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ID0302112700

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    Deutscher Bundestag 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Inhalt: Antrag der CDU/CSU auf Begrenzung der Redezeit Rasner (CDU/CSU) 1057 B Dr. Mommer (SPD) . . . . . 1057 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . 1058 D Große Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238); Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230) ; — Fortsetzung der Aussprache —. Dr. Dr. Heinemann (SPD) . 1059 D, 1117 D D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 1067 B Dr. Bucher (FDP) 1085 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1088 D Ollenhauer (SPD) 1092 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 1099 D Dr. von Brentano, Bundesminister 1103 D Strauß, Bundesminister . . . . . 1107 B Dr. Arndt (SPD) (zur GO) . . . . 1115 D Rasner (CDU/CSU) (zur GO) . . . 1116 D Dr. Mende (FDP) (zur GO) . . . 1117 B Erler (SPD) 1118 B Dr. Bechert (SPD) 1122 D Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . . 1125 C Dr. Achenbach (FDP) 1128 B Frau Herklotz (SPD) 1132 A Frau Dr. Rehling (CDU/CSU) . . 1133 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 1135 D Kiesinger (CDU/CSU) 1139 D Dr. Mende (FDP) 1145 D Erklärungen zur Abstimmung Ollenhauer (SPD) 1150 D Dr. Mende (FDP) 1151 B Dr. Krone (CDU/CSU) . . . . . 1151 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1152 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) (zur Behandlung der Berliner Abgeordneten) . . . . . . . . . . 1154 D Namentliche Abstimmungen, Einzel-abstimmungen Schneider (Bremerhaven) (DP) (zu Umdruck 34 Ziffer 5) . . . . 1155 A Kiesinger (CDU/CSU) (zu Umdruck 37, Umdruck 41) . . . 1157 B, 1160 B, D Erler (SPD) (zu Umdruck 41) . . . 1 160 B Dr. Bucher (FDP) (zu Umdruck 41) . 1160 C Dr. Mommer (SPD) (zu Umdruck 43) 1163 C Nächste Sitzung 1166 C Anlagen 1167 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1057 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.32 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albrecht 12.4. Dr. -Ing. E. h. Arnold 25. 3. Bazille 1.4. Dr. Becker (Hersfeld) 19.4. Blachstein 29. 3. Dr. Böhm 25.3. Conrad 18. 4. Diel (Horressen) 19. 4. Dr. Eckhardt 29.3. Eilers (Oldenburg) 26.3. Felder 31.3. Dr. Friedensburg 26.3. Frau Friese-Korn 31.5. Funk 29. 3. Gottesleben 8.4. Dr. Gülich 29.3. Häussler 29.3. Heiland 31.3. Dr. Höck (Salzgitter) 31.3. Höcker 15.4. Frau Dr. Hubert 12.4. Jacobs 20. 4. Jahn (Frankfurt) 29.3. Jürgensen 31.3. Frau Kipp-Kaule 29.3. Dr. Kopf 29.3. Kunze 15.5. Lenz (Trossingen) 29.3. Dr. Lindenberg 29.3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30.4. Dr. Maier (Stuttgart) 25.3. Mellies 25.4. Muckermann 30.3. Murr 25.3. Neumann 12.4. Paul 30.4. Pelster 1.4. Frau Dr. Probst 25. 3. Rademacher 26. 3. Ramms 31.3. Schneider (Hamburg) 31.3. Dr. Schneider (Saarbrücken) 26. 3. Dr. Stammberger 26.3. Dr. Starke 26.3. Frau Dr. Steinbiß 29.3. Stenger 25. 3. Strauß 25.3. Struve 29.3. Vogt 12.4. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 29. 3. Wehr 31.3. Weimer 29.3. Weinkamm 29. 3. Dr. Will 26. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht b) Urlaubsanträge Abgeordneter bis einschließlich Bauknecht 10. 5. Even (Köln) 19. 4. Höcherl 10. 5. Dr. Ripken 15. 4. Dr. Zimmermann 10. 5. Anlage 2 Umdruck 33 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, sich bei den Vier Mächten, den USA, der UdSSR, dem Vereinigten Königreich und Frankreich, dafür einzusetzen, daß eine Viermächtearbeitsgruppe (Ständige Konferenz der Stellvertreter der Außenminister oder Botschafterkonferenz) zur Behandlung der Deutschlandfrage gebildet wird mit dem Auftrag, die Grundzüge eines Vertrages für Gesamtdeutschland zu erarbeiten. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 3 Umdruck 34 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. einen Beitrag zur allgemeinen Abrüstung durch den Verzicht auf die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen zu leisten; unter Berücksichtigung der Spaltung unseres Vaterlandes und der Bemühungen zur Wiedervereinigung mit Hilfe geeigneter Kontrollmaßnahmen zu erreichen, daß sowohl in der Bundesrepublik als auch im anderen Teil Deutschlands Atomwaffen weder stationiert noch gelagert und Atomwaffenanlagen nicht errichtet werden; 1168 Deutscher Bundestag -- 3. Wahlperiode -- 21, Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 3. sich dafür einzusetzen, daß gleichzeitig mit einem Abkommen über eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa eine Vereinbarung über die Stationierung konventioneller Streitkräfte im Raum der atomwaffenfreien Zone erzielt wird; 4. sich in allen Fragen der gemeinsamen Verteidigung bei den Mächten der Atlantischen Verteidigungsgemeinschaft um Berücksichtigung der besonderen Lage des geteilten Deutschlands zu bemühen; 5. in engem Zusammenwirken und dauernder Beratung mit der deutschen Atomwissenschaft dafür Sorge zu tragen, daß geeignete Maßnahmen für den Atomschutz der Bevölkerung getroffen werden und daß die Nutzung der Atomenergie ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 4 Umdruck 35 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, mit allen Mächten, die noch keine atomaren Waffen herstellen und besitzen, Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel des Abschlusses einer Konvention über Verzicht auf Herstellung und Besitz atomarer Waffen. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 5 Umdruck 36 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß atomare Sprengkörper jeder Art Werkzeuge der blinden Massenvernichtung sind und ihre Anwendung keine Verteidigung, sondern unberechenbare Zerstörung alles menschlichen Lebens bedeutet. Atomare Sprengkörper rotten unterschiedslos und unbegrenzbar Frauen und Kinder, Männer und Greise, jung und alt aus und verwandeln das Land in eine strahlenverseuchte, unbewohnbare Wüste. Von der Bundesregierung wird erwartet, daß sie unter Berufung auf ihre feierliche Erklärung vom 3. Oktober 1954 — dem Vertrag über den Beitritt der Bundesrepublik zum Brüsseler Vertrag und zum Nordatlantikvertrag als Anlage I zum Protokoll Nr. III über die Rüstungskontrolle beigefügt —, in der die Bundesrepublik auf die Herstellung atomarer Sprengkörper verzichtet hat, den Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen, vorschlägt, ein Übereinkommen zum Verzicht auf Herstellung und Verwendung von Atomwaffen abzuschließen und dadurch zugleich den Atomweltmächten die moralische Verpflichtung aufzuerlegen, die Verhandlungen über die kontrollierte Begrenzung der Rüstungen so zu fördern, daß auch ein Abkommen über die Ausschaltung der Atomwaffen zustande kommt. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 37 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, keinerlei Verpflichtungen einzugehen und keinerlei Maßnahmen zu treffen, die die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atom- und Wasserstoff-Sprengkörpern, die Stationierung von Atomraketen und den Bau von Basen für diese Raketen zum Ziele haben. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 38 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, mit der Regierung der Volksrepublik Polen und den anderen beteiligten Mächten in Verhandlungen über die Verwirklichung des Planes einer atomwaffenfreien Zone in Europa einzutreten. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1169 Anlage 8 Umdruck 39 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in gesicherter Freiheit Verhandlungen und Maßnahmen voraussetzt, die schrittweise eine Entspannung bewirken. Eine solche Politik dient zugleich der Kriegsverhütung und vermehrt die Aussichten auf die für das deutsche Volk lebensnotwendige Sicherheit. Eine atomare Ausrüstung der Bundeswehr ist abzulehnen, weil sie eine politische Lösung der deutschen Frage bis zur Hoffnungslosigkeit erschwert. Sie verschärft die Spannungen und ist der Sicherheit des deutschen Volkes abträglich. Bonn, den 18 März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 40 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, sich bei den Vier Mächten für die Aufnahme von Verhandlungen über einen Vertrag für Gesamtdeutschland einzusetzen. Bonn, den 22. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 10 Umdruck 41 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, auch weiterhin getreu ihrer grundsätzlichen Auffassung bei allen internationalen Verhandlungen und Konferenzen, an denen sie teilnimmt oder auf die sie Einfluß hat, a) für eine allgemeine kontrollierte Abrüstung sowohl atomarer wie konventioneller Waffen einzutreten, b) die Bereitschaft zu bekräftigen, daß die Bundesrepublik jedes derartige Abrüstungsabkommen annehmen wird, um dadurch zur Entspannung und zur Lösung der internationalen Probleme einschließlich der deutschen Frage beizutragen. 2. Solange der Kommunismus seine weltrevolutionären Ziele weiterverfolgt, die er noch im November 1957 auf der Tagung der Kommunistischen und Arbeiter-Parteien der sozialistischen Länder in Moskau erneut bekräftigt hat, können Friede und Freiheit nur durch eine gemeinsame Verteidigungsanstrengung der freien Welt gesichert werden. Der Bundestag stellt fest, daß die Bundeswehr lediglich der Erhaltung des Friedens und der Verteidigung dient. Darum fordert er die Bundesregierung auf, bis zum Zustandekommen eines allgemeinen Abrüstungsabkommens den Aufbau der deutschen Landesverteidigung im Rahmen der nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft fortzusetzen. In Übereinstimmung mit den Erfordernissen dieses Verteidigungssystems und angesichts der Aufrüstung des möglichen Gegners müssen die Streitkräfte der Bundesrepublik mit den modernsten Waffen so ausgerüstet werden, daß sie den von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der NATO zu genügen vermögen und den notwendigen Beitrag zur Sicherung des Friedens wirksam leisten können. 3. Das ganze deutsche Volk diesseits und jenseits der Zonengrenze erwartet, daß auf der kommenden Gipfelkonferenz die deutsche Frage erörtert und einer Lösung nähergebracht wird. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, sich dafür mit allen Kräften einzusetzen. 4. Der Bundestag wiederholt seine Überzeugung, daß freie Wahlen die Grundlage der deutschen Wiedervereinigung bilden müssen. Er lehnt mit Entschiedenheit ab a) den Abschluß eines Friedensvertrages für zwei deutsche Staaten, b) Verhandlungen mit den Vertretern des derzeitigen Zonen-Regimes, c) den Abschluß einer Konföderation mit diesem Regime. 5. Der Bundestag bekräftigt seine Überzeugung, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in Verbindung mit einer europäischen Sicherheitsordnung die dringlichste Aufgabe der deutschen Politik ist. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Krone und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion 1170 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 Anlage 11 Umdruck 42 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktionen der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag ein Weißbuch vorzulegen, aus welchen Gründen sie eine Ausbildung der Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln in Erwägung zieht und welche Ausstattung der Bundeswehr mit solchen Massenvernichtungsmitteln sie plant. Das Weißbuch soll zugleich darlegen, wie die Bundesregierung nachteilige Folgen für die Aussicht auf Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit abzuwenden gedenkt. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 12 Umdruck 43 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Frage, ob die Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln üben oder ausgerüstet werden kann oder soll, wird zurückgestellt, bis die in Aussicht genommene Konferenz zwischen den Regierungschefs der Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion stattgefunden hat. Von ,dem amerikanischen Angebot, 48 „Matador"- Raketen für die Bundeswehr zu erwerben, wird kein Gebrauch gemacht. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 13 Umdruck 44 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis zum 31. Mai l958 zu berichten, welche konkreten Schritte und Maßnahmen sie den Regierungen der USA, UdSSR, Großbritanniens und Frankreichs vorzuschlagen gedenkt, die nach ihrer Auffassung geeignet sind, a) schrittweise eine kontrollierte Abrüstung, b) eine engere Verbindung zu den Menschen in Mitteldeutschland, c) die Wiedervereinigung herbeizuführen. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 14 Umdruck 45 Entschließungsantrag der Fraktionen der FDP, SPD Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag wiederholt feierlich den im Grundgesetz enthaltenen Appell, daß das ganze deutsche Volk aufgefordert bleibt, die Einheit und Freiheit Deutschlands in freier Selbstbestimmung zu vollenden. Die Verpflichtung der Vier Mächte zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wird hierdurch nicht berührt. Bis zu dem Tage, an dem sich das deutsche Volk in freier Entscheidung eine Verfassung gibt, besteht in Deutschland keine endgültige und bleibende Staatsordnung. Die Bundesrepublik ist sich bewußt, daß sie als Ordnung des staatlichen Lebens für eine. Übergangszeit geschaffen wurde. Der Deutsche Bundestag erwartet deshalb die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht von einem zwischen zwei deutschen Teilstaaten ausgehandelten Staatsvertrag, sondern unmittelbar von einem freien Willensentschluß des gesamten deutschen Volkes in seinen heute noch getrennten Teilen, der nach der Beseitigung der nicht in deutscher Zuständigkeit liegenden Hindernisse herbeizuführen ist. Der Bundestag erklärt seine Bereitschaft, jede Verhandlung zu unterstützen, die die Wege zu einem solchen Willensentscheid des deutschen Volkes ebnet, sobald eine Vereinbarung der Vier Mächte diese Möglichkeit erschlossen hat. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1171 Anlage 15 Umdruck 46 Antrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, um die Verhandlungen über die allgemeine Abrüstung zu fördern und die furchtbaren Gefahren für die Gesundheit der Lebenden und der kommenden Generationen abzuwenden, auf die Mächte, die Atomwaffen produzieren, einzuwirken, daß die Versuchsexplosionen mit Atomsprengkörpern sofort eingestellt werden. Bonn, den 25. März 1958 Frau Albertz Frau Renger Frau Bennemann Frau Rudoll Frau Berger-Heise Frau Schanzenbach Frau Beyer (Frankfurt) Frau Strobel Frau Döhring (Stuttgart) Frau Wessel Frau Eilers (Bielefeld) Frau Wolff (Berlin) Frau Herklotz Ollenhauer und Fraktion Frau Keilnack Frau Kettig Frau Dr. Diemer-Nicolaus Frau Korspeter Frau Friese-Korn Frau Krappe Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Frau Meyer-Laule Dr. Mende und Fraktion Frau Nadig Anlage 16 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Bausch nach § 36 der Geschäftsordnung. In der Sitzung vom Freitag, dem 21. März, hat der Abgeordnete Döring von der Fraktion der FDP u. a. erklärt, es werde „der Tag nicht mehr fern sein, wo die oppositionellen Kräfte nicht nur gegen diese Politik, die dahintersteckt stehen, sondern zwangsläufig gegen diesen Staat gestellt werden. Das würde denn auch bedeuten, daß diejenigen, die diesen Staat dann einmal in der Zukunft nicht mehr oder nicht als endgültige Lösung anerkennen wollen, die ersten Hochverratsprozesse zu erwarten haben." Ich habe darauf den Zwischenruf gemacht: „Hoffentlich". Wegen dieses Zwischenrufs bin ich im Verlauf der Debatte mehrfach angegriffen worden. Ich lege deshalb Wert darauf, folgendes festzustellen: 1. Der Abgeordnete Döring hat in der ersten Rede die er in diesem Hause gehalten hat, ganz offen angekündigt, der Tag werde nicht mehr fern sein, an dem oppositionelle Kräfte diesen Staat in Zukunft nicht mehr werden anerkennen wollen. Seit dem ersten Zusammentreten des Bundestages im Jahre 1949 ist es das erste Mal, daß von der Tribüne des Bundestages herab offen und unverhüllt eine Bewegung gegen diesen Staat angekündigt wurde. Dies verdient festgehalten zu werden. An einem solchen Vorgang kann man nicht einfach vorbeigehen. Hier wurde ein Zeichen aufgerichtet, das nicht übersehen werden darf. 2. Ich hoffe nicht, daß es zu einer solchen Entwicklung kommt. Ich würde dies für ein geradezu unabsehbares Verhängnis für unser Volk halten. 3. Wenn es aber so weit käme, dann allerdings hoffe ich — und dies war der Sinn meines Zwischenrufs —, daß sich alle staatstragenden Kräfte unseres Volkes in dem Willen vereinigen werden, diesen Staat zu verteidigen, und daß auch die Richter dieses Staates, ihrem Eide getreu, jeden daran hindern werden, seine Hand gegen den Staat zu erheben. Bonn, den 25. 3. 1958 Bausch
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    Rede von Dr. Kurt Georg Kiesinger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich will versuchen, das zu tun. Die Politik, von der ich spreche, ist ja nicht unsere speziell deutsche, sondern, wie der Verteidigungsminister hier sicher ein halbes dutzendmal klargemacht hat, eine Politik des integrierten atlantischen Verteidigungssystems, von dem wir doch nur ein Partikel sind.

    (Abg. Erler: Konkret!)

    — Gut. Wenn diese Politik, Herr Erler, in einem solchen Fall angewiesen wäre, als einziges Abschreckungsmittel den sofortigen Einsatz der strategischen atomaren Waffen anzudrohen, der Wasserstoffbomben usw., so wäre das eine unglaubhafte Abschreckung.

    (Abg. Erler: Eben!)

    Infolgedessen versucht der Westen eine glaubhaftere. Sie kennen doch die Gedankengänge. Das ist heute doch in allen Büchern und Zeitschriften, die über diese Dinge schreiben, zu lesen. Er versucht, solange die allgemeine atomare Abrüstung nicht durchgesetzt werden kann, an Stelle der nicht nur fragwürdigen und entsetzlichen, sondern zu einem großen Teil auch unglaubwürdigen totalen Abschreckung des großen atomaren Krieges eine glaubhaftere Abschreckung, die der taktischen Atomwaffen, zu setzen, um das Vakuum in Europa auszufüllen und jedes Kalkül eines möglichen Angreifers zu unterbinden, daß er einen Gewaltakt, sei es durch Krieg, sei es durch ein Ultimatum, in Europa unternehmen könnte, ohne dafür bestraft zu werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich weiß, was Sie mir sagen können: daß das keine sehr schöne Lösung ist. Wir empfinden sie auch nicht als schön. Deswegen drängen wir mit Ihnen mit aller Kraft auf die Herbeiführung der einzig möglichen Lösung, der einzig möglichen Rettung aus dieser Situation, nämlich auf die allgemeine kontrollierte Abrüstung sowohl der atomaren wie der konventionellen Waffen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dahin muß es gehen, nur zu diesem einen Ziel. Sie haben es gesagt, Herr Kollege Schmid. Daran muß man sich in Etappen, in Stufen heranarbeiten. Gut, auch darin gehe ich mit Ihnen, mit Herrn Erler und anderen einig. Auch wir sehen nicht die Möglichkeit einer sofortigen totalen Bereinigung, da es unendliche Schwierigkeiten auf diesem Wege zu überwinden gilt. Bloß in der Frage, welche Stufen zur Erreichung dieses Ziels die richtigen seien — sprechen wir es offen aus —, unterscheiden wir uns.
    Sie sagen z. B., die Annahme des Rapacki-Plans sei eine solche Stufe. Sie, Herr Kollege Schmid, waren ,da am deutlichsten.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    — Herr Kollege Schmid hat sich direkt für den Rapacki-Plan ausgesprochen und gesagt, die Annahme des Rapacki-Plans würde eine solche Stufe sein. Wir sind keineswegs unter allen Umständen gegen regionale Abrüstungsvereinbarungen. Aber
    — das hat der Herr Verteidigungsminister mit aller Deutlichkeit gesagt — es müssen Abmachungen über regionale Abrüstungen sein, die sich im Rahmen eines genau konzipierten Abrüstungsplans vollziehen, so daß sich aus dem ersten Schritt mit Notwendigkeit der zweite und der dritte und der letzte ergibt.
    Würden wir den Rapacki-Plan, so wie er einmal ist, annehmen, dann wäre die berühmte Vorleistung da. Glauben Sie doch nicht, daß dann etwa die sowjetrussische Haltung weicher werden würde! Da können Sie doch nur das Argument gebrauchen, das Sie selber immer wieder vorschützend bringen, es sei eine Klimaverbesserung. Da halte ich es schon, Herr Erler, mit Herrn Gaitskell, den Sie hier zitiert haben. Sie wissen genauso wie ich, daß er und einige seiner Freunde sich einen sowjetrussischen Rückzug hinter die Weichsel erhoffen, weil, wie sie glauben, die Sowjetunion fürchtet, andernfalls werde die Bundesrepublik atomar ausgerüstet.

    (Abg. Dr. Mommer: Das ist wieder nur eine Viertelwahrheit!)

    — Nein, das ist keine Viertelwahrheit, Herr Mommer, das ist genauso ausgesprochen worden, wie Sie wissen.

    (Abg. Dr. Mommer: Nein!)

    — Doch, es ist so ausgesprochen worden. Wenn wir schon miteinander reden, dann dürfen wir uns doch nicht dauernd derartige Unterstellungen machen. So hat er es gesagt!

    (Abg. Erler: Aber sind Sie denn bereit, für diesen Preis den sowjetischen Truppenabzug einzutauschen?)

    — Herr Erler, über all diese Dinge läßt sich reden, und wir werden im Ausschuß in den kommenden Wochen auch über den Rapacki-Plan und das Problem der regionalen Abrüstung reden, und zwar werden wir es tun, damit wir uns sachlich miteinander auseinandersetzen, damit nicht, wie das in einer solchen parlamentarischen Debatte unvermeidlich ist, nur immer wieder ein paar große Programmsätze einander entgegengestellt werden. Ich wollte Ihnen ja nur sagen, daß es so nach unserer Meinung nicht geht.
    Wir müssen Vorschläge zur regionalen Abrüstung im Zusammenhang einander bedingender Maßnahmen sehen. Wir sind also mit Ihnen bereit, auch die allgemeine Abrüstung in Stufen zu vollziehen. Wie? Nun, ich hoffe, daß auf der Gipfelkonferenz einiges darüber gesprochen wird. Wir
    — ich wiederhole es — von der Christlich-Demokratischen Union sind bereit, uns jedem Abkom-



    Kiesinger
    men, das die Großmächte auf diesem Gebiete treffen, vorbehaltlos zu unterwerfen.

    (Beifall in der Mitte.)

    Die atomare Aufrüstung der Bundeswehr, wenn sie kommen sollte, — —

    (Zurufe von der SPD: Sie kommt! — Sie ist ja schon da!)

    — Wir haben den Vorbehalt gemacht: es sei denn, daß uns das durch eine allgemeine kontrollierte Abrüstung erspart wird.

    (Erneute Zurufe von der SPD.)

    Wir glauben also, daß die atomare Aufrüstung nicht zur Verhärtung der Lage führen wird, sondern zum Gegenteil.
    Nun komme ich zu der zweiten Behauptung, der Weg zur Wiedervereinigung werde dadurch unmöglich gemacht. Man macht uns den Vorwurf, wir hätten gesagt, die NATO sei für uns ein Instrument zur Wiedervereinigung. Sie ist es nur in einem bedingten Sinne, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie und von der FDP, nämlich in dem bedingten Sinne, daß, wenn es nicht gelingt, die Freiheit und den Frieden für die Bundesrepublik zu erhalten, an Wiedervereinigung überhaupt nicht zu denken ist; das ist der Sinn.

    (Beifall in der Mitte.)

    Sie haben davon gesprochen, Herr Professor Schmid, auf die Erhaltung des Friedens komme es an. Ja, darauf kommt es an. Darauf kam es während der ganzen letzten Jahre an. Es war und ist keine Selbstverständlichkeit, daß uns der Friede und die Freiheit hier in Westeuropa und in diesem Lande erhalten geblieben sind.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wer von Ihnen wagt zu sagen, daß der Bolschewismus ohne die Anstrengungen des nordatlantischen Bündnisses seine begonnene Expansion eingestellt hätte? War es denn nicht so, daß erst, nachdem sich die westliche Welt zu diesem Schutzbündnis zusammengefunden hat, diese Expansion zum Stehen gebracht wurde? Ich möchte Sie nicht fragen, was geschehen wäre, wenn dieses Verteidigungsbündnis der freien Welt nicht aufgebaut worden wäre.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Nun, Sie fragen uns: Wie denkt ihr euch den Weg zur Wiedervereinigung?

    (Zurufe von der SPD: Ja, das möchten wir gern wissen!)

    Wir schlagen vor, daß auf der kommenden Gipfelkonferenz die deutsche Frage behandelt wird mit allem, was dazu gehört.

    (Abg. Erler: Mit welchen Vorschlägen?)

    Wir beharren darauf, daß die Grundlage — ich bitte, genau hinzuhören —, die Grundlage des Wiedervereinigungsprozesses freie Wahlen sein müssen. Was wir aber entschieden ablehnen, ist
    ein Friedensvertrag mit zwei deutschen Staaten oder ein Friedensvertrag mit einem deutschen Staat, der nach dem Muster der sowjetischen Konföderation zustande gekommen wäre. Wir lehnen eine solche Konföderation überhaupt ab.
    Aber weiter — Herr Kollege Schmid, das ist nun etwas, was ich Ihnen sagen muß — müssen wir auch das ablehnen, was die Sowjetunion immer wieder vorgeschlagen hat, nämlich Verhandlungen mit dem Marionettenregime der Sowjetzone, Verhandlungen, die, wie es bisher ausschließlich vorgetragen wurde, den freien Wahlen vorhergehen sollten.
    Herr Heinemann hat davon gesprochen, man stelle der Parole „Deutsche an einen Tisch" von unserer Seite die Parole entgegen: ,,Deutsche an keinen Tisch!" Nein, Herr Heinemann, Deutsche sollen an einen Tisch, Deutsche sollen in ein Vaterland, aber nicht freie deutsche Politiker hier und Marionetten der Sowjetunion drüben!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Daß für gewisse technische Verhandlungen auf ganz anderen Gebieten — —

    (Abg. Wehner: Die machen Sie ja auch nicht! Sie wollen überhaupt nichts!)

    — Wir haben schon diese technischen Verhandlungen auf einer ganzen Reihe von Gebieten.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Die Grenze muß da gezogen werden, wo diese Verhandlungen mit dem Regime der DDR eben nicht mehr technische Verhandlungen, sondern politische Verhandlungen bedeuten würden.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Erneute Zurufe von der SPD.)

    Wir sind der Überzeugung, daß die Sowjetunion die ganzen Jahre hindurch die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit nicht wollte — darüber wollen wir heute nichts mehr sagen — und auch heute nicht will. Was Sie mit uns nach der gescheiterten Berliner Konferenz gesagt haben, das hätten Sie heute wieder mit uns sagen sollen.

    (Abg. Wehner: Nein, wir müssen sagen, was wahr ist!)

    — Wenn Sie sagen, daß die Sowjetunion heute die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit will, dann frage ich Sie: was halten Sie von den Äußerungen Chruschtschows, die er seit der Konferenz in Genf in überreicher Fülle getan hat?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber die Sowjetunion, Herr Wehner, hat Gelegenheit, darüber ein aufklärendes Wort zu sagen, wenn es auf der Gipfelkonferenz zur Erörterung der deutschen Frage kommt.

    (Abg. Wehner: Großmütig! Wir warten!)

    Wir haben der Sowjetunion gesagt, was wir wollen.

    (Abg. Wehner: Wer ist denn eigentlich geteilt? Wir oder sie? Wir sind geteilt!)




    Kiesinger
    — Wir sind geteilt, Herr Wehner, aber nicht, weil wir Deutschland geteilt haben,

    (fortgesetzte Zurufe des Abg. Wehner — Glocke des Präsidenten)

    sondern weil die Sowjetunion Deutschland geteilt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist in diesem Haus der Appell an eine gemeinsame Außenpolitik erklungen.

    (Abg. Wehner: Gibt es nicht!)

    — Die gibt es nicht, sagen Sie, Herr Wehner?

    (Abg. Schoettle: Nein, das sagen wir alle! — Weitere Zurufe links: Sagen wir alle!)

    — Das sagen Sie alle. Vielleicht, meine Herren von der Sozialdemokratie, hat diese Debatte klarer als bisher gezeigt, wie weit auseinander die Standpunkte leider liegen.

    (Zuruf von der SPD: Das haben Sie gezeigt!)

    Ich persönlich glaube, daß die Macht der Tatsachen auch Sie dazu führen wird, daß Sie sehen, wo die realen Möglichkeiten einer Wiedervereinigungspolitik liegen.

    (Zuruf von der SPD: Die Sie verbaut haben!)

    — O nein, wir haben gar nichts verbaut. Die Sowjetunion hätte in all den Jahren genügend Zeit gehabt, diese Wiedervereinigung in Freiheit anzubieten, wenn sie das gewollt hätte.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Es ist für mich immer wieder eine Bestätigung, die letzte, tiefste Bestätigung der Richtigkeit unserer Politik gewesen, daß gerade die Menschen drüben in der Zone so denken. Auch jetzt habe ich es wieder durch eine große Zahl von Briefen aus der Zone bestätigt bekommen,

    (Lachen bei der SPD — Zurufe links: Wir auch!)

    und zwar von freien Menschen aus der Zone und nicht von Kollektivs, die angehalten wurden, Telegramme zu schicken, — die habe ich auch bekommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es waren Briefe von Menschen in der Zone, die nicht wagen konnten, ihren Namen darunter zu setzen. Es ist sehr leicht zu unterscheiden, woher die einen Telegramme und Briefe und woher die anderen kommen. Bei den einen stehen meistens viele Namen darunter, bei den anderen steht leider kein Name dabei, weil diese Menschen fürchten müssen, daß sie für ihre Stellungnahme für die Freiheit bestraft und eingekerkert werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von 'der SPD. — Abg. Wehner: Was haben die Menschen von dem Gerede!? — Unruhe links. — Glocke des Präsidenten.)

    Ich komme zum Schluß. Angesichts der Tatsachen, die vor uns stehen und die noch auf uns zukommen, werden wir gar nicht anders können, als in gemeinsamen Beratungen zu überprüfen, wo die eine oder andere Seite sich vielleicht geirrt hat. Auch wir hängen nicht an Dogmen. Aber solange die Weltsituation sich nicht geändert hat, solange die Sowjetunion nicht einen Beweis des Willens gegeben hat, die Wiedervereinigung in Freiheit zu gewähren, müssen wir bei unserer Politik bleiben. Sie sagen: Weil wir einen Druck auf die Sowjetunion ausüben wollen!

    (Abg. Strauß: Wer übt auf wen Druck aus?)

    Werden nicht ständig 17 Millionen drüben unterdrückt?

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Die Sowjetunion weiß genau, daß wir bereit sind, mit ihr über jeden vernünftigen Weg zur Wiedervereinigung, der auch ihr Sicherheitsinteresse respektiert, zu reden. Sie soll aber wissen, daß, solange sie uns diesen Weg nicht zeigt, nichts uns davon abhalten wird, wachsam zu bleiben und zu verteidigen, was das höchste irdische Gut ist: Freiheit und Würde des Menschen.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Mende.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Erich Mende


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am Beginn der viertägigen außenpolitischen Debatte hatte ich Gelegenheit, die Große Anfrage der Freien Demokratischen Partei hier zu begründen. Es entspricht den Gepflogenheiten, daß der Fragesteller zum Schluß noch Gelegenheit hat, ein kurzes Schlußwort zu sprechen. Seien Sie ohne Sorge, ich werde keine lange Rede in dritter Auflage halten, wie mein Vorredner das soeben getan hat.

    (Beifall bei der FDP und SPD.)

    Ich werde mich hier auch nicht als ein parlamentarischer Moralinprediger bewähren wollen,

    (erneuter Beifall bei der FDP und SPD)

    obgleich ich mit Pharisäermine sagen könnte, unsere Fraktion hat bei 43 Abgeordneten und sechs Rednern nicht einen einzigen Ordnungsruf erhalten, was Kollege Kiesinger von seiner Fraktion nicht behaupten kann.

    (Abg. Kiesinger: Wir sind halt größer!)

    Ich glaube, es steht dem Kollegen Kiesinger schlecht an, sich hier als den Moralinverteidiger parlamentarischer Sitten aufzuspielen.

    (Beifall bei der FDP und SPD.)

    Wenn wir wirklich prüfen, wo die Gründe für die Verschärfung dieser viertägigen Debatte liegen, se müssen wir, glaube ich, nach allen Richtungen schauen, auch nach der Mitte dieses Hauses.

    (Zustimmung bei der FDP und SPD.)




    Dr. Mende
    Welches war denn der Ausgangspunkt zu dieser Mammutdebatte des Deutschen Bundestages? Der Ausgangspunkt war doch der, Vergeltung für die parlamentarische Niederlage vom 23. Januar zu üben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD. — Zurufe von der Mitte.)

    Nachdem auch Rundfunkmonologe und Fernsehmonologe nicht in der Lage waren, diese parlamentarische Niederlage im 3. Deutschen Bundestag wettzumachen, sollte nunmehr hier die Opposition mit einem Vergeltungsschlag buchstäblich am Boden zerstört werden, so etwa nach Wilhelm Busch: Man sah dann ihre Trümmer rauchen, der Rest war nicht mehr zu gebrauchen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Nun, das Bild sieht nach diesem ,, Vergeltungsschlag" keineswegs so aus, wie die Initiatoren dieser Mammutdebatte es sich gedacht hatten.

    (Zustimmung bei der FDP und der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU: Na, na!)

    Lassen Sie mich zunächst dem Kollegen Kiesinger antworten und auf etwas eingehen, was er mit einem süffisanten Lächeln glaubt kritisieren zu können: die Forderung der Freien Demokraten nach einer gemeinsamen Außenpolitik. Er hat erklärt, es sei wichtiger, die richtige Außenpolitik zu betreiben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sind Sie nicht der Meinung?)

    — Man kann nicht apodiktisch behaupten, welche Politik die richtige ist, ob die der Opposition oder die der Regierungsparteien.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihre kennt man ja gar nicht!)

    Man kann allenfalls jedem unterstellen, daß er die richtige Politik will. Aber es hat sich schon mehrfach in der Geschichte unseres Volkes gezeigt, daß man vielleicht die richtige Politik wollte, das Ergebnis aber ein ganz anderes war. Ich unterstelle, daß man auch vor 1914 ebenso wie vor 1939 bei den damals Herrschenden von der Richtigkeit der Politik überzeugt war. Was wirklich richtig war, hat einzig und allein das unerbittliche Urteil der Geschichte bestimmt.

    (Abg. Dr. Martin: Das ist doch ein Gemeinplatz!)

    Ich kann Sie noch an etwas Näherliegendes erinnern, was Ihnen vielleicht noch unangenehmer ist. Als Sie die Saarbevölkerung aufforderten, ja zum Saarstatut zu sagen, waren Sie überzeugt, daß das der Weg sei, die Rückkehr der Saar zu Deutschland zu erreichen. Das Gegenteil wäre der Fall gewesen.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Daß die Saar zu Deutschland zurückkam, verdankt sie nicht etwa der Aufforderung des Bundeskanzlers und der CDU,

    (Zuruf von der Mitte: Der freien Abstimmung!)

    für das Saarstatut zu stimmen, sondern einzig und allein der Treue der saarländischen Bevölkerung, die das Gegenteil dessen gemacht hat, was Sie empfohlen haben.

    (Erneuter lebhafter Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Auf die drei Fragen, die wir in der Großen Anfrage Drucksache 230 gestellt haben, hat die Bundesregierung zu der Frage 1 eindeutig ja gesagt. Wir haben es sowohl aus dem Munde des Herrn Bundeskanzlers wie auch heute aus dem Munde des Bundesaußenministers gehört, daß die Bundesregierung tatsächlich bereit ist, sich bei den Vier Mächten dafür einzusetzen, daß auf der kommenden Gipfelkonferenz die Grundsätze eines Vertrags für Gesamtdeutschland erörtert werden. Wir sehen einen bescheidenen Erfolg unserer Großen Anfrage darin, daß Sie auf unseren entsprechenden Antrag, eine ständige Viermächte-Arbeitsgruppe entstehen zu lassen, in den Ausschuß verweisen, offensichtlich nicht, um ihn da zu begraben, sondern um ihn nach gewissen gemeinsamen Veränderungen zu akzeptieren.
    Auf die Frage 2, ob die Bundesregierung einen eigenen Plan für atomwaffenfreie Zonen, für atomwaffenanlagefreie und militärisch entschärfte Zonen vorlegen wolle, ist hier nicht nur ein kategorisches Nein seitens der Bundesregierung gesagt worden, sondern zur allgemeinen Überraschung ist in einer völligen Verkehrung der in unserer Frage 2 vorgebrachten Wünsche sogar die Zustimmung der CDU/CSU und DP zu atomarer Bewaffnung der deutschen Bundeswehr herausgekommen.
    Auf die Frage 3, ob die Bundesregierung bereit sei, in einen beiderseitigen Meinungsaustausch über die Möglichkeiten einer atomwaffenfreien Zone mit dem polnischen Außenminister einzutreten, hat die Bundesregierung hier ebenfalls kategorisch erklärt: Nein!
    Der Bundesverteidigungsminister hat an die Opposition Fragen gestellt. Das ist an sich ungewöhnlich. Eigentlich sollte es Sache der Opposition sein, Fragen an die Regierung zu stellen.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Wir Freien Demokraten haben zwölf solcher Fragen als Unterfragen zu den drei großen Fragen der Großen Anfrage gestellt. Der Herr Bundes- kanzler hat erklärt, er würde unsere Fragen aus dem Protokoll herausschreiben lassen und später schriftlich beantworten. Nun, wir haben unsere Erfahrungen mit den Zusagen des Bundeskanzlers, er werde uns schriftlich antworten. Beispielsweise hat unser damaliger Fraktionsvorsitzender, der Vizepräsident Dr. Max Becker, an den Herrn Bundeskanzler wie an die Vorsitzenden aller Fraktionen des Deutschen Bundestags einen Vorschlag gerichtet, zu der Erarbeitung gemeinsamer außenpolitischer Prinzipien einen kleinen vertraulichen Kreis zu gründen, weil der Bundeskanzler öfters erklärt, der Auswärtige Ausschuß sei ihm zu groß, und man könnte manche Fragen um der Geheim-



    Dr. Mende
    haltung willen nur in einem ganz kleinen Kreise behandeln.
    Wir dachten daran, daß es einen anderen Kreis gibt, der, sehr klein gehalten, bisher durchaus die Möglichkeit gab, eine prinzipielle Frage, nämlich das Problem des Bundesnachrichtendienstes, aus der Diskussion dieses Hauses dadurch herauszuhalten, daß diesem Kreis vom Bundeskanzler und vom Leiter des Bundesnachrichtendienstes, dem früheren General Gehlen, jeweils die Auskünfte gegeben werden, die uns veranlassen, in diesem Hause diese Frage nicht zu behandeln.
    Dabei dachten wir, daß wir in der Außenpolitik zumindest die Informationen im kleinen Kreis bekämen, die wir im großen Kreis nicht bekommen hatten.

    (Abg. Wehner: Um Himmels willen!)

    Daraufhin schrieb der Kanzler unter dem 11. November 1957, also vor über vier Monaten:
    Sehr geehrter Herr Becker! Ich freue mich, daß Sie wie ich den Versuch unterstützen wollen, auf dem Gebiete der Außenpolitik zu einer gemeinsamen Linie zu kommen. Ich weiß nicht, ob die Bildung eines solchen Ausschusses, wie Sie ihn sich denken, der richtige Weg ist. Erlauben Sie mir, vielleicht erst in einigen Wochen auf Ihre Anregung zurückzukommen.
    Darauf wartet Kollege Becker noch heute.
    Wenn es also auch mit der Beantwortung unserer zwölf Fragen so sein soll, Herr Bundeskanzler, dann werden wir allerdings wahrscheinlich auch vor der nächsten großen außenpolitischen Debatte noch keine Antwort haben. Wir wären Ihnen dankbar, wenn die Fristen für die Beantwortung von Fragen auch der parlamentarischen Opposition etwas kürzer gehalten werden könnten.
    Obwohl uns nicht der große Apparat der Regierung zur Verfügung steht, haben wir etwas schneller reagiert. Die Fragen, die der Verteidigungsminister hier gestellt hat, wollen wir durchaus beantworten.
    Die erste Frage des Bundesverteidigungsministers an die Opposition lautete: Gibt die Opposition zu, daß es eine sowjetische Gefahr gibt?
    Wir Freien Demokraten erklären, daß es in der Tat eine große sowjetische Gefahr gibt, die sich vielschichtig zeigt. Erstens: Die sowjetische Gefahr ist primär eine geistige Gefahr. Man muß ihr daher auch mit geistigen Mitteln begegnen.

    (Lachen bei den Regierungsparteien.)

    Es ist die schwere Schuld der Regierung und der CDU, die deutsche Bevölkerung mit ihren Wohlstands- und Sicherheitsparolen entpolitisiert und von der Fähigkeit zu geistigen Auseinandersetzungen mit dem Kommunismus weggeführt zu haben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Die sowjetische Gefahr ist zweitens eine wirtschaftliche Gefahr. Das zeigt sich vor allem in dem ständigen Vordringen des Ostblocks im afro-asiatischen Raum. Es ist die Schuld der Bundesregierung, daß ihre Politik der kleineuropäischen Integration die Deutschen gegenüber den afro-asiatischen Völkern als Teilnehmer eines kollektiven Kolonialismus mit Frankreich erscheinen läßt und den Einsatz des deutschen Prestiges für die freie Welt in diesen Ländern erschwert hat.
    Drittens: Die sowjetische Gefahr ist schließlich eine soziale Gefahr. Die übertriebene jetzt anlaufende doppelte Rüstungspolitik — die konventionelle, die wir bejahen, und die noch wesentlich teurere atomare, die Sie außerdem noch zusätzlich haben wollen — wird dazu führen, daß die Wirtschaft unter dieser Last zu leiden hat und der Kommunismus als soziale Gefahr eines Tages wieder Ansatzpunkte bei uns haben könnte.
    Schließlich viertens: Die sowjetische Gefahr ist nur dann die Gefahr einer militärischen Aggression, wenn die Bundesregierung durch ihre Teilnahme an der Politik der Abschreckung so weit getrieben wird, daß diese zu einer deutschen Politik der Herausforderung werden könnte. Manche Reden aus Ihren Reihen haben leider dazu beigetragen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD.)

    Der Verteidigungsminister fragte zweitens, ob die Opposition zur Verteidigung der Freiheit mit allen Mitteln bereit sei.
    Wir Freien Demokraten haben hier zu erklären, daß wir die Freiheit nicht nur mit Deklamationen schützen können, sondern daß wir auch bereit sind, das unserige zur Verteidigung der Freiheit auf allen Lebensgebieten beizutragen. Wir glauben, das atomare Gleichgewicht der Weltmächte ist heute die sicherste Gewähr dafür, daß keiner von beiden Giganten das Risiko eines atomaren Krieges laufen wird. Zu dieser Verteidigung unserer Freiheit ist nicht die Atomrüstung der Bundeswehr erforderlich. Der Weltfrieden wird durch das Gleichgewicht der Giganten, der Vereinigten Staaten und der Sowjet- union, gewährleistet. Er wird vielleicht dadurch gefährdet, daß kleine und kleinste Mächte an der Atomrüstung teilhaben sollen. Insofern könnte die Atomrüstung der Bundeswehr eventuell kein Beitrag zur Verteidigung der Freiheit, sondern eher ein Beitrag zur Gefährdung des Friedens durch Ausweitung der atomaren Rüstung sein.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Wir Freien Demokraten sind der Meinung: solange nur zwei oder allenfalls drei Mächte im Besitz nuklearer und thermonuklearer Waffen sind, ist die Wahrscheinlichkeit, daß eine Kontrolle noch möglich ist, größer, als wenn viele, auch kleine und kleinste Staaten in den Besitz dieser Teufelswerkzeuge kommen. Wir bejahen daher das Atommonopol der Großmächte, bis es zu einer beiderseitigen kontrollierten Abrüstung kommt. Wir sagen aber nein zu einer Atomanarchie, wie sie dann zwangsläufig eintreten muß, wenn nicht drei, sondern 30, 40 Staaten auf dieser Erde diese Teufelswerkzeuge besitzen.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Ich frage mich: Was wäre geschehen, wenn im Suezkanal-Konflikt Herr Nasser bereits über Atomwaffen hätte verfügen können?

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)




    Dr. Mende
    Wäre es dann noch möglich gewesen, diesen Konflikt so zu lokalisieren, wie das geschehen ist? Was würde geschehen, wenn man Griechenland und der Türkei, die doch um Zypern manchmal erhebliche Meinungsverschiedenheiten haben, beiderseits Atomwaffen in die Hand drückte, sei es mit dem Kopf unter Verschluß oder ohne Verschluß durch amerikanische Schlüssel?
    Wir Freien Demokraten sagen ferner, daß wir deswegen für einen Verzicht der Bundeswehr auf die Ausrüstung mit Atomwaffen sind, wenn es handfeste Verzichtangebote der anderen Seite auf Atomwaffen in der Sowjetzone und in den anderen Ostblockstaaten gibt. Und hier liegen doch derartige Angebote vor. Wir glauben, daß man durchaus bereit sein kann, die Freiheit zu verteidigen und gleichzeitig einen Verzicht auf atomare Waffen dann zu leisten, wenn dafür eine angemessene Gegenleistung erreichbar ist.
    Der Bundeskanzler hat schließlich selbst einmal hier ich glaube, am ersten Tag der Aussprache — erklärt, daß die Sowjets uns einmal vom Mittelmeer her und dann von . Osteuropa her in eine Zange nähmen und daß es unsere Pflicht sei, zu versuchen, dieser Zangenbewegung zu entgehen. Da wir auf die Ereignisse im Orient wenig Einfluß haben, könnten wir nur hier in Mitteleuropa diese sowjetische Zange zurückbiegen. Und das geschieht dann, wenn wir uns und Westeuropa im Rahmen einer atomwaffenfreien und militärisch entschärften Zone soviel Disengagement, wie es so schön heißt, so viel Luft schaffen, wenn wir die Blöcke so auf Distanz bringen, daß sie sich nicht mehr in Nahkampfentfernung gegenüberliegen, wie es heute im zweigeteilten Deutschland der Fall ist. Insofern ist das, was der Herr Bundeskanzler sagte, in Wahrheit ein Argument für den Rapacki-Plan.
    Wir sind schließlich der Meinung, daß es dort keine Freiheit mehr gibt, wo es kein Leben gibt. Insofern haben alle Überlegungen über die Verteidigung der Freiheit ihre Grenze dort, wo sie zu einer Gefährdung des Lebens in dieser Welt überhaupt führen. Die Verteidigung ist sinnvoll, solange am Ende der Verteidigung das zu schützende Gut noch erhalten bleibt. Wenn aber am Ende der Verteidigung das zu schützende Gut vernichtet und ausgerottet ist, dann ist Verteidigung schlechthin sinnwidrig geworden. Also kann man in diesem Circulus vitiosus die makabre Situation dieser Welt nicht mehr mit militärischen Mitteln lösen, sondern nur mit politischen Mitteln.
    Wir glauben daß wir unterscheiden müssen zwischen der Atomwaffenabschreckung und dem Atomwaffeneinsatz. In der Phase der Atomwaffenabschreckung der beiden Giganten befinden wir uns schon seit Jahren. Dieser Phase der Abschreckung verdanken wir unseren relativen Frieden. Dieser Abschreckung dient es nicht, wenn zu dem Potential der Giganten noch unser kleines atomares Rüstungspotential hinzukommt. Die Atomwaffenabschreckung ist bereits jetzt der Garant für den Frieden auch ohne atomare Bewaffnung der deutschen Bundeswehr. Atomwaffeneinsatz dagegen ist die Phase, die zwangsläufig mit der Vernichtung des deutschen Volkes enden muß.
    Im Gegensatz zu dem, was der Herr Bundeskanzler erklärte: „Werden wir bei der NATO Mitglied sein, werden wir kein Schlachtfeld; sind wir aber nicht bei der NATO, so werden wir Schlachtfeld", möchte ich Ihnen noch einmal das in Erinnerung rufen, was die amtliche Ausgangslage des in diesen Tagen stattfindenden Manövers „Blauer Löwe" — Lion bleu — ist. Diese Ausgangslage deckt sich im wesentlichen mit der Ausgangslage zu den Atommanövern „Cäsar" und „Schwarzer Löwe" — Lion noir — vor Jahresfrist.

    (Unruhe in der Mitte.)

    — Bitte, hören Sie genau zu!

    (Zurufe von der Mitte: Nein, das haben wir doch schon gehört!)

    — Als der Kollege Bucher Ihnen das schon heute mittag bekanntgab, haben Sie sich ja zum Genuß des Bundeswirtschaftswunders ins Restaurant begeben und ihm nicht zugehört. Darum ist es gut, wenn ich noch einmal zitiere — man kann es gar nicht häufig genug hören —, was die amtliche Ausgangslage dieses Manövers ist:

    (Anhaltende Unruhe in der Mitte.) Mehrere westdeutsche Großstädte

    -- so besagt die Ausgangslage der NATO —
    waren schwer getroffen worden. Frankfurt war verwüstet, in Hamburg und Bremen hatten die sowjetischen Atomwaffen große Zerstörungen angerichtet, die Häfen der beiden Hansestädte waren unbrauchbar geworden. Auch Köln mit seinen Rheinbrücken war stark zerstört. Ein riesiger Flüchtlingsstrom ergoß sich aus den getroffenen und gefährdeten Großstädten der Bundesrepublik auf das Land.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist doch schon einmal vorgetragen worden!)

    Sowjetische Streitkräfte waren in Norwegen gelandet und drangen in Griechenland ein. In Deutschland überschritten sie die Zonengrenze an mehreren Stellen. Am frühen Abend des Mittwochs letzter Woche standen die sowjetischen Panzerkeile, die aus Thüringen vorgestoßen waren, wenige Kilometer vor dem brennenden Frankfurt. Starke sowjetrussische Panzerspitzen operierten im Raum zwischen Elbe und Weser. Schleswig-Holstein war von den übrigen Teilen der Bundesrepublik abgeschnitten.
    Die NATO-Truppen hatten durch den sowjetischen Atomschlag schwere Verluste erlitten. Von den schwachen Verbänden der Bundeswehr, die schon aufgestellt sind, waren nur noch Reste einsatzfähig. Zusammen mit ihren NATO-Verbündeten zogen sie sich langsam vor dem nachdrängenden Gegner zurück.

    (Zuruf von der Mitte: Das hören wir schon zum zweiten Mal!)




    Dr. Mende
    Angesichts dieser Lage gab das atlantische Hauptquartier den Befehl, ebenfalls Atomwaffen einzusetzen. Bis zum Abend des Mittwochs letzter Woche waren über Mitteleuropa insgesamt mehr als hundert Atombomben abgeworfen worden. Die strategische Luftwaffe Amerikas und Englands hatte begonnen, über strategisch wichtigen Punkten der Sowjetunion Atombomben abzuwerfen.
    Das, meine Damen und Herren, ist die Ausgangslage der NATO für das Manöver „Schwarzer Löwe" und ähnlich auch für das in diesen Tagen laufende Manöver „Blauer Löwe".

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU.)

    — An Hand der Zwischenrufe kann ich feststellen, Herr Kollege Hellwig, daß Ihnen die Ausgangslage dieses Manövers höchst unangenehm ist.

    (Abg. Dr. Hellwig: Das ist in dieser Debatte mehrfach verlesen worden!)

    Ich pflege Manöverlagen nicht zu überschätzen; ich pflege sie auch nicht zu unterschätzen. Wer aber das apokalyptische Bild, das diese Ausgangslage zum Inhalt hat, mit einigen Zwischenrufen und einer Handbewegung abtun zu müssen glaubt, der gleicht nach meiner Überzeugung jenen Narren, die im Jahre 1943 im Berliner Sportpalast riefen: Wollt ihr den totalen Krieg? Wir wollen den totalen Krieg!

    (Beifall bei der FDP und SPD. — Lebhafte Zurufe von der Mitte.)

    Wir Freien Demokraten glauben, daß man nicht bis zu einer allgemeinen und kontrollierten Abrüstung warten muß.