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ID0301700800

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    Deutscher Bundestag 17. Sitzung Bonn, den 13. März 1958 Inhalt: Sammelübersicht 3 des Ausschusses für Petitionen über Anträge von Bundestagsausschüssen zu Petitionen (Drucksache 245) 763 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und Ertrag und des Verfahrensrechts (Drucksachen 260 zu 260) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung vermögensteuerrechtlicher Vorschriften (Drucksachen 261. zu 261) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung verkehrsteuerlicher Vorschriften (Drucksachen 262, zu 262) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (SparPrämiengesetz) (Drucksachen 263, zu 263) — Erste Beratung —; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Wohnbausparer (WohnungsbauPrämiengesetz) (Drucksachen 264, zu 264) — Erste Beratung —. Etzel, Bundesminister 763 D, 816 A Neuburger (CDU/CSU) 776 C Seuffert (SPD) 781 B Dr. Atzenroth (FDP) 793 D Dr. Preusker (DP) 798 B Dr. Eckhardt (CDU 'CSU 803 D Frau Rösch (CDU/CSU) 807 D Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) . . 809 A Krammig (CDU/CSU) 812 C Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) 815 A Überweisungen an die Ausschüsse . . . 819 A Nächste Sitzung 819 C Anlagen 821 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 17. ,Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. März 1958 763 17. Sitzung Bonn, den 13. März 1958 Stenographischer Bericht Beginn: 14.03 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Albrecht 12. 4. Altmaier 14. 3. Dr. Baade 21. 3. Bading 20. 3. Bazille 18. 3. Dr. Becker (Hersfeld) 15. 3. Dr. Birrenbach 15. 3. Blachstein 29. 3. Dr. Böhm 14. 3. Conrad 18. 4. Dr. Dittrich 19. 3. Dr. Dollinger 14. 3. Ehren 13. 3. Frau Eilers (Bielefeld) 15. 3. Enk 14. 3. Felder 31. 3. Frau Friese-Korn 31. 5. Dr. Fritz (Ludwigshafen) 13. 3. Funk 14. 3. Frau Geisendörfer 14. 3. Gottesleben 14. 3. Graaff 14. 3. Dr. von Haniel-Niethammer 14. 3. Dr. Heck (Rottweil) 13. 3. Heiland 31. 3. Hellenbrock 24. 3. Hesemann 14. 3. Hilbert 14. 3. Dr. Höck (Salzgitter) 31. 3. Höcker 15. 3. Höfler 14. 3. Frau Dr. Hubert 12. 4. Jürgensen 31. 3. Frau Keilhack 13. 3. Frau Kipp-Kaule 15. 3. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Köhler 14. 3. Kühlthau 14. 3. Kühn (Köln) 13. 3. Kunze 15. 5. Leber 13. 3. Lenz (Trossingen) 29. 3. Dr. Lindenberg 29. 3. Logemann 20. 3. Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 4. Mellies 25. 4. Mengelkamp 13. 3. Nellen 14. 3. Neumann 12. 4. Frau Niggemeyer 14. 3. Oetzel 15. 3. Paul 30. 4. Pelster 1. 4. Pietscher 14. 3. Ramms 13. 3. Frau Rudoll 15. 3. Schneider (Hamburg) 31. 3. Dr. Schranz 13. 3. Seidl (Dorfen) 14. 3. Dr. Starke 14. 3. Stenger 15. 3. Storm (Meischenstorf) 20. 3. Sträter 13. 3. Frau Strobel 20. 3. Unertl 20. 3. Varelmann 13. 3. Vogt 12. 4. Dr. Wahl 13. 3. Wehking 20. 3. Wehr 31. 3. Weinkamm 14. 3. Dr. Wilhelmi 14. 3. Wittrock 13. 3. Frau Wolff (Berlin) 14. 3. Dr. Wolff (Denzlingen) 14. 3.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von August Neuburger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Deshalb sage ich ja: die direkte Steuer ist Preisbestandteil. Dann sind wir ja einig. Mehr will ich ja nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Vorstellung, daß die direkte Steuer eine Steuer sei, die man sozusagen ohne jede Beziehung auf einen anderen bezahlt und die keinerlei Rückwirkungen und Auswirkungen auf einen anderen hat, ist eine Illusion, und daher kommen alle diese falschen Vorstellungen. So ist es doch!

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Seuffert: Sehr falsche Vorstellungen!)

    Ich habe weiter gesagt: Die betriebliche Gewinnsteuer — gleichgültig, ob Personal- oder Körperschaftsteuer — läßt sich überhaupt erst über den Preis realisieren. Das bedeutet — ich will das nur andeuten und nicht zu Einzelheiten Stellung nehmen; denn da wir es hier mit einer Reformvorlage zu tun haben, müssen wir doch etwas auf die Grundlagen der ganzen Fragen eingehen —, daß also steuerliche Bewegungen — ob Steuersenkungen oder -erhöhungen — in einer Wirtschaft, die in einem echten Wettbewerb steht — das muß natürlich sein, ein echter Wettbewerb, zu Hause wie draußen —, zwangsläufig im Preis über kurz oder lang ihren Ausdruck finden müssen. Diese Erkenntnis war für mich immer ein Grund, mich — nicht etwa aus sogenannten kapitalistenfreundlichen Gründen, sondern aus wohlverstandenen, ganz realen sozialen Gründen — gegen höhere Plafondsätze, gegen höhere Körperschaftsteuersätze und nicht zuletzt — ich möchte da niemand angreifen — auch gegen die daraus resultierende steuerliche Thesaurierungspolitik der letzten Jahre zu wenden.
    — Soviel zum allgemein Wirtschaftspolitischen und Steuerpolitischen.
    Die Förderung des Mittelstandes ist im Rahmen unserer politischen Zielsetzungen für uns ein entscheidendes Anliegen. Ohne dirigistisch sein zu wollen, sondern nur in organischer Anpassung der steuerlichen Bestimmungen an das, was wir für den Mittelstand wollen, bringt die Vorlage für den Großteil der Einkommensbezieher des Mittelstandes die stärkste Ausbuchtung nach unten. Das ist das eine. Das andere, das Problem der mitarbeitenden Ehefrau — wie oft müssen wir uns damit beschäftigen! —, wird durch die Einführung des Splittingverfahrens einer endgültigen Lösung nach dem Grundsatz der Steuergleichheit und Steuergerechtigkeit zugeführt. Die Ausdehnung der degressiven Abschreibung für Wirtschaftsgüter mit einer Lebensdauer von weniger als zehn Jahren ermöglicht dem Mittelstand, viel weiter mit der technischen Modernisierung und Rationalisierung seiner Betriebseinrichtungen fortzuschreiten.
    Leider konnten die von mittelständischen Kreisen immer wieder erhobenen Forderungen auf Vergünstigung bezüglich des sogenannten nicht entnommenen Gewinns im Interesse der zusätzlichen Kapitalversorgung keine Berücksichtigung finden, so sachlich berechtigt dieses Anliegen auch ist. Es ist bisher nicht gelungen, eine technisch einwandfreie Handhabung dieses Prinzips zu finden. Die gesetzgeberischen Versuche — es hat daran nicht gefehlt
    — auf diesem Gebiet sind als gescheitert anzusehen. Sie wären auch — ich möchte bitten, das zu beachten — nicht mit den diese Vorlage beherrschenden Prinzipien in Einklang zu bringen, daß nämlich all diese berechtigten Interessen möglichst nur im Tarifaufbau ihren Niederschlag finden sollten.
    Die große und echte Sorge mittelständischer Kreise nach ausreichender Kapitalversorgung ist auch unsere Sorge und unser Anliegen. Ich sage das nicht etwa nur, um jetzt schöne Worte zu machen. Sie ist Ausdruck unserer gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Haltung und Zielsetzung. Die jetzt vorgesehenen steuerlichen Entlastungen durch die Tarifsenkung, durch die degressive Abschreibung und zusätzlich durch das Splitting bilden zusammengenommen für die mittelständische Wirtschaft echte Möglichkeiten für die Kapitalbildung im eigenen Betrieb. Dem Mittelstand kommen darüber hinaus mittelbar, und zwar sowohl bei der Kredit- als auch bei der Kapitalversorgung, sicher-



    Neuburger
    lieh alle Maßnahmen zugute, die die Kapitalbildung in allen Bereichen in Zukunft erleichtern sollen. Ich verweise in diesem Zusammenhang insbesondere auch auf das Sparprämiengesetz. Einzelheiten dazu werden Parteifreunde von mir noch vortragen.
    Ich komme nun zum familienpolitischen Sektor. Auch hier will ich konsequent sein und mich fragen, inwieweit sich die vorgeschlagenen steuerrechtlichen Bestimmungen wiederum nicht dirigistisch, sondern organisch in unser familienpolitisches Wollen einordnen.
    Den Ausgangspunkt bildet, wir wissen es alle, im Hinblick auf das Karlsruher Urteil die Notwendigkeit, den bisherigen Tarifaufbau, soweit er die Familie betrifft, zu ändern. Es standen zweifellos, auch das bitte ich zu beachten, verschiedene Möglichkeiten offen, den Gedanken und die Grundsätze des Karlsruher Urteils zu verwirklichen. Denn das Karlsruher Urteil hat — das wird oft übersehen — den Gesetzgeber und die Finanzverwaltung in keiner Weise gezwungen, als Verfahren, das diesem Urteil bzw. dem Artikel 6 des Grundgesetzes gerecht wird, nun gerade das Splitting zu wählen. Das Urteil will nur besagen, daß im Hinblick auf Artikel 6 die Tatsache der Verheiratung, also der Gründung einer Familie, nicht zu einer steuerlichen Mehrbelastung führen darf. Darin bestand ja auch die eigentliche Crux der Haushaltsbesteuerung.
    Auch hier möchte ich auf das zurückgreifen, was ich schon einmal zu diesem Thema ausgeführt habe, und zwar vor etwa vier Jahren, im Mai 1954. Es sei mir gestattet, auszugsweise ein paar Sätze vorzulesen. Ich sagte damals:
    Die derzeitige Regelung stellt unbestreitbar die stärkste Verletzung dieses Grundsatzes dar. Der Herr Bundesfinanzminister will diesen ungesunden Zustand dadurch beseitigen, daß er allmählich zu der für ihn allein möglichen gemeinschaftlichen Besteuerung
    — der sogenannten Haushaltsbesteuerung — zurückkehrt.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Von Ihrer Partei!)

    Deshalb hat er sich entschlossen, in der Vorlage einen weiteren Schritt in der Richtung auf dieses Ziel, die gemeinschaftliche Besteuerung,
    — die Haushaltsbesteuerung —
    zu gehen. ... Ob man zu diesem Grundsatz der gemeinschaftlichen Besteuerung angesichts der Tatsache, daß immer mehr Ehefrauen berufstätig sind, zurückkehren kann und ob wir nicht eventuell doch auf eine andere Lösung abgedrängt werden, etwa die Lösung der getrennten oder der halbierten Veranlagung, des Halbierens der Verdienste ohne Rücksicht darauf, wer von den einzelnen Ehegatten und wieviel der einzelne Ehegatte verdient, das können wir im Rahmen dieser Reform wahrscheinlich nicht lösen; denn eine solche Schwenkung wäre, wie feststeht, im Rahmen dieser Tarifgestaltung nicht möglich. Wenn wir uns also grundsätzlich von dem Vorschlag des Bundesfinanzministers abwenden sollten, so hätte das zwangsläufig zur Folge, daß wir auch den Tarif, so wie er vorliegt, nicht gebrauchen könnten. Es würde also eine völlige Umgestaltung des Tarifs bedeuten.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Mohrenwäsche!)

    — Keine Mohrenwäsche; das liegt mir fern. Aber es ist doch immerhin draußen der Eindruck entstanden, als ob irgendwie das Karlsruher Urteil uns als Gesetzgeber alle überrascht hätte. — Diese Umgestaltung des Tarifs ist jetzt erfolgt. Die jetzige Regelung, die auf dem Splitting-Prinzip beruht, bringt die familienpolitisch allein mögliche steuerliche Gleichstellung der Hausfrau, gleichgültig, ob sie außerhalb des Hauses in selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit tätig ist, ob sie im Betrieb des Mannes arbeitet oder ob sie als Hausfrau ihre Pflichten als Mitversorgerin der Familie erfüllt.
    Unser weiteres Anliegen, für die meisten von uns eine echte Herzensangelegenheit, ist, beim Ausmaß der steuerlichen Belastung die Familien mit Kindern entsprechend zu berücksichtigen. Diese Forderung findet ihre Realisierung in der weiteren Erhöhung der Freibeträge für das erste Kind von 720 auf 900 DM, für das zweite Kind von 1440 auf 1680 DM und für jedes weitere Kind von 1680 auf 1800 DM. Ich weiß, daß auch dabei noch Wünsche — und sicherlich sehr berechtigte Wünsche — offen bleiben. Aber Steuern sind nun einmal ein notwendiges Übel, und nicht alle familienpolitisch notwendigen Maßnahmen sind mit steuerrechtlichen Maßnahmen lösbar. Vielleicht ließe sich an Stelle fester Freibeträge — solche Forderungen sind bereits erhoben worden — an im Verhältnis zur Steuer gestaffelte Freibeträge denken.
    Zur Wohnungsbaupolitik sage ich nichts Neues, wenn ich nochmals mit Nachdruck betone, daß unsere Tendenz immer mehr dahin geht, im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus Eigentumswohnungen zu schaffen. Es ist daher auch im Sinne der Einordnung unserer steuerrechtlichen Vorstellungen in unsere wirtschafts- und gesellschaftspolitische Zielsetzung selbstverständlich, daß wir die noch verbleibenden Steuervergünstigungen, also dirigistische Maßnahmen, auf die Schaffung solcher Eigentumswohnungen beschränken. Ich weiß, daß sich gegen diese Formulierung Widerspruch erheben wird. Trotzdem will ich dazu keine Ausführungen machen. Falls es notwendig werden sollte, werden meine Parteifreunde hierzu noch im einzelnen Stellung nehmen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden Verständnis dafür haben, wenn ich angesichts des Umfangs der zur Lösung anstehenden Probleme nicht auf alle Einzelheiten eingehe und mich auch nicht mit Änderungswünschen auseinandersetze. Ich sehe meine Hauptaufgabe, wie ich eingangs betont habe, darin, darzulegen, inwieweit sich die Vorlagen als solche in unsere allgemeine



    Neuburger
    politische Zielsetzung, insbesondere auf wirtschafts- und sozialpolitischem Gebiete, einordnen. Unser Ziel ist und bleibt unverrückbar: die Stärkung der Wirtschaft in allen ihren Teilen, gleichgültig, ob Klein-, Mittel- oder Großbetrieb; denn nur eine in sich gesunde und kapitalkräftige Wirtschaft kann in dem Wettbewerb auf den internationalen Märkten, der für uns — darauf muß ich nochmals hinweisen — eine Lebensfrage darstellt, bestehen. Nur eine gesunde Wirtschaft kann eine Garantie für den Bestand und die Erhaltung der Arbeitsplätze, für die Erhaltung und die Steigerung unseres Lebensstandards, für die Erhaltung und die Sicherung unserer realen Kaufkraft und für die reale Möglichkeit zur Bildung von breit gestreutem Eigentum sein. Denn die schönsten Überlegungen und Parolen nützen nichts, wenn eben nicht eine gesunde Wirtschaft die Erträgnisse zum Leben und zum Sparen liefert. Nur eine gesunde Wirtschaft versetzt uns des weiteren in die Lage, all den Verpflichtungen auf sozialem Gebiet nachzukommen, die eine verhängnisvolle Vergangenheit auf uns geladen hat.
    All diesen Zielen bringt uns die Vorlage einen entscheidenden Schritt näher. Das gelingt uns -- und darin besteht das Wesen der Reform und zugleich auch die Abkehr von früher — unter Verzicht auf dirigistische Maßnahmen ausschließlich durch organische Anpassung der steuerrechtlichen Maßnahmen an unsere wirtschaftspolitsche und soziale Zielsetzung. So gesehen, bedeutet diese Reform eine echte Zäsur, zumindest gegenüber unserer bisher praktizierten Steuerpolitik.
    Für uns als Gesetzgeber gilt es nun, diese Vorlage im Verlauf der Beratungen nicht zu verwässern. Mit Schrecken denke ich noch an frühere Beratungen, in denen bis zu über 100 Änderungsanträge gestellt wurden, und all das unter dem Motto „Vereinfachung der Steuern". Es gilt also — und das möge unsere Aufgabe sein —, diese Vorlagen in dem Geist, in dem sie vorgetragen wurden, und in dem Geist, den sie in sich tragen, zu verbessern und schließlich zu verabschieden. Das möge unsere Aufgabe sein!
    Möge dieses Reformwerk — nach all unseren Bestrebungen, die in den vergangenen Jahren auf eine kleine, große oder permanente Steuerreform gerichtet waren —, so gut werden, daß es als echte Steuerreform in die Wirtschafts- und Steuergeschichte eingehen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der DP.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Seuffert.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Walter Seuffert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe namens der sozialdemokratischen Fraktion zu den Steuervorlagen und auch zu den heutigen Ausführungen Stellung zu nehmen und muß sagen, daß es hier Punkte gibt, die durchaus anerkennend und zustimmend behandelt werden können, und daß es andere Punkte gibt, die
    abgelehnt, sogar sehr scharf abgelehnt werden müssen. Das ist schließlich auch nicht verwunderlich; denn es handelt sich um ein umfangreiches Gesetzgebungswerk, das, wenn es auch vom Herrn Bundesfinanzminister als ein zusammenhängendes Ganzes gedacht ist und wenn auch solche Zusammenhänge bestehen mögen, sich doch aus einer ganzen Reihe sich teilweise sogar widersprechender Einzelmaßnahmen zusammensetzt, die einer sehr unterschiedlichen Beurteilung unterliegen können und auch unterzogen werden müssen.
    Auch in der Einführungsrede des Herrn Bundesfinanzministers war vieles, das Zustimmung finden kann, doch auch vieles, das in seiner Bedeutung und seinem Gehalt noch näher untersucht und diskutiert werden müßte. Die Auseinandersetzung kann sicherlich nicht heute stattfinden; wir haben dafür anderen Raum und andere Zeit. Ich jedenfalls habe zu dem Konkreten und zu dem Praktischen der Steuervorlagen so viel zu sagen, daß ich mich mit Erörterungen über historische Rückblicke oder über allgemeine wirtschaftspolitische Zielsetzungen nicht näher konkretisierter Art oder über Steuerdirigismus — Erörterungen, die mir sowieso gar nicht liegen —

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    heute nicht befassen kann. Das gilt auch für die Vorgriffe auf die Haushaltsrede und das, was bisher an spezifischen Fragen des Haushalts vorgetragen worden ist. Zustimmung unsererseits findet die Erklärung des Herrn Bundesfinanzministers — wenn wir es als eine eindeutige Erklärung nehmen können daß im Falle von Krisensymptomen — ich will sie ebensowenig an die Wand malen wie der Herr Bundesfinanzminister, obwohl ich seinen Optimismus in der Frage, ob wir uns noch in einer stark expandierenden Konjunktur befinden, nicht ganz teilen kann — im Gegensatz zu den dreißiger Jahren nicht eine Deflationspolitik, sondern eine eindeutige Vollbeschäftigungspolitik getrieben werden soll. Damit ist die hoffentlich ebenso eindeutige Erklärung verbunden gewesen, daß die Bundesregierung sich zu einer aktiven Wirtschafts- und Konjunkturpolitik bekennt. Wir würden uns über diese Erklärung um so mehr freuen, wenn sich bestätigen sollte, daß sie in der Tat für die ganze Bundesregierung, einschließlich des Herrn Bundeswirtschaftsministers, abgegeben worden .ist und daß auch der Herr Bundeswirtschaftsminister davon Kenntnis hat, daß diese Erklärung auch in seinem Namen und verbindlich für ihn abgegeben worden ist.
    Weiter ist die Offenheit zu begrüßen gewesen, mit der Fehler in der Darstellung der Haushaltssituation und Fehlerquellen in der Haushaltspolitik der letzten Jahre behandelt worden sind. Es war unstreitig das Bemühen erkennbar, nun ein richtiges Bild der Haushalts- und Kassensituation zu geben.
    Die Würdigung, die der Bundesfinanzminister den Problemen der Rentenreform und der Wiedergutmachung in ihrer politischen und moralischen Bedeutung hat angedeihen lassen, unterscheidet sich sehr vorteilhaft von Äußerungen anderer Mi-



    Seuffert
    nister, die man zu diesen Problemen gehört hat. Er findet auch da unsere Zustimmung. Es ist gut, daß in diesem Zusammenhang die Schwierigkeiten erwähnt worden sind, die einigen Ländern durch ihre Beteiligung an der Wiedergutmachung erwachsen.
    Allerdings hat der Herr Bundesfinanzminister das, was ihm wohl am meisten Sorge macht, aus sehr verständlichen Gründen in seiner Zusammenschau ganz unerwähnt gelassen, nämlich die Frage der Rüstung und der Rüstungskosten.

    (Abg. Dr. Dresbach: Dafür sind Sie doch da! — Heiterkeit.)

    — Nicht heute, Herr Dr. Dresbach! Aber immerhin mag heute daran erinnert werden, daß doch die Frage: Verteidigung so oder so, Sicherheit so oder so? der Angelpunkt auch aller finanziellen Betrachtungen in diesem Hause sein muß und daß man nicht einigermaßen gründlich über diese Dinge sprechen kann, wenn man dieses Problem außer acht läßt.
    Gut war, was der Herr Bundesfinanzminister über die Einheit der öffentlichen Finanzen gesagt hat. Als Abgeordneter des steuerschwachen Landes Bayern habe ich natürlich besonders gerne vernommen, daß die Bundesregierung auf eine Verstärkung des horizon talen Finanzausgleichs hinwirken und da vielleicht sogar initiativ werden will.
    Es war auch richtig, die schwierige Lage der Gemeinden, jedenfalls sehr vieler Gemeinden, zu erwähnen. Wir dürfen daran wohl die Erwartung knüpfen, daß bei der angekündigten Überprüfung des Gewerbesteuerrechts keine Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit der gemeindlichen Finanzen zugelassen werden.
    Wenn der Herr Bundesfinanzminister auf ein Jahressteuergesetz, wenn er auf eine Verlegung des Haushaltsjahrs hinsteuern will, so wird er dabei unsere Zustimmung finden.
    Auch seine allgemeinen Bemerkungen zur Umsatzsteuer begegnen sich mit unseren Vorstellungen in dem Grundsatz, daß es auf eine wettbewerbsneutrale, auf eine nicht konzentrationsfördernde Umsatzsteuer hinausgehen muß. Die Dringlichkeit dieser Reform möchte ich hiermit noch einmal unterstrichen haben.
    Die Zahlen, die der Herr Bundesfinanzminister über das Verhältnis von direkten und indirekten Steuern genannt hat, müßten wohl noch einmal näher untersucht und diskutiert werden. Immerhin ergaben bereits diese Zahlen, daß die Bundesrepublik mit ihrem Steuersystem in der unmittelbaren Nachbarschaft, und zwar allein, der Länder Frankreich und Italien steht.

    (Zurufe von der Mitte.)

    Sehen Sie sich die Zahlen doch einmal an!

    (Abg. Dr. Hellwig: Aber der Abstand ist doch ziemlich groß!)

    — Der Abstand zu den anderen ist größer, wesentlich größer, Herr Dr. Hellwig!

    (Abg. Dr. Hellwig: In engster Nachbarschaft mit Belgien vielleicht!)

    — Frankreich und Italien sind jedenfalls die Länder, deren Steuersystem womöglich noch schlechter ist als das der Bundesrepublik und in keiner Weise nachahmenswert ist.

    (Abg. Dr. Atzenroth: In weitem Abstand!)

    Nun zu den Steuervorlagen selbst. Sie haben, wie gesagt, viele Teile. Einer der Kernpunkte betrifft den Tarif. Auch dieser Tarif zerfällt in zwei Teile, die, was nicht genug betont werden kann, in ihrem Aufbau und in den Grundsätzen, die dabei angewandt worden sind, völlig unabhängig voneinander zu betrachten sind,

    (Abg. Neuburger: Aber nur formell!)

    völlig unabhängig voneinander gestaltet worden sind und deswegen auch ganz verschieden beurteilt werden müssen. Der erste Teil betrifft die Regelung des Proportionaltarifs, die für 18 bis 19 Millionen Steuerpflichtige — das sind rund 95 % aller Steuerpflichtigen überhaupt — gilt bis zu einem Einkommen von 8000 bzw. 16 000 Mark. Der zweite Teil ist der Progressivtarif, in dem sich das Splitting dann tatsächlich auswirkt und der auf den Rest der Steuerpflichtigen angewandt werden soll.
    Was den ersten Teil anlangt, so betrachten wir ihn als einen Fortschritt. Der Proportionaltarif mit. starker Erhöhung der Freibeträge ist nicht nur systematisch wirklich ein Fortschritt, sondern er bringt auch dem weitaus größten Teil der davon betroffenen Steuerpflichtigen und damit auch dem weitaus größten Teil der Steuerpflichtigen überhaupt nicht unwesentliche Entlastungen, von einigen Ausnahmen abgesehen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde. Da dieses System — Erhöhung der Freibeträge und Abflachung bzw. Ausschaltung der Progression bei den kleinen und mittleren Einkommen — von der Sozialdemokratischen Partei schon jahrelang gefordert und in ihrem Programm niedergelegt worden ist, brauche ich nicht lange auszuführen, warum wir das für gut halten. Die Gründe liegen darin, daß bei Anwendung eines Progressionssatzes bei diesen Einkommen wegen der gleichzeitigen Auswirkung des Freibetrags, die sich in höheren Einkommensschichten nicht mehr so durchsetzt, eine doppelte Progression — das Bundesfinanzministerium hat das selbst hervorgehoben — stattfinden würde, die um so unerträglicher ist, als gerade diese kleinen und mittleren Einkommen — das Bundesfinanzministerium bezeichnet sie jetzt mit einem recht zutreffenden Ausdruck als „typische Verbrauchseinkommen" durch die Last der indirekten Steuern enorm vorbelastet sind. Die indirekten Steuern, die auf dem Verbrauch liegen, lasten in ganz anderem Umfange auf diesen Einkommen sie werden zum großen Teil verbraucht — als auf höheren.
    Ein weiterer Vorteil ist — alles das ist schon oft gesagt worden —, daß die Ungleichheiten in der Besteuerung von erwerbstätigen Ehefrauen, Hausfrauen, mitarbeitenden Ehefrauen, in der Besteuerung von Überstunden usw. damit erledigt werden. Als letzten Vorteil — nicht ohne Gewicht — nenne ich die Verwaltungsvereinfachung, insbesondere auch das Ausscheiden der kleinen Einkommen und der Einkommen Kinderreicher aus der Steuerpflicht.



    Seuffert
    An diesem Punkt muß ich darauf eingehen, daß in der Presse und auch anderwärts nun schon wieder gesagt worden ist, es sei staatspolitisch bedenklich, daß so viele Leute keine Steuern zahlen sollen.

    (Abg. Dr. Hellwig: Keine direkten Steuern!)

    Erstens ist das eine grobe Unwahrheit, daß sie keine Steuern zahlen; sie zahlen viel zuviel, nämlich indirekte Steuern.

    (Beifall bei der SPD.)

    Und wenn sie das nicht merken, so werden wir es Ihnen immer wieder sagen.

    (Zurufe von der CDU/CSU. — Abg. Dr. Hellwig: Es wird gar nicht bestritten, was Sie sagen; es war nur von den direkten Steuern die Rede!)

    — Ich habe die Zeitungsartikel gelesen — Sie haben sie ja nicht geschrieben, Herr Dr. Hellwig da hieß es: Die zahlen keine Steuern, und das ist staatspolitisch bedenklich.

    (Abg. Dr. Hellwig: Das ist falsch!) — Das ist sehr falsch sogar!

    Zweitens sollte man es doch endlich einmal als überholt betrachten, die Bewertung der Staatsgesinnung mit dem Steuerzahlen in Verbindung zu bringen. Die Zeit des Dreiklassenwahlrechts ist längst vorbei!

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Atzenroth: Herr Seuffert, seien Sie sehr vorsichtig!)

    — Fürchten Sie nicht, Herr Dr. Atzenroth, daß die Staatsgesinnung eines Millionärs darunter leiden könnte, daß er jetzt plötzlich aus heiterem Himmel 42 000 DM Steuern weniger im Jahre zahlen soll als bisher?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Oder fürchten Sie nicht, Herr Dr. Atzenroth, daß die Anhänglichkeit an den Staat oder die staatspolitische Gesinnung der anderen Leute leiden könnte, wenn sie solche Steuergeschenke mit ansehen müssen?

    (Beifall bei der SPD.)

    In diesem Zusammenhang scheinen Projekte einer Einwohnersteuer oder Bürgersteuer aufzutauchen, einer Steuer, mit der anscheinend so durch die Hintertür die Besteuerung der kleinen Einkommen, die gerade aus der Steuer herausgekommen sind, wieder eingeführt werden soll. Es gibt da einen Entwurf in einer gewissen Schublade, von der bisher offenbar nicht festgestellt werden konnte, wie weit sie vom Ministerbüro weg ist. Aber dieser Entwurf existiert und ist sicher dem Herrn Bundesfinanzminister genauso wie vielen anderen Leuten bekannt. — Ich werde ihn Ihnen zur Verfügung stellen, Herr Bundesfinanzminister.

    (Heiterkeit bei der SPD und Zurufe.)

    Jawohl, ich habe ihn nicht hier, aber unten auf meinem Platz. Es ist ein sehr genauer Entwurf. Er befaßt sich sogar mit einzelnen Regierungsbezirken. Ohne nun im einzelnen auf die sachlichen Fragen
    einer solchen Einwohnersteuer einzugehen, möchte
    ich folgendes dazu sagen. Nach diesem Entwurf — —

    (Abg. Dr. Dresbach: Herr Seuffert, nun sagen Sie aber doch, daß es eine kommunale Steuer sein soll!)

    — Jawohl, und eben deswegen sage ich: nach diesem Entwurf, der so genau ist, daß man sogar schon Berechnungen mit ihm anstellen konnte, einem Entwurf, der eine Koppelung zwischen der Bürgersteuer und der Gewerbesteuer usw. vorsieht, ergibt sich, daß für einzelne Gemeinden sogar Ausfälle entstehen würden und daß im ganzen keine Hilfe für die Gemeinden, Herr Dr. Dresbach, sondern eine Verlagerung der Steuerlast innerhalb der Gemeinden beabsichtigt ist, und zwar in einer Weise, daß wir jedenfalls das nicht mitmachen würden. Die Ablehnung, die der Deutsche Städtetag bereits ausgesprochen hat, scheint uns deswegen sehr berechtigt zu sein.

    (Abg. Dr. Dresbach: Der hat inzwischen einen Rückzieher gemacht! Das war eine einseitige Äußerung des Oberstadtdirektors von Hannover!)

    — Schön; aber vielleicht nehmen Sie zur Kenntnis, Herr Dr. Dresbach, daß jedenfalls wir nicht mitmachen und vermutlich auch keinen Rückzieher machen.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Das wußten wir vorher!)

    Wir werden diese Frage klären. Wir werden auch
    von Ihnen und der Regierung eine Erklärung in
    dem Sinne verlangen, daß so etwas nicht geschieht.
    Außerdem mache ich Sie darauf aufmerksam, daß der Art. 106 des Grundgesetzes den Katalog der Steuern enthält, die in der Bundesrepublik möglich sind. Eine gemeindliche Einkommensteuer befindet sich nicht darunter; denn Sie können ja eine solche Steuer beim besten Willen nicht als eine Steuer mit örtlich bedingtem Wirkungskreis auffassen.

    (Abg. Dr. Dresbach: Sicher, doch!)

    — Nein! Eine solche Steuer kann ohne Grundgesetzänderung nicht eingeführt werden, und solange Sie das Grundgesetz nicht ohne Mitwirkung der sozialdemokratischen Fraktion ändern können
    — das können Sie Gott sei Dank nicht —, sollten Sie sich diesen Gedanken aus dem Kopf schlagen.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Hellwig: Hier ist Ihre staatsrechtliche Argumentation wohl falsch!)

    Ich sprach davon, daß die Proportionalregelung systematisch und im ganzen gutzuheißen sei. Aber ich erwähnte schon, daß es einige Gruppen gibt, die hier gegenüber ihrer bisherigen Steuerbelastung benachteiligt sind.
    Die erste Gruppe sind die Ledigen in den Einkommensstufen von 3000 bis 6500 DM; das entspricht einem Bruttolohn von 4200 bis 7700 DM im Jahr. Wenn die Erhöhungen hier auch geringfügig erscheinen mögen, so muß man doch bedenken, daß es sich da um mindestens eine bis anderthalb Millionen Steuerpflichtige handelt, die ja schon



    Seuffert
    dadurch benachteiligt sind, daß sie von der sonst
    stattfindenden Steuersenkung nicht erfaßt werden.
    Eine zweite Gruppe sind Ehepaare gewisser Einkommensstufen, bei denen auch die Ehefrau erwerbstätig — insbesondere in abhängiger Arbeit —ist. Das mögen 300 000 bis 400 000 oder auch bedeutend mehr sein; das wäre noch festzustellen. Die Mehrbelastungen sind da recht erheblich. Sie gehen über den Betrag von 200 DM im Jahr hinaus. Wenn das auch nur das Spiegelbild einer bisherigen Benachteiligung der mithelfenden Ehefrau und der Hausfrau ist, so kann man doch die Sache nicht auf diesem Wege behandeln. Diese Belastung dürfte nicht tragbar sein.
    Eine dritte Gruppe, die bisher in keiner Begründung erwähnt und die vielleicht im Bundesfinanzministerium sogar übersehen worden ist, sind die Alleinstehenden mit Kindern. Das sind die Frauen, die ihr Kind allein aufziehen, oder die Alleinstehenden, die ein Pflegekind oder ein Adoptivkind zu sich genommen haben. Bei denen ergeben sich sehr erhebliche und untragbare Mehrbelastungen. Ich glaube aber, daß man diesen Mangel mit relativ wenig Aufwand und wenigen Schwierigkeiten beseitigen kann und daß man sich darüber einig werden wird.

    (Abg. Dr. Eckhardt: Eine Sonderregelung dafür ist ja vorgesehen!)

    — Ja, für Verwitwete!

    (Abg. Dr. Eckhardt: Nicht nur! „Unverheiratete [Witwer und Witwen, Ledige, Geschiedene und getrennt lebende Personen] in höherem Alter [über 55 Jahre] oder mit Kindern"!)

    — Die 800 DM reichen durchaus nicht aus.
    Abgesehen von diesem Problem, das sicherlich nicht schwer zu lösen sein wird, müssen auch bezüglich der anderen Gruppen Mittel und Wege gefunden werden, um die vorgesehenen Benachteiligungen zu beseitigen. Der Herr Bundesfinanzminister hat vor den Ausschüssen des Hauses einen Tarif mit einem Freibetrag von 1820 DM erwähnt, der, wie er sich ausdrückte, für Steuerpflichtige mit kleinem Einkommen keine Nachteile gegenüber der Regelung von 1957 — also nach der Beseitigung des Notopfers — bringen würde. Er hat gesagt, daß dieser Tarif wegen eines Mehrausfalls von 280 Millionen DM — so wurde in den Ausschüssen gesagt; heute ist in Klammern einmal von 400 Millionen DM die Rede gewesen — nicht akzeptiert worden sei. Ich glaube, wir sollten uns diesen Tarif einmal näher ansehen und schauen, ob die Nachteile des neuen Tarifs nicht bereits hier ausgeglichen werden können. Ich werde Ihnen nachher einige Zahlen nennen, aus denen hervorgeht, daß es sehr leicht möglich ist, durch bessere Gestaltung an anderen Stellen des Tarifs und bessere Gestaltung des Gesamtentwurfs einen Ausfall in der genannten Höhe zu kompensieren.
    Da im übrigen durchweg Lohnsteuerpflichtige von diesen Härten betroffen sind, möchte ich im Namen meiner Fraktion mit allem Nachdruck noch einmal
    das ins Gedächtnis zurückrufen, was für die alte Forderung des Arbeitnehmerfreibetrages spricht. Diese Einrichtung hat sich in den angelsächsischen Steuersystemen gut bewährt und ist dort schon seit Jahrzehnten Rechtens. Der Freibetrag ist notwendig, um die Benachteiligungen im Steuererhebungsverfahren auszugleichen; er ist notwendig, um die durch die Preisentwicklung bedingte Vorbelastung der typischen Verbrauchseinkommen, die zum allergrößten Teil Arbeitnehmereinkommen sind, auszugleichen; er ist notwendig als Ausgleich der vielen Manipulationsmöglichkeiten, die den Veranlagten sehr wohl, den Arbeitnehmern aber nicht zugute kommen.
    Ich denke gerade in der heutigen Situation an die Ausbildungs- und Fortbildungskosten, deren steuerliche Geltendmachung infolge einer unglücklich starren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und früheren Reichsfinanzhofs jedem Arbeitnehmer, jedem Beamten strikte versagt wird, obwohl doch offensichtlich ist, daß für jeden Selbständigen, die freien Berufe sowohl wie die Unternehmer, das, was er für seine eigene Aus- und Fortbildung, und sogar das, was er für die Ausbildung seiner Familie, und alles das, was er für seinen Betrieb und für seine Tätigkeit in dieser Beziehung aufwendet, ohne weiteres steuerlich abzugsfähig ist.

    (Zurufe von der Mitte: Das ist gar nicht wahr! — Das stimmt nicht!)

    — Das geht bis zur Finanzierung von Weltreisen
    durch günstig angesetzte Kongresse usw. Darüber
    gibt es doch gar keinen Zweifel, Herr Dr. Hellwig.

    (Erneute Zurufe von der Mitte.)

    Es gibt nicht den geringsten Zweifel, daß der Unternehmer die Auslagen für einen Kongreß oder eine Schulung oder sonst eine Ausbildungseinrichtung, die er im Interesse seines Geschäfts besucht, steuerlich als Unkosten geltend macht.

    (Abg. Jacobi: Noch ganz andere Dinge!)

    Ich erinnere wieder an die Möglichkeit des Verlustvortrags, die dem Arbeitnehmer nicht zugute kommt. Der Arbeitnehmer hat nicht wie der Selbständige die Möglichkeit, wenn er einmal in einem Jahr Schulden machen oder vom Kapital leben mußte, das in den nächsten fünf Jahren steuerlich geltend zu machen. Er kann es überhaupt steuerlich nicht geltend machen.

    (Abg. Dr. Eckhardt: Das kann man gar nicht vergleichen!)

    — Herr Kollege Eckhardt, sicherlich kann man da einige Dinge nicht vergleichen. Ich verkenne natürlich nicht, daß es einige Fälle gibt, die man mit einer Einzelregelung nur sehr schwer erfassen kann. Eben deswegen wäre es mehr als gerechtfertigt, einen solchen Freibetrag zu gewähren. Man dürfte ihn eigentlich nicht Freibetrag, sondern sollte ihn Pauschbetrag zum Ausgleich von Benachteiligungen und mangelnden Manipulationsmöglichkeiten und z. B. Fortbildungskosten nennen.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Er kommt den Falschen zugute! Dem Generaldirektor!)




    Seuffert
    — Dafür könnten wir schon sorgen, Herr Kollege
    Dr. Atzenroth. Ich meine, daß ein Freibetrag in der Größenordnung von vielleicht 600 DM jährlich — davon hat der Generaldirektor recht wenig — durchaus im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten liegt. In der derzeitigen Konjunktursituation — demnächst dürfte es sich doch um eine Stabilisierung der Konjunktur handeln — ist die Stützung und Entlastung des Masseneinkommens ohnehin angezeigt.
    Ich komme jetzt zu dem Progressionstarif, der für die restlichen 5 % der Steuerpflichtigen mit höchsten Einkommen Anwendung finden soll. Meine Damen und Herren, Progression muß in diesen Bereichen selbstverständlich sein; daran kann gar kein Zweifel bestehen. Aber ob sie so sein muß, wie sie in diesem Tarif angelegt ist, ist doch eine wesentlich andere Frage.
    Der Herr Bundesfinanzminister hat den Tarif so erläutert, daß er eine erheblich steilere Progression vorsehe. Wie verhält es sich wirklich? Ich verweise auf die Formeln in der Einkommensteuertabelle. Da finden wir das Produkt 272 mal y, wobei „y" ein Tausendstel des um 8000 Deutsche Mark verminderten zu versteuernden Einkommensbetrags ist. Früher hat man einfach gesagt: 27,2 % des Betrages über 8000 Mark. Ich habe gar nicht gewußt, daß man das neuerdings so umständlich und so „vornehm" ausdrücken kann. Dann kommen Faktoren in der zweiten und dritten Potenz usw.
    Das Ergebnis ist folgendes. Der Tarif steigt von dem Proportionalsatz von 20 % zunächst sehr steil bis zum Betrag von 24 000 DM Jahreseinkommen an, so steil, daß bereits die ersten tausend D-Mark über die 8000 DM Jahreseinkommen hinaus mit einem Satz von 26,7 % erfaßt werden. Da springt der Satz also schon von 20 % auf 26,7 %. Er steigt dann bis zum Einkommen von 110 000 DM weniger steil an, und von da an ist er überhaupt kein Progressionstarif mehr, sondern ein Proportionaltarif von gleichbleibend 53 %. Übrigens wird das gar nicht mehr erreicht, denn es werden immer 53 % des Einkommens weniger 11 311 DM gezahlt.
    Die Progression ist also in den mittelständlerischen und mittelstandsnahen Einkommen von 16 000 bis 24 000 DM sehr steil, in den weiteren Einkommen bis 110 000 DM weniger steil und über 110 000 DM überhaupt nicht mehr steil, sondern da haben wir nur einen Proportionaltarif. So sehen die Dinge in Wirklichkeit aus.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Wollen Sie bis zu 90% gehen?!)

    Das hat zur Folge, daß Ledige mit 12 000 DM Einkommen 21 DM im Jahre mehr zahlen sollen, Ledige mit 50 000 DM 393 DM im Jahre mehr, wozu ich eigentlich keine Veranlassung sehe, Ledige mit 100 000 DM 2275 DM im Jahre mehr, aber Ledige mit 400 000 DM 4708 DM im Jahre weniger, wozu ich nun gar keine Veranlassung sehe. Bei einem Einkommen von einer Million DM im Jahre soll der Ledige 31 298 DM Steuern weniger zahlen als bisher, der kinderlos Verheiratete 41 784 DM weniger als bisher.

    (Hört! Hört! bei der SPD.) Wo ist da die Begründung?


    (Abg. Neuburger: Das sind alles Einkommen, die so über den Ladentisch in bar ausgezahlt werden?!)

    — Genau, genau! Mit diesen Einkommen und ihrer Bedeutung, Herr Kollege Neuburger, werde ich mich noch eingehend beschäftigen, insbesondere mit der Auswirkung dieser Steuergeschenke auf die Gesamtsumme des Tarifs. Ich versichere Sie, die Sache ist nicht zum Lachen!

    (Abg. Neuburger: Sie müssen sich mit den Auswirkungen auf unsere Wirtschaft beschäftigen!)

    — Jawohl, genau!
    Die Zahlen, die ich Ihnen bisher genannt habe, sind nur Auswirkungen des falschen Tarifaufbaus. Denn das Splitting wirkt sich gerade in den höchsten Einkommen wegen des dann wieder angewandten Proportionalsatzes schon gar nicht mehr aus. Einkommen von 1 Million und auch von 500 000 DM, alle Einkommen über 220 000 DM jährlich machen ja vom Splitting wieder keinen Gebrauch. Ich bitte um Entschuldigung, daß ich mit diesen Zahlen arbeiten muß, die dem gewöhnlichen Sterblichen als Jahreseinkommen natürlich einigermaßen astronomisch vorkommen müssen, die aber tatsächlich existieren.
    Der Tarif ist also nicht allgemein steiler, und die Wahrheit ist, daß das Splitting überhaupt nicht allgemein angewandt wird. Das Splitting wird vielmehr nur angewandt bei Familieneinkommen zwischen 16 000 und 220 000 DM jährlich. Vorher und nachher hat das Splitting keine Auswirkung.
    Zum Vergleich mit dem bisherigen Tarif: der Steigerungssatz von 53 % wurde bisher bei einem Einkommen von 185 000 DM erreicht. Eine Gesamtbelastung, wie sie jetzt bei 110 000 DM Einkommen erreicht wird — das ist eben die Folge der „Ansteilung" des Tarifs in den unteren, an den Mittelstand anschließenden Einkommensschichten —, wurde bisher erst bei 400 000 DM Jahreseinkommen erreicht. Dafür zog sich aber die Progression bis auf 614 000 DM hinauf, da ja Steigerungssätze bis zu 63 % angewandt wurden. Bei einem Millionen-Einkommen — diese Zahlen von 31 000 und 41 000 DM sind keine Höchstbeträge, sondern es sind die Zahlen für eine Million Jahreseinkommen
    — zahlte man bisher 55 % plus 12 322 DM, während man jetzt 53 % minus 11 311 DM zahlen soll. So sieht dieser Tarif als solcher — vom Splitting habe ich noch gar nicht gesprochen — aus.
    Was bedeutet das in der Summe? Das muß man sich klarmachen. Nach den letzten aus dem Bundesfinanzministerium stammenden Zahlen ist die Zahl der Einkommensteuerfälle über 100 000 DM Jahreseinkommen für 1956 mit 10 000 angegeben. Diese Zahl ist sicher weit überholt. Denn erstens war das keine statistische Zahl, sondern es handelte sich um eine Vorausschätzung und Fortschreibung, und zweitens ergibt sich aus allen statistischen und wirtschaftlichen Erkenntnissen, die zur Verfügung stehen, daß die Zahl der Empfänger dieser hohen



    Seuffert
    Einkommen das gilt für das Nachrücken in
    höhere Einkommensgruppen überhaupt durchweg — sich in den letzten Jahren so ziemlich verdoppelt oder verdreifacht hat. Da gibt es eine sehr eingehende Untersuchung über die Einkommensschichtung von dem Berliner Institut des Herrn Kollegen Friedensburg. Sie ist leider nicht direkt verwendbar, weil sie keine Begriffe des Steuereinkommens, sondern wirtschaftliche Einkommensbegriffe verwendet. Aber die Tendenz ist vollständig eindeutig. Nach dieser Untersuchung würde z. B. an Stelle der 10 000 eine Ziffer von 36 000 Fällen solcher Einkommensbezieher in Frage kommen. Nehmen Sie an, daß es nur 20 000 Fälle sind, und nehmen Sie an, daß allein aus dieser Abflachung und Ermäßigung des Tarifs, die nur die sechsstelligen Einkommen, nur die Einkommen über 100 000 DM betrifft, pro Fall nur ein Betrag von 10 000 DM Steuer im Schnitt erspart wird. Da diese Beträge von 2275 bis unbegrenzt gehen und, wenn Sie einmal 500 000 DM als Mittelwert annehmen wollen, da schon 12 500 DM betragen, ist das, glaube ich, eine vorsichtige Annahme.
    Das heißt, daß diese Umgestaltung des Tarifs für
    — angenommen — 20 000 Einkommensbezieher mit sechsstelligen Einkommen allein etwa 200 Millionen DM ausmacht, und das für 0,5 % der Bevölkerung!

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Dazu das Splitting. Da will ich auch gleich die Zahlen sagen. Der normal besteuerte Bezieher des typischen Verbrauchseinkommens hat nach diesem Tarif als Ermäßigung aus der Verheiratung eine Steuerersparnis von 336 DM im Jahre. Das ist gut; denn so viel hat er bisher noch nie gehabt. Bei den Einkommen über 100 000 DM beträgt infolge Anwendung des Splitting diese Steuerermäßigung durch Heirat aber bereits bei einem Einkommen von 100 000 DM 7386 DM — die Steuerersparnis steigt also um 7000 DM —, und sie steigt schon bei 200 000 DM Einkommen — und dann im Höchstbetrag bleibend auf 11 311 DM, also 11 000 DM mehr.

    (Zuruf des Abg. Dr. Hellwig.)

    — Ledig, Herr Kollege Hellwig, sind nur 6 %; 94 % von diesen Schichten sind verheiratet. Die Zahlen muß man wissen.

    (Abg. Dr. Hellwig: Sie bekämpfen die Progression mit der Progression!)

    — Es gibt erstens einmal die Frage eines richtig gestaffelten Tarifs und zweitens die Frage des Splitting, auf die ich noch eigens zurückkomme. Ich habe Ihnen die Zahl genannt, die ersten 200 Millionen DM, die durch den Tarif verschenkt werden, und ich stelle weiter fest, daß die Anwendung des Splitting allein auf die Einkommen über 100 000 DM wieder rund 200 Millionen DM im Jahr kostet.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Das sind die Zahlen.

    (Abg. Illerhaus: Das halte ich für eine falsche Rechnung!)

    — Das ist keine falsche Rechnung. Ich fordere Sie auf, sie zu widerlegen. Ich habe Ihnen ja gesagt, wie die Rechnung zustande kommt.
    Wir fordern deswegen zunächst eine gründliche Umgestaltung dieses Progressionstarifs selbst. Dieser Tarif muß unten weniger steil sein. Die Abflachung oben, die verstärkt worden ist, muß beseitigt werden.
    Wir sind auch der Ansicht, daß der Höchstsatz dieses Tarifs über die vom Bundesrat beantragten 55 % hinausgezogen werden kann und hinausgezogen werden müßte.

    (Abg. Dr. Eckhardt: Wie weit? — Abg. Dr. Atzenroth: Morgenthau!?)

    — Es ist nicht notwendig, daß dieser Satz — wie es sich der Bundesrat offenbar vorgestellt hat — bereits bei 100 000 DM erreicht wird. Aber die Progression muß höher gezogen werden.

    (Lebhafte Zurufe von der FDP und der CDU/CSU: Wie weit?)

    - Wir werden einige Berechnungen anstellen. Jedenfalls, Herr Kollege Hellwig, sehen wir keine Veranlassung, daß bei diesen Einkommen — denn irgendein vernünftiger wirtschaftlicher Grund dafür ist noch nicht genannt worden und kann nicht genannt werden — die Steuerbelastung schon nach dem Tarif unter die derzeitige Steuerbelastung sinkt. Allein das macht, vom Splitting schon ganz abgesehen, 200 Millionen DM aus. Dafür gibt es einfach keinen Grund.
    Ich möchte mich mit einigen Einwänden, die hier kommen können, vorweg beschäftigen. Da wird also gesagt, ein so hoher Steuersatz gebe keinen genügenden Anreiz für das Gewinnstreben und die private Initiative, oder es wird gesagt, auch in der von der Regierung gegebenen Begründung, er verleite zum Unkostenmachen. Dann wird darauf hingewiesen, daß er mit dem Körperschaftsteuersatz verglichen werden müsse.
    Der Satz mit der privaten Initiative ist natürlich richtig. Aber bei gewissen Einkommenshöhen verliert er seinen Sinn. Es gibt meines Erachtens keine wirtschaftliche oder moralische Berechtigung dafür, daß jemand, der schon eine halbe Million D-Mark Jahreseinkommen hat, immer noch mehr verdient.

    (Beifall bei der SPD.)

    Man muß die Dinge doch so sehen, wie sie tatsächlich sind. In diesen Sphären, wo man zweieinhalb Millionen D-Mark Abfindung bekommen kann, bloß weil man von einem guten Arbeitsplatz zu einem anderen guten Arbeitsplatz hinübergeht

    (Beifall bei der SPD)

    — Sie wissen, worauf ich anspiele , muß man einmal verstehen, genug verdient zu haben.
    Sie sagen vielleicht, so könne man kein Unternehmen führen. Allerdings; aber bitte, kommen Sie doch endlich auf die von uns so oft vorgeschlagene Betriebssteuer zurück! Kommen Sie doch endlich mal an die richtige Lösung heran! Auf den Vergleich mit dem Körperschaftsteuersatz will ich später zu sprechen kommen.



    Seuffert
    Was die Unkosten angeht, so ist es ja kein Mittel gegen Unkostenmachen, daß man die Steuer von vornherein wegschenkt. Und zweitens: Glauben Sie denn ernstlich, daß in der Frage der Manipulation der Unkosten ein Steuersatz von 53 % wesentlich wirkungsvoller ist als ein Satz von 55 %?

    (Sehr richtig! bei der SPD.) Das ist doch nicht denkbar.

    Die Ausfallzahlen, die sich hier errechnen, würden, wenn sie mit den Ausfallzahlen, die vom Bundesfinanzministerium für die ganzen Tarifoperationen genannt worden sind, verglichen werden, die Vermutung nahelegen, daß die Entlastungen in den unteren Einkommen außerordentlich geringfügig sind und durch die eintretenden Mehrbelastungen mehr als wettgemacht werden. Ich glaube allerdings, daß die Zahlen nicht ganz vergleichbar sind. Denn wie mir bekannt ist, werden Zahlen des Bundesfinanzministeriums auf Grund von Sozialproduktprozenten und Etatschätzungen usw. berechnet und nicht, wie es sein muß, von den Steuerfällen und von der Einkommensschichtung aus.
    Ich möchte noch eine sehr ernsthafte Bemerkung zu diesem Thema machen, eine Bemerkung, die ich wirklich nicht polemisch, sondern aus ernster Besorgnis heraus mache. Sie wissen, welche Bedeutung wir der Frage des vom Grundgesetz vorgeschriebenen Parteiengesetzes und der Frage der Parteienfinanzierung unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit der Demokratie überhaupt beilegen. Sie kennen unsere erbitterte Kritik daran, daß Sie
    steuerliche Begünstigungen für Parteispenden vor Erlaß des vom Grundgesetz geforderten Parteiengesetzes eingeführt haben.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Jaeger.)

    Es handelt sich hier um enorme Steuerermäßigungen für 20-, 30 000 Höchstverdiener. Meine Damen und Herren, niemand wird einer Millionenpartei unterstellen, daß sie für 20-, 30 000 Wähler im Bund derartige Summen hergeben will. Es sollte nicht der Eindruck entstehen. daß hier nicht Wähler, sondern Finanzierer und Finanzquellen angesprochen sind.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das wäre keine Politik mehr, das wäre Geschäft. Ich sage: es wäre Geschäft. Ich sage es nicht als eine Feststellung, sondern als eine Warnung, weil ich doch glauben möchte, daß einige von Ihnen sich diese Dinge noch einmal überlegen werden. Ich habe sogar die Hoffnung, daß der Herr Bundesfinanzminister sich die Sache noch einmal überlegen wird. Denn, offen gestanden, ich traue es ihm nicht zu, daß er sehenden Auges — schließlich ist er ja noch ein Neuling in diesen Dingen und den Rechnungen, die hier angestellt werden müssen — die Sache so vorgelegt hat, wie sie hier steht. Diese Rechnungen, man kann es nicht oft genug sagen, müssen angestellt werden.
    Man kann nicht Steuerpolitik treiben und man kann nicht über Steuerpolitik reden, wenn man nicht von den Steuerfällen und von der effektiven Einkommensschichtung ausgeht. Da nützt alles Reden über Prinzipien und Grundsätze usw. nichts,
    wenn man sich nicht ansieht, wie und bei wem die Dinge sich wirklich auszahlen. Und das Faktum ist — das zeigen ja gerade die Zahlen, die Ihnen das Bundesfinanzministerium vorlegt —, daß nur 5 % der Steuerpflichtigen dieser Bundesrepublik — und die Steuerpflichtigen sind schon eine Elite der Bevölkerung — über das hinauskommen, was man das kleine und mittlere Einkommen oder das typische Verbrauchseinkommen nennen kann, daß aber diese 5 % rund die Hälfte des gesamten Einkommens und dazu den allergrößten Teil des Körperschaftseinkommens in der Hand haben. Das ist die gesellschaftliche Situation in dieser Bundesrepublik; wenn man die nicht vor Augen hat, kann man nicht zu richtigen Erkenntnissen kommen, und ich frage den Herrn Bundesfinanzminister, ob das das sozial sinnvoll geschichtete Einkommen ist, von dem er in seiner heutigen Rede gesprochen hat.
    Nun noch einige Worte über das Splitting-System selbst. Über seine finanziellen Auswirkungen habe ich Ihnen schon einige Zahlen genannt. Das Splitting-System, so wie es hier vorgeschlagen ist, heißt mit dürren Worten: die Familienermäßigung, die Heiratsermäßigung — von den Kinderermäßigungen abgesehen— beträgt für das typische Einkommen bis 16 000 DM 336 DM Steuerersparnis im Jahr. Ich sagte vorhin schon: das ist gut; so viel war es noch gar nicht. Sie beträgt für Einkommen von 16 000 DM bis oben hin ansteigend bis zu 11 311 DM — reine Familienermäßigung —, und zwar um so mehr, je höher das Einkommen ist. Das ist, mit dürren Worten gesagt, das System, das hier vorgeschlagen ist.

    (Abg. Krammig: Das ist bei jedem festen Freibetrag so! Das war schon ewig so!)

    — Das ist kein fester Freibetrag, und ich habe noch keinen festen Freibetrag gekannt — —

    (Abg. Krammig: 900 Mark sind überall 900 Mark!)

    - Herr Kollege, ich habe noch keinen festen Freibetrag gekannt, der sich bei dem einen mit 11 311 DM und bei dem anderen mit 300 DM auswirkt. Jedenfalls sollte das nicht die Familienermäßigung sein, die sich so auswirkt.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Krammig: Die haben gar keine Ahnung dahinten! Die klatschen dazu!)

    — Aber Herr Kollege — —

    (Abg. Krammig: Das war ja nicht gegen Sie gemeint!)

    — Gewiß. Aber ich glaube, es ist ja verständlich genug, und es hat jeder im Hause verstanden: die Familienermäßigung beträgt für 95 % der Einkommensbezieher 336 DM im Jahr, und für die restlichen beträgt sie, je höher das Einkommen ist, um so mehr, ansteigend bis zu 11 311 DM. Das ist ein Tatbestand, den wir schon wegen seiner finanziellen Auswirkungen, aber auch als System ablehnen.

    (Abg. Dr. Hellwig: Sie müssen auch sagen, wie unterschiedlich die Steuerleistung ist! Sie dürfen nicht immer nur die Steuerermäßigung vergleichen!)




    Seuffert
    — Verzeihen Sie! Die Beihilfen, die jemand braucht, um eine Frau oder ein Kind zu unterhalten — das sind doch diese Familienermäßigungen —, sollten an und für sich logischerweise, Herr Kollege Dr. Hellwig, um so geringer sein, je mehr Einkommen man hat und versteuert.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das wäre das richtige System und nicht das Gegenteil. Oder wollen Sie das bestreiten?

    (Abg. Dr. Atzenroth: Dann kann man sich gleich auf das Kindergeld beschränken!)

    — Ich komme auf diese Frage noch einmal zu sprechen.
    Ich werde natürlich darauf verzichten, Ihnen die Einwände gegen das Splitting als System, die Ihnen dankenswerterweise schon in der Begründung des Bundesfinanzministeriums vorgetragen worden sind, die von gewerkschaftlicher Seite und vom Bund der Steuerzahler — auch Herr Dr. Binder vom Institut in Kiel hat einige gute Arbeiten darüber geschrieben — vorgebracht worden sind, nochmals darzulegen. Wir lehnen dieses System ab; denn diese Dinge liegen im System des Splitting und können tatsächlich in diesem System nicht beseitigt werden.
    Herr Kollege Neuburger hat schon mit Recht ausgeführt, daß die weit verbreitete Meinung, das Bundesverfassungsgericht habe das Splitting emnfohlen, nicht zutrifft. Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich den Satz aufgestellt, daß Art. 6 des Grundgesetzes es verbietet, daß jemand wegen seiner Verheiratung mehr Steuern zahlt. Dieser Satz ist richtig. Wir haben unter Führung der sozialdemokratischen Fraktion erbittert kämpfen müssen, bis er für das Arbeitseinkommen verwirklicht worden ist.

    (Abg. Dr. Eckhardt: Daran haben wir uns aber auch beteiligt!)

    — Gewiß! Ich habe nicht gesagt: die sozialdemokratische Fraktion allein; aber wir waren ziemlich führend beteiligt, wenn Sie, Herr Kollege Eckhardt, uns das zugeben wollen. Dieser Satz ist richtig. Aber die Vorstellung ist ja von vornherein etwas absurd, daß man diesem Satz damit Genüge tun kann, daß man einfach die Fiktion aufstellt, das Einkommen, ob es nun dem einen oder anderen Eheteil zusteht, gehöre jedem halb. In Wirklichkeit heißt das doch: wenn z. B. eine Frau mit 10 000 DM Einkommen einen Mann mit 90 000 DM Einkommen heiratet, oder umgekehrt, wie Sie wollen, dann wird bei der Methode des Splitting ihr Einkommen von 10 000 DM zu einem Progressionssatz von 50 000 DM besteuert. Das wird dadurch kompensiert, daß ungerechterweise das Einkommen des Ehemannes von 90 000 DM auch zu einem Progressionssatz von nur 50 000 DM besteuert wird.
    Das Bundesverfassungsgericht hat ja gerade den Satz von der Individualbesteuerung, die es als Grundsatz des Steuerrechts festgestellt und akzeptiert hat, aufgestellt. Es hat ihn so formuliert: Keiner darf für sein Einkommen mehr zahlen, als er vor Verheiratung gezahlt hat, — also weil er verheiratet ist. Diesem Satz mit dem Splitting Genüge zu tun, erscheint mir recht schwierig. Der Spruch des Bundesverfassungsgerichts ist für uns Recht und Gesetz. Ich halte es aber für recht unüberlegt, daß es, von diesem Satz ausgehend, das Splitting überhaupt als mögliche Lösung genannt hat. Wenn man schon die Zusammenveranlagung — denn Splitting ist natürlich Zusammenveranlagung mit allen Folgen der Solidarhaftung usw. einführen will, wenn man schon gemeinschaftliches Einkommen berechnet und besteuert, warum denn dann eine fingierte Einkommensverteilung und einen fingierten Steuersatz?
    Eine letzte Frage. Glauben Sie wirklich, daß die Anwendung einer Methode, die sich, so wie sie vorgeschlagen ist, lediglich in den Bereichen der Familieneinkommen von 16 000 bis 220 000 DM jährlich auswirkt, vorher nicht — und das sind 95 % der Steuerpflichtigen — und nachher auch nicht mehr, die sich also nur für einen solch kleinen Teil der Steuerpflichtigen auswirkt und für den ganz überwiegenden Teil der Steuerpflichtigen nicht, als Durchführung eines verfassungsmäßigen Grundsatzes akzeptiert werden kann?

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ja sicher! — Was schlagen Sie denn vor?)

    Wir kommen deshalb zu dem Ergebnis, daß wir das vorgeschlagene Splittingverfahren ablehnen müssen und die andere, zweifellos verfassungsrechtlich mögliche Art der Getrenntveranlagung, mindestens wahlweise, als einen besseren Weg ansehen müssen,

    (Abg. Krammig: Mit all den Verwaltungsfolgen?!)

    — trotz all der uns bekannten Bedenken und Schwierigkeiten, trotz aller Manipulationsmöglichkeiten. Es handelt sich nur noch um 5% der Steuerfälle, Herr Kollege Krammig, bei denen diese Dinge interessant sein könnten, und sehr viele dieser Fälle dürften ohnehin der laufenden Betriebsprüfung unterliegen, so daß man mit ihnen doch irgendwie fertig werden könnte. Man darf natürlich in der Ausschaltung und Bekämpfung von Manipulationsmöglichkeiten nicht schüchtern sein. Man wird daran denken müssen, daß die großen Schenkungsteuer-Freibeträge für Geschäfte zwischen Ehegatten nicht in Betracht kommen, wenn aus solchen Schenkungsgeschäften so ungeheuer günstige Steuerwirkungen hervorgehen.

    (Abg. Dr. Eckhardt: Dem Mißbrauch ist doch Tür und Tor geöffnet! — Abg. Krammig: Halten Sie das für verfassungsrechtlich zulässig?)

    — Es ist sehr schwierig, aber ich glaube, man kann das, was sich bei dem Splitting ergibt, tatsächlich so nicht tolerieren. Mehr kostet es bestimmt nicht. Es ist ja klar, daß auch bei einer Getrenntveranlagung gemeinsames Einkommen der Eheleute in irgendeiner Weise steuerlich richtig und legal anerkannt werden kann; aber mehr kostet das bestimmt nicht.



    Seuffert
    Im Zusammenhang mit den Systemfragen möchte ich noch auf einige Urteile des Bundesfinanzhofs eingehen, in denen er zum Ausdruck gebracht hat, er seinerseits halte die Getrenntveranlagung für verfassungswidrig und der Steuergerechtigkeit widersprechend, weil dadurch Ehepaare mit nur einem Einkommensbezieher ungerechtfertigt schlechter gestellt seien als Ehepaare, bei denen beide Teile Einkommen bezögen. Der Bundesfinanzhof hat außerdem gesagt, es könne nicht der Steuergerechtigkeit entsprechen, wenn eine nur kleine Gruppe Manipulationsmöglichkeiten habe. Das ist völlig richtig. Ich habe über diese Manipulationsmöglichkeiten schon das Notwendige gesagt. Aber ein derartiger Satz richtet sich natürlich auch dagegen, daß eine nur sehr kleine Gruppe Vorteile durch Splitting hat. Der Ansicht des Bundesfinanzhofs, daß die Getrenntveranlagung verfassungswidrig sein könnte, tritt das Bundesfinanzministerium nicht bei — mit Recht. Ich trete ihr auch nicht bei. Das Bundesverfassungsgericht, das die Sache letztlich zu entscheiden hätte, tritt ihr ganz offenbar auch nicht -bei; denn es hat seinen Beschluß auf dem Grundsatz der Individualbesteuerung, d. h. zunächst der Getrenntveranlagung aufgebaut. Trotzdem kann man an der Meinung eines solchen höchsten Gerichts nicht ganz stillschweigend vorbeigehen.
    Ich möchte an diesen Punkt noch einige Überlegungen knüpfen, zumal, da alle Steuerfachleute sich darüber einig sind, daß die Zusammenveranlagung, wenn sie verfassungsmäßig zu fundieren wäre, das zweckmäßigste und richtigste System der Besteuerung wäre. Der Bundesfinanzhof hat gesagt, daß er es für der Steuergerechtigkeit widersprechend halten würde, wenn übermäßige Vorteile für Ehepaare, die beiderseits erwerbstätig sind, gegenüber Ehepaaren mit nur einem Einkommensbezieher vorgesehen würden. Er ist aber offenbar der Ansicht, daß Vorteile nicht übermäßiger Art, daß gewisse Differenzen hingenommen werden können; denn er hat das System des Ausscheidens von Arbeitseinkünften, bei denen diese Differenzen zu Lasten der Ehepaare mit einem Einkommensbezieher entstanden sind, jahrelang unwidersprochen hingenommen. Das Bundesverfassungsgericht auf der anderen Seite hat auch nicht endgültig gesagt, bis zu welcher Grenze eine Zusammenveranlagung mit geringen Nachteilen erträglich sein könnte. Es hat aber in seinen Gründen z. B. angedeutet, daß es die Zusammenveranlagung bei Tarifen mit milder Progression, wie es sie früher gab, nicht beanstanden würde.
    Der Gedanke, der sowohl dem Splitting — aber in sehr roher Form — als auch der Zugewinstregelung unseres neuen Güterrechts, die allerdings grundsätzlich eine Auseinandersetzungsregelung bei Auflösung der Ehe ist, zugrunde liegt, ist, daß ein gewisser Teil des Einkommens des Ehepaares, auch wenn formell und an sich nur ein Einkommensbezieher, sagen wir beispielshalber: der Mann, vorhanden ist, auch der Frau zuzurechnen und als gemeinsames Einkommen anzusehen sei. Die Anerkennung eines gemeinsamen Einkommens ist ja auch bei der Getrenntverwaltung nicht nur möglich und zulässig, sondern geradezu notwendig und selbstverständlich. Dieser Gedanke, einen Teil des Einkommens der Frau zuzurechnen, ist auch durchaus einleuchtend.
    Der Fehler besteht beim Splitting und bei anderen Vorschlägen aber darin, daß dieser Betrag einfach ganz roh auf 50 % des Einkommens des Mannes festgesetzt wird. Es ist falsch, diesen Betrag überhaupt zu dem Einkommen des Mannes in Beziehung zu setzen, ob es nun auf der Leistung des Mannes beruht oder aus Vermögen ohne Leistung bezogen wird. Die Leistung der Frau, die durch die Zurechnung eines Einkommensteils auf sie selbst berücksichtigt werden soll, steigt doch nicht mit dem Einkommen des Mannes. Die Leistung der Hausfrau — dafür spricht der Augenschein sofort — wird eher schwieriger, je geringer das Einkommen des Mannes ist.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Das ist sehr fraglich!)

    Der abzurechnende Teil kann also nicht so in Prozentsätzen des Einkommens des Mannes berechnet werden wie beim Splitting, sondern müßte in einem Festbetrag oder Höchstbetrag ausgedrückt werden. Das wäre wieder so eine Art Haushaltsfreibetrag. Aber dieser Freibetrag müßte natürlich allen, auch der erwerbstätigen Ehefrau, zugute kommen, und es sollte kein steuerfreier Betrag sein, sondern es müßte nur ein progressionsfreier Betrag sein; der Grundgedanke ist ja die Ausschaltung der Progression. In der Praxis würde das — und diesen Gedanken wollte ich hier soeben angedeutet haben — darauf hinauslaufen, daß die Anwendung der Proportionalstufe bei Verheirateten etwas später aufhört, also bei einem gewissen Betrag über dem Doppelten des Ledigeneinkommens, bei dem der Proportionalsatz endet. Ich brauche nicht auszuführen, daß für solche Überlegungen noch eine ganze Reihe von Berechnungen und Diskussionen notwendig sind; sie können deswegen einstweilen als vorläufig betrachtet werden, denn wir sind uns der Schwierigkeiten der Getrenntveranlagung durchaus bewußt.
    Nun noch ein Gesichtspunkt zur Tarifgestaltung. Wir sollten — und damit komme ich auf Sie zurück, Herr Dr. Atzenroth und Herr Dr. Hellwig — endlich einmal Schluß damit machen, daß Kinderfreibeträge und ähnliches mit höherem Einkommen immer höhere Steuergeschenke bringen. Von dem Kinderfreibetrag von 900 DM hat das Normaleinkommen 20 %, so wie jetzt vorgeschlagen, der Mann mit dem Höchsteinkommen, der eigentlich den Freibetrag kaum mehr braucht, 53 %. Wir werden deswegen beantragen, daß diese Freibeträge — für den Familienfreibetrag ist das in der Tabelle, soviel ich sehe, dankenswerterweise schon geschehen — nur bei der Normalbesteuerung, nicht aber beim Progressionstarif abgerechnet werden und sich deswegen, wie das die einfachste Steuergerechtigkeit fordert, für jeden Steuerpflichtigen gleich auswirken. Technisch würde das am besten dadurch geschehen, daß man die Einkommensteuer nach angelsächsischem Vorbild in eine normale Proportional-steuer und in eine Zusatzsteuer, die von einem be-



    Seuffert
    stimmten höheren Einkommen ab beginnt und progressiv ist, aufteilte. Das würde auch klare Verhältnisse schaffen, und man würde dann auch einmal sehen, wo die Steuern erhoben werden.

    (Abg. Dr. Atzenroth: Dann begnügen Sie sich doch mit Kindergeld! — Zuruf von der Mitte: Wohlfahrtsunterstützung!)

    — Ach, Herr Kollege, „Wohlfahrtsunterstützung" ist wirklich eine sehr billige Bemerkung hierzu. Es handelt sich um Steuergerechtigkeit, und ich wiederhole: Glauben Sie es denn wirklich aufrechterhalten zu können, daß der Mann mit dem hohen und höchsten Einkommen, mit dem Millioneneinkommen, mehr Zuschuß aus allgemeinen Steuermitteln für die Erziehung seiner Kinder bekommt als der kleine Arbeiter?

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der Mitte: „Zuschuß"?)

    — Zuschuß!

    (Abg. Neuburger: Was der Mann verdient, ist doch sein Einkommen! Das ist doch nicht Einkommen des Staates! — Weitere Zurufe. — Unruhe.)