Rede von
Dr.
Adolf
Arndt
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Die Anweisung kenne ich, Herr Kiesinger! Sie ist genau halb zitiert; denn — das habe ich ja gesagt — es kommt dann eine Polemik, daß man keinen Vorwegverzicht erklären kann.
— Jawohl, ich habe gesagt lesen Sie meine Rede
nach! —, daß diese Polemik kommt. Das ist aber doch gar nicht das, was den Wähler angeht. Einen Vorwegverzicht — das haben Sie auch im Bundestag gesagt — erklären Sie nicht. Einen Vorwegverzicht für alle Zeiten lehnen Sie ab. Das ist dem Wähler bekannt gewesen. Das hat er schon am Rundfunk aus der Debatte vom 10. Mai gehört. Aber das, was den Wähler interessiert, ist: Was wird die CDU tun? Und genau auf dieser Seite 29 steht über das, was Sie tun wollen, der Satz: „Die Bundesregierung beabsichtigt keine Bewaffnung der Bundeswehr mit atomaren Waffen." Das ist in der Regierungserklärung vom 10. Mai 1957 im Bundestag gesagt worden. Ich bin bereit, Ihnen auch vorzulesen, daß Sie gesagt haben: Diesen generellen Vorausverzicht der Sozialdemokraten für allen Zeiten machen wir nicht mit. Diese Polemik gegen die SPD gibt Ihnen aber nicht auf, daß Sie ganz präzise Aussagen machen über Ihre innere Absicht, daß die Bundesregierung keine Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen beabsichtigt. Ich habe hier nicht bloß eine Stelle vorgelesen, ich habe Ihnen aus dem internen Werbematerial der CDU vier oder fünf Stellen vorgelesen und auch vorgelesen, wie das innerhalb der CDU begründet ist, nämlich indem man gesagt hat: Weil wir an der allgemeinen Wehrpflicht festhalten und weil hier eben deshalb eine große Streitmacht mit konventionellen Waffen gebraucht wird, kommt für uns die atomare Ausrüstung nicht in Betracht. Sie können an dieser geschichtlichen Wahrheit nichts ändern.
Ich komme damit auf einen sehr wichtigen Punkt. Sie werfen uns mit einer wissenschaftlichen Vokabel vor, daß wir jetzt plebiszitär würden und daß die Bundesrepublik ihrer Verfassung nach doch repräsentativ sei. Nun, was es mit dem ,,Repräsentativen" auf sich hat, ist von meinen Vorrednern, dem Kollegen Heinemann und dem Kollegen Greve, schon auf das richtige Maß zurückgeführt worden. Ich komme in einem andern Zusammenhang auch noch darauf zurück, daß es sich um repräsentative Gesetzgebung handelt.
Ich will mich einmal auf diese fragwürdigen wissenschaftlichen Hilfsbegriffe des Plebiszitären und Repräsentativen einlassen. Wer hat denn hier den
plebiszitären Akzent in die deutsche Staatlichkeit, soweit sie sich im Westen teilweise aufbaut, hineingebracht, wenn nicht Sie? Was sind denn diese Wahlen anderes gewesen als eine von Ihnen als Plebiszit für eine Person und für eine Ideologie verfälschte Wahl,
bei der der Wähler über die Sache möglichst wenig erfahren sollte?
Herr Majonica, wer hier verliert, das ist die deutsche Demokratie, das ist die Bundesrepublik.