinen auf die gesamte Bevölkerung verteilt sein. Bei Schäden durch Atomanlagen wird jedoch nur ein bestimmter Kreis der Bevölkerung betroffen, und zwar die Bevölkerung, die in der Umgebung eines Atomreaktors wohnt. Deshalb glauben wir, daß wir hier mit der Gefährdungshaftung allein nicht auskommen werden, sondern daß auch bei Schäden durch höhere Gewalt die etwa betroffene Bevölkerung entschädigt werden muß.
    Die Entwicklung der Atomenergie ist eine nationale Frage. Es besteht in diesem Haus wohl Einigkeit darüber, daß wir für die Erhaltung unseres künftigen Wohlstandes und, um überhaupt konkurrenzfähig zu bleiben, darauf angewiesen sein werden, die Entwicklung auf dem Gebiet der Atomenergie zu fördern. Die Forderung, Herr Kollege Dr. Ratzel, daß wir bei einer bestimmten Haftungsgrenze unter Umständen auch die öffentliche Hand einspringen lassen müssen, ist eben darin begründet, daß es eine nationale Aufgabe ist, sich der Kernenergie zu bedienen. Wir denken dabei nicht an eine Bevorzugung irgendwelcher Industrien. Man würde nämlich die Entwicklung der Atomenergie sehr hemmen, wenn man die Haftungsbestimmungen allein auf Kosten einer Reaktor-Gesellschaft ins Unendliche steigerte. Denn dann würde die Entwicklung und Anwendung der Atomenergie derart teuer werden, daß niemand an solche Investitionen herangehen würde. Auch der Staat müßte sich dann sehr stark überlegen, wieweit er hier Gelder festlegen kann.
    Deshalb müßte im Hinblick auf Umfang, Größe, Gefährlichkeit und Entfernung von den nächsten menschlichen Siedlungen die Genehmigungsbehörde, ob Bundesanstalt oder eine andere Behörde, festlegen, in welcher Höhe ein Vertrag mit einer Versicherung abgeschlossen werden muß. Falls es jemals zu einer Katastrophe käme, was wir alle nicht hoffen und was auch nicht anzunehmen ist, darf nicht die Bevölkerung der Leidtragende sein. Dann müßten vielmehr der Bund oder die Länder, je nachdem wie das Gesetz verabschiedet wird, eine Haftung als nationale Aufgabe übernehmen, um den Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nun zum zweiten Teil des Antrags der Fraktion der SPD kommen. Darin werden allerdings Forderungen aufgestellt, die ich — Herr Kollege Dr. Ratzel, das werden Sie mir nicht verübeln — ablehne. Denn wir Freien Demokraten haben eben eine wesentlich andere wirtschaftliche Vorstellung, als Sie sie haben.

    (Abg. Dr. Ratzel: Das ist bekannt!)

    — Das ist bekannt, das freut mich, und es wird auch weiterhin sehr lange noch bekannt bleiben.
    Sie fordern unter Ziffer 4 -- diesen Punkt möchte ich vorziehen —, daß alle Anlagen einer staatlichen Konzession bedürfen. Nun, wir sind der Meinung, daß die Genehmigung einen besseren Rechts-



    Dr. Rutschke
    anspruch des einzelnen gibt als die staatliche Konzessionierung, die ja immer in das Ermessen der Behörde gestellt ist. Wir wehren uns entschieden gegen jede staatliche Bevormundung da, wo sie nicht notwendig ist. Wenn Sie jetzt einen Einwand bringen, daß wegen der Fragen der Sicherheit eine staatliche Konzessionierung notwendig sei, so bestreiten wir das. Auch wir fordern — das habe ich Ihnen an unseren Vorstellungen über die Haftungsbestimmungen dargelegt — einen unbedingt ausreichenden Schutz der Bevölkerung. Jedes Unternehmen, das sich mit diesen Sachen befaßt, wird ja dann auf Grund unserer Haftungsbestimmungen auch die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen treffen, uni die Versicherungsquoten nicht unnötig zu erhöhen.
    Sehr gefährlich aber scheint uns die Ziffer 3 des SPD-Antrags zu sein, in dem Sie, mit dürren Worten ausgedrückt, die Forderung nach Sozialisierung eines Teils der Wirtschaft stellen. Es paßt in das Parteiprogramm der SPD; insofern habe ich dafür Verständnis, wenn Sie das fordern. Aber wir werden das ablehnen, weil wir wissen, daß die freie Wirtschaft wesentlich bessere Erfolge bringen wird
    — auch auf dem Gebiet der Atomenergie - als eine staatlich gelenkte, dirigistische Wirtschaft. Und, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, ich möchte Sie bitten, genau darauf achtzugeben, was hier zu tun ist: daß Sie nicht, weil etwa die Grundgesetzänderung notwendig sein könnte — Teile Ihrer Fraktion vertreten diese Auffassung — und zu dieser Grundgesetzänderung die Stimmen der SPD notwendig sind, Konzessionen hinsichtlich einer Verstaatlichung der Wirtschaft machen. Überlegen Sie sich das wohl! Machen Sie da keine sozialistischen Experimente mit!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Beruhigen Sie sich!)

    — Ich freue mich, wenn Sie sagen, daß ich mich beruhigen kann. Man hat es schon anders gehört: daß schon Absprachen — ob es stimmt, weiß ich nicht -
    in dieser Richtung laufen. Wir wollen, daß sozialistische Experimente auf diesem Gebiet nicht gemacht werden.

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Geiger (München).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hugo Geiger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Weber hat für die CDU/CSU-Fraktion zu den Grundgesetzänderungsanträgen Stellung genommen. Ich möchte mich deshalb darauf beschränken, zu dem Antrag der SPD betr. Vorlage eines Atomgesetzentwurfs
    — Drucksache 344 — zu sprechen. Herr Kollege Ratzel hat diesen Antrag begründet, und ich habe den Eindruck, daß die Art und Weise, wie er es gemacht hat, sehr gut war, insofern, als er nicht auf die einzelnen Punkte im Detail eingegangen ist — denn das ist eben Aufgabe des Ausschusses —, sich vielmehr darauf beschränkt hat, kursorisch die einzelnen Punkte zu erläutern und uns seine Auffassung dazu bekanntzugeben. Ich darf daher, dem guten Beispiel des Herrn Kollegen Ratzel folgend, mich ebenfalls darauf beschränken, mehr die allgemeinen Gesichtspunkte in diesem Antrag herauszukehren. Vorher will ich aber wenigstens zwei Fragen behandeln, über die Herr Kollege Ratzel gesprochen hat.
    Wenn ich Herrn Kollegen Ratzel richtig verstanden habe, so hat er erklärt, die Unternehmer hätten bisher eigentlich nicht den Mut gezeigt, das wirtschaftliche Risiko zu übernehmen, das die Beschäftigung mit der Atomkernenergie mit sich bringt. Ich glaube, daß wir der deutschen Wirtschaft im großen und ganzen wirklich nicht den Vorwurf machen können, sie sei in irgendeinem Punkt nicht risikofreudig; im Gegenteil, die deutsche Wirtschaft hat alle Aufgaben mit einer international anerkannten beispielhaften Energie und Verantwortungsfreude in Angriff genommen und hat jederzeit gezeigt, daß sie mit Erfolg an neue Aufgaben herangeht. Dasselbe wäre in der Tat auch bei dieser neuen Naturkraft, bei der Atomkernenergie, schon längst der Fall, wenn die deutsche Wirtschaft das entsprechende gesetzliche Fundament hätte. Das haben wir ihr noch nicht gegeben, und deswegen ist es auch so dringend notwendig, daß wir sehr bald die nötige Arbeitsgrundlage auf wirtschaftsrechtlichem Gebiet schaffen. Mit Herrn Minister Balke begrüße ich daher die heutige Diskussion. Ich habe sehr gern davon Kenntnis genommen, daß die Bundesregierung schon in allernächster Zeit den Entwurf des neuen Kernenergiegesetzes vorlegen wird.
    Was den zweiten Punkt betrifft, der mir bei den Ausführungen des Herrn Kollegen Ratzel aufgefallen ist, so glaube ich, daß da vielleicht noch ein Mißverständnis vorhanden ist. Er meint, daß auch die deutsche Versicherungswirtschaft bei der Beratung der Frage, inwieweit die Versicherungswirtschaft das Atomrisiko übernehmen kann, zu vorsichtig gewesen sei. Meine Damen und Herren, die deutsche Versicherungswirtschaft kannte bis zum Abschluß der Beratungen über den Gesetzentwurf weder den Umfang noch die Art des Risikos. Wir haben uns ja erst gegen Ende der Beratungen darüber einigen können, ob wir eine Gefährdungshaftung oder eine Verschuldenshaftung wollen, ob wir beides koppeln wollen, wie weit wir gehen wollen usw. Solange nicht der materielle Inhalt einer Haftung bekannt ist, kann natürlich keine Versicherungsgesellschaft sagen, wie hoch die Prämie und die Versicherungssumme sein sollen. Im übrigen muß ich sagen, daß sich die Versicherungswirtschaft im Interesse der gesamten deutschen Wirtschaft immer dazu bekannt hat, bei dem Umfang des gesetzlichen Abdeckungszwanges, d. h. bei der Höhe der Prämie, die für die Abdeckung des Risikos zu leisten ist, nicht zu hoch zu gehen, um eben diesen neuen Zweig der Wirtschaft nicht allzusehr zu belasten.
    Ich habe im übrigen manchmal den Eindruck, daß man das Risiko zu hoch einschätzt. Man hat von Summen von 20 und 25 Millionen DM gesprochen; Herr Kollege Ratzel hat von 50 Millionen Dollar



    Geiger
    gesprochen. Meine Damen und Herren, solche Experimente, bei denen derartige Risiken auftreten, kommen ja bei uns im Augenblick überhaupt noch gar nicht in Frage. Dabei handelt es sich um gefährliche Experimente, die in England und in Amerika gemacht werden, und da hat man natürlich das Bedürfnis, hohe Summen festzusetzen. Dagegen sind bei den Reaktoren, die wir bisher aufgestellt haben, bei dem Ausbildungsreaktor in München oder dem Reaktor in Frankfurt am Main, die Risiken wirklich sehr begrenzt, und es hat keinen Sinn, gigantische Haftungssummen vorzusehen.
    Im übrigen ist das, was die SPD hier fordert, zu einem sehr großen Teil bereits in dem Gesetz erfüllt gewesen, das dem Plenum in der letzten Legislaturperiode vorgelegt worden ist. Sie werden zugeben — das ist an die SPD gerichtet —, daß in dieser Gesetzesvorlage sehr viele Kompromisse enthalten waren. Die CDU/CSU und die Regierungsparteien überhaupt haben wirklich jedes Bemühen gezeigt, dem Hohen Hause eine Gesetzesvorlage zu erstellen, der man, materiell gesehen, eigentlich von allen Seiten hätte zustimmen können.
    Natürlich müssen wir noch einige Punkte der SPD-Vorlage, die Herr Kollege Ratzel begründet hat, im Ausschuß aufs neue beraten. Ich kann jetzt schon sagen: in manchen Punkten wird die SPD allein stehen, aber wir wollen einmal in die Diskussion eintreten. Wir wollen uns überhaupt — und ich begrüße das — jetzt endlich einmal wieder praktisch mit der Sache beschäftigen. Ich möchte Sie deshalb auch gar nicht lange in Anspruch nehmen und nur dem beipflichten, was meine Vorredner in ihrem Schlußwort gesagt haben, daß wir nun sehr bald die Möglichkeit haben müssen, dieses Gesetz im Ausschuß zu behandeln.
    Dafür kommen in erster Linie zwei Ausschüsse in Frage: federführend für die Fragen der Grundgesetzänderung — Drucksachen 30 und 266 — ist der Rechtsausschuß und mitberatend der Atom-ausschuß, dagegen umgekehrt beim Atomgesetzentwurf — Drucksache 344 - federführend der
    Atomausschuß und mitberatend der Rechtsausschuß.

    (Abg. Rösing: Gesundheitsausschuß!)

    — Bisher ist dieser Antrag noch nicht gestellt worden, und ich weiß nicht, ob ich mich da zum Antragsteller machen soll.

    (Zuruf.)

    — Offenbar ist das doch schon beantragt worden.
    Stimmen wir also den Anträgen zu! Wir werden uns dann in den beteiligten Ausschüssen darum bemühen, daß die Gesetzentwürfe dem Hohen Hause sehr bald vorgelegt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)