Rede von
Dr.
Hans
Wilhelmi
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ja, das kann ich Ihnen genau sagen.
Es ist nämlich nicht das, was Sie meinen und was wahrscheinlich auch hier die Freunde von der SPD meinen.
Sie sind alle krank oder verreist gewesen.
Es ist keine politische Krankheit gewesen. Das ist genau festgestellt worden.
— Sie können lachen, meine Herren, das ist Ihr gutes Recht. Ich kann Ihnen im Augenblick keine amtsärztlichen Bescheinigungen vorlegen und auch nicht die Urlaubsscheine,
aber ich kann sie nachreichen. Das will ich gern tun. Vielleicht kann ich Sie dann auch von dieser Sache überzeugen.
Noch ein ganz kurzes Wort zu den Ländern. Ich habe gesagt: bei den Ländern ist nach der Rechtslage die Volksbefragung genauso ungesetzlich wie bei den Gemeinden. Allerdings gibt es bei einer Reihe von Ländern das plebiszitäre Prinzip. Insofern ist die Ausgangslage eine andere als beim Bund. Wir kennen das plebiszitäre Prinzip nicht. In einer Reihe von Ländern ist es zwar stärker oder weniger stark eingeführt, aber in keiner der Länderverfassungen gibt es die Volksbefragung als solche. Das würde mich im Grunde genommen nicht stören. Ich habe vorhin bereits ausgeführt, daß meines Erachtens der Angelpunkt für die verfassungsmäßige Zulässigkeit überhaupt die Frage der Zulässigkeit des plebiszitären Prinzips ist. Infolgedessen würde ich Ihnen von der Sozialdemokratie ohne weiteres zugestehen, daß in den Länderverfassungen, in denen das plebiszitäre Prinzip im Grunde angenommen ist, die Rechtslage eine andere ist als hier beim Bund.
Nun gibt es allerdings eine Reihe von Verfassungen, in denen das plebiszitäre Prinzip eingeschränkt und ganz genau festgelegt ist. Die korrekteste Verfassung ist in dieser Beziehung die von Nordrhein-Westfalen, in die ausdrücklich hineingeschrieben ist, daß es sich nur um Fragen, die die Bevölkerung des Landes angehen, handeln kann. Die meisten Verfassungen sehen den Volksentscheid und das Volksbegehren nur für Gesetzesänderungen und Verfassungsänderungen vor. Aber darauf kommt es hei den Ländern nicht entscheidend an. Ersparen Sie mir deshalb, auf die Einzelheiten der Länderverfassungen einzugehen. Entscheidend kommt es bei den Ländern darauf an, daß die Gesetzes- und Verwaltungskompetenz in dieser Frage beim Bund liegt. Es kann also gar keine Rede davon sein, daß unter irgendeinem Gesichtspunkt die Bevölkerung eines Landes als solche über diese die Sicherheit und die Verteidigung angehende
Dr. Wilhelmi
Frage entscheiden kann. Infolgedessen hat auch der Herr Bundesinnenminister bereits angekündigt, daß gegen alle diese Länder, falls sie ein entsprechendes Gesetz beschließen, vorgegangen werden wird.
Hier gibt es nun noch eine andere Möglichkeit. Hier ist es nicht nur die Verletzung der Bundestreue wie bei den Gemeinden und die Verletzung der Aufsichtspflicht im Falle Gemeinde-Land, sondern hier kommt auch noch die gewöhnliche Normenkontrollklage nach § 13 Ziffer 6 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes in Frage. Wir werden uns demnächst in diesem Hohen Hause damit zu befassen haben, ob wir uns diesen Klagen der Bundesregierung anschließen werden oder nicht. Ich zweifle nicht daran, daß wir das tun werden; denn letztlich handelt es sich eben doch um eine Frage, die gerade dieses Haus angeht, nämlich um die Frage der Einschränkung unseres Entscheidungsrechts und unserer Entscheidungspflicht, wie es Ihr Freund Katz, der gestern schon zitiert wurde, richtig hervorgehoben hat.
Nach diesen allgemeinen Ausführungen darf ich vielleicht noch zwei spezielle Punkte nachtragen: einmal die Frage Ihrer Beteiligung an der Aktion „Atomtod" und der damit verbundenen Gefahren. Mir wird hier eine Ausgabe des „Generalanzeigers", Bonn, auf den Tisch gelegt. Dort finden Sie unter der Überschrift „Krawall in Berlin" folgendes, was ich mit Genehmigung des Herrn Präsidenten verlesen darf:
Berlin. Zu Tumulten kam es gestern abend auf der von dem „Berliner Arbeitsausschuß gegen den Atomtod" einberufenen Kundgebung, als der Berliner DGB-Landesvorsitzende Scharnowski erklärte: „Die Atombombe trug zur Beendigung der Berliner Blockade bei." Lärmszenen verwandelten daraufhin die bis auf den letzten Platz besetzte Kongreßhalle in einen Hexenkessel. Scharnowski konnte nicht weiterreden. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt erhob sich und rief den Protestierenden zu: „Wenn die Kommunisten nicht den Mund halten, werden sie rausgeschmissen." Es gelang ihm aber nicht, den Aufruhr zu dämpfen.
Soweit diese Meldung.
Sehen Sie, meine Damen und Herren, ich bin der letzte, der Ihnen vorwirft, irgendwie mit den Kommunisten zusammenzuarbeiten oder zusammenarbeiten zu wollen. Ich habe das Gegenteil vorhin, glaube ich, begründet ausgeführt. Aber ich muß sagen: Es tut mir in der Seele weh, wenn ich euch in dieser Gesellschaft seh.