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    Deutscher Bundestag 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Inhalt: Antrag der CDU/CSU auf Begrenzung der Redezeit Rasner (CDU/CSU) 1057 B Dr. Mommer (SPD) . . . . . 1057 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . 1058 D Große Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238); Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230) ; — Fortsetzung der Aussprache —. Dr. Dr. Heinemann (SPD) . 1059 D, 1117 D D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 1067 B Dr. Bucher (FDP) 1085 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1088 D Ollenhauer (SPD) 1092 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 1099 D Dr. von Brentano, Bundesminister 1103 D Strauß, Bundesminister . . . . . 1107 B Dr. Arndt (SPD) (zur GO) . . . . 1115 D Rasner (CDU/CSU) (zur GO) . . . 1116 D Dr. Mende (FDP) (zur GO) . . . 1117 B Erler (SPD) 1118 B Dr. Bechert (SPD) 1122 D Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . . 1125 C Dr. Achenbach (FDP) 1128 B Frau Herklotz (SPD) 1132 A Frau Dr. Rehling (CDU/CSU) . . 1133 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 1135 D Kiesinger (CDU/CSU) 1139 D Dr. Mende (FDP) 1145 D Erklärungen zur Abstimmung Ollenhauer (SPD) 1150 D Dr. Mende (FDP) 1151 B Dr. Krone (CDU/CSU) . . . . . 1151 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1152 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) (zur Behandlung der Berliner Abgeordneten) . . . . . . . . . . 1154 D Namentliche Abstimmungen, Einzel-abstimmungen Schneider (Bremerhaven) (DP) (zu Umdruck 34 Ziffer 5) . . . . 1155 A Kiesinger (CDU/CSU) (zu Umdruck 37, Umdruck 41) . . . 1157 B, 1160 B, D Erler (SPD) (zu Umdruck 41) . . . 1 160 B Dr. Bucher (FDP) (zu Umdruck 41) . 1160 C Dr. Mommer (SPD) (zu Umdruck 43) 1163 C Nächste Sitzung 1166 C Anlagen 1167 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1057 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.32 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albrecht 12.4. Dr. -Ing. E. h. Arnold 25. 3. Bazille 1.4. Dr. Becker (Hersfeld) 19.4. Blachstein 29. 3. Dr. Böhm 25.3. Conrad 18. 4. Diel (Horressen) 19. 4. Dr. Eckhardt 29.3. Eilers (Oldenburg) 26.3. Felder 31.3. Dr. Friedensburg 26.3. Frau Friese-Korn 31.5. Funk 29. 3. Gottesleben 8.4. Dr. Gülich 29.3. Häussler 29.3. Heiland 31.3. Dr. Höck (Salzgitter) 31.3. Höcker 15.4. Frau Dr. Hubert 12.4. Jacobs 20. 4. Jahn (Frankfurt) 29.3. Jürgensen 31.3. Frau Kipp-Kaule 29.3. Dr. Kopf 29.3. Kunze 15.5. Lenz (Trossingen) 29.3. Dr. Lindenberg 29.3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30.4. Dr. Maier (Stuttgart) 25.3. Mellies 25.4. Muckermann 30.3. Murr 25.3. Neumann 12.4. Paul 30.4. Pelster 1.4. Frau Dr. Probst 25. 3. Rademacher 26. 3. Ramms 31.3. Schneider (Hamburg) 31.3. Dr. Schneider (Saarbrücken) 26. 3. Dr. Stammberger 26.3. Dr. Starke 26.3. Frau Dr. Steinbiß 29.3. Stenger 25. 3. Strauß 25.3. Struve 29.3. Vogt 12.4. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 29. 3. Wehr 31.3. Weimer 29.3. Weinkamm 29. 3. Dr. Will 26. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht b) Urlaubsanträge Abgeordneter bis einschließlich Bauknecht 10. 5. Even (Köln) 19. 4. Höcherl 10. 5. Dr. Ripken 15. 4. Dr. Zimmermann 10. 5. Anlage 2 Umdruck 33 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, sich bei den Vier Mächten, den USA, der UdSSR, dem Vereinigten Königreich und Frankreich, dafür einzusetzen, daß eine Viermächtearbeitsgruppe (Ständige Konferenz der Stellvertreter der Außenminister oder Botschafterkonferenz) zur Behandlung der Deutschlandfrage gebildet wird mit dem Auftrag, die Grundzüge eines Vertrages für Gesamtdeutschland zu erarbeiten. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 3 Umdruck 34 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. einen Beitrag zur allgemeinen Abrüstung durch den Verzicht auf die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen zu leisten; unter Berücksichtigung der Spaltung unseres Vaterlandes und der Bemühungen zur Wiedervereinigung mit Hilfe geeigneter Kontrollmaßnahmen zu erreichen, daß sowohl in der Bundesrepublik als auch im anderen Teil Deutschlands Atomwaffen weder stationiert noch gelagert und Atomwaffenanlagen nicht errichtet werden; 1168 Deutscher Bundestag -- 3. Wahlperiode -- 21, Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 3. sich dafür einzusetzen, daß gleichzeitig mit einem Abkommen über eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa eine Vereinbarung über die Stationierung konventioneller Streitkräfte im Raum der atomwaffenfreien Zone erzielt wird; 4. sich in allen Fragen der gemeinsamen Verteidigung bei den Mächten der Atlantischen Verteidigungsgemeinschaft um Berücksichtigung der besonderen Lage des geteilten Deutschlands zu bemühen; 5. in engem Zusammenwirken und dauernder Beratung mit der deutschen Atomwissenschaft dafür Sorge zu tragen, daß geeignete Maßnahmen für den Atomschutz der Bevölkerung getroffen werden und daß die Nutzung der Atomenergie ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 4 Umdruck 35 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, mit allen Mächten, die noch keine atomaren Waffen herstellen und besitzen, Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel des Abschlusses einer Konvention über Verzicht auf Herstellung und Besitz atomarer Waffen. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 5 Umdruck 36 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß atomare Sprengkörper jeder Art Werkzeuge der blinden Massenvernichtung sind und ihre Anwendung keine Verteidigung, sondern unberechenbare Zerstörung alles menschlichen Lebens bedeutet. Atomare Sprengkörper rotten unterschiedslos und unbegrenzbar Frauen und Kinder, Männer und Greise, jung und alt aus und verwandeln das Land in eine strahlenverseuchte, unbewohnbare Wüste. Von der Bundesregierung wird erwartet, daß sie unter Berufung auf ihre feierliche Erklärung vom 3. Oktober 1954 — dem Vertrag über den Beitritt der Bundesrepublik zum Brüsseler Vertrag und zum Nordatlantikvertrag als Anlage I zum Protokoll Nr. III über die Rüstungskontrolle beigefügt —, in der die Bundesrepublik auf die Herstellung atomarer Sprengkörper verzichtet hat, den Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen, vorschlägt, ein Übereinkommen zum Verzicht auf Herstellung und Verwendung von Atomwaffen abzuschließen und dadurch zugleich den Atomweltmächten die moralische Verpflichtung aufzuerlegen, die Verhandlungen über die kontrollierte Begrenzung der Rüstungen so zu fördern, daß auch ein Abkommen über die Ausschaltung der Atomwaffen zustande kommt. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 37 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, keinerlei Verpflichtungen einzugehen und keinerlei Maßnahmen zu treffen, die die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atom- und Wasserstoff-Sprengkörpern, die Stationierung von Atomraketen und den Bau von Basen für diese Raketen zum Ziele haben. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 38 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, mit der Regierung der Volksrepublik Polen und den anderen beteiligten Mächten in Verhandlungen über die Verwirklichung des Planes einer atomwaffenfreien Zone in Europa einzutreten. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1169 Anlage 8 Umdruck 39 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in gesicherter Freiheit Verhandlungen und Maßnahmen voraussetzt, die schrittweise eine Entspannung bewirken. Eine solche Politik dient zugleich der Kriegsverhütung und vermehrt die Aussichten auf die für das deutsche Volk lebensnotwendige Sicherheit. Eine atomare Ausrüstung der Bundeswehr ist abzulehnen, weil sie eine politische Lösung der deutschen Frage bis zur Hoffnungslosigkeit erschwert. Sie verschärft die Spannungen und ist der Sicherheit des deutschen Volkes abträglich. Bonn, den 18 März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 40 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, sich bei den Vier Mächten für die Aufnahme von Verhandlungen über einen Vertrag für Gesamtdeutschland einzusetzen. Bonn, den 22. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 10 Umdruck 41 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, auch weiterhin getreu ihrer grundsätzlichen Auffassung bei allen internationalen Verhandlungen und Konferenzen, an denen sie teilnimmt oder auf die sie Einfluß hat, a) für eine allgemeine kontrollierte Abrüstung sowohl atomarer wie konventioneller Waffen einzutreten, b) die Bereitschaft zu bekräftigen, daß die Bundesrepublik jedes derartige Abrüstungsabkommen annehmen wird, um dadurch zur Entspannung und zur Lösung der internationalen Probleme einschließlich der deutschen Frage beizutragen. 2. Solange der Kommunismus seine weltrevolutionären Ziele weiterverfolgt, die er noch im November 1957 auf der Tagung der Kommunistischen und Arbeiter-Parteien der sozialistischen Länder in Moskau erneut bekräftigt hat, können Friede und Freiheit nur durch eine gemeinsame Verteidigungsanstrengung der freien Welt gesichert werden. Der Bundestag stellt fest, daß die Bundeswehr lediglich der Erhaltung des Friedens und der Verteidigung dient. Darum fordert er die Bundesregierung auf, bis zum Zustandekommen eines allgemeinen Abrüstungsabkommens den Aufbau der deutschen Landesverteidigung im Rahmen der nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft fortzusetzen. In Übereinstimmung mit den Erfordernissen dieses Verteidigungssystems und angesichts der Aufrüstung des möglichen Gegners müssen die Streitkräfte der Bundesrepublik mit den modernsten Waffen so ausgerüstet werden, daß sie den von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der NATO zu genügen vermögen und den notwendigen Beitrag zur Sicherung des Friedens wirksam leisten können. 3. Das ganze deutsche Volk diesseits und jenseits der Zonengrenze erwartet, daß auf der kommenden Gipfelkonferenz die deutsche Frage erörtert und einer Lösung nähergebracht wird. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, sich dafür mit allen Kräften einzusetzen. 4. Der Bundestag wiederholt seine Überzeugung, daß freie Wahlen die Grundlage der deutschen Wiedervereinigung bilden müssen. Er lehnt mit Entschiedenheit ab a) den Abschluß eines Friedensvertrages für zwei deutsche Staaten, b) Verhandlungen mit den Vertretern des derzeitigen Zonen-Regimes, c) den Abschluß einer Konföderation mit diesem Regime. 5. Der Bundestag bekräftigt seine Überzeugung, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in Verbindung mit einer europäischen Sicherheitsordnung die dringlichste Aufgabe der deutschen Politik ist. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Krone und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion 1170 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 Anlage 11 Umdruck 42 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktionen der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag ein Weißbuch vorzulegen, aus welchen Gründen sie eine Ausbildung der Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln in Erwägung zieht und welche Ausstattung der Bundeswehr mit solchen Massenvernichtungsmitteln sie plant. Das Weißbuch soll zugleich darlegen, wie die Bundesregierung nachteilige Folgen für die Aussicht auf Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit abzuwenden gedenkt. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 12 Umdruck 43 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Frage, ob die Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln üben oder ausgerüstet werden kann oder soll, wird zurückgestellt, bis die in Aussicht genommene Konferenz zwischen den Regierungschefs der Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion stattgefunden hat. Von ,dem amerikanischen Angebot, 48 „Matador"- Raketen für die Bundeswehr zu erwerben, wird kein Gebrauch gemacht. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 13 Umdruck 44 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis zum 31. Mai l958 zu berichten, welche konkreten Schritte und Maßnahmen sie den Regierungen der USA, UdSSR, Großbritanniens und Frankreichs vorzuschlagen gedenkt, die nach ihrer Auffassung geeignet sind, a) schrittweise eine kontrollierte Abrüstung, b) eine engere Verbindung zu den Menschen in Mitteldeutschland, c) die Wiedervereinigung herbeizuführen. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 14 Umdruck 45 Entschließungsantrag der Fraktionen der FDP, SPD Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag wiederholt feierlich den im Grundgesetz enthaltenen Appell, daß das ganze deutsche Volk aufgefordert bleibt, die Einheit und Freiheit Deutschlands in freier Selbstbestimmung zu vollenden. Die Verpflichtung der Vier Mächte zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wird hierdurch nicht berührt. Bis zu dem Tage, an dem sich das deutsche Volk in freier Entscheidung eine Verfassung gibt, besteht in Deutschland keine endgültige und bleibende Staatsordnung. Die Bundesrepublik ist sich bewußt, daß sie als Ordnung des staatlichen Lebens für eine. Übergangszeit geschaffen wurde. Der Deutsche Bundestag erwartet deshalb die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht von einem zwischen zwei deutschen Teilstaaten ausgehandelten Staatsvertrag, sondern unmittelbar von einem freien Willensentschluß des gesamten deutschen Volkes in seinen heute noch getrennten Teilen, der nach der Beseitigung der nicht in deutscher Zuständigkeit liegenden Hindernisse herbeizuführen ist. Der Bundestag erklärt seine Bereitschaft, jede Verhandlung zu unterstützen, die die Wege zu einem solchen Willensentscheid des deutschen Volkes ebnet, sobald eine Vereinbarung der Vier Mächte diese Möglichkeit erschlossen hat. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1171 Anlage 15 Umdruck 46 Antrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, um die Verhandlungen über die allgemeine Abrüstung zu fördern und die furchtbaren Gefahren für die Gesundheit der Lebenden und der kommenden Generationen abzuwenden, auf die Mächte, die Atomwaffen produzieren, einzuwirken, daß die Versuchsexplosionen mit Atomsprengkörpern sofort eingestellt werden. Bonn, den 25. März 1958 Frau Albertz Frau Renger Frau Bennemann Frau Rudoll Frau Berger-Heise Frau Schanzenbach Frau Beyer (Frankfurt) Frau Strobel Frau Döhring (Stuttgart) Frau Wessel Frau Eilers (Bielefeld) Frau Wolff (Berlin) Frau Herklotz Ollenhauer und Fraktion Frau Keilnack Frau Kettig Frau Dr. Diemer-Nicolaus Frau Korspeter Frau Friese-Korn Frau Krappe Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Frau Meyer-Laule Dr. Mende und Fraktion Frau Nadig Anlage 16 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Bausch nach § 36 der Geschäftsordnung. In der Sitzung vom Freitag, dem 21. März, hat der Abgeordnete Döring von der Fraktion der FDP u. a. erklärt, es werde „der Tag nicht mehr fern sein, wo die oppositionellen Kräfte nicht nur gegen diese Politik, die dahintersteckt stehen, sondern zwangsläufig gegen diesen Staat gestellt werden. Das würde denn auch bedeuten, daß diejenigen, die diesen Staat dann einmal in der Zukunft nicht mehr oder nicht als endgültige Lösung anerkennen wollen, die ersten Hochverratsprozesse zu erwarten haben." Ich habe darauf den Zwischenruf gemacht: „Hoffentlich". Wegen dieses Zwischenrufs bin ich im Verlauf der Debatte mehrfach angegriffen worden. Ich lege deshalb Wert darauf, folgendes festzustellen: 1. Der Abgeordnete Döring hat in der ersten Rede die er in diesem Hause gehalten hat, ganz offen angekündigt, der Tag werde nicht mehr fern sein, an dem oppositionelle Kräfte diesen Staat in Zukunft nicht mehr werden anerkennen wollen. Seit dem ersten Zusammentreten des Bundestages im Jahre 1949 ist es das erste Mal, daß von der Tribüne des Bundestages herab offen und unverhüllt eine Bewegung gegen diesen Staat angekündigt wurde. Dies verdient festgehalten zu werden. An einem solchen Vorgang kann man nicht einfach vorbeigehen. Hier wurde ein Zeichen aufgerichtet, das nicht übersehen werden darf. 2. Ich hoffe nicht, daß es zu einer solchen Entwicklung kommt. Ich würde dies für ein geradezu unabsehbares Verhängnis für unser Volk halten. 3. Wenn es aber so weit käme, dann allerdings hoffe ich — und dies war der Sinn meines Zwischenrufs —, daß sich alle staatstragenden Kräfte unseres Volkes in dem Willen vereinigen werden, diesen Staat zu verteidigen, und daß auch die Richter dieses Staates, ihrem Eide getreu, jeden daran hindern werden, seine Hand gegen den Staat zu erheben. Bonn, den 25. 3. 1958 Bausch
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    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Nein, das nicht. Aber Sie dürfen daraus schließen, daß wir und die ganze NATO jederzeit bereit sind, die Atomwaffen zum alten Eisen zu werfen, sobald die Sowjetunion einer wirksamen Kontrolle sich zu unterwerfen bereit ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie wissen genau, daß zwischen Geländegewinnen in der Wüste Gobi und um das Ruhrgebiet herum ein großer Unterschied ist.

    (Heiterkeit. — Abg. Erler: Sie sprachen von Osterreich und Berlin, nicht von der Wüste Gobi!)

    — Ja eben, ich sage ja, ein großer Unterschied.
    Ich weiß, daß hernach leicht wieder so billige Verallgemeinerungen getroffen werden, trotzdem folgendes: Wenn wir überrannt werden sollten, weil wir einen Angriff für den Angreifer aussichtsvoll machen, dann laufen wir Gefahr, in die Wirkung der großen Waffen von beiden Seiten einbezogen zu werden. Wir wissen genau, warum wir uns die Sowjets vom Leibe halten wollen.

    (Zurufe von der SPD.)

    Nun sagen Sie, der Rapacki-Plan hält uns ja die Sowjets vom Leibe. — Ja, im Jahre 1870 bis zum Jahre 1939.

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Aber heute, bei der Reichweite und der Wirkung moderner Waffen, bietet der Rapacki-Plan keine technische Sicherheit mehr. Er bietet nur noch eine Pseudosicherheit, die Illusion der Sicherheit.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben uns darüber genauso eingehend Gedanken gemacht wie Sie.


Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Eine weitere Zwischenfrage?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Aber ich bitte dann nicht den Vorwurf zu hören, daß ich — —

    (Abg. Erler: Dann verzichte ich jetzt!)

    — Ich diskutiere gerne mit Ihnen, Kollege Eder; denn es kommt ja doch etwas dabei heraus.
    Im Jahre 1945/46 — lesen Sie es in den Memoiren von Truman nach — haben die Vereinigten Staaten von Amerika den Russen angeboten, ihnen unter einer internationalen Kontrolle alle Atomgeheimnisse zugänglich zu machen und jede militärische Nutzung der Kernenergie in der Welt auszuschalten. Die Sowjets haben abgelehnt. In den Jahren 1950, 1951 und 1952 haben die Sowjets ein
    Verbot der Atomwaffen verlangt. Die Frage, ob sie bereit waren, eine Kontrolle hinzunehmen, muß mit Nein beantwortet werden.
    Aber haben nicht damals wir selber in Europa —und hier führend auch die deutsche Sozialdemokratie — der westlichen Seite das notwendige Maß an konventioneller Bewaffnung verweigert, um die Abschaffung der Atomwaffen hinnehmen und ein Gleichgewicht der Sicherheit herbeiführen zu können? Meine Damen und Herren, Ihr Widerstand gegen Atomwaffen, er mag moralisch noch so fundiert sein, wie wir auch unseren Standpunkt fundieren, ist deshalb sehr fragwürdig, weil Sie bisher ja auch der deutschen Bundeswehr die Mittel schon für ein einziges Gewehr verweigert haben.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    In diese Debatte ist ein völlig falscher Akzent gekommen, der zur Irreführung der Öffentlichkeit beitragen kann. Es handelt sich nicht um die Ausrüstung der deutschen Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen.

    (Sehr richtig! bei den Regierungsparteien.)

    Das ist nicht wahr. Das wollen wir nicht und das werden wir nicht tun, solange uns die NATO eine ausreichende Sicherheit bietet, bis die Weltverhältnisse sich zu einer vernünftigen Lösung entspannt haben, die jeder normale Mensch anstreben muß. Wir wollen keine Ausrüstung der Bundeswehr als einer d e u t sch en Armee mit taktischen Atomwaffen. Ich darf das einmal ausdrücklich feststellen.
    Wir wollen nicht mehr und nicht weniger — hier, Herr Kollege Ollenhauer, haben Sie ebenso unrecht wie Kollege Schmid —, als die Gesamtverteidigungsplanung der NATO verlangt, die für jede Nation von Kanada bis zur Türkei bestimmte Aufgaben vorsieht, damit es für die einzelnen tragbar wird, damit es für die einzelnen erschwinglich wird und damit eine kollektive Sicherheit uns den Angreifer vom Leibe hält. Wir wollen also nicht mehr tun, als die anderen Nationen der NATO ebenfalls auf sich zu nehmen bereit sind.
    Heute befinden sich auf europäischem Boden ohne Zweifel amerikanische, vielleicht auch britische Atomwaffen. Diese amerikanischen Atomwaffen bleiben amerikanisches Eigentum und bleiben unter amerikanischem Verschluß. Wir lehnen eine Übernahme der Verfügungsgewalt auf deutsche Zuständigkeit und auf deutsches Ermessen und auf eine deutsche Bewaffnung und auf deutsches Eigentum ab. Darum ist die Frage „Ausstattung der Bundeswehr mit taktischen Atomwaffen einer deutschen Armee" eine irreführend gestellte Frage. Selbst wenn sie richtig gemeint sein mag, muß sie sich irreführend auswirken. Keine deutsche nationale Armee, keine deutsche Bundeswehr als deutsche Armee mit taktischen Atomwaffen,

    (Zurufe von der SPD)

    sondern eine Ausstattung nach den Plänen der NATO in angemessener Zeit, und zwar nicht für uns allein, nicht für uns zuerst und für uns nicht anders als für die anderen ebenfalls!



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    Kollege Schmid und Kollege Ollenhauer haben behauptet, noch keine NATO-Nation habe sich dazu entschlossen. Sie haben ferner behauptet, Herr Kollege Ollenhauer, obwohl die NATO uns gar nicht dazu aufgefordert habe, hätten wir uns sozusagen danach gedrängt. Kollege Ollenhauer, das ist eine objektiv falsche Feststellung; ich sage nicht: subjektiv, sondern ich sage: eine objektiv falsche Feststellung.
    Sie wissen, daß die Konferenz der Regierungschefs im Dezember 1957 in Paris bei der Gipfelkonferenz der NATO beschlossen hat, für die Verteidigung der NATO, zur Verhinderung eines Krieges auch taktische Atomwaffen unter amerikanischem Verschluß und unter amerikanischem Eigentum den Streitkräften in Europa zur Verfügung zu stellen. Sie wissen, daß heute ein Dokument der NATO vorliegt, das im April in Paris und im Mai in Kopenhagen verabschiedet werden soll, ein Dokument, das durch die Generalstabschefs sämtlicher 15 Nationen vorbereitet worden ist; und sämtliche 15 Nationen haben diesem Dokument zugestimmt. Wir sind sicher, daß im April in Paris und im Mai in Kopenhagen die Verteidigungs- und die Außenminister aller Nationen diesem Dokument zustimmen werden. Die Behauptung, daß wir es allein tun oder daß wir es tun, ohne gefragt zu sein, ist objektiv falsch.
    Sie wären die ersten, Herr Kollege Ollenhauer, die dann, wenn wir dem Dokument zustimmten, ohne hier die Debatte geführt zu haben, uns vorwerfen würden, das sei hinter dem Rücken des Parlaments geschehen. Nun sagen wir, was der Fall ist, nun sagen wir, was notwendig ist, nun sagen wir, was das Bündnis von uns verlangt, in aller Offenheit, mit allen Gründen, die dafür und dagegen sprechen, und Sie sagen jetzt, wir hätten keine Veranlassung, das zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, vom Kollegen Schmidt aus Hamburg ist hier die Auffassung vertreten worden, daß der Bundeskanzler für uns alle denke und daß er logisch einfach und primitiv denke. Meine Damen und Herren von der Opposition, ich würde Ihnen sehr wünschen, daß bei Ihnen einer konsequent das Problem durchdenkt,

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    statt daß wir hie Erler, hie Heinemann geboten bekommen: der eine läuft auf den Namen King-Hall, der andere macht mit den Amerikanern nukleare Politik auf Kosten der Russen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir müssen deshalb die Frage wiederholen — diese Frage ist ja schon mehrfach an Sie gestellt wrorden; diese Frage liegt nicht im Interesse der Regierung oder des Hauses, sondern im Interesse unseres Volkes —: Besteht nach Meinung der Opposition eine sowjetische Gefahr? Ist es nötig, sich gegen sie zu schützen, oder nicht?
    Herr Kollege Schmidt hat diese Frage bejaht, hat aber einen gefährlichen Zusatz gemacht. Er hat den Zusatz gemacht, diese Gefahr bestehe natürlich auch bei der Sowjetunion wie bei jedem Staatssystem, dessen Regierung über nukleare Waffen verfüge.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Wir wollen uns aber hier, Herr Kollege Schmidt, die Trennungslinie nicht verwischen lassen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Wir haben keine Angst vor nuklearen Waffen in den Händen der Amerikaner. Wir haben keine Angst vor nuklearen Waffen in den Händen der Briten, und wir hätten keine Angst vor nuklearen Waffen in den Händen der echten Demokratien. Wir könnten für alle Ewigkeit darauf verzichten. Wir haben Angst vor den nuklearen Angriffswaffen der Sowjetunion in der Verbindung mit ihrer politischen aggressiven Ideologie.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Schmidt haben vor allem Angst vor nuklearen Waffen in den Händen der Deutschen!)

    Sie können auch keine Antwort auf die Frage geben: Halten Sie eine Verteidigung des Friedens und der Freiheit zum Zweck der Verhinderung eines Krieges mit allen Mitteln für notwendig? Ich habe die Frage gestellt, Kollege Ollenhauer. In dem Exemplar des Protokolls, das ich zur Korrektur bekommen habe — ich habe es nie mehr wieder gesehen; ich habe das endgültige Protokoll nicht gelesen --, stand nach dieser Frage drin: „Zuruf von der SPD: Nein!"
    Ich weiß, daß das nicht Sie gesagt haben und daß das nicht die SPD gesagt hat. Aber wenn wir uns darüber nicht einig sind, daß Friede und Freiheit mit allen Mitteln verteidigt werden müssen, damit sie uns nicht genommen werden können, — —! Es wäre doch sehr wünschenswert und das scheint mir eine viel wesentlichere Frage zu sein als manche so heftig umkämpfte Einzelheit —, daß wir hinsichtlich der Grundlage, in der Einstellung gegen den Bolschewismus — wenn wir uns auch in den Methoden unterscheiden —, hinsichtlich der Einsicht in die Gefahr und die Notwendigkeit, sich gegen diese Gefahr mit allen Mitteln verteidigen zu müssen, in diesem Hause bis zum letzten Mitglied völlig einig wären.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Kollege Schmidt sagte, Kollege Jaeger versuche die Bundeswehr gegen die Opposition aufzuhetzen oder ähnliches. Erstens liegt das nicht in der Absicht des Kollegen Jaeger, zweitens hat er nie etwas Derartiges getan,

    (Abg. Wienand: Das stimmt ja nicht, Herr Strauß!)

    und drittens wäre es für jedermann in diesem
    Hause unmöglich, innerhalb der Bundeswehr Parteipolitik zu betreiben, weil wir sie nicht wünschen.

    (Widerspruch und Lachen bei der SPD. — Abg. Erler: Was tut die AdK?)

    Aber Sie verwechseln hier einige Dinge. Lassen Sie
    mich das in aller Ruhe sagen. Wir wollen nicht
    testen, wir machen keine Test-Umfragen. Aber wir



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    treffen doch überall auf die allgemeine Enttäuschung darüber, daß es in der Abwehr des Bolschewismus bei uns im Parlament nicht die gemeinsame Grundlage und den gemeinsamen Weg gibt, etwas, was ohne Zweifel seine bedenklichen Auswirkungen hat.

    (Zuruf von der SPD: Daran sind Sie selber schuld, dazu haben Sie mitgeholfen!)

    — Ach, es ist doch viel zu einfach, solche Antworten zu geben! -- Glauben Sie mir, die deutsche Bundeswehr möchte allen Teilen des Volkes dienen, weil sie kein Instrument der Regierung ist und sein darf. Das Niederschmetternde aber ist für manche, die sich Gedanken machen, die Tatsache, daß ein Teil diesen Dienst nicht will. Die Argumentation, daß die Bundeswehr überflüssig, schädlich oder gefährlich sei, wie sie jahrelang von gewissen Seiten in diesem Hause vertreten worden ist, ist bedenklich, gerade weil wir die Bundeswehr als ein überparteiliches, in der Verfassung vorgesehenes und dem ganzen deutschen Volke verpflichtetes Organ ansehen und nicht als ein Instrument einer Partei oder einer Regierung, die kommen und die gehen.

    (Abg. Wienand: Das müssen Sie Herrn Jaeger sagen!)

    Sie wissen, wie schwer Sie es den Mitgliedern und den Anhängern der Sozialdemokratischen Partei innerhalb der Bundeswehr selbst machen; das wissen Sie ganz genau. Sie sollten daher gerade diesen Leuten manche Gewissenskonflikte, die sie haben, ersparen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Ich habe auch die Frage gestellt: Erkennen Sie für den Zweck, Friede und Freiheit mit allen Mitteln zu verteidigen bis zu einer allgemeinen kontrollierten Abrüstung, die Notwendigkeit von Atomwaffen innerhalb des westlichen Verteidigungsbündnisses an? Kollege Erler sagt ja, Kollege Heinemann sagt nein, Carlo Schmid sagt: Beide vertreten dieselbe Auffassung!

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien.)

    Wenn die Notwendigkeit von Atomwaffen verneint wird, dann muß man fragen: Sind Sie bereit, Friede und Freiheit mit konventionellen Waffen zu verteidigen, halten Sie das für möglich, wären Sie dazu entschlossen, oder sind Sie der Meinung, daß man vor der Drohung kapitulieren muß? Übergang zu King-Hall! Das wäre die Lösung, die ich heute aus den Worten des Kollegen Heinemann zu meinem Bedauern entnehmen mußte!
    Am Samstag ist hier ein gefährliches Thema angeklungen, das hieß: Die Bundesrepublik und die Macht, Macht um ihrer selbst willen usw. Meine Damen und Herren, niemand von der Regierung, niemand in den Regierungsparteien ist dem Denken der Macht verfallen.

    (Lachen bei der SPD. — Zuruf von der SPD: Ausgerechnet Sie!)

    Macht um ihrer selbst willen ist nichts Gutes.

    (Beifall bei den Regierungsparteien und bei der SPD.)

    Macht um ihrer selbst willen führt zu Mißbrauch oder verlockt zum Mißbrauch.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD.)

    Nehmen Sie es nur als eine historische, aber für heute nicht unwichtige Bemerkung auf: Ist die Weimarer Republik nicht gerade daran gescheitert, daß die demokratischen Parteien ein falsches Verhältnis zur Macht hatten und deshalb die Macht in schlechte Hände abgleiten ließen?

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es gibt heute nach den Grundsätzen, nach denen unser Bündnis aufgebaut ist und nach denen jede Regierung in diesem Bündnis arbeitet, auch eine sittliche Rechtfertigung der Macht, weil Macht eine sittliche Verpflichtung darstellt,

    (Sehr gut! in der Mitte)

    nicht eine sittliche Verpflichtung, das Böse damit zu zerstören, nicht eine sittliche Verpflichtung zu einer Kreuzzugsidee, aber eine sittliche Verpflichtung, die Grundlage dafür zu erhalten, daß man mit denen, die anders denken, in Freiheit verhandeln kann. Mehr wollen wir nicht, und das ist der Zweck der Macht in der NATO und nicht in den Händen der Bundesregierung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es ist das Wort von der Ausmerzung der Volkssouveränität gesprochen und damit der Vorwurf gegen den Kollegen Jaeger erhoben worden, daß er so ein kleiner abendländischer Diktator sei, einer, der von einer etwas autoritären neuen EVG träume, vielleicht im Reich Karls des Großen, oder ähnliche Dinge. Ich glaube, wir sollten das Wort „Volkssouveränität" in seine richtige Relation setzen. Die Volkssouveränität ist nicht absolut. Sie hat ihre Grenzen im Völkerrecht und im Sittengesetz. Zwischen diesen Grenzen hat sich auch die Volkssouveränität zu halten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wir können sehr wohl den Satz vertreten, daß alle Gewalt von Gott kommt und daß in der politischen Praxis die Gewalt vom Volke kommt, aber innerhalb dieser Grenzen.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sie haben in dieser Debatte von Ihren Wünschen gesprochen, daß der Rapacki-Plan, daß ein europäisches Sicherheitssystem zustande kommt. Aber Sie haben nicht gesagt, wie das aussehen und wie das erreicht werden soll. Sicherlich bietet der Rapacki-Plan, Herr Kollege Ollenhauer, auch manche Vorteile; das sei nicht bestritten. Aber Sicherheit bietet er nicht, selbst wenn die Frage der Kontrolle zufriedenstellend geregelt werden kann. Eine sehr interesssante Frage, mit den Sowjets über eine funktionierende Kontrolle in diesem Gebiet zu sprechen! Aber das Wort „atomwaffenfreie Zone" führt zu der illusionären Vorstellung, daß diese Zone vor Atomwaffen auch sicher ist, und das ist sie nicht. Sie wissen ganz genau, daß die Sowjets sich täglich rühmen, über Waffen zu verfügen, die in jeder



    Bundesverteidigungsminister Strauß
    beliebigen Entfernung mit beliebiger Wirkung verwendet werden können.

    (Abg. Wienand: Die behalten sie auch, wenn Sie sie haben!)

    — Das ist ein sachlicher Irrtum, aber ich habe keine Zeit mehr, das zu korrigieren.

    (Abg. Wienand: Die behalten sie doch auch, wenn Sie jetzt Atomwaffen erhalten!)

    Diese Fragen sollten ferner zu der Überlegung führen, daß alle Pläne eines Disengagement, die Sie mit solcher Vorliebe pflegen, dann um so leichter verfolgt und beobachtet werden könnten, wenn sie nicht ein Vakuum in der Mitte Europas hinterließen. Sie haben viel dazu beigetragen, daß das Vakuum verlängert statt daß es beseitigt worden ist.
    Das führt wiederum zu der Schlußfrage, Herr Kollege Ollenhauer, zu der Sie nicht nur eine deklamatorische Erklärung, sondern Ihre praktische Einstellung und Ihre praktischen Konsequenzen darlegen sollen, zu der Schlußfrage, die heißt: Wie stehen Sie praktisch zur Landesverteidigung? Sie sagen: „Ja, aber —", und dann kommt nichts mehr. Wie stehen Sie unter den gegebenen politischen Umständen praktisch zur Landesverteidigung? Das ist eine Frage, auf die nicht nur wir eine Antwort erbitten, das ist eine Frage, auf die das ganze deutsche Volk diesseits und jenseits der Zonengrenze eine Antwort von der großen Partei der deutschen Opposition haben will. Wie stehen Sie praktisch, nicht in der Deklamation, sondern in der Praxis, zur Landesverteidigung?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Herr Kollege Wehner hat den Kollegen von Brentano und mich der falschen Zitierung bezichtigt. Ich habe hier im Originalwortlaut, wie er von der norwegischen Botschaft eingeholt worden ist, diese Rede. Es ist niemandem möglich, diese Rede, die insgesamt 16 Seiten umfaßt. zu verlesen. Aber es wäre jederzeit möglich, es zu tun, wenn Sie glauben, daß falsch zitiert worden ist. Nach dieser Rede besteht nicht der geringste Zweifel — ich zitiere jetzt wörtlich —:
    Die Errichtung eines Bataillons Honest John in Nordnorwegen wird vorgesehen. Hierzu kommt die Errichtung eines Raketenbataillons „Nike" für die Luftverteidigung des Gebiets von Oslo mit der Universalausrüstung, die die Verwendung von Raketen des Typs „Ajax" wie auch des Typs „Herkules" ermöglicht.
    Das steht doch hier! Es steht ferner hier, daß die Norweger das amerikanische Atomwaffenangebot nicht angenommen haben, weil die Amerikaner ihr Eigentumsrecht behalten wollen — das ist also das Motiv —; das steht doch hier wörtlich darin; dann haben wir doch nicht falsch zitiert in diesem Falle.
    Ich möchte wissen, was Sie sagen würden, Herr Kollege Ollenhauer und Herr Kollege Erler, wenn wir den Standpunkt verträten, wir sollten Eigentumsrecht und Verfügungsgewalt über nukleare Waffen haben! Aber so, wo wir auf Eigentumsrecht, auf Verfügungsgewalt verzichten, wo wir deutsche Streitkräfte als deutsche Streitkräfte nicht mit nuklearen Waffen ausstatten wollen, wo wir jetzt nichts anderes tun, als was vierzehn, fünfzehn Nationen insgesamt tun, wo es noch eine geraume Zeit dauert, bis diese Frage überhaupt in der technischen Auswirkung akut wird — es dauert mindestens 18 bis 24 Monate, und in diesen 18 bis 24 Monaten ist es doch jederzeit möglich, dann, wenn in zwei Jahren eine Einigung der Großmächte zustande kommt bei einem bißchen guten Willen auf allen Seiten, dieses ganze Zeug wieder zum alten Eisen zu werfen.

    (Zurufe von der SPD: Ja, ja!)

    Und glauben Sie mir, daß jeder vernünftige Mensch, daß gerade jeder, der als Verteidigungsminister die Wirkung dieser Waffen kennt — lachen Sie ruhig darüber, meine Damen und Herren (zur SPD) —, keinen sehnlicheren Wunsch hat, als daß die vier Großmächte sich zu einer umfassenden Abrüstung bereiterklären, und zwar alle vier, und daß sich die Sowjetunion einer Kontrolle unterwirft; und nehmen Sie ruhig von mir aus als Propagandamittel für Sie mit hinaus, daß wir gern alle finanziellen Aufwendungen dafür umsonst gemacht haben, wenn der Verbleib dieser Waffen in Europa nicht mehr notwendig ist und wir sie ins Meer werfen können.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es ist eine Unterstellung, zu behaupten, daß wir den Atomkrieg vorbereiteten. Mit derselben Berechtigung könnten wir behaupten, Sie bereiteten die Bolschewisierung Deutschlands vor.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Zurufe von der SPD.)

    Wir wollen den Atomkrieg genauso wenig wie Sie die Bolschewisierung.

    (Abg. Schmidt [Hamburg] : Sagen Sie das Ihrem Kanzler!)

    Wir wollen das eine nicht und Sie wollen das andere nicht und wir beide beides nicht. Aber bis es zu dieser umfassenden Abrüstung kommt, die das heißeste Anliegen einer jeden Politik, auch Rüstungspolitik, auch einer Verteidigungspolitik der Bundesregierung sein muß, müssen wir wirksame Garantien haben, daß wir die Grundlagen für die Verteidigung und Erhaltung von Frieden und Freiheit nicht verlieren. Und dafür erbitten wir von Ihnen nicht mehr und nicht weniger, als uns den guten Willen, den politischen Anstand und die moralische Sauberkeit genauso gelten zu lassen, wie wir sie Ihnen gegenüber gelten lassen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)