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ID0302105300

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    Deutscher Bundestag 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Inhalt: Antrag der CDU/CSU auf Begrenzung der Redezeit Rasner (CDU/CSU) 1057 B Dr. Mommer (SPD) . . . . . 1057 D Dr. Bucher (FDP) . . . . . . 1058 D Große Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238); Große Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230) ; — Fortsetzung der Aussprache —. Dr. Dr. Heinemann (SPD) . 1059 D, 1117 D D. Dr. Gerstenmaier (CDU/CSU) . . 1067 B Dr. Bucher (FDP) 1085 C Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1088 D Ollenhauer (SPD) 1092 B Dr. Adenauer, Bundeskanzler . 1099 D Dr. von Brentano, Bundesminister 1103 D Strauß, Bundesminister . . . . . 1107 B Dr. Arndt (SPD) (zur GO) . . . . 1115 D Rasner (CDU/CSU) (zur GO) . . . 1116 D Dr. Mende (FDP) (zur GO) . . . 1117 B Erler (SPD) 1118 B Dr. Bechert (SPD) 1122 D Dr. Martin (CDU/CSU) . . . . . 1125 C Dr. Achenbach (FDP) 1128 B Frau Herklotz (SPD) 1132 A Frau Dr. Rehling (CDU/CSU) . . 1133 B Dr. Schmid (Frankfurt) (SPD) . . 1135 D Kiesinger (CDU/CSU) 1139 D Dr. Mende (FDP) 1145 D Erklärungen zur Abstimmung Ollenhauer (SPD) 1150 D Dr. Mende (FDP) 1151 B Dr. Krone (CDU/CSU) . . . . . 1151 D Schneider (Bremerhaven) (DP) . . 1152 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) (zur Behandlung der Berliner Abgeordneten) . . . . . . . . . . 1154 D Namentliche Abstimmungen, Einzel-abstimmungen Schneider (Bremerhaven) (DP) (zu Umdruck 34 Ziffer 5) . . . . 1155 A Kiesinger (CDU/CSU) (zu Umdruck 37, Umdruck 41) . . . 1157 B, 1160 B, D Erler (SPD) (zu Umdruck 41) . . . 1 160 B Dr. Bucher (FDP) (zu Umdruck 41) . 1160 C Dr. Mommer (SPD) (zu Umdruck 43) 1163 C Nächste Sitzung 1166 C Anlagen 1167 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1057 21. Sitzung Bonn, den 25. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 9.32 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albrecht 12.4. Dr. -Ing. E. h. Arnold 25. 3. Bazille 1.4. Dr. Becker (Hersfeld) 19.4. Blachstein 29. 3. Dr. Böhm 25.3. Conrad 18. 4. Diel (Horressen) 19. 4. Dr. Eckhardt 29.3. Eilers (Oldenburg) 26.3. Felder 31.3. Dr. Friedensburg 26.3. Frau Friese-Korn 31.5. Funk 29. 3. Gottesleben 8.4. Dr. Gülich 29.3. Häussler 29.3. Heiland 31.3. Dr. Höck (Salzgitter) 31.3. Höcker 15.4. Frau Dr. Hubert 12.4. Jacobs 20. 4. Jahn (Frankfurt) 29.3. Jürgensen 31.3. Frau Kipp-Kaule 29.3. Dr. Kopf 29.3. Kunze 15.5. Lenz (Trossingen) 29.3. Dr. Lindenberg 29.3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30.4. Dr. Maier (Stuttgart) 25.3. Mellies 25.4. Muckermann 30.3. Murr 25.3. Neumann 12.4. Paul 30.4. Pelster 1.4. Frau Dr. Probst 25. 3. Rademacher 26. 3. Ramms 31.3. Schneider (Hamburg) 31.3. Dr. Schneider (Saarbrücken) 26. 3. Dr. Stammberger 26.3. Dr. Starke 26.3. Frau Dr. Steinbiß 29.3. Stenger 25. 3. Strauß 25.3. Struve 29.3. Vogt 12.4. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 29. 3. Wehr 31.3. Weimer 29.3. Weinkamm 29. 3. Dr. Will 26. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht b) Urlaubsanträge Abgeordneter bis einschließlich Bauknecht 10. 5. Even (Köln) 19. 4. Höcherl 10. 5. Dr. Ripken 15. 4. Dr. Zimmermann 10. 5. Anlage 2 Umdruck 33 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, sich bei den Vier Mächten, den USA, der UdSSR, dem Vereinigten Königreich und Frankreich, dafür einzusetzen, daß eine Viermächtearbeitsgruppe (Ständige Konferenz der Stellvertreter der Außenminister oder Botschafterkonferenz) zur Behandlung der Deutschlandfrage gebildet wird mit dem Auftrag, die Grundzüge eines Vertrages für Gesamtdeutschland zu erarbeiten. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 3 Umdruck 34 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, 1. einen Beitrag zur allgemeinen Abrüstung durch den Verzicht auf die Ausrüstung der Bundeswehr mit atomaren Waffen zu leisten; unter Berücksichtigung der Spaltung unseres Vaterlandes und der Bemühungen zur Wiedervereinigung mit Hilfe geeigneter Kontrollmaßnahmen zu erreichen, daß sowohl in der Bundesrepublik als auch im anderen Teil Deutschlands Atomwaffen weder stationiert noch gelagert und Atomwaffenanlagen nicht errichtet werden; 1168 Deutscher Bundestag -- 3. Wahlperiode -- 21, Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 3. sich dafür einzusetzen, daß gleichzeitig mit einem Abkommen über eine atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa eine Vereinbarung über die Stationierung konventioneller Streitkräfte im Raum der atomwaffenfreien Zone erzielt wird; 4. sich in allen Fragen der gemeinsamen Verteidigung bei den Mächten der Atlantischen Verteidigungsgemeinschaft um Berücksichtigung der besonderen Lage des geteilten Deutschlands zu bemühen; 5. in engem Zusammenwirken und dauernder Beratung mit der deutschen Atomwissenschaft dafür Sorge zu tragen, daß geeignete Maßnahmen für den Atomschutz der Bevölkerung getroffen werden und daß die Nutzung der Atomenergie ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 4 Umdruck 35 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, mit allen Mächten, die noch keine atomaren Waffen herstellen und besitzen, Verhandlungen aufzunehmen mit dem Ziel des Abschlusses einer Konvention über Verzicht auf Herstellung und Besitz atomarer Waffen. Bonn, den 18. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 5 Umdruck 36 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß atomare Sprengkörper jeder Art Werkzeuge der blinden Massenvernichtung sind und ihre Anwendung keine Verteidigung, sondern unberechenbare Zerstörung alles menschlichen Lebens bedeutet. Atomare Sprengkörper rotten unterschiedslos und unbegrenzbar Frauen und Kinder, Männer und Greise, jung und alt aus und verwandeln das Land in eine strahlenverseuchte, unbewohnbare Wüste. Von der Bundesregierung wird erwartet, daß sie unter Berufung auf ihre feierliche Erklärung vom 3. Oktober 1954 — dem Vertrag über den Beitritt der Bundesrepublik zum Brüsseler Vertrag und zum Nordatlantikvertrag als Anlage I zum Protokoll Nr. III über die Rüstungskontrolle beigefügt —, in der die Bundesrepublik auf die Herstellung atomarer Sprengkörper verzichtet hat, den Staaten, die nicht über Atomwaffen verfügen, vorschlägt, ein Übereinkommen zum Verzicht auf Herstellung und Verwendung von Atomwaffen abzuschließen und dadurch zugleich den Atomweltmächten die moralische Verpflichtung aufzuerlegen, die Verhandlungen über die kontrollierte Begrenzung der Rüstungen so zu fördern, daß auch ein Abkommen über die Ausschaltung der Atomwaffen zustande kommt. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 6 Umdruck 37 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, keinerlei Verpflichtungen einzugehen und keinerlei Maßnahmen zu treffen, die die Ausrüstung der Bundeswehr mit Atom- und Wasserstoff-Sprengkörpern, die Stationierung von Atomraketen und den Bau von Basen für diese Raketen zum Ziele haben. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 7 Umdruck 38 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, mit der Regierung der Volksrepublik Polen und den anderen beteiligten Mächten in Verhandlungen über die Verwirklichung des Planes einer atomwaffenfreien Zone in Europa einzutreten. Bonn, den 18. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1169 Anlage 8 Umdruck 39 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag stellt fest, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in gesicherter Freiheit Verhandlungen und Maßnahmen voraussetzt, die schrittweise eine Entspannung bewirken. Eine solche Politik dient zugleich der Kriegsverhütung und vermehrt die Aussichten auf die für das deutsche Volk lebensnotwendige Sicherheit. Eine atomare Ausrüstung der Bundeswehr ist abzulehnen, weil sie eine politische Lösung der deutschen Frage bis zur Hoffnungslosigkeit erschwert. Sie verschärft die Spannungen und ist der Sicherheit des deutschen Volkes abträglich. Bonn, den 18 März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 9 Umdruck 40 Antrag der Fraktion der FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, sich bei den Vier Mächten für die Aufnahme von Verhandlungen über einen Vertrag für Gesamtdeutschland einzusetzen. Bonn, den 22. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Anlage 10 Umdruck 41 Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU, DP Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, auch weiterhin getreu ihrer grundsätzlichen Auffassung bei allen internationalen Verhandlungen und Konferenzen, an denen sie teilnimmt oder auf die sie Einfluß hat, a) für eine allgemeine kontrollierte Abrüstung sowohl atomarer wie konventioneller Waffen einzutreten, b) die Bereitschaft zu bekräftigen, daß die Bundesrepublik jedes derartige Abrüstungsabkommen annehmen wird, um dadurch zur Entspannung und zur Lösung der internationalen Probleme einschließlich der deutschen Frage beizutragen. 2. Solange der Kommunismus seine weltrevolutionären Ziele weiterverfolgt, die er noch im November 1957 auf der Tagung der Kommunistischen und Arbeiter-Parteien der sozialistischen Länder in Moskau erneut bekräftigt hat, können Friede und Freiheit nur durch eine gemeinsame Verteidigungsanstrengung der freien Welt gesichert werden. Der Bundestag stellt fest, daß die Bundeswehr lediglich der Erhaltung des Friedens und der Verteidigung dient. Darum fordert er die Bundesregierung auf, bis zum Zustandekommen eines allgemeinen Abrüstungsabkommens den Aufbau der deutschen Landesverteidigung im Rahmen der nordatlantischen Verteidigungsgemeinschaft fortzusetzen. In Übereinstimmung mit den Erfordernissen dieses Verteidigungssystems und angesichts der Aufrüstung des möglichen Gegners müssen die Streitkräfte der Bundesrepublik mit den modernsten Waffen so ausgerüstet werden, daß sie den von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtungen im Rahmen der NATO zu genügen vermögen und den notwendigen Beitrag zur Sicherung des Friedens wirksam leisten können. 3. Das ganze deutsche Volk diesseits und jenseits der Zonengrenze erwartet, daß auf der kommenden Gipfelkonferenz die deutsche Frage erörtert und einer Lösung nähergebracht wird. Der Bundestag ersucht die Bundesregierung, sich dafür mit allen Kräften einzusetzen. 4. Der Bundestag wiederholt seine Überzeugung, daß freie Wahlen die Grundlage der deutschen Wiedervereinigung bilden müssen. Er lehnt mit Entschiedenheit ab a) den Abschluß eines Friedensvertrages für zwei deutsche Staaten, b) Verhandlungen mit den Vertretern des derzeitigen Zonen-Regimes, c) den Abschluß einer Konföderation mit diesem Regime. 5. Der Bundestag bekräftigt seine Überzeugung, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in Verbindung mit einer europäischen Sicherheitsordnung die dringlichste Aufgabe der deutschen Politik ist. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Krone und Fraktion Schneider (Bremerhaven) und Fraktion 1170 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 Anlage 11 Umdruck 42 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktionen der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, dem Bundestag ein Weißbuch vorzulegen, aus welchen Gründen sie eine Ausbildung der Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln in Erwägung zieht und welche Ausstattung der Bundeswehr mit solchen Massenvernichtungsmitteln sie plant. Das Weißbuch soll zugleich darlegen, wie die Bundesregierung nachteilige Folgen für die Aussicht auf Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit abzuwenden gedenkt. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 12 Umdruck 43 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Frage, ob die Bundeswehr mit atomaren Massenvernichtungsmitteln üben oder ausgerüstet werden kann oder soll, wird zurückgestellt, bis die in Aussicht genommene Konferenz zwischen den Regierungschefs der Vereinigten Staaten von Amerika und der Sowjetunion stattgefunden hat. Von ,dem amerikanischen Angebot, 48 „Matador"- Raketen für die Bundeswehr zu erwerben, wird kein Gebrauch gemacht. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 13 Umdruck 44 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, bis zum 31. Mai l958 zu berichten, welche konkreten Schritte und Maßnahmen sie den Regierungen der USA, UdSSR, Großbritanniens und Frankreichs vorzuschlagen gedenkt, die nach ihrer Auffassung geeignet sind, a) schrittweise eine kontrollierte Abrüstung, b) eine engere Verbindung zu den Menschen in Mitteldeutschland, c) die Wiedervereinigung herbeizuführen. Bonn, den 25. März 1958 Ollenhauer und Fraktion Anlage 14 Umdruck 45 Entschließungsantrag der Fraktionen der FDP, SPD Der Bundestag wolle beschließen: Der Bundestag wiederholt feierlich den im Grundgesetz enthaltenen Appell, daß das ganze deutsche Volk aufgefordert bleibt, die Einheit und Freiheit Deutschlands in freier Selbstbestimmung zu vollenden. Die Verpflichtung der Vier Mächte zur Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands wird hierdurch nicht berührt. Bis zu dem Tage, an dem sich das deutsche Volk in freier Entscheidung eine Verfassung gibt, besteht in Deutschland keine endgültige und bleibende Staatsordnung. Die Bundesrepublik ist sich bewußt, daß sie als Ordnung des staatlichen Lebens für eine. Übergangszeit geschaffen wurde. Der Deutsche Bundestag erwartet deshalb die Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands nicht von einem zwischen zwei deutschen Teilstaaten ausgehandelten Staatsvertrag, sondern unmittelbar von einem freien Willensentschluß des gesamten deutschen Volkes in seinen heute noch getrennten Teilen, der nach der Beseitigung der nicht in deutscher Zuständigkeit liegenden Hindernisse herbeizuführen ist. Der Bundestag erklärt seine Bereitschaft, jede Verhandlung zu unterstützen, die die Wege zu einem solchen Willensentscheid des deutschen Volkes ebnet, sobald eine Vereinbarung der Vier Mächte diese Möglichkeit erschlossen hat. Bonn, den 25. März 1958 Dr. Mende und Fraktion Ollenhauer und Fraktion Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 21. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 25. März 1958 1171 Anlage 15 Umdruck 46 Antrag der Fraktionen der SPD, FDP zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/ CSU betr. die deutsche Frage auf künftigen internationalen Konferenzen (Drucksache 238) und der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Gipfelkonferenz und atomwaffenfreie Zone (Drucksache 230). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird beauftragt, um die Verhandlungen über die allgemeine Abrüstung zu fördern und die furchtbaren Gefahren für die Gesundheit der Lebenden und der kommenden Generationen abzuwenden, auf die Mächte, die Atomwaffen produzieren, einzuwirken, daß die Versuchsexplosionen mit Atomsprengkörpern sofort eingestellt werden. Bonn, den 25. März 1958 Frau Albertz Frau Renger Frau Bennemann Frau Rudoll Frau Berger-Heise Frau Schanzenbach Frau Beyer (Frankfurt) Frau Strobel Frau Döhring (Stuttgart) Frau Wessel Frau Eilers (Bielefeld) Frau Wolff (Berlin) Frau Herklotz Ollenhauer und Fraktion Frau Keilnack Frau Kettig Frau Dr. Diemer-Nicolaus Frau Korspeter Frau Friese-Korn Frau Krappe Frau Dr. Dr. h. c. Lüders Frau Meyer-Laule Dr. Mende und Fraktion Frau Nadig Anlage 16 Schriftliche Erklärung des Abgeordneten Bausch nach § 36 der Geschäftsordnung. In der Sitzung vom Freitag, dem 21. März, hat der Abgeordnete Döring von der Fraktion der FDP u. a. erklärt, es werde „der Tag nicht mehr fern sein, wo die oppositionellen Kräfte nicht nur gegen diese Politik, die dahintersteckt stehen, sondern zwangsläufig gegen diesen Staat gestellt werden. Das würde denn auch bedeuten, daß diejenigen, die diesen Staat dann einmal in der Zukunft nicht mehr oder nicht als endgültige Lösung anerkennen wollen, die ersten Hochverratsprozesse zu erwarten haben." Ich habe darauf den Zwischenruf gemacht: „Hoffentlich". Wegen dieses Zwischenrufs bin ich im Verlauf der Debatte mehrfach angegriffen worden. Ich lege deshalb Wert darauf, folgendes festzustellen: 1. Der Abgeordnete Döring hat in der ersten Rede die er in diesem Hause gehalten hat, ganz offen angekündigt, der Tag werde nicht mehr fern sein, an dem oppositionelle Kräfte diesen Staat in Zukunft nicht mehr werden anerkennen wollen. Seit dem ersten Zusammentreten des Bundestages im Jahre 1949 ist es das erste Mal, daß von der Tribüne des Bundestages herab offen und unverhüllt eine Bewegung gegen diesen Staat angekündigt wurde. Dies verdient festgehalten zu werden. An einem solchen Vorgang kann man nicht einfach vorbeigehen. Hier wurde ein Zeichen aufgerichtet, das nicht übersehen werden darf. 2. Ich hoffe nicht, daß es zu einer solchen Entwicklung kommt. Ich würde dies für ein geradezu unabsehbares Verhängnis für unser Volk halten. 3. Wenn es aber so weit käme, dann allerdings hoffe ich — und dies war der Sinn meines Zwischenrufs —, daß sich alle staatstragenden Kräfte unseres Volkes in dem Willen vereinigen werden, diesen Staat zu verteidigen, und daß auch die Richter dieses Staates, ihrem Eide getreu, jeden daran hindern werden, seine Hand gegen den Staat zu erheben. Bonn, den 25. 3. 1958 Bausch
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ewald Bucher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Nachdem die beiden Großen Anfragen begründet waren, steuerte der Herr Bundeskanzler geradewegs auf das los, was ihm wichtig ist, eben die atomare Aufrüstung in der Bundesrepublik.

    (Abg. Majonica: Die Sicherheit!)

    — Ich komme auf die Sicherheit zu sprechen. — So wird mir auch nichts anderes übrigbleiben, als in der kurzen, rationierten Zeit, die ich habe, ebenfalls darauf einzugehen.
    Aber zunächst einiges zu den, wie uns scheint, wirklich konstruktiven Gedanken, die von Herrn Dr. Gerstenmaier hier vorgetragen wurden. Vor allem müssen wir, glaube ich, die Feststellung begrüßen, daß es in der Politik sehr auf die Methode ankommt. Das ist eine Feststellung, die vor einem Jahr schon Kennan in einem Interview gemacht hat, in dem er sagte: Für die Vereinigten Staaten ist verhältnismäßig wenig beunruhigend die Tatsache allein, daß die Sowjetunion verkündet, sie wolle den Kommunismus in der ganzen Welt verbreiten, genauso wenig wie es umgekehrt für die Sowjetunion beunruhigend ist, daß der Westen die Idee des freien Rechtsstaates in der ganzen Welt verbreiten will; beunruhigend werden solche Dinge erst je nach den Methoden, mit denen die Ziele verfolgt werden.
    So kommt es nicht so sehr darauf an, einfach in Bausch und Bogen festzustellen: die Sowjets sind böse und haben ein Fernziel, das für uns gefährlich ist, sondern es kommt darauf an, zu untersuchen: welchen Weg wollen sie in den nächsten Jahren beschreiten? Dem wird man eben nicht gerecht mit der Politik der Stärke, die nach wie vor betrieben wird. Glaubt man wirklich, mit rein militärischen Mitteln den Kommunismus bekämpfen zu können? Mit Bomben und Granaten, wenn man sie auf-



    Dr. Bucher
    stapelt, kann man zweifellos die Sowjetunion in Schach halten. Den Kommunismus kann man nicht damit bekämpfen. Und wenn man gar die Bomben und Granaten etwa auf tunesische Dörfer wirft, dann leistet man dem Kommunismus damit noch einen sehr guten Dienst.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Wenn wir eine solche methodische Betrachtung der Außenpolitik anwenden — hier stimme ich Dr. Gerstenmaier voll und ganz zu —, dann müssen wir doch sagen, daß das erste, was geschehen muß, Schritte zur Entspannung sind. Die Entspannung in der Welt führt zur Wiedervereinigung, und umgekehrt: die Wiedervereinigung, wenn sie gelänge, fördert die Entspannung. Statt dessen aber erleben wir immer wieder, daß ein sogenanntes Junktim geschaffen wird, gerade auch von seiten der Bundesregierung bei verschiedenen Gelegenheiten; ich erinnere etwa an den Beginn der Abrüstungsgespräche im letzten Jahr, die zunächst sehr hoffnungsvoll verliefen: man hat damals gleich in die Debatte geworfen, mit dieser Abrüstung müsse aber zugleich die deutsche Frage gelöst werden. So, im Sinne eines Junktims, geht es natürlich nicht. Wir müssen verlangen, daß die deutsche Frage auf einer Gipfelkonferenz behandelt wird. Wir dürfen sie aber nicht als unabdingbare Notwendigkeit in den Vordergrund stellen. Die Frage der Reihenfolge ist hier genauso wichtig wie beim Problem der Wiedervereinigung selbst.
    Wir begrüßen auch, daß Dr. Gerstenmaier festgestellt hat, man dürfe sich an keine illusionäre Reihenfolge klammern. Auch sonst haben wir hier einige neue Töne gehört, so z. B. den Satz, daß der Rapacki-Plan doch nicht von vornherein verworfen werde. Das klingt wesentlich anders als das, was wir vom Bundeskanzler dazu gehört haben. Der Herr Bundeskanzler hat am 15. Januar 1958 gesagt: „Da haben die Sowjets durch den Herrn Rapacki einen Plan vortragen lassen." Achten Sie darauf, es wird hier von vornherein unterstellt, daß die Sowjets den Herrn Rapacki lediglich als Werkzeug benutzt haben. Wir sollten das nicht tun; wir sollten, wenn sich im Osten ein Zeichen von politischer Selbständigkeit eines Staates zeigt, das mit allen Mitteln fördern und unterstützen und nicht von uns aus sagen: es ist ja nur ein Werkzeug des Herrn Bulganin oder Chruschtschow.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir sollten uns auch davor hüten — wie es in einer merkwürdigerweise wenig beachteten Stelle der Regierungserklärung geschehen ist —, das russische Volk — wohlverstanden: das russische Volk, nicht die russischen Politiker — in Bausch und Bogen zu verdammen und zu sagen, es sei infolge 40jähriger bolschewistischer Herrschaft überhaupt nicht mehr fähig, vernünftig politisch zu denken.
    Was Herr Dr. Gerstenmaier vorgetragen hat, gibt zweifellos Möglichkeiten zu einer gemeinsamen Außenpolitik, und wir könnten auf viele dieser Gedanken und Vorschläge als Basis einer gemeinsamen Außenpolitik eintreten. Aber wie gesagt, leider haben wir damit bisher wenig Erfolg gehabt.
    So z. B. wurde auch der Vorschlag unseres Freundes Becker, ein Gremium von vielleicht vier Männern — aus jeder Fraktion einer — zu schaffen, mit denen der Bundeskanzler, der Außenminister sich über ganz delikate außenpolitische Fragen aussprechen kann, bis jetzt praktisch nicht beantwortet. Es wurde uns gesagt, er sei im Augenblick nicht aktuell, aber der Herr Bundeskanzler wolle später darauf zurückkommen.
    Nun überhaupt eine kleine Abschweifung über die innenpolitische Behandlung dieser Dinge bei uns! Es ist hier schon wiederholt erwähnt worden, daß der 25jährige Jahrestag des Ermächtigungsgesetzes pekrärerweise mit dieser Debatte zusammenfiel. Eine große deutsche Zeitung hat die Debatte über das Ermächtigungsgesetz abgedruckt, — eine sehr gute Sache, und ich empfehle jedem, das nachzulesen. Er wird dann sehen, daß damals eine ähnlich schwere Entscheidung zu bewältigen war, die allerdings in ganz anderer Form als heute bewältigt wurde, nicht in vier- oder fünftägiger Debatte, sondern ganz kurz. Aber man wird dann auch den Männern, die damals zu entscheiden hatten, zubilligen müssen, daß sie alle von gutem Willen beseelt waren. Man sollte hier keine Steine werfen, wenn man im Glashaus sitzt. Die SPD allein sitzt nicht im Glashaus. Trotzdem sollte auch sie keine Steine werfen. Wenn man die Rede von Reinhold Maier liest, so sieht man ja die Vorbehalte, aus denen sie ausschließlich bestand. Den guten Willen, den man den damaligen Männern zugestehen sollte, sind wir auch heute jedem zuzugestehen bereit, nur wird es uns schwergemacht, schwergemacht von der Fraktion der CDU/CSU. Ich rede nicht von den Zwischenrufen, die nicht bis hierher durchdringen, die wir von unseren Nachbarn zu hören bekommen und die wir allmählich gewöhnt sind; es macht uns nichts mehr aus. Aber es ist leider so — es wurde schon mehrfach der französische Philosoph Le Bon zitiert —, daß höchst ehrenwerte Mitglieder des Hauses sich in eine Masse verwandeln, so daß es wirklich nicht verwunderlich ist, wenn beim Kollegen Erler die Erinnerung an jene makabre Szene im Sportpalast hochgestiegen ist.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sie ist mir ungewollt auch gekommen, das gebe ich ohne weiteres zu.
    Man ließ Herrn Dr. Reinhold Maier zu Anfang leider kaum zu Wort kommen. Nun, wer ist Herr Dr. Maier? Herr Dr. Maier war lange Zeit Ministerpräsident in Württemberg-Baden, dann in BadenWürttemberg. Er gehört genauso wie der Herr Bundeskanzler, dessen Verdienst ich gar nicht bestreite, zu den Männern, die das aufgebaut haben, was wir heute haben. Ich höre es eigentlich nicht gern, wenn gesagt wird: Daß Sie hier frei sprechen können, verdanken Sie dem Bundeskanzler, der CDU oder sonstwem. Damit sagt man ja eigentlich, daß das ganze deutsche Volk nichts weiter gewollt hätte, als sich mit fliegenden Fahnen dem Osten in die Arme zu werfen, und es nur das Verdienst einer Partei oder eines Mannes sei, daß das nicht geschehen sei. Nein, an diesem Verdienst sind sehr viele beteiligt, und darunter auch Herr Dr. Maier.



    Dr. Bucher
    Der schwäbische Humor ist hier nicht ganz richtig angekommen. Herr Bundesverteidigungsminister, wenn hier vom „Reichskriegsminister" die Rede war, dann bitte ich doch die Nuance zu beachten. Herr Dr. Maier hat sich nicht der östlichen Redewendung vom „Kriegsminister" bedient, sondern er hat vom „Reichskriegsminister" gesprochen und damit auf die Vergangenheit angespielt. Sie können sich also hier Vorbilder heraussuchen von Roon bis Blomberg.
    Sie machen es uns auch schwer, von der Basis des guten Willens auszugehen, wenn z. B. hier die Kernsätze des Herrn Bundeskanzlers wahllos beklascht werden, Kernsätze, die Sie als große Einfachheit bezeichnen, die wir aber schlankweg als Platitüden bezeichnen müssen.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Es ist doch allmählich eine Unzumutbarkeit und beinahe eine Unverschämtheit gegenüber diesem Haus, wenn Jahr für Jahr bei jeder außenpolitischen Debatte erklärt wird, die Lage sei so ernst wie noch nie.

    (Erneuter Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Diesmal haben wir nur den kleinen Trost, daß schon im voraus gesagt wurde, in den nächsten zwei Jahren werde sie noch ernster; also werden wir diesen Satz wenigstens zwei Jahre lang nicht mehr hören.
    Einfachheit ist freilich etwas Schönes, um einfache Dinge zu behandeln. Aber komplizierte Dinge, wie die Frage der Atomrüstung eines ist, kann man eben nicht einfach behandeln. Wer sie einfach behandelt, der versündigt sich dabei. Oder ist es nicht eine Versündigung am deutschen Volke, wenn man zunächst den Versuch macht, ihm einzureden, die Atomwaffen seien nur eine Fortentwicklung der Artillerie? Warum denn dieser Versuch? Warum die Bemäntelung? Warum die kunstvolle Verpackung, die Sie in dem jetzt vorgelegten Entschließungsantrag der CDU der Sache geben, wenn man ein so gutes Gewissen dabei hat?

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)

    Es ist wirklich furchtbar einfach — terriblement, wie Le Bon sagt —, wenn man so diese Dinge behandelt. Erzählen Sie so etwas einmal in Japan, Wir haben gottlob kein Hiroshima gehabt

    (Zuruf von der Mitte: Aber Dresden!)

    durch einen glücklichen oder unglücklichen Zufall, wie man es nimmt, durch den Zufall, daß der zweite Weltkrieg am 9. Mai 1945 zu Ende war. Das hat verhindert, daß der Atombombenprobeabwurf über Deutschland stattfand; er fand über Japan statt. Sollen wir tatsächlich in die Lage versetzt werden, zynischerweise zu sagen: leider hatten wir kein Hiroshima?

    (Zurufe von der Mitte: Na, na!) — Das ist eine Frage.


    (Abg. Majonica: Aber eine unangebrachte!)

    — Es wäre vielleicht nicht unangebracht, wenn sich einmal eine Delegation dieses Bundestages Hiroshima ansähe; es liegt nicht weit von Formosa.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD. — Abg. Majonica: Ihre geographischen Kenntnisse sind besser als Ihre politischen!)

    — Es freut mich, daß Sie mir jedenfalls in Geographie Kenntnisse zubilligen, Herr Majonica, nachdem ich nicht einmal dort war.

    (Abg. Metzger: An Herrn Majonica kann man natürlich nicht ran, der ist viel zu intelligent und genial!)

    Da wir schon von Formosa reden, komme ich auf die neue Erfindung — so ganz neu ist sie nicht —von Herrn Dr. Jaeger, dieses zahme, hübsche, kleine Atombömbchen, das er sich ausgedacht hat. Ich muß sagen, das kommt mir sehr irreal vor. Es ist so, wie wenn zwei Rennfahrer erkennen, daß das, was sie da betreiben, eine gefährliche Raserei ist, da immer wieder Unfälle passieren, und sich einig werden: wir fahren nur noch 100 km in der Stunde. Wie lange, glauben Sie, daß die das durchhalten, wenn es um den Sieg geht? Was soll uns diese kleine gezähmte Atombombe nützen, wenn die Gegenseite — sie wird sich nicht daran halten — große wirft? Genau dieselbe Frage stellt sich im Verhältnis der gewöhnlichen Atombombe, der nuklearen, zur Wasserstoffbombe. Auch hier wird es doch letzten Endes darauf ankommen, daß der Westen die Wasserstoffbombe als Abwehrmittel gegen die Sowjetunion hat, und nicht darauf, daß nun hier in der Bundesrepublik Atombomben gelagert sind.
    Es ist ja überhaupt seltsam, daß wir uns in dieser Weise darum reißen, während andere westliche Länder absolut nicht diese Beflissenheit erkennen lassen — Norwegen ist bereits genannt worden — und vor allem nachdem ja außer der Sowjetunion die Staaten des Ostblocks — China eingeschlossen
    — auch noch keine Atomwaffen haben. Das sollte doch beachtet werden, bevor man zu so gefährlichen Schritten kommt.
    Nun kommt immer wieder das Argument — das Herr Dr. Gerstenmaier vertritt und auch heute vertreten hat —, die NATO müsse im ganzen gleichmäßig ausgerüstet sein, weil ja die einzelnen Staaten, die einzelnen Armeen in die NATO integriert seien. — Ich wünschte zunächst einmal, daß das Wort Integration aus unserem Sprachschatz verschwinden möchte. Es ist nämlich eines der Fremdwörter, unter denen man sich sehr viel oder auch gar nichts vorstellen kann.

    (Beifall bei der FDP.)

    Aber wenn wir nun bei dieser Integration bleiben
    — sagen wir auf deutsch: Zusammenschluß —, muß es tatsächlich sein, daß alle gleich ausgerüstet sind? Man kann verlangen, daß alle Mitglieder der NATO die gleichen Opfer bringen, die gleichen Aufwendungen machen. Jawohl, das ist richtig. Aber warum alle gleich ausgerüstet sein sollen und warum auch hier nicht Gleiches gleich und Ungleiches ungleich behandelt werden soll, ist doch schlechterdings nicht einzusehen.



    Dr. Bucher
    So lautete ja die erste Theorie zur Verteidigung Europas — es war die Schild-Schwert-Theorie —: Wir stellen in Europa den Schild, bestehend aus konventionellen Waffen, die USA das atomare Schwert. Eine vernünftige Vorstellung.
    Was droht daraus zu werden — Herr Dr. Mende hat den Zwischenruf „Atomanarchie" gemacht —, wenn alle die Atomwaffen haben? Oder ist nicht zum mindesten zu befürchten, daß umgekehrt wir, der Festlandsschild, das Festlandsschwert zu werden im Begriffe sind?
    Man sagt, wir bringen Vorleistungen. Wir bringen keine Vorleistungen, wenn wir auf die Atomwaffen verzichten; denn ein Verzicht bedeutet ja einmal nicht, daß wir aus der NATO austreten, und er bedeutet zum zweiten nicht, daß er unwiderruflich ist. Wer keine Atomwaffen hat, der kann sie sich noch anschaffen. Wer sie aber einmal hat, der wird sie bei der bekannten Beharrungsfähigkeit militärischer Einrichtungen sehr schwer wieder loswerden.

    (Beifall bei der FDP. — Sehr wahr! bei der SPD.)

    Wir haben sonst schon genügend Vorleistungen in anderer Richtung gebracht. Wir wollten mit der EVG eine Vorleistung bringen. Sie wurde uns von Frankreich nicht abgenommen. Wir wollten mit dem Saarstatut eine Vorleistung bringen. Die Saarbevölkerung hat dadurch einen Strich gemacht. Wir haben mit der Montanunion, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft — der ja leider auch die SPD zugestimmt hat — ganz erhebliche Vorleistungen gebracht. Hier geht es ja nicht zuletzt um die Frage der Wiedervereinigung.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir wollen keine Vorleistungen für sie bringen; aber wir müssen bereit sein — und das darf ich wohl sagen, nachdem es auch Herr Minister Lemmer gesagt hat —, hier ein gewisses Risiko einzugehen. Denn laufen wir etwa kein Risiko, wenn wir in der Bundesrepublik Atomwaffen haben?
    Ich möchte nicht darauf verzichten, zu wiederholen, was mein Kollege Kreitmeyer am Samstag gesagt hat und was etwas untergegangen ist. Er zitierte die Ausgangslage zu dem NATO-Monöver „Schwarzer Löwe" im Jahre 1957. Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich hier zitieren:
    Mehrere westdeutsche Großstädte waren schwer getroffen worden. Frankfurt war verwüstet, in Hamburg und Bremen hatten die sowjetischen Atomwaffen große Zerstörungen angerichtet, die Häfen der beiden Hansestädte waren unbrauchbar geworden. Auch Köln mit seinen Rheinbrücken war stark zerstört. Ein riesiger Flüchtlingsstrom ergoß sich aus den getroffenen und gefährdeten Großstädten der Bundesrepublik auf das Land.
    Sowjetische Streitkräfte waren in Norwegen gelandet und drangen in Griechenland ein. In Deutschland überschritten sie die Zonengrenze an mehreren Stellen. Am frühen Abend des
    Mittwochs letzter Woche standen die sowjetischen Panzerkeile . . . wenige Kilometer vor dem brennenden Frankfurt. Starke sowjetrussische Panzerspitzen operierten im Raum zwischen Elbe und Weser. Schleswig-Holstein war von den übrigen Teilen der Bundesrepublik abgeschnitten.
    Die NATO-Truppen hatten durch den sowjetischen Atomschlag schwere Verluste erlitten. . . . Zusammen mit ihren NATO-Verbündeten zogen sie sich langsam vor dem nachdrängenden Gegner zurück.
    Angesichts dieser Lage gab das atlantische Hauptquartier den Befehl, ebenfalls Atomwaffen einzusetzen. Bis zum Abend des Mittwochs letzter Woche waren über Mitteleuropa insgesamt mehr als 100 Atombomben abgeworfen worden.
    Aber, meine Damen und Herren, ich sehe, meine Zeit ist abgelaufen. Mögen Sie und mögen wir nie in die Lage kommen, zu bereuen, daß man sich nicht doch noch länger über den „Schwarzen Löwen" unterhalten hat.

    (Beifall bei der FDP und bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine Damen und Herren, da wir unmittelbar vor 13 Uhr stehen, werden wir jetzt in die Mittagspause eintreten. Ich bitte aber, noch einen Augenblick zuzuhören.
Bevor wir in die Pause eintreten, habe ich noch eine unerfreuliche Pflicht des Präsidenten zu erfüllen, erst aus dem Protokoll ersichtliche, in der letzten Sitzung begangene Verstöße gegen die Ordnung und Würde des Hauses zu ahnden.
Der Abgeordnete Wehner hat ein Mitglied dieses Hauses einen „Ehrabschneider" genannt, der Abgeordnete Welke hat ihn einen „ausgemachten Strolch" geheißen, und der Abgeordnete Dr. Mommer hat ihn als den „schlimmsten Lümmel in diesem Hause" bezeichnet. Ich rufe die genannten Abgeordneten zur Ordnung.
Der Abgeordnete Dr. Menzel hat in dem gleichen Zusammenhang eine Äußerung getan, die ich, wenn ich sie gehört hätte, hätte rügen müssen.
Ich vertage die Sitzung auf 14 Uhr 30.

(Unterbrechung der Sitzung von 12.52 Uhr bis 14.32 Uhr.)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Die unterbrochene Sitzung wird fortgesetzt.
    Das Wort hat der Abgeordnete Schneider (Bremerhaven).