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    Deutscher Bundestag 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Inhalt: Antrag der CDU/CSU auf Begrenzung der Redezeit Rasner (CDU/CSU) 1057 B Dr. Mommer (SPD) . . . . . 1057 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . 1058 D Große Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238); Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230) ; — Fortsetzung der Aussprache —. Dr. Dr. Heinemann (SPD) . 1059 D, 1117 D D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 1067 B Dr. Bucher (FDP) 1085 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1088 D Ollenhauer (SPD) 1092 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 1099 D Dr. von Brentano, Bundesminister 1103 D Strauß, Bundesminister . . . . . 1107 B Dr. Arndt (SPD) (zur GO) . . . . 1115 D Rasner (CDU/CSU) (zur GO) . . . 1116 D Dr. Mende (FDP) (zur GO) . . . 1117 B Erler (SPD) 1118 B Dr. Bechert (SPD) 1122 D Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . . 1125 C Dr. Achenbach (FDP) 1128 B Frau Herklotz (SPD) 1132 A Frau Dr. Rehling (CDU/CSU) . . 1133 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 1135 D Kiesinger (CDU/CSU) 1139 D Dr. Mende (FDP) 1145 D Erklärungen zur Abstimmung Ollenhauer (SPD) 1150 D Dr. Mende (FDP) 1151 B Dr. Krone (CDU/CSU) . . . . . 1151 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1152 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) (zur Behandlung der Berliner Abgeordneten) . . . . . . . . . . 1154 D Namentliche Abstimmungen, Einzel-abstimmungen Schneider (Bremerhaven) (DP) (zu Umdruck 34 Ziffer 5) . . . . 1155 A Kiesinger (CDU/CSU) (zu Umdruck 37, Umdruck 41) . . . 1157 B, 1160 B, D Erler (SPD) (zu Umdruck 41) . . . 1 160 B Dr. Bucher (FDP) (zu Umdruck 41) . 1160 C Dr. Mommer (SPD) (zu Umdruck 43) 1163 C Nächste Sitzung 1166 C Anlagen 1167 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1057 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.32 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albrecht 12.4. Dr. -Ing. E. h. Arnold 25. 3. Bazille 1.4. Dr. Becker (Hersfeld) 19.4. Blachstein 29. 3. Dr. Böhm 25.3. Conrad 18. 4. Diel (Horressen) 19. 4. Dr. Eckhardt 29.3. Eilers (Oldenburg) 26.3. Felder 31.3. Dr. Friedensburg 26.3. Frau Friese-Korn 31.5. Funk 29. 3. Gottesleben 8.4. Dr. Gülich 29.3. Häussler 29.3. Heiland 31.3. Dr. Höck (Salzgitter) 31.3. Höcker 15.4. Frau Dr. Hubert 12.4. Jacobs 20. 4. Jahn (Frankfurt) 29.3. Jürgensen 31.3. Frau Kipp-Kaule 29.3. Dr. Kopf 29.3. Kunze 15.5. Lenz (Trossingen) 29.3. Dr. Lindenberg 29.3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30.4. Dr. Maier (Stuttgart) 25.3. Mellies 25.4. Muckermann 30.3. Murr 25.3. Neumann 12.4. Paul 30.4. Pelster 1.4. Frau Dr. Probst 25. 3. Rademacher 26. 3. Ramms 31.3. Schneider (Hamburg) 31.3. Dr. Schneider (Saarbrücken) 26. 3. Dr. Stammberger 26.3. Dr. Starke 26.3. Frau Dr. Steinbiß 29.3. Stenger 25. 3. Strauß 25.3. Struve 29.3. Vogt 12.4. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 29. 3. Wehr 31.3. Weimer 29.3. Weinkamm 29. 3. Dr. Will 26. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht b) Urlaubsanträge Abgeordneter bis einschließlich Bauknecht 10. 5. Even (Köln) 19. 4. Höcherl 10. 5. Dr. Ripken 15. 4. Dr. Zimmermann 10. 5. Anlage 2 Umdruck 33 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, sich bei den Vier Mächten, den USA, der UdSSR, dem Vereinigten Königreich und Frankreich, dafür einzusetzen, daß eine Viermächtearbeitsgruppe (Ständige Konferenz der Stellvertreter der Außenminister oder Botschafterkonferenz) zur Behandlung der Deutschlandfrage gebildet wird mit dem Auftrag, die Grundzüge eines Vertrages für Gesamtdeutschland zu erarbeiten. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 3 Umdruck 34 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. einen Beitrag zur allgemeinen Abrüstung durch den Verzicht auf die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen zu leisten; unter Berücksichtigung der Spaltung unseres Vaterlandes und der Bemühungen zur Wiedervereinigung mit Hilfe geeigneter Kontrollmaßnahmen zu erreichen, daß sowohl in der Bundesrepublik als auch im anderen Teil Deutschlands Atomwaffen weder stationiert noch gelagert und Atomwaffenanlagen nicht errichtet werden; 1168 Deutscher Bundestag -- 3. Wahlperiode -- 21, Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 3. sich dafür einzusetzen, daß gleichzeitig mit einem Abkommen über eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa eine Vereinbarung über die Stationierung konventioneller Streitkräfte im Raum der atomwaffenfreien Zone erzielt wird; 4. sich in allen Fragen der gemeinsamen Verteidigung bei den Mächten der Atlantischen Verteidigungsgemeinschaft um Berücksichtigung der besonderen Lage des geteilten Deutschlands zu bemühen; 5. in engem Zusammenwirken und dauernder Beratung mit der deutschen Atomwissenschaft dafür Sorge zu tragen, daß geeignete Maßnahmen für den Atomschutz der Bevölkerung getroffen werden und daß die Nutzung der Atomenergie ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 4 Umdruck 35 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, mit allen Mächten, die noch keine atomaren Waffen herstellen und besitzen, Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel des Abschlusses einer Konvention über Verzicht auf Herstellung und Besitz atomarer Waffen. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 5 Umdruck 36 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß atomare Sprengkörper jeder Art Werkzeuge der blinden Massenvernichtung sind und ihre Anwendung keine Verteidigung, sondern unberechenbare Zerstörung alles menschlichen Lebens bedeutet. Atomare Sprengkörper rotten unterschiedslos und unbegrenzbar Frauen und Kinder, Männer und Greise, jung und alt aus und verwandeln das Land in eine strahlenverseuchte, unbewohnbare Wüste. Von der Bundesregierung wird erwartet, daß sie unter Berufung auf ihre feierliche Erklärung vom 3. Oktober 1954 — dem Vertrag über den Beitritt der Bundesrepublik zum Brüsseler Vertrag und zum Nordatlantikvertrag als Anlage I zum Protokoll Nr. III über die Rüstungskontrolle beigefügt —, in der die Bundesrepublik auf die Herstellung atomarer Sprengkörper verzichtet hat, den Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen, vorschlägt, ein Übereinkommen zum Verzicht auf Herstellung und Verwendung von Atomwaffen abzuschließen und dadurch zugleich den Atomweltmächten die moralische Verpflichtung aufzuerlegen, die Verhandlungen über die kontrollierte Begrenzung der Rüstungen so zu fördern, daß auch ein Abkommen über die Ausschaltung der Atomwaffen zustande kommt. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 37 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, keinerlei Verpflichtungen einzugehen und keinerlei Maßnahmen zu treffen, die die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atom- und Wasserstoff-Sprengkörpern, die Stationierung von Atomraketen und den Bau von Basen für diese Raketen zum Ziele haben. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 38 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, mit der Regierung der Volksrepublik Polen und den anderen beteiligten Mächten in Verhandlungen über die Verwirklichung des Planes einer atomwaffenfreien Zone in Europa einzutreten. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1169 Anlage 8 Umdruck 39 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in gesicherter Freiheit Verhandlungen und Maßnahmen voraussetzt, die schrittweise eine Entspannung bewirken. Eine solche Politik dient zugleich der Kriegsverhütung und vermehrt die Aussichten auf die für das deutsche Volk lebensnotwendige Sicherheit. Eine atomare Ausrüstung der Bundeswehr ist abzulehnen, weil sie eine politische Lösung der deutschen Frage bis zur Hoffnungslosigkeit erschwert. Sie verschärft die Spannungen und ist der Sicherheit des deutschen Volkes abträglich. Bonn, den 18 März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 40 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, sich bei den Vier Mächten für die Aufnahme von Verhandlungen über einen Vertrag für Gesamtdeutschland einzusetzen. Bonn, den 22. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 10 Umdruck 41 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, auch weiterhin getreu ihrer grundsätzlichen Auffassung bei allen internationalen Verhandlungen und Konferenzen, an denen sie teilnimmt oder auf die sie Einfluß hat, a) für eine allgemeine kontrollierte Abrüstung sowohl atomarer wie konventioneller Waffen einzutreten, b) die Bereitschaft zu bekräftigen, daß die Bundesrepublik jedes derartige Abrüstungsabkommen annehmen wird, um dadurch zur Entspannung und zur Lösung der internationalen Probleme einschließlich der deutschen Frage beizutragen. 2. Solange der Kommunismus seine weltrevolutionären Ziele weiterverfolgt, die er noch im November 1957 auf der Tagung der Kommunistischen und Arbeiter-Parteien der sozialistischen Länder in Moskau erneut bekräftigt hat, können Friede und Freiheit nur durch eine gemeinsame Verteidigungsanstrengung der freien Welt gesichert werden. Der Bundestag stellt fest, daß die Bundeswehr lediglich der Erhaltung des Friedens und der Verteidigung dient. Darum fordert er die Bundesregierung auf, bis zum Zustandekommen eines allgemeinen Abrüstungsabkommens den Aufbau der deutschen Landesverteidigung im Rahmen der nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft fortzusetzen. In Übereinstimmung mit den Erfordernissen dieses Verteidigungssystems und angesichts der Aufrüstung des möglichen Gegners müssen die Streitkräfte der Bundesrepublik mit den modernsten Waffen so ausgerüstet werden, daß sie den von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der NATO zu genügen vermögen und den notwendigen Beitrag zur Sicherung des Friedens wirksam leisten können. 3. Das ganze deutsche Volk diesseits und jenseits der Zonengrenze erwartet, daß auf der kommenden Gipfelkonferenz die deutsche Frage erörtert und einer Lösung nähergebracht wird. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, sich dafür mit allen Kräften einzusetzen. 4. Der Bundestag wiederholt seine Überzeugung, daß freie Wahlen die Grundlage der deutschen Wiedervereinigung bilden müssen. Er lehnt mit Entschiedenheit ab a) den Abschluß eines Friedensvertrages für zwei deutsche Staaten, b) Verhandlungen mit den Vertretern des derzeitigen Zonen-Regimes, c) den Abschluß einer Konföderation mit diesem Regime. 5. Der Bundestag bekräftigt seine Überzeugung, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in Verbindung mit einer europäischen Sicherheitsordnung die dringlichste Aufgabe der deutschen Politik ist. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Krone und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion 1170 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 Anlage 11 Umdruck 42 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktionen der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag ein Weißbuch vorzulegen, aus welchen Gründen sie eine Ausbildung der Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln in Erwägung zieht und welche Ausstattung der Bundeswehr mit solchen Massenvernichtungsmitteln sie plant. Das Weißbuch soll zugleich darlegen, wie die Bundesregierung nachteilige Folgen für die Aussicht auf Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit abzuwenden gedenkt. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 12 Umdruck 43 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Frage, ob die Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln üben oder ausgerüstet werden kann oder soll, wird zurückgestellt, bis die in Aussicht genommene Konferenz zwischen den Regierungschefs der Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion stattgefunden hat. Von ,dem amerikanischen Angebot, 48 „Matador"- Raketen für die Bundeswehr zu erwerben, wird kein Gebrauch gemacht. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 13 Umdruck 44 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis zum 31. Mai l958 zu berichten, welche konkreten Schritte und Maßnahmen sie den Regierungen der USA, UdSSR, Großbritanniens und Frankreichs vorzuschlagen gedenkt, die nach ihrer Auffassung geeignet sind, a) schrittweise eine kontrollierte Abrüstung, b) eine engere Verbindung zu den Menschen in Mitteldeutschland, c) die Wiedervereinigung herbeizuführen. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 14 Umdruck 45 Entschließungsantrag der Fraktionen der FDP, SPD Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag wiederholt feierlich den im Grundgesetz enthaltenen Appell, daß das ganze deutsche Volk aufgefordert bleibt, die Einheit und Freiheit Deutschlands in freier Selbstbestimmung zu vollenden. Die Verpflichtung der Vier Mächte zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wird hierdurch nicht berührt. Bis zu dem Tage, an dem sich das deutsche Volk in freier Entscheidung eine Verfassung gibt, besteht in Deutschland keine endgültige und bleibende Staatsordnung. Die Bundesrepublik ist sich bewußt, daß sie als Ordnung des staatlichen Lebens für eine. Übergangszeit geschaffen wurde. Der Deutsche Bundestag erwartet deshalb die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht von einem zwischen zwei deutschen Teilstaaten ausgehandelten Staatsvertrag, sondern unmittelbar von einem freien Willensentschluß des gesamten deutschen Volkes in seinen heute noch getrennten Teilen, der nach der Beseitigung der nicht in deutscher Zuständigkeit liegenden Hindernisse herbeizuführen ist. Der Bundestag erklärt seine Bereitschaft, jede Verhandlung zu unterstützen, die die Wege zu einem solchen Willensentscheid des deutschen Volkes ebnet, sobald eine Vereinbarung der Vier Mächte diese Möglichkeit erschlossen hat. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1171 Anlage 15 Umdruck 46 Antrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, um die Verhandlungen über die allgemeine Abrüstung zu fördern und die furchtbaren Gefahren für die Gesundheit der Lebenden und der kommenden Generationen abzuwenden, auf die Mächte, die Atomwaffen produzieren, einzuwirken, daß die Versuchsexplosionen mit Atomsprengkörpern sofort eingestellt werden. Bonn, den 25. März 1958 Frau Albertz Frau Renger Frau Bennemann Frau Rudoll Frau Berger-Heise Frau Schanzenbach Frau Beyer (Frankfurt) Frau Strobel Frau Döhring (Stuttgart) Frau Wessel Frau Eilers (Bielefeld) Frau Wolff (Berlin) Frau Herklotz Ollenhauer und Fraktion Frau Keilnack Frau Kettig Frau Dr. Diemer-Nicolaus Frau Korspeter Frau Friese-Korn Frau Krappe Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Frau Meyer-Laule Dr. Mende und Fraktion Frau Nadig Anlage 16 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Bausch nach § 36 der Geschäftsordnung. In der Sitzung vom Freitag, dem 21. März, hat der Abgeordnete Döring von der Fraktion der FDP u. a. erklärt, es werde „der Tag nicht mehr fern sein, wo die oppositionellen Kräfte nicht nur gegen diese Politik, die dahintersteckt stehen, sondern zwangsläufig gegen diesen Staat gestellt werden. Das würde denn auch bedeuten, daß diejenigen, die diesen Staat dann einmal in der Zukunft nicht mehr oder nicht als endgültige Lösung anerkennen wollen, die ersten Hochverratsprozesse zu erwarten haben." Ich habe darauf den Zwischenruf gemacht: „Hoffentlich". Wegen dieses Zwischenrufs bin ich im Verlauf der Debatte mehrfach angegriffen worden. Ich lege deshalb Wert darauf, folgendes festzustellen: 1. Der Abgeordnete Döring hat in der ersten Rede die er in diesem Hause gehalten hat, ganz offen angekündigt, der Tag werde nicht mehr fern sein, an dem oppositionelle Kräfte diesen Staat in Zukunft nicht mehr werden anerkennen wollen. Seit dem ersten Zusammentreten des Bundestages im Jahre 1949 ist es das erste Mal, daß von der Tribüne des Bundestages herab offen und unverhüllt eine Bewegung gegen diesen Staat angekündigt wurde. Dies verdient festgehalten zu werden. An einem solchen Vorgang kann man nicht einfach vorbeigehen. Hier wurde ein Zeichen aufgerichtet, das nicht übersehen werden darf. 2. Ich hoffe nicht, daß es zu einer solchen Entwicklung kommt. Ich würde dies für ein geradezu unabsehbares Verhängnis für unser Volk halten. 3. Wenn es aber so weit käme, dann allerdings hoffe ich — und dies war der Sinn meines Zwischenrufs —, daß sich alle staatstragenden Kräfte unseres Volkes in dem Willen vereinigen werden, diesen Staat zu verteidigen, und daß auch die Richter dieses Staates, ihrem Eide getreu, jeden daran hindern werden, seine Hand gegen den Staat zu erheben. Bonn, den 25. 3. 1958 Bausch
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    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Unter allen Fraktionen dieses Hauses besteht auf irgendeine Weise



    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    eine Kommunikation über das, was in den Fraktionssitzungen gesprochen wird. Die Nachrichten, die Sie bekommen, und die Nachrichten, die wir bekommen, sind zum Teil richtig und zum Teil nicht richtig. So hat Herr Ollenhauer sicher in gutem Glauben etwas Unrichtiges zitiert. Ich habe in der Sitzung meiner Fraktion nicht gesagt: „Wir haben die Wahl 1953 ohne Atomwaffen gewonnen, wir haben die Wahl 1957 ohne Atomwaffen gewonnen, wir werden auch die Wahl 1961 mit Atomwaffen gewinnen." Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt: „Wenn wir wie bisher eine überschaubare, geradlinige, gute Politik führen, dann werden wir auch die Wahl des Jahres 1961 gewinnen";

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    und das werden wir auch, meine Damen und meine Herren.

    (Lachen bei der SPD.)

    - Darauf können Sie sich ziemlich fest verlassen

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Ziemlich!)

    Ich glaube, daß der Ausgang der Wahl gestern in Bayern, mitten in dieser Atomdebatte, ein günstiges Vorzeichen dafür ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Höher geht's nimmer!)

    Herr Kollege Ollenhauer hat dann immer wieder die Frage gestellt: Warum jetzt diese Debatte? Er hat ausgeführt, der Grund sei der Ausgang der Bundestagssitzung in der Nacht vom 23. zum 24. Januar. Nun, Herr Kollege Ollenhauer, ich darf Sie daran erinnern — und Sie haben das selbst im weiteren Verlauf Ihrer Rede ausgeführt —, daß im Hinblick auf die Fortschritte der Waffentechnik — ganz allgemein sage ich das, dazu gehören auch die nuklearen Waffen — in der NATO eine Überprüfung der ganzen Konzeption stattfindet.
    Die neue Konzeption wird zur Zeit von den militärischen Sachverständigen der NATO-Staaten geprüft. Am 16. April wird sie den Verteidigungsministern vorgelegt. Nächste Woche ist die Karwoche. Dann kommt die Osterwoche. Wenn unser Verteidigungsminister am 16. April in der Konferenz der Verteidigungsminister in Paris zu all diesen Fragen Stellung nehmen soll, dann muß er und muß die Bundesregierung wissen, wie der Bundestag in seiner Mehrheit darüber denkt.

    (Beifall in der Mitte.)

    Das ist der zwingende Grund, warum wir diese Aussprache in diesen Tagen haben müssen.
    Herr Kollege Ollenhauer hat dann geglaubt, besonders hervorheben zu müssen, daß ich Herrn Wehner geantwortet habe, das vornehmste Ziel unserer Politik sei die Rettung und Sicherheit der 52 Millionen Bewohner der Bundesrepublik; nur dann, wenn wir diesen die Sicherheit schaffen könnten, könnten wir mit Aussicht auf Erfolg auch darauf ausgehen, den 17 Millionen Deutschen in der Sowjetzone Beseitigung ihres Jochs zu verschaffen.
    - Das habe ich gesagt und wiederhole es. Das muß auch das Ziel unserer Politik sein.

    (Beifall bei CDU/CSU und DP.) Ich kann mir gar nicht vorstellen, daß irgend jemand von Ihnen, meine Damen und Herren, gleichgültig, welcher Partei er angehört, einen anderen Weg zu gehen gewillt ist. Wir können doch nicht annehmen, daß, wenn wir das Schicksal der 52 Millionen Deutschen in der Bundesrepublik, für die wir alle miteinander die Verantwortung tragen, aufs Spiel setzen, wir dadurch etwas für unsere Leute in der Ostzone gewinnen würden.


    (Abg. Erler: Das wurde auch nicht gesagt!)

    — Dann weiß ich nicht, Herr Erler, warum mir das zum Vorwurf gemacht wird und warum darin die Erklärung gesucht wird für mein ganzes, „unmögliches" Verhalten; den Ausdruck hat der Kollege Ollenhauer nicht gebraucht; er hat es umschrieben.
    Dieses Auseinanderfallen des Bundestages in dieser Frage in einer so ungemein gefährlichen Weltsituation ermutigt doch geradezu die Sowjetunion, die Sowjetzone nicht freizugeben;

    (Beifall bei CDU/CSU und DP)

    denn damit hat sie doch ein Pfand uns gegenüber in der Hand

    (Zurufe von der SPD)

    — so glaubt sie wenigstens —, ein Pfand, das ihr die Möglichkeit gibt, die Freiheit unserer Entschließungen zu beeinträchtigen. Ich meine, auch das sollte man bei der Führung der Debatte in diesem Hause berücksichtigen.
    Nun hat Herr Kollege Ollenhauer in einem recht. Es besteht im NATO-Vertrag keine rechtliche Verpflichtung, nukleare Waffen zu übernehmen, weil im Jahre 1949 die nuklearen Waffen allein im Besitz der Vereinigten Staaten waren und infolgedessen eine Bewaffnung der übrigen Mitglieder von NATO mit nuklearen Waffen überhaupt nicht in Frage stand.
    Aber die Dinge haben sich seit jener Zeit eben dadurch so außerordentlich verändert, daß seit jener Zeit die Sowjetunion im Besitz von nuklearen Waffen ist und auch England im Besitz von nuklearen Waffen ist.
    Herr Kollege Ollenhauer sagt, daß wir uns vordrängten. Nun, ich glaube, die Vorgänge im Bundestag, die Erklärungen, die die Bundesregierung in den letzten Jahren über eine nukleare Bewaffnung der Bundeswehr abgegeben hat, sind alles andere als ein Vordrängen gewesen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Wir haben immer wieder gesagt: wir brauchen noch keine Entschlüsse zu fassen, es ist noch Zeit dazu. Wir haben, nicht etwa um irgend jemanden zu täuschen, sondern wirklich der Wahrheit entsprechend und unserer Hoffnung entsprechend, daß man doch zu einer Abrüstung kommen würde, die entscheidende Debatte darüber hinauszuschieben versucht.
    Völlig irrig ist aber, wenn Herr Kollege Ollenhauer sagt, daß wir die ersten seien. Frankreich, Italien, Griechenland, die Türkei, England und die Niederlande haben alle erklärt, daß sie ihre Truppen atomar aufgerüstet wissen wollen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)




    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    Das ist aber doch bekannt, meine Damen und Herren! Ich meine, das hat in allen möglichen Zeitungen immer gestanden; das weiß doch jeder, der sich mit diesen Fragen beschäftigt.
    Nun sagt Herr Kollege Ollenhauer: Warum temporär gerade in diesem Augenblick, in dieser Zeit der internationalen Entspannung? Verehrter Herr Ollenhauer, ich wünschte, wir wären schon in einer Zeit der internationalen Entspannung,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    ich wünschte es von ganzem, ganzem Herzen. Aber bisher, — —

    (Abg. Wehner: Einfacher seichter Schwindel!)

    — Ach, das sind Bemerkungen, Herr Kollege Wehner,

    (Abg. Majonica: Er kann nicht anders!)

    die ich Ihnen gegenüber nicht gebrauchen würde. Ich würde von Ihnen nicht sagen, daß Sie schwindeln.

    (Zurufe und Pfui-Rufe von der CDU/CSU. — Glocke des Präsidenten.)

    Meine Damen und Herren, wir können nur hoffen und alle dazu beitragen, was wir können, daß es zum Beginn einer internationalen Entspannung dadurch kommt, daß wirklich auf einer Gipfelkonferenz die Frage der kontrollierten Abrüstung verhandelt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Aber bis jetzt hat leider diese Entspannung noch nicht begonnen. Wir sind erst im Vorfeld dazu. Wenn wir, weil wir erst im Vorfeld sind, nun stehenblieben, etwa in der NATO am 16. April unseren Verteidigungsminister sagen ließen: „Wir können noch nicht zu der Frage Stellung nehmen", — glauben Sie mir, daß eine solche Erklärung des Verteidigungsministers der Bundesrepublik Rußland anspornen würde, schneller zu einer Gipfelkonferenz zu gehen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Keineswegs!) Genau das Umgekehrte ist der Fall.


    (Zustimmung in der Mitte.)

    Ich darf auch daran erinnern, Herr Kollege Ollenhauer: die erste Gipfelkonferenz in Genf hat stattgefunden, obwohl wir vorher in die NATO eingetreten waren; und auf der ersten Gipfelkonferenz in Genf hat Rußland sich, obwohl wir in die NATO eingetreten waren, bereiterklärt, die Einheit Deutschlands wiederherzustellen. Und obwohl wir in die NATO eingetreten waren, haben mir gegenüber Bulganin und Chruschtschow im September 1955 dieselbe Erklärung abgegeben.

    (Zurufe von der SPD.)

    Nun hat der Herr Kollege Ollenhauer darauf hingewiesen — und ich freue mich dessen —, daß er in der ersten Sitzung dieses Bundestages nach der Regierungserklärung für seine Fraktion die Erklärung abgegeben habe, daß die SPD auf dem Boden
    der Landesverteidigung stehe. Gut, ich begrüße das.

    (Abg. Schmidt [Hamburg] : Als ob Sie das zum erstenmal gehört hätten!)

    Aber, meine Damen und Herren, nach der Süddeutschen Zeitung hat der Kollege Ollenhauer in Frankfurt am Sonntag erklärt, daß wir hier Debatten über Verteidigung nach dem Muster führten, wie sie vor hundert Jahren geführt worden seien.

    (Abg. Metzger: Stimmt doch!)

    Ich weiß nicht, ob die Süddeutsche Zeitung richtig zitiert hat. Aber wenn sie richtig zitiert hat, dann ist das eine sehr inhaltsreiche und geheimnisvolle Erklärung gewesen, die einem sehr zu denken gibt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU. — Lachen bei der SPD.)

    — Nun, ich darf doch über eine Erklärung Ihres Fraktionsführers nachdenken; das ist mir doch wohl gestattet!

    (Erneutes Lachen bei der SPD. — Abg. Schoettle: Das könnte des öfteren nicht schaden!)

    Weiter hat der Kollege Ollenhauer gefragt, warum wir trotz des Aide-memoire der sowjetrussischen Regierung nicht mit der Regierung Sowjetrußlands verhandelt hätten. Woher weiß denn Herr Ollenhauer, daß wir das nicht getan haben? Ich habe das getan, Herr Kollege Ollenhauer, und ich habe mit dem Botschafter Smirnow mindestens anderthalb Stunden über diese Dinge gesprochen.

    (Lachen bei der SPD.)

    — Was nun daran zu lachen ist, weiß ich auch
    wieder nicht, meine Damen und Herren! Aber Herr Smirnow hat — und ich glaube, das darf ich auch öffentlich sagen — scharf unterschieden. Er hat meine Erklärung begrüßt, daß wir die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und Sowjetrußland pflegen und intensivieren wollen. Er hat aber weiter erklärt: Über die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands kann ich nicht mit Ihnen sprechen; das ist lediglich Sache der Deutschen Demokratischen Republik.

    (Abg. Kraft: Hört! Hört!)

    Das war die kurze und knappe Antwort, die ich bekommen habe; und alle meine Versuche, da etwas weiterzukommen, wurden mit der Erklärung erledigt: Die DDR ist ein selbständiger Staat, Sowjetrußland hat nicht das Recht, ihr da irgend etwas hineinzureden.
    In den letzten Tagen ist hier wieder von einer Politik der Stärke gesprochen worden, die wir betrieben. Das ist auch früher schon und immer wieder gesagt worden.

    (Abg. Schmidt [Hamburg] : Das Wort haben Sie doch erfunden! Sie höchstpersönlich haben dieses Wort geprägt! — Abg. Rasner: Sei ruhig, Bubi!)

    1102 Deutscher Bundestag —. 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958
    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    — Nun mal Ruhe, Ruhe, Ruhe!

    (Abg. Majonica: Das kann er nicht! — Heiterkeit bei der CDU/CSU.)

    Und Herr Dr. Heinemann hat heute morgen gesagt, ich hätte im Jahre 1952 in einem Interview —
    mit United Press, glaube ich, war es — erklärt, jetzt müßte nur noch in der Frage der nuklearen Aufrüstung durchgehalten werden. Ich habe in der Zwischenzeit den Wortlaut dieses Interviews, das ich Herrn Bradford gegeben habe, bekommen. Ich stelle ihn dem Herrn Dr. Heinemann gern zur Verfügung. Er wird finden, daß kein Wort davon darin steht.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Abg. Rasner: Typisch! — Abg. Wienand: Das hat er ja gar nicht gesagt!)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Adenauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Was nun die Politik der Stärke angeht, meine Damen und Herren: dieses Wort „stark" kann sich nun doch wirklich nicht auf die Bundesrepublik beziehen. Ich meine, das ist so, daß man darüber einfach nur die Achseln zucken kann. Was sind wir denn, und was haben wir denn?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Wir sind doch nur etwas im Verein und im Zu-
    sammenhang mit den anderen freien Völkern der
    Welt unter der Führung der Vereinigten Staaten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich glaube, im Grunde genommen ist keiner hier im Saal, der wünscht, die Vereinigten Staaten würden schwächer sein als Sowjetrußland.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Metzger: Was soll das? — Weiterer Zuruf von der SPD: Primitiv!)

    Ich kann hier nur erklären, daß meine Politik von dem Streben geleitet wird, dem deutschen Volk und der Welt Frieden und Freiheit zu retten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich fühle mich — das lassen Sie mich mit allem Nachdruck sagen — dafür verantwortlich, nicht nur dem deutschen Volk gegenüber, sondern ebenso verantwortlich vor meinem Gewissen, vor unserem Herrgott.

    (Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Was Friede bedeutet und was Freiheit bedeutet, habe ich am eigenen Leib erfahren.

    (Wiederholter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich würde bereit sein, alles, was ich bin, dafür hinzugeben, daß dem deutschen Volk und der Welt Frieden und Freiheit erhalten bleiben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Einige Ausführungen möchte ich noch zur jetzigen Situation in der Welt machen.

    (Zuruf von der SPD: „War noch nie so ernst!")

    Es ist hier von einem Redner — ich glaube, von Herrn Kollegen Gerstenmaier heute morgen; ich weiß es aber nicht genau — von diesem Platz aus gesagt worden, daß immer schamhaft vermieden werde, zu sagen, wie stark denn nun Sowjetrußland ist. Da möchte ich Ihnen sagen: Sowjetrußland ist an konventionellen Waffen stärker als irgendeine Macht auf der Erde. Sowjetrußland ist — auch wenn wir keine Details darüber wissen, können wir das mit aller Sicherheit sagen — nuklear hoch aufgerüstet. Noch am 22. Januar hat Chruschtschow in einer Rede, die er öffentlich gehalten hat, gesagt, daß die Sowjetunion in der Lage wäre, jeden Punkt der Erde durch ihre Raketen mit nuklearen Köpfen zu erreichen. Das ist doch der wirkliche Tatbestand.
    Wenn Sie dann hinzunehmen, daß alle Bemühungen der Vereinigten Staaten seit dem Jahre 1946, zu einer Abrüstung zu kommen, an den Forderungen der Sowjetunion und daran gescheitert sind, daß sie ein Kontrollrecht für ihr Land ablehnt, dann braucht man dem doch wirklich nicht viel hinzuzufügen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Das fing im Jahre 1946 mit dem Baruch-Plan an, als Amerika allein im Besitz nuklearer Waffen war und überhaupt allein die Kenntnisse von der Spaltung und der Schaffung der Atomenergie hatte. Damals haben die Vereinigten Staaten vorgeschlagen, sie seien bereit, alles, was sie haben, einer internationalen Atomenergiebehörde zu übertragen und sämtliche nuklearen Waffen zu vernichten unter der Bedingung, daß alle gleich behandelt würden. Da setzte das Veto der Russen ein; da haben sie ihr Veto gegen eine Kontrolle Sowjetrußlands eingelegt.
    So ist die Entwicklung weitergegangen. So ist es gegangen auf der Londoner Abrüstungskonferenz, so ist es gegangen in der UNO. Immer scheiterte die allgemeine, kontrollierte Abrüstung an der Ablehnung Sowjetrußlands, sein Gebiet daraufhin kontrollieren zu lassen.
    Ich glaube, wenn man sich dieses Bild der Welt einmal vor Augen hält, diese großen nuklearen Gegner, auf der einen Seite die Sowjetunion, auf der anderen Seite die Vereinigten Staaten, und wenn man sich weiter vor Augen hält, daß jetzt seit über zehn Jahren die Versuche schweben, zu einer kontrollierten Abrüstung zu kommen, und daß sie alle daran gescheitert sind, daß Sowjetruß-land sein Gebiet einer Kontrolle nicht unterwerfen wollte, dann muß man doch mit mir darin einig sein, daß die freien Völker alles tun müssen, was sie können, um sich vor einem Überfall zu schützen, um Rußland zu warnen.
    Das ist auch der Sinn der Umgruppierung der NATO, von der ich eben sprach. Rußland soll gewarnt werden, und es soll dadurch geneigter wer-



    Bundeskanzler Dr. Adenauer
    den, einzusehen, daß es ihm nicht gelingt, die freien Völker auseinanderzubringen, daß es daher in seinem eigenen Interesse richtig handelt, wenn es versucht, auf einer Gipfelkonferenz zu einer solchen Abrüstung zu kommen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Niemand denkt daran — das möchte ich ausdrücklich auch für die Bundesregierung erklären, und ich habe es auch dem Botschafter Smirnow erklärt —, Rußland in die Ordnung seiner eigenen Angelegenheiten irgendwie hineinzureden. Wir wollen von Rußland doch nur das, was uns speziell angeht, daß es diese 17 Millionen Deutscher nach ihrem eigenen Willen leben läßt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) Mehr wollen wir ja gar nicht.

    Wir denken gar nicht daran — das habe ich schon früher erklärt —, etwa dadurch, daß nun die Sowjetzone ihre Freiheit bekommt, unser militärisches oder politisches Potential zu stärken. Die menschliche Seite der Sache muß uns doch vielmehr alle bewegen. Wenn Sie sich einmal die Ziffern vor Augen halten, wieviel Menschen aus der Sowjetzone jetzt über diese Grenze schon hierhergekommen sind, dann macht einem das klar, unter welch ungeheurem seelischem Druck die Menschen dort leben. Seit dem Herbst 1949 bis zum 14. März 1958 sind 2 029 067 Personen zu uns herübergekommen.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Im Jahre 1957 waren es 261622, und vom 1. Januar bis zum 14. März dieses Jahres waren es 44 724 Personen. Welch ungeheure menschliche Not steckt hinter diesen Ziffern!

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Da möchte ich der ganzen Welt zurufen — auch unseren Freunden und Bündnispartnern —; daß wir von echtem menschlichem Mitgefühl mit den Deutschen dort drüben, von dem Wunsch, daß sie wieder frei werden, getragen werden.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Daß es sich in keiner Weise bei uns darum handelt, dadurch irgendwelchen nationalistischen Empfindungen nachzugeben oder in bezug auf das Rüstungspotential oder sonst auf irgendeine Weise stärker zu werden, brauche ich nicht zu betonen. Uns hat allein dieses menschliche Gefühl geleitet, und ich hoffe, daß die ganze Welt dafür Verständnis hat. Wenn über 2 Millionen Menschen in diesen Jahren Heimat und Hof verlassen, weil sie es einfach nicht mehr ertragen können, dann ist das doch etwas, was zum Himmel schreit.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Deshalb die Atombombe her! — Abg. Schmidt . [Hamburg] : Was haben die Sowjetzonenflüchtlinge mit Ihren Atombomben zu tun? — Gegenruf von der CDU/ CSU: Ungezogener Kerl!)

    — Aber mit der Wiedervereinigung hat es was zu tun!

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Neubauer: Ja eben, die kommt dadurch nicht zustande! Sie sind dabei, sie -zu verhindern!)

    Daß die Bundesregierung für die Gipfelkonferenz eintritt, habe ich schon zu Anfang der Debatte gesagt. Daß wir dafür eintreten, daß auf der Tagesordnung dieser Gipfelkonferenz die deutsche Frage erscheint, habe ich auch schon gesagt. Ich brauche dem, was ich gesagt habe, kaum noch etwas hinzuzufügen. Aber ich möchte doch noch einige Worte mit Rücksicht auch auf die Versammlung, die am Sonntag stattfand, sagen. Nicht nur bei uns, sondern auch in anderen Ländern gibt es ernst zu nehmende Männer und Frauen, die glauben, wenn wir darauf verzichteten, unsere Truppen mit nuklearen Waffen auszurüsten, wäre das der Anfang einer allgemeinen nuklearen Abrüstung.
    Nun, ich habe Ihnen eben den wirklichen Gegensatz in der Welt klargelegt: Amerika und Sowjetrußland. Ehe wir überhaupt daran gedacht haben, unsere Bundeswehr aufzustellen, ehe wir daran gedacht haben, daß wir unter Um-ständen nukleare Waffen brauchen, war der Gegensatz genauso wie jetzt. Das ändert also gar nichts daran. An dem Gegensatz hat auch gar nichts unsere Erklärung bei der Gründung der Westeuropäischen Union geändert, daß wir auf die Herstellung nuklearer Waffen verzichteten. Daran hat auch unsere Erklärung nichts geändert, daß wir uns jeder von den Großmächten beschlossenen Abrüstung ohne weiteres fügen würden. Alles das, meine Damen und Herren, hat nichts genützt.
    Daraus ergibt sich — wenigstens nach meiner Auffassung — vollständig klar und folgerichtig, daß es, solange Sowjetrußland glaubt, es könne die Einigkeit des Westens zerstören, keine Abrüstung gibt. Daher ist es unsere Pflicht, alles zu tun, was wir können, damit die politische und militärische Einheit des Westens erhalten bleibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Das bietet die einzige Aussicht, wirklich zu Frieden, Freiheit und Abrüstung zu kommen.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)