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    Deutscher Bundestag 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Inhalt: Antrag der CDU/CSU auf Begrenzung der Redezeit Rasner (CDU/CSU) 1057 B Dr. Mommer (SPD) . . . . . 1057 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . 1058 D Große Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238); Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230) ; — Fortsetzung der Aussprache —. Dr. Dr. Heinemann (SPD) . 1059 D, 1117 D D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 1067 B Dr. Bucher (FDP) 1085 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1088 D Ollenhauer (SPD) 1092 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 1099 D Dr. von Brentano, Bundesminister 1103 D Strauß, Bundesminister . . . . . 1107 B Dr. Arndt (SPD) (zur GO) . . . . 1115 D Rasner (CDU/CSU) (zur GO) . . . 1116 D Dr. Mende (FDP) (zur GO) . . . 1117 B Erler (SPD) 1118 B Dr. Bechert (SPD) 1122 D Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . . 1125 C Dr. Achenbach (FDP) 1128 B Frau Herklotz (SPD) 1132 A Frau Dr. Rehling (CDU/CSU) . . 1133 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 1135 D Kiesinger (CDU/CSU) 1139 D Dr. Mende (FDP) 1145 D Erklärungen zur Abstimmung Ollenhauer (SPD) 1150 D Dr. Mende (FDP) 1151 B Dr. Krone (CDU/CSU) . . . . . 1151 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1152 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) (zur Behandlung der Berliner Abgeordneten) . . . . . . . . . . 1154 D Namentliche Abstimmungen, Einzel-abstimmungen Schneider (Bremerhaven) (DP) (zu Umdruck 34 Ziffer 5) . . . . 1155 A Kiesinger (CDU/CSU) (zu Umdruck 37, Umdruck 41) . . . 1157 B, 1160 B, D Erler (SPD) (zu Umdruck 41) . . . 1 160 B Dr. Bucher (FDP) (zu Umdruck 41) . 1160 C Dr. Mommer (SPD) (zu Umdruck 43) 1163 C Nächste Sitzung 1166 C Anlagen 1167 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1057 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.32 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albrecht 12.4. Dr. -Ing. E. h. Arnold 25. 3. Bazille 1.4. Dr. Becker (Hersfeld) 19.4. Blachstein 29. 3. Dr. Böhm 25.3. Conrad 18. 4. Diel (Horressen) 19. 4. Dr. Eckhardt 29.3. Eilers (Oldenburg) 26.3. Felder 31.3. Dr. Friedensburg 26.3. Frau Friese-Korn 31.5. Funk 29. 3. Gottesleben 8.4. Dr. Gülich 29.3. Häussler 29.3. Heiland 31.3. Dr. Höck (Salzgitter) 31.3. Höcker 15.4. Frau Dr. Hubert 12.4. Jacobs 20. 4. Jahn (Frankfurt) 29.3. Jürgensen 31.3. Frau Kipp-Kaule 29.3. Dr. Kopf 29.3. Kunze 15.5. Lenz (Trossingen) 29.3. Dr. Lindenberg 29.3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30.4. Dr. Maier (Stuttgart) 25.3. Mellies 25.4. Muckermann 30.3. Murr 25.3. Neumann 12.4. Paul 30.4. Pelster 1.4. Frau Dr. Probst 25. 3. Rademacher 26. 3. Ramms 31.3. Schneider (Hamburg) 31.3. Dr. Schneider (Saarbrücken) 26. 3. Dr. Stammberger 26.3. Dr. Starke 26.3. Frau Dr. Steinbiß 29.3. Stenger 25. 3. Strauß 25.3. Struve 29.3. Vogt 12.4. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 29. 3. Wehr 31.3. Weimer 29.3. Weinkamm 29. 3. Dr. Will 26. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht b) Urlaubsanträge Abgeordneter bis einschließlich Bauknecht 10. 5. Even (Köln) 19. 4. Höcherl 10. 5. Dr. Ripken 15. 4. Dr. Zimmermann 10. 5. Anlage 2 Umdruck 33 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, sich bei den Vier Mächten, den USA, der UdSSR, dem Vereinigten Königreich und Frankreich, dafür einzusetzen, daß eine Viermächtearbeitsgruppe (Ständige Konferenz der Stellvertreter der Außenminister oder Botschafterkonferenz) zur Behandlung der Deutschlandfrage gebildet wird mit dem Auftrag, die Grundzüge eines Vertrages für Gesamtdeutschland zu erarbeiten. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 3 Umdruck 34 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. einen Beitrag zur allgemeinen Abrüstung durch den Verzicht auf die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen zu leisten; unter Berücksichtigung der Spaltung unseres Vaterlandes und der Bemühungen zur Wiedervereinigung mit Hilfe geeigneter Kontrollmaßnahmen zu erreichen, daß sowohl in der Bundesrepublik als auch im anderen Teil Deutschlands Atomwaffen weder stationiert noch gelagert und Atomwaffenanlagen nicht errichtet werden; 1168 Deutscher Bundestag -- 3. Wahlperiode -- 21, Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 3. sich dafür einzusetzen, daß gleichzeitig mit einem Abkommen über eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa eine Vereinbarung über die Stationierung konventioneller Streitkräfte im Raum der atomwaffenfreien Zone erzielt wird; 4. sich in allen Fragen der gemeinsamen Verteidigung bei den Mächten der Atlantischen Verteidigungsgemeinschaft um Berücksichtigung der besonderen Lage des geteilten Deutschlands zu bemühen; 5. in engem Zusammenwirken und dauernder Beratung mit der deutschen Atomwissenschaft dafür Sorge zu tragen, daß geeignete Maßnahmen für den Atomschutz der Bevölkerung getroffen werden und daß die Nutzung der Atomenergie ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 4 Umdruck 35 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, mit allen Mächten, die noch keine atomaren Waffen herstellen und besitzen, Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel des Abschlusses einer Konvention über Verzicht auf Herstellung und Besitz atomarer Waffen. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 5 Umdruck 36 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß atomare Sprengkörper jeder Art Werkzeuge der blinden Massenvernichtung sind und ihre Anwendung keine Verteidigung, sondern unberechenbare Zerstörung alles menschlichen Lebens bedeutet. Atomare Sprengkörper rotten unterschiedslos und unbegrenzbar Frauen und Kinder, Männer und Greise, jung und alt aus und verwandeln das Land in eine strahlenverseuchte, unbewohnbare Wüste. Von der Bundesregierung wird erwartet, daß sie unter Berufung auf ihre feierliche Erklärung vom 3. Oktober 1954 — dem Vertrag über den Beitritt der Bundesrepublik zum Brüsseler Vertrag und zum Nordatlantikvertrag als Anlage I zum Protokoll Nr. III über die Rüstungskontrolle beigefügt —, in der die Bundesrepublik auf die Herstellung atomarer Sprengkörper verzichtet hat, den Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen, vorschlägt, ein Übereinkommen zum Verzicht auf Herstellung und Verwendung von Atomwaffen abzuschließen und dadurch zugleich den Atomweltmächten die moralische Verpflichtung aufzuerlegen, die Verhandlungen über die kontrollierte Begrenzung der Rüstungen so zu fördern, daß auch ein Abkommen über die Ausschaltung der Atomwaffen zustande kommt. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 37 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, keinerlei Verpflichtungen einzugehen und keinerlei Maßnahmen zu treffen, die die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atom- und Wasserstoff-Sprengkörpern, die Stationierung von Atomraketen und den Bau von Basen für diese Raketen zum Ziele haben. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 38 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, mit der Regierung der Volksrepublik Polen und den anderen beteiligten Mächten in Verhandlungen über die Verwirklichung des Planes einer atomwaffenfreien Zone in Europa einzutreten. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1169 Anlage 8 Umdruck 39 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in gesicherter Freiheit Verhandlungen und Maßnahmen voraussetzt, die schrittweise eine Entspannung bewirken. Eine solche Politik dient zugleich der Kriegsverhütung und vermehrt die Aussichten auf die für das deutsche Volk lebensnotwendige Sicherheit. Eine atomare Ausrüstung der Bundeswehr ist abzulehnen, weil sie eine politische Lösung der deutschen Frage bis zur Hoffnungslosigkeit erschwert. Sie verschärft die Spannungen und ist der Sicherheit des deutschen Volkes abträglich. Bonn, den 18 März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 40 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, sich bei den Vier Mächten für die Aufnahme von Verhandlungen über einen Vertrag für Gesamtdeutschland einzusetzen. Bonn, den 22. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 10 Umdruck 41 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, auch weiterhin getreu ihrer grundsätzlichen Auffassung bei allen internationalen Verhandlungen und Konferenzen, an denen sie teilnimmt oder auf die sie Einfluß hat, a) für eine allgemeine kontrollierte Abrüstung sowohl atomarer wie konventioneller Waffen einzutreten, b) die Bereitschaft zu bekräftigen, daß die Bundesrepublik jedes derartige Abrüstungsabkommen annehmen wird, um dadurch zur Entspannung und zur Lösung der internationalen Probleme einschließlich der deutschen Frage beizutragen. 2. Solange der Kommunismus seine weltrevolutionären Ziele weiterverfolgt, die er noch im November 1957 auf der Tagung der Kommunistischen und Arbeiter-Parteien der sozialistischen Länder in Moskau erneut bekräftigt hat, können Friede und Freiheit nur durch eine gemeinsame Verteidigungsanstrengung der freien Welt gesichert werden. Der Bundestag stellt fest, daß die Bundeswehr lediglich der Erhaltung des Friedens und der Verteidigung dient. Darum fordert er die Bundesregierung auf, bis zum Zustandekommen eines allgemeinen Abrüstungsabkommens den Aufbau der deutschen Landesverteidigung im Rahmen der nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft fortzusetzen. In Übereinstimmung mit den Erfordernissen dieses Verteidigungssystems und angesichts der Aufrüstung des möglichen Gegners müssen die Streitkräfte der Bundesrepublik mit den modernsten Waffen so ausgerüstet werden, daß sie den von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der NATO zu genügen vermögen und den notwendigen Beitrag zur Sicherung des Friedens wirksam leisten können. 3. Das ganze deutsche Volk diesseits und jenseits der Zonengrenze erwartet, daß auf der kommenden Gipfelkonferenz die deutsche Frage erörtert und einer Lösung nähergebracht wird. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, sich dafür mit allen Kräften einzusetzen. 4. Der Bundestag wiederholt seine Überzeugung, daß freie Wahlen die Grundlage der deutschen Wiedervereinigung bilden müssen. Er lehnt mit Entschiedenheit ab a) den Abschluß eines Friedensvertrages für zwei deutsche Staaten, b) Verhandlungen mit den Vertretern des derzeitigen Zonen-Regimes, c) den Abschluß einer Konföderation mit diesem Regime. 5. Der Bundestag bekräftigt seine Überzeugung, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in Verbindung mit einer europäischen Sicherheitsordnung die dringlichste Aufgabe der deutschen Politik ist. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Krone und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion 1170 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 Anlage 11 Umdruck 42 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktionen der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag ein Weißbuch vorzulegen, aus welchen Gründen sie eine Ausbildung der Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln in Erwägung zieht und welche Ausstattung der Bundeswehr mit solchen Massenvernichtungsmitteln sie plant. Das Weißbuch soll zugleich darlegen, wie die Bundesregierung nachteilige Folgen für die Aussicht auf Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit abzuwenden gedenkt. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 12 Umdruck 43 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Frage, ob die Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln üben oder ausgerüstet werden kann oder soll, wird zurückgestellt, bis die in Aussicht genommene Konferenz zwischen den Regierungschefs der Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion stattgefunden hat. Von ,dem amerikanischen Angebot, 48 „Matador"- Raketen für die Bundeswehr zu erwerben, wird kein Gebrauch gemacht. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 13 Umdruck 44 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis zum 31. Mai l958 zu berichten, welche konkreten Schritte und Maßnahmen sie den Regierungen der USA, UdSSR, Großbritanniens und Frankreichs vorzuschlagen gedenkt, die nach ihrer Auffassung geeignet sind, a) schrittweise eine kontrollierte Abrüstung, b) eine engere Verbindung zu den Menschen in Mitteldeutschland, c) die Wiedervereinigung herbeizuführen. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 14 Umdruck 45 Entschließungsantrag der Fraktionen der FDP, SPD Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag wiederholt feierlich den im Grundgesetz enthaltenen Appell, daß das ganze deutsche Volk aufgefordert bleibt, die Einheit und Freiheit Deutschlands in freier Selbstbestimmung zu vollenden. Die Verpflichtung der Vier Mächte zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wird hierdurch nicht berührt. Bis zu dem Tage, an dem sich das deutsche Volk in freier Entscheidung eine Verfassung gibt, besteht in Deutschland keine endgültige und bleibende Staatsordnung. Die Bundesrepublik ist sich bewußt, daß sie als Ordnung des staatlichen Lebens für eine. Übergangszeit geschaffen wurde. Der Deutsche Bundestag erwartet deshalb die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht von einem zwischen zwei deutschen Teilstaaten ausgehandelten Staatsvertrag, sondern unmittelbar von einem freien Willensentschluß des gesamten deutschen Volkes in seinen heute noch getrennten Teilen, der nach der Beseitigung der nicht in deutscher Zuständigkeit liegenden Hindernisse herbeizuführen ist. Der Bundestag erklärt seine Bereitschaft, jede Verhandlung zu unterstützen, die die Wege zu einem solchen Willensentscheid des deutschen Volkes ebnet, sobald eine Vereinbarung der Vier Mächte diese Möglichkeit erschlossen hat. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1171 Anlage 15 Umdruck 46 Antrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, um die Verhandlungen über die allgemeine Abrüstung zu fördern und die furchtbaren Gefahren für die Gesundheit der Lebenden und der kommenden Generationen abzuwenden, auf die Mächte, die Atomwaffen produzieren, einzuwirken, daß die Versuchsexplosionen mit Atomsprengkörpern sofort eingestellt werden. Bonn, den 25. März 1958 Frau Albertz Frau Renger Frau Bennemann Frau Rudoll Frau Berger-Heise Frau Schanzenbach Frau Beyer (Frankfurt) Frau Strobel Frau Döhring (Stuttgart) Frau Wessel Frau Eilers (Bielefeld) Frau Wolff (Berlin) Frau Herklotz Ollenhauer und Fraktion Frau Keilnack Frau Kettig Frau Dr. Diemer-Nicolaus Frau Korspeter Frau Friese-Korn Frau Krappe Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Frau Meyer-Laule Dr. Mende und Fraktion Frau Nadig Anlage 16 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Bausch nach § 36 der Geschäftsordnung. In der Sitzung vom Freitag, dem 21. März, hat der Abgeordnete Döring von der Fraktion der FDP u. a. erklärt, es werde „der Tag nicht mehr fern sein, wo die oppositionellen Kräfte nicht nur gegen diese Politik, die dahintersteckt stehen, sondern zwangsläufig gegen diesen Staat gestellt werden. Das würde denn auch bedeuten, daß diejenigen, die diesen Staat dann einmal in der Zukunft nicht mehr oder nicht als endgültige Lösung anerkennen wollen, die ersten Hochverratsprozesse zu erwarten haben." Ich habe darauf den Zwischenruf gemacht: „Hoffentlich". Wegen dieses Zwischenrufs bin ich im Verlauf der Debatte mehrfach angegriffen worden. Ich lege deshalb Wert darauf, folgendes festzustellen: 1. Der Abgeordnete Döring hat in der ersten Rede die er in diesem Hause gehalten hat, ganz offen angekündigt, der Tag werde nicht mehr fern sein, an dem oppositionelle Kräfte diesen Staat in Zukunft nicht mehr werden anerkennen wollen. Seit dem ersten Zusammentreten des Bundestages im Jahre 1949 ist es das erste Mal, daß von der Tribüne des Bundestages herab offen und unverhüllt eine Bewegung gegen diesen Staat angekündigt wurde. Dies verdient festgehalten zu werden. An einem solchen Vorgang kann man nicht einfach vorbeigehen. Hier wurde ein Zeichen aufgerichtet, das nicht übersehen werden darf. 2. Ich hoffe nicht, daß es zu einer solchen Entwicklung kommt. Ich würde dies für ein geradezu unabsehbares Verhängnis für unser Volk halten. 3. Wenn es aber so weit käme, dann allerdings hoffe ich — und dies war der Sinn meines Zwischenrufs —, daß sich alle staatstragenden Kräfte unseres Volkes in dem Willen vereinigen werden, diesen Staat zu verteidigen, und daß auch die Richter dieses Staates, ihrem Eide getreu, jeden daran hindern werden, seine Hand gegen den Staat zu erheben. Bonn, den 25. 3. 1958 Bausch
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    Rede von Dr. Berthold Martin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Bechert hat hier gesagt: Ich spreche von Tatsachen. Diese Tatsachen, meine Damen und Herren, sind uns bekannt. Sie sind uns nicht nur bekannt, sondern sie bilden den Gegenstand der ununterbrochenen Erwägung in unseren Reihen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wittrock: Es ist nicht viel davon zu merken!)

    Die Tatsachen, die Herr Professor Bechert hier aufgeführt hat, sind der Weltöffentlichkeit im Jahre 1955 erstmals zur Gänze bekanntgeworden, und zwar deshalb, weil nach der Genfer Atomkonferenz die indische Regierung ein Buch über atomare Explosionen und ihre Folgen herausgegeben hat.

    (Zuruf von der SPD: Im Juni 1956!)

    — Im Juni 1956 haben wir es dann hier bekommen. Herr Professor Bechert hat dem, was darin geschildert ist, heute nichts Neues hinzugefügt. Er konnte deshalb auch unsere Meinungen und unsere Überzeugungen nicht ändern. Das ist das erste, was dazu zu sagen ist.

    (Zuruf von der SPD: Schlimm genug! Schlimm genug! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Nur ein Naturwissenschaftler konnte in diesem naiven Sinne von Tatsachen sprechen.

    (Pfui-Rufe bei der SPD. — Beifall bei der CDU/CSU.)

    — Meine Damen und Herren, lassen Sie mich doch erst einmal erklären, was eine Tatsache ist. Das ist nämlich eine philosophische Angelegenheit.

    (Lachen bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Die ganze Debatte hat doch eins klipp und klar gezeigt: es gibt in diesem Hause über bestimmte Dinge keine verschiedene Meinung. Es gibt keine verschiedene Meinung darüber, daß wir den Frieden wollen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)




    Dr. Martin
    Es gibt keine verschiedene Meinung darüber, daß wir die Sicherheit wollen, und es gibt keine verschiedene Meinung darüber, daß wir die Wiedervereinigung wollen. Aber wie wir die Realitäten beurteilen, darin besteht die Verschiedenheit, und sie besteht schon seit zehn Jahren.
    Als Professor Einstein in seinem jetzt schon historisch gewordenen Brief Roosevelt das Geheimnis preisgab und ihn praktisch dazu aufforderte, die Bombe zu bauen, da hat er es getan, weil ihm eine andere Tatsache vor Augen stand. Denn seit dem Jahre 1945 stehen wir in Deutschland und in der Welt eben zwischen zwei Tatsachen, zwischen zwei Übeln, von denen wir nicht wissen, welches das größere ist. Einstein ist vor einem totalitären System emigriert, und er hat das Geheimnis preisgegeben, weil er verhüten wollte, daß das Bild vom Menschen durch den Totalitarismus zerstört wird.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Derselbe Mann ist unter den schwersten Gewissensqualen durch sein Leben gegangen. Er ist es gewesen, der 1955 kurz vor seinem Tode einen beschwörenden Appell an die Welt gerichtet hat, ohne selbst zu wissen, wie er zwischen diesen beiden Feuern durchkommen könne. Denn die sogenannte Tatsache hat man erst gesehen, wenn man weiß, daß es die Möglichkeit der physischen Vernichtung des Menschen gibt, und wenn man weiß, daß es die Möglichkeit seiner geistigen Auslöschung gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das ist doch der Grund, weswegen alles das, was in Polemik und Propaganda gesagt wird, so wenig schlüssig und so unbefriedigend ist.
    Herr Professor Jaspers, der einer der maßgebenden Denker in Deutschland ist und der jetzt dankenswerterweise seine Arbeit unterbrochen hat, um sich dem Problem der atomaren Bedrohung zu widmen, hat, wie Sie sicher wissen, in einer Radiorede das Ergebnis vieler seiner Überlegungen schon vorausgenommen. Es wird Sie interessieren, was er dazu sagt:
    Das Verhalten der Forscher bezeugt Ratlosigkeit. Zwischen der Ingeniosität ihrer technischen Erzeugung einerseits und der Ahnungslosigkeit ihres politischen Denkens andererseits klafft ein Abgrund. Erschrocken vor dem, was sie angerichtet haben, fordern sie mit Friedensgedanken eine Lösung, indessen sie die Sache weitertreiben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    So intelligente Männer wollen und wollen nicht. Sie verhalten sich wie Kinder und sprechen von Tragödie.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    In diesem Tatbestand kommt zum Ausdruck, daß die Lösung eben nicht so einfach ist. Da kommt zum Ausdruck, daß man die Dialektik des Problems zerreißt und sich die Lösung verbaut, wenn man nur von der einen „Tatsache" redet, wenn man nicht beides zusammen im Griff hat: die Gefahr der physischen Vernichtung und die Gefahr der geistigen Auslöschung und der geistigen Vernichtung des Menschen.
    Dasselbe gilt auch für das, was wir am letzten Sonntag in Frankfurt erlebt haben. Auch dazu Jaspers:
    Überall gibt es Leute, die protestieren. Man will die Bombe als solche für verbrecherisch erklären. Aber wie pazifistische Gesellschaften nicht das geringste zur Verhinderung des Krieges beigetragen haben, so sind alle Bestrebungen, die nur die Atombombe als solche verwerfen, ohne sie im Gesamtzusammenhang der realen Handlungen der Staaten und der offenbaren Antriebe der meisten Menschen zu sehen, vergeblich und gefährlich.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, die Frage, die hier schon, wie ich meine, tagelang beantwortet worden ist, ist doch die, wie Sicherheit im atomaren Zeitalter möglich ist. Die Frage ist, wie man das, was Herr Bechert hier so anschaulich geschildert hat, mit allen Mitteln verhindert.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Damit berühren wir die sogenannte ethische Frage, auf die Herr Heinemann uns noch einmal angesprochen hat. Herr Heinemann, ich weiß so gut wie Sie, daß der debitus modus belli gerendi heute ein Problem allererster Ordnung für uns ist. Sie können versichert sein, daß wir nicht einmal, sondern wochenlang darüber geredet haben. Und wenn hier schon ein Dutzend persönlicher Bekenntnisse abgelegt worden sind, so möchte ich Ihnen sagen, Herr Heinemann: Wir haben in den vergangenen Wochen alles, was uns an theologischer Tration und weltlicher Weisheit erreichbar war, daraufhin durchgesehen, ob uns daraus eine Hilfe erwachsen könne.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Denn die Atomsorge, die die Menschen draußen mit Recht beschäftigt, ist vor allem und zuerst auch unsere Sorge.

    (Beifall in der Mitte.)

    Nun wird man eines sagen können, Herr Dr. Heinemann — und darin unterscheiden wir uns vielleicht —: Wie man auch über die moderne theologische Entwicklung denken mag, eines ist sicher: die Obrigkeit hat heute nach wie vor den unabdingbaren Auftrag, den Frieden im Lande zu sichern und den Menschen die Freiheit zu bewahren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Dr. Heinemann, wir beide sind ja reformierten Glaubens. So liegt es nahe, einen Rückgriff auf Calvin zu machen. Da steht über den Staat etwas mehr drin, als Sie etwa im „Schnittpunkt der Zeit" vertreten. Da finden Sie den überraschenden Satz:
    Sie
    — die Obrigkeit —



    Dr. Martin
    client dazu, daß unter den Christen die öffentliche Gestalt der Religion zutage tritt und unter den Menschen die Menschlichkeit erhalten bleibt.

    (Beifall in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, wir unterscheiden uns in der Beurteilung der Realitäten. Es ist, um ein Wort von Ihnen zu gebrauchen, Herr Dr. Heinemann, schon verheerend, wenn Frau Helene Wessel hier alles, was über den Bolschewismus zu sagen ist, abtut mit der Meinung, wir hätten einen Kommunistenwahn

    (Abg. Kiesinger: Sehr richtig!)

    wir hätten einen Kommunistenschreck, — als ob mit diesen Worten die Tatsache, daß 20 Millionen in Zwangsarbeitslagern sind, abgetan wäre,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    als ob mit diesen Worten der Menschen gedacht wäre, die an Leib und Seele seit 1917 zerbrochen worden sind,

    (Beifall in der Mitte)

    als ob mit diesen Worten die Situation unserer Brüder und Schwestern im Osten auch nur anvisiert wäre.

    (Erneuter Beifall in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, in dieser Situation hat es keinen Sinn, sich mit allzu theologischen Argumenten gegenseitig anzugehen. Worauf kommt es denn in einer Situation an, in der man zwischen, wie Sie gesagt haben, Atomwüste und Kapitulation steht?

    (Zuruf rechts: Auf gesunden Menschenverstand!)

    — Genau das! — In einer solchen Situation kommt es für den Staat darauf an, die realen Mittel zu finden, um die Katastrophe auf jeden Fall zu vermeiden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    In dieser Situation helfen keine abstrakten Überlegungen, sondern nur der Appell an die Vernunft und an die Erfahrung.

    (Beifall in der Mitte. — Zurufe von der SPD: Ihre Erfahrung!)

    — Warten Sie, warten Sie! Wir kommen schon!

    (Abg. Metzger: Die Erfahrung haben wir gemacht, wenn die Atombomben gefallen sind!)

    Meine Damen und Herren, die wesentliche Erfahrung, die nach dem Kriege gemacht worden ist, ist doch diese: Die Amerikaner haben, solange sie das Atommonopol gehabt haben, nie einen Versuch der Erpressung, der Vergewaltigung, der Aggression, der Okkupation gemacht. Sie haben im BaruchPlan das ganze Geheimnis unter der Bedingung der Kontrolle angeboten. Sie haben in der Korea-Krise, in Indochina, in allen internationalen Entwicklungen keinen Gebrauch von ihrer Überlegenheit gemacht. Daraus folgt — und das ist nun das Entscheidende —, daß in der heutigen Situation nicht die Atombombe, sondern die Existenz eines totalitären Staates die eigentliche Gefahr ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Denn alle denkenden Menschen wollen, daß die Atombombe abgeschafft wird. Die Existenz der Atombombe allein würde unter vernünftigen Menschen, möchte ich fast sagen, eine Weltfriedensordnung geradezu erzwingen. Wir haben die Weltfriedensordnung heute noch nicht — meine Damen und Herren, das wissen Sie so gut wie ich, und das ist in den 4 Tagen ständig gesagt worden —, weil die Russen bis zur Stunde die Kontrolle der Atomenergie verweigert haben.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zurufe von der SPD: Uns?)

    — Natürlich,

    (Zuruf von der Mitte: Der freien Welt!)

    dem freien Westen verweigert haben. In unserer Politik steckt ja klipp und klar drin, meine Herren: es gäbe keine atomare Aufrüstung, sie kann jederzeit beendet werden, die Russen brauchen nur zu sagen, daß sie mit der Kontrolle einverstanden sind, und dann sind wir da, wohin unsere Politik im Eigentlichen zielt.

    (Beifall in der Mitte.)

    Es ist nicht angenehm, zu wissen, daß in dieser Zeit — um mit Churchill zu reden — der Friede das Kind des Schreckens ist. Aber diese furchtbare Tatsache gehört ebenfalls mit zu unserer Erfahrung. Jederman weiß es. Herr Erler hat es auch schon gesagt. Andere haben es gesagt. Da gibt es keinen Unterschied zwischen Sozialisten und Konservativen, zwischen Deutschen und Engländern und anderen. Die Erfahrung hat sich überall bestätigt, daß der Friede gegenwärtig auf der Abschreckung beruht. Wer das der freien Welt gegenwärtig in der Phase des Übergangs zu einer allgemeinen kontrollierten Abrüstung verweigert, der verhindert nicht den Krieg, sondern vergrößert die Kriegsgefahr.

    (Beifall in der Mitte. — Zurufe von der SPD.)

    Im freien Westen wird eine lebhafte Propaganda gegen atomare Rüstung gemacht. Es wird Sie, meine Damen und Herren, interessieren, daß das russische Volk erst im Jahre 1954 Bilder von atomaren Explosionen gesehen hat und daß noch im Jahre 1950 dort gesagt worden ist, das Ereignis von Hiroshima und Nagasaki sei gar nicht so schlimm gewesen, es habe sich da um 8000 Tote gehandelt, im übrigen sei die Atombombe nur dazu da, Leute mit schwachen Nerven zu beeindrucken.

    (Zurufe von der SPD.)

    Diejenigen, die sich gegen die atomare Rüstung wenden, sollten auch das wissen, die sollten wissen, wie unempfindlich die Russen für theologische und moralische Argumente sind,

    (Beifall bei den Regierungsparteien) und sollten bedenken


    (Abg. Erler: Darf ich eine Frage stellen?)




    Dr. Martin
    — nein, jetzt nicht —, daß es nicht nur eine politische, eine militärische, sondern durchaus auch eine psychologische Vorleistung von hoher Wirkung geben kann.

    (Abg. Erler: Theologische und moralische Argumente gelten also deshalb überhaupt nicht mehr, weil die Russen sie nicht akzeptieren? — Gegenrufe von der Mitte: Na, na! — Weitere Gegenrufe von der Mitte. — Abg. Erler: Dann ist das aber die Bankrotterklärung der westlichen Zivilisation!)

    — Herr Erler, ich werde Ihnen sofort antworten. Ich habe Ihnen klipp und klar gesagt, daß alles, was ich hier ausführe und was so ziemlich Allgemeingut meiner Freunde ist, durchgehend theologisch fundiert ist.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich habe mit Deutlichkeit zwei Gedanken ausgesprochen. Erstens: Es ist die Pflicht jedes Staates, der sein Wesen versteht, daß er für den Schutz seiner Bürger sorgt. Ich habe zweitens gesagt: in der gegenwärtigen Situation müssen wir, gestützt auf Vernunft und Erfahrung, die Mittel herausbekommen, die zu unserem Schutz dienen. Ich habe versucht, Ihnen aufzuzeigen, wie solche Mittel aussehen.
    Wenn ich zusammenfassen darf, würde ich folgendes sagen. Die Darstellung von Herrn Professor Bechert ist uns durchaus geläufig. Aber ich weigere mich, das als die Tatsache anzusehen. Das volle Bild der Realität hat erst derjenige, der weiß, daß es die Bedrohung des Totalitarismus und die Bedrohung durch die Bombe gibt. Ich glaube sehr wohl, daß wir in diesen Tagen aufgezeigt haben, daß es möglich ist, das Verhängnis zu vermeiden, daß der Weg, den wir gegenwärtig gehen, dazu führt, den atomaren Krieg, den niemand will, zu vermeiden.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Wienand: Das haben Sie eben nicht aufgezeigt!)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Achenbach.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Achenbach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Freien Demokraten sprechen seit langem von der Notwendigkeit einer gemeinsamen Außenpolitik. Trotz der Schärfe der Polemik, die diese Debatte unter den Parteien des Hauses gezeigt hat, halten wir an diesem Gedanken fest. In der Tat, eine Außenpolitik, die in kritischen Zeiten der Nation von allen Seiten dieses Hauses aus ehrlicher Überzeugung mitgetragen wird, hat international ein stärkeres Gewicht, als wenn sich in wesentlichen Lebensfragen der Nation ganz verschiedene Auffassungen der Regierung und der Opposition gegenüberstehen. Es ist deshalb, wie ich glaube, unser aller Pflicht unserem Volke gegenüber, immer wieder unter Zurückstellung jeglichen Ressentiments und auch unter Zurückstellung parteipolitischer und wahltaktischer Gesichtspunkte zu prüfen, ob nicht eine gemeinsame Grundlage für eine gemeinsame richtige Außenpolitik gefunden werden kann.
    Gerade der Verlauf dieser Debatte hat mir gezeigt, daß eine gemeinsame Außenpolitik allerdings an gewisse methodische Voraussetzungen geknüpft ist. Die erste notwendige Voraussetzung ist, wie der Vorsitzende der Freien Demokratischen Partei, Dr. Reinhold Maier, mehrfach unterstrichen hat, die laufende Unterrichtung der Opposition durch die Regierung, insbesondere durch den Herrn Außenminister, im vertraulichen Ausschuß für Auswärtige Angelegenheiten, — vielleicht, Herr Außenminister, nützlicherweise ergänzt durch nicht institutionelle verstärkte menschliche Kontakte und Aussprachen.
    Eine zweite unerläßliche Voraussetzung scheint mir die zu sein, daß Regierung und Opposition verantwortungsbewußt darauf verzichten, reine Glaubenssätze zu proklamieren und diese ohne den Versuch einer sachlichen Widerlegung wechselseitig als unrealistisch, utopisch, Wunschgebilde, die Nation schädigend abzuqualifizieren.

    (Beifall bei der FDP.)

    Gewiß gibt es über alle sachliche Argumentation hinaus Meinungen und Entscheidungen, deren Richtigkeit oder Falschheit nicht schon im Augenblick, da sie getroffen werden, schlüssig beweisbar sind, sondern sich erst in der Zukunft als richtig oder falsch herausstellen. Immerhin kann der Bereich solcher Fälle nach meiner Auffassung 'stärker eingeschränkt werden, als das bisher in der Vergangenheit bei uns der Fall war. Wenn, wie das in der Außenpolitik fast immer der Fall ist, der Wille einer fremden Regierung von Bedeutung ist, so sollte man nicht prophetische Formeln hören wie: „Wir glauben nicht" oder „Wir glauben doch" oder „Die Russen — oder die Amerikaner — werden nie" oder „sie werden selbstverständlich". Solche Formeln sollten ersetzt werden können durch Aussagen folgenden Schemas: „Wir haben festgestellt, daß" „Wir wissen nicht, ob", „Wir wollen feststellen, ob" oder nicht zuletzt auch „Wir wollen uns bemühen, eine festgestellte Meinung beim Gegner — oder Partner — mit unseren Argumenten und unserer Überzeugungskraft zu ändern".
    Von ganz wesentlicher Bedeutung für den Erfolg außenpolitischer Bemühungen erscheint mir darüber hinaus der grundsätzliche Verzicht auf die Methode, anderen Parteien, erst recht aber anderen Regierungen Absichten zu unterschieben, die diese noch nicht geäußert haben oder häufig sogar schon ausdrücklich bestritten haben.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wenn man mit einer Regierung verhandeln will, muß man bereit sein, sie bei ihrem Wort zu nehmen und die Ernsthaftigkeit ihrer Darlegungen nicht von vornherein in Zweifel zu ziehen. Ich rede damit nicht einer leichtfertigen Vertrauensseligkeit das Wort. Ein gesundes Mißtrauen — nach dem alten Landserwort: „Holzauge sei wachsam" — ist



    Dr. Achenbach
    immer am Platze, sollte aber als selbstverständlich eben nicht ausgesprochen werden. Daß man idas im täglichen Leben richtige Wort: „Wer schimpft, hat Unrecht" in der Außenpolitik erst recht beachten sollte und grundsätzlich niemanden beschimpfen sollte, sei, auch wenn häufig dagegen verstoßen wird, nur am Rande vermerkt. Es ist nun einmal so: wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus! Wenn ich schließlich noch die Notwendigkeit des Verzichts auf jede Kreuzzugsideologie erwähne, ,die Vermeidung der Untugend, einer von einer fremden Regierung geäußerten Meinung oder einem von dieser Regierung gemachten Vorschlag ganz unnötig von vornherein den Charakter der Unabdingbarkeit zu geben und daraus auf die völlige Vergeblichkeit irgendwelcher Verhandlungsbemühungen zu schließen, so meine ich, daß wir, wenn wir uns in diesem Parlament an diese soeben entwickelten methodischen Grundsätze halten, sehr viel Zündstoff aus unseren Debatten entfernen und damit das Ansehen der Volksvertretung und der freiheitlichen, rechtsstaatlichen Demokratie stärken.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wenn ich die bisherige Debatte überschaue, so glaube ich trotz aller Polemik folgende wesentliche Gemeinsamkeiten zwischen Regierung und Opposition feststellen zu können. Regierung und Opposition sind sich darin einig, daß das oberste Ziel jeder deutschen Außenpolitik die Erhaltung und Förderung ides Weltfriedens ist und immer sein muß. Da der Weltfriede in erster Linie von der Gestaltung des Verhältnisses zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten von Amerika abhängt, ist, wie ich glaube, der Schluß berechtigt, daß Regierung und Opposition sich ebenfalls in dem aufrichtigen Wunsch einig sind, daß es zu einer friedlichen Bereinigung aller Streitpunkte zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten von Amerika kommt. Zu dieser Bereinigung gehört als wichtigste Voraussetzung eine Vereinbarung über die allgemeine kontrollierte Abrüstung. Ich halte die Feststellung für gerechtfertigt, daß Regierung und Opposition ebenfalls darin einig sind, daß die Bundesrepublik ihrerseits alles tun muß, was die allgemeine kontrollierte Abrüstung fördert, und alles unterlassen muß, was ,dieses Ziel gefährdet. Auch die notwendige Lösung der ,deutschen Frage, die Herbeiführung der vom ganzen deutschen Volk in Ost und West gewollten Wiedervereinigung der Deutschen in einem Staat — ein Ziel, das sowohl von den Westmächten wie von der Sowjetunion als nationales berechtigtes Anliegen dies deutschen Volkes ausdrücklich anerkannt worden ist —, auch dieses unser vornehmstes Ziel muß die allgemeine Abrüstung fördern.
    Schließlich ist daraus doch wohl auch der Schluß zu ziehen, daß eine für unser deutsches Volk annehmbare Lösung der deutschen Frage weder mit den Vereinigten Staaten gegen die Sowjetunion noch mit der Sowjetunion gegen ,die Vereinigten Staaten herbeigeführt werden kann und soll. Wir Deutsche wollen den internationalen Frieden nicht stören, wir wollen ihn mit allen Kräften fördern. Das wiedervereinigte Deutschland soll und darf für niemanden eine Bedrohung darstellen. Die Opposition — ich spreche hier für die Freien Demokraten — begrüßt die vom Bundesverteidigungsminister ausgesprochene Bereitschaft ,des Verzichts auf Gewaltanwendung als Mittel der Politik. Entsprechend dem Berliner Programm der Freien Demokraten darf ich an dieser Stelle jedoch, wie mein Freund Kreitmeyer es bereits getan hat, die unzweideutige Bereitschaft der Freien Demokraten unterstreichen, unser Volk und Land gegen jeden Angriff, von wo er auch kommen möge, zu verteidigen, und damit ein klares Ja zur Landesverteidigung aussprechen.

    (Beifall bei der FPD.)

    Wir wünschen und wollen für unser Volk die wirksamsten Verteidigungswaffen — ich wiederhole: die wirksamsten Verteidigungswaffen —, wozu wir die Atomwaffen, Herr Minister, nicht rechnen.
    Bei meinem Bemühen, nach weiteren Gemeinsamkeiten in diesem Hause Ausschau zu halten, bin ich auch zu der Überzeugung gekommen, daß das gesamte Haus sich auf die Formulierung einigen könnte, daß die deutsche Politik nichts tun darf, was die Position der freien Welt gegenüber der Sowjetunion schwächt.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Nach diesem immerhin doch vielleicht eindrucksvollen Katalog der Gemeinsamkeiten meine ich, daß nun auch mit Sachlichkeit die konkreten Probleme, wo Meinungsverschiedenheiten mit Sicher-hell bestehen, in dem Bewußtsein der auf uns lastenden schweren Verantwortung mit dem Ziel diskutiert werden sollten, wenigstens für einen bestimmten Zeitraum bis zur Klärung noch offener Fragen eine vorläufige Einigung zu erzielen.
    Ich habe diese Hoffnung um so mehr, als der Herr Außenminister zugestanden hat, daß für den Fall, daß bei der von uns allen gewünschten Beratung der deutschen Frage auf der ebenfalls von uns allen gewünschten Gipfelkonferenz die Sowjetunion Wert darauf legt, daß Vertreter ,der sogenannten DDR hinzugezogen werden, dies allein kein Grund sei, die Gipfelkonferenz scheitern zu lassen. Es ist selbstverständlich, daß dies, wie auch die Sowjetunion in ihrem Aide-memoire erklärt, keinerlei Anerkennung der sogenannten DDR bedeutet. Die Regierung Grotewohl-Ulbricht wird von allen Parteien dieses Hauses nach wie vor nicht als demokratisch legitimierte Vertreterin der 17 Millionen Deutschen in ,der sowjetisch besetzten Zone angesehen. Die Frage, ob eine sogenannte Regierung, die jeder demokratischen Legitimierung ermangelt, aber leider durch den Willen der Sowjetunion illegitim vorhanden ist, Gesprächspartner zu dem Thema sein kann, wie sie durch eine legitime Sprecherin der 17 Millionen Deutschen in der sowjetisch besetzten Zone ersetzt werden kann, ist eine Frage, die der Deutsche Bundestag und die deutsche Bundesregierung erst entscheiden können, wenn eine gemeinsame Meinungsbildung der für die deutsche Wiedervereinigung neben uns selber verantwortlichen vier Großmächte auf der kommenden Gipfelkonferenz hoffentlich zustande gekommen sein wind.



    Dr. Achenbach
    Der Minister für gesamtdeutsche Fragen hat von dieser Tribüne herab versichert — die Freien Demokraten begrüßen diese Erklärung —, daß sich die Bundesregierung nicht von rein dogmatischen Überlegungen leiten lassen wird. Dabei darf hier erwähnt werden, idaß die richtige Erkenntnis, ausgesprochen von dem Kollegen Carlo Schmid und aufgenommen von dem Herrn Bundesaußenminister, daß man in der Politik niemals „niemals" sagen sollte, sicherlich von der überwältigenden Mehrheit dieses Hauses in allen seinen Parteien geteilt wird.
    Mein Freund Döring hat bereits darauf hingewiesen, daß die außenpolitische Debatte verhältnismäßig wenig mit den in den Großen Anfragen der CDU-Fraktion und der FDP-Fraktion gestellten Fragen zu tun gehabt hat. Der Herr Bundeskanzler hat vielmehr von vornherein erklärt, er halte es für wenig opportun, die gestellten Fragen jetzt im einzelnen zu diskutieren. Der Herr Bundesaußenminister hat uns die uns enttäuschende Mitteilung gemacht, die Bundesregierung beabsichtige nicht, zu den durch die internationale Diskussion aufgeworfenen Fragen einer atomwaffenfreien Zone bzw. der Schaffung einer militärisch entschärften Zone einen eigenen Plan vorzulegen. Nach Auffassung des Herrn Bundeskanzlers waren all diese Fragen unwesentlich neben der für ihn zentralen Frage: soll Deutschland in der NATO bleiben oder nicht? Er beantwortet diese Frage mit Ja und fügt die Behauptung hinzu, dann müsse aber auch die Bundeswehr nuklear bewaffnet werden. Widersetze sich die Bundesregierung dieser Forderung, so sei das gleichbedeutend mit dem Ausscheiden der Bundesrepublik aus der NATO als der Verteidigungsorganisation des Westens.
    Ich bedauere, Herr Bundeskanzler, Ihnen sagen zu müssen, daß ich sowohl Ihre Fragestellung wie die Schlußfolgerung aus Ihrer Fragestellung im Hinblick auf die nukleare Aufrüstung für sachlich unrichtig halte.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Es stellt sich nicht, Herr Bundeskanzler, die von meiner Partei durchaus bejahte Frage, ob die Bundesrepublik in der NATO bleiben soll. Es stellt sich vielmehr die Frage: Welches ist im Hinblick auf die von der Sowjetunion angeregte Gipfelkonferenz die von den NATO-Bündnisstaaten in den nächsten Monaten zu befolgende richtige Politik?

    (Beifall bei der FDP.)

    Welches ist die richtige Politik, die gleichzeitig die internationale Entspannung und den Weltfrieden fördert, die Position des Westens gegenüber der Sowjetunion nicht schwächt und die Lösung der zwischen Ost und West bestehenden Streitpunkte zu fördern geeignet ist?
    Sie haben, Herr Bundeskanzler, erklärt, daß die kontrollierte allgemeine Abrüstung sowohl auf dem Gebiet der nuklearen wie der konventionellen Waffen das einzig wahre Mittel für die. Erhaltung des Weltfriedens sei. Wir folgen Ihnen in dieser Auffassung. Angesichts aber der offensichtlichen Tatsache, daß diese allgemeine Abrüstung nicht über Nacht in vollem Umfang auf der ganzen Welt verwirklicht werden kann, sondern sich sicherlich nur in einem längeren Zeitraum in Etappen dergestalt verwirklichen läßt, daß eine gleichmäßige progressive Verminderung des Rüstungspotentials bei allen Beteiligten eintritt, wird ernsthaft nicht bestritten werden können, daß irgendwo ein Anfang mit einer Teillösung gemacht werden muß.

    (Beifall bei der FDP.)

    Der Herr Bundesverteidigungsminister hat nun hierzu erklärt, daß die erste Phase einer Abrüstung nur erfolgen könne und dürfe, wenn bereits verbindliche Absprachen und Garantien über die darauf folgende zweite und dritte Phase getroffen seien. Das klingt dialektisch beim ersten Anhören ganz schön. Praktisch bedeutet dies jedoch, daß mit der Abrüstung erst begonnen wird, wenn über den Gesamtplan der Abrüstung in seinen mehreren Phasen volle Einigkeit erzielt ist. Welche Schwierigkeiten mit der Aufstellung eines Gesamtplans verbunden sind, hat uns jedoch die Erfahrung mit den Londoner Abrüstungsverhandlungen gelehrt.
    Viel realistischer scheint mir gegenüber dieser Phasentheorie des Herrn Bundesverteidigungsministers die These, idaß jede Teillösung so ausgewogen sein muß, daß sie als solche keine Schwächung des einen Teils gegenüber dem anderen, also insbesondere keine Schwächung des Westens gegenüber der Sowjetunion 'darstellt

    (Bundesverteidigungsminister Strauß: Deshalb nicht Rapacki-Plan!)

    — ich komme dazu: deshalb doch Rapacki-Plan, Herr Bundesminister, ich komme gleich darauf zurück —, mit andern Worten, daß die gegenseitigen Konzessionen sich die Waage halten müssen.
    Hierbei darf bei aller Bedeutung — und ich bitte Sie, Herr Bundesverteidigungsminister, sich diesen Satz anzuhören — rein militärischer Gegebenheiten nicht übersehen werden, daß strategisch-militärische und politische Fragen so ineinander verwoben sind, daß nur auf Grund einer Gesamtwürdigung die Frage entschieden werden kann, ob insgesamt bei einer Teillösung wirklich eine Schwächung der einen Seite gegenüber der andern eintritt oder ob nicht doch insgesamt die wechselseitigen Konzessionen sich die Waage halten.

    (Bundesverteidigungsminister Strauß: Habe ich je eine andere Auffassung vertreten?)

    — Ich freue mich, daß Sie sie teilen.
    Unter diesem Aspekt müssen eben meines Erachtens nun die Pläne, die sich mit der sogenannten militärisch entschärften Zone, mit der atomwaffenfreien Zone beschäftigen, sehr sorgfältig geprüft werden. Bei dieser Prüfung darf als wesentlich die psychologisch kapitale Bedeutung eines Tendenzumschwungs, eines befreienden Richtungswechsels nicht außer acht gelassen werden. Jeder weiß — auch Sie, Herr Bundesverteidigungsminister —, daß es besser ist, wenn Truppen voneinander nach entgegengesetzten Richtungen wegmarschieren, als wenn sie aufeinander zumarschieren oder sich auf Flintenschußweite gegenüberliegen.

    (Beifall bei der SPD.)




    Dr. Achenbach
    Aller Anfang ist nun einmal schwer. Der erste Schritt in eine neue Richtung — das lehrt die Lebenserfahrung — ist schwerer als der zweite und dritte.
    Im Augenblick befinden wir uns in einem Rüstungswettlauf unter den Mächten. Jede Verstärkung der Positionen der einen Seite führt zu intensiven Anstrengungen der anderen Seite, diese Verstärkung wettzumachen. Der Bundesverteidigungsminister wird — ich bin davon überzeugt, daß er bei der Schwere ,der auf ihm lastenden Verantwortung auf intellektuelle Redlichkeit Wert legt und sich keiner Selbsttäuschung hingeben will — nicht bestreiten, daß mit überaus großer Wahrscheinlichkeit, wenn nicht mit Sicherheit die nukleare Bewaffnung der Bundeswehr die nukleare Bewaffnung ,der Armeen der sowjetisch besetzten Zone und der osteuropäischen Satelliten nach sich ziehen wird bzw. daß den nuklear bewaffneten amerikanischen Divisionen in der Bundesrepublik schon jetzt nuklear bewaffnete Sowjetdivisionen in der sowjetisch besetzten Zone und ,den Ostblockstaaten gegenüberstehen.
    Die Verstärkung der Abschreckungsmöglichkeit des Westens, die sich der Herr Bundesverteidigungsminister von der nuklearen Bewaffnung der Bundeswehr und der Beibehaltung nuklear bewaffneter amerikanischer Divisionen verspricht, wird ausgeglichen werden durch eine Verstärkung der nuklearen Bedrohung aus dem Osten.
    Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler, Herr Bundesverteidigungsminister und nicht zuletzt Sie, Herr Bundesaußenminister, dessen Aufgabe sicherlich durch die in dieser Debatte gefallenen Äußerungen, wonach der Kreml keinerlei moralischen oder anderen menschlichen Erwägungen zugänglich sei, nicht leichter geworden ist,

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD)

    ich frage Sie, meine Herren: Ist das wirklich vernünftig? Ich frage Sie: Ist es vernünftig und zu verantworten, wo Sie doch bei einem Zustandekommen einer weltweiten kontrollierten Abrüstung erklärterweise bereit sind, auf die nukleare Aufrüstung der Bundeswehr zu verzichten, diese nukleare Aufrüstung jetzt und heute zu beschließen, obwohl Ihnen in den letzten russischen Noten das Angebot der Schaffung einer die sowjetisch besetzte Zone, Polen und die Tschechoslowakei umfassenden und vielleicht noch zu erweiternden atomwaffenfreien Zone und das Angebot einer wechselseitigen Truppenverringerung und eines etappenweisen Rückzugs der russischen und amerikanischen Truppen vorliegt?
    Ist es nicht zumindest besser, zu sagen: Wir stellen den Beschluß über die atomare Rüstung der Bundeswehr bis zur Gipfelkonferenz zurück, als zu sagen: Wir fassen ihn jetzt, sind aber bereit, ihn nach einem positven Ergebnis der Gipfelkonferenz wieder aufzuheben?

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Spielt hier nicht, Herr Bundesverteidigungsminister,
    doch die Art der Fragestellung: „Ist das Glas halbvoll oder halbleer?" eine entscheidende psychologische Rolle? Wollen Sie in dieser schweren Zeit jetzt und heute das deutsche Volk in eine moralische Zerreißprobe stürzen?
    Wenn wir Sie schon nicht überzeugen können, daß die Bestückung der Bundesrepublik mit nuklearen Waffen an sich militärisch Unsinn ist, da, wenn es trotz aller Abschreckung wider alles Erwarten doch zu einem Kriege kommen sollte, nach aller Erfahrung das erste Bestreben das Gegners sein wird, durch einen atomaren Überraschungsschlag die atomare Gegenwirkung zu vermeiden — Herr Minister Strauß, dabei haben Sie allerdings Ihre Beweisführung überdreht; Sie haben gemeint, durch einen atomaren Überraschungsschlag könne sogar der amerikanische Gegenanschlag unmöglich gemacht werden —, ich sage, wenn wir Sie schon nicht davon überzeugen können, dann beschwöre ich Sie: Stellen Sie doch um der Einheit der Nation willen diesen Beschluß zurück! Sie sagen ja selbst, es dauere eineinhalb Jahre, bis Sie die Teufelsdinger kriegen. Stellen Sie diesen Beschluß zurück, konzentrieren Sie Ihre ganze Intelligenz und Energie auf die Überlegung, wie mit einer vernünftigen, abgewogenen Teilabrüstung doch ein guter Anfang in der richtigen Richtung gemacht werden kann.
    Diesen Appell richte ich nicht nur an die Bundesregierung, ich richte ihn an alle unsere westlichen Verbündeten, in erster Linie an die Vereinigten Staaten von Amerika. Überlegen Sie wirklich noch einmal und beraten Sie sich noch einmal, Herr Bundeskanzler, Herr Bundesaußenminister, mit Ihren westlichen Verbündeten darüber, ob die Politik der nuklearen Aufrüstung anderer Nationen als derer, die jetzt bereits im Besitz der Atomwaffen sind, richtig und vernünftig ist. Bemühen Sie sich viel mehr initiativ darum, daß eine Konvention zwischen allen Staaten geschlossen wird, die heute noch keine Atomwaffen haben, damit auf diese Teufelsdinger verzichtet wird.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Aber lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch eines sagen. Kommen Sie nicht mit dem Argument — es ist hier und da angeklungen —, die Freien Demokraten oder ein großer Teil des deutschen Volkes seien der sowjetischen Propaganda erlegen oder seien dem Osten gegenüber knieweich geworden. Das deutsche Volk ist nie feige gewesen, und seine Geschichte zeigt, daß es sich nicht von anderen die Kastanien aus dem Feuer hat holen lassen. Wir wollen unseren Teil zur Verteidigung des Westens beitragen und wollen uns an Opferbereitschaft von unseren Verbündeten nicht übertreffen lassen. Aber ebensowenig wie das amerikanische, das englische, das französiche und das russische Volk braucht das deutsche Volk zur Bestätigung seines Selbstbewußtseins neuen militärischen Ruhm.
    Wir möchten, daß die Welt begreift, daß uns für die Verteidigung der Freiheit kein Opfer zu groß ist, daß aber die Freiheit wahrhaft nur im Frieden gedeiht und in Krieg und atomarer Zerstörung auf der ganzen Welt verlorengehen kann.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)




    Dr. Achenbach
    Daher rufe ich mit aller Eindringlichkeit der Bundesregierung und ihrem Chef zu: Fassen Sie keine voreiligen Rüstungsbeschlüsse! Suchen Sie mit allen Kräften Ihres Herzens und Ihrer Intelligenz nach vernünftigen und friedlichen Lösungen! Greifen Sie jeden möglichen Versuch auf! Verhandeln Sie mit Geduld und unermüdlicher Zähigkeit! Sorgen Sie dafür, Herr Bundeskanzler, daß die ganze Welt erkennt und anerkennt: Die Deutschen haben sich redlich bemüht, neuem Unheil vorzubeugen!

    (Lebhafter Beifall bei der FDP und SPD.)