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ID0301703000

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    Deutscher Bundestag 17. Sitzung Bonn, den 13. März 1958 Inhalt: Sammelübersicht 3 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Bundestagsausschüssen zu Petitionen (Drucksache 245) 763 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts (Drucksachen 260 zu 260) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung vermögensteuerrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 261. zu 261) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung verkehrsteuerlicher Vorschriften (Drucksachen 262, zu 262) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (SparPrämiengesetz) (Drucksachen 263, zu 263) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Wohnbausparer (WohnungsbauPrämiengesetz) (Drucksachen 264, zu 264) — Erste Beratung —. Etzel, Bundesminister 763 D, 816 A Neuburger (CDU/CSU) 776 C Seuffert (SPD) 781 B Dr. Atzenroth (FDP) 793 D Dr. Preusker (DP) 798 B Dr. Eckhardt (CDU 'CSU 803 D Frau Rösch (CDU/CSU) 807 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 809 A Krammig (CDU/CSU) 812 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 815 A Überweisungen an die Ausschüsse . . . 819 A Nächste Sitzung 819 C Anlagen 821 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 17. ,Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1958 763 17. Sitzung Bonn, den 13. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.03 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albrecht 12. 4. Altmaier 14. 3. Dr. Baade 21. 3. Bading 20. 3. Bazille 18. 3. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Dr. Birrenbach 15. 3. Blachstein 29. 3. Dr. Böhm 14. 3. Conrad 18. 4. Dr. Dittrich 19. 3. Dr. Dollinger 14. 3. Ehren 13. 3. Frau Eilers (Bielefeld) 15. 3. Enk 14. 3. Felder 31. 3. Frau Friese-Korn 31. 5. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 13. 3. Funk 14. 3. Frau Geisendörfer 14. 3. Gottesleben 14. 3. Graaff 14. 3. Dr. von Haniel-Niethammer 14. 3. Dr. Heck (Rottweil) 13. 3. Heiland 31. 3. Hellenbrock 24. 3. Hesemann 14. 3. Hilbert 14. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 3. Höcker 15. 3. Höfler 14. 3. Frau Dr. Hubert 12. 4. Jürgensen 31. 3. Frau Keilhack 13. 3. Frau Kipp-Kaule 15. 3. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Köhler 14. 3. Kühlthau 14. 3. Kühn (Köln) 13. 3. Kunze 15. 5. Leber 13. 3. Lenz (Trossingen) 29. 3. Dr. Lindenberg 29. 3. Logemann 20. 3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 4. Mellies 25. 4. Mengelkamp 13. 3. Nellen 14. 3. Neumann 12. 4. Frau Niggemeyer 14. 3. Oetzel 15. 3. Paul 30. 4. Pelster 1. 4. Pietscher 14. 3. Ramms 13. 3. Frau Rudoll 15. 3. Schneider (Hamburg) 31. 3. Dr. Schranz 13. 3. Seidl (Dorfen) 14. 3. Dr. Starke 14. 3. Stenger 15. 3. Storm (Meischenstorf) 20. 3. Sträter 13. 3. Frau Strobel 20. 3. Unertl 20. 3. Varelmann 13. 3. Vogt 12. 4. Dr. Wahl 13. 3. Wehking 20. 3. Wehr 31. 3. Weinkamm 14. 3. Dr. Wilhelmi 14. 3. Wittrock 13. 3. Frau Wolff (Berlin) 14. 3. Dr. Wolff (Denzlingen) 14. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Emmy Diemer-Nicolaus


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Es ist richtig, ich war damals noch nicht hier.

    (Heiterkeit. — Zuruf von der Mitte: Dann wäre alles besser gelaufen!)

    — Das bezweifle ich sehr lebhaft. Besser gelaufen ist es erst jetzt. Die Forderung wurde damals schon von meiner Fraktion vertreten. Besser gelaufen ist es erst jetzt, nachdem sich glücklich das Bundesverfassungsgericht dieser Sache angenommen und in dem Beschluß vom 17. Januar 1957 eindeutig klargestellt hat, daß die immer wieder mit Familienfreundlichkeit verteidigte gemeinschaftliche Veranlagung mit unserem Grundgesetz nicht vereinbart werden kann. Damals wurde von unserer verehrten Alterspräsidentin Frau Dr. Lüders das Wort von der „Ehestrafsteuer" ad exemplum gezeigt und der Grundsatz ganz klar herausgestellt: Niemand darf deshalb, weil er verheiratet ist, mehr Steuern zahlen als vorher.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    — Sehr richtig? Es freut mich, daß Sie inzwischen auch zu dieser Auffassung gekommen sind. Ich muß auch sagen, als ich heute die Rede des jetzigen Herrn Bundesfinanzministers Etzel hörte, hat sie mich in großen Teilen — das hat schon Herr Atzenroth gesagt — sehr sympathisch und angenehm berührt. Man freut sich immer, wenn aus Saulussen Paulusse werden, meine Herren!

    (Beifall rechts und Heiterkeit.)

    Aber wie steht es nun mit diesem Bündel von Reformvorschlägen, das uns vorgelegt wurde? Ist es wirklich die echte Steuerreform, die anstand? Ich kann jetzt auf Einzelheiten nicht mehr eingehen, aber folgendes ist doch festzustellen: Es ist zunächst gerade nur das an Reformvorschlägen gemacht worden, was einfach auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erfolgen mußte.

    (Abg. Neuburger: Mehr!)

    Der damalige Finanzminister Schäffer hat immer darauf hingewiesen — und auch der Herr Bundesfinanzminister hat die Zahl genannt —, daß die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1,335 Milliarden koste. Diese Zahl nannte Herr Schäffer immer. Er sagte, deswegen können wir die Reform nicht machen, und nun mußte auf Grund des Urteils der andere Tarif geschaffen werden.
    Auf der anderen Seite hat der Herr Bundesfinanzminister ganz mit Recht schon in der gemeinschaftlichen Sitzung der verschiedenen Ausschüsse — aber auch heute im Plenum — darauf hingewiesen, daß man bei einer Reform des Steuerrechts nicht von den Mitteln absehen könne, die nun einmal für den Bundeshaushalt erforderlich seien. Er erklärte, daß die Belastung von 1,3 Milliarden untragbar sei. Jetzt mußte ein Tarif geschaffen werden, der immerhin doch noch so viel übrig läßt, daß der Etat nicht zu stark belastet wird. Trotz der Einführung des Splitting haben wir jetzt einen Tarif, der einen saldierten Mindererlös von nur 350 Millionen aufzeigt.
    Ich glaube, es muß im Ausschuß eingehend geklärt werden, wo denn diese Milliarde Unterschied zwischen dem ursprünglichen Tarif und dem jetzigen geblieben ist. Es muß geklärt werden, wohin diese Milliarde verschwunden ist; wir haben jetzt ja nur diesen saldierten Mindererlös von 350 Millionen. Wir werden danach fragen, welche Steuergruppen davon am stärksten betroffen sind.
    Wenn Sie sich einmal die Tabelle ansehen, werden Sie feststellen, daß gerade bei den Einkommen zwischen 5000 und 15 000 Mark die jetzige Kurve sich am stärksten der früheren Kurve nähert. Damit ist eine andere Frage angeschnitten, nämlich die, ob dieser Tarif geeignet ist, eine absolut mittelständische Politik zu fördern. Daß Sie, Herr Kollege Seuffert, und Ihre Fraktion das Splitting ablehnen würden, wußte ich vorher.

    (Zurufe von der SPD.)




    Frau Dr. Diemer-Nicolaus
    Darüber ist auch schon vorher geschrieben worden, und die Gewerkschaften haben zu dem Splitting-verfahren Stellung genommen. Die entsprechenden Einwendungen wurden erhoben.
    Aber bei Ihren Ausführungen, Herr Kollege Seuffert, haben Sie vor allen Dingen eins nicht bedacht — als Sie über den Arbeitnehmerfreibetrag sprachen —, daß es nämlich den kleinen Handel und den kleinen Mittelstand gibt, der aber nicht in einem Arbeitnehmerverhältnis steht. Wenn Sie nur für die Arbeitnehmer einen derartigen Freibetrag schafften, würden Sie wieder gegen einen Grundsatz verstoßen, der leider gerade bei Steuergesetzen gar zu sehr außer acht gelassen wird: gegen den Grundsatz der Steuergleichheit. Dieser Grundsatz wäre damit wieder absolut durchbrochen.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir vertreten folgende Auffassung: Wenn jetzt die Reform durchgeführt wird, dann gilt es, alle Maßnahmen im Hinblick auf wenige prinzipielle Gesichtspunkte zu überprüfen. Einer der wichtigsten Gesichtspunkte — das wurde heute immer wieder betont — ist der der Steuergerechtigkeit. Das richtige Recht ist hier so schwer zu finden. Vor allen Dingen geht es hier aber auch um den Grundsatz der Gleichheit und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, und deshalb sollten doch noch einmal die Sondervergünstigungen, soweit sie aufrechterhalten werden, sehr eingehend im Finanzausschuß mit Rücksicht auf diesen Grundsatz überprüft werden.
    Dann etwas anderes. Es ist von der Verwaltungsvereinfachung, ja überhaupt von der Steuervereinfachung gesprochen worden. In bezug auf die Verwaltungsvereinfachung ist die Einführung des proportionalen Tarifs wirklich ein guter Vorschlag. Aber ich weise nur auf die letzte Entschließung des Bundes der Steuerbeamten hin. Diese haben geäußert, daß der Durchbruch zur echten Vereinfachung mit Ihren materiellen Vorschlägen, Herr Bundesfinanzminister, noch nicht erreicht ist, weil nämlich die Sonderbegünstigungen aufrechterhalten geblieben sind und weil hiermit eine besonders große Verwaltungsarbeit verbunden ist.
    Mir wurde gesagt, die Steuerbeamten hätten sich schon einmal gegen die Steuergesetze gewendet und 70 Abgeordnete im 2. Deutschen Bundestag, besonders, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, aus Ihrer Fraktion, hätten sich dieser Sache angenommen. Die Steuerbeamten hätten schon damals gesagt, wenn hier wirklich vereinfacht würde, könnten 15 000 Steuerbeamte eingespart werden. Aber zu irgendeinem positiven Ergebnis hat, scheint's, diese Aufnahme der Vorschläge der Steuerbeamten nicht geführt.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Essen] : Das kommt noch!)

    — Um so erfreulicher; gut Ding braucht manchmal sehr viel Weile.
    Aber nicht nur die verwaltungsmäßige Vereinfachung ist erforderlich, sondern vor allen Dingen
    die Vereinfachung der Steuergesetze. Eine Reihe von Problemen sind überhaupt noch nicht angesprochen worden, z. B. die Frage der Bagatellsteuern. Meine Damen und Herren, mir liegt hier die Zusammenstellung des Bundes der Steuerzahler über die Steuereinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden und die Einnahmen des Lastenausgleichsfonds aus dem Jahre 1956 vor. Dabei kommt der Bund der Steuerzahler zu dem Ergebnis, daß die sechs größten Steuern — das sind Umsatzsteuer, Lohnsteuer, veranlagte Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Körperschaftsteuer und Tabaksteuer — zusammen mit den an 7. Stelle stehenden Zöllen 76 % des Gesamtaufkommens bringen und sich die restlichen 24 % auf 40 Steuern verteilen. Dabei sind Steuern mit einem Aufkommen von 0,002 %, 0,03 % usw. und so fort. Dabei sind auch Steuern mit merkwürdiger Entstehungsgeschichte; ich denke nur an die Leuchtmittelsteuer. Wenn wir schon an eine Reform gehen, sollten wir diese materielle Steuervereinfachung nicht außer acht lassen, sondern noch einmal eingehend prüfen, inwieweit bei den Bagatellsteuern der Verwaltungsaufwand zu dem Ertrag in einem angemessenen Verhältnis steht. Allerdings hat sich Herr Kollege Dresbach in der ,.Frankfurter Allgemeinen" seinerzeit für die Aufrechterhaltung der Bagatellsteuern unter dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist" ausgesprochen. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, diese kleinen Steuern ärgern auch wieder den Steuerpflichtigen.
    Da heute schon von Kapitalbildung und Vermögensbildung gesprochen worden ist, möchte ich noch auf eine Steuer hinweisen, die ich in einer Wirtschaft, die die Eigenverantwortlichkeit des einzelnen wünscht, eigentlich als sehr merkwürdig empfinde, nämlich die Versicherungssteuer. Wenn jemand so verantwortungsbewußt ist, für seinen Lebensabend, für seine Familie von seinem verdienten Geld auf privater Grundlage zu sorgen, dann wird er bestraft, indem er noch zusätzlich die Versicherungssteuer zahlen muß.

    (Beifall bei der FDP.)

    Ist das eigentlich richtig? Paßt so etwas noch in unser System hinein? Sie sehen: Fragen über Fragen!
    Im Zusammenhang mit dem Splitting noch folgendes. Man hat gesagt: Ja, von Junggesellen ist heute nicht die Rede. Es ist auch mit Recht darauf hingewiesen worden, daß die unverheirateten Frauen zum großen Teil gegen ihren Willen unverheiratet geblieben sind, weil die Männer, die für sie in Frage gekommen wären, aus dem Kriege nicht mehr zurückgekommen sind. Es ist für diese Frauen natürlich besonders bitter, wenn sie, die schon auf das Familienglück für sich verzichten müssen, jetzt, wenn auch nur in geringem Umfange, noch zusätzlich Steuern für die anderen zahlen müssen. Es sollte im Ausschuß überlegt werden, einen Weg zu finden, diese wenn auch vielleicht nur geringfügige Mehrbelastung wegfallen zu lassen.
    Etwas zu den kinderlosen Ehepaaren. Meine sehr verehrten Kollegen, es handelt sich durchaus nicht nur um Ehepaare, die keine Kinder haben, sondern
    Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 17. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 13. März 1958 811
    Frau Dr. Diemer-Nicolaus
    auch um die Ehepaare, deren Kinder groß sind, so daß sie nicht mehr die Steuergruppe III bekommen. Aber die Familie wächst mit den großen Kindern noch weiter. Den Eltern, die sich schwer getan haben, die Kinder großzuziehen, Studium und Berufsausbildung zu bezahlen, wäre es ganz angenehm, wenn sie auch einmal aufschnaufen könnten und nicht gleich wieder mehr Steuern bezahlen müßten.

    (Beifall bei der FDP.)

    Auch das gehört zu dem Problem der Familie.
    Zu der Rede des Herrn Bundesfinanzministers möchte ich in einem Punkte zurückkommen, der in der Diskussion noch gar nicht behandelt worden ist, von dem es mich aber freut, daß er vom Herrn Bundesfinanzminister angeführt wurde: daß wir bei diesen Steuerreformplänen auch sehen müssen, wie sich die Reform auf die Länder und letzten Endes auf die Gemeinden auswirkt. Der Steuerverbund, der durch die Aufteilung von Einkommen- und Körperschaftsteuer vorhanden ist, hat natürlich sehr maßgebliche Auswirkungen für die Länder und für die Gemeinden. Entweder haben die Länder den Steuerverbund mit den Gemeinden — wie das in Baden-Württemberg der Fall ist —, oder sie machen von sich aus jährlich entsprechende Finanzzuweisungen an die Gemeinden. Da kommt es schon auf das an, was ihnen zur Verfügung steht.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat darauf hingewiesen, daß sich allerdings Beträge ergeben haben, die auch für die Länder von großer Bedeutung sind. Er nannte hierbei die Zahlen für die Wiedergutmachungsleistungen. Es hat sich nun ergeben, daß die Anforderungen ein Mehrfaches von dem betragen, was ursprünglich für die Wiedergutmachungsleistungen vorgesehen war. Wenn ich die Zahlen höre, die genannt worden sind — 1,3 Milliarden DM für den Bund, entsprechend der gleiche Betrag für die Länder —, so kann ich mir die Sorgen und Nöte der Länder vorstellen, wie sie diese Beträge aufbringen sollen. Für die nächsten fünf Jahre 13 Milliarden beim Bund; das sind 13 Milliarden DM wiederum bei den Ländern. Da darf man es den Ländern nicht übelnehmen, wenn sie sagen, diese Beträge müssen gegenseitig abgestimmt werden, und wenn die Länder zu der Auffassung kommen, daß auch die Voraussetzungen nach Artikel 106 Absatz 4 des Grundgesetzes gegeben sind.
    Im 2. Bundestag haben Sie sich eingehend auch mit kulturellen Problemen befaßt, nämlich mit der Förderung der Wissenschaft, mit den Schulhausbauten. Das sind Dinge, die hier im Bundestag zur Sprache gekommen sind, obwohl das echte kulturelle Aufgaben der Länder sind. Warum denn, meine Damen und Herren? Doch deshalb, weil sich gezeigt hat, daß den Ländern einfach nicht mehr ausreichende Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben zur Verfügung gestanden haben und aus diesem Grunde vom Bund aus zusätzlich etwas getan werden mußte, Die Länder weisen in ihrer Denkschrift darauf hin, daß sie für Wissenschaft und Forschung jährlich 3 Milliarden brauchen. Sie weisen weiter auf den einmaligen Zuschußbedarf von 8 Milliarden für den Ingenieurnachwuchs, den Neubau von Ingenieurschulen usw., die für die Industrie von größtem Wert sind, hin. Das bedeutet in Zukunft einen. weiteren Jahresmehraufwand von 1,6 Milliarden. Das muß natürlich berücksichtigt werden, wenn es um den Ausgleich und praktisch darum geht, welcher Prozentsatz der Einkommen- und der Körperschaftsteuer den Ländern und welcher dem Bund verbleiben muß. Ich finde es nämlich immer noch einfacher, das wird dabei berücksichtigt, als daß das Geld zuerst zum Bund fließt und, wie das seinerzeit unter dem Finanzminister Schäffer der Fall gewesen ist, nachher wieder im Betrage von 200 Millionen darlehnsweise dem bayerischen Staat zur Verfügung gestellt wird.

    (Abg. Frau Dr. h. c. Weber [Essen] : Sie sind also Föderalistin?)

    — Ja, warum denn nicht? So wie es das Grundgesetz verlangt, Frau Kollegin Weber!

    (Abg. Neuburger: Das steht doch heute gar nicht zur Debatte!)

    — Herr Kollege Neuburger, wenn Sie die Rede von Herrn Bundesfinanzminister Etzel aufmerksam angehört oder gelesen haben, dann werden Sie festgestellt haben, daß diese Dinge auch nach der Auffassung von Herrn Finanzminister Etzel in diesen Rahmen gehören.

    (Beifall bei der FDP. — Abg. Neuburger: Aber nicht in diese Beratung!)

    Über die Gemeinden und das Problem der Gewerbesteuer ist hier schon gesprochen worden. Es ist wirklich die Frage, ob man so weit gehen kann, einen so großen Prozentsatz, nämlich 10 Millionen, aus der Steuerverpflichtung gegenüber dem Staat zu entlassen. In diesem Zusammenhang ist erklärt worden, daß es bei den Gemeinden so etwas wie eine Bürgersteuer nicht mehr gibt. Pläne, in dieser Hinsicht eine Personalsteuer zu schaffen, wurden hier offenkundig. Es handelt sich dabei um eine sehr wichtige Frage. Die Abhängigkeit einer Gemeinde nur von der Gewerbesteuer kann zu untragbaren Ergebnissen führen. Denken Sie an das Beispiel von Neckarsulm! Infolge des Produktionsrückgangs von NSU sind die Gewerbesteuererträge innerhalb der letzten zwei Jahre so stark gesunken, daß die Stadt Neckarsulm heute Mühe und Not hat, ihre wichtigsten Aufgaben zu finanzieren. Über diese Dinge wird später eingehend gesprochen werden müssen.
    Wenn Sie jetzt 10 Millionen Menschen aus ihrer Steuerpflicht entlassen wollen,

    (Abg. Krammig: 7 Millionen sind ja schon draußen!)

    dann gehen Sie doch von der Voraussetzung aus, daß nach wie vor entsprechend hohe Einkommen zur Verfügung stehen, die die erforderlichen Lasten tragen können. Wir sehen alle nicht in die Zukunft. Denken Sie nur an das, was uns gestern in die Schließfächer gelegt worden ist! In den ersten drei Quartalen des Jahres 1957 haben sich die Einnahmen sehr nachteilig entwickelt. Wir haben außerordentliche Mindereinnahmen an Steuern zu ver-



    Frau Dr. Diemer-Nicolaus
    zeichnen — das Steueraufkommen hat sich, glaube ich, nur noch um 2,3% erhöht —, während die Ausgaben sehr stark gestiegen sind. Die Diskrepanz zwischen Einnahmen und Ausgaben beträgt, wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe, über 2 Milliarden. Das soll uns zu denken geben. Es soll uns wieder unsere Verantwortung bei den Steuerreformplänen zeigen. Es soll uns auch die Verantwortung bei dem Haushalt zeigen, der leider nicht gleichzeitig behandelt werden kann.
    Auf eins muß ich noch hinweisen. Jetzt kommen die Wahlgeschenke zum Tragen, die der zweite Bundestag unmittelbar vor seiner Auflösung im Ausmaß von 5,9 Milliarden beschlossen hat. Das ist der eine große Block, der da ist. Sehen Sie sich diese Aufstellung an, und Sie werden erkennen, daß der große Block der sozialen Lasten, der große Block des Grünen Plans und die Leistungen für die Bundesbahn dazu geführt haben, daß sich das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben so außerordentlich nachteilig entwickelt hat. Wäre nicht in den Jahren 1950 bis 1956 eine völlig falsche Finanzpolitik getrieben worden, so daß der berühmte Juliusturm nicht zur Verfügung gestanden hätte, dann wären diese Dinge auch gar nicht in diesem Umfang geschaffen worden.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ich bedaure, daß nicht schon damals Herr Etzel Bundesfinanzminister gewesen ist. Ich habe die Zuversicht, daß bei ihm so etwas nicht mehr passiert.

    (Heiterkeit. — Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Schade, daß Sie damals nicht im Bundestag waren!)

    Meine Herren und Damen, es ist schon spät, und im Ausschuß wird noch genügend Zeit und Gelegenheit sein, über Einzelheiten zu beraten. Wir Freien Demokraten haben nur eine Bitte: wir würden uns sehr freuen, wenn in Zukunft unsere Vorschläge und Anträge von Anfang an hier im Parlament so sorgfältig geprüft würden, wie das bezüglich unserer Forderung auf Einführung des Splitting vom Bundesverfassungsgericht geschehen ist, so daß nicht erst das Bundesverfassungsgericht dem Parlament sagen muß, was das richtige Recht ist.

    (Beifall bei der FDP.)

    Wir sehen in dem Gesetzeswerk nur einen ersten bescheidenen Anfang einer wirklich umfassenden Reform. Ich kann in bezug auf das, was zur Umsatzsteuer gesagt wurde, nur die Ausführungen von Herrn Preusker unterstreichen. Wir müssen an diese Probleme herangehen. Wir müssen daran denken, daß die steuerliche Grundlage das Wichtigste ist. Wir sollten uns aber davor hüten, in Steuergesetze jetzt auf einmal wieder allzuviel Ethik hineinzubringen. Herr Bundesfinanzminister, Herr Atzenroth hat schon ausgeführt, daß wir das Prämiensparen ablehnen.

    (Abg. Dr. Hellwig: Das ist aber schade!)

    Ich möchte dabei auf das hinweisen, was von einem
    so maßgeblichen Gremium wie der Bundesbank im
    Bericht für Januar 1958 gesagt worden ist. Die Bundesbank bezeichnete den Wert von staatlichen Sparförderungsmaßnahmen als recht problematisch. Nach diesem Bericht bringen solche Maßnahmen unvermeidlich Unruhe in den Kapitalmarkt, verfälschen das Zinsniveau und verursachen Kosten, die in keinem Verhältnis zum volkswirtschaftlichen Nutzen stehen, zumal man aus technischen Gründen nicht umhin kann, bloße Umlagerungen von bereits vorhandenen Ersparnissen in steuerbegünstigte Anlagen ebenfalls zu belohnen.

    (Vorsitz: Präsident D. Dr. Gerstenmaier.)

    Der Kapitalmarkt muß über den Zins geregelt werden, aber nicht über die Art des Prämiensparens, wie sie hier vorgeschlagen ist. Lassen wir es bei den beiden schon bestehenden Arten, beim Versicherungssparen und beim Bausparen — das genügt — und begeben wir uns nicht in Neuland, wodurch die gewollte Vereinfachung doch wieder rückgängig gemacht wird!

    (Beifall bei der FDP.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Krammig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Krammig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich in dieser Sternenstunde im doppelten Sinne auch noch einige Ausführungen machen. Verehrte Frau Kollegin, es wäre sehr reizvoll, Ihnen im einzelnen auf das zu antworten, was Sie vorgetragen haben. Aber da ich nicht schuld daran sein will, daß wir morgen früh noch die Debatte fortsetzen müssen, werde ich mich auf nur ganz wenige Bemerkungen beschränken.
    Zunächst einmal ist in der Steuersystematik — das scheinen Sie völlig übersehen zu haben — das Splitting letzten Endes nichts anderes als eine besondere Form der gemeinsamen Besteuerung. Wir sind also den Umweg gegangen, daß wir bei der gemeinsamen Besteuerung begonnen haben und zur getrennten Veranlagung übergegangen sind, die zu unterschiedlichen Belastungen geführt hat. Das hat das Bundesverfassungsgericht veranlaßt, diese Art der Besteuerung abzulehnen. Wir sind dann wieder zum Splitting, zur gemeinsamen Veranlagung zurückgekehrt. Ich bitte Sie, sich diese Dinge auch einmal von diesem Standpunkt aus zu überlegen.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das Bundesverfassungsgericht hat die Ungleichmäßigkeit der Besteuerung bemängelt. Wir haben daran alle in diesem Hause mitgewirkt, insbesondere auch bei den Vorlagen, die 1954 behandelt worden sind, als wir besondere Steuervorschriften eingeführt haben.
    Sie haben davon gesprochen, daß man die Sonderbegünstigungen abbauen solle. Ich bin mit Ihnen einer Meinung. Aber ich bin sehr begierig auf Ihre Vorschläge im Finanzausschuß. Vielleicht schlagen Sie die völlige Beseitigung des § 7 c oder des § 7 b oder des § 10 oder sonstiger Vergünstigungen vor, z. B. der degressiven Abschreibung oder Ähnliches.



    Krammig
    Dann wollen wir einmal sehen, ob Sie dann noch zu Ihrem Wort stehen. Das, was jetzt als Sonderbegünstigung noch im Gesetz enthalten ist, kann im Augenblick noch nicht abgebaut werden, wenn nicht schwere wirtschaftliche Schäden eintreten sollen.
    Sie haben weiter gefordert, man solle die Bagatellsteuern beseitigen. Sie haben aber vergessen, hinzuzufügen, daß sich die Prozentsätze, die Sie genannt haben, auf ein Gesamtvolumen von etwa 40 Milliarden DM beziehen. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich 1/2 % von 40 Milliarden DM als mein eigenes Vermögen bezeichnen könnte.

    (Zurufe.)

    — Das gestehe ich hier ganz offen. Ich gehöre gar nicht zu den Menschen, die immer so tun, als ob sie nicht besitzen wollten, in Wirklichkeit aber nach dem Mammon jagen.

    (Heiterkeit. — Abg. Kurlbaum: Wen meinen Sie damit?)

    — Ich habe nur auf die Zwischenrufe geantwortet. Derjenige, der mir den Zwischnruf gemacht hat, kann sich den Schuh ja anziehen, er wird ihm schon passen.

    (Erneute Heiterkeit.)

    Sie haben von der Wiedergutmachung gesprochen, verehrte Frau Kollegin. Sie haben aber völlig übersehen, daß auch Ihre Fraktion diesem Gesetz in vollem Umfang zugestimmt hat, daß es eines der wenigen Gesetze war, die nach gemeinsamer Arbeit von Bundestag, Bundesrat und beteiligten Ressorts einstimmig angenommen worden sind.

    (Abg. Dr. Hellwig: Sehr richtig!)

    Sie haben auch völlig übersehen, daß der Bundesfinanzminister bei seinen Schätzungen hinsichtlich der finanziellen Belastungen, die das Gesetz bringen würde, von den Unterlagen ausgehen mußte, die ihm von den Ländern zur Verfügung gestellt waren, und daß er selber eigene Unterlagen überhaupt nicht hatte, die es ihm möglich gemacht hätten, das Ausmaß der Belastung zu errechnen. — Bitte schön, wenn Sie eine Frage stellen wollen.